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GERALD IGOR HAUZENBERGER - Austrianfilm

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Wird die Zivilgesellschaft zum Staatsfeind Nr. 1<br />

Illustration: © Onsemeliot<br />

Ab 25. November im Kino<br />

Ein Film von<br />

<strong>GERALD</strong> <strong>IGOR</strong> <strong>HAUZENBERGER</strong><br />

THIMFILM Verleih präsentiert eine FRAMELAB Filmproduktion ein Film von <strong>GERALD</strong> <strong>IGOR</strong> <strong>HAUZENBERGER</strong> DER PROZESS Kamera DOMINIK SPRITZENDORFER, <strong>GERALD</strong> <strong>IGOR</strong> <strong>HAUZENBERGER</strong><br />

2nd Unit Kamera MATTHIAS GRITSCH Schnitt MICHAEL PALM Musik BERNHARD FLEISCHMANN Ton HJALTI BAGER-JONATHANSSON, LISA GANSER, NILS KIRCHHOFF Tongestaltung MICHAEL PALM<br />

Producer MICHAEL SEEBER Trailer & Mastering CHRISTOFFER KOLLER Farbkorrektur GOLDEN GIRLS FILMPRODUKTION, CHRISTOFFER KOLLER, STEFANIE GRATZER Illustrationen CHRIS MOSER<br />

Grafik RICHART SCHEIDER, MATTHIAS GRITSCH Tonmischung & Mastering SYNCHRO FILM<br />

Hergestellt mit Unterstützung von<br />

www.derprozess.com


THIMFILM Verleih und FRAMELAB Filmproduktion präsentieren<br />

Wird die Zivilgesellschaft zum Staatsfeind Nr. 1<br />

Ein Film von Gerald Igor Hauzenberger<br />

Ab 25. November 2011 im Kino<br />

Eine FRAMELAB Filmproduktion im Verleih von Thimfi lm.<br />

Hergestellt mit Unterstützung des<br />

BMUKK, des Filmfonds Wien, Kultur Land Oberösterreich und im Rahmen des ORF Film-Fernsehabkommens.<br />

Österreich 2011, 116 Minuten, 1,85:1, 35mm. DCP,120 Minuten<br />

Eine Produktion von FRAMELAB Filmproduktion e.U.,<br />

Sechshauserstr.13/29, A-1150 Wien, T: 0043/699 19699661<br />

Im Verleih von Thimfi lm GmbH, Hermanngasse 18/5, 1070 Wien<br />

Pressebetreuung: Michaela Englert, englert@thimfi lm.at, T: +43 699 1946 36 34<br />

Pressedownload: www.thimfilm.at<br />

www.derprozess.com


Stab<br />

Kurztext<br />

Buch und Regie<br />

Producer<br />

Kamera<br />

Kamera 2nd Unit<br />

Schnitt<br />

Ton<br />

Musik<br />

Tongestaltung:<br />

Dramaturgie<br />

Gerald Igor Hauzenberger<br />

Michael Seeber<br />

Dominik Spritzendorfer / Gerald Igor Hauzenberger<br />

Mathias Gritsch<br />

Michael Palm<br />

Lisa Ganser / Hjalti Bager-Jonathansson / Nils Kirchhoff<br />

Bernhard Fleischmann<br />

Michael Palm<br />

David Wingate / Ebba Sinzinger<br />

Über ein Jahr dauerte der Prozess gegen 13 Tierschützer, die nach § 278a, dem so genannten Mafiaparagraphen, angeklagt wurden.<br />

Den NGO-Aktivisten wurde die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Zwei Jahre lang hatte die Polizei die politischen<br />

Aktivisten überwacht, sogar eine verdeckte Ermittlerin eingeschleust.<br />

Der Prozess endete dennoch mit einem Freispruch in allen Punkten. Viele der Aktivisten stehen aufgrund der Prozesskosten aber vor<br />

dem finanziellen Ruin. Handelt es sich also um einen Musterprozess gegen zivilen Ungehorsam Muss jeder, der sich aktiv in einer<br />

NGO engagiert, fortan fürchten, als Mitglied einer terroristischen Organisation angeklagt zu werden Der Filmemacher Gerald Igor<br />

Hauzenberger begleitete einen der größten Prozesse der Republik mit der Kamera.<br />

Seite 2 Seite 3


Langtext<br />

Vielleicht stimmt es, was der Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser in Der Prozess mutmaßt: Das harsche Vorgehen gegen<br />

die Tierschützer rühre daher, dass sie einer starken Lobby empfindlich wehgetan hätten – den Pelztierherstellern, den Jägern,<br />

der Pelzindustrie. Regisseur Gerald Igor Hauzenberger begibt sich in deren Handlungsfelder, um nachzuforschen, wie dort Erwerb<br />

betrieben wird. Dort, wo Tierschützer illegale Jagden oder verbotene Legebatterien orten, wird ihm, falls er nicht sofort<br />

verschwinde, mehrmals die Zerstörung seiner Kamera angedroht.<br />

Ob sich die Lobbies in Repräsentanten wieder erkennen, sei dahingestellt. Die Bilder der Doku über den Wiener Neustädter Tierschützerprozess<br />

weisen sie jedenfalls als wesentlich grimmigere Kombattanten aus als die inkriminierten Tierschützer selbst.<br />

