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Stahl – ein vielseitiger Werksto - Junge Wissenschaft

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<strong>Junge</strong><br />

Ausgabe Nr. 84 // 24. Jahrgang // 2009<br />

<strong>Wissenschaft</strong><br />

Jugend forscht in Natur und Technik<br />

Young Researcher<br />

The European Journal of Science and Technology<br />

Medienpartner des<br />

<strong>Wissenschaft</strong>sjahres 2009<br />

<strong>Stahl</strong> –<br />

<strong>ein</strong> <strong>vielseitiger</strong><br />

<strong>Werksto</strong>ff<br />

Themen:<br />

Gebäude im Tsunamistrudel // Mindestens 17 müssen<br />

es s<strong>ein</strong> // Organe aus dem Spinnennetz // Widerstand<br />

zwecklos // Wenn sich das Gehirn selbst betrachtet<br />

Das Magazin<br />

für Nachwuchsforscher<br />

Innovative Experimente, wissenschaftliche Beiträge und spannende Ergebnisse:<br />

Außerdem im Heft: Ganz großes Kino auf der Edelstahlhülle //<br />

Stiftung Jugend forscht e.V. // Weltrekord im Brückenbau –<br />

das Viadukt von Millau // Hochschulportrait TU Bergakademie Freiberg //<br />

Studienführer <strong>Werksto</strong>ff- und Materialwissenschaften und vieles mehr...


Dank<br />

Vielen Dank allen Firmen und<br />

Unternehmen, die mit Patenschaftsabonnements<br />

in die Zukunft investieren:<br />

Prof. Dr. Wilfried Kuhn,<br />

Villmar/Gießen<br />

<br />

<br />

<br />

Physikalisch-Technische<br />

Bundesanstalt,<br />

Braunschweig und Berlin<br />

Mepha Pharma AG,<br />

Aesch (Schweiz)<br />

SMS Siemag<br />

Aktiengesellschaft<br />

DSW Deutsche<br />

Schülerwerbung GmbH,<br />

Düsseldorf<br />

Carl Zeiss AG,<br />

Oberkochen<br />

Robert Bosch GmbH,<br />

Stuttgart<br />

Wilhelm und Else<br />

Heraeus-Stiftung,<br />

Hanau<br />

Universität Bonn,<br />

Bonn<br />

Bundesverband der<br />

Dienstleister für Online-<br />

Anbieter e.V.<br />

Deutsche<br />

Hochschulwerbung<br />

A. Roussidis e. K.,<br />

Düsseldorf<br />

<strong>Stahl</strong> gehört<br />

nicht zum alten Eisen<br />

Geschichtlich gesehen ist die Eisenzeit längst<br />

vorbei. In Europa endete sie im 1. Jahrhundert<br />

vor Christus. Doch wirtschaftlich gesehen<br />

steigt seitdem die Bedeutung der Eisenwerkstoffe<br />

kontinuierlich an. Eine tragende<br />

Rolle spielt dabei <strong>Stahl</strong>, <strong>ein</strong>e Legierung aus<br />

Eisen und maximal 2 Prozent Kohlenstoff<br />

sowie weiterer Legierungselemente.<br />

Um 1900 betrug die weltweite <strong>Stahl</strong>produktion<br />

etwa 50 Millionen Tonnen im Jahr. In<br />

2008 wurden über 1300 Millionen Tonnen<br />

<strong>Stahl</strong> produziert. <strong>Stahl</strong> ist damit der mengenmäßig<br />

bedeutendste <strong>Werksto</strong>ff in der<br />

Industrie.<br />

Doch <strong>Stahl</strong> ist nicht gleich <strong>Stahl</strong>. In der europäischen<br />

<strong>Stahl</strong>registratur sind heute um<br />

die 2000 genormte <strong>Stahl</strong>sorten enthalten,<br />

dazu kommen noch weitere mehrere hundert<br />

nicht genormte Sorten. Stähle werden<br />

für die unterschiedlichsten Anwendungen<br />

mit genau angepasstem Eigenschaftsprofil<br />

hergestellt: So gibt es Baustähle, Behälterstähle,<br />

Maschinenbaustähle, Werkzeugstähle,<br />

nichtrostende Stähle, warmfeste und<br />

hitzebeständige Stähle, Schienenbaustähle,<br />

Stähle für Elektroblech und vieles mehr.<br />

Wie raffiniert dabei teilweise auch auf die<br />

Anforderungen in der Fertigung <strong>ein</strong>gegangen<br />

wird, zeigen die „Bake hardening“<br />

Stähle: Die Automobilindustrie bekommt<br />

von der <strong>Stahl</strong>industrie ihr Rohmaterial in<br />

Form von Blechen geliefert. Diese werden<br />

zugeschnitten und dann im Presswerk zu<br />

Karosserieteilen umgeformt. Hierbei sollte<br />

das Blech noch k<strong>ein</strong>e zu hohe Festigkeit haben,<br />

um den Umformprozeß nicht unnötig<br />

zu erschweren. Nach dem Verschweißen der<br />

Einzelteile zur Karosserie wird diese lackiert.<br />

Beim Einbrennen der Fahrzeuglegierung bei<br />

etwa 180 °C verändert der <strong>Stahl</strong> dann noch<br />

mal s<strong>ein</strong>e Eigenschaften und erreicht s<strong>ein</strong>e<br />

