Stahl â ein vielseitiger Werksto - Junge Wissenschaft
Stahl â ein vielseitiger Werksto - Junge Wissenschaft
Stahl â ein vielseitiger Werksto - Junge Wissenschaft
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<strong>Junge</strong><br />
Ausgabe Nr. 84 // 24. Jahrgang // 2009<br />
<strong>Wissenschaft</strong><br />
Jugend forscht in Natur und Technik<br />
Young Researcher<br />
The European Journal of Science and Technology<br />
Medienpartner des<br />
<strong>Wissenschaft</strong>sjahres 2009<br />
<strong>Stahl</strong> –<br />
<strong>ein</strong> <strong>vielseitiger</strong><br />
<strong>Werksto</strong>ff<br />
Themen:<br />
Gebäude im Tsunamistrudel // Mindestens 17 müssen<br />
es s<strong>ein</strong> // Organe aus dem Spinnennetz // Widerstand<br />
zwecklos // Wenn sich das Gehirn selbst betrachtet<br />
Das Magazin<br />
für Nachwuchsforscher<br />
Innovative Experimente, wissenschaftliche Beiträge und spannende Ergebnisse:<br />
Außerdem im Heft: Ganz großes Kino auf der Edelstahlhülle //<br />
Stiftung Jugend forscht e.V. // Weltrekord im Brückenbau –<br />
das Viadukt von Millau // Hochschulportrait TU Bergakademie Freiberg //<br />
Studienführer <strong>Werksto</strong>ff- und Materialwissenschaften und vieles mehr...
Dank<br />
Vielen Dank allen Firmen und<br />
Unternehmen, die mit Patenschaftsabonnements<br />
in die Zukunft investieren:<br />
Prof. Dr. Wilfried Kuhn,<br />
Villmar/Gießen<br />
<br />
<br />
<br />
Physikalisch-Technische<br />
Bundesanstalt,<br />
Braunschweig und Berlin<br />
Mepha Pharma AG,<br />
Aesch (Schweiz)<br />
SMS Siemag<br />
Aktiengesellschaft<br />
DSW Deutsche<br />
Schülerwerbung GmbH,<br />
Düsseldorf<br />
Carl Zeiss AG,<br />
Oberkochen<br />
Robert Bosch GmbH,<br />
Stuttgart<br />
Wilhelm und Else<br />
Heraeus-Stiftung,<br />
Hanau<br />
Universität Bonn,<br />
Bonn<br />
Bundesverband der<br />
Dienstleister für Online-<br />
Anbieter e.V.<br />
Deutsche<br />
Hochschulwerbung<br />
A. Roussidis e. K.,<br />
Düsseldorf<br />
<strong>Stahl</strong> gehört<br />
nicht zum alten Eisen<br />
Geschichtlich gesehen ist die Eisenzeit längst<br />
vorbei. In Europa endete sie im 1. Jahrhundert<br />
vor Christus. Doch wirtschaftlich gesehen<br />
steigt seitdem die Bedeutung der Eisenwerkstoffe<br />
kontinuierlich an. Eine tragende<br />
Rolle spielt dabei <strong>Stahl</strong>, <strong>ein</strong>e Legierung aus<br />
Eisen und maximal 2 Prozent Kohlenstoff<br />
sowie weiterer Legierungselemente.<br />
Um 1900 betrug die weltweite <strong>Stahl</strong>produktion<br />
etwa 50 Millionen Tonnen im Jahr. In<br />
2008 wurden über 1300 Millionen Tonnen<br />
<strong>Stahl</strong> produziert. <strong>Stahl</strong> ist damit der mengenmäßig<br />
bedeutendste <strong>Werksto</strong>ff in der<br />
Industrie.<br />
Doch <strong>Stahl</strong> ist nicht gleich <strong>Stahl</strong>. In der europäischen<br />
<strong>Stahl</strong>registratur sind heute um<br />
die 2000 genormte <strong>Stahl</strong>sorten enthalten,<br />
dazu kommen noch weitere mehrere hundert<br />
nicht genormte Sorten. Stähle werden<br />
für die unterschiedlichsten Anwendungen<br />
mit genau angepasstem Eigenschaftsprofil<br />
hergestellt: So gibt es Baustähle, Behälterstähle,<br />
Maschinenbaustähle, Werkzeugstähle,<br />
nichtrostende Stähle, warmfeste und<br />
hitzebeständige Stähle, Schienenbaustähle,<br />
Stähle für Elektroblech und vieles mehr.<br />
Wie raffiniert dabei teilweise auch auf die<br />
Anforderungen in der Fertigung <strong>ein</strong>gegangen<br />
wird, zeigen die „Bake hardening“<br />
Stähle: Die Automobilindustrie bekommt<br />
von der <strong>Stahl</strong>industrie ihr Rohmaterial in<br />
Form von Blechen geliefert. Diese werden<br />
zugeschnitten und dann im Presswerk zu<br />
Karosserieteilen umgeformt. Hierbei sollte<br />
das Blech noch k<strong>ein</strong>e zu hohe Festigkeit haben,<br />
um den Umformprozeß nicht unnötig<br />
zu erschweren. Nach dem Verschweißen der<br />
Einzelteile zur Karosserie wird diese lackiert.<br />
Beim Einbrennen der Fahrzeuglegierung bei<br />
etwa 180 °C verändert der <strong>Stahl</strong> dann noch<br />
mal s<strong>ein</strong>e Eigenschaften und erreicht s<strong>ein</strong>e<br />
geforderte Festigkeit.<br />
Editorial<br />
Seit über 100 Jahren wird systematisch an<br />
immer neuen <strong>Stahl</strong>legierungen geforscht<br />
und entwickelt: All<strong>ein</strong> 500 der heute in<br />
Europa genormten <strong>Stahl</strong>sorten sind erst seit<br />
maximal fünf Jahren auf dem Markt. Dass<br />
<strong>Stahl</strong>entwicklung <strong>ein</strong> spannender Beruf ist,<br />
zeigt das Portrait von Matthias Frommert<br />
auf S. 56. Er entwickelt Stähle für Rohre,<br />
aus denen Pipelines, Kräne oder Brücken<br />
entstehen. Er gehört damit zu den 5 Millionen<br />
Beschäftigen in Deutschland, die sich<br />
mit der Erforschung und Herstellung von<br />
allen Arten an <strong>Werksto</strong>ffen befassen und<br />
damit <strong>ein</strong>en Umsatz von etwa <strong>ein</strong>er Billion<br />
Euro erzielen.<br />
Dass die <strong>Werksto</strong>ffbranche in Deutschland<br />
<strong>ein</strong>e solche wirtschaftliche Bedeutung hat,<br />
wird in der Öffentlichkeit vielfach nicht<br />
wahrgenommen. Zu dieser Erkenntnis<br />
kommt das Positionspapier der Akademie<br />
der Technikwissenschaften, das sich im<br />
November 2008 mit der Materialwissenschaft<br />
und der <strong>Werksto</strong>fftechnik beschäftigt<br />
hat. Eine direkte Konsequenz aus der nicht<br />
wahrgenommenen Bedeutung ist, dass die<br />
entsprechenden Studiengänge zu wenig<br />
nachgefragt werden. Zusätzlich ist die <strong>Werksto</strong>ffkunde<br />
<strong>ein</strong> Thema, das in der Schule<br />
kaum bis gar nicht vorkommt und so viel zu<br />
wenig in den Blick von Abiturienten bei der<br />
Studienwahl gerät. Die Redaktion der <strong>Junge</strong>n<br />
<strong>Wissenschaft</strong> möchte mit diesem Heft<br />
dazu beitragen, dies zu ändern.<br />
Dr. Sabine Walter,<br />
Mitherausgeberin und Chefredakteurin<br />
der <strong>Junge</strong>n <strong>Wissenschaft</strong><br />
3<br />
Young Researcher<br />
Impressum<br />
Gründungsherausgeber:<br />
Prof. Dr. rer. nat. Paul Dobrinski †<br />
Herausgeber:<br />
Prof. Dr. Manfred Euler,<br />
Dr. Dr. Jens Simon,<br />
Dr.-Ing. Sabine Walter<br />
Verlag:<br />
Verlag <strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />
Athanasios Roussidis<br />
Neuer Zollhof 3, 40221 Düsseldorf<br />
Chefredaktion:<br />
Dr.-Ing. Sabine Walter<br />
s.walter@verlag-jungewissenschaft.de<br />
Redaktion:<br />
Thorsten Kretschmer,<br />
Areti Karathanasi<br />
Ersch<strong>ein</strong>ungsweise:<br />
vierteljährlich<br />
Preis:<br />
30,00 zzgl. Versand für 4 Ausgaben;<br />
Schüler, Studenten, Referendare, Lehrer<br />
zahlen nur 20,00 zzgl. Versand; Einzelpreis:<br />
9,50 <br />
Marketing/Kooperationen:<br />
Thorsten Kretschmer<br />
Telefon (02 11) 38 54 89 12<br />
t.kretschmer@verlag-jungewissenschaft.de<br />
Anzeigen:<br />
André Mayer<br />
Telefon (02 11) 38 54 89 13<br />
Fax (02 11) 38 54 89-29<br />
a.mayer@verlag-jungewissenschaft.de<br />
Grafik & Layout:<br />
Ideenfilter Werbeund<br />
Designagentur GmbH<br />
Neuer Zollhof 3, 40221 Düsseldorf<br />
Antje Bunzel, Stephan Sprick<br />
Bilder:<br />
aboutpixel.de, photocase.de, sxc.hu,<br />
pixelio.de<br />
Druck:<br />
Kandinsky Production House GmbH<br />
www.kandinsky-ph.de<br />
Hamburg und Düsseldorf<br />
Geschäftsbedingungen:<br />
Es gelten die Allgem<strong>ein</strong>en<br />
Geschäftsbedingungen des Verlags<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong>, Athanasios Roussidis<br />
ISSN 0179-8529
Inhalt<br />
4<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 83 // 2009<br />
Weltrekord im Brückenbau –<br />
Das Viadukt von Millau<br />
60<br />
6<br />
Ganz großes Kino auf<br />
der Edelstahlhülle<br />
Dass <strong>Stahl</strong> <strong>ein</strong>er der vielseitigsten <strong>Werksto</strong>ffe ist, beweist das Viadukt<br />
von Millau <strong>ein</strong>drucksvoll: Denn mit <strong>ein</strong>er Länge von 2460 m ist es nicht<br />
nur die längste Schrägseilbrücke der Welt, sondern mit <strong>ein</strong>er Bauhöhe<br />
von 343 m auch höher als der Eiffelturm. Die Bauzeit von 38 Monaten<br />
und die Kosten (ca. 400 Mio. €) sind ebenfalls rekordverdächtig.<br />
Das Leverkusener Bayer-Hochhaus wird<br />
zur größten Medienfassade der Welt<br />
umgebaut und mit 5,6 Millionen LED-<br />
Leuchten bestückt – <strong>ein</strong>geflochten in <strong>ein</strong><br />
witterungsbeständiges Edelstahlgewebe.<br />
Editorial 3<br />
Inhalt 4 – 5<br />
Neues 6 – 10<br />
Ganz großes Kino auf der<br />
Edelstahlhülle 6<br />
Haarnadel im Beton 7<br />
Pflaster für den <strong>Werksto</strong>ff 7<br />
Mit der Nanotomographie das<br />
Innere erforschen 8<br />
Humane Stammzellen wachsen<br />
auf Textilimplantaten 8<br />
Krautkrämer-Wagner verabschiedet<br />
sich von Jugend forscht 10<br />
Magazin I 11 – 17<br />
„Wir suchen die Forscher<br />
von morgen!“ 11<br />
Sprungbrett für <strong>ein</strong>e<br />
erfolgreiche Karriere 13<br />
Interview mit<br />
Melanie Bonnekessel 15<br />
MINT 16<br />
Wie aus Jungforschern<br />
junge <strong>Wissenschaft</strong>ler werden 17<br />
Magazin II 56 – 74<br />
„Das lernen Sie alles<br />
an der Uni!“ 56<br />
Interview mit<br />
Matthias Niemeyer 58<br />
Weltrekord im Brückenbau-<br />
Viadukt von Millau 60<br />
Studium & Beruf:<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften und<br />
Materialwissenschaft 62<br />
Von der Vorlesung in die<br />
Konstruktion 68<br />
Hightech-Materialien für<br />
die Zukunft – Hochschulportrait<br />
TU Bergakademie Freiberg 70<br />
Buchrezensionen 73<br />
Jugend forscht 18 – 55<br />
Gebäude im Tsunamistrudel<br />
Modellversuche zu Tsunamitauglichen<br />
Hausformen 18<br />
Mindestens 17 müssen es s<strong>ein</strong><br />
Untersuchungen zur <strong>ein</strong>deutigen<br />
Lösbarkeit von Sudokus 24<br />
Organe aus dem Spinnennetz<br />
Spinnenseide als Zellgerüst für<br />
in-vitro Organe 32<br />
Widerstand zwecklos<br />
Die makroskopische Wellenfunktion<br />
als Grundlage der Theorie von<br />
Supraleitung und Suprafluidität 38<br />
Wenn sich das Gehirn<br />
selbst betrachtet<br />
Bau <strong>ein</strong>es kostengünstigen und<br />
kompakten Elektroenzephalografen<br />
mit visueller und auditiver<br />
Feedbackfunktion 44
Gebäude im<br />
Tsunamistrudel<br />
In <strong>ein</strong>em selbstgebauten Wellenbecken<br />
wurden Modell-Tsunamis ausgelöst und<br />
untersucht, welche Auswirkungen die<br />
anrollende Welle auf verschiedene Häuser<br />
am Ufer hat.<br />
Autor: Frederic Folz<br />
18<br />
Inhalt<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> –<br />
Jugend forscht in Natur<br />
und Technik<br />
5<br />
Mindestens 17 müssen<br />
es s<strong>ein</strong><br />
24<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> veröffentlicht Originalbeiträge<br />
junger Autoren bis zum Alter von<br />
23 Jahren mit anspruchsvollen Themen aus<br />
allen Bereichen der Naturwissenschaften<br />
und Technik.<br />
Nun ist es mathematisch exakt bewiesen:<br />
Ein Sudoku muss zu Anfang mindestens<br />
17 Zahlen enthalten, damit es <strong>ein</strong>deutig<br />
lösbar ist.<br />
Autorin: Ariane Papke<br />
Gründungsherausgeber:<br />
Prof. Dr. rer. nat. Paul Dobrinski †<br />
Herausgeber:<br />
Prof. Dr. Manfred Euler<br />
Dr. Dr. Jens Simon<br />
Dr.-Ing. Sabine Walter<br />
Organe aus dem<br />
Spinnennetz<br />
32<br />
Beirat:<br />
Dr. J. Georg Bednorz<br />
Nobelpreisträger<br />
IBM Research Division<br />
Forschungslaboratorium Zürich<br />
Um aus Zellen außerhalb des Körpers<br />
Organe wachsen zu lassen, werden Zellgerüste<br />
benötigt. Untersuchungen zeigen,<br />
dass sich hierfür die Spinnenseide der<br />
Radnetzspinne eignet.<br />
Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c.<br />
Manfred Eigen<br />
Nobelpreisträger,<br />
Max-Planck-Institut für<br />
Biophysikalische Chemie,<br />
Göttingen<br />
Autoren: Janina Otto, Gesine Scharf<br />
Prof. Dr. Gerhard Ertl<br />
Nobelpreisträger<br />
Fritz-Haber-Institut der<br />
Max-Planck-Gesellschaft, Berlin<br />
Widerstand zwecklos<br />
Die Theorie der Supraleiter ist auch heute<br />
noch <strong>ein</strong>e Herausforderung. Einen ungewöhnlichen<br />
Zugang über die Quantenmechanik<br />
zeigt diese Arbeit.<br />
Autor: Philip Schmidt<br />
38<br />
Prof. Dr. Ernst O. Göbel<br />
Präsident der Physikalisch-<br />
Technischen Bundesanstalt,<br />
Braunschweig und Berlin<br />
Dr. Uwe Groth<br />
Dr. Groth und Partner<br />
Unternehmensberatung<br />
VDI Projektleitung<br />
„Jugend entdeckt Technik“<br />
Wenn sich das Gehirn<br />
selbst betrachtet<br />
Das Hirnstrommessgerät (Elektroenzephalograf)<br />
gibt Auskunft über die<br />
Hirnaktivitäten des Probanden. Im Einsatz<br />
kann dann über die Feedbackfunktion<br />
<strong>ein</strong> echter Entspannungszustand erreicht<br />
werden.<br />
Autor: Alexander von Lühmann<br />
44<br />
Prof. Dr. Elke Hartmann<br />
Universität Halle<br />
VDI Bereichsvorstand<br />
„Technik und Bildung“<br />
Dr. Jörg F. Maas<br />
Geschäftsführer der Stiftung<br />
„Jugend forscht“ e. V.,<br />
Hamburg<br />
Prof. Dr. Bernd Ralle<br />
Schriftführer der Zeitschrift MNU,<br />
Fachbereich Chemie,<br />
Universität Dortmund<br />
Wolfgang Scheunemann<br />
Geschäftsführer der dokeo GmbH,<br />
Stuttgart
Neues<br />
6<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