Fast wirken jene, die die Kamera und auch die Aktivisten so wütend attackieren, so, als würden sie einen letzten Abwehrkampf<br />

gegen das Ende der Barbarei führen. Bilder, die ein Filmemacher oder auch ein Aktivist wie Martin Balluch, Chef des Vereins<br />

gegen Tierfabriken und Angeklagter im Prozess, als zwiespältiges Geschenk erscheinen müssen. Der Tierrechtler hätte seine<br />

Plädoyers für einen ethischen Umgang mit Nutztieren nicht mit drastischeren Bildern unterlegen können. Hauzenberger aber<br />

flicht diese Bilder ein, ohne sie zum Selbstzweck verkommen zu lassen. Ihm gelingt das Kunststück, das eindrückliche Portrait<br />

einer Reihe von jungen, fordernden Aktivisten mit den komplexen Fragen einer wenig greifbaren Rechtsmaterie zu verbinden, um<br />

vom nahezu unglaublichen Verlust bürgerlicher Rechte des Einzelnen zu erzählen. Den Fokus verliert der Film trotz schwieriger<br />

Konfliktlinien und notwendiger unterschiedlicher Erzählebenen nie. Der Prozess ist die Dokumentation eines beispiellosen Ermittlungs-<br />

und Gerichtsverfahrens, in dem erstmals Protagonisten der Zivilgesellschaft nach einem Paragraphen angeklagt wurden,<br />

der gegen Terroristen und Mafiamitglieder entwickelt wurde. Dieser Mafia-Paragraph wird geradezu zum unheimlichen Begleiter<br />

und schließlich selbst zum Protagonisten, je länger dieser Film dauert. Durch ihn werden Gedichte eines Künstlers ebenso zur<br />

Staatsbedrohung wie die Recherchen in Tierfabriken.<br />

NGO im zivilen Ungehorsam, die Einfluss auf Politik und Wirtschaft nehmen, werden unter die gleiche Strafdrohung gestellt wie<br />

Menschenhändler und Atomschmuggler.<br />

Beweisbar ist aber nur, dass sie Mitglieder von NGOs sind, die die Behörden zu kriminellen Organisationen erklärt haben. Das wird in<br />

den überraschend nüchternen Schilderungen der Tierschützer deutlich. Für den Zuseher treibt die im Film verdeutlichte Diskrepanz<br />

zwischen der Dimension der Anklage und der Existenz der Angeklagten recht bizarre Blüten. So treten junge, teils von U-Haft und<br />

den psychischen Belastungen dieses Prozesses gezeichnete Akteure vor die Kamera, die viel über ihre Gesinnung, über einzelne<br />

Aktionen und Demos erzählen können, als Mafiosi aber denkbar falsch gecastet wären. Immer wieder setzt der Film an erhobenen<br />

Vorwürfen bzw. rekonstruierbaren Ereignissen an, um in einer Art reality check die Rolle der Tierschützer zu beleuchten. Nicht alle<br />

werden dabei zu Sympathieträgern, zu eigensinnig wirken einige dieser Lebensentwürfe. Aber spürbar wird in diesen Bildern vor<br />

allem eines: die Sorge vor einer als ungezügelt empfundenen staatlichen Macht, die im Zeichen der Terrorismusbekämpfung das<br />

Leben unliebsamer Gegner zermalmen kann. So demonstrieren Balluch und andere Tierschützer zwar radikale Entschlossenheit<br />

im Kleinen, lassen sich ungebrochen im Kastenstand am Wiener Stephansplatz abbilden, müssen aber im Großen – vor dem Staat<br />

– letztlich ihre eigene Ohnmacht akzeptieren. – Sofern der Mafiaparagraph in diesem Prozess das Maß aller Dinge bleibt. Eher<br />

unbeabsichtigt wird Der Prozess übrigens selbst zum Sinnbild ungleicher Verhältnisse. Während Akivisten, engagierte Anwälte, der<br />

Amnesty-International-Chef Heinz Patzelt oder auch die Strafrechts-Expertin Petra Velten für ihre Überzeugungen vor die Kamera<br />

treten, bleiben die Vertreter des Staates, die Ermittler, Chefpolizisten, Staatsanwälte, Richter unerreichbar und unangreifbar. Sie<br />

verschließen sich dem filmischen Diskurs. Gerade so, als hätte man es tatsächlich mit dem Leviathan zu tun.<br />

Nur der ehemaligen Justizministerin Bandion-Ortner begegnet der Regisseur zufällig im Parlament und am Jägerball unter<br />

gleichgesinnten. Beide Male erklärt sie wie wichtig es ist, dass sie nicht in ein laufendes Verfahren eingreift und sich die Justiz<br />

nichts vorzuwerfen habe. Abschließend erscheint noch die neue Bundesministerin Beatrix Karl in den kafkaesk anmutenden<br />

Gängen des Parlaments. Wenn es nur um eine Entschuldigung bei den Angeklagten gehe – sehe sie kein Problem. Eine Maximalentschädigung<br />

von 1.200.– Euro sei aber momentan das einzig gesetzlich Mögliche.<br />

Seite 4 Seite 5


Interview mit Harald Karl,<br />

Die Protagonisten<br />

er vertritt als Anwalt Harald Balluch.<br />

Der Wr. Neustädter Prozess gegen 13 TierschützerInnen endete mit einem Freispruch. Der Prozess ist aber noch<br />

nicht zu Ende. Was bedeutet dieser Freispruch<br />

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Staatsanwalt hat nach mündlicher Verkündigung des Urteils das Rechtsmittel der Berufung<br />

angemeldet. Sobald das schriftliche Urteil vorliegt, hat er das Rechtsmittel schriftlich auszuführen, sofern er das auch will. Von Seiten<br />

des Justizministeriums hat man zumindest signalisiert, dass man hinsichtlich des Vorwurfes der Bildung einer kriminellen Organisation,<br />

also des so genannten Mafia-Paragraphen, letztlich kein Rechtsmittel einbringen wird, sondern man ein schriftlich ausgefertigtes<br />