geforderte Festigkeit.<br />

Editorial<br />

Seit über 100 Jahren wird systematisch an<br />

immer neuen <strong>Stahl</strong>legierungen geforscht<br />

und entwickelt: All<strong>ein</strong> 500 der heute in<br />

Europa genormten <strong>Stahl</strong>sorten sind erst seit<br />

maximal fünf Jahren auf dem Markt. Dass<br />

<strong>Stahl</strong>entwicklung <strong>ein</strong> spannender Beruf ist,<br />

zeigt das Portrait von Matthias Frommert<br />

auf S. 56. Er entwickelt Stähle für Rohre,<br />

aus denen Pipelines, Kräne oder Brücken<br />

entstehen. Er gehört damit zu den 5 Millionen<br />

Beschäftigen in Deutschland, die sich<br />

mit der Erforschung und Herstellung von<br />

allen Arten an <strong>Werksto</strong>ffen befassen und<br />

damit <strong>ein</strong>en Umsatz von etwa <strong>ein</strong>er Billion<br />

Euro erzielen.<br />

Dass die <strong>Werksto</strong>ffbranche in Deutschland<br />

<strong>ein</strong>e solche wirtschaftliche Bedeutung hat,<br />

wird in der Öffentlichkeit vielfach nicht<br />

wahrgenommen. Zu dieser Erkenntnis<br />

kommt das Positionspapier der Akademie<br />

der Technikwissenschaften, das sich im<br />

November 2008 mit der Materialwissenschaft<br />

und der <strong>Werksto</strong>fftechnik beschäftigt<br />

hat. Eine direkte Konsequenz aus der nicht<br />

wahrgenommenen Bedeutung ist, dass die<br />

entsprechenden Studiengänge zu wenig<br />

nachgefragt werden. Zusätzlich ist die <strong>Werksto</strong>ffkunde<br />

<strong>ein</strong> Thema, das in der Schule<br />

kaum bis gar nicht vorkommt und so viel zu<br />

wenig in den Blick von Abiturienten bei der<br />

Studienwahl gerät. Die Redaktion der <strong>Junge</strong>n<br />

<strong>Wissenschaft</strong> möchte mit diesem Heft<br />

dazu beitragen, dies zu ändern.<br />

Dr. Sabine Walter,<br />

Mitherausgeberin und Chefredakteurin<br />

der <strong>Junge</strong>n <strong>Wissenschaft</strong><br />

3<br />

Young Researcher<br />

Impressum<br />

Gründungsherausgeber:<br />

Prof. Dr. rer. nat. Paul Dobrinski †<br />

Herausgeber:<br />

Prof. Dr. Manfred Euler,<br />

Dr. Dr. Jens Simon,<br />

Dr.-Ing. Sabine Walter<br />

Verlag:<br />

Verlag <strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong><br />

Athanasios Roussidis<br />

Neuer Zollhof 3, 40221 Düsseldorf<br />

Chefredaktion:<br />

Dr.-Ing. Sabine Walter<br />

s.walter@verlag-jungewissenschaft.de<br />

Redaktion:<br />

Thorsten Kretschmer,<br />

Areti Karathanasi<br />

Ersch<strong>ein</strong>ungsweise:<br />

vierteljährlich<br />

Preis:<br />

30,00 zzgl. Versand für 4 Ausgaben;<br />

Schüler, Studenten, Referendare, Lehrer<br />

zahlen nur 20,00 zzgl. Versand; Einzelpreis:<br />

9,50 <br />

Marketing/Kooperationen:<br />

Thorsten Kretschmer<br />

Telefon (02 11) 38 54 89 12<br />

t.kretschmer@verlag-jungewissenschaft.de<br />

Anzeigen:<br />

André Mayer<br />

Telefon (02 11) 38 54 89 13<br />

Fax (02 11) 38 54 89-29<br />

a.mayer@verlag-jungewissenschaft.de<br />

Grafik & Layout:<br />

Ideenfilter Werbeund<br />

Designagentur GmbH<br />

Neuer Zollhof 3, 40221 Düsseldorf<br />

Antje Bunzel, Stephan Sprick<br />

Bilder:<br />

aboutpixel.de, photocase.de, sxc.hu,<br />

pixelio.de<br />

Druck:<br />

Kandinsky Production House GmbH<br />

www.kandinsky-ph.de<br />

Hamburg und Düsseldorf<br />

Geschäftsbedingungen:<br />

Es gelten die Allgem<strong>ein</strong>en<br />

Geschäftsbedingungen des Verlags<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong>, Athanasios Roussidis<br />

