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HAUPTSTAATSARCHIV WIESBADEN - Stadtarchiv Hachenburg

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Graf zu Sayn erlassenen "Hove Ordnung", die neben Maßregeln für die Haushaltung und Zollordnungen auch<br />

eine "Cantzlei-Ordnung" und Anweisungen für die Rechnungsführung der Rentkammer enthält, geht hervor, daß<br />

die Kanzlei zu diesem Zeitpunkt allerdings längst keine einfache Schreibstube mehr bildete, sondern wie in<br />

anderen Territorien zur Regierung geworden war. Zu ihr gehörten neben dem Grafen und dem Amtmann auch<br />

"der Doctor" (ein Jurist), der Sekretär und nach Bedarf verschiedene Sachgelehrte. An vier Tagen in der Woche<br />

wurde nach einem festgelegten Geschäftsgang die Beantwortung der eingegangenen Schreiben diskutiert und<br />

nach der kollegialen Beschlußfassung der Regierung von den "Copisten" Konzepte der Antwortschreiben<br />

erstellt, die nochmals von der Regierung zu genehmigen waren, wobei die Bearbeitung von Angelegenheiten mit<br />

anderen Fürsten oder Herren Vorrang hatte. Am Freitag Nachmittag erfolgte die öffentliche Behandlung von<br />

Angelegenheiten der Untertanen; hier konnten diese auch ihre Klagen der Regierung mündlich vortragen. Nach<br />

der Übernahme der Herrschaft durch Wilhelm Graf von Sayn-Wittgenstein wurde die Kanzlei (Regierung) in<br />

<strong>Hachenburg</strong> aufgelöst und die Kanzlei in Altenkirchen zur alleinigen Kanzlei (Regierung) der Grafschaft Sayn<br />

ausgebaut, doch die Landesteilung zwischen den Erbtöchtern Ernestine und Johanette erforderte bereits ein<br />

halbes Jahrhundert später die erneute Einrichtung einer Kanzlei in Burg <strong>Hachenburg</strong>. Unter Salentin Ernst Graf<br />

zu Manderscheid-Blankenheim arbeitete die Kanzlei nach einer von ihm erlassenen Kanzleiordnung, die die<br />

Behandlung der einzelnen Angelegenheiten auf die Wochentage aufteilte - so sollten beispielsweise am<br />

Mittwoch Hoheits-, Grenz-, Jagd- und Fischereisachen sowie Untertanenmigrationen behandelt werden, während<br />

der Samstag den Lehnsangelegenheiten, Prozessen am Reichskammergericht oder Reichshofrat und<br />

Angelegenheiten des Reichskreises vorbehalten war. Neben der üblichen Behandlung von Gesuchen war die<br />

Kanzlei, und darin zeigt sich erneut ihr Charakter als Regierung, auch für die Abhörung der Landrechnungen, die<br />

Militärangelegenheiten, die Aufsicht über Zoll- und Wegegeld, für Leibeigenen-Abgaben und für religiöse<br />

Angelegenheiten zuständig, wobei der tolerante Landesherr bei letzteren die Hinzuziehung eines entsprechenden<br />

Geistlichen festlegte. Die für die Behandlung der einzelnen Fälle von den Untertanen zu bezahlenden Taxen<br />

wurden nach einem festgelegten Modus zur Besoldung des Kanzleidirektors und der Kanzleidiener verwendet.<br />

Mit der Teilung des Territoriums unter die vier Töchter Salentins wurden vier weitere eigenständige Kanzleien<br />

eingerichtet, aber gleichzeitig eine gemeinsame Kanzlei (Regierung) beibehalten, die für das ganze Territorium<br />

betreffende Fälle zuständig war. 1716 erließen die Burggrafen von Kirchberg nach Übernahme des gesamten<br />

sayn-hachenburgischen Territoriums eine neue Kanzleiordnung, die sich an derjenigen der gemeinsamen Kanzlei<br />

anlehnte und auch für die thüringischen Besitzungen der Burggrafen zuständig war. Wegen der räumlichen<br />

Trennung der Grafschaft Sayn-<strong>Hachenburg</strong> von Nassau-Weilburg wurde auch nach dem Anfall der Grafschaft an<br />

das Haus Nassau-Weilburg 1799 die Kanzlei (Regierung) im Gegensatz zu der Hofhaltung in <strong>Hachenburg</strong><br />

zunächst bestehengelassen, zwischen 1807 und 1809 nach der Vereinigung der nassauischen Länder zum<br />