Urteil auch deshalb haben will, um das Verfahren zu evaluieren. Ob das wirklich so passieren wird, ist uns nicht bekannt.<br />

Wann wird das schriftliche Urteil vorliegen<br />

Das wissen wir nicht, es gibt eine zeitliche Beschränkung, wonach Urteile binnen 4 Wochen auszufertigen wären, diese wird aber<br />

in vielen Verfahren nicht eingehalten. Das hängt von der Arbeitsgeschwindigkeit der Richterin ab, kann im konkreten Fall noch<br />

Monate dauern. Die Richterin muss alle erhobenen Beweise im Urteil aufarbeiten und ihre mündliche verkündete Entscheidung<br />

ausführlich begründen. Derzeit fehlen uns zu einem großen Teil auch noch die Protokolle von den Verhandlungen. Ich rechne<br />

dennoch mit diesem Herbst.<br />

Wie geht es Ihrem Mandanten<br />

Harald Balluch geht es den Umständen entsprechend. Das Verfahren ist noch immer nicht abgeschlossen und es bleibt daher<br />

eine Ungewissheit. Die Mitarbeiter des Vereins gegen Tierfabriken (VGT) arbeiten wieder, sie haben auch während des Prozesses<br />

die Arbeit nie unterbrochen. Während des Prozesses mussten sie die verlorene Zeit einarbeiten, insofern haben sie jetzt wieder<br />

etwas mehr Freizeit. Inwieweit durch das Verfahren ihre künftige Arbeit beeinträchtigt wird, ist offen. Sie haben sich natürlich<br />

gefragt, was sie nach dieser Anklage überhaupt dürfen und was nicht. Ein Beispiel: Ein Indiz dafür, dass eine kriminelle Organisation<br />

vorliege, sei, dass Daten verschlüsselt wurden. Auch wenn das in anderen Bereichen, wie zum Beispiel der Wirtschaft, völlig<br />

üblich ist, Daten zu verschlüsseln, wurde daraus ein Anklagefaktum konstruiert. Das sind Kleinigkeiten, die sich aber sicherlich<br />

im Alltag niederschlagen.<br />

Im Film wird ein exzessiver Einsatz der Exekutive deutlich. Was wurde aus der Anzeige gegen die Beamten<br />

Die Anzeige gegen die leitenden Beamten der SOKO Bekleidung wegen Amtsmissbrauchs wurde von der Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />

zurückgelegt. Unseres Erachtens wären die Beamten jedenfalls verpflichtet gewesen, alle Beweise dem Gericht vorzulegen,<br />

die sie erhoben haben. Das haben sie offensichtlich nicht getan. Sie haben z.B. die Berichte der eingeschleusten Ermittlerin Danielle<br />

Durand nicht dem Gericht vorgelegt. Nach Ansicht der Korruptionsstaatsanwaltschaft sei hingegen alles rechtens abgelaufen, es werde<br />

daher keine Anklage erhoben. Dagegen haben wir aber einen Fortsetzungsantrag gestellt. Hinsichtlich einer falschen Zeugenaussage<br />

ist das Verfahren noch anhängig, ob Anklage erhoben wird, ist offen. Zuständig ist hier nicht die Korruptionsstaatsanwaltschaft.<br />

Wie reagierte die Politik<br />

Wir warten noch auf politische Zeichen. Eine Evaluierung dieser Causa rund um den Mafia-Paragraphen wurde von politischer Seite<br />

angekündigt, fand aber bislang nicht statt. Im Gegenteil, es gibt nun ja das Anti-Terror-Paket, das derzeit im Parlament verhandelt<br />

wird. Da wurden neue Tatbestände aufgenommen und es soll vor allem das Sicherheitspolizeigesetz wesentlich verschärft werden,<br />

der Polizei werden unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung wesentliche neue Ermittlungsmethoden eingeräumt. Damit werden<br />

offenbar jetzt auch jene Aktivitäten wie der Einsatz der verdeckten Ermittlerin legalisiert, welche bisher im Graubereich stattfanden,<br />

anstatt dem Einhalt zu gebieten. Von einer Entschuldigung oder Rehabilitierung ganz zu schweigen.<br />

Die Angeklagten<br />

Insgesamt waren 13 Tierschützer angeklagt, die folgenden fünf Angeklagten werden im Film portraitiert:<br />

Martin Balluch – Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT)<br />

Der seit den 1980er Jahren politisch aktive Martin Balluch (Doppeldoktor der Philosophie und Physik) begann seine NGO-Karriere<br />

bei der Besetzung der Hainburger Au, bevor er als Universitätsassistent an der englischen Elite-Universität Cambridge arbeitete.<br />

In den 1990ern kehrte er nach Wien zurück und wurde zwei Jahre später Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT). Er begann<br />

die in Österreich kaum ausgeprägte Tierrechtsbewegung mit aufzubauen und ein Bewusstsein – jenseits dessen für herrenlose<br />

Schoßhunde – auch für die Nutztierhaltung zu entwickeln. Balluchs internationale Kontakte, seine aktivistisch geprägten, medienwirksamen<br />

Kampagnen gegen illegale Käfighaltung oder Pelzverkäufe von Modehäusern erregten die Aufmerksamkeit der Sicherheitsbehörden.<br />

