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ORIENTIERUNGEN - Ludwig-Erhard-Stiftung

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Atypische Beschäftigung<br />

liche Flexibilität eine besondere Rolle. Zudem lassen<br />

sich die Tätigkeiten relativ problemlos auf<br />

mehrere Personen verteilen. Ob es sich bei dieser<br />

Branchenbetrachtung aber um betriebliche Substitution<br />

oder zwischenbetriebliche Verschiebungen<br />

der Beschäftigungsformen handelt, kann<br />

nicht abschließend beantwortet werden. 13<br />

Es gibt bisher auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />

darüber, ob der Übergang aus der Arbeitslosigkeit<br />

über die Teilzeit in ein Normalarbeitsverhältnis<br />

besonders Erfolg versprechend<br />

ist. 14 Man kann nur sagen, dass die Wahrscheinlichkeit<br />

des Wechsels von einer Teilzeitstelle in eine<br />

Vollzeitbeschäftigung mit dem Bildungsniveau<br />

anwächst. Auch Berufserfahrungen wirken sich<br />

positiv aus. 15<br />

Auch wenn die Teilzeitbeschäftigung bei Männern<br />

in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen<br />

hat, liegt ihre Bedeutung noch immer in der Stärkung<br />

der Arbeitsmarktpartizipation von Frauen.<br />

Frauen stellen noch immer etwa drei Viertel der<br />

Teilzeitbeschäftigten. Fast die Hälfte aller weiblichen<br />

Beschäftigten arbeitet damit Teilzeit. Während<br />

Männer Teilzeitarbeit eher am Anfang und<br />

am Ende ihrer Lebensarbeitszeit nutzen, ist sie für<br />

Frauen während ihrer gesamten Erwerbszeit wichtig.<br />

Dabei geht es aber nicht immer um den<br />

Wunsch nach geringer Arbeitszeit. Vielmehr spiegeln<br />

sich hier Probleme bei der Verbindung von<br />

Beruf und Hausarbeit wider, die noch immer vor<br />

allem von den Frauen getragen werden. 16<br />

Empirische Ergebnisse zu Übergängen zwischen<br />

Mini-Jobs und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung<br />

liegen bisher kaum vor. Angaben zu<br />

den Jahren 2003/2004 zeigen, dass die Brücke in<br />

beide Richtungen begangen wird. Mit 437 000<br />

Menschen wechselten sogar rund 50 000 Beschäftigte<br />

mehr aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung<br />

in einen Mini-Job als umgekehrt. 17<br />

Mini-Jobs sind in rund 40 Prozent der Fälle von<br />

vornherein als Nebenbeschäftigung und damit als<br />

13 Vgl. Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG)<br />

und Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(RWI) Essen, Evaluation der Umsetzung der Vorschläge der Hartz-<br />

Kommission – Arbeitspaket 1, Modul 1f, Bericht 30. Juni 2005.<br />

14 Vgl. Andrea Schäfer/Claudia Vogel, Teilzeitbeschäftigung als<br />

Arbeitsmarktchance, in: DIW Wochenbericht, 7, 2005, Seiten 131-<br />

138.<br />

15 Vgl. Jacqueline O’Reilly/Silke Bothfeld, What happens after<br />

working part time Integration, maintenance or exclusionary transitions<br />

in Britain and western Germany, in: Cambridge Journal of<br />

Economics, Volume 26, 2002, Seiten 409-439.<br />

16 Vgl. Susanne Wanger, a.a.O.<br />

17 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, a.a.O., Tabelle 2.<br />

Zuverdienst angelegt, 18 so dass für viele Mini-Jobber<br />

der Übergang in ein Normalarbeitsverhältnis<br />

nicht in Betracht kommt. Im April 2004 strebte<br />

nur rund ein Viertel der Mini-Jobber den Wechsel<br />

in nicht-geringfügige Beschäftigung an. Gründe<br />

hierfür lassen sich auch in der Struktur der Mini-<br />

Jobber finden, in der Schüler, Studenten und<br />

Rentner stark vertreten sind.<br />

Mini-Jobs sind also kein Mittel, um den Übergang<br />

in ein Normalarbeitsverhältnis zu erleichtern.<br />

Aber sie bieten Möglichkeiten zur verstärkten Partizipation<br />

sowie zur verbesserten Vereinbarkeit<br />

unterschiedlicher Lebensinhalte, und zwar ohne<br />

dass es in einem größeren Ausmaß zu einer Substitution<br />

von Normalarbeitsverhältnissen käme.<br />

2. Befristete Beschäftigung<br />

Die Zahl befristeter Beschäftigungsverhältnisse<br />

von Arbeitnehmern und Angestellten (ohne Auszubildende)<br />

ist von 1994 bis 2005 um rund 750 000<br />

auf gut 2,7 Millionen gestiegen. Dies entspricht einer<br />

Quote von 9,7 Prozent. Bei dieser Entwicklung<br />

spielen arbeitsmarktpolitische Einflüsse eine besondere<br />

Rolle. So waren 1994 mit etwa 340 000<br />

Personen knapp sechsmal so viele Menschen in<br />

ABM und SAM beschäftigt wie 2005. Dagegen erhöhte<br />

sich im Jahr 2005 die Zahl der Befristungen<br />

auch wegen der stark genutzten Arbeitsgelegenheiten<br />

um 600 000.<br />

Die Bedeutung befristeter Arbeitsverhältnisse<br />

nimmt also zu. Dabei deutet einiges auf einen<br />

„Einstellungswechsel“ bei neuen Arbeitsverhältnissen<br />

hin: Die Relation von befristeten zu unbefristeten<br />

Neueinstellungen stieg von etwa 1 zu 4 im<br />

Jahr 1991 auf rund 4 zu 5 im Jahr 2003. 19 Diese<br />

Entwicklung betrifft vor allem junge Arbeitnehmer,<br />

deren Einstieg ins Berufsleben immer häufiger<br />

über befristete Arbeitsverträge erfolgt.<br />

Was das Verhältnis von Befristungen zum Normalarbeitsverhältnis<br />

angeht, weist manches auf eine<br />

zumindest teilweise Substitution hin. 20 So werden<br />

befristete Arbeitsverhältnisse häufig als verlängerte<br />

Probezeit genutzt, die nachfolgend zu einer<br />

Übernahme in Normalarbeitsverhältnisse führen.<br />

18 Vgl. Michael Fertig/Jochen Kluve/Markus Scheuer, Was hat<br />

die Reform der Minijobs bewirkt Erfahrungen nach einem Jahr,<br />

RWI Schriften 77, Essen 2005.<br />

19 Vgl. Helmut Rudolph, 2006, a.a.O.<br />

20 Vgl. Bernhard Boockmann/Tobias Hagen, Die Bedeutung befristeter<br />

Arbeitsverhältnisse, in: Martin Kronauer/Gudrun Linne<br />

(Hrsg.), Flexicurity. Die Suche nach Sicherheit in der Flexibilität,<br />

Edition sigma, Berlin 2005, Seiten 149-168.<br />

Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 109 (3/2006)<br />

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