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Der Baumwert zwischen Maßlosigkeit und ... - Methode Koch

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<strong>Der</strong> <strong>Baumwert</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Maßlosigkeit</strong> <strong>und</strong> Geringschätzung<br />

Bericht über das 27. Treffen zur <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> am R<strong>und</strong>en Tisch am 28. 11. 2009<br />

Helge Breloer<br />

Im Vordergr<strong>und</strong> des 27. Treffens zur <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> am R<strong>und</strong>en Tisch standen zwei<br />

Themen: <strong>Der</strong> Ausgang des Berufungsverfahrens gegen das beim 25.Treffen<br />

besprochene Holzwert-Urteil des LG Schwerin (1) <strong>und</strong> die große Diskrepanz<br />

<strong>zwischen</strong> zwei aktuellen Gutachten über ein gefällte Kiefer nach der <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong>,<br />

in denen zwei öffentlich bestellte <strong>und</strong> vereidigte Sachverständige einmal einen<br />

<strong>Baumwert</strong> von 8.500 € <strong>und</strong> einmal einen <strong>Baumwert</strong> von 175 € ermittelt hatten. Hier<br />

zeigten sich Parallelen zu dem oft besprochenen Urteil des OLG Düsseldorf vom 12.<br />

12. 1996 (2) mit vergleichbar unterschiedlichen Schadenberechnungen für eine<br />

gefällte Birke. (3).<br />

Kein Fehler der <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong>, sondern Fehler der Anwender<br />

Vor allem zu hoch bemessene <strong>Baumwert</strong>e wirken sich negativ auf die Akzeptanz der<br />

<strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> aus, auch wenn es sich stets um Anwenderfehler <strong>und</strong> nicht um Fehler<br />

der <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> handelt, wie dies im BGB-Kommentar von Palandt dargestellt<br />

wird. (3)<br />

<strong>Der</strong> häufigste Fehler liegt in der Wahl der falschen Pflanzgröße, die den Schlüssel<br />

zur richtigen Gehölzwertermittlung nach der <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> bildet. Die Wahl der<br />

Pflanzgröße als Ausgangsgröße der <strong>Baumwert</strong>ermittlung ist nicht in das Belieben<br />

des Wertermittlers gestellt. Sie darf nicht willkürlich oder nach Gefühl des<br />

Wertermittlers vorgenommen werden, sondern muss sich stets an der Funktion des<br />

Gehölzes für das Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> dabei wiederum an dem Wert des betreffenden<br />

Gr<strong>und</strong>stücks orientieren. <strong>Der</strong> Wahl der Pflanzgröße kommt die entscheidende<br />

Bedeutung bei der Wertermittlung zu. Eine größere <strong>und</strong> damit teurere<br />

Ausgangsgröße führt schnell wegen der nachfolgenden Aufzinsung sämtlicher<br />

Herstellungskosten zu erheblichen Herstellungswerten, die mit Blick auf die Funktion<br />

des Baumes für das Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong> dessen Wert auch begründet sein müssen. Das<br />

zitierte OLG Düsseldorf erkannte die Bedeutung der Wahl der Pflanzgröße <strong>und</strong><br />

stellte klar, dass es in Fachkreisen eine Verkehrsauffassung darüber gibt, welche<br />

Pflanzgröße an welchem Standort aus welchem Anlass üblicherweise zu pflanzen ist.<br />

Bei den vorgestellten Gutachten hatte der Sachverständige mit dem hohen<br />

1


<strong>Baumwert</strong> eine Pflanzgröße gewählt, wie sie an einem solchen Standort, einem 90<br />

cm breiten Pflanzbeet neben der Zufahrt zur Garage, nicht gepflanzt werden kann.<br />

Die gewählte Jungpflanze hatte eine Breite von 150 - 200 cm <strong>und</strong> eine Höhe von 275<br />

- 300 cm, so dass sie an diesem Standort gar keinen Platz gehabt hätte. <strong>Der</strong><br />

Sachverständige mit dem niedrigen <strong>Baumwert</strong> hatte eine 80 - 100 cm große<br />

Jungpflanze als Ausgangsgröße der Wertermittlung gewählt, die der wichtigen<br />

gestalterischen Funktion der 12 - 14 m hohen Kiefer mit einer dem Standort<br />

angepassten Aufastung nicht ganz gerecht wurde. <strong>Der</strong> Hauptfehler lag hier allerdings<br />

weniger in der Wahl der Ausgangsgröße als vielmehr in dem Wertminderungsabzug<br />

von 65 % des Herstellungswertes, obwohl es sich um eine völlig ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> trotz<br />

des beengten Standraumes wirkungsvolle Kiefer handelte. Unter Berücksichtigung<br />

aller Standortgegebenheiten hätte der <strong>Baumwert</strong> bei 2.000 € liegen können.<br />