Herzogtum Nassau jedoch aufgelöst. Bis 1816 unterstand die ehemalige Grafschaft der herzoglich-nassauischen<br />

Regierung Ehrenbreitstein. Neben der zentralen Kanzlei zu <strong>Hachenburg</strong> gab es Amtsverwaltungen mit je einem<br />

Amtmann, die aus der Zeit vor der Trennung der Grafschaft Sayn in Sayn-Altenkirchen und Sayn-<strong>Hachenburg</strong><br />

stammten und nach der Trennung beibehalten wurden, auch wenn sie weitgehend ihre Kompetenzen an die<br />

Kanzlei abtreten mußten. Die Exklaven Hamm, Birnbach, Flammersfeld und Schöneberg wurden von einem<br />

Amtsverweser unter der Bezeichnung Amt Schöneberg betreut, zu dem vermutlich auch das Kirchspiel<br />

Höchstenbach gehörte. Das Amt <strong>Hachenburg</strong> bildeten die Kirchspiele Altstadt, Alpenrod, Kroppach und Kirburg<br />

mit der Vogtei Roßbach und dem Bann Maxsain, während die Stadt <strong>Hachenburg</strong> zuweilen als eigenes Amt<br />

bezeichnet wurde, das der Stadt-Schultheiß verwaltete. 1760 wurden die drei Ämter aufgelöst und stattdessen ein<br />

Amtskollegium eingerichtet, das die bisherigen Amtleute, nämlich Hofrat Flurer für das Amt Schöneberg, Rat<br />

Niesener für das Amt <strong>Hachenburg</strong> und der Schultheiß der Stadt <strong>Hachenburg</strong>, Ottershagen, verwalteten. Für die<br />

Schreibarbeit war ein eigener Sekretär zuständig. Dieses Amtskollegium war - zumindest bei seiner Aufhebung -<br />

in das Stadtamt (für die Stadt <strong>Hachenburg</strong>), das Landamt (für die Kirchspiele und Exklaven) und das Marktamt<br />

(für die in der Herrschaft bestehenden Märkte) eingeteilt und für die niedere Justiz sowie die Polizei -<br />

Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Brandschutz und Feuerversicherungen - zuständig, wobei die Amtmänner<br />

auch Visitationen in den einzelnen Kirchspielen und Orten durchführen mußten. Nach der Übernahme der<br />

Herrschaft durch Nassau-Weilburg blieb das Amtskollegium zunächst bestehen, bis es nach der Einrichtung des<br />

Herzogtums Nassau zusammen mit der Regierung <strong>Hachenburg</strong> 1807-1809 aufgehoben und das Territorium der<br />

nassauischen Regierung Ehrenbreitstein unterstellt wurde. Diese ernannte 1809 den Justizrat Magdeburg zum<br />

Beamten und den hachenburgischen Stadtschreiber Sandberger zum Amtsassessor der in Stadt- und Landamt<br />

<strong>Hachenburg</strong> umbenannten ehemaligen Grafschaft Sayn-<strong>Hachenburg</strong>. Nach 1816 wurde das Stadt- und Landamt<br />

<strong>Hachenburg</strong> als Amt <strong>Hachenburg</strong> in den Verwaltungsaufbau des Herzogtums Nassau eingegliedert. Das<br />

hachenburgische Amtskollegium bildete somit einen direkten Vorläufer der späteren Verwaltung des herzoglichnassauischen<br />

Amtes <strong>Hachenburg</strong>. Für die geistliche Verwaltung protestantischer Angelegenheiten der Grafschaft<br />

Sayn-<strong>Hachenburg</strong>, in der es neben einigen Schutzjuden Angehörige von drei christlichen Konfessionen gab, war<br />

ein Konsistorium zuständig. Nach Dahlhoff gab es während der gemeinsamen Regentschaft Salentins mit seinen<br />

Töchtern ein gemeinsames, bereits früher gegründetes Konsistorium, das aus zwei weltlichen Räten und je einem<br />

lutherischen und reformierten Inspektor bestand und für die ganze Grafschaft Sayn-<strong>Hachenburg</strong> zuständig war.<br />

1709 wurde der Vorschlag gemacht, ein für das unter sächsisch-weimar-eisenachischen Regentschaft stehende<br />

Sayn-Altenkirchen und Sayn-<strong>Hachenburg</strong> zuständiges Konsistorium zu errichten, doch dieser Vorschlag wurde

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