<strong>Stahl</strong>anwendung<br />
Ganz großes Kino auf der Edelstahlhülle<br />
Das Leverkusener Bayer-Hochhaus wird zur größten Medienfassade der Welt umgebaut und mit<br />
5,6 Millionen LED-Leuchten bestückt - <strong>ein</strong>geflochten in <strong>ein</strong> witterungsbeständiges Edelstahlgewebe.<br />
Jeder, der schon <strong>ein</strong>mal auf der Autobahn<br />
von Düsseldorf nach Köln unterwegs<br />
war, kennt das Bayer-Kreuz. Im<br />
Herbst dieses Jahres erhält es nun <strong>ein</strong><br />
dynamisches Pendant: Die Bayer AG<br />
verwandelt das nicht mehr genutzte<br />
Hochhaus der Konzernzentrale in die<br />
größte Medienfassade der Welt. Von<br />
<strong>ein</strong>em Zentralrechner gesteuert, lassen<br />
sich künftig sogar Filme auf der Hochhauswand<br />
abspielen.<br />
Das 122 Meter hohe Gebäude wurde<br />
1963 im Stil der Zeit als Hochhausscheibe<br />
errichtet. Zunächst sollte es abgerissen<br />
werden. Dann aber entschloss<br />
sich das Unternehmen, die voll intakte<br />
<strong>Stahl</strong>skelettkonstruktion auf ungewöhnliche<br />
Weise weiter zu nutzen: Das bis auf<br />
s<strong>ein</strong> Tragwerk entkernte Gebäude wird<br />
rundum mit <strong>ein</strong>em filigranen Edelstahl-<br />
Gewebe bespannt, in das 5,6 Millionen<br />
LED-Leuchten <strong>ein</strong>gelassen sind. Das<br />
wetterfeste Material bedeckt <strong>ein</strong>e Fläche<br />
von 17.500 Quadratmetern. „Auf ihr<br />
wird man beispielsweise <strong>ein</strong> Bayer-<br />
Kreuz sehen, das um das Gebäude<br />
herum zu fliegen sch<strong>ein</strong>t“, beschreibt<br />
Roland Ellmann die visuelle Wirkung.<br />
Das Geheimnis dieser technischen<br />
Meisterleistung ist <strong>ein</strong> kunstvoll verarbeitetes<br />
Edelstahl-Gewebe. Vier Fünftel<br />
des Gebäudes werden mit <strong>ein</strong>em<br />
Metallgewebe bespannt, das von LED<br />
Dioden beleuchtet wird. Dadurch<br />
wird <strong>ein</strong>e großflächige indirekte und<br />
tiefgründige Leuchtwirkung erzeugt.<br />
In diese Gesamtfläche wurden im<br />
Zentrum der beiden Hauptfassaden<br />
zwei lichtstarke Bildfelder <strong>ein</strong>gebettet,<br />
jeweils 40 mal 40 Meter groß.<br />
In diesen Feldern sind die Dioden<br />
wasserdicht versiegelt und sitzen in<br />
nach vorne geöffneten Profilen. Sie<br />
sind somit direkt zu sehen. Dies wird<br />
so hell s<strong>ein</strong>, dass das neue Bayer-Kreuz<br />
auch tagsüber noch in fünf Kilometer<br />
Entfernung gut zu erkennen s<strong>ein</strong> wird.<br />
Nach der vollständigen Freilegung s<strong>ein</strong>es konstruktiven<br />
Kerns wird das Bayer-Hochhaus rundum mit<br />
Edelstahlgewebe bespannt.<br />
(Quelle: <strong>Stahl</strong>-Informations-Zentrum / Bayer AG)<br />
Das Edelstahlgewebe Mediamesh: Als Träger der Dioden dienen U-förmige Profile, die in das Gewebe <strong>ein</strong>gefügt sind.<br />
(Quelle: <strong>Stahl</strong>-Informations-Zentrum / GKD Gebr. Kufferath AG / ag4 media facade GmbH)
Neues<br />
Die besondere Nachricht:<br />
Haarnadeln im Beton<br />
7<br />
7<br />
Die spinnen, die Römer, beliebt der dicke Gallier,<br />
der gar nicht dick ist, mitunter zu sagen. rumliegen und deren Einbau genauestens von<br />
sperrigen Gitter, die immer auf Baustellen he-<br />
Ob das nun stimmt oder nicht: Die Römer waren<br />
in jedem Fall echte Experten im Betonbau:<br />
Ingenieuren kontrolliert werden muss.<br />
Das Pantheon, Aquädukte und Abwasserkanäle<br />
haben sie aus dem grauen Material gefernadelgroße<br />
<strong>Stahl</strong>fasern, die dem Beton zuge-<br />
Statt sperriger Gitter tun es aber auch haartigt.<br />
Das Rezept dafür hätte auch Miraculix mischt werden. Das hat die Braunschweiger<br />
im Nu zusammengemischt: Man nehme zwei Forscherin Anja Riese der Technischen Universität<br />
vor <strong>ein</strong>igen Jahren herausgefunden<br />
Teile Kalk und Ton, <strong>ein</strong>en Teil St<strong>ein</strong>brocken<br />
oder Kies und rühre es gründlich durch. Etwas und aus diesem „<strong>Stahl</strong>faserbeton“ ganze<br />
Wasser, trocknen lassen und fertig.<br />
Wohnhausdecken gefertigt. Weil die belastbar<br />
waren wie Hinkelst<strong>ein</strong>e und <strong>ein</strong>fach aufzubringen,<br />
haben sie sich in der Praxis längst<br />
Um Beton noch stabiler zu machen, wird er seit<br />
über 100 Jahren mit Moniereisen, also Bewehrungsstahl,<br />
verstärkt. Das sind diese<br />
bewährt.<br />
rostigen<br />
Haarnadeln im Beton Obelix würde sagen:<br />
Die spinnen, die Ingenieure. Also höchste Zeit<br />
für <strong>ein</strong>en klärenden Band „Asterix und der<br />
<strong>Stahl</strong>faserbetonmix“.<br />
Andrea Hoferichter<br />
(Dieser Text ist entnommen aus „Das Murmeltierbuch<br />
– und täglich grüßt die <strong>Wissenschaft</strong>“<br />
mit freundlicher Genehmigung<br />
des Joh. H<strong>ein</strong>r. Meyer Verlags in Braunschweig)<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> Young Researcher<br />
84 // 2009<br />
<strong>Werksto</strong>ff-Forschung<br />
Pflaster für den <strong>Werksto</strong>ff<br />
Der Traum der Ingenieure von selbstheilenden Oberflächen rückt <strong>ein</strong> Stück näher: Forscher haben <strong>ein</strong>e<br />
galvanische Schicht hergestellt, in der nanometerkl<strong>ein</strong>e Kapseln stecken. Wird die Schicht verletzt,<br />
geben die Kapseln Flüssigkeit frei und reparieren den Kratzer.<br />
Die menschliche Haut ist <strong>ein</strong> Phänomen:<br />
Kl<strong>ein</strong>e Kratzer und Schnitte heilen schnell<br />
ab, schon nach wenigen Tagen ist nichts<br />
mehr von der Schramme zu erkennen.<br />
Anders bei <strong>Werksto</strong>ffen, etwa Metallen:<br />
Hat die galvanische Schicht, die Metalle<br />
vor Korrosion schützt, <strong>ein</strong>en Kratzer, ist<br />
der Rostschutz dahin. Ingenieure arbeiten<br />
daran, den Selbstheilungseffekt der Haut<br />
auf <strong>Werksto</strong>ffe zu übertragen: In die galvanische<br />
Schicht werden flüssigkeitsgefüllte<br />
Kügelchen mit <strong>ein</strong>gebracht und gleichmäßig<br />
verteilt wie Rosinen in <strong>ein</strong>em Kuchen.<br />
Wird die Oberfläche beschädigt, platzen<br />
die an dieser Stelle liegenden Kügelchen<br />
auf, die Flüssigkeit läuft heraus und „repariert“<br />
den Kratzer. Bisher scheiterten solche<br />
Vorhaben an der Größe der Kügelchen:<br />
Sie waren mit 10 bis 15 Mikrometern zu<br />
groß für die etwa 20 Mikrometer dicken<br />
galvanischen Schichten - die Kapseln veränderten<br />
die mechanischen Eigenschaften<br />
der Schicht.<br />
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik<br />
und Automatisierung<br />
IPA in Stuttgart haben mit ihren Kollegen<br />
der Universität Duisburg-Essen nun <strong>ein</strong><br />
Verfahren entwickelt, galvanische Schichten<br />
mit Nano-Kapseln herzustellen.<br />
Der Durchmesser der Kapseln beträgt nur<br />
<strong>ein</strong>ige hundert Nanometer, also fast <strong>ein</strong>e<br />
Größenordnung kl<strong>ein</strong>er als bisher. „Die<br />
Herausforderung liegt darin, die Kapseln<br />
beim Herstellen der galvanischen<br />
Schicht nicht zu beschädigen“,<br />
sagt Dr. Martin Metzner, Abteilungsleiter<br />
beim IPA. „Denn je<br />
kl<strong>ein</strong>er die Kapseln, desto dünner<br />
und empfindlicher wird auch ihre<br />
Hülle.<br />
Die Elektrolyte, die man für diese<br />
galvanotechnischen Prozesse<br />
verwendet, sind chemisch recht<br />
aggressiv und können die Kapseln<br />
leicht zerstören.“ Die Forscher<br />
mussten daher das Material der<br />
Kapselhülle und die verwendeten<br />
Elektrolyte auf<strong>ein</strong>ander abstimmen.<br />
Bis ganze Bauteile beschichtet<br />
werden können, dauert es nach<br />
Einschätzung des Experten noch <strong>ein</strong><strong>ein</strong>halb<br />
bis zwei Jahre. Komplexere Systeme<br />
sollen folgen - etwa verschieden gefüllte<br />
Kapseln, deren Flüssigkeiten mit<strong>ein</strong>ander<br />
reagieren wie <strong>ein</strong> Zwei-Komponenten-<br />
Kleber.<br />
Die Nanokapseln in der galvanischen Schicht enthalten<br />
<strong>ein</strong>e Flüssigkeit. Wird die Schicht zerkratzt, platzen die<br />
Kapseln auf, die Flüssigkeit tritt aus und repariert den<br />
Kratzer. (Quelle: Fraunhofer IPA)
Neues<br />
Neues<br />
8<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
<strong>Werksto</strong>ff-Forschung<br />
Mit der Nanotomographie das Innere erforschen<br />
Um <strong>Werksto</strong>ffe zu verbessern, müssen Aufbau und Zusammensetzung möglichst genau bekannt<br />
s<strong>ein</strong>. Mit der neu entwickelten Nanotomographie können Strukturen dreidimensional bis auf atomare<br />
Ebene hinab sichtbar gemacht werden.<br />
Bei der Nanotomographie wird die Probe<br />
schichtweise durch <strong>ein</strong>en sehr präzisen<br />
Ionenstrahl abgetragen und die freigelegte<br />
Oberfläche mittels <strong>ein</strong>es Rasterelektronenmikroskops<br />
abgebildet. Die so erfassten<br />
Professor Frank Mücklich macht das Innere von<br />
Materialien sichtbar (Quelle: bellhäuser - das bilderwerk)<br />
Bildserien werden anschließend im Computer<br />
wieder zum exakten räumlichen Abbild<br />
zusammengefügt. Durch die extrem<br />
hohe Auflösung der Nanotomographie<br />
und der unterschiedlichen Kontrastverfahren<br />
können die Materialforscher damit<br />
nicht nur chemisch analysieren, welche<br />
Atome enthalten sind, sondern sie können<br />
auch veranschaulichen, welche Gitterstruktur<br />
die Kristalle des Materials haben<br />
und welche Nanostrukturen daraus geformt<br />
wurden.<br />
Bisher wussten die Entwickler bei vielen<br />
Materialien oft nicht genau, welche Substanz<br />
<strong>ein</strong>e gewünschte Eigenschaft ausgelöst<br />
hat. Zum Beispiel im Motorenbau: In<br />
hochwertigen Autos werden heute Motorblöcke<br />
aus Aluminium <strong>ein</strong>gebaut, um die<br />
Fahrzeuge leichter zu machen. Aluminium<br />
ist jedoch <strong>ein</strong> sehr weiches Material,<br />
das erst durch die Zugabe von Silizium<br />
fester wird. Das Silizium breitet sich im<br />
Aluminium in Form <strong>ein</strong>es extrem f<strong>ein</strong>en<br />
„Silizium-Dickichtes“ aus. Ob dieses f<strong>ein</strong>maschige<br />
Netzwerk gleichmäßig wird und<br />
damit auch das Aluminium <strong>ein</strong>e gleichförmige<br />
Struktur erhält, hängt von ganz wenigen<br />
Atomen <strong>ein</strong>es weiteren Stoffes dem<br />
Strontium, ab.<br />
Welche Rolle dieser Zusatzstoff genau<br />
spielt, haben jetzt Frank Mücklich und<br />
s<strong>ein</strong> Team von der Universität des Saarlandes<br />
mit Hilfe der Nano-Tomographie<br />
und <strong>ein</strong>er speziellen Sonde entschlüsselt.<br />
„All<strong>ein</strong> die Zugabe von <strong>ein</strong>igen Millionstel<br />
Anteilen Strontium verändert das dreidimensionale<br />
Siliziumnetzwerk völlig und<br />
macht am Ende den Motorblock wesentlich<br />
fester“, erläutert der Saarbrücker Materialforscher.<br />
Medizin<br />
Humane Stammzellen wachsen auf Textilimplantat<br />
Zerstörtes Gewebe durch körpereigene Zellen zu ersetzen, diese Vision verfolgen Forscher des Institutes<br />
für Biotechnologie an der Universität Hohenheim.<br />
Stammzellen gelten als große Hoffnungsträger<br />
in der Medizin, da sie die Fähigkeit<br />
besitzen, sich in die verschiedensten Zelltypen<br />
umzuwandeln. Diese Eigenschaft<br />
macht sie besonders interessant zur Wiederherstellung<br />
von irreversibel geschädigtem<br />
Gewebe. Forschern des Instituts<br />
für Hygiene und Biotechnologie (IHB)<br />
an den Hohenst<strong>ein</strong> Instituten ist nun <strong>ein</strong>e<br />
optimierte Textilbeschichtung gelungen,<br />
mit deren Hilfe sich adulte menschliche<br />
Stammzellen auf der Faseroberfläche von<br />
Textilimplantaten ansiedeln. Hierzu wurde<br />
<strong>ein</strong>e Molekularschicht aus natürlichen<br />
Biomaterialien der menschlichen Extrazellularmatrix<br />
entwickelt. Die Besiedlung mit<br />
körpereigenen Stammzellen des Patienten<br />
erlaubt die Platzierung der kl<strong>ein</strong>en Alleskönner<br />
direkt am geschädigten Gewebe.<br />
Durch Zugabe bestimmter Faktoren können<br />
so zum Beispiel neue Herzmuskelzellen<br />
entstehen, die dann die durch <strong>ein</strong>en<br />
Infarkt zerstörten Bereiche des Herzens<br />
ersetzen.<br />
„Das ist <strong>ein</strong> erster Erfolg in Richtung<br />
textiler Stammzelltherapie. Wir müssen<br />
Die Zellkerne, der angesiedelten Stammzellen<br />
sch<strong>ein</strong>en im Fluoreszenzmikroskop blau, das<br />
Zellgerüst aus Textilfasern rot.<br />
jedoch noch die Besiedlung der Fasern<br />
mit den Stammzellen - also die Interaktion<br />
- besser verstehen,“ stellt der Leiter<br />
des IHB, Prof. Dr. Dirk Höfer fest. Die<br />
von den <strong>Wissenschaft</strong>lern verwendeten<br />
mesenchymalen Stammzellen sind multipotent,<br />
d.h. sie können sich zum Beispiel<br />
in Herzmuskel-, Knochen-, oder Knorpelzellen<br />
umwandeln. Die Ansiedlung von<br />
Stammzellen auf <strong>ein</strong>em Textil eröffnet für<br />
die Regenerationsmedizin weit reichende<br />
therapeutische Möglichkeiten. Textilimplantate<br />
werden bei Operationen häufig<br />
<strong>ein</strong>gesetzt, um verletztes Gewebe zu stabilisieren.<br />
So gibt es z. B. Herz-Patches aus<br />
Biomaterialien, die bei Herz-Operationen<br />
auf das geschädigte Herz aufgebracht werden.<br />
Diese Materialien werden dann nach<br />
<strong>ein</strong>er gewissen Zeit vom Körper des Patienten<br />
abgebaut.