ISSN 0179-8529


Inhalt<br />

4<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 83 // 2009<br />

Weltrekord im Brückenbau –<br />

Das Viadukt von Millau<br />

60<br />

6<br />

Ganz großes Kino auf<br />

der Edelstahlhülle<br />

Dass <strong>Stahl</strong> <strong>ein</strong>er der vielseitigsten <strong>Werksto</strong>ffe ist, beweist das Viadukt<br />

von Millau <strong>ein</strong>drucksvoll: Denn mit <strong>ein</strong>er Länge von 2460 m ist es nicht<br />

nur die längste Schrägseilbrücke der Welt, sondern mit <strong>ein</strong>er Bauhöhe<br />

von 343 m auch höher als der Eiffelturm. Die Bauzeit von 38 Monaten<br />

und die Kosten (ca. 400 Mio. €) sind ebenfalls rekordverdächtig.<br />

Das Leverkusener Bayer-Hochhaus wird<br />

zur größten Medienfassade der Welt<br />

umgebaut und mit 5,6 Millionen LED-<br />

Leuchten bestückt – <strong>ein</strong>geflochten in <strong>ein</strong><br />

witterungsbeständiges Edelstahlgewebe.<br />

Editorial 3<br />

Inhalt 4 – 5<br />

Neues 6 – 10<br />

Ganz großes Kino auf der<br />

Edelstahlhülle 6<br />

Haarnadel im Beton 7<br />

Pflaster für den <strong>Werksto</strong>ff 7<br />

Mit der Nanotomographie das<br />

Innere erforschen 8<br />

Humane Stammzellen wachsen<br />

auf Textilimplantaten 8<br />

Krautkrämer-Wagner verabschiedet<br />

sich von Jugend forscht 10<br />

Magazin I 11 – 17<br />

„Wir suchen die Forscher<br />

von morgen!“ 11<br />

Sprungbrett für <strong>ein</strong>e<br />

erfolgreiche Karriere 13<br />

Interview mit<br />

Melanie Bonnekessel 15<br />

MINT 16<br />

Wie aus Jungforschern<br />

junge <strong>Wissenschaft</strong>ler werden 17<br />

Magazin II 56 – 74<br />

„Das lernen Sie alles<br />

an der Uni!“ 56<br />

Interview mit<br />

Matthias Niemeyer 58<br />

Weltrekord im Brückenbau-<br />

Viadukt von Millau 60<br />

Studium & Beruf:<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften und<br />

Materialwissenschaft 62<br />

Von der Vorlesung in die<br />

Konstruktion 68<br />

Hightech-Materialien für<br />

die Zukunft – Hochschulportrait<br />

TU Bergakademie Freiberg 70<br />

Buchrezensionen 73<br />

Jugend forscht 18 – 55<br />

Gebäude im Tsunamistrudel<br />

Modellversuche zu Tsunamitauglichen<br />

Hausformen 18<br />

Mindestens 17 müssen es s<strong>ein</strong><br />

Untersuchungen zur <strong>ein</strong>deutigen<br />

Lösbarkeit von Sudokus 24<br />

Organe aus dem Spinnennetz<br />

Spinnenseide als Zellgerüst für<br />

in-vitro Organe 32<br />

Widerstand zwecklos<br />

Die makroskopische Wellenfunktion<br />

als Grundlage der Theorie von<br />

Supraleitung und Suprafluidität 38<br />

Wenn sich das Gehirn<br />

selbst betrachtet<br />

Bau <strong>ein</strong>es kostengünstigen und<br />

kompakten Elektroenzephalografen<br />

mit visueller und auditiver<br />

Feedbackfunktion 44


Gebäude im<br />

Tsunamistrudel<br />

In <strong>ein</strong>em selbstgebauten Wellenbecken<br />

wurden Modell-Tsunamis ausgelöst und<br />

untersucht, welche Auswirkungen die<br />

anrollende Welle auf verschiedene Häuser<br />

am Ufer hat.<br />

Autor: Frederic Folz<br />

18<br />

Inhalt<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> –<br />

Jugend forscht in Natur<br />

und Technik<br />

5<br />

Mindestens 17 müssen<br />

es s<strong>ein</strong><br />

24<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> veröffentlicht Originalbeiträge<br />

