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ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

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Zukunft der Arbeitsgesellschaft<br />

fristeter Beschäftigung ab und bewirkt den positiven<br />

Effekt auf die Beschäftigung.<br />

Mit einem ähnlichen Ansatz wurde untersucht, ob<br />

befristete Beschäftigung zu einer Segmentierung<br />

des Arbeitsmarkts führt. 9 Dafür wurden unbefristet<br />

Beschäftigte hinsichtlich ihrer weiteren Erwerbssituation<br />

mit den befristet Beschäftigten verglichen.<br />

Dabei hat sich gezeigt, dass mit befristeten<br />

Verträgen eingestellte Personen im ersten Jahr<br />

nach der Aufnahme der Beschäftigung eine um<br />

7,5 (Männer) bzw. 11 Prozentpunkte (Frauen)<br />

größere Wahrscheinlichkeit haben, nicht in Beschäftigung<br />

zu stehen, als die Vergleichsgruppe<br />

von unbefristet Eingestellten. Befristete Beschäftigung<br />

birgt also zunächst ein erheblich höheres Risiko<br />

des Abgangs aus Beschäftigung.<br />

Über den Zeitraum von zwei Jahren nach Beschäftigungsaufnahme<br />

hinaus bleiben jedoch weder bei<br />

Frauen noch bei Männern quantitativ bedeutsame<br />

Effekte befristeter Beschäftigung auf die Beschäftigungswahrscheinlichkeit<br />

bestehen. Längerfristig<br />

ist es hinsichtlich dieses Indikators also gleichgültig,<br />

ob ein Arbeitsvertrag befristet oder unbefristet<br />

abgeschlossen wird. Insofern gibt es kaum Anhaltspunkte<br />

dafür, dass befristete Beschäftigung eine<br />

Segmentierung zwischen stabilen und instabilen<br />

Erwerbsgeschichten hervorruft. In den weitaus<br />

meisten Fällen hinterlassen befristete Beschäftigungsverhältnisse<br />

keine Narben in den individuellen<br />

Erwerbsverläufen.<br />

Zusammenfassend lässt sich konstatieren: Es gibt<br />

Evidenz dafür, dass befristete Beschäftigung Arbeitslosen<br />

den (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt<br />

erleichtert. Vermutlich gilt dies aber nicht<br />

für alle Gruppen von Erwerbspersonen, und es ist<br />

ungewiss, ob die auf individueller Ebene festgestellten<br />

Effekte nicht auf Kosten von anderen Personen<br />

gehen, die nicht in die Analyse einbezogen<br />

wurden. Umgekehrt gibt es keine Evidenz für dauerhaft<br />

negative Wirkungen befristeter Beschäftigung<br />

auf die Erwerbsbiographien. Den zugegebenermaßen<br />

nicht allzu robusten positiven Wirkungen<br />

stehen insofern keine negativen Wirkungen<br />

gegenüber.<br />

Auswirkungen der Zeitarbeit<br />

auf die Gesamtbeschäftigung<br />

Bei einer Überprüfung der Beschäftigungswirkungen<br />

der Zeitarbeit mit dem Matching-Verfahren<br />

9 Vgl. Bernhard Boockmann/Tobias Hagen, 2005, a.a.O., Kapitel 5.<br />

zeigt sich in einer etwas älteren Studie, dass die Beschäftigungswahrscheinlichkeit<br />

der Teilnehmer<br />

zwei Monate nach Verlassen der Zeitarbeitsgesellschaften<br />

um dreizehn Prozentpunkte über der der<br />

Nichtteilnehmer liegt. 10 Dabei ging es nicht um<br />

Zeitarbeit im Allgemeinen, sondern um gemeinnützige,<br />

staatlich geförderte Arbeitnehmerüberlassung.<br />

Ergebnisse dieser Art haben hohe Erwartungen<br />

an die Integrationsfunktion der Zeitarbeit geweckt.<br />

Diese sind jedoch durch die durch die<br />

Hartz-Gesetze etablierten Personal-Service-Agenturen<br />

(PSA) – soweit sich das derzeit beurteilen<br />

lässt – vermutlich nicht erfüllt worden. Die Evaluation<br />

der Hartz-Gesetze hat auch die Wirksamkeit<br />

der PSA thematisiert und dieses Instrument mit<br />

anderen Ausgestaltungen der Arbeitsplatzvermittlung<br />

verglichen. 11 Dabei fällt das Urteil über die<br />

PSA besonders schlecht aus. Personen, die eine<br />

Beschäftigung bei einer PSA aufnehmen, haben<br />

im Beobachtungszeitraum von maximal zwölf Monaten<br />

eine geringere Wahrscheinlichkeit, in den<br />

regulären Arbeitsmarkt eingetreten zu sein, als<br />

Personen aus der wiederum mit dem Matching-<br />

Ansatz erzeugten Kontrollgruppe. Allerdings ist<br />

der Zeithorizont gering. In den ersten Monaten<br />

der PSA-Beschäftigung ist von einem Lock-in-Effekt<br />

auszugehen: Die Betroffenen reduzieren ihre<br />

Suchanstrengungen auf dem externen Arbeitsmarkt,<br />

sei es schlicht aus Zeitgründen oder aus<br />

dem Gefühl heraus, nun eine Zwischenlösung für<br />

ihr Beschäftigungsproblem gefunden zu haben.<br />

Es ist bislang offen, welche Ergebnisse sich in längerfristiger<br />

Perspektive einstellen.<br />

Auch nicht geförderte Zeitarbeit könnte eine Brücke<br />

in die Beschäftigung darstellen. Da nach der<br />

Statistik der Arbeitnehmerüberlassung in der Zeitarbeitsbranche<br />

Einstellungen zu ungefähr zwei<br />

Dritteln aus dem Zustand der Nichtbeschäftigung<br />

(also Arbeitslosigkeit oder Nichterwerbstätigkeit)<br />

vorgenommen werden, würde ein erhöhter Verbleib<br />

in regulärer Beschäftigung auf die Integrationsfunktion<br />

der Zeitarbeit hinweisen. Auf der<br />

Basis administrativer Daten, einer Zwei-Prozent-<br />

Stichprobe aus der durch die Beschäftigtenmeldungen<br />

der Unternehmen erzeugten Beschäftig-<br />

10 Vgl. Matthias Almus/Jürgen Egeln/Michael Lechner/Friedhelm<br />

Pfeiffer/Hannes Spengler, Die gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung<br />

in Rheinland-Pfalz – eine ökonometrische Analyse<br />

des Wiedereingliederungserfolges, Mitteilungen aus der<br />

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 31, 1998, Seiten 558-575.<br />

11 Vgl. Wissenschaftszentrum Berlin (WZB)/Infas, Evaluation der<br />

Maßnahmen zur Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission,<br />

Modul 1a: Neuausrichtung der Vermittlungsprozesse, Bericht<br />

2005 für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.<br />

28 Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)

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