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Handout Arbeitszeugnis

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<strong>Handout</strong> <strong>Arbeitszeugnis</strong>; Katrin Weppler; Seminar: Personalrecht für<br />

Psychologen<br />

§ 109 GewO Zeugnis (§ 630 BGB)<br />

1. Der AN hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das<br />

Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der<br />

AN kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im<br />

Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.<br />

2. Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen<br />

enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut<br />

ersichtliche Aussage über den AN zu treffen.<br />

3. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.<br />

Inhalt und Form<br />

� grundsätzlich schriftlich auf Firmenbogen (Stempel)<br />

� Unterschrift nur von dem hierzu üblicherweise Befugten<br />

� enthält die wesentlichen und insbesondere die qualifizierenden Arbeitsinhalte<br />

� die Darstellung der Leistung muss sich auf Arbeitsumfang, Qualität, Schnelligkeit, Fachkenntnisse<br />

und grundsätzliche Bereitschaft zur Tätigkeit, Ausdrucksvermögen und Verhandlungsgeschick<br />

beziehen<br />

� nur arbeitsbezogene Tatsachen, d.h. keine Angaben zum Privatleben<br />

� negative Inhalte müssen beweisbar sein<br />

� klar, wahr und verständlich formuliert (keine versteckten, negativen Merkmale; Zeugnissprache)<br />

� die Formulierungen sind nach der Empfängerperspektive zu bewerten<br />

Zeugnisformulierungen und ihre Bedeutung<br />

... hat die ihm übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten<br />

Zufriedenheit ausgeführt<br />

... wir waren mit seinem Fleiß, seiner Führung und seiner Leistung<br />

in jeder Hinsicht zufrieden.<br />

... hat die ihm übertragenen Arbeiten stets zu unserer vollen<br />

Zufriedenheit erledigt<br />

... wir waren seinem Fleiß, seiner Führung und seiner Leistung sehr<br />

zufrieden.<br />

... hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollen<br />

Zufriedenheit erledigt<br />

... wir waren mit seinem Fleiß, seiner Führung und seiner Leistung<br />

zufrieden<br />

... hat die ihm übertragenen Leistungen stets zu unserer<br />

Zufriedenheit erledigt<br />

... wir waren mit seiner Führung und seiner Leistung zufrieden.<br />

... hat die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer Zufriedenheit<br />

erledigt<br />

... seine Leistungen und seine Führung waren befriedigend<br />

Sehr gut Leistungen<br />

(Note 1)<br />

Gute Leistungen<br />

(Note 2)<br />

Befriedigende Leistungen<br />

(Note 3)<br />

Befriedigend bis ausreichend<br />

(Note 3-4)<br />

Ausreichende Leistungen<br />

(Note 4)


...hat die ihm übertragenen Arbeiten im großen und ganzen (oder im<br />

allgemeinen, oder in der Regel) zu unserer Zufriedenheit erledigt<br />

... hat sich (stets) bemüht, die ihm übertragenen Arbeiten zu unserer<br />

Zufriedenheit zu erledigen<br />

Mangelnde Leistungen<br />

(Note 5)<br />

Ungenügende Leistungen<br />

(Note 5-6)<br />

... er war stets bemüht gute Leistungen zu erbringen<br />

Wir bedauern das Ausscheiden sehr. Hervorragender Mitarbeiter den man nicht gern gehen sieht<br />

Das Ausscheiden erfolgt auf eigenen Wunsch Neutrale Formulierung, beschreibt lediglich den tatsächlichen<br />

Sachverhalt<br />

Für den weiteren Berufs- und Lebensweg wünschen wir … alles<br />

Gute und danken für die erfolgreiche Zusammenarbeit<br />

Wir sehen uns aus organisatorischen Gründen nicht mehr in der<br />

Lage … weiterzubeschäftigen und müssen das Arbeitsverhältnis<br />

deshalb beenden<br />

Positive Beurteilung; das Ausscheiden wird bedauert<br />

Formulierung sollte auf jeden Fall geändert werden<br />

Das Ausscheiden erfolgt in beiderseitigem Einverständnis Dem AN wurde die Kündigung nahe gelegt<br />

... besaß die Fähigkeit Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Hinblick<br />

auf die Vorgaben des Unternehmens zu motivieren<br />

... er/sie erledigte seine Aufgaben mit äußerster Sorgfalt und<br />

Genauigkeit<br />

Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin besitzt die Fähigkeit zu<br />

Personalführung.<br />

Hier wird ein/e ausgezeichnete/r Mitarbeiter/in beschrieben.<br />

... hatte persönliches Format Hier wird eine besondere Wertschätzung ausgedrückt.<br />