junger Autoren bis zum Alter von<br />

23 Jahren mit anspruchsvollen Themen aus<br />

allen Bereichen der Naturwissenschaften<br />

und Technik.<br />

Nun ist es mathematisch exakt bewiesen:<br />

Ein Sudoku muss zu Anfang mindestens<br />

17 Zahlen enthalten, damit es <strong>ein</strong>deutig<br />

lösbar ist.<br />

Autorin: Ariane Papke<br />

Gründungsherausgeber:<br />

Prof. Dr. rer. nat. Paul Dobrinski †<br />

Herausgeber:<br />

Prof. Dr. Manfred Euler<br />

Dr. Dr. Jens Simon<br />

Dr.-Ing. Sabine Walter<br />

Organe aus dem<br />

Spinnennetz<br />

32<br />

Beirat:<br />

Dr. J. Georg Bednorz<br />

Nobelpreisträger<br />

IBM Research Division<br />

Forschungslaboratorium Zürich<br />

Um aus Zellen außerhalb des Körpers<br />

Organe wachsen zu lassen, werden Zellgerüste<br />

benötigt. Untersuchungen zeigen,<br />

dass sich hierfür die Spinnenseide der<br />

Radnetzspinne eignet.<br />

Prof. Dr. rer. nat. Dr. h. c.<br />

Manfred Eigen<br />

Nobelpreisträger,<br />

Max-Planck-Institut für<br />

Biophysikalische Chemie,<br />

Göttingen<br />

Autoren: Janina Otto, Gesine Scharf<br />

Prof. Dr. Gerhard Ertl<br />

Nobelpreisträger<br />

Fritz-Haber-Institut der<br />

Max-Planck-Gesellschaft, Berlin<br />

Widerstand zwecklos<br />

Die Theorie der Supraleiter ist auch heute<br />

noch <strong>ein</strong>e Herausforderung. Einen ungewöhnlichen<br />

Zugang über die Quantenmechanik<br />

zeigt diese Arbeit.<br />

Autor: Philip Schmidt<br />

38<br />

Prof. Dr. Ernst O. Göbel<br />

Präsident der Physikalisch-<br />

Technischen Bundesanstalt,<br />

Braunschweig und Berlin<br />

Dr. Uwe Groth<br />

Dr. Groth und Partner<br />

Unternehmensberatung<br />

VDI Projektleitung<br />

„Jugend entdeckt Technik“<br />

Wenn sich das Gehirn<br />

selbst betrachtet<br />

Das Hirnstrommessgerät (Elektroenzephalograf)<br />

gibt Auskunft über die<br />

Hirnaktivitäten des Probanden. Im Einsatz<br />

kann dann über die Feedbackfunktion<br />

<strong>ein</strong> echter Entspannungszustand erreicht<br />

werden.<br />

Autor: Alexander von Lühmann<br />

44<br />

Prof. Dr. Elke Hartmann<br />

Universität Halle<br />

VDI Bereichsvorstand<br />

„Technik und Bildung“<br />

Dr. Jörg F. Maas<br />

Geschäftsführer der Stiftung<br />

„Jugend forscht“ e. V.,<br />

Hamburg<br />

Prof. Dr. Bernd Ralle<br />

Schriftführer der Zeitschrift MNU,<br />

Fachbereich Chemie,<br />

Universität Dortmund<br />

Wolfgang Scheunemann<br />

Geschäftsführer der dokeo GmbH,<br />

Stuttgart


Neues<br />

6<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

<strong>Stahl</strong>anwendung<br />

Ganz großes Kino auf der Edelstahlhülle<br />

Das Leverkusener Bayer-Hochhaus wird zur größten Medienfassade der Welt umgebaut und mit<br />

5,6 Millionen LED-Leuchten bestückt - <strong>ein</strong>geflochten in <strong>ein</strong> witterungsbeständiges Edelstahlgewebe.<br />

Jeder, der schon <strong>ein</strong>mal auf der Autobahn<br />

von Düsseldorf nach Köln unterwegs<br />

war, kennt das Bayer-Kreuz. Im<br />

Herbst dieses Jahres erhält es nun <strong>ein</strong><br />

dynamisches Pendant: Die Bayer AG<br />

verwandelt das nicht mehr genutzte<br />

Hochhaus der Konzernzentrale in die<br />

größte Medienfassade der Welt. Von<br />

<strong>ein</strong>em Zentralrechner gesteuert, lassen<br />

sich künftig sogar Filme auf der Hochhauswand<br />

abspielen.<br />

Das 122 Meter hohe Gebäude wurde<br />

1963 im Stil der Zeit als Hochhausscheibe<br />

errichtet. Zunächst sollte es abgerissen<br />

werden. Dann aber entschloss<br />

sich das Unternehmen, die voll intakte<br />

<strong>Stahl</strong>skelettkonstruktion auf ungewöhnliche<br />

Weise weiter zu nutzen: Das bis auf<br />

s<strong>ein</strong> Tragwerk entkernte Gebäude wird<br />

rundum mit <strong>ein</strong>em filigranen Edelstahl-<br />

Gewebe bespannt, in das 5,6 Millionen<br />

LED-Leuchten <strong>ein</strong>gelassen sind. Das<br />

wetterfeste Material bedeckt <strong>ein</strong>e Fläche<br />

von 17.500 Quadratmetern. „Auf ihr<br />

wird man beispielsweise <strong>ein</strong> Bayer-<br />

Kreuz sehen, das um das Gebäude<br />

herum zu fliegen sch<strong>ein</strong>t“, beschreibt<br />

Roland Ellmann die visuelle Wirkung.<br />

Das Geheimnis dieser technischen<br />

Meisterleistung ist <strong>ein</strong> kunstvoll verarbeitetes<br />

Edelstahl-Gewebe. Vier Fünftel<br />

des Gebäudes werden mit <strong>ein</strong>em<br />

Metallgewebe bespannt, das von LED<br />

Dioden beleuchtet wird. Dadurch<br />

wird <strong>ein</strong>e großflächige indirekte und<br />

tiefgründige Leuchtwirkung erzeugt.<br />

In diese Gesamtfläche wurden im<br />

Zentrum der beiden Hauptfassaden<br />

zwei lichtstarke Bildfelder <strong>ein</strong>gebettet,<br />

jeweils 40 mal 40 Meter groß.<br />

In diesen Feldern sind die Dioden<br />

wasserdicht versiegelt und sitzen in<br />

nach vorne geöffneten Profilen. Sie<br />

sind somit direkt zu sehen. Dies wird<br />

so hell s<strong>ein</strong>, dass das neue Bayer-Kreuz<br />

auch tagsüber noch in fünf Kilometer<br />

Entfernung gut zu erkennen s<strong>ein</strong> wird.<br />

Nach der vollständigen Freilegung s<strong>ein</strong>es konstruktiven<br />

Kerns wird das Bayer-Hochhaus rundum mit<br />

Edelstahlgewebe bespannt.<br />

(Quelle: <strong>Stahl</strong>-Informations-Zentrum / Bayer AG)<br />

Das Edelstahlgewebe Mediamesh: Als Träger der Dioden dienen U-förmige Profile, die in das Gewebe <strong>ein</strong>gefügt sind.<br />