Neues<br />
9<br />
Young Researcher
Jugend forscht<br />
32<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Janina Otto* 1990<br />
Gesine Scharf* 1989<br />
Garbsen<br />
Schule:<br />
Geschwister-Scholl-Gymnasium<br />
Garbsen<br />
Eingang der Arbeit:<br />
September 2008<br />
Zur Veröffentlichung angenommen:<br />
November 2008<br />
Organe aus dem Spinnenetz<br />
Spinnenseide als Zellgerüst für in-vitro Organe<br />
Ein großes Problem der heutigen Transplantationsmedizin stellt die begrenzte Verfügbarkeit an geeigneten<br />
Spenderorganen dar, weshalb zurzeit viele <strong>Wissenschaft</strong>ler an <strong>ein</strong>er in vitro Erzeugung von<br />
Organen arbeiten. Dazu müssen Zellen auf <strong>ein</strong>er Trägerstruktur gezielt anwachsen, um <strong>ein</strong>en Funktionskomplex<br />
in der gewünschten Form zu bilden. In unseren Experimenten haben wir untersucht, ob<br />
sich die Spinnenseide der Nephila Clavipes als Trägerstruktur eignet.<br />
Glossar<br />
Adhärente Zellen<br />
Zellen, die am Boden siedeln und deshalb mit<br />
Medium bedeckt s<strong>ein</strong> müssen.<br />
Monolayer<br />
Zellen, die nur <strong>ein</strong>lagig – also nicht über<strong>ein</strong>ander,<br />
wie z. B. Tumorzellen – wachsen.<br />
Maximale Konfluenz erreicht haben<br />
den Platz, der zur Besiedelung zur Verfügung<br />
steht, vollständig besiedelt haben<br />
PBS<br />
phosphathaltige Salzlösung mit physiologischen<br />
Salzkonzentrationen und pH<br />
Arachnophobie<br />
Angst vor Spinnen<br />
Kontaminierung<br />
Verunr<strong>ein</strong>igung <strong>ein</strong>er Zellkultur durch z. B.<br />
Mikroorganismen<br />
Hämostase<br />
Blutgerinnung<br />
1 Einleitung<br />
Schon seit über 50 Jahren gibt es Methoden,<br />
Zellen aus tierischen oder menschlichen<br />
Gewebe- und Organteilen zu<br />
isolieren und unter Kulturbedingungen<br />
am Leben zu erhalten. Dazu werden<br />
die Zellen meist mit nährstoffhaltigem<br />
Medium in <strong>ein</strong>er Kulturschale gefüttert,<br />
um <strong>ein</strong>e möglichst schnelle Zellvermehrung<br />
zu erhalten. Auf diese Weise<br />
lassen sich Zellen in beliebiger Menge<br />
gewinnen. Im Verlauf der Zellkultivierung<br />
stellt man jedoch häufig fest, dass<br />
sich die Zellen in der Kulturschale zwar<br />
vermehrt haben, viele spezifische Eigenschaften<br />
jedoch durch die Isolation<br />
von ihrem ursprünglichen, dreidimensionalen<br />
Gewebe verloren haben. Um<br />
dieser Veränderung entgegenzuwirken,<br />
gibt man heute spezielle Wachstumsfaktoren,<br />
Hormone und Ionen in das<br />
Nährmedium. Die Zusammensetzung<br />
dieser Zusätze entspricht der natürlichen<br />
Zellumgebung im Körper jedoch immer<br />
nur annäherungsweise. Außerdem lassen<br />
sich die Zellen nicht gezielt ansiedeln,<br />
sondern wachsen unkontrolliert in der<br />
Kulturschale. Es sch<strong>ein</strong>t also unmöglich,<br />
die Zellen in <strong>ein</strong>e definierte Form zu<br />
bringen, geschweige denn <strong>ein</strong> komplexes<br />
Organ aufzubauen. Daher lassen sich mit<br />
der bisher angewandten Technik in den<br />
konventionellen Kulturgefäßen k<strong>ein</strong>e<br />
funktionellen Gewebe herstellen.<br />
Ein großes Problem in der Transplantationsmedizin<br />
ist der Mangel an Spenderorganen.<br />
So sterben viele Patienten,<br />
da k<strong>ein</strong> passendes Spenderorgan zur
Jugend forscht<br />
Verfügung steht. Um dieses Problem zu<br />
beheben, forschen viele <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />
mit Hochdruck an der Herstellung von<br />
künstlichem Gewebe.<br />
Ein viel versprechendes Forschungsgebiet<br />
in der Medizintechnik stellt das<br />
so genannte „Tissue Engineering“ dar,<br />
was etwa mit „Gewebe-Konstruktion“<br />
zu übersetzen ist. Die Idee ist, Gewebe<br />
oder sogar ganze Organe in <strong>ein</strong>em Labor<br />
zu züchten, um diese anschließend<br />
dem Patienten implantieren zu können.<br />
Durch die Verwendung von patienteneigenen<br />
Zellen ließe sich dabei nicht nur<br />
die Problematik der Spenderlimitierung,<br />
sondern auch die der immunologischen<br />
Abstoßung durch den Empfänger verhindern,<br />
die bislang bei <strong>ein</strong>er Fremdverpflanzung<br />
von Organen durch <strong>ein</strong>e<br />
massive Medikation <strong>ein</strong>gedämmt werden<br />
muss.<br />
Um die Vision von in vitro hergestellten<br />
Organen verwirklichen zu können,<br />
benötigt man also zunächst <strong>ein</strong> dreidimensionales<br />
Zellgerüst, auf dem sich die<br />
Zellen ansiedeln und vermehren können<br />
und welches im Körper verträglich ist<br />
und k<strong>ein</strong>e Immunreaktionen hervorruft.<br />
In der von uns durchgeführten Versuchsreihe<br />
haben wir uns mit der Eignung<br />
von Spinnenseide als Material für <strong>ein</strong><br />
Zellgerüst beschäftigt, da Spinnenseide<br />
vom Körper nicht abgestoßen wird und<br />
durchaus gut von Säugetierorganismen<br />
aufgenommen wird, wie Versuche der<br />
Medizinischen Hochschule Hannover<br />
zeigten.<br />
2 Künstliches Gewebe und Trägerstrukturen<br />
2.1 Gewinnung von künstlichem Gewebe<br />
Um Organe in vitro erzeugen zu können,<br />
benötigt man Gewebe, da dieses die<br />
Grundstruktur für jedes Organ darstellt.<br />
Gewebe besteht aus Zellen, die sich zu<br />
<strong>ein</strong>em Funktionskomplex zusammenschließen.<br />
Im Körper findet der Prozess<br />
der Gewebsbildung auf natürliche Weise<br />
ständig statt. Zur in-vitro-Kultivierung<br />
von Gewebe müssen bestimmte Bedingungen<br />
herrschen, damit die Zellen nicht<br />
absterben.<br />
Voraussetzung für <strong>ein</strong>e in-vitro-Kultivierung<br />
ist <strong>ein</strong>e sterile Umgebung. Die Zellen<br />
kontaminieren schon beim Kontakt<br />
mit gewöhnlicher Raumluft und sterben,<br />
da diese Mikroorganismen enthält. Man<br />
sollte den Zellen deshalb in <strong>ein</strong>em verschließbaren<br />
Kulturgefäß <strong>ein</strong>en Lebensraum<br />
schaffen und sie nie mit kontaminierten<br />
Gegenständen oder ungefilterter<br />
Luft in Kontakt bringen. Andere Bedingungen<br />
kann man in <strong>ein</strong>em Brutschrank<br />
zum Teil imitieren. Dieser begast die Zellen<br />
kontinuierlich mit stark CO 2 – haltiger<br />
Luft und sorgt für <strong>ein</strong>e konstante<br />
Temperatur von etwa 37°C. Das ist notwendig,<br />
weil die Zellen des angestrebten<br />
Gewebes aus Säugetierorganismen stammen<br />
und daher Körpertemperatur benötigen.<br />
Sie sind auf <strong>ein</strong>en physiologischen<br />
pH-Wert angewiesen, der durch die<br />
CO 2 -Begasung <strong>ein</strong>gestellt wird.<br />
Doch auch hier treten Probleme bei<br />
der Kultivierung auf, beispielsweise die<br />
Versorgung der Zellen mit Nährstoffen<br />
und das Bereitstellen von ausreichendem<br />
Platz. Im Organismus werden die Zellen<br />
über aktive Stoffkreisläufe mit Nährstoffen<br />
versorgt. In den Kulturschalen<br />
müssen die Nährstoffe manuell hinzugefügt<br />
werden. Das Bereitstellen des Platzes<br />
ist im Brutschrank allerdings problematisch,<br />
da für sich unbegrenzt vermehrende<br />
Zelllinien in k<strong>ein</strong>em Gefäß dauerhaft<br />
genügend Raum zur Verfügung gestellt<br />
werden kann. Man unterscheidet zwischen<br />
adhärenten Zellen und Zellen, die<br />
in Suspension wachsen. In beiden Fällen<br />
dürfen die Zellpopulationen nicht zu<br />
dicht werden, dies ist<br />
jedoch insbesondere<br />
bei adhärenten Zellen<br />
der Fall, da sie Monolayer<br />
sind und so k<strong>ein</strong>en<br />
Platz für weitere Zellteilungen<br />
haben, wenn<br />
sie den Boden komplett<br />
bedecken. Diese<br />
Zellen müssen dann<br />
auf neue Kulturgefäße<br />
aufgeteilt werden.<br />
Wenn die Zellen ihre<br />
maximale Konfluenz<br />
erreicht haben, fangen<br />
sie an abzusterben. Aus<br />
diesem Grund muss<br />
man die Zellen alle 2-3<br />
Tage umsetzen (passagieren).<br />
Dazu löst man<br />
die Zellen zuerst enzymatisch<br />
vom Boden<br />
ab und setzt <strong>ein</strong>en Teil<br />
von ihnen in <strong>ein</strong>e neue<br />
Kulturflasche. Die restlichen<br />
Zellen werden verworfen. Wenn<br />
man die Zellen regelmäßig umsetzt, hält<br />
man sie zusätzlich in <strong>ein</strong>er günstigen<br />
Wachstumsphase.<br />
Forscher sind also bereits in der Lage,<br />
Gewebe künstlich zu erzeugen. Doch<br />
<strong>ein</strong> Organ ist <strong>ein</strong>e komplexe, räumliche<br />
Struktur. Um das Gewebe in <strong>ein</strong>e solch<br />
vielschichtige Form zu bringen, benötigt<br />
man <strong>ein</strong>e Trägerstruktur, auf der die Zellen<br />
wachsen.<br />
2.2 Trägerstrukturen<br />
Trägerstrukturen (auch Scaffolds genannt)<br />
sollen von Zellen besiedelt werden.<br />
Um <strong>ein</strong> Organ aufzubauen, sind<br />
Trägerstrukturen unerlässlich, da die Zellen<br />
sich auf <strong>ein</strong>em vorhandenen Material<br />
ansiedeln müssen und ohne Vorgabe nur<br />
sehr begrenzt in der Lage sind, selbst<br />
dreidimensionale Strukturen zu erstellen.<br />
Die Trägerstrukturen dienen also als <strong>ein</strong>e<br />
Art Baugerüst und geben so die angestrebte<br />
Form vor.<br />
Die Zellen können, sobald das Organ<br />
transplantierfähig ist, nicht gezielt von<br />
der Trägerstruktur entfernt werden. Eine<br />
enzymatische Ablösung durch Trypsin<br />
beispielsweise würde das gesamte Organ<br />
zerstören, da Trypsin alle Zellverbände<br />
auflösen würde. Um dieses Problem zu<br />
vermeiden, wäre es von großem Vorteil,<br />
wenn das Organ mit der Trägerstruktur<br />
transplantiert werden könnte. Das<br />
bedeutet, dass zum Beispiel Glas <strong>ein</strong>e<br />
Abb. 1: Beim Elektrospinning wird <strong>ein</strong>e Polymerlösung über <strong>ein</strong>e Kapillardüse<br />
zu <strong>ein</strong>em Faden in Nanogröße verarbeitet. Dabei dient die Düse<br />
als Elektrode, von der aus die Flüssigkeit durch elektrische Kraft zur Gegenelektrode<br />
gezogen wird<br />
33<br />
Young Researcher
Jugend forscht<br />
34<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
ungeeignete Struktur wäre, da es zwar<br />
von den meisten Zelllinien bevorzugt<br />
besiedelt wird, den Körper des Organempfängers<br />
jedoch kontaminieren und<br />
höchstwahrsch<strong>ein</strong>lich zum Tod führen<br />
würde.<br />
In Hannover arbeiten <strong>Wissenschaft</strong>ler an<br />
der Herstellung von Trägerstrukturen mit<br />
der Methode des Elektrospinnings. Dabei<br />
wird zwischen zwei Elektroden <strong>ein</strong>e<br />
hohe Spannung angelegt. Eine Polymerlösung<br />
kann durch <strong>ein</strong>e Düse aus ihrem<br />
Behältnis austreten. Die Düse stellt die<br />
<strong>ein</strong>e Elektrode dar, <strong>ein</strong>e Platte unter der<br />
Fasermatte die Gegenelektrode (Abb. 1).<br />
Durch die hohe Spannung wird die Polymerlösung<br />
nun in extrem dünnen Fäden<br />
durch die Düse gepresst und lagert sich<br />
auf der Fasermatte ab. Diese strukturierte<br />
Fasermatte eignet sich besonders gut für<br />
die Besiedlung mit Zellen. Mit Hilfe des<br />
Elektrospinnings können auch räumliche<br />
Fasermatten strukturiert werden, sodass<br />
anschließend Zellen darauf wachsen. Allerdings<br />
ist es nur schwer möglich, <strong>ein</strong>e<br />
strukturierte Matte aus Polymerfasern in<br />
<strong>ein</strong>en Organismus zu transplantieren, da<br />
dieser den Fremdkörper eventuell als solchen<br />
erkennen und abstoßen könnte.<br />
In der Natur werden vor allem von<br />
Spinnen vergleichbar dünne Fäden<br />
produziert. Im Verlauf unserer Arbeit<br />
haben wir uns mit den Eigenschaften<br />
von Spinnenseide der Nephila clavipes<br />
befasst.<br />
3 Spinnenseide<br />
3.1 Die Spinnenseide der Nephila clavipes<br />
Wir haben für unseren Versuch die Seide<br />
aus der großen Ampullendrüse der<br />
Radnetzspinne Nephila clavipes benutzt.<br />
Diese Spinnenart ist auf dem amerikanischen<br />
Kontinent zu Hause. Die Anatomie<br />
ihrer Spinndrüsen ist sehr komplex,<br />
da sie sieben verschiedene besitzt, was<br />
typisch für Radnetzspinnen ist. Mit jeder<br />
Drüse kann sie <strong>ein</strong>en Faden mit anderer<br />
Beschaffenheit spinnen, deshalb hat auch<br />
jeder Faden <strong>ein</strong> anderes Aufgabengebiet<br />
(Abb. 2). Die nahezu ausschließlich aus<br />
Prot<strong>ein</strong>en bestehende Seide, die der großen<br />
Ampullendrüse entstammt, gilt aufgrund<br />
ihrer <strong>ein</strong>zigartigen Eigenschaften<br />
nicht nur in der Medizin sondern auch<br />
in der Technik als Material der Zukunft.<br />
Tests ergaben, dass sie mit <strong>ein</strong>er Reißfestigkeit<br />
von 4x10 4 N/mm 2 <strong>ein</strong>e höhere<br />
Reißfestigkeit besitzt als <strong>Stahl</strong>. Dabei ist<br />
sie trotzdem noch sehr elastisch. So kann<br />
sie beispielsweise mit der vom Menschen<br />
„erfundenen“ Faser Kevlar mithalten,<br />
aus der kugelsichere Westen hergestellt<br />
werden, denn Kevlar besitzt dieselbe<br />
Reißfestigkeit, ist allerdings deutlich unelastischer<br />
(vgl. [1]). Doch die Seide der<br />
Nephila clavipes hat auch besonders interessante<br />
medizinische Eigenschaften. Das<br />
Immunsystem identifiziert die Seide im<br />
Körper nicht als „F<strong>ein</strong>d“. Darüber hinaus<br />
besteht Grund zur Annahme, dass sie<br />
<strong>ein</strong>e antibakterielle Wirkung besitzt. (vgl.<br />
[2]) Des Weiteren kleben die benannten<br />
Fäden nicht und sind vergleichsweise<br />
problemlos zu gewinnen.<br />
3.2 Spinnenseide als Trägerstruktur<br />
Die Seide aus der großen Ampullendrüse<br />
der Radnetzspinne Nephila clavipes erschien<br />
uns gerade aufgrund der förderlichen<br />
medizinischen Eigenschaften als<br />
geeignete Trägerstruktur für <strong>ein</strong> Gewebe-<br />
Gerüst. Die antiseptische Wirkung würde<br />
die Heilung bei <strong>ein</strong>er Transplantation<br />
sogar begünstigen. Des Weiteren lassen<br />
sich die Fäden dank ihrer physikalischen<br />
Eigenschaften sehr <strong>ein</strong>fach verarbeiten<br />
beziehungsweise mit Hilfe <strong>ein</strong>es Gerüsts<br />
in der gewünschten Form fixieren.<br />
Sie lassen sich für den Kontakt mit<br />
den Zellen oder später auch mit <strong>ein</strong>em<br />
Abb. 2: Drüse, Seide und ihr Gebrauch bei Radnetzspinnen (Quelle: A. Sponner [1])
Jugend forscht<br />
Organismus sogar in <strong>ein</strong>em Autoklaven<br />
sterilisieren. Dieser arbeitet unter Überdruck<br />
mit Wasserdampf, ohne dass die<br />
Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e denaturieren, da<br />
diese extrem hohen Temperaturen<br />
standhalten.<br />
Ausschlaggebend für die<br />
Wahl der Spinnenseide<br />
der Nephila clavipes war<br />
für uns, dass das Labor<br />
für Experimentelle Plastische<br />
Chirurgie und<br />
Regenerationsbiologie<br />
der Medizinischen Hochschule<br />
Hannover im Besitz<br />
vieler Exemplare der<br />
Nephila clavipes ist und<br />
uns so die Benutzung der<br />
Seide ermöglichen konnte.<br />
In dem Labor konnten<br />
wir nun untersuchen, ob<br />
die Zellen die Spinnenseide<br />
besiedeln, und ob<br />
man sie so dazu bringen<br />
kann nach definierten<br />
Vorgaben zu wachsen.<br />
4 Eigene Versuchsreihe<br />
4.1 Versuchsdurchführung<br />
Um zu überprüfen, ob sich Zellen mit<br />
Hilfe von Spinnenseide gezielt ansiedeln<br />
lassen, konstruieren wir <strong>ein</strong> Zell-Gerüst<br />
aus Spinnenseide. Dieses Gerüst wird<br />
mit Hilfe von in <strong>ein</strong>er Siliconmatte steckenden<br />
Nadeln (Abb. 3) fixiert, die in<br />
Form des Wortes „ZELLE“ angeordnet<br />
sind.<br />
Die Spinnenseide ziehen wir mit Hilfe<br />
<strong>ein</strong>er Spindel aus der großen Ampullendrüse<br />
der Spinne, um sie anschließend<br />
um die Nadeln zu wickeln. In diesem<br />
Vorgang wird die Spinne mit Nadeln<br />
auf <strong>ein</strong>em Schaumstoffblock unter <strong>ein</strong>er<br />
Mullbinde fixiert. Nun kann man unter<br />
Zuhilfenahme <strong>ein</strong>er Pinzette das Fadenende<br />
aus der Drüse ziehen und auf die<br />
Spindel wickeln, wodurch wir anschließend<br />
<strong>ein</strong>en langen Spinnenfaden erhalten.<br />
Wenn wir diesen von der Spindel abnehmen,<br />
ziehen wir die mehrlagige Seide<br />
lang, sodass wir <strong>ein</strong>en Strang erhalten,<br />
den wir dann verzwirbeln. Nun haben<br />