... zeigte für seine Arbeit Verständnis<br />

... besonders hervorzuheben ist seine Pünktlichkeit<br />

... zeigte stets Interesse und erledigte die übertragenen Aufgaben mit<br />

Fleiß<br />

... erledigte die übertragenen Arbeiten sehr<br />

ordentlich/ordnungsgemäß<br />

Dieses Verständnis hat nicht zu tatsächlicher Leistung geführt, hier<br />

wird ein "fauler" Arbeitnehmer beschrieben.<br />

Hier wird eine Selbstverständlichkeit hervorgehoben. Das bedeutet,<br />

dass alles andere, was der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin gezeigt<br />

hat, indiskutabel war.<br />

Zwar bestand ein gewisses Engagement, die Arbeitsergebnisse<br />

waren jedoch in der Regel nicht nennenswert<br />

Ein typischer Bürokrat, der nur auf Anweisung handelt und<br />

keinerlei Eigeninitiative gezeigt hat.<br />

... zeigte stets Einfühlungsvermögen für die Belange der Kollegen Er hat sich während der Arbeitszeit mehr mit den Kollegen als mit<br />

seinen Arbeiten beschäftigt.<br />

... er/sie war sehr umgänglich Er/sie war sehr unbeliebt im Kollegenkreis.<br />

... er/sie hatte ein gutes Verhältnis zu Vorgesetzten (ohne dass die<br />

Kollegen erwähnt werden)<br />

Er/sie hat sich ausschließlich nach "Oben" orientiert und sich den<br />

Vorgesetzten bedingungslos angepasst.


Fallbeispiel<br />

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 12.8.2008, 9 AZR 632/07<br />

Leitsätze: Soweit für eine Berufsgruppe oder in einer Branche der allgemeine Brauch besteht,<br />

bestimmte Leistungen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers im Zeugnis zu erwähnen, ist<br />

deren Auslassung regelmäßig ein (versteckter) Hinweis für den Zeugnisleser, der<br />

Arbeitnehmer sei in diesem Merkmal unterdurchschnittlich oder allenfalls durchschnittlich zu<br />

bewerten (beredtes Schweigen). Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch darauf, dass ihm ein<br />

ergänztes Zeugnis erteilt wird. Dies gebieten die Grundsätze von Zeugnisklarheit und<br />

Zeugniswahrheit.<br />

Tatbestand: Der Kläger war seit dem Jahre 1993 bis zum 31. März 2003 als<br />

Tageszeitungsredakteur bei der Beklagten beschäftigt. Zwischen den Parteien war ein<br />

Kündigungsrechtsstreit anhängig, der am 6. Dezember 2004 vor dem Sächsischen<br />

Landesarbeitsgericht vergleichsweise beigelegt wurde: „Die Beklagte erteilt dem Kläger ein<br />

Zeugnis, mit dem diesem gute Führung und Leistung bescheinigt werden.“<br />

Kläger: Begehrt ein Zeugnis in dem unter anderem seine Zuverlässigkeit und Effektivität in<br />

Stresssituationen Erwähnung findet. Er bringt vor, dass es zum üblichen Zeugnisinhalt bei<br />

Tageszeitungsredakteuren gehöre, die Belastbarkeit in Stresssituationen gesondert zu<br />

beurteilen. Schweige sich ein Zeugnis darüber aus, sei das Zeugnis unvollständig und<br />

suggeriere, dass der Arbeitnehmer in diesem Beurteilungsmerkmal unterdurchschnittlich oder<br />

allenfalls durchschnittlich gearbeitet habe.<br />

Beklagte: Beantragt die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, mit dem erteilten<br />

Zeugnis ihren gesetzlichen und im gerichtlichen Vergleich übernommenen Verpflichtungen<br />

gerecht geworden zu sein. Der Leser des Zeugnisses eines Journalisten erwarte keine positive<br />

Hervorhebung der Arbeit in Stresssituationen.<br />

Urteil: Das Arbeitsgericht hat Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung<br />

des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision<br />

verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.<br />

Begründung:<br />

1. Revision des Klägers ist begründet; sie führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung an das<br />

Landesarbeitsgericht<br />

2. Das Berufungsgericht durfte die Klage nicht abweisen, denn:<br />

3. Ist es in einer Branche üblich bestimmte Leistungen hervorzuheben, dann muss diesem Brauch im<br />

Zeugnis Rechnung getragen werden.<br />

4. Der Kläger hat somit Anspruch auf ausdrückliche Bescheinigung bestimmter Merkmale bei dem das<br />

Fehlen einer entsprechenden Aussage im Zeugnis sein berufliches Fortkommen behindern könnte<br />

5. Das Landesarbeitsgericht muss die Tatsache eines Zeugnisbrauchs (mit Hilfe eines Sachverständigen)<br />

feststellen und neu urteilen.

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