(Quelle: <strong>Stahl</strong>-Informations-Zentrum / GKD Gebr. Kufferath AG / ag4 media facade GmbH)


Neues<br />

Die besondere Nachricht:<br />

Haarnadeln im Beton<br />

7<br />

7<br />

Die spinnen, die Römer, beliebt der dicke Gallier,<br />

der gar nicht dick ist, mitunter zu sagen. rumliegen und deren Einbau genauestens von<br />

sperrigen Gitter, die immer auf Baustellen he-<br />

Ob das nun stimmt oder nicht: Die Römer waren<br />

in jedem Fall echte Experten im Betonbau:<br />

Ingenieuren kontrolliert werden muss.<br />

Das Pantheon, Aquädukte und Abwasserkanäle<br />

haben sie aus dem grauen Material gefernadelgroße<br />

<strong>Stahl</strong>fasern, die dem Beton zuge-<br />

Statt sperriger Gitter tun es aber auch haartigt.<br />

Das Rezept dafür hätte auch Miraculix mischt werden. Das hat die Braunschweiger<br />

im Nu zusammengemischt: Man nehme zwei Forscherin Anja Riese der Technischen Universität<br />

vor <strong>ein</strong>igen Jahren herausgefunden<br />

Teile Kalk und Ton, <strong>ein</strong>en Teil St<strong>ein</strong>brocken<br />

oder Kies und rühre es gründlich durch. Etwas und aus diesem „<strong>Stahl</strong>faserbeton“ ganze<br />

Wasser, trocknen lassen und fertig.<br />

Wohnhausdecken gefertigt. Weil die belastbar<br />

waren wie Hinkelst<strong>ein</strong>e und <strong>ein</strong>fach aufzubringen,<br />

haben sie sich in der Praxis längst<br />

Um Beton noch stabiler zu machen, wird er seit<br />

über 100 Jahren mit Moniereisen, also Bewehrungsstahl,<br />

verstärkt. Das sind diese<br />

bewährt.<br />

rostigen<br />

Haarnadeln im Beton Obelix würde sagen:<br />

Die spinnen, die Ingenieure. Also höchste Zeit<br />

für <strong>ein</strong>en klärenden Band „Asterix und der<br />

<strong>Stahl</strong>faserbetonmix“.<br />

Andrea Hoferichter<br />

(Dieser Text ist entnommen aus „Das Murmeltierbuch<br />

– und täglich grüßt die <strong>Wissenschaft</strong>“<br />

mit freundlicher Genehmigung<br />

des Joh. H<strong>ein</strong>r. Meyer Verlags in Braunschweig)<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> Young Researcher<br />

84 // 2009<br />

<strong>Werksto</strong>ff-Forschung<br />

Pflaster für den <strong>Werksto</strong>ff<br />

Der Traum der Ingenieure von selbstheilenden Oberflächen rückt <strong>ein</strong> Stück näher: Forscher haben <strong>ein</strong>e<br />

galvanische Schicht hergestellt, in der nanometerkl<strong>ein</strong>e Kapseln stecken. Wird die Schicht verletzt,<br />