wir <strong>ein</strong>en etwa zwanziglagigen Spinnenseidefaden,<br />
welchen wir um die Nadeln<br />
wickeln können. An Anfang und Ende<br />
<strong>ein</strong>es Buchstabens wird die Seide an die<br />
Nadel geknotet.<br />
Nachdem wir das Gerüst fertig gestellt<br />
haben, müssen die Zellen bzw. <strong>ein</strong><br />
Abb. 3: Das definierte Gerüst besteht aus Nadeln, die auf <strong>ein</strong>er Silikonmatte so angeordnet<br />
sind, dass man das Wort „ZELLE“ aus Spinnenseide schreiben kann, indem<br />
man sie um die Nadeln wickelt.<br />
bestimmter Bestandteil in den Zellen<br />
mit <strong>ein</strong>em Fluoreszenzfarbstoff angefärbt<br />
werden, damit sie später unter <strong>ein</strong>em<br />
Fluoreszenzscanner sichtbar gemacht<br />
werden können. Die Farbe, in der die<br />
Prot<strong>ein</strong>e fluoreszieren, ist abhängig von<br />
dem frei wählbaren Fluoreszenzfarbstoff,<br />
welcher mit dem passenden Antikörper<br />
gekoppelt ist. Im Idealfall würde deshalb<br />
das von uns konstruierte Wort „ZELLE“<br />
in der Farbe des Fluoreszenzfarbstoffs<br />
leuchten, während der Untergrund dunkel<br />
bleiben würde. Damit wäre bewiesen,<br />
dass die Zellen ausschließlich auf der<br />
Spinnenseide gewachsen sind und man<br />
somit den Zellen mit Hilfe von Spinnenseide<br />
vorgeben kann, an welcher Stelle sie<br />
sich ansiedeln sollen. Um sicherzustellen,<br />
dass ausschließlich die Zellen fluoreszieren<br />
und nicht etwa die Spinnenseide,<br />
welche auch zum Großteil aus Prot<strong>ein</strong>en<br />
besteht, färben wir die Zellen bevor<br />
wir sie mit der Spinnenseide in Kontakt<br />
bringen. Dabei ist in Vorversuchen gezeigt<br />
worden, dass Spinnenseide im<br />
sichtbaren Fluoreszenzbereich <strong>ein</strong>e starke<br />
Eigenfluoreszenz aufweist. Daher werden<br />
die gesamten Versuche mit Fluoreszenzfarbstoffen<br />
aus dem Infrarotbereich<br />
durchgeführt. In diesem Fluoreszenzbereich<br />
zeigt die Spinnenseide k<strong>ein</strong>e Eigenfluoreszenz.<br />
So kann das von den Zellen<br />
ausgehende Signal ohne<br />
Verfälschung detektiert<br />
werden.<br />
Die Zellen liegen uns in<br />
<strong>ein</strong>er Kulturschale mit<br />
Nährmedium vor. Da die<br />
benutzte Zelllinie (3T3<br />
Flip-in, Mäusefibroblasten)<br />
<strong>ein</strong>e adhärente<br />
Zelllinie ist, müssen wir<br />
zunächst die Zellen vom<br />
Boden lösen. Dies kann<br />
man wie in unserem Fall<br />
mit dem Enzym Trypsin<br />
tun. Das Trypsin hat <strong>ein</strong>e<br />
Inkubationszeit von etwa<br />
5-10 Minuten, in denen<br />
die Zellen in <strong>ein</strong>em Brutschrank<br />
lagern. Nachdem<br />
die Zellen vollständig<br />
vom Boden der Kulturschale<br />
abgelöst sind, werden<br />
sie mit <strong>ein</strong>em speziellen<br />
Nährmedium<br />
versetzt, welches die<br />
enzymatische Wirkung<br />
des Trypsins blockiert.<br />
Nun werden die Zellen zentrifugiert,<br />
um sie von Nährmedium und Trypsin zu<br />
trennen, sodass das Medium abgesaugt<br />
werden kann und die Zellen als Pellet<br />
zurückbleiben. Das Pellet wird mit PBS<br />
resuspendiert. Die Zellen werden mit<br />
dem im Infrarotbereich emittierenden<br />
Vitalfarbstoff Syto61 gefärbt. Dieser<br />
Farbstoff ist in der Lage Zellmembranen<br />
passiv zu durchqueren und bindet in den<br />
Zellen an Nukl<strong>ein</strong>säuren. Die Zellen<br />
bleiben durch diese Behandlung weitestgehend<br />
unbe<strong>ein</strong>trächtigt und können<br />
adhärieren sowie sich vermehren. Dieser<br />
Arbeitsschritt muss in lichtarmer Umgebung<br />
stattfinden, da es sonst zu <strong>ein</strong>em<br />
vorzeitigen Ausbleichen der Fluoreszenz<br />
kommt, was das zu messende Signal<br />
schwächen würde.<br />
Nachdem die Zellen angefärbt worden<br />
sind, werden sie erneut mit Nährmedium<br />
versetzt. Jetzt können sie auf das<br />
zuvor konstruierte Zellgerüst gegeben<br />
werden, sodass das gesamte Gerüst<br />
mit Medium und somit auch Zellen<br />
umgeben ist. Nun benötigen die Zellen<br />
<strong>ein</strong>ige Tage in <strong>ein</strong>em Brutschrank, um<br />
35<br />
Young Researcher
Jugend forscht<br />
36<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Abb. 4: Da man das Wort „Zelle“ deutlich lesen kann, ist davon auszugehen, dass die Zellen auf der Spinnenseide<br />
adhärieren<br />
Abb. 5: Da auch beim zweiten Versuch das Wort Zelle zu lesen ist, können wir nun mit Sicherheit sagen, dass die<br />
Zellen auf der Seide festgewachsen sind.<br />
sich auf der Spinnenseide ansiedeln zu<br />
können. Nach <strong>ein</strong>er Woche entnehmen<br />
wir unser Präparat dem Brutschrank, um<br />
es unter <strong>ein</strong>em speziellen Fluoreszenzscanner<br />
zu betrachten. Der Scanner bestrahlt<br />
das Präparat mit Licht <strong>ein</strong>er für den Fluoreszenzfarbstoff<br />
spezifischen Wellenlänge,<br />
um ihn zum Fluoreszieren anzuregen.<br />
Das entstehende Bild kann am Computer<br />
ausgewertet werden. Es handelt sich nicht<br />
um <strong>ein</strong>e reale Fluoreszenz im roten Bereich,<br />
sondern die Zellen fluoreszieren im<br />
für das Auge nicht wahrnehmbaren Infrarotbereich.<br />
Der Computer misst die ausgestrahlten<br />
Fluoreszenzstärken und belegt<br />
sie mit Farbe (Falschfarbe), in unserem Fall<br />
rot sichtbar (Abb. 4).<br />
Um die Zweifel, der verwendete Fluoreszenzfarbstoff<br />
könnte doch an Prot<strong>ein</strong>e der<br />
Spinnenseide gebunden haben, auszuschließen,<br />
und <strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>deutigen Beweis<br />
zu haben, dass die Zellen an der Spinnenseide<br />
entlang gewachsen sind, färben wir<br />
zusätzlich Collagen I. Die Färbung von<br />
Collagen I ist <strong>ein</strong>e auf Antikörpererkennung<br />
beruhende Immunfluoreszenz. Allerdings<br />
können wir die Zellen anfärben,<br />
während sie auf der Spinnenseide haften,<br />
da Collagen in der Spinnenseide nicht<br />
enthalten ist und somit ausschließlich die<br />
Zellen fluoreszieren können. Für diesen<br />
Vorgang saugen wir das Nährmedium<br />
erneut ab und tragen die Lösung, welche<br />
den verdünnten Antikörper (1:100 in 1%<br />
FKS/PBS) enthält, auf. Das PBS hat <strong>ein</strong>en<br />
<strong>ein</strong>prozentigen Zusatz von FKS (Fetales<br />
Kälber Serum), welches unspezifische Bindungen<br />
des Immunfluoreszenzfarbstoffes<br />
verhindern soll. Unspezifische Bindungen<br />
sind Bindungen an <strong>ein</strong> verwandtes bzw.<br />
im Aufbau ähnliches Prot<strong>ein</strong>. Nun kann<br />
der Immunfluoreszenzfarbstoff („Anti-<br />
Collagen-I“, grün) zu den Zellen gegeben<br />
werden. Auch hier müssen die Zellen mit<br />
dem Antikörper im Brutschrank inkubieren.<br />
Nach Ende der Inkubationszeit fluoresziert<br />
Collagen unter dem Fluoreszenzscanner.<br />
Um das zweite Signal vom ersten<br />
unterscheiden zu können, wurde <strong>ein</strong>e noch<br />
langwelligere Fluoreszenz gewählt, die der<br />
Computer in unserem Versuch grün färbt<br />
(Abb. 5).<br />
4.3 Versuchsergebnis<br />
Auf Abb. 4 und 5 ist das Wort „ZEL-<br />
LE“ <strong>ein</strong>deutig erkennbar. Da wir ausgeschlossen<br />
haben, dass die jeweiligen<br />
Farbstoffe an die Spinnenseide gebunden<br />
haben könnten, fluoreszieren ausschließlich<br />
Prot<strong>ein</strong>e der Zellen in unserem Bild.<br />
Somit haben wir nachgewiesen, dass<br />
sich die von uns verwendete Zelllinie<br />
3T3 Flip-in auf Spinnenseide ansiedelt.<br />
4.4 Problematiken bei der<br />
Versuchsdurchführung<br />
Bei unserer Arbeit mit der<br />
Spinnenseide traten <strong>ein</strong>ige<br />
Probleme auf, die wir an dieser<br />
Stelle erwähnen wollen.<br />
Ein elementares Problem ist<br />
sicherlich, dass viele Menschen<br />
an <strong>ein</strong>er Arachnophobie leiden.<br />
In solchen Fällen gestaltet sich<br />
die Arbeit mit den Spinnen sehr<br />
schwierig.<br />
Da die Nephila clavipes kannibalische<br />
Lebewesen sind, erfordert<br />
des Weiteren die artgerechte<br />
Haltung der Spinnen viel<br />
Platz. Im Labor wird dies durch<br />
drei große Räumen gewährleistet,<br />
in denen die Spinnen frei<br />
leben und ihre Netze überall<br />
spinnen können. Allerdings<br />
führt dies zu <strong>ein</strong>em weiteren<br />
Problem: Die Spinnen müssen<br />
<strong>ein</strong>deutig identifizierbar s<strong>ein</strong>,<br />
was r<strong>ein</strong> optisch nicht möglich<br />
ist. Eine strukturierte Organisation<br />
ist daher unerlässlich.<br />
Weil die Entnahme der Spinnenseide <strong>ein</strong>en<br />
großen Stressfaktor für die Spinnen<br />
darstellt, benötigen die Spinnen <strong>ein</strong>e Regenerationsphase<br />
von <strong>ein</strong>igen Tagen, andernfalls<br />
kann die Belastung zum Tod der<br />
Spinne führen. Theoretisch könnten <strong>ein</strong>er<br />
Spinne mehrere Kilometer Spinnenseide<br />
pro Tag entnommen werden.<br />
Ein weiteres Problem ist, dass die Herstellung<br />
von identischer Seide nicht garantiert<br />
werden kann, da die Zusammensetzung<br />
der Seide aus biologischen Gründen wie<br />
Futterzusammensetzung variieren kann.<br />
Außerdem benötigt man <strong>ein</strong>iges an Geschick<br />
zur Arbeit mit Spinnenseide, da<br />
diese äußerst f<strong>ein</strong> ist und leicht verknotet.<br />
Die Konstruktion unseres Gerüsts hat viele<br />
Stunden Zeit in Anspruch genommen, da<br />
die Seide oftmals von den Nadeln gerutscht<br />
ist. Ferner sollte man bei der Wahl der verwendeten<br />
Materialien darauf achten, dass<br />
sie zur Sterilisation im Autoklaven geeignet<br />
s<strong>ein</strong> müssen. Viele Materialien können im<br />
Autoklaven zerstört werden oder sogar die<br />
Spinnenseide verändern.<br />
Überdies erfordern die Zellen wie oben<br />
bereits erwähnt, <strong>ein</strong>e äußerst sterile Arbeitsumgebung.<br />
Bei <strong>ein</strong>er Kontaminierung<br />
wären die Zellen nicht mehr zu <strong>ein</strong>er<br />
Zellteilung fähig gewesen und wir hätten<br />
k<strong>ein</strong> verwertbares Versuchsergebnis erhalten.
Trotz dieser Problematiken haben wir<br />
letztendlich <strong>ein</strong> aussagekräftiges Versuchsergebnis<br />
erhalten.<br />
5 Ausblick<br />
Zwar stellt der von uns durchgeführte<br />
Versuch sicherlich nur <strong>ein</strong>en sehr kl<strong>ein</strong>en<br />
Teil der Grundlagenforschung zum Themengebiet<br />
der Spinnenseide dar, dennoch<br />
wollen wir an dieser Stelle Überlegungen<br />
dazu anstellen, was durch <strong>ein</strong>e systematische<br />
Erforschung der Spinnenseide und<br />
<strong>ein</strong>e Anwendung in der Medizin möglich<br />
werden könnte.<br />
Wie zu Anfang unseres Berichts angerissen,<br />
wäre es theoretisch möglich, räumliche<br />
Strukturen bzw. <strong>ein</strong>fache Organe mit<br />
Hilfe von Gerüsten aus Spinnenseide in<br />
vitro zu bilden. Die Schwierigkeit bei der<br />
künstlichen Herstellung von Organen besteht<br />
jedoch darin, dass komplexe Organe<br />
wie das menschliche Herz oder <strong>ein</strong>e Leber<br />
aus sehr vielen verschiedenen Zelltypen<br />
bestehen, welche nur an ganz bestimmten<br />
Stellen im Organ wachsen sollen, um <strong>ein</strong>e<br />
bestimmte Funktion übernehmen zu können.<br />
Allerdings wäre es denkbar, strukturell<br />
<strong>ein</strong>fache Organe wie Blutgefäße, Haut<br />
oder sogar Herzklappen herzustellen. Zurzeit<br />
wird hier in Deutschland Spenderhaut<br />
zur Versorgung von Brandverletzten ausschließlich<br />
aus dem Ausland bezogen. Diese<br />
von Toten entnommene Spenderhaut<br />
muss aber nach spätestens fünf Tagen aufgrund<br />
der Abstoßungsreaktionen wieder<br />
abgelöst werden und durch körpereigene<br />
Haut ersetz werden, die an anderen Stellen<br />
entnommen wurde. Dies ist <strong>ein</strong> großes Risiko<br />
für den Patienten, da Hauttransplantationen<br />
meist das Risiko größerer Blutverluste<br />
bergen. Deshalb wäre es <strong>ein</strong> großer<br />
Fortschritt für die Medizin, Haut aus körpereigenen<br />
Zellen in vitro gewinnen zu<br />
können. Die Abstoßungsgefahr wäre bei<br />
diesem Verfahren äußerst gering.<br />
Die Medizinische Hochschule Hannover<br />
forscht bereits an <strong>ein</strong>em Verfahren, bei dem<br />
durchtrennte Nervenfasern ohne Schäden<br />
wieder verbunden werden können. Momentan<br />
ist dies noch sehr problematisch,<br />
da bei ausgedehnten Nervenverletzungen<br />
unbehandelte Nerven knotenartig verwachsen.<br />
Mit der Spinnenseide allerdings<br />
soll es möglich werden, die Nerven wieder<br />
zu verbinden (vgl. [3]). Das Verfahren<br />
wird bereits an Schafen getestet, nachdem<br />
Tests an Ratten erfolgreich verliefen.<br />
Da Spinnenseide <strong>ein</strong>e begünstigende<br />
Wirkung auf die Hämostase hat, wäre es<br />
durchaus denkbar, Pflaster bzw. Verbandsmaterialien<br />
aus Spinnenseide herzustellen.<br />
Die spezifischen Eigenschaften der Seide<br />
(Möglichkeit sterilisiert zu werden, Elastizität<br />
und Reißfestigkeit) legen nahe, dass<br />
<strong>ein</strong>e solche Idee durchaus umsetzbar wäre.<br />
Problematisch bei der industriellen Umsetzung<br />
dieser Idee wäre allerdings, dass der<br />
Bedarf an Spinnenseide äußerst hoch wäre<br />
und all<strong>ein</strong> durch <strong>ein</strong>e natürliche Seidenproduktion<br />
durch Spinnen nicht gedeckt<br />
werden könnte. Auch andere Projekte<br />
wie die bereits erwähnten kugelsicheren<br />
Westen aus Spinnenseide erfordern <strong>ein</strong>en<br />
alternativen Herstellungsprozess von Spinnenseide.<br />
An der Lösung dieses Problems<br />
wird bereits geforscht. In Laboren bereits<br />
praktizierte Lösungsansätze sind beispielsweise<br />
die genetische Manipulation von<br />
Tabak- und Kartoffelpflanzen, sodass diese<br />
Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e aufweisen (vgl.<br />
[4]), oder die genetische Veränderung von<br />
Ziegen, in deren Eutern sich anschließend<br />
Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e nachweisen lassen<br />
(vgl. [5]). Ein neueres Verfahren benutzt<br />
Darmbakterien, um die Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e<br />
zu synthetisieren (vgl. I[6]). Problematisch<br />
bei diesen Verfahren ist allerdings,<br />
die Prot<strong>ein</strong>e nach der Isolation in die Fadenform<br />
zu bringen, die die Eigenschaften<br />
der Seide maßgeblich bestimmt.<br />
Außerdem haben wir uns überlegt,<br />
dass es eventuell möglich wäre, die Methode<br />
des Elektrospinnings mit Spinnenseide<br />
durchzuführen, indem die<br />
Polymerlösung durch verflüssigte Spinnenseide<br />
ersetzt wird. So könnte <strong>ein</strong>e<br />
Literatur:<br />
Jugend forscht<br />
Janina Otto (links), Gesine Scharf (rechts) und<br />
Thekla (Spinne)<br />
strukturierte, nahezu löcherlose Oberfläche,<br />
auf der Zellen Gewebe bilden<br />
könnten, hergestellt werden. Der Vorteil<br />
von Spinnenseide gegenüber der Polymerlösung<br />
wäre, dass die Spinnenseide nur aus<br />
organischem Material besteht und somit<br />
deutlich körperverträglicher ist.<br />
Danksagung<br />
Wir möchten uns ganz besonders herzlich<br />
beim Labor für Experimentelle Plastische<br />
Chirurgie und Regenerationsbiologie<br />
der Medizinischen Hochschule<br />
Hannover bedanken, dessen Team uns<br />
die Versuchsdurchführungen in ihrem<br />
Labor ermöglichte. Vielen Dank für die<br />
Unterstützung! Wir würden uns über<br />
<strong>ein</strong>e zukünftige Zusammenarbeit sehr<br />
freuen!<br />
[1] Sponner, Alexander: Strukturelle und immunologische Charakterisierung<br />
der Spinnenseide von Nephila clavipes. Jena 2003<br />
[2] Allmeling, C.; Jokuszies, A.; Reimers, K.; Kall, S. & Vogt, P. M.: Use of<br />
spider silk as an innovative material in a biocompatible artificial nerve<br />
conduit. J. Cell. Mol. Med. 10(3)_ 770-777, Hannover 2006<br />
[3] Die spinnen die <strong>Wissenschaft</strong>ler, MHH-Forscherinnen und –Forscher<br />
nutzen Spinnenfäden für die Züchtung neuer Nerven. In: MHH Info<br />
Juni/Juli 2006 S. 26 f.<br />
[4] Schusswesten aus Spinnennetzen, Leichter als Watte und zäher als<br />
<strong>Stahl</strong>: Nach dem Vorbild der Natur wollen Forscher künstliche Spinnfäden<br />
weben. Spiegel 14/2001 188<br />
[5] http://abenteuerwissen.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,2039767,00.<br />
html, 30.04.2003<br />