Aufgrund einer Intervention der Besitzer der Kleiderhandelskette Kleider Bauer wurde eine SOKO gegründet, die die<br />

Tierschützer rund um Balluch zwei Jahre lang observierte.<br />

Balluch selbst hatte 2005 mit seiner Publikation „Die Kontinuität von Bewusstsein“ den Versuch unternommen, Tierrechte naturwissenschaftlich<br />

zu begründen. Er trat darin mit neurobiologischen Argumenten den Beweis an, dass auch Tiere über ein Bewusstsein,<br />

über Intelligenz und einen freien Willen verfügen. Damit wäre die Degradierung von Tieren unter den Entwicklungsstand des Menschen<br />

ethisch nicht vertretbar.<br />

Balluchs vorrangiges Interesse war es, der bis dahin in Medien und Politik kaum problematisierten Massentierhaltung mit effektvollen,<br />

auch konfrontativen Kampagnen Aufmerksamkeit zu verschaffen. Mit Erfolg – Balluch war etwa am Verbot der Legebatterien<br />

in Österreich mit beteiligt. In der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ wurde Martin Balluch hinsichtlich der öffentlichen Rezeption<br />

seiner Person ironisch als „Staatsfeind Nr. 1“ bezeichnet. Strafrechtlich verurteilt wurde Balluch allerdings noch nie. Er selbst distanzierte<br />

sich stets von Gewalt und spricht sich für pragmatische Ansätze zur Erreichung besserer Tierhaltungsgesetze aus.<br />

Fast prototypisch steht Balluch für jenen Kämpfertypus, der gegen Tierquälerei auftritt, ohne dabei Rücksicht auf sich selbst zu<br />

nehmen. Sein Handeln verbindet er mit rationalem Scharfsinn und ethischen Überlegungen. Das erklärt zweifellos die Faszination,<br />

die er auf viele seiner Mitstreiter ausübt. Als medienaffiner Wissenschaftler verfügt er über internationale Kontakte und hält Vorträge<br />

an Universitäten von Europa über die USA bis nach Neuseeland.<br />

Soeben erschienen: Martin Balluch, TIERSCHÜTZER.STAATSFEIND. In den Fängen von Polizei und Justiz. Erschienen im Promedia<br />

Verlag 2011. ISBN 978-3-85371-331-0<br />

Felix Hnat<br />

Felix Hnat studierte Volkswirtschaft und ist Obmann der Veganen Gesellschaft. Er ist Aktivist beim VGT. Hnat wurde von der SOKO<br />

gemeinsam mit Martin Balluch und Elmar Völkl als „Kopf der kriminellen Organisation“ eingestuft.<br />

Von Hnat stammt ein Brief an Kleider Bauer, in dem er die Firma auffordert, aus dem unethischen Pelzhandel auszusteigen. Der<br />

Protestbrief wurde von der Polizei als terroristischer Drohbrief gewertet, weil sich Hnat „mit ernsthaften Grüßen“ verabschiedete.<br />

Unberücksichtigt blieb, dass er mit seinem eigenen Namen unterzeichnet hatte.<br />

Hnat tritt öfter im Fernsehen auf. In seiner Eigenschaft als Freeganer überreichte er Vera Russwurm galant einen Blumenstrauß, der<br />

frisch aus der Mülltonne kam. Die Freeganer holen ihre Verpflegung direkt von den Müllplätzen der Supermärkte, als Ausdruck einer<br />

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konsequenten Praxis gegen Überproduktion. Ein anderes Mal nahm er in „Tausche Familie“ den Platz einer Bäuerin ein, machte für<br />

den Bauern das Bett, weigerte sich aber, Fleisch zu kochen, während die Bäuerin in seiner WG einzog und – verkleidet als Huhn – im<br />

Rahmen einer Protestaktion auf dem Wiener Stephansplatz symbolisch geschlachtet wurde.<br />

Hnat ist überzeugt davon, durch Aktionismus das größte Aufmerksamkeitspotenzial zu erreichen. Mitten im Winter demonstrierte er<br />

nackt vor der Botschaft der Volksrepublik China für ein Verbot der dortigen Pelzindustrie. Er stört Modeschauen mit dem Schlachtruf<br />

„Pelz ist Mord“ und ist mit vielen Polizisten so gut bekannt, dass er oft beinahe verständnisvoll behandelt wird. Das schützt ihn aber<br />

nicht davor, auch in Handschellen abgeführt und wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ zu exorbitanten Geldstrafen verurteilt<br />

zu werden.<br />

Sabine Koch – Basisgruppe Tierrechte (BaT)<br />

Sabine Koch arbeitet als Hundetrainerin und moderiert eine Sendung auf Radio Orange. Sie wurde von den Wiener Grünen auf<br />

Listenplatz 17 bei der Nationalratswahl 2008 gesetzt. Die 30-Jährige ist bekannt für ihre Proteste gegen Pelzhandelsfirmen. Sie ist<br />

Mitglied der BaT (Basisgruppe Tierrechte).<br />

Die BaT sieht sich nicht primär als Tierschutzverein, sondern lehnt sämtliche Herrschafts-, Unterdrückungs- und Ausbeutungsformen<br />

über Menschen und Tiere gleichermaßen ab. Die Gruppe setzt sich deshalb auch nicht für eine Reform der existenten Tierhaltung<br />

ein, sondern für deren Abschaffung. Zu einigen Aktionen, wie z. B. einer Schweinebefreiung aus einem Masttierbetrieb, lädt die<br />