geben die Kapseln Flüssigkeit frei und reparieren den Kratzer.<br />

Die menschliche Haut ist <strong>ein</strong> Phänomen:<br />

Kl<strong>ein</strong>e Kratzer und Schnitte heilen schnell<br />

ab, schon nach wenigen Tagen ist nichts<br />

mehr von der Schramme zu erkennen.<br />

Anders bei <strong>Werksto</strong>ffen, etwa Metallen:<br />

Hat die galvanische Schicht, die Metalle<br />

vor Korrosion schützt, <strong>ein</strong>en Kratzer, ist<br />

der Rostschutz dahin. Ingenieure arbeiten<br />

daran, den Selbstheilungseffekt der Haut<br />

auf <strong>Werksto</strong>ffe zu übertragen: In die galvanische<br />

Schicht werden flüssigkeitsgefüllte<br />

Kügelchen mit <strong>ein</strong>gebracht und gleichmäßig<br />

verteilt wie Rosinen in <strong>ein</strong>em Kuchen.<br />

Wird die Oberfläche beschädigt, platzen<br />

die an dieser Stelle liegenden Kügelchen<br />

auf, die Flüssigkeit läuft heraus und „repariert“<br />

den Kratzer. Bisher scheiterten solche<br />

Vorhaben an der Größe der Kügelchen:<br />

Sie waren mit 10 bis 15 Mikrometern zu<br />

groß für die etwa 20 Mikrometer dicken<br />

galvanischen Schichten - die Kapseln veränderten<br />

die mechanischen Eigenschaften<br />

der Schicht.<br />

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik<br />

und Automatisierung<br />

IPA in Stuttgart haben mit ihren Kollegen<br />

der Universität Duisburg-Essen nun <strong>ein</strong><br />

Verfahren entwickelt, galvanische Schichten<br />

mit Nano-Kapseln herzustellen.<br />

Der Durchmesser der Kapseln beträgt nur<br />

<strong>ein</strong>ige hundert Nanometer, also fast <strong>ein</strong>e<br />

Größenordnung kl<strong>ein</strong>er als bisher. „Die<br />

Herausforderung liegt darin, die Kapseln<br />

beim Herstellen der galvanischen<br />

Schicht nicht zu beschädigen“,<br />

sagt Dr. Martin Metzner, Abteilungsleiter<br />

beim IPA. „Denn je<br />

kl<strong>ein</strong>er die Kapseln, desto dünner<br />

und empfindlicher wird auch ihre<br />

Hülle.<br />

Die Elektrolyte, die man für diese<br />

galvanotechnischen Prozesse<br />

verwendet, sind chemisch recht<br />

aggressiv und können die Kapseln<br />

leicht zerstören.“ Die Forscher<br />

mussten daher das Material der<br />

Kapselhülle und die verwendeten<br />

Elektrolyte auf<strong>ein</strong>ander abstimmen.<br />

Bis ganze Bauteile beschichtet<br />

werden können, dauert es nach<br />

Einschätzung des Experten noch <strong>ein</strong><strong>ein</strong>halb<br />

bis zwei Jahre. Komplexere Systeme<br />

sollen folgen - etwa verschieden gefüllte<br />

Kapseln, deren Flüssigkeiten mit<strong>ein</strong>ander<br />

reagieren wie <strong>ein</strong> Zwei-Komponenten-<br />

Kleber.<br />

Die Nanokapseln in der galvanischen Schicht enthalten<br />

<strong>ein</strong>e Flüssigkeit. Wird die Schicht zerkratzt, platzen die<br />

Kapseln auf, die Flüssigkeit tritt aus und repariert den<br />

Kratzer. (Quelle: Fraunhofer IPA)


Neues<br />

Neues<br />

8<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

<strong>Werksto</strong>ff-Forschung<br />

Mit der Nanotomographie das Innere erforschen<br />

Um <strong>Werksto</strong>ffe zu verbessern, müssen Aufbau und Zusammensetzung möglichst genau bekannt<br />

s<strong>ein</strong>. Mit der neu entwickelten Nanotomographie können Strukturen dreidimensional bis auf atomare<br />

Ebene hinab sichtbar gemacht werden.<br />

Bei der Nanotomographie wird die Probe<br />

schichtweise durch <strong>ein</strong>en sehr präzisen<br />

Ionenstrahl abgetragen und die freigelegte<br />

Oberfläche mittels <strong>ein</strong>es Rasterelektronenmikroskops<br />

abgebildet. Die so erfassten<br />

Professor Frank Mücklich macht das Innere von<br />

Materialien sichtbar (Quelle: bellhäuser - das bilderwerk)<br />

Bildserien werden anschließend im Computer<br />

wieder zum exakten räumlichen Abbild<br />

zusammengefügt. Durch die extrem<br />

hohe Auflösung der Nanotomographie<br />

und der unterschiedlichen Kontrastverfahren<br />

können die Materialforscher damit<br />

nicht nur chemisch analysieren, welche<br />

Atome enthalten sind, sondern sie können<br />

auch veranschaulichen, welche Gitterstruktur<br />

die Kristalle des Materials haben<br />

und welche Nanostrukturen daraus geformt<br />

wurden.<br />

Bisher wussten die Entwickler bei vielen<br />

Materialien oft nicht genau, welche Substanz<br />

<strong>ein</strong>e gewünschte Eigenschaft ausgelöst<br />

hat. Zum Beispiel im Motorenbau: In<br />

hochwertigen Autos werden heute Motorblöcke<br />

aus Aluminium <strong>ein</strong>gebaut, um die<br />

Fahrzeuge leichter zu machen. Aluminium<br />

ist jedoch <strong>ein</strong> sehr weiches Material,<br />

das erst durch die Zugabe von Silizium<br />

fester wird. Das Silizium breitet sich im<br />

Aluminium in Form <strong>ein</strong>es extrem f<strong>ein</strong>en<br />

„Silizium-Dickichtes“ aus. Ob dieses f<strong>ein</strong>maschige<br />

Netzwerk gleichmäßig wird und<br />

damit auch das Aluminium <strong>ein</strong>e gleichförmige<br />

Struktur erhält, hängt von ganz wenigen<br />

Atomen <strong>ein</strong>es weiteren Stoffes dem<br />

Strontium, ab.<br />

Welche Rolle dieser Zusatzstoff genau<br />

spielt, haben jetzt Frank Mücklich und<br />

s<strong>ein</strong> Team von der Universität des Saarlandes<br />

mit Hilfe der Nano-Tomographie<br />

und <strong>ein</strong>er speziellen Sonde entschlüsselt.<br />

„All<strong>ein</strong> die Zugabe von <strong>ein</strong>igen Millionstel<br />