Geringfügige Abweichungen im Ergebnis wären - wie in der<br />

Gr<strong>und</strong>stückswertermittlung üblich <strong>und</strong> anerkannt - zu tolerieren.<br />

OLG Rostock befasst sich nicht mit der <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong><br />

Bereits auf dem 25. Treffen wurde das Urteil des Landgerichts (LG) Schwerin vom<br />

20. 11. 2008 besprochen, in welchem der Klägerin, Eigentümerin eines<br />

Gehölzstreifens in freier Landschaft, für 37 große gefällte Eichen <strong>und</strong> weitere<br />

Astabschnitte ein Schadensersatzanspruch in Höhe von nur 270 € zugesprochen<br />

wurde. Das Gericht lehnte hier die <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> ab, wie dies der vom Gericht<br />

bestellte Sachverständige vorgab, der ein Verfahren zur Berechnung des Holzwertes<br />

anwandte <strong>und</strong> einen Schaden nur in dem entgangenem Ertrag sah, obwohl der<br />

Gehölzstreifen von der Klägerin ganz bewusst nicht zur Holzgewinnung angelegt<br />

worden war.<br />

Im anschließenden Berufungsverfahren folgte das Oberlandesgericht Rostock wie<br />

bereits das LG Schwerin ohne jegliche eigene Begründung ebenfalls diesem<br />

Sachverständigen. <strong>Der</strong> B<strong>und</strong>esgerichtshof (BGH) hat aber in einem Urteil vom 24. 9.<br />

2008 (4) gr<strong>und</strong>sätzlich klar gestellt, dass vom Richter besondere Sorgfalt gefordert<br />

ist, wenn eine Partei ein Gutachten vorlegt (im vorliegenden Fall sogar zwei<br />

Gutachten), das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten<br />

Sachverständigen steht. Er darf den Streit der Sachverständigen nicht dadurch<br />

entscheiden, dass er ohne einleuchtende <strong>und</strong> logisch nachvollziehbare Begründung<br />

einem von ihnen den Vorrang gibt.<br />

2


Das OLG Rostock lehnte die Revision ab, weil der Sache keine gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

rechtliche Bedeutung zukomme. Dabei ging es in diesem Fall um ganz<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Fragen der Gehölzwertermittlung, <strong>und</strong> zwar um die Frage, wie ein<br />

Schaden an Bäumen in freier Landschaft zu ermitteln ist. Darüber hinaus hat diese<br />

dem ges<strong>und</strong>en Menschenverstand widersprechende <strong>und</strong> rechtlich fragwürdige<br />

Entscheidung auch Auswirkung in der Praxis, die dazu führen könnte, dass Bäume in<br />

freier Landschaft in großem Stil abgeholzt werden könnten, ohne dass ein<br />

entsprechender Schadensersatz zu leisten wäre. Wer beispielsweise Brennholz<br />

benötigt, könnte sich ohne größere Folgen an Gehölzen vor allem an Knicks in freier<br />

Landschaft bedienen, wenn er nur möglichst unauffällig, d. h. nicht flächendeckend<br />

Äste absägt oder die Bäume entnimmt. Er kann davon ausgehen, dass die Gerichte<br />

sich auf den Standpunkt stellen werden, dass sich der Gr<strong>und</strong>stückswert in freier<br />

Landschaft in solchen Fällen nicht messbar mindert oder dass nur ein - in der Regel<br />

sehr geringer - Holzwert zu ersetzen ist.<br />

Immer wieder wird das gr<strong>und</strong>legende Kastanienbaumurteils des B<strong>und</strong>esgerichtshofs<br />

vom 13. 5. 1975 (5) dahingehend missverstanden, dass der nach <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong><br />

ermittelte Sachwert nicht zu einer entsprechenden Gr<strong>und</strong>stückswerterhöhung führe.<br />

Die Unsicherheit im Hinblick auf die Gr<strong>und</strong>sätze der Gehölzwertermittlung führt zu<br />

wenig nachvollziehbaren Argumenten gegen die <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong>. Dazu gehört im<br />

BGB-Kommentar von Palandt (6) die Forderung nach Heranziehung eines<br />

Gr<strong>und</strong>stückssachverständigen zur Gehölzwertermittlung bzw. die Forderung nach<br />

einer Gr<strong>und</strong>stückswertermittlung mit Nachweis des einzelnen Wertanteils des<br />

Baumes, was so in der Praxis weder möglich noch berechtigt ist.<br />

Bisher sind weder die Gerichte noch sonst jemand auf die Idee gekommen, bei der<br />

Beschädigung einer Garage oder eines befestigten Weges, die genau so wie die<br />