Gruppe auch Journalisten ein. Sabine Koch lebt gemeinsam mit ihren Hunden in Wien.<br />

Jürgen Faulmann<br />

Jürgen Faulmann war bei PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) in Deutschland beschäftigt, bevor er Kampagnenleiter<br />

bei Vier Pfoten wurde, einer international agierenden Organisation, die sich für die Freilandhaltung von Hühnern und Schweinen<br />

einsetzt. Als größten Erfolg nennt der Verein das Importverbot von Hunde- und Katzenfellen aus Asien in die EU, das am 1. Januar<br />

2009 in Kraft trat.<br />

Die Arbeit von Vier Pfoten ist weitgehend auf Lobbying und Öffentlichkeitsarbeit ausgelegt. Nebenbei betreibt der Verein mehrere<br />

Parks für gerettete Bären und einen Hof für „ausrangierte“ Tiere, auf dem Faulmann ehrenamtlich arbeitet.<br />

Der Vereinsvorstand hat Faulmann nach seiner Verhaftung explizit unterstützt, weil seine Aktionen über zivilen Ungehorsam nicht<br />

hinausgehen. Faulmanns Leitmotiv ist Gandhis Ausspruch: „First they ignore you, then they ridicule you, then they fight you, then<br />

you win.“<br />

Chris Moser<br />

Chris Moser arbeitet als Künstler, Bildhauer, Maler und Restaurator von Kirchen. Seine Arbeiten wurden in den vergangenen Jahren<br />

im Rahmen mehrerer Ausstellungen gezeigt.<br />

Mosers Ästhetik ist zweifellos einer radikalen Ikonografie geschuldet. Der Schluss, dass Mosers Schaffen über einen künstlerischen<br />

Gestus hinaus ein Leben im Untergrund, Widerstand und Kampf propagieren würde, wie das die Anklage nahelegt, wirkt nicht<br />

schlüssig. Moser lebt mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern auf einem alten Bauernhof in Tirol. In seinem Haus wurde ein<br />

Flugzettel-Gedicht mit dem Refrain „Jäger töten!“ gefunden. Das Gericht wertete diese Zeile als Aufruf zum Mord an Jägern.<br />

Moser wurde als Einziger der Inhaftierten bereits nach zwei Monaten entlassen. Seine Grundrechtsklage gegen die Verhaftung<br />

lehnte der Oberste Gerichtshof dennoch ab.<br />

Falls es nach dem Einspruch der Staatsanwaltschaft zu einer Fortführung des Prozesses kommt, ist ungewiss, ob die Familie den<br />

Hof finanziell erhalten kann.<br />

Die Ermittler<br />

Die operative Leitung der SOKO Bekleidung:<br />

Oberstleutnant Böck & Bettina Bogner<br />

Josef Böck war zu Beginn der operative Leiter der SOKO „Bekleidung” und wurde später von Chefinspektorin Bettina Bogner<br />

abgelöst. Im Zeugenstand wollte Oberstleutnant Böck kaum eine Stellungnahme abgeben. Mehr als 40 Mal wiederholte er sich<br />

mit den Worten: „Ich verweise auf den Akt.“<br />

Nach monatelanger Überwachung von Handys und Peilsendern und einem großem Lauschangriff, der selbst vor den Schlafzimmern<br />

der Angeklagten nicht haltmachte, genügte der SOKO etwa als ein Indiz für eine kriminelle Organisation allein die Tatsache<br />

dass einer von 13 Angeklagten nachts nicht zuhause war, als eine Kleider-Bauer-Filiale beschädigt wurde. Die Tatsache, dass 12<br />

andere Angeklagte offensichtlich an anderen Stätten geortet werden konnten, galt für die SOKO ebenfalls nicht als ausreichend<br />

entlastend. Die SOKO wurde gerichtlich sogar verurteilt, weil sie die volle Akteneinsicht nicht gewährleistet hatte. Dieser Umstand<br />

blieb aber, ebenso wie die Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs, ohne Wirkung.<br />

Wolfgang Handler<br />

Wolfgang Handler, Mitte 30, ist Staatsanwalt im Tierschützer-Prozess. Es ist sein bislang größter Fall.<br />

Der Strafantrag liest sich wie ein Rundumschlag eines leidenschaftlichen Jägers gegen den Tierschutz schlechthin. Stinkbomben,<br />

die nachts bei Kleider Bauer deponiert wurden, wurden so zum Gasanschlag. Prozessbeobachter spekulierten, dass die<br />

Beweislage für ein Verfahren in Wien nicht ausgereicht hätte. Handler hat angeblich bereits angekündigt, dass er nach Vorliegen<br />

des schriftlichen Urteils in eine weitere Instanz gehen wolle.<br />

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Die Verteidiger<br />

Stefan Traxler<br />

Stefan Traxler ist der Verteidiger von vier verhafteten Tierschützern. Er vertritt üblicherweise den VGT in Rechtssachen. Traxler,<br />

kein explizit auf Strafverteidigung spezialisierter Anwalt, war bislang hauptsächlich in zivilrechtlichen Verfahren im Einsatz. Er<br />

bezeichnet den Prozess als Kampf „David gegen Goliath“.<br />

Philipp Bischof<br />

Philipp Bischof ist der prominenteste Verteidiger. Die Öffentlichkeit wurde auf ihn aufmerksam, als er der zentrale Anwalt in der<br />

„Operation Spring“ war. Beim Tierschützer-Prozess verteidigt er drei Angeklagte.<br />