[6] http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2006/0926/006_<br />
spinne.jsp, 28.09.2006<br />
37<br />
Young Researcher
Jugend forscht<br />
38<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Philip Schmidt, *1990<br />
Weißenburg<br />
Schule:<br />
Werner-von-Siemens-Gymnasium,<br />
Weißenburg<br />
Eingang der Arbeit:<br />
Juli 2008<br />
Zur Veröffentlichung angenommen:<br />
August 2008<br />
Young Researcher<br />
Widerstand zwecklos<br />
Die makroskopische Wellenfunktion als Grundlage der Theorie von Supraleitung<br />
und Suprafluidität<br />
Seit knapp 100 Jahren sind Supraleiter bekannt: elektrische Leiter, die bei tiefen Temperaturen (ca.<br />
ab –150 °C) Strom ohne Widerstand leiten. Noch heute ist die theoretische Beschreibung dieses<br />
Effektes <strong>ein</strong>e Herausforderung. Ich zeige hier nun <strong>ein</strong>e moderne Herleitung der London-Gleichungen<br />
aus der Quantenmechanik, anstatt, wie üblich, aus der Elektrodynamik von Metallen. Auf diese Weise<br />
kann dann ohne zusätzliche Annahmen die Fluxoid-Quantisierung richtig vorausgesagt werden.<br />
1 Supraleitung und Suprafluidität –<br />
worin liegt deren Faszination<br />
Seit knapp <strong>ein</strong>em Jahr forsche ich auf<br />
diesem Themengebiet. Mich persönlich<br />
fasziniert vor allem, Grenzen zu überschreiten,<br />
d.h. die Elektrodynamik von<br />
Normalmetallen mit Hilfe quantenmechanischer<br />
Methoden zu verallgem<strong>ein</strong>ern,<br />
um zu sehen, dass man in semiklassischer<br />
Physik ohne messbaren Widerstand<br />
Strom leiten kann. Dies funktioniert<br />
nur durch Komplexität, doch dabei hilft<br />
Neugier für das Unbekannte. So soll dieser<br />
Artikel auch Neugierde auf <strong>ein</strong>e noch<br />
ersch<strong>ein</strong>ende Publikation in Zusammenarbeit<br />
mit Dietrich Einzel, m<strong>ein</strong>em Projektbetreuer,<br />
wecken, die diese Thematik<br />
weiter vertieft [9]. Hier möchte ich mich<br />
darauf beschränken, <strong>ein</strong>e moderne Herleitung<br />
der London-Gleichungen aus der<br />
Quantenmechanik, anstatt wie üblich,<br />
aus der Elektrodynamik von Metallen,<br />
zu zeigen, die dann ohne zusätzliche Annahmen<br />
die Fluxoid-Quantisierung richtig<br />
voraussagt.<br />
2 Elektrodynamik von Normalmetallen<br />
Als Grundlage sollen zunächst Phänomene<br />
von Normalmetallen diskutiert<br />
werden, um im späteren Verlauf der Arbeit<br />
über deren Bedeutung in Supraleitern<br />
Vorkenntnisse zu haben.<br />
2.1 Maxwell-Gleichungen<br />
Ausgangspunkt für diese Betrachtungen<br />
bilden die vier Maxwell-Gleichungen in<br />
Materie von der Form:<br />
Ampere:<br />
(<br />
∇ × H = µ 0 j e + ∂D )<br />
∂t<br />
(1)<br />
(<br />
Faraday:<br />
∇ × E = − ∂B<br />
∂t<br />
Gauss:<br />
∇ · B = 0<br />
Coulomb:<br />
(2)<br />
(3)<br />
∇ · D = n e<br />
(4)<br />
Wobei n e für die Ladungsdichte und j e für<br />
die Ladungsstromdichte steht.<br />
Diese Gleichungen können wie folgt interpretiert<br />
werden:<br />
Durch die Quellfreiheit von Gleichung<br />
(3) lässt sich die magnetische Induktion<br />
B schreiben als Rotation <strong>ein</strong>es beliebigen<br />
Vektorfeldes A:
Jugend forscht<br />
+<br />
B = ∇ × A (5)<br />
Über das Faraday-Gesetz kann man<br />
dann die elektrische Feldstärke E parametrisieren,<br />
nämlich als Funktion von<br />
und A mit:<br />
E = −∇Φ − ∂A<br />
∂t<br />
(6)<br />
Die Divergenz von Gleichung (1) liefert<br />
∇ · j e + ∇ · ∂<br />
∂t D = 0<br />
Unter Zuhilfenahme von Gleichung (4),<br />
sowie <strong>ein</strong>er anschließenden Division<br />
durch µ 0 zeigt sich:<br />
∂n e<br />
∂t + ∇ · j e = 0 (7)<br />
Dies ist <strong>ein</strong>e Kontinuitätsgleichung mit<br />
<strong>ein</strong>er Ladungsstromdichte j e , die sich<br />
immer aus <strong>ein</strong>em Produkt von Ladungsdichte<br />
n e , Ladung q = e und Driftgeschwindigkeit<br />
v zusammensetzt, d.h.<br />
j e = e n e v. Sie beschreibt die Ladungserhaltung<br />
in <strong>ein</strong>em elektrischen Leiter, d.h.<br />
wenn sich die Elektronendichte zeitlich<br />
ändert, muss die Strömung Quellen oder<br />
Senken haben.<br />
2.2 Drude-Ohm-Gesetz<br />
Die Gleichung für die Stromrelaxation<br />
im Normalmetall ist von der Form:<br />
[ ∂<br />
∂t + 1 τ e<br />
+ 0 ( ∇ 2)] j e = en eE m<br />
wobei in diese die Ladung e, die Masse<br />
m, die Streurate 1/ , die sich aus Beiträgen<br />
von elastischen und inelastischen<br />
Stößen zusammensetzt, sowie die Ladungsstromdichte<br />
j e <strong>ein</strong>gehen. Nun wird<br />
<strong>ein</strong>e harmonische Zeitabhängigkeit der<br />
elektrischen Feldstärke E angenommen,<br />
d.h. E(r, t) = E 0 (r)exp(-it). Daraus ergibt<br />
sich für die Ladungstromdichte:<br />
j e (r,t) = e − t τ<br />
(<br />
j e 0(r)−<br />
)<br />
ne 2<br />
m<br />
−iω + 1 E 0 (r) +<br />
τ e<br />
ne 2<br />
m<br />
−iω + 1 E(r,t)<br />
τ e<br />
(8)<br />
Diese kann nun für zwei Fälle interpretiert<br />
werden:<br />
Für den Fall, dass die betrachtete Zeit t<br />
sehr groß gegenüber der Stoßzeit e<br />
wird, verschwindet der abklingende<br />
Teil und lediglich der „steady state“-<br />
Beitrag bleibt übrig.<br />
j e (r,t) τe
40<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Jugend forscht<br />
Die Resultate haben die Form für den<br />
Realteil (die erste Madelung-Gleichung):<br />
¯h ˙ϕ +<br />
(¯h∇ϕ − eA)2<br />
2m<br />
+ eΦ = ¯h2 ∇ 2 a<br />
2ma 2 (15)<br />
Imaginärteil (die zweite Madelung-<br />
Gleichung):<br />
E = −∇Φ − ∂A<br />
∂t<br />
(16)<br />
3.3 Interpretation der Madelung-Gleichungen<br />
Diese Gleichungen werden nun interpretierbar,<br />
weil gilt:<br />
ΨΨ ∗ = a 2 ≡ n p ⇒<br />
Zweite Madelung-Gleichung:<br />
∂n<br />
[<br />
p<br />
∂t + ∇ · np<br />
]<br />
m (¯h∇ϕ − eA) = 0<br />
} {{ }<br />
j p =n pv p<br />
(17)<br />
Wie aus Kapitel 2.1 bekannt, ist dies <strong>ein</strong>e<br />
Kontinuitätsgleichung, aber diesmal für<br />
die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsdichte n p und<br />
den Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsstrom j p , der<br />
sich aus Dichte und Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsgeschwindigkeit<br />
zusammensetzt, für<br />
die } man ablesen {{ kann: }<br />
¯h∇ϕ − eA<br />
v p =<br />
m (18)<br />
Es stellt sich also heraus, dass in der<br />
Quantenmechanik Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsströme<br />
fließen, die durch die Gesetze der<br />
Hydrodynamik beschrieben werden können<br />
(„Madelung-Flüssigkeit“).<br />
Erste Madelung-Gleichung:<br />
Unter Berücksichtigung von Gleichung<br />
(18), sowie des quasiklassischen Limes,<br />
d.h:<br />
¯h 2 → 0 ,<br />
erhält man die Hamilton-Jacobi-Gleichung<br />
der klassischen Feldtheorie mit<br />
dem Wirkungsfeld S≡ ¯hϕ :<br />
¯h ˙ϕ + 1 2 mv2 p + eΦ = 0 (19)<br />
Nach Newton gilt für <strong>ein</strong>e Beschleunigung<br />
dv/dt = F/m , daher sollte die<br />
zeitliche Ableitung die beteiligten Kräfte<br />
verraten. Dazu benötigt man aber die<br />
Identität aus der Vektoranalysis, dass:<br />
1<br />
2 ∇ (v p) 2 = (v p · ∇)v p + v p × (∇ × v p )<br />
Das Resultat lautet:<br />
∂v p<br />
∂t + (v p · ∇)v p ≡ dv p<br />
=<br />
dt<br />
= e m [E + v p× B]<br />
(20)<br />
Die linke Gleichungsseite ist äquivalent<br />
zur Euler-Gleichung der Hydrodynamik,<br />
die somit die Beschleunigung in <strong>ein</strong>er<br />
Flüssigkeit beschreibt. Diese wird nur<br />
durch die elektrische Kraft eE und die<br />
Lorentz-Kraft ev p × B be<strong>ein</strong>flusst. Eine<br />
Reibungskraft tritt nicht auf! Die Madelung-Flüssigkeit,<br />
d.h. die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsverteilung,<br />
verhält sich wie <strong>ein</strong>e<br />
ideale Flüssigkeit ohne jegliche Reibung.<br />
4 London-BCS-Theorie<br />
4.1 Die Idee hinter der Theorie<br />
Die Eigenschaften <strong>ein</strong>es Supraleiters<br />
zeigen, dass das elektronische System in<br />
ihm dem <strong>ein</strong>es sog. Bose-Einst<strong>ein</strong>-Kondensats<br />
sehr ähnlich ist. Problematisch<br />
ist allerdings, dass es sich bei den Elektronen<br />
durch ihren halbzahligen Spin um<br />
Fermionen handelt, die somit k<strong>ein</strong> Bose-<br />
Kondensat bilden können. Jedoch gibt es<br />
die Möglichkeit der Cooper-Paarbildung<br />
von Elektronen mit antiparallelen (Singulett)<br />
oder parallelem (Triplett) Spin.<br />
Durch den Spin 0 bzw. 1 gilt für sie das<br />
Pauli-Prinzip nicht mehr; es kommt zur<br />
Pseudo-Bosonen-Kondensation. Dies ist<br />
allerdings erst seit der BCS-Theorie aus<br />
dem Jahre 1957 bekannt, daher berücksichtigt<br />
die ursprüngliche London-Theorie<br />
diese Erkenntnisse nicht [2], [6], [7].<br />
In <strong>ein</strong>em solchen Kondensat besetzt <strong>ein</strong>e<br />
makroskopische Anzahl an Elektronenpaaren<br />
den niedrigsten Energiezustand,<br />
d.h. auch, dass sie alle dieselben Eigenschaften<br />
besitzen. Dieses entartete System<br />
muss quantenmechanisch betrachtet<br />
werden, allerdings braucht nicht mehr<br />
für jedes <strong>ein</strong>zelne Elektron <strong>ein</strong>e Wellenfunktion<br />
aufgestellt werden, sondern es<br />
genügt <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige, die im vorherigen<br />
Kapitel bereits diskutiert wurde, die sog.<br />
makroskopische Wellenfunktion. Daher<br />
werden die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsgrößen<br />
durch echte, makroskopische „supra“-<br />
Größen ersetzt. Dabei ist allerdings zu<br />
beachten, dass es sich je nach System<br />
um Bosonen oder Cooper-Paare handelt.<br />
Man muss deshalb <strong>ein</strong>en Faktor<br />
k <strong>ein</strong>führen, der für Bosonen als 1, für<br />
Fermionen-Paare als 2 definiert ist. Der<br />
Zusammenhang der Größen mit diesem<br />
Faktor ergibt sich wie folgt:<br />
e→ke = Q; m→km = M;<br />
n p → ns<br />
k<br />
v p → v s ; j p → js k = Js ,<br />
Wobei sich der Faktor k bis auf den<br />
Phasengradient herauskürzt, wie zum<br />
Beispiel bei der Suprageschwindigkeit:<br />
v s ¯h∇ϕ − QA<br />
= =<br />
M<br />
¯h<br />
k<br />
∇ϕ − eA<br />
m<br />
¯h∇ϕ − keA<br />
km<br />
=<br />
(21)<br />
Die Gleichungen aus dem vorherigem<br />
Kapitel haben folglich die Form:<br />
j s e = QN s v s = ens<br />
m<br />
) (¯h<br />
k ∇ϕ − (<br />
eA<br />
(22)<br />
∂v s<br />
∂t + (vs · ∇)v s ≡ dvs =<br />
dt<br />
e<br />
m [E + vs × B] (23)<br />
Um zu sehen, wie das Kondensat des<br />
Supraleiters auf Störungen reagiert, gibt<br />
es zwei Gleichungen, die historisch als<br />
erste und zweite London-Gleichungen<br />
bekannt sind. Die erste beschreibt den<br />
Landungs- oder Massentransport im<br />
Supraleiter/suprafluidem Medium und<br />
die zweite die Magnetfeld-Abschirmung.<br />
Zunächst soll mit der ersten begonnen<br />
werden.<br />
4.2 Erste London-Gleichung<br />
Setzt man den Ladungsstrom j s e = e j s<br />
nun in die Euler-Gleichung <strong>ein</strong>, multipliziert<br />
mit e n s und beschränkt sich auf<br />
lineare Terme, erhält man für die Beschleunigung<br />
des Stromes:<br />
∂<br />
∂t js e = e m [ens E + j s e× B] (24)<br />
Der Term (v s . ∇ × )v s kann aufgrund der<br />
Linearisierung vernachlässigt werden.<br />
Diese Gleichung ist die sogenannte 1.<br />
London-Gleichung, die den dissipationsfreien<br />
Stromtransport (Dauerströme)<br />
im Supraleiter beschreibt, wobei der 2.<br />
Summand darüber hinaus geht. Er hat<br />
k<strong>ein</strong>en Zusammenhang zum Stromtransport<br />
in Richtung des elektrischen Feldes,<br />
sondern beschreibt die Kreisbewegung<br />
im Magnetfeld. Die Gleichung
42<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Jugend forscht<br />
entspricht dem erwarteten Resultat für<br />
<strong>ein</strong>en verlustfreien Stromfluss (vgl. Abschnitt<br />
2.2, Gl. (10)).<br />
4.3 Zweite London-Gleichung<br />
Bildet man die Rotation des Ladungsstromes<br />
j s e von Gleichung (22), so erhält<br />
man nach Maxwell <strong>ein</strong>en Ausdruck, der<br />
proportional zur magnetischen Induktion<br />
ist:<br />
∇ × j s e = − e2 n s<br />
m B (25)<br />
Dieser beschreibt die Magnetfeld-Abschirmung.<br />
Dadurch ergibt sich die Londonsche-Eindringtiefe<br />
(vgl. Abschnitt<br />
2.3, Gl. (12)) mit:<br />
√<br />
Stokes ∫<br />
m<br />
λ L =<br />
µ 0 n s e 2 S<br />
(26)<br />
Die Herleitung erfolgt ähnlich wie in Abschnitt<br />
2.3.<br />
4.4 Fluxoid-Quantisierung<br />
Eigenschaften des Suprastromes:<br />
Mit Hilfe der Eindringtiefe wird der Suprastrom<br />
nun umgeformt, da wir den<br />
Phasengradienten nachher genauer untersuchen<br />
wollen:<br />
j s e = ns e 2 (−A + ¯h )<br />
m ke ∇ϕ =<br />
= 1 λ −2<br />
L<br />
(−A + ¯h )<br />
µ 0 ke ∇ϕ<br />
⇒ ¯h ke ∇ϕ = λ2 Lµ 0 j s e + A (27)<br />
Das Fluxoid-Quantum:<br />
Wir bilden jetzt das Linienintegral von<br />
j s e, die Integration erfolgt dabei im supraleitendem<br />
Gebiet auf <strong>ein</strong>er geschlossenen<br />
Kurve ∂S, die <strong>ein</strong>e Fläche S <strong>ein</strong>schließt<br />
(∂S ist der Rand von S). Dabei erzwingt<br />
die Eindeutigkeit der quantenmechanischen<br />
Wellenfunktion:<br />
∮<br />
∂S<br />
dr · ∇ϕ(r,t) = 2πn mit n = 1, 2,3,...<br />
(28)<br />
Daraus folgt unter Zuhilfenahme des<br />
Stokeschen Integralsatzes:<br />
2πn ¯h ke = ∮<br />
⎛<br />
dr · (λ 2 Lµ 0 j s e + A ) Stokes<br />
=<br />
⎞<br />
⎜<br />
dS · ⎝λ 2 Lµ 0 ∇ × j s ⎟<br />
e + ∇ × A<br />
} {{ } } {{ }<br />
⎠ = Φ n<br />
1 B<br />
Es handelt sich um <strong>ein</strong> B-Feld (vgl. Gl.<br />
(5)), das über <strong>ein</strong>e Fläche S integriert<br />
wird. Dies ist im Allgem<strong>ein</strong>en als magnetischer<br />
Fluss bekannt, der aber<br />
in diesem Fall (vgl. Gl. (28)) gequantelt<br />
ist. Liegt die Integrationskontur tief<br />
im Inneren des supraleitenden Gebiets<br />
(j s e = 0) spricht man von Fluss-Quantisierung,<br />
verläuft die Kontur hingegen in<br />
Bereichen in denen j s e ≠ 0 gilt, trägt Term<br />
1 zur Quantisierung bei und man spricht<br />
von Fluxoid-Quantisierung:<br />
⎝<br />
} {{ }<br />
Φ n = n · Φ 0<br />
mit Φ 0 = h ke<br />
(29)<br />
Kürzte sich der Faktor k bis jetzt bei allen<br />
anderen Ergebnissen heraus, so tritt<br />
er nun an dieser Stelle erstmals explizit<br />
auf. Dies war <strong>ein</strong> möglicher Ansatzpunkt<br />
für <strong>ein</strong>e experimentelle Überprüfung der<br />
London-BCS-Theorie, mit der sie im<br />
Doll-Näbauer-Experiment belegt wurde.<br />
4.5 Doll-Näbauer-Versuch<br />
Robert Doll und Martin Näbauer [3]<br />
maßen den magnetischen Fluss in<br />
Abhängigkeit <strong>ein</strong>es extern angelegten<br />
Magnetfeldes B ext in <strong>ein</strong>em supraleitenden<br />
Hohlzylinder aus Blei, zeitgleich<br />
auch Deaver und Fairbank [4]. Dabei<br />
legten sie zunächst im normalleitenden<br />
Zustand <strong>ein</strong> B ext -Feld an, kühlten<br />
den Supraleiter unter T c ab und schalteten<br />
dann das B ext -Feld wieder ab. Da<br />
B ext ,S=0, wobei S in diesem Fall Kreisfläche<br />
des Zylinders beschreibt, blieb<br />
konstant, weshalb der Zylinder wie<br />
<strong>ein</strong> Stabmagnet mit Moment µ wurde.<br />
Durch Anlegen <strong>ein</strong>es Wechselfeldes B ac<br />
parallel zu µ begann der Zylinder zu<br />
schwingen und die Amplitude konnte<br />
mit <strong>ein</strong>em Spiegel gemessen werden, womit<br />
letzlich bestimmt wurde. Siehe<br />
Abbildung 1.Es zeigte sich <strong>ein</strong>e Quantelung<br />
des Fluxoids:<br />
Φ n = n · Φ 0 ; mit Φ 0 = h und<br />
2e<br />
und n = 1, 2,3,... (30)<br />
4.6 Neutrale Systeme<br />
Wurde bis jetzt nur geladenen Systemen<br />
Beachtung geschenkt, so soll sich<br />
dies ab hier ändern. Deswegen folgt <strong>ein</strong>e<br />
kurze Zusammenfassung, wie die bisherigen<br />
Resultate in ungeladenen Systemen<br />
(q = 0) aussehen [8]. Dabei ist zu<br />
beachten, dass sich für <strong>ein</strong> allgem<strong>ein</strong>es<br />
Vielteilchensystem das bereits bekannte<br />
elektro(chemische) Potenzial wie folgt<br />
zusammensetzt:<br />
}{{}<br />
eΦ → eΦ + µ<br />
} {{ }<br />
Einteilchen V ielteilchen<br />
Geschwindigkeit:<br />
Hier fällt das Vektorpotential A weg, da<br />
es immer an die Ladung koppelt.<br />
v s = ¯h<br />
km ∇ϕ<br />
Abb. 1: Zum Doll-Näbauer-Versuch aus [3]<br />
Stromdichte:<br />
Bisher wurde nur die Ladungsstromdichte<br />
j s q untersucht, aber in
Jugend forscht<br />