Anteilen Strontium verändert das dreidimensionale<br />

Siliziumnetzwerk völlig und<br />

macht am Ende den Motorblock wesentlich<br />

fester“, erläutert der Saarbrücker Materialforscher.<br />

Medizin<br />

Humane Stammzellen wachsen auf Textilimplantat<br />

Zerstörtes Gewebe durch körpereigene Zellen zu ersetzen, diese Vision verfolgen Forscher des Institutes<br />

für Biotechnologie an der Universität Hohenheim.<br />

Stammzellen gelten als große Hoffnungsträger<br />

in der Medizin, da sie die Fähigkeit<br />

besitzen, sich in die verschiedensten Zelltypen<br />

umzuwandeln. Diese Eigenschaft<br />

macht sie besonders interessant zur Wiederherstellung<br />

von irreversibel geschädigtem<br />

Gewebe. Forschern des Instituts<br />

für Hygiene und Biotechnologie (IHB)<br />

an den Hohenst<strong>ein</strong> Instituten ist nun <strong>ein</strong>e<br />

optimierte Textilbeschichtung gelungen,<br />

mit deren Hilfe sich adulte menschliche<br />

Stammzellen auf der Faseroberfläche von<br />

Textilimplantaten ansiedeln. Hierzu wurde<br />

<strong>ein</strong>e Molekularschicht aus natürlichen<br />

Biomaterialien der menschlichen Extrazellularmatrix<br />

entwickelt. Die Besiedlung mit<br />

körpereigenen Stammzellen des Patienten<br />

erlaubt die Platzierung der kl<strong>ein</strong>en Alleskönner<br />

direkt am geschädigten Gewebe.<br />

Durch Zugabe bestimmter Faktoren können<br />

so zum Beispiel neue Herzmuskelzellen<br />

entstehen, die dann die durch <strong>ein</strong>en<br />

Infarkt zerstörten Bereiche des Herzens<br />

ersetzen.<br />

„Das ist <strong>ein</strong> erster Erfolg in Richtung<br />

textiler Stammzelltherapie. Wir müssen<br />

Die Zellkerne, der angesiedelten Stammzellen<br />

sch<strong>ein</strong>en im Fluoreszenzmikroskop blau, das<br />

Zellgerüst aus Textilfasern rot.<br />

jedoch noch die Besiedlung der Fasern<br />

mit den Stammzellen - also die Interaktion<br />

- besser verstehen,“ stellt der Leiter<br />

des IHB, Prof. Dr. Dirk Höfer fest. Die<br />

von den <strong>Wissenschaft</strong>lern verwendeten<br />

mesenchymalen Stammzellen sind multipotent,<br />

d.h. sie können sich zum Beispiel<br />

in Herzmuskel-, Knochen-, oder Knorpelzellen<br />

umwandeln. Die Ansiedlung von<br />

Stammzellen auf <strong>ein</strong>em Textil eröffnet für<br />

die Regenerationsmedizin weit reichende<br />

therapeutische Möglichkeiten. Textilimplantate<br />

werden bei Operationen häufig<br />

<strong>ein</strong>gesetzt, um verletztes Gewebe zu stabilisieren.<br />

So gibt es z. B. Herz-Patches aus<br />

Biomaterialien, die bei Herz-Operationen<br />

auf das geschädigte Herz aufgebracht werden.<br />

Diese Materialien werden dann nach<br />

<strong>ein</strong>er gewissen Zeit vom Körper des Patienten<br />

abgebaut.


Neues<br />

9<br />

Young Researcher


Jugend forscht<br />

32<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Janina Otto* 1990<br />

Gesine Scharf* 1989<br />

Garbsen<br />

Schule:<br />

Geschwister-Scholl-Gymnasium<br />

Garbsen<br />

Eingang der Arbeit:<br />

September 2008<br />

Zur Veröffentlichung angenommen:<br />

November 2008<br />

Organe aus dem Spinnenetz<br />

Spinnenseide als Zellgerüst für in-vitro Organe<br />

Ein großes Problem der heutigen Transplantationsmedizin stellt die begrenzte Verfügbarkeit an geeigneten<br />

Spenderorganen dar, weshalb zurzeit viele <strong>Wissenschaft</strong>ler an <strong>ein</strong>er in vitro Erzeugung von<br />

Organen arbeiten. Dazu müssen Zellen auf <strong>ein</strong>er Trägerstruktur gezielt anwachsen, um <strong>ein</strong>en Funktionskomplex<br />

in der gewünschten Form zu bilden. In unseren Experimenten haben wir untersucht, ob<br />

sich die Spinnenseide der Nephila Clavipes als Trägerstruktur eignet.<br />

Glossar<br />

Adhärente Zellen<br />

Zellen, die am Boden siedeln und deshalb mit<br />

Medium bedeckt s<strong>ein</strong> müssen.<br />

Monolayer<br />

Zellen, die nur <strong>ein</strong>lagig – also nicht über<strong>ein</strong>ander,<br />

wie z. B. Tumorzellen – wachsen.<br />

Maximale Konfluenz erreicht haben<br />

den Platz, der zur Besiedelung zur Verfügung<br />

steht, vollständig besiedelt haben<br />

PBS<br />

phosphathaltige Salzlösung mit physiologischen<br />

Salzkonzentrationen und pH<br />

Arachnophobie<br />

Angst vor Spinnen<br />

Kontaminierung<br />

Verunr<strong>ein</strong>igung <strong>ein</strong>er Zellkultur durch z. B.<br />