Kritische Expertinnen und Experten für die<br />

Grundrechte und eine moderne Demokratie.<br />

Petra Velten<br />

Petra Velten ist Professorin am Institut für Strafrecht in Linz und strebt eine Novellierung des Paragrafen 278 an. Der Paragraf<br />

solle, wie ursprünglich geplant, gegen Mafia- und Terrornetzwerke, nicht aber gegen demokratische Organisationen angewendet<br />

werden. Im Film ist sie die Stimme einer verantwortungsvollen „Hüterin des Rechts“.<br />

Weil sie die Richterin Arleth in einer Publikation für ihre Prozessführung kritisiert hatte, wurde sie im Februar 2010 von der Richtervereinigung<br />

angezeigt.<br />

Bundespräsident Heinz Fischer lud sie persönlich in die Hofburg vor, um mit den Richtern und ihr über Öffentlichkeit und Pressefreiheit<br />

zu reden. Aufgrund ihrer treffenden Argumente wurde die Klage eine Woche später abgewiesen.<br />

Alexia Stuefer<br />

Alexia Stuefer ist jene Strafverteidigerin, die die Richterin Sonja Arleth mit der größten Konsequenz herausforderte. Sie ließ sich<br />

auch nicht einschüchtern, als man ihr Prozessverzögerung unterstellte oder mit einem Brief an die Rechtsanwaltskammer drohte.<br />

Beim Tierschützer-Prozess verteidigt sie drei Angeklagte.<br />

Stephan Jürgen Mertens<br />

Heinz Patzelt<br />

Der Chef von Amnesty International Österreich hat schon vor Jahren vor einem missbräuchlichen Einsatz des Anti-Mafia-<br />

Paragrafen gewarnt. Patzelt sieht in diesem Gesetz nicht nur ein demokratiepolitisches Problem, sondern verweist auch auf die<br />

inakzeptable finanzielle Last, die den Angeklagten, trotz eines Freispruchs, droht. Im Hinblick auf den geringen staatlichen Kostenersatz<br />

und die exorbitant verhängte Untersuchungsstrafe spricht Patzelt wörtlich von einem „menschenrechtlichen Scherz”.<br />

Tatsächlich stehen Kosten von mehreren hunderttausend Euro einer Maximalabgeltung von 1.250,– Euro Anwaltskosten und<br />

50 Euro pro Tag für die Untersuchungshaft gegenüber.<br />

Stephan Jürgen Mertens verteidigte im BAWAG-Prozess Helmut Elsner und setzt sich besonders für seinen Mandanten Jürgen<br />

Faulmann ein. Er hält es für geradezu absurd, dass einem Tierschützer Tierquälerei zur Last gelegt wird, weil er angeblich Tiere<br />

aus nicht artgerechter Haltung befreit habe.<br />

Michael Dohr<br />

Michael Dohr ist ein versierter Strafverteidigter und verteidigte einen Angeklagten im Verfahren.<br />

Harald Karl<br />

Harald Karl, Wirtschaftsanwalt spezialisiert auf Medien- und Urheberrecht, verteidigte den dreizehntbeschuldigten Harald Balluch,<br />

Geschäftsführer des VGT im Verfahren.<br />

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Über den Film<br />

Türen werden mit Rammböcken aufgebrochen, vermummte Kommandos stürmen mit Stahlhelmen und geladenen Waffen die<br />

Wohnungen, jagen junge Menschen aus ihren Betten und setzen ihnen Pistolen an den Kopf. Die Beamten werfen Computer auf<br />

den Boden, durchwühlen Schränke und Betten. Kinder stehen verängstigt daneben.<br />

Das sind keine Szenen aus dem Irak-Krieg, sondern die Bilder eines Polizei-Einsatzes in Österreich 2008, bei dem der Mafia-Paragraf<br />

278a just gegen Tierschützer in Anwendung gebracht wurde. Mit dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisation<br />

reichte somit schon die Vermutung auf Sachbeschädigungen aus, um zehn der Aktivisten ins Gefängnis zu bringen.<br />

Zwei Jahre Überwachung, drei Monate Untersuchungshaft und die Beschlagnahmung von Materialien durch die Einsatzkommandos<br />

erbrachten nicht die erhofften Beweise. Die Staatsanwaltschaft stellte dennoch Antrag auf Haftverlängerung, mit dem<br />

Argument, es handle sich um eine besonders klandestine, kriminelle Vereinigung.<br />

Der Strafantrag folgte ein Jahr später. Und weil den ermittelnden Behörden immer noch der wesentliche Anfangsverdacht fehlte,<br />

lauschten Spezialeinheiten wochenlang penibel bis in die Schlafzimmer der Angeklagten. Verdeckte Ermittler nahmen an hunderten<br />

Veranstaltungen teil, ehemalige Tierschützer wurden von der SOKO zu Vertrauenspersonen umgepolt. Neben dem Verteilen<br />

von Flyern und der Behinderung von Tiertransporten gaben sie heimlich Aufzeichnungen an den Verfassungsschutz weiter.<br />

Die Richterin<br />

Sonja Arleth<br />

Sonja Arleth hatte bisher keinen Strafprozess dieser Größe geleitet und geriet durch Rechtsexperten und Prozessbeobachter<br />

deutlich unter Druck. Sie trat den Verteidigern gegenüber sehr autoritär auf und betonte trotz Befangenheitsantrages stets und<br />

mantraartig, dass der Ausgang des Prozesses völlig offen sei. Zu Beginn hatte sie zunächst nur 34 Verhandlungstage angesetzt.<br />

