ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung
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Zeitarbeit: Das wachsende Renommee<br />
einer lange desavouierten Branche<br />
RA Werner Stolz<br />
Bundesgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen – iGZ e.V.<br />
Zeitarbeit bietet Arbeitslosen günstige Einstiegschancen in den Arbeitsmarkt. Den Unternehmen bringt sie Flexibilität und<br />
Kostenentlastung. Die Bundesregierung betrachtet Zeitarbeit als interessantes Instrument der Arbeitsmarktpolitik. Sie hat<br />
zahlreiche Verbote und Beschränkungen aufgehoben und dadurch die Zeitarbeit für alle Beteiligten attraktiver gemacht.<br />
Zeitarbeit ist eine Wirtschaftsbranche, die – wie andere<br />
auch – eine Dienstleistung anbietet, um damit<br />
Umsatz und Gewinn zu erwirtschaften. Durch Zeitarbeit<br />
können positive Beschäftigungseffekte entstehen<br />
– und sie entstehen tatsächlich –, aber sie<br />
sind nicht die vordringlichste Aufgabe der Zeitarbeit,<br />
sondern eine gern gesehene Nebenwirkung.<br />
Grundzüge der Arbeitnehmer-Überlassung<br />
Zeitarbeit ist als Dreiecksbeziehung organisiert:<br />
Der Arbeitnehmer schließt einen Arbeitsvertrag<br />
mit dem Zeitarbeitsunternehmen. Damit wird ein<br />
Arbeitsverhältnis begründet. Das Zeitarbeitsunternehmen<br />
schließt einen Überlassungsvertrag mit einem<br />
Unternehmen, in dem der Zeitarbeitnehmer<br />
seine beruflichen Einsätze verrichtet.<br />
Das Zeitarbeitsunternehmen erhält für seine Personaldienstleistung<br />
eine Vergütung. In der Regel<br />
wird pro geleistete Arbeitsstunde abgerechnet.<br />
Krankheits- und Urlaubszeiten gehen zulasten des<br />
Zeitarbeitsunternehmens. Der Zeitarbeitnehmer<br />
hat wie jeder andere Arbeitnehmer einen Anspruch<br />
auf durchgehende Lohnzahlungen. Das<br />
bedeutet, dass das Zeitarbeitsunternehmen sogenannte<br />
„unproduktive Zeiten“ – Zeiten, in denen<br />
kein Einsatz des Mitarbeiters möglich ist – in seinen<br />
Verrechnungssätzen mitkalkulieren muss.<br />
Zeitarbeitnehmer sind zumeist unbefristet und in<br />
jedem Fall sozialversicherungspflichtig beschäftigt.<br />
Für sie gelten alle einschlägigen Regelungen<br />
des Arbeitsrechts. Der Gesetzgeber hat 2003 mit<br />
dem ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen<br />
am Arbeitsmarkt den deutschen Zeitarbeitsmarkt<br />
grundlegend reformiert. Beispielsweise wurde die<br />
Beschränkung für die Überlassungsdauer an einen<br />
Kundenbetrieb aufgehoben. Seither ist es zulässig,<br />
einen Zeitarbeitnehmer zeitlich unbefristet<br />
beim gleichen Kunden einzusetzen. In der Praxis<br />
wird das allerdings eine Ausnahme bleiben, weil<br />
Zeitarbeit in erster Linie bei zeitlich schwankendem<br />
Arbeitskräftebedarf genutzt wird.<br />
Zeitarbeit: Ursachen ihrer Prosperität<br />
Laut einer Umfrage 1 aus dem Jahr 2000 würden<br />
nur 14 Prozent der befragten Unternehmen neue<br />
Mitarbeiter einstellen, wenn sie nicht auf Zeitarbeit<br />
zurückgreifen könnten. Bei 17 Prozent der<br />
Unternehmen würde die Arbeit einfach unerledigt<br />
liegen bleiben, 31 Prozent würden sich extern<br />
behelfen, vor allem mit Auslagerungen. 38 Prozent<br />
hätten nach „internen Flexibilitätslösungen<br />
ohne Steigerung der Beschäftigung“ gesucht –<br />
sprich: Überstunden angeordnet. Der Befund<br />
zeigt, dass sich der Vorwurf, Zeitarbeit würde bestehende<br />
Beschäftigungsverhältnisse ersetzen, empirisch<br />
nicht belegen lässt.<br />
In einem wissenschaftlichen Gutachten wurde<br />
kürzlich die Erfolgsgeschichte der Zeitarbeit umfassend<br />
analysiert. Abschließend heißt es dort:<br />
„Seit der Einführung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes<br />
im Jahre 1972 hat sich der jahresdurchschnittliche<br />
Bestand an überlassenen Zeitarbeitnehmern<br />
verzwölffacht. Trotz angespannter<br />
Arbeitsmarktlage in den 1990er-Jahren und rückläufiger<br />
sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung<br />
in Deutschland setzte sich der Beschäftigungsaufbau<br />
in der Zeitarbeit weiter fort. (…)<br />
Trotz ihres eher bescheidenen Beschäftigungsanteils<br />
ist die Bedeutung der Zeitarbeit aufgrund ihrer<br />
außerordentlichen Beschäftigungsdynamik für<br />
die Ausgleichsprozesse am deutschen Arbeitsmarkt<br />
sehr groß. So wurden 2003 nahezu neun<br />
Prozent aller neu entstandenen sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigungsverhältnisse (oh-<br />
1 Vgl. Deloitte & Touche Bakkenist, 2000.<br />
Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)<br />
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