Mikroorganismen<br />

Hämostase<br />

Blutgerinnung<br />

1 Einleitung<br />

Schon seit über 50 Jahren gibt es Methoden,<br />

Zellen aus tierischen oder menschlichen<br />

Gewebe- und Organteilen zu<br />

isolieren und unter Kulturbedingungen<br />

am Leben zu erhalten. Dazu werden<br />

die Zellen meist mit nährstoffhaltigem<br />

Medium in <strong>ein</strong>er Kulturschale gefüttert,<br />

um <strong>ein</strong>e möglichst schnelle Zellvermehrung<br />

zu erhalten. Auf diese Weise<br />

lassen sich Zellen in beliebiger Menge<br />

gewinnen. Im Verlauf der Zellkultivierung<br />

stellt man jedoch häufig fest, dass<br />

sich die Zellen in der Kulturschale zwar<br />

vermehrt haben, viele spezifische Eigenschaften<br />

jedoch durch die Isolation<br />

von ihrem ursprünglichen, dreidimensionalen<br />

Gewebe verloren haben. Um<br />

dieser Veränderung entgegenzuwirken,<br />

gibt man heute spezielle Wachstumsfaktoren,<br />

Hormone und Ionen in das<br />

Nährmedium. Die Zusammensetzung<br />

dieser Zusätze entspricht der natürlichen<br />

Zellumgebung im Körper jedoch immer<br />

nur annäherungsweise. Außerdem lassen<br />

sich die Zellen nicht gezielt ansiedeln,<br />

sondern wachsen unkontrolliert in der<br />

Kulturschale. Es sch<strong>ein</strong>t also unmöglich,<br />

die Zellen in <strong>ein</strong>e definierte Form zu<br />

bringen, geschweige denn <strong>ein</strong> komplexes<br />

Organ aufzubauen. Daher lassen sich mit<br />

der bisher angewandten Technik in den<br />

konventionellen Kulturgefäßen k<strong>ein</strong>e<br />

funktionellen Gewebe herstellen.<br />

Ein großes Problem in der Transplantationsmedizin<br />

ist der Mangel an Spenderorganen.<br />

So sterben viele Patienten,<br />

da k<strong>ein</strong> passendes Spenderorgan zur


Jugend forscht<br />

Verfügung steht. Um dieses Problem zu<br />

beheben, forschen viele <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

mit Hochdruck an der Herstellung von<br />

künstlichem Gewebe.<br />

Ein viel versprechendes Forschungsgebiet<br />

in der Medizintechnik stellt das<br />

so genannte „Tissue Engineering“ dar,<br />

was etwa mit „Gewebe-Konstruktion“<br />

zu übersetzen ist. Die Idee ist, Gewebe<br />

oder sogar ganze Organe in <strong>ein</strong>em Labor<br />

zu züchten, um diese anschließend<br />

dem Patienten implantieren zu können.<br />

Durch die Verwendung von patienteneigenen<br />

Zellen ließe sich dabei nicht nur<br />

die Problematik der Spenderlimitierung,<br />

sondern auch die der immunologischen<br />

Abstoßung durch den Empfänger verhindern,<br />

die bislang bei <strong>ein</strong>er Fremdverpflanzung<br />

von Organen durch <strong>ein</strong>e<br />

massive Medikation <strong>ein</strong>gedämmt werden<br />

muss.<br />

Um die Vision von in vitro hergestellten<br />

Organen verwirklichen zu können,<br />

benötigt man also zunächst <strong>ein</strong> dreidimensionales<br />

Zellgerüst, auf dem sich die<br />

Zellen ansiedeln und vermehren können<br />

und welches im Körper verträglich ist<br />

und k<strong>ein</strong>e Immunreaktionen hervorruft.<br />

In der von uns durchgeführten Versuchsreihe<br />

haben wir uns mit der Eignung<br />

von Spinnenseide als Material für <strong>ein</strong><br />

Zellgerüst beschäftigt, da Spinnenseide<br />

vom Körper nicht abgestoßen wird und<br />

durchaus gut von Säugetierorganismen<br />

aufgenommen wird, wie Versuche der<br />

Medizinischen Hochschule Hannover<br />

zeigten.<br />

2 Künstliches Gewebe und Trägerstrukturen<br />

2.1 Gewinnung von künstlichem Gewebe<br />

Um Organe in vitro erzeugen zu können,<br />

benötigt man Gewebe, da dieses die<br />

Grundstruktur für jedes Organ darstellt.<br />

Gewebe besteht aus Zellen, die sich zu<br />

<strong>ein</strong>em Funktionskomplex zusammenschließen.<br />

Im Körper findet der Prozess<br />

der Gewebsbildung auf natürliche Weise<br />

ständig statt. Zur in-vitro-Kultivierung<br />

von Gewebe müssen bestimmte Bedingungen<br />

herrschen, damit die Zellen nicht<br />

absterben.<br />

Voraussetzung für <strong>ein</strong>e in-vitro-Kultivierung<br />

ist <strong>ein</strong>e sterile Umgebung. Die