Bäume wesentliche Bestandteile des Gr<strong>und</strong>stücks sind, zum Vergleich eine<br />

Gr<strong>und</strong>stückswertermittlung anzufordern bzw. den errechneten Herstellungsaufwand<br />

für die Garage oder Terrasse allein deshalb anzuzweifeln, weil kein Nachweis erfolgt,<br />

dass genau diese Kosten den Anteil am Gr<strong>und</strong>stückswert wieder geben.<br />

Herstellungskosten, die angemessen sind <strong>und</strong> die zum Schadenszeitpunkt bereits<br />

vorhandenen Wertminderungen berücksichtigen, geben gr<strong>und</strong>sätzlich den<br />

eingetretenen Schaden wieder. Nichts anderes gilt bei beschädigten Bäumen, nur<br />

dass hier nach der <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> die in der Vergangenheit über einen langen<br />

Zeitraum aufgewandten Herstellungskosten (als Wertersatz nach § 251 BGB)<br />

3


erechnet werden. <strong>Der</strong> entstandene Substanzschaden kann nicht einfach mit dem<br />

Hinweis ignoriert werden, dass beispielsweise die Funktion eines Gehölzstreifens<br />

durch die (unberechtigte) Entnahme von Bäumen <strong>und</strong> Ästen nicht verloren gehe.<br />

Feststellungen zu den Baumkontrollen<br />

Wie immer wurden am R<strong>und</strong>en Tisch auch weitere Rechtsfragen zu Bäumen<br />

behandelt. Es ging unter anderem um die neuerdings wieder erhobene Forderung<br />

nach zweimal jährlicher Baumkontrolle zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit,<br />

(7) die rechtlich nicht haltbar <strong>und</strong> in der Praxis nicht durchführbar ist.. Es kann immer<br />

nur abgestufte Anforderungen an die Baumkontrollen geben, wie dies in der FLL-<br />

Baumkontrollrichtlinie <strong>und</strong> im roten Faden (8) beschrieben <strong>und</strong> vom BGH auch<br />

ausdrücklich bestätigt wird. Bei einigen Gerichten <strong>und</strong> auch Referenten zum Thema<br />

Baumkontrollen scheint aber die Aussage des BGH in seinem Urteil vom 2. 7. 2004<br />

(9) zu diesem Thema immer noch nicht angekommen zu sein, die eindeutig lautet:<br />

„Wie oft <strong>und</strong> in welcher Intensität solche Baumkontrollen durchzuführen sind, lässt<br />

sich nicht generell beantworten. Ihre Häufigkeit <strong>und</strong> ihr Umfang sind von dem Alter<br />

<strong>und</strong> Zustand des Baumes sowie seinem Standort abhängig (Breloer,<br />

Wertermittlungsforum 2004, 3, 8).“<br />

____________<br />

(1) Breloer, Gehölze in der freien Landschaft nur Holzwert AFZ-<strong>Der</strong> Wald 4/2009, 190 zu<br />

LG Schwerin, Urt. v. 20. 11. 2008 Az.: 3 O 641/06<br />

(2) OLG Düsseldorf, Urt. v. 12. 12. 1996, NJW-RR 1997, 857; VersR 1997, 501; AgrarR 1997, 188<br />

(3) Breloer, Die <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> im Rechtsprechungskommentar, DS - <strong>Der</strong> Sachverständige, Beck<br />

Verlag<br />

7-8/2005, 217 ff., 139<br />

(4) DS 6/2009, 193<br />

(5) NJW 1975, 2061; VersR 1975, 1047<br />

(6) Palandt, Kommentar zum BGB, 69. Aufl., Anm. 11 zu § 251<br />

(7) Wittek, Neue Urteile zur Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen, Das Totholz <strong>und</strong> die<br />

Schwarzpappel in der Rechtsprechung,<br />

Tagungsband 15. VTA-Spezialseminar, Karlsruhe 2009, Wittek, Baumkontrolleure dürfen auch<br />

kleinere Pilzfruchtkörper nicht<br />

übersehen, AFZ-<strong>Der</strong> Wald 16/2009, 877<br />

(8) Breloer, Verkehrssicherungspflicht bei Bäumen aus rechtlicher <strong>und</strong> fachlicher Sicher, Thalacker<br />

Medien 6. Aufl., S. 11 <strong>und</strong><br />

www.baeume<strong>und</strong>recht.de<br />

(9) BGH, Urt. v. 2. 7. 2004, AUR 3/2005, 104; WF 4/2004, 171<br />

4


Das vorweihnachtliche Treffen zur <strong>Methode</strong> <strong>Koch</strong> am R<strong>und</strong>en Tisch im Baumzentrum in Tecklenburg<br />

wurde wieder von engagierten <strong>und</strong> teilweise weit angereisten Sachverständigen besucht.<br />

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