ungeladenen Systemen ist vielmehr die<br />
Massenstromdichte j s m = m j s von Bedeutung,<br />
die interessanterweise massenunabhängig<br />
ist.<br />
j s m = n s ¯h k ∇ϕ<br />
Beschleunigung:<br />
Hierbei ist zu beachten, dass im Allgem<strong>ein</strong>en<br />
die Kraft F nicht durch das skalare<br />
Potenzial all<strong>ein</strong>e sondern durch das<br />
sog. elektrochemische Potenzial q +µ<br />
definiert ist:<br />
5 Zusammenfassung<br />
Die London-BCS-Theorie kann die<br />
Elektrodynamik von Supraleitern richtig<br />
erklären. Sie ist jedoch nicht dazu ausgelegt,<br />
zwischen Typ 1 und Typ 2 Supraleiter<br />
zu unterscheiden, im Gegensatz zur<br />
Ginzburg-Landau-Theorie [5]. Jedoch ist<br />
die superfluide Dichte ns k<strong>ein</strong>e phänomenologische<br />
Größe mehr, sondern wird<br />
über mikroskopische Betrachtung berechenbar,<br />
wodurch auch Aussagen über<br />
Temperaturabhängigkeiten möglich werden.<br />
Experimentell bestätigt wurde die<br />
Cooper-Paar-Hypothese erstmals 1961.<br />
Danksagung<br />
M<strong>ein</strong> Dank richtet sich in erster Linie an<br />
Dr. Dietrich Einzel für s<strong>ein</strong>e stetige Unterstützung,<br />
die für mich zu k<strong>ein</strong>em Zeitpunkt<br />
<strong>ein</strong>e Selbstverständlichkeit war<br />
und ist. Zudem auch an m<strong>ein</strong>e Schulleitung<br />
unter der Leitung von OStD Dieter<br />
Theisinger und StD Wolfgang Haasler,<br />
sowie an m<strong>ein</strong>e Lehrer StR Koch André,<br />
LAss Michael Bauer und OStR Wolfgang<br />
Leidel. Nicht zuletzt auch StRin Sonja<br />
Aßmann für die vielen Tipps.<br />
43<br />
Young Researcher<br />
qE = ∇ (−qΦ) − qȦ → −∇ (µ 0 + δµ) ≡ F<br />
} {{ } } {{ }<br />
geladen ungeladen<br />
F = −∇δµ<br />
} {{<br />
Damit<br />
}<br />
gilt:<br />
} {{ }<br />
Anschließend folgt noch <strong>ein</strong>e Zusammenfassung<br />
der Ergebnisse in tabellarischer<br />
Form, auch für ungeladene<br />
Systeme und mit der verallgem<strong>ein</strong>erten<br />
Ladung q.<br />
dv s<br />
dt<br />
= F m = − 1 m ∇δµ (31)<br />
Erste London-Gleichung:<br />
Da die Geschwindigkeit nur vom Gradienten<br />
der Phase abhängt, verschwindet<br />
in der Identität der Term mit den Kreuzprodukten.<br />
∂<br />
∂t vs + (v s · ∇)v s ≡ dvs = − 1 dt m ∇δµ (32)<br />
Die Begründung zur totalen Ableitung<br />
ist dieselbe wie in Kapitel 3.3, der Gradient<br />
des chemischen Potenzials wird wie<br />
bei der Beschleunigung behandelt (Gl.<br />
(31)). Anschließend wird in diese Gleichung<br />
der Massenstrom j s m = m∙n s ∙v s für<br />
die Geschwindigkeit vs <strong>ein</strong>gesetzt und<br />
die gesamte Gleichung mit m/ns multipliziert.<br />
Wie in Kapitel 4.2 verschwindet<br />
die Ortsableitung, da die erste London-<br />
Gleichung linearisiert ist. Sie lautet für<br />
neutrale Systeme daher:<br />
∂<br />
∂t js m = −n s ∇δµ<br />
Zweite London-Gleichung:<br />
Da der Phasengradient verschwindet, gilt<br />
für die Rotation des Massenstromes:<br />
∇ × j s m = 0 (33)<br />
In neutralen Systemen gibt es weder<br />
Abschirmlänge noch Fluxoid-Quantisierung.<br />
Geschwindigkeit<br />
Stromdichte<br />
Beschleunigung<br />
1. Londongleichung<br />
2. Londongleichung<br />
Abschirmlänge<br />
Fluxoid-Quantum<br />
Geladene Systeme<br />
(¯h<br />
k<br />
v s = 1 m<br />
∇ϕ − qA)<br />
( )<br />
∇ − j s (¯h<br />
q = qns<br />
m ( k<br />
∇ϕ − qA) )<br />
v ∇ −<br />
dv s<br />
dt<br />
= q m [E + vs × B]<br />
j s<br />
dt m<br />
×<br />
Neutrale Systeme<br />
v s = 1 ¯h<br />
m k ∇ϕ<br />
∇<br />
j s m = n s ¯h k ∇ϕ<br />
v ∇<br />
dv s<br />
dt<br />
= − 1 m ∇δµ<br />
j<br />
dt<br />
− m<br />
∇<br />
∂j s q<br />
∂t<br />
= ns q 2<br />
m E ∂j s m<br />
∂t<br />
= −n s ∇δµ<br />
∂t m<br />
∂t<br />
− ∇<br />
∇ × j s q = ns q 2<br />
m<br />
√<br />
B<br />
∇ × j s q = 0<br />
∇ ×<br />
∇<br />
√<br />
λ 0 = m<br />
√<br />
×−<br />
µ0n s q 2 −<br />
Φ 0 = h kq<br />
Tab. 1: Resultate der London-BCS-Theorie<br />
Literatur:<br />
[1] Schwabl, Franz, Quantenmechanik 1, Springer, Berlin (2007)<br />
[2] London, Fritz; London, H<strong>ein</strong>z; Proc. Roy. Soc. A 145, London (1935)<br />
[3] Doll, Robert; Martin, Näbauer; Phys. Rev. Lett. Nr. 7, (1961) S. 51<br />
[4] Deaver, B. S.; Fairbank, W. M.; Phys. Rev. Lett. Nr. 7, (1961) S. 43<br />
[5] Lasarewitsch, Witali; Ginzburg, Lew D.; Zh. Eksp. Theor. Fiz. 20,<br />
(1950) S.1064<br />
[6] Buckel, Werner, Kl<strong>ein</strong>er, R<strong>ein</strong>hold; Supraleitung: Grundlagen und<br />
Anwendungen Wiley-VCH, (2004)<br />
[7] Einzel, Dietrich; Supraleitung und Suprafluidität; Lexikon der Physik,<br />
Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg (2000) Band 5,<br />
S. 228 - 235<br />
[8] Einzel, Dietrich; Superfluids, Encyclopedia of mathematical physics,<br />
Eds. Francoise J.-P., Naber G. L. and Tsou S. T., Oxford (2006)<br />
Volume 5, S. 115 - 121<br />
[9] Einzel, Dietrich, Schmidt, Philip; Theory of Superconductors, an<br />
analytic approach Wird ersch<strong>ein</strong>en in: The American Journal of<br />
Physics, (2009)<br />
−
Magazin<br />
Dr. Matthias Frommert entwickelt <strong>Stahl</strong>werkstoffe für Rohre und untersucht<br />
deren Mikrostruktur mit dem Rasterelektronenmikroskop<br />
(Quelle : Salzgitter AG)<br />
56<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Portrait<br />
„Das lernen Sie alles an der Uni!“<br />
Dr. Matthias Frommert entwickelt neue <strong>Stahl</strong>werkstoffe bei Salzgitter Mannesmann Forschung<br />
Biologie und Englisch als Leistungskurse:<br />
Für <strong>ein</strong> Studium der Metallurgie und<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik war Matthias Frommert<br />
mit dieser Kombination eigentlich<br />
nicht optimal vorbereitet.<br />
Trotzdem hat es geklappt – Frommert<br />
hat s<strong>ein</strong> Studium an der Rh<strong>ein</strong>isch-<br />
Westfälischen Technischen Hochschule<br />
(RWTH) in Aachen erfolgreich absolviert<br />
und arbeitet jetzt im Salzgitter-<br />
Konzern in Duisburg.<br />
Bei der Salzgitter Mannesmann Forschung<br />
GmbH entwickelt der mittlerweile<br />
37jährige <strong>Stahl</strong>werkstoffe für<br />
Rohre, aus denen Pipelines, Kräne oder<br />
Brücken entstehen.<br />
Wie kam es zu der Entscheidung, in<br />
die Welt der <strong>Werksto</strong>ffe <strong>ein</strong>zutauchen<br />
Es war <strong>ein</strong> Besuch an der RWTH, der<br />
Frommert überzeugte.<br />
Zum Ende der Schulzeit in Münster<br />
fragte er sich – wie zu diesem Zeitpunkt<br />
üblich – was kommt nach dem Abi<br />
Auf <strong>ein</strong>em Infotag in Aachen sprach er<br />
mit Studierenden und Doktoranden.<br />
„Das hat mich fasziniert; ihre Erzählungen<br />
von spannenden Themen und<br />
Projekten aus der <strong>Werksto</strong>ffforschung<br />
haben mich be<strong>ein</strong>druckt. Außerdem<br />
hatte ich das Gefühl, dass die RWTH<br />
Aachen <strong>ein</strong>e Uni ist, an der ich mich<br />
wohlfühlen würde.“<br />
Aber Frommert fragte sich ebenfalls:<br />
„Bin ich richtig vorbereitet – Mathe,<br />
Physik und Chemie hatte ich doch nur in<br />
Pflichtkursen in der Oberstufe gehabt“<br />
Etwas zuversichtlicher stimmte ihn <strong>ein</strong>e<br />
Anfrage an <strong>ein</strong>en Professor in Aachen.<br />
Der antwortete knapp und bestimmt:<br />
„Was Sie für‘s Studium brauchen, das<br />
lernen Sie alles an der Uni.“<br />
Und so kam es denn auch, obwohl das<br />
Studium der Hüttenkunde, wie es damals<br />
in Aachen noch hieß, in den ersten<br />
Semestern k<strong>ein</strong> Zuckerschlecken war.<br />
Ab und an zweifelte der Jungstudent:<br />
„Kann ich das schaffen“<br />
Frommert schaffte es. „Ich musste mich<br />
in Mathe und Physik durchbeißen. Mit<br />
entsprechenden Leistungskursen am<br />
Gymnasium wäre es wohl <strong>ein</strong>facher gewesen.<br />
Außerdem waren wir im Grundstudium<br />
mit den E-Technikern und den<br />
Maschinenbauern zusammen in den<br />
Veranstaltungen. Da wurde viel Stoff in<br />
recht kurzer Zeit vermittelt.“
Magazin<br />
Bis zum Vordiplom sei die inhaltliche<br />
Beschäftigung mit dem eigentlichen Studienfach<br />
eher gering gewesen, berichtet<br />
Frommert. Allerdings änderte sich dies<br />
im Hauptstudium. „Von da an beginnt<br />
es, richtig interessant zu werden“, entdeckte<br />
er und merkte, dass ihn besonders<br />
die metallphysikalischen Hintergründe<br />
interessieren und erst in zweiter Linie die<br />
prozessorientierten Inhalte.<br />
Also vertiefte Frommert <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />
und promovierte nach dem<br />
Diplom am Institut für Metallkunde und<br />
Metallphysik.<br />
S<strong>ein</strong>e Entscheidung in Aachen zu studieren<br />
hat er nie bereut: „Die RWTH<br />
hat bei den Ingenieurwissenschaften <strong>ein</strong>en<br />
exzellenten Ruf. Zudem gab es im<br />
Hauptstudium <strong>ein</strong>e Eins-A-Betreuung.<br />
Die Zahl von Studierenden war relativ<br />
gering im Verhältnis zu den Professoren<br />
und Assistenten.“<br />
57<br />
Young Researcher<br />
Die nächste berufliche Station war das<br />
Max-Planck-Institut für Eisenforschung<br />
in Düsseldorf. Als so genannter Post-Doc<br />
leitete er das Projekt „Kornorientierte<br />
Elektrostähle“. Besonders gereizt hat<br />
Frommert hier, dass es sich um Grundlagenforschung<br />
handelte, die <strong>ein</strong>en starken<br />
Bezug zur industriellen Produktion hatte.<br />
Seit April 2009 ist Frommert in Duisburg<br />
und kümmert sich besonders um<br />
das neue Rasterelektronenmikroskop.<br />
„Mit diesem Gerät erhalten wir völlig<br />
neue Einblicke in den <strong>Stahl</strong>, in s<strong>ein</strong>e<br />
Mikrostruktur“. Denn erst bei hohen<br />
Vergrößerungen ist es möglich, die komplexen<br />
Strukturelemente in der Größenordnung<br />
von <strong>ein</strong>igen hunderttausendstel<br />
Millimetern aufzulösen, aus denen<br />
kristalline <strong>Werksto</strong>ffe bestehen. Und<br />
letztlich ist es genau diese Mikrostruktur,<br />
die die Eigenschaften des <strong>Werksto</strong>ffs<br />
bestimmt.<br />
„Wenn wir die Zusammenhänge zwischen<br />
der Legierung, den Herstellungsprozessen<br />
und deren Auswirkungen<br />
auf die Mikrostruktur besser verstehen<br />
lernen, dann können wir noch gezielter<br />
<strong>Werksto</strong>ffeigenschaften be<strong>ein</strong>flussen und<br />
neue <strong>Stahl</strong>güten erforschen“, berichtet<br />
Frommert.<br />
Mit s<strong>ein</strong>en Kolleginnen und Kollegen<br />
in der Abteilung <strong>Werksto</strong>ffentwicklung<br />
wird daran gearbeitet, für die Partner im<br />
Mikrostruktur <strong>ein</strong>es <strong>Stahl</strong>blechs gemessen im Rasterelektronenmikroskop; die Farben stellen<br />
unterschiedliche kristallographische Orientierungen dar. (Quelle: Salzgitter AG)<br />
Salzgitter Konzern und externe Kunden<br />
den jeweils passenden <strong>Stahl</strong>werkstoff mit<br />
den optimalen Eigenschaften für deren<br />
zukünftige Anwendungen zu entwickeln.<br />
So ist das berufliche Interesse von<br />
Dr. Matthias Frommert stark auf die Zukunft<br />
von <strong>Stahl</strong> gerichtet. Privat schaut<br />
er ganz gern zurück und findet an Dingen<br />
gefallen, die schon Jahrhunderte alt<br />
sind – und gerade deshalb sehr reizvoll.<br />
Er ist an alter Musik und Archäologie<br />
interessiert. Besonders barocke Opern<br />
und Kunstwerke aus ägyptischer und<br />
römischer Zeit haben es ihm angetan.
Magazin<br />
62<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Studien- und Berufsführer<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften &<br />
Materialwissenschaften<br />
Die <strong>Werksto</strong>fftechnologien gehören zu Deutschlands Schlüsseltechnologien: Rund fünf Millionen<br />
Menschen arbeiten in Branchen, in denen die <strong>Werksto</strong>fftechnologien <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle spielen.<br />
Denn ohne die entsprechenden <strong>Werksto</strong>ffe können heute kaum noch neue Technologien in die<br />
Anwendung gebracht werden.<br />
Ziel der <strong>Werksto</strong>ff- und Materialwissenschaften<br />
ist die Entwicklung moderner<br />
Materialien mit verbesserten<br />
Funktionen, innovativer Kompabilität,<br />
niedrigem Energieverbrauch bei der<br />
Herstellung und minimaler Umweltbelastung<br />
- bei gleichzeitiger Reduktion<br />
ihres Gewichts und Volumens. Auch die<br />
Schonung vorhandener Ressourcen ist<br />
von immer zentralerer Bedeutung.<br />
Im Zentrum des Studiums stehen die<br />
Eigenschaften der Materialien, die<br />
Gewinnung von Rohstoffen bzw. die<br />
Herstellung von <strong>Werksto</strong>ffen und ihren<br />
Anwendungsmöglichkeiten. Zu<br />
den <strong>Werksto</strong>ffen mit denen Studenten<br />
im Laufe ihres Studiums in Berührung<br />
kommen gehören u.a. Metalle, Halbleiter,<br />
Keramik, Glas, Polymere, Gummi<br />
sowie diverse Verbundstoffe.<br />
Studieren kann man <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />
bzw. Materialwissenschaften an<br />
Universitäten und Technischen Hochschulen<br />
sowie an Fachhochschulen. Je<br />
nach Studienabschluss dauert das Studium<br />
sechs Semester als Bachelor oder<br />
neun bzw. zehn Semester als Diplom.<br />
Zumindest an den Fachhochulen sind<br />
zusätzlich Vorpraktika und Praxissemester<br />
abzuleisten.<br />
Interesse an Mathe, Physik und<br />
Technik<br />
Die Zahl der werkstoffwissenschaftlichen<br />
Studiengänge ist groß - <strong>ein</strong>ige<br />
grundlegende Voraussetzungen sind<br />
jedoch für alle ähnlich. Die <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />
greifen auf Grundlagen<br />
verschiedener Natur- und Technikwissenschaften<br />
zurück, so dass Studieninteressierte<br />
über gute Kenntnisse in Mathematik<br />
und den Naturwissenschaften<br />
sowie technisches Interesse verfügen<br />
sollten. Auch analytisches Denken und<br />
fachübergreifende Qualifikationen sind<br />
gefragt, etwa Teamfähigkeit oder Flexibilität,<br />
gute Englischkenntnisse und <strong>ein</strong><br />
sicherer Umgang mit Software sind von<br />
Vorteil.<br />
Unterschieden werden folgende Fachbereiche:<br />
Mathematik, Physik, Chemie,<br />
physikalische Chemie, Kristallstrukturlehre,<br />
Konstruktionslehre, Technische<br />
Mechanik und allgem<strong>ein</strong>e <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften.<br />
Eng verwandt sind die<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften u.a. mit der<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik <strong>ein</strong>schließlich der Nanotechnik,<br />
mit der Oberflächentechnik,<br />
mit der Metallkunde, mit der Kunststofftechnik<br />
und mit der Papiertechnik.<br />
Beschäftigungsaussichten<br />
Mehr als 60 % aller forschenden Unternehmen<br />
in Deutschland setzten sich<br />
in irgend<strong>ein</strong>er Form mit Fragen aus der<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik aus<strong>ein</strong>ander. Dementsprechend<br />
vielseitig sind dadurch die<br />
Einsatzgebiete nach <strong>ein</strong>em erfolgreichen<br />
Abschluss <strong>ein</strong>es derartig ausgerichteten<br />
Studiums. In der Industrie sind <strong>Werksto</strong>ffwissenschaftler<br />
aufgrund ihrer<br />
soliden Kenntnissen in natur- und ingenieurwissenschaftlichen<br />
Grundlagen<br />
sowie über die <strong>Werksto</strong>ffe und deren<br />
Technologien sowohl in der Forschung<br />
und Entwicklung als auch in der Materialherstellung<br />
bzw. -verarbeitung, in der<br />
Produktentwicklung oder der Qualitätssicherung<br />
ebenso tätig, wie in Management,<br />
Marketing oder Verkauf.<br />
Genauso breit gefächert sind dabei die<br />
jeweiligen Branchen, in denen <strong>Werksto</strong>ffingenieure<br />
ihren Beruf ausüben<br />
können: je nach <strong>Werksto</strong>ff kann das in<br />
der Verkehrstechnik, im Maschinenbau,<br />
in der Umwelttechnik, im Bereich der<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien,<br />
der chemischen Industrie<br />
oder der Elektrotechnik s<strong>ein</strong>. Darüber<br />
hinaus finden Absolventen Beschäftigung<br />
in der Denkmalpflege oder bei<br />
öffentlichen Prüfstellen, wie der Bundesanstalt<br />
für Materialprüfung.<br />
Wer sich für <strong>ein</strong> werkstoffwissenschaftliches<br />
Studium entscheidet, hat auf<br />
jeden Fall gute Chancen auf <strong>ein</strong>en zukunftssicheren<br />
Arbeitsplatz.