Nach einem Jahr waren noch nicht einmal die Hälfe der Zeugen einvernommen.<br />

Nach der entlastenden Zeugeneinvernahme der verdeckten Ermittlerin Danielle Durand wurde spürbar, dass die Richterin die<br />

eklatanten Mängel der Anklage erkannte.<br />

Bei ihrem mündlichen Freispruch wagte sie sogar den Satz, dass ermittelnde Polizisten wohl in einer „alternativ strukturierten<br />

Realität“ gelebt hätten.<br />

Fazit: Fünf Millionen Euro Ermittlungskosten, aber keine schlagkräftigen Beweise. Was bleibt ist der ebenso nebulose wie höchst<br />

bedrohliche Anklagepunkt, der gemäß dem Paragrafen 278a lautet: „... der/die Angeklagte hat sich auf andere Weise bei einer<br />

kriminellen Organisation beteiligt, indem er/sie Information, Wissen oder anderes für strafbare Handlungen zur Verfügung gestellt<br />

hat.“<br />

Dieser lapidar klingende Gesetzestext ermöglicht es den Richtern, Beschuldigte auch ohne Beweise für konkrete Straftaten<br />

festzunehmen. Das ist ein Warnsignal auch für große NGOs wie Greenpeace, Global 2000 oder attac, dass „Direct Actions“ und<br />

ziviler Ungehorsam auf das Schärfste bestraft werden können.<br />

Unser Film zeigt fünf Menschen anerkannter österreichischer und deutscher Menschenrechts- und Tierschutzorganisationen<br />

ganz persönlich: wie sie sich auf ihre Verteidigung vorbereiten, wie sie während des Prozesses agieren, wie sie mit der Aussicht<br />

auf eine weitere Haftstrafe – es drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis – zurechtkommen.<br />

Der Prozess zeigt auch, wie Spitzenpolitiker, von der damaligen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner bis hin zu Parteisprechern<br />

und Menschenrechtsexperten, auf einen immer kafkaesker werdenden Strafprozess reagieren.<br />

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Regiestatement<br />

Hintergründe<br />

Nach dem konservativen Backlash 2001, ausgelöst durch 9/11, werden weltweit Bürger- und Menschenrechte eingeschränkt.<br />

In Österreich novelliert eine Koalition aus Konservativen und Rechtspopulisten ein Sicherheitsgesetz (Paragraf 278), das es<br />

ermöglicht, Demonstranten sozialer und politisch linksstehender Bewegungen mit staatsbedrohenden Terror- und Mafiaorganisationen<br />

gleichzusetzen.<br />

In diesem Strafprozess steht viel auf dem Spiel. Der schleichende Abbau von Grundrechten zur Terrorprävention mit dem<br />

Paragrafen 278 könnte sowohl Künstler/innen, Journalist/innen und Filmemacher/innen in das Radar politisch motivierter Polizisten<br />

ziehen und diese für Monate oder Jahre in Strafprozesse verwickeln. Es scheint, als würden moderne Demokratien wie<br />

Österreich einen Schritt rückwärts, nämlich in Richtung Kontroll- und Misstrauensgesellschaft machen.<br />

Als sozial engagierter Filmemacher interessiert mich besonders, wie es um die persönlichen und „objektiven“, strukturellen<br />

Grenzen für politischen Aktivismus in einer modernen Demokratie bestellt ist. Und was passiert, wenn Teile der Gesellschaft<br />

das Vertrauen in den Staat verlieren.<br />

Österreichs Tierschutzgesetze gehören zu den fortschrittlichsten weltweit. Als erstem Land gilt in Österreich seit dem 1. Januar<br />

2009 ein Legebatterienverbot für Hühner, schon vor Jahren wurden Pelztierfarmen und Wildtiere im Zirkus aus ethischen Gründen<br />

verboten. Trotzdem wurden einige jener Tierschützer, die diese Gesetze mit ausgearbeitet haben, drei Monate lang inhaftiert.<br />

Gegen sie wurden polizeiliche Maßnahmen angewandt, die etwa den Briefbombenattentäter in den 1990ger Jahren zur Strecke<br />

bringen sollten. Damals wurde der Paragraf 278 geschaffen. Der nachträglich eingefügte Paragraf 278a sollte kriminelle<br />

Organisationen, die sich dem Waffen- und Menschenhandel, der Gefährdung von Wirtschaft und Verfassung, dem Handel mit<br />

Drogen und radioaktivem Material widmen, verhindern. Als Organisationsdelikt ermöglicht er letztlich Verurteilungen auf Basis<br />

von Indizien, wie sich auch im Tierschutzprozess gezeigt hat. Für die Strafbarkeit reicht es aus, einen Beitrag (wie etwa in Form<br />

von Informationsbeschaffung) für eine solche Organisation zu leisten. . Von der SOKO Bekleidung wurde er allerdings gegen Tierschützer<br />

eingesetzt. Nach offensichtlich exzessivem Einsatz behördlicher Mittel, erwiesen sich die Ergebnisse kleiner und großer<br />

Lauschangriffe und selbst von DNA-Proben entlastend für die Verdächtigten. Trotzdem ermittelte die Sonderkommission weiter,<br />

führte selbst bei Spendern der betroffenen Vereine Verhöre und Hausdurchsuchungen durch, sammelte massiv Informationen.<br />

So stellt sich die berechtigte Frage, ob hier – in einem demokratiepolitisch gefährlichen Spiel – nicht primär Gesinnung bestraft<br />

sowie der exorbitante Einsatz polizeilicher Ermittlungsmaßnahmen gerechtfertigt werden soll. Der Oberste Gerichtshof stärkte<br />

indes die Position der Behörden. Sturmgewehre und Pistolen wären bei der Stürmung der Wohnungen ebenso gerechtfertigt<br />

gewesen wie die lange Untersuchungshaft im Anschluss. Die Verdunklungsgefahr, die bei großen Wirtschaftsdelikten der letzten<br />

Zeit zentrale Verdächtige noch lange nicht in U-Haft brachte, wurde im Fall der Tierschützer offenbar als besonders hoch eingeschätzt.<br />

Der weitere Verlauf des Prozesses lässt sich schwer prognostizieren. Einerseits gab es in Österreich bislang fast keine<br />

Freisprüche für Menschen, die nach diesem Paragrafen angeklagt wurden. Andererseits waren darunter bislang auch keine<br />

Tierschützer zu finden, sondern Mitglieder einer Mafia- oder Terrororganisation. Wie unklar und nahezu willkürlich Urteile letztlich<br />

ausfallen können, zeigt ein anderer, filmisch ebenfalls dokumentierter Fall eines Großeinsatzes der Polizei: die „Operation<br />

Spring“. Damals wurden mehrere Nigerianer zu Mitgliedern der Drogenmafia erklärt und zu mehreren hundert Jahren Haftstrafen<br />

verurteilt. Der Richterspruch lautete u. a.: „Der Beschuldigte hatte unbekannte Mengen von Drogen an einem unbekannten Ort<br />

zu einer unbekannten Zeit unbekannten Personen verkauft.“ Mit dem Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess steht erneut das<br />

Vertrauen der Zivilgesellschaft in den Polizei- und Justizapparat auf dem Spiel.<br />

Vor der Berufung des Staatsanwaltes<br />

Was blieb letztlich konkret von den Anklagepunkten bestehen Bei den schwersten Vorwürfen handelte es sich um zwei Fälle von<br />

Brandstiftung an Jagdhütten. Eine scheint bereits gelöst. Wahrscheinlich wurde dieser Brand verursacht, da ein Jäger unachtsam<br />

beim Beheizen eines Ofens war. Ein weiterer Vorwurf war der der Nötigung einer Mitarbeiterin der Firma Kleider Bauer. Eine PR-<br />

Sprecherin der Kette musste laut Protokoll Todesängste ausstehen, als Demonstranten sie am Wegfahren gehindert hatten. Des<br />

Weiteren fanden drei Sachbeschädigungen an Autos von Managern (zerstochene Reifen und Farbbeschmierung) statt, mehrere<br />

Auslagen gingen in Wien zu Bruch, eine Filiale von Textilhandelsunternehmen wurden mit Buttersäure attackiert. Für diese Delikte<br />

konnten keine Täter ausgeforscht werden.<br />

Der Staatsanwalt meldete einen Tag nach der Urteilsverkündung Berufung und Nichtigkeit an. Seither arbeitet die Richterin an<br />

der schriftlichen Urteilsausfertigung. Dieses mehrere hundert Seiten umfassende Konvolut wird im Januar 2012 erwartet.<br />

Danach ist wieder der Staatsanwalt am Zug. Es sei denn, dass die Justizministerin tatsächlich einmal von ihrem Weisungsrecht<br />

Gebrauch macht.<br />

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Der Regisseur<br />

Gerald Igor Hauzenberger<br />

Gerald Igor Hauzenberger absolvierte das Studium der Film- und Theaterwissenschaften in Berlin und Wien und den Universitätslehrgang<br />

für Film und Geisteswissenschaften. Er arbeitet seit sieben Jahren als Regisseur, Kameramann, Projektkurator und<br />

unterrichtete an mehreren Universitäten. Sein letzter Dokumentarfilm, Einst süße Heimat – Begegnungen in Transsylvanien, lief<br />

erfolgreich im TV und wurde fünfmal auf internationalen Filmfestivals ausgezeichnet (z.B. mit dem FIPRESCI Award).<br />

Filmografie<br />

2011 Der Prozess<br />

2007 Einst süße Heimat – Begegnungen in Transsylvanien (Beyond the forest, dokumentarischer Portraitfilm)<br />

2003 In the Eye of the Beholder (short doc.)<br />

2002 East Timor – Resistance without Publicity (short doc.)<br />

1999 Eclipsa – Nam ce face (doc.)<br />

1998 Serial on<br />

1996 24 Dialogs<br />

1995 Einklang (Experimentalfilm)<br />

Fotos, Pressetext, Filmclippings unter www.thimfilm.at<br />

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Ab 25. November im Kino<br />

Eine FRAMELAB Filmproduktion im Verleih von Thimfilm.<br />

Hergestellt mit Unterstützung des<br />

BMUKK, des Filmfonds Wien, Kultur Land Oberösterreich und im Rahmen des ORF Film-Fernsehabkommens.<br />

Österreich 2011, 116 Minuten, 1,85:1, 35mm. DCP,120 Minuten<br />

Eine Produktion von FRAMELAB Filmproduktion e.U.,<br />

Sechshauserstr.13/29, A-1150 Wien, T: 0043/699 19699661<br />

Im Verleih von Thimfilm GmbH, Hermanngasse 18/5, 1070 Wien<br />

Pressebetreuung: Michaela Englert, englert@thimfilm.at, T: +43 699 1946 36 34<br />

Pressedownload: www.thimfilm.at<br />

www.derprozess.com

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