Magazin<br />
Studiengänge im Bereich<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften/<br />
Materialwissenschaften<br />
1<br />
RWTH Aachen:<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
<strong>Werksto</strong>ffingenieurwesen<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
<strong>Werksto</strong>ffingenieurwesen<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Angewandte Polymerwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
3<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Universität Augsburg:<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Advanced Materials Science<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Functional Advanced Materials<br />
and Engineering (FAME)<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
4<br />
5<br />
Universität Bayreuth<br />
Materialwissenschaft<br />
• Abschluss: Diplom-Ingenieur<br />
• Studiendauer: 10 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Materialwissenschaft und Werkzeugtechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Materials Science and Engineering<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemeter,<br />
Wintersemester<br />
TU Berlin:<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
63<br />
Young Researcher<br />
2<br />
Hochschule Aalen<br />
Oberflächen- und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />
• Studiendauer: 7 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Angewandte Oberflächen- und<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Polymer Technology<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester
Magazin<br />
64<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
6<br />
7<br />
Polymer Science<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Fachhochschule Bielefeld:<br />
Produktions- und Kunststofftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />
• Studiendauer: 7 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Hochschule Bonn-Rh<strong>ein</strong>-Sieg:<br />
Chemie mit Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
TU Clausthal:<br />
Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester<br />
Wintersemester<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
13<br />
Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Advanced Materials and Processes<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Hochschule Esslingen:<br />
Angewandte Oberflächen- und<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
8<br />
9<br />
Universität Bremen:<br />
Materialwissenschaftliche Mineralogie,<br />
Chemie und Physik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Computational Materials Science<br />
• Abschluss: Matser of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
TU Clausthal:<br />
Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
10<br />
11<br />
12<br />
TU Darmstadt:<br />
Materialwissenschaft<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
TU Dresden:<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />
• Abschluss: Diplom-Ingenieur<br />
• Studiendauer: 10 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
FAU Erlangen-Nürnberg:<br />
Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
14<br />
15<br />
16<br />
TU Bergakademie Freiberg:<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnologie<br />
• Abschluss: Diplom-Ingenieur<br />
• Studiendauer: 10 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Fachhochschule Gelsenkirchen:<br />
Chemie mit Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
JL Universität Gießen:<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester
Magazin<br />
25<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
CA Universität zu Kiel:<br />
Materialwissenschaft<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Materialwissenschaft<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
65<br />
Young Researcher<br />
17<br />
18<br />
19<br />
20<br />
21<br />
GA Universität Göttingen:<br />
Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
ML Universität Halle-Wittenberg:<br />
Polymer Materials Science<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
TU Hamburg-Harburg:<br />
European Masters in Materials<br />
Science<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
GWL Universität Hannover:<br />
Material- und Nanochemie<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
HfAW Hof:<br />
Systemwerkstoffe<br />
• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />
• Studiendauer: 7 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
22<br />
23<br />
24<br />
Verbundwerkstoffe<br />
• Abschluss: Master of Engineering<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
TU Ilmenau:<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />
• Abschluss: Bacherlor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Fachhochschule Jena:<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Engeneering<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Master of Engeneering<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
FS Universität Jena:<br />
<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
TU Kaiserslautern:<br />
Material- und Produktionstechnik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
26<br />
27<br />
28<br />
29<br />
30<br />
Universität Konstanz:<br />
Molekulare Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Molekulare Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Universität Leipzig:<br />
Molekulare Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
TU München:<br />
Molekulare Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Fachhochschule Münster:<br />
Angewandte Materialwissenschaft<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
GSOHfaW Nürnberg:<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />
• Studiendauer: 7 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester
Magazin<br />
66<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
31<br />
Neue Materialien, Nano- und<br />
Produktionstechnik<br />
• Abschluss: Master of Engineering<br />
• Studiendauer: 3 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester<br />
Fachhochschule Osnabrück:<br />
Kunst- und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Kunst- und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
33<br />
34<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Universität Stuttgart:<br />
Materialwissenschaften<br />
• Abschluss: Bachelor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Universität Ulm:<br />
Advanced Materials<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
35<br />
JM Universität Würzburg:<br />
Technologie der Funktionswerkstoffe<br />
• Abschluss: Bacherlor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
Technologie der Funktionswerkstoffe<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Universität Osnabrück:<br />
Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
25<br />
32<br />
Universität des Saarlandes:<br />
Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />
• Abschluss: Bacherlor of Science<br />
• Studiendauer: 6 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Sommersemester,<br />
Wintersemester<br />
Materialwissenschaft<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
1<br />
15<br />
7<br />
29<br />
31<br />
8<br />
6<br />
19<br />
20<br />
17<br />
9<br />
22<br />
23<br />
18<br />
27<br />
5<br />
14<br />
11<br />
Advanced Materials Science and<br />
Engineering (AMASE)<br />
• Abschluss: Master of Science<br />
• Studiendauer: 4 Semester<br />
• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />
• Studienbeginn: Wintersemester<br />
32<br />
24<br />
16<br />
10<br />
35<br />
12<br />
30<br />
4<br />
21<br />
13<br />
2<br />
33<br />
34<br />
3<br />
28<br />
26
Magazin<br />
67<br />
Young Researcher
Magazin<br />
68<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Advertorial<br />
Von der Vorlesung in die Konstruktion<br />
Duales Studium bei SMS Siemag AG<br />
Aus dem guten alten <strong>Stahl</strong> ist heute <strong>ein</strong><br />
moderner Hightech-<strong>Werksto</strong>ff geworden.<br />
Über zweitausend <strong>Stahl</strong>sorten gibt es.<br />
Mit maßgeschneiderten Eigenschaften.<br />
Hochfeste Stähle machen beispielsweise<br />
Autos leichter und erhöhen gleichzeitig<br />
die Crash-Sicherheit, sie steigern den Wirkungsgrad<br />
von Kraftwerken und werden<br />
für hochbelastbare Bauteile in der Luftund<br />
Raumfahrttechnik <strong>ein</strong>gesetzt. Mit<br />
neuen <strong>Stahl</strong>sorten lassen sich aber auch<br />
zukunftsweisende Architekturprojekte<br />
verwirklichen. Die <strong>Stahl</strong>- und Walzwerksbranche<br />
ist zur sogenannten Enabler-<br />
Industrie avanciert. Sie ermöglicht neue<br />
Schlüsseltechnologien.<br />
Mittlerweile wissen die Schulabsolventen<br />
mit Hochschul- oder Fachhochschulreife,<br />
wie spannend die Technik rund um<br />
die <strong>Stahl</strong>erzeugung und -verarbeitung ist.<br />
Einer der weltweit größten Anlagenbauer<br />
in diesem Bereich – die SMS Siemag AG<br />
– hat zum Popularitätsschub der Branche<br />
maßgeblich beigetragen.<br />
Das Unternehmen gehört zur SMS group.<br />
Diese entwickelt und baut mit rund 8.900<br />
Mitarbeiter Anlagen und Maschinen für<br />
die <strong>Stahl</strong>- und NE-Metallindustrie. 2008<br />
betrug der Umsatz rund 3,6 Mrd. Euro.<br />
SMS Siemag liefert und errichtet Anlagen<br />
für die gesamte Prozesskette vom flüssigen<br />
<strong>Stahl</strong> bis zum fertig gewalzten <strong>Stahl</strong>blech<br />
– also u.a. Schmelzöfen, Gießanlagen und<br />
Walzwerke.<br />
Familiengeführte Employer-Brand<br />
Trotz dieser Größe und Internationalität<br />
wird die SMS Group vom Inhaber und<br />
Familienunternehmer Dr. H<strong>ein</strong>rich Weiß<br />
geführt. Diese mittelständische Prägung<br />
unterscheidet SMS Siemag von anderen<br />
Konzernen. Dazu zählt beispielsweise,<br />
dass junge Berufsanfänger bereits frühzeitig<br />
Verantwortung übernehmen und<br />
technische Trainees an der Seite erfahrener<br />
Ingenieure im Ausland arbeiten.<br />
Aber auch die Qualität und Praxisnähe<br />
der Ausbildung gehört zu den traditionellen<br />
Stärken des Unternehmens. Mit<br />
s<strong>ein</strong>en Karrieremöglichkeiten und Förderprogrammen<br />
war und ist SMS Siemag <strong>ein</strong><br />
Employer-Brand, und zwar lange bevor<br />
der Ausdruck für <strong>ein</strong>e Arbeitgeber-Marke<br />
überhaupt geprägt wurde.<br />
Im Gegensatz zu den Trendbranchen<br />
Automobil-, Computer- und Telekommunikations-Industrie<br />
haftete den<br />
Großanlagen und Maschinen allerdings
Magazin<br />
ung von Studien-, Diplom- und Masterarbeiten<br />
bis hin zum unternehmenseigenen<br />
Stipendienprogramm.<br />
69<br />
lange etwas Schwerfälliges an. Doch das<br />
verstaubte Image der „old economy“ gehört<br />
längst der Vergangenheit an. Mit<br />
neuen Anlagen- und Umweltschutz-<br />
Entwicklungen, mit komplexen Automations-<br />
und Prozesstechniken und mit<br />
intelligenten Computersimulationen im<br />
Rahmen von Virtual Reality rückte man<br />
in den letzten Jahren zusehends in den Fokus<br />
junger Menschen, die <strong>ein</strong>e Ingenieurskarriere<br />
planen.<br />
SMS Siemag ist heute k<strong>ein</strong>e unbekannte<br />
Größe bei den technisch orientierten<br />
Schulabgängern. Die aktive Unternehmenspolitik<br />
im Hinblick auf Nachwuchsförderungen<br />
und das Engagement in<br />
Schulen, Universitäten und auf Berufsmessen<br />
zahlt sich also aus. Man kennt zunehmend<br />
die Anlagentechniken und die<br />
Karrierechancen bei SMS Siemag.<br />
Duales Studium<br />
Bestes Beispiel ist das „Duale Studium“<br />
von SMS Siemag. Dabei werden betriebliche<br />
und wissenschaftliche Arbeit kombiniert,<br />
indem die Studierenden während<br />
der Semesterferien bereits in ihrem<br />
zukünftigen Bereich arbeiten. Reizvoll ist<br />
dabei die finanzielle und fachliche Unterstützung<br />
während des Studiums. Als Gegenleistung<br />
verpflichtet man sich, nach<br />
dem Studium drei Jahre bei SMS Siemag<br />
zu arbeiten.<br />
Das Duale Studium bei SMS Siemag<br />
funktioniert folgendermaßen: Nach <strong>ein</strong>er<br />
verkürzten Berufsausbildung von zwei<br />
bis zwei<strong>ein</strong>halb Jahren kann man an der<br />
Universität Siegen und der FH Düsseldorf<br />
<strong>ein</strong>en Universitätsabschluss in den Fachrichtungen<br />
Maschinenbau/Konstruktion<br />
oder Elektrotechnik/Automatisierungstechnik<br />
erreichen.<br />
Auch für kaufmännische Berufe<br />
steht das Duale Studium<br />
in Kooperation mit den Fachhochschulen<br />
für Ökonomie<br />
und Management in Neuss<br />
und Siegen offen. Die Absolventen<br />
erreichen hier <strong>ein</strong>en<br />
Abschluss als Bachelor of Business<br />
Administration.<br />
Stipendien<br />
Wer direkt ins Studium <strong>ein</strong>steigen<br />
möchte, für den hält<br />
der Anlagenbauer ebenfalls<br />
attraktive Angebote bereit. Das reicht von<br />
vielfältigen Praktika in den Fachabteilungen<br />
bei SMS Siemag über die Betreu-<br />
In enger Zusammenarbeit mit der RWTH<br />
Aachen, der TU Clausthal und der TU<br />
Darmstadt werden „technische Talente“<br />
in den Fachrichtungen Metallurgie, Maschinenbau,<br />
Elektrotechnik, Mechatronik,<br />
Wirtschaftsingenieurswesen und<br />
Wirtschaftswissenschaften finanziell gefördert.<br />
Ziel ist es natürlich, die „High Potentials“<br />
frühzeitig für das Unternehmen<br />
SMS Siemag und s<strong>ein</strong>e Anlagentechniken<br />
zu begeistern.<br />
S<strong>ein</strong>e Attraktivität steigert der zukünftige<br />
Arbeitgeber auch mit dem gem<strong>ein</strong>nützigen<br />
Ver<strong>ein</strong> „SMS Siemag Kolleg e.V.“.<br />
Hierbei betreibt man gem<strong>ein</strong>sam mit der<br />
RWTH Aachen <strong>ein</strong> Studentenwohnheim<br />
für rund 60 Studenten, die damit den<br />
Kopf für das Studium frei haben und<br />
sich in der neuen Stadt nicht auf die<br />
mühevolle und teure Zimmersuche begeben<br />
müssen.<br />
Young Researcher<br />
Weiterqualifizierung<br />
Und wie geht es nach dem Studium bei<br />
SMS Siemag weiter Für <strong>ein</strong> Unternehmen,<br />
das Anlagen für die <strong>Stahl</strong>- und NE-<br />
Metalle-Industrie baut, hat der Ausspruch<br />
„wer rastet, der rostet“ ganz besondere<br />
Bedeutung. Aus diesem Grund gibt es<br />
Personalentwicklungsprozesse (PEP), die<br />
sowohl persönliche und fachliche Kompetenzen<br />
langfristig ausbauen.<br />
Außerdem sorgt die SMS-Akademie laufend<br />
mit technischen, vertrieblichen und<br />
interkulturellen Themen für <strong>ein</strong> umfassendes<br />
Bildungsangebot.
Magazin<br />
70<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
Die Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnologie der<br />
TU Bergakademie Freiberg<br />
Hightech-Materialien für die Zukunft<br />
<strong>Werksto</strong>ffe sind Basis und Motor der deutschen Industrie. Ob Fahrzeug- und Maschinenbau, chemische<br />
Industrie, Elektronikindustrie oder Metallverarbeitung: In allen Produkten dieser Branchen sorgen moderne<br />
<strong>Werksto</strong>ffe für Innovation. Eine der bedeutendsten Ausbildungs- und Forschungs<strong>ein</strong>richtungen<br />
auf dem Gebiet <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnologie ist die TU Bergakademie Freiberg.<br />
Nach <strong>ein</strong>er Studie des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung (BMBF)<br />
hängen 70 Prozent aller technischen Neuerungen<br />
direkt oder indirekt von <strong>Werksto</strong>ffen<br />
und <strong>Werksto</strong>fftechnologie ab.<br />
Daher spielen Ausbildung und Forschung<br />
im Bereich <strong>Werksto</strong>ffe für die weitere<br />
wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland<br />
<strong>ein</strong>e zentrale Rolle. Die TU Bergakademie<br />
Freiberg hat in den vergangenen<br />
Jahren ihre Materialforschung konsequent<br />
ausgebaut. In <strong>ein</strong>er Vielzahl von Großforschungsprojekten<br />
suchen Freiberger <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />
nach neuen Materialien unter<br />
anderem für die Fahrzeugindustrie, den<br />
Maschinenbau oder die Elektronikindustrie.<br />
Zudem bildet die Freiberger Universität<br />
die meisten Materialwissenschaftler<br />
und <strong>Werksto</strong>ffingenieure in Sachsen aus.<br />
„Das Besondere an der Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />
und <strong>Werksto</strong>fftechnologie<br />
der TU Bergakademie Freiberg ist ihr<br />
breit gefächertes Ausbildungsangebot“,<br />
sagt Prof. Horst Biermann, Dekan und<br />
Professor für <strong>Werksto</strong>fftechnik. „Unsere<br />
Studierenden können <strong>ein</strong> umfangreiches<br />
Grundlagenwissen erwerben und sich<br />
dann entsprechend ihrer Interessen spezialisieren.“<br />
Die Verzahnung von Theorie<br />
und Praxis – das Markenzeichen der<br />
TU Bergakademie Freiberg – gelte auch<br />
und ganz besonders für die werkstofforientierten<br />
Studiengänge. „Wir kooperieren<br />
beispielsweise mit ThyssenKrupp und Siemens“,<br />
so Biermann. „Davon profitieren<br />
vor allem unsere Studenten, die dort ihre<br />
Praxissemester verbringen und Studienoder<br />
Abschlussarbeiten schreiben.“<br />
Innovative Studiengänge<br />
An der Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />
und <strong>Werksto</strong>fftechnologie werden<br />
vier verschiedene Studiengänge angeboten.<br />
Sie alle weisen Besonderheiten auf,<br />
die sie von ähnlichen Fachrichtungen<br />
an anderen deutschen Hochschulen unterscheiden.<br />
So werden im Diplomstudiengang<br />
„<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnologie“ beide Disziplinen<br />
verknüpft – <strong>ein</strong>e Grundvoraussetzung für<br />
<strong>ein</strong>en erfolgreichen <strong>Werksto</strong>ffingenieur.<br />
Die <strong>Werksto</strong>ffpalette reicht dabei von den<br />
Metallen über die keramischen <strong>Werksto</strong>ffe<br />
bis hin zu den Elektronikwerkstoffen und<br />
Verbundwerkstoffen. Im Hauptstudium<br />
stehen sechs Vertiefungsrichtungen zur<br />
Wahl.<br />
Der Ausbildung von Spezialisten widmen<br />
sich die anderen drei werkstoffwissenschaftlichen<br />
Studiengänge der TU Bergakademie.<br />
Wer sich für „<strong>Werksto</strong>fftechnologie/Gießereitechnik“<br />
entscheidet, hat<br />
nach dem Abschluss beste berufliche Perspektiven.<br />
Schon während des Studiums<br />
unterstützen Gießereiunternehmen wie<br />
Buderus Guss oder Silbitz Guss den Ingenieurnachwuchs<br />
mit Stipendien, denn die<br />
Nachfrage nach Gießerei-Spezialisten ist<br />
dauerhaft hoch.<br />
Trotz Wirtschaftskrise bleibt die Automobilindustrie<br />
mit ihren Zulieferern<br />
und Vertriebsstrukturen der wichtigste<br />
Industriezweig in Deutschland. Der langfristigen<br />
Bedarf an hochqualifizierten<br />
Fachkräften trägt die TU Bergakademie<br />
Freiberg mit dem Studiengang „Fahrzeugbau:<br />
<strong>Werksto</strong>ffe und Komponenten“<br />
Rechnung. Die Absolventen verfügen<br />
über spezifische Kenntnisse auf dem
Magazin<br />
71<br />
Die Profilfarben der TU Bergakademie Freiberg<br />
Gebiet der Entwicklung und des Einsatzes<br />
von <strong>Werksto</strong>ffen und Fertigungstechnologien<br />
für Fahrzeugkomponenten.<br />
Sie haben fundiertes Wissen in Bezug auf<br />
Berechnung, Konstruktion, Fertigung,<br />
<strong>Werksto</strong>ff<strong>ein</strong>satz, Qualitätsprüfung und<br />
Recycling von Fahrzeugteilen. Die Ausbildung<br />
wird durch <strong>ein</strong>en wissenschaftlichen<br />
Beirat unterstützt, in dem unter anderem<br />
Audi, Porsche und Daimler vertreten sind.<br />
Einen Schwerpunkt in der Ausbildung<br />
an der TU Bergakademie Freiberg bilden<br />
die Elektronikmaterialien. <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />
unterschiedlicher Fachrichtungen und<br />
Fakultäten arbeiten hier zusammen. Am<br />
Institut für Elektronik- und Sensormaterialien<br />
werden zielgerichtet Ingenieure<br />
für die Forschung, Entwicklung, Fertigung<br />
und Qualitätssicherung von Elektronischen<br />
Bauelementen, Sensoren und<br />
Aktoren ausgebildet. Die Absolventen des<br />
Studiengangs „Elektronik- und Sensormaterialien“<br />
finden ihre Einsatzgebiete in der<br />
Halbleiterindustrie und in Unternehmen,<br />
die z. B. Sensoren oder Spezialbauelemente<br />
bzw. Schaltkreise herstellen.<br />
Überdurchschnittliche Ausstattung<br />
Ein Pluspunkt für Freiberger Studierende<br />
ist die überdurchschnittlich gute technische<br />
Ausstattung der Institute. Schon<br />
früh im Studium lernen sie den Umgang<br />
mit hochmodernen Geräten wie Elektronenmikroskopen,<br />
Gießerei-Anlagen oder<br />
Umform-Anlagen wie z.B. <strong>ein</strong>em Walzwerk.<br />
Seit 2008 steht <strong>ein</strong> neuer R<strong>ein</strong>raum-Komplex<br />
zur Verfügung.<br />
Ein Vorteil, den auch Andreas Jahn während<br />
s<strong>ein</strong>es Studiums der <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />
und <strong>Werksto</strong>fftechnologie an<br />
der Fakultät kennen gelernt hat. Lange<br />
Wartezeiten, wie sie an anderen Hochschulen<br />
üblich sind, kennt man hier nicht.<br />
„Der Studienwunsch <strong>Werksto</strong>ffe, speziell<br />
Metallurgie, stand bei mir schon früh fest,<br />
da m<strong>ein</strong> Vater in der <strong>Stahl</strong>industrie tätig<br />
ist“, erzählt Andreas Jahn.<br />
Auch die Entscheidung für die TU Bergakademie<br />
Freiberg sei schnell gefallen.<br />
„Freiberg hat Tradition und <strong>ein</strong>en guten<br />
Ruf – nicht nur fachlich, sondern auch,<br />
was die Betreuung angeht.“ Dieser habe<br />
sich auf jeden Fall bestätigt. „Dadurch,<br />
dass alles sehr kl<strong>ein</strong> und übersichtlich ist,<br />
geht es sehr familiär zu. Als Student wird<br />
man schnell in die Abläufe integriert und<br />
kann sich zum Beispiel als Studentische<br />
Hilfskraft bei Forschungsprojekten <strong>ein</strong>bringen.“<br />
Das Praxissemester absolvierte<br />
er bei ThyssenKrupp VDM, <strong>ein</strong>em führenden<br />
Hersteller metallischer Hochleistungswerkstoffe.<br />
SFB für neue Hochleistungswerkstoffe<br />
Hintergrund des SFB ist <strong>ein</strong> Problem,<br />
dem <strong>Wissenschaft</strong>ler auf der ganzen Welt<br />
mit verschiedensten Ansätzen begegnen<br />
wollen. Knappe Ressourcen und die Notwendigkeit<br />
zur Senkung des Energiebedarfs<br />
fordern auch die <strong>Werksto</strong>ffforschung<br />
heraus, deutlich leistungsfähigere und<br />
dennoch material- und energieeffizientere<br />
<strong>Werksto</strong>ffe und Herstellungsverfahren<br />
zu finden. Die gezielte Kombination<br />
verschiedener Materialien zu neuen Verbundwerkstoffen<br />
und die Übertragung in<br />
der Natur vorkommender Bauprinzipien<br />
auf technologische Lösungen (Bionik)<br />
eröffnen dabei völlig neue Perspektiven.<br />
Young Researcher<br />
Dipl.-Ing. Malchasi Aitsuradse forscht mit Hilfe<br />
neuer innovativer Giesstechnologien an Leichtbaukomponenten<br />
für den Fahrzeugbau<br />
Seit knapp zwei Jahren ist der 27-Jährige<br />
<strong>Wissenschaft</strong>licher Mitarbeiter am Institut<br />
für Eisen- und <strong>Stahl</strong>technologie der<br />
TU Bergakademie Freiberg. „In m<strong>ein</strong>er<br />
Promotionsarbeit beschäftige ich mich<br />
mit Stählen, gleichzeitig hohe Festigkeiten<br />
und hohe Dehnungen erreichen.<br />
Normalerweise kann man nur die Dehnung<br />
oder die Festigkeit erhöhen, aber<br />
nie beides gleichzeitig“. S<strong>ein</strong>e Arbeit ist<br />
Teil <strong>ein</strong>es Sonderforschungsbereiches<br />
(SFB) der Deutschen Forschungsgem<strong>ein</strong>schaft<br />
(DFG), der 2008 an der TU Bergakademie<br />
Freiberg <strong>ein</strong>gerichtet wurde.<br />
Wie man Roboter zum Laufen und Fußballspielen<br />
bringt, demonstriert Nachwuchswissenschaftler<br />
Heni Amor vom Insitut für Informatik<br />
Schülern zum Tag der offenen Tür<br />
Die Vision des SFB an der TU Bergakademie<br />
Freiberg ist daher die Erforschung<br />
<strong>ein</strong>er neuen Klasse von Hochleistungs-<br />
Verbundwerkstoffen mit dem Namen<br />
TRIP-MATRIX-COMPOSITE. <strong>Stahl</strong><br />
wird mit <strong>ein</strong>em Keramikwerkstoff verbunden,<br />
so dass daraus neue Materialien<br />
mit sehr hoher Festigkeit, Verformbarkeit<br />
und Zähigkeit entstehen.
72<br />
Magazin<br />
Die Erforschung neuartiger <strong>Werksto</strong>ffe,<br />
Strukturen und Verfahren sowie <strong>ein</strong> an<br />
die Bionik angelehntes intelligentes Design<br />
ermöglichen höchstbeanspruchbare<br />
Komponenten mit bahnbrechenden Eigenschaften<br />
für die Sicherheit der Insassen<br />
von Kraft-, Schienen- und Luftfahrzeugen.<br />
Darüber hinaus werden zukunftsträchtige<br />
Anwendungsfelder im Maschinenbau am<br />
Beispiel von höchst belasteten Verschleißund<br />
Trägerkomponenten erschlossen.<br />
Prof. Daviv Rafaja vom Insitut für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft erforscht<br />
neue Verfahren zur Herstellung moderner <strong>Werksto</strong>ffe, die<br />
unter anderem in Sensoren zum Einsatz kommen<br />
Die effizienten und kostengünstigen Herstellungstechnologien<br />
werden in der Lage<br />
s<strong>ein</strong>, den Fertigungsaufwand zu minimieren<br />
und industrielle Entwicklungszeiten<br />
neuer Produkte erheblich zu beschleunigen.<br />
Durch die neuen TRIP-MATRIX-<br />
COMPOSITE wird es all<strong>ein</strong> im PKW<br />
ermöglicht, bei gleichem Bauraum die<br />
dreifache Energieaufnahme kostengünstiger<br />
und leichter zu realisieren. Das Ziel<br />
<strong>ein</strong>er höheren Materialeffizienz sowie der<br />
Reduktion des Kraftstoffaufwandes und<br />
der CO2-Emissionen rückt damit in greifbare<br />
Nähe.<br />
<strong>Wissenschaft</strong>licher Nachwuchs<br />
Um den wissenschaftlichen Nachwuchs<br />
zu fördern verfolgt die TU Bergakademie<br />
Freiberg im Rahmen des SFB erfolgreich<br />
<strong>ein</strong> Konzept, das <strong>ein</strong> durchgängiges Angebot<br />
von der Schule bis zum<br />
Post Doc b<strong>ein</strong>haltet. „Science<br />
meets School - <strong>Werksto</strong>ffe<br />
und Technologien in Freiberg“<br />
heißt <strong>ein</strong>e Initiative,<br />
bei der Schüler ab Klasse 8,<br />
Lehrer und <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />
in <strong>ein</strong>em eigens dafür geschaffenen<br />
Schülerlabor gem<strong>ein</strong>sam<br />
<strong>Werksto</strong>ffe untersuchen.<br />
In wissenschaftlichen<br />
Experimenten erhalten die<br />
Schüler <strong>ein</strong>en Einblick in die<br />
Welt der Materialforschung.<br />
Lehrer nutzen die Angebote<br />
der Universität für Fortbildungen<br />
und holen sich neue<br />
Ideen für den Unterricht.<br />
Im Studium sollen die Studierenden<br />
frühzeitig selbständiges<br />
Arbeiten und Forschen lernen.<br />
Als studentische Hilfskraft können sie<br />
mit intensiver Unterstützung durch das<br />
wissenschaftliche Personal ihren eigenen<br />
Beitrag zu wichtigen Forschungsprojekten<br />
leisten. Für Doktoranden wurde am Sonderforschungsbereich<br />
<strong>ein</strong> eigenes Graduiertenkolleg<br />
<strong>ein</strong>gerichtet, das unter dem<br />
Dach der Graduierten- und Forschungsakademie<br />
der TU Bergakademie Freiberg<br />
sehr gute Voraussetzung für <strong>ein</strong>e zügige<br />
und qualitativ hochwertige Promotion<br />
bietet.<br />
Ein besonderes Ziel des SFB ist es, qualifizierte<br />
Frauen zu motivieren, in Freiberg<br />
zu studieren, zu promovieren und sich<br />
als <strong>Wissenschaft</strong>ler <strong>ein</strong>zubringen. An den<br />
am SFB beteiligten Instituten und Lehrstühlen<br />
der TU Bergakademie Freiberg<br />
ist bereits heute <strong>ein</strong> für ingenieurwissenschaftliche<br />
Fachbereiche weit überdurchschnittlicher<br />
Anteil von <strong>Wissenschaft</strong>lerinnen<br />
beschäftigt.<br />
Die Bergakademie Freiberg wurde 1765<br />
gegründet und gehört zu den ältesten<br />
montanwissenschaftlichen Hochschulen<br />
der Welt. Aus dieser Tradition entwickelte<br />
sich ihr heutiges <strong>ein</strong>maliges Profil,<br />
das neben der Materialwissenschaft und<br />
<strong>Werksto</strong>fftechnik die Gebiete Geowissenschaften,<br />
Energie, und Umwelt umfasst.<br />
Die TU Bergakademie Freiberg ist bekannt<br />
für ihre praxisnahe Ausbildung und<br />
ihre Spitzenforschung.<br />
Die Universitätsstadt Freiberg – auf<br />
halber Strecke zwischen den sächsischen<br />
Metropolen Dresden und Chemnitz gelegen<br />
– bietet <strong>ein</strong> ganz besonderes Flair.<br />
Einst brachte ihr der Silberbergbau Ansehen<br />
und Reichtum. Heute ist sie vor<br />
allem als Hightechstandort für die Mikroelektronik<br />
und regenerative Energien bekannt.<br />
Diese Mischung aus Tradition und<br />
Moderne und ihre landschaftlich reizvolle<br />
Lage am Erzgebirge machen sie attraktiv.<br />
Die Studierenden schätzen die guten und<br />
bezahlbaren Wohnbedingungen, niedrigere<br />
Lebenshaltungskosten sowie <strong>ein</strong><br />
reichhaltigen Kultur- und Freizeitangebot.<br />
Auf der Hannovermesse zeigte das Institut für Eisen- und <strong>Stahl</strong>technologie <strong>ein</strong>e neue <strong>Stahl</strong>legierung.<br />
Entwickelt wurde sie von Dr. Andreas Weiß (r.) und Dr. H<strong>ein</strong>er Gutte (l.). Hier am Rasterelektronenmikroskop<br />
(Quelle Bilder: Technische Universität Bergakademie Freiberg)<br />
TU Bergakademie Freiberg<br />
Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />
und <strong>Werksto</strong>fftechnologie<br />
Gustav-Zeuner-Str. 5<br />
09599 Freiberg<br />
Internet: http://tu-freiberg.de
Magazin<br />
Literaturtipp<br />
Ohne Mathematik geht es nicht im Sport<br />
73<br />
Der Startschuss dieses Buches fällt mit<br />
der Suche nach Funktionen für Punktetabellen,<br />
die für <strong>ein</strong>en fairen Ausgleich<br />
der unterschiedlichen Leistungen in den<br />
Disziplinen des leichtathletischen Zehnkampfes<br />
sorgen. Leicht nachvollziehbar<br />
wird dargestellt, wie sich mit zunehmender<br />
Komplexität der verwendeten<br />
Funktionen die Gerechtigkeit der daraus<br />
resultierenden Punktetabellen erhöht.<br />
Leider findet sich k<strong>ein</strong> Hinweis, warum<br />
ausgerechnet im letzten Schritt beim<br />
Übergang zu Potenzfunktionen, auf denen<br />
die heute gültigen Tabellen beruhen,<br />
<strong>ein</strong>e weitere Verbesserung erreicht wird.<br />
Die beiden nächsten Kapitel widmen<br />
sich dem Fußball, genauer der Trefferwahrsch<strong>ein</strong>lichkeit<br />
beim Elfmeter. Mit<br />
unterschiedlichen Ansätzen aus verschiedenen<br />
Bereichen der Mathematik wird<br />
aufgezeigt, dass die errechneten Trefferwahrsch<strong>ein</strong>lichkeiten<br />
stets ziemlich genau<br />
die Realität der letzten 20 Jahre in der<br />
1. Bundesliga widerspiegeln. Es stellt sich<br />
jedoch die Frage, ob hier nicht nur Ansätze<br />
weiter verfolgt wurden, die das bekannte<br />
und erwünschte Resultat ergeben.<br />
Köstlich und bewußt politisch unkorrekt<br />
sind an dieser Stelle Ludwigs abschließende<br />
Betrachtungen zum Frauenfußball.<br />
In weiteren zwei Abschnitten steht die<br />
Leichtathletik im Fokus. Zunächst wird<br />
versucht, die Weltrekorde im 100-m-<br />
Lauf seit den 30er-Jahren, getrennt nach<br />
Frauen und Männern, zu interpolieren.<br />
In humoristischer Weise führt der Autor<br />
vor, wie sich mit Mathematik (fast) alles<br />
beweisen oder berechnen lässt, z.B. durch<br />
Gleichsetzen der Funktionen der Zeitpunkt,<br />
ab dem Frauen schneller laufen<br />
werden als Männer, oder das Jahr, in dem<br />
der Mensch unendlich schnell s<strong>ein</strong> wird<br />
(weil alle Funktionen gegen Null streben)<br />
- insgesamt <strong>ein</strong> Beispiel, dass sich auch<br />
sehr gut im Unterricht (bei linearen bzw.<br />
Exponentialfunktionen) verwenden lässt.<br />
Dachte ich an dieser Stelle, „schlimmer<br />
geht‘s nimmer“, sah ich mich sofort im<br />
nächsten Kapitel über den Freiwurf im<br />
Basketball positiv enttäuscht: Ludwig<br />
führt uns gekonnt durch <strong>ein</strong>e Problemstellung,<br />
die <strong>ein</strong>er Abituraufgabe für <strong>ein</strong>en<br />
Leistungskurs Physik locker zur Ehre<br />
gereicht hätte. Dafür ist der folgende Abschnitt,<br />
in dem <strong>ein</strong>e Faustformel für die<br />
Länge der Bespannung <strong>ein</strong>es Tennis- oder<br />
Badmintonschlägers abgeleitet wird, auch<br />
wieder für Schüler gut verdaubar.<br />
Alles in allem: Als kl<strong>ein</strong>e Bettlektüre oder<br />
zur Entspannung im Urlaub hervorragend<br />
geeignet, ich habe es mit Wonne geradezu<br />
verschlungen! Gekonnt und stets<br />
mit <strong>ein</strong>em Augenzwinkern liefert Ludwig<br />
<strong>ein</strong> Beispiel nach dem anderen, wofür<br />
man Mathematik eigentlich braucht.<br />
Abstriche muss man allerdings bei der<br />
Verwendbarkeit für Lehrer machen. Ein<br />
Großteil des Buches liegt jenseits dessen,<br />
was gem<strong>ein</strong>hin in der Schule unterrichtet<br />
wird, und gerade die Lehrpläne für<br />
Matthias Ludwig<br />
Mathematik und Sport -<br />
Olympische Disziplinen im<br />
mathematischen Blick<br />
Wiesbaden: Vieweg + Teubner,<br />
2008. 165 Seiten, 22,90 Euro,<br />
ISBN: 978-3-8348-0477-8<br />
Mathematik bieten zeitlich kaum Spielraum<br />
für „Orchideen“-Themen, wie sie<br />
hier teilweise vorgestellt werden. Dies<br />
verwundert umso mehr, als der Autor,<br />
Professor für Mathematik und ihre Didaktik<br />
an der PH W<strong>ein</strong>garten, die entsprechenden<br />
Pädagogen aller Schularten<br />
und -stufen doch als s<strong>ein</strong>e primäre Zielgruppe<br />
bezeichnet.<br />
Rezensent: Martin Buchholz<br />
Literaturtipp<br />
Das Universum mit anderen Augen sehen<br />
Anlässlich des Internationalen Jahr der<br />
Astronomie 2009 sind zahlreiche Bücher<br />
neu erschienen. Das Buch „Verborgenes<br />
Universum erklärt allgem<strong>ein</strong> verständlich<br />
die Bilder, die mit modernen Teleskopen<br />
aufgenommen werden.<br />
Die Astronomie lebt von Bildern. Jeder<br />
hat schon mal das verwirrend bunte Bild<br />
<strong>ein</strong>er weitentfernten Sternengalaxie gesehen.<br />
Doch wie entstehen diese Bilder<br />
Was bedeuten die Farben Und was können<br />
Astronomen aus diesen Bildern über<br />
das Universum lernen<br />
Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts konnten<br />
Astronomen nur das sichtbare Licht<br />
nutzen. Mit der Entwicklung der Radioastronomie<br />
änderte sich dies: Die<br />
Astronomen erforschen das Universum<br />
seitdem mit immer neuen „Augen“. Heute<br />
stehen Teleskope auf der Erde und im<br />
Weltraum zur Verfügung. Sie sammeln<br />
„Licht“ aus dem gesamten Spektrum: von<br />
den niederenergetischen Radiowellen bis<br />
zu den energiereichen Gammastrahlen.<br />
Dabei entstehen faszinierende und spektakuläre<br />
Bilder, die das uns bisher verborgene<br />
Universum sichtbar machen.<br />
Viele dieser Bilder werden mit diesem<br />
Buch erstmals der nichtwissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit präsentiert und erklärt.<br />
Es wendet sich an den physikalisch
Magazin<br />
74<br />
<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />
und astronomisch interessierten Laien:<br />
Grundlegende Begriffe werden in den<br />
ersten Kapiteln ausführlich erklärt. Zum<br />
Nachschlagen von Fachbegriffen eignet<br />
sich das Glossar am Ende. Im Hauptteil<br />
des Buches ist jedem Bereich des elektromagnetischen<br />
Spektrums <strong>ein</strong> eigenes<br />
Kapitel gewidmet. So kann der Leser gut<br />
nachvollziehen, welche Methode für welche<br />
astronomische Fragestellung geeignet<br />
ist. Am Beispiel der Galaxie Centaurus A<br />
werden abschließend die Informationen<br />
vieler Teleskope wie <strong>ein</strong> Puzzle zusammen<br />
gesetzt und <strong>ein</strong>e umfassende Beschreibung<br />
dieser Galaxie gegeben.<br />
Erfreulicherweise ist dies viel mehr als<br />
<strong>ein</strong> kommentiertes Bilderbuch. Es wird<br />
großer Wert darauf gelegt, dem Leser<br />
die Bilder zu erklären, wie sie entstanden<br />
sind und was darauf zu sehen ist. Der<br />
Leser kann begreifen und nicht nur unwissend<br />
staunen. Die Bildunterschriften<br />
sind durchgängig sehr ausführlich und<br />
vertiefend. Gut ausgewählte Zitate in<br />
übergroßen Kopfzeilen animieren schon<br />
beim ersten Durchblättern, auch längere,<br />
erklärende Textpassagen zu lesen. Gelegentlich<br />
stören dabei wertende Ausdrücke<br />
wie „atemberaubend“ oder „kommunikationssüchtig“.<br />
Das Buch ist das gelungene Ergebnis der<br />
Zusammenarbeit zweier aktiver Forscher<br />
der European Space Agency (ESA) und<br />
der NASA und <strong>ein</strong>es mehrfachen Autors<br />
populärwissenschaftlicher Sachbücher<br />
aus dem Bereich der Astronomie, Lars<br />
Lindberg Christensen. Dessen große Erfahrung<br />
wird immer dann sichtbar, wenn<br />
es um die Erklärung komplexer Sachverhalte<br />
geht. Wer sich auf dieses Buch<br />
<strong>ein</strong>lässt, kann für sich die verborgenen<br />
Inhalte der faszinierenden Bilder aus der<br />
Astronomie erkunden.<br />
Rezensent: Sabine Walter<br />
Lars Lindberg Christensen, Robert<br />
Fosbury und Robert Hurt<br />
Verborgenes Universum<br />
Wiley-VCH Verlag, 1. Auflage<br />
2009, 145 Seiten<br />
Ihr Urteil ist gefragt!<br />
Rezensieren Sie <strong>ein</strong> Buch Ihrer Wahl und behalten Sie es.<br />
Liebe Leser,<br />
wir laden Sie <strong>ein</strong>: Werden Sie Rezensent und teilen Sie uns Ihre Eindrücke zu Inhalt, Lesbarkeit und Relevanz zu<br />
<strong>ein</strong>em Buch aus unserer Besprechungsliste mit. Wir freuen uns, wenn wir Buchrezensionen von Lesern für Leser<br />
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Schicken Sie <strong>ein</strong>e E-Mail an die Chefredaktion der <strong>Junge</strong>n <strong>Wissenschaft</strong> (s.walter@verlag-jungewissenschaft.de)<br />
mit der Angabe des Buches, das Sie gern lesen und kommentieren möchten. Als Dank für Ihre Mühe dürfen Sie das<br />
Buch selbstverständlich behalten.<br />
Folgende Bücher stehen diesmal zur Auswahl:<br />
1. Unser Fenster zum Weltraum (132 S.)<br />
2. Physik auf der Spur (306 S.)<br />
3. Kaffee, Käse, Karies (384 S.)<br />
4. In Mathe war ich immer schlecht (184 S.)<br />
5. Sieben Wunder der Informatik (360 S.)<br />
6. Antarktis- Forschung im ewigen Eis (350 S.)<br />
7. Bilder der Mathematik (324 S.)<br />
8. Der Kuss des Schnabeltiers und 60 weitere witzige<br />
Geschichten aus der Natur und <strong>Wissenschaft</strong> (278 S.)<br />
9. Alles über Strom – So funktioniert Alltagselektronik (250 S.)<br />
10. Welt der Bakterien (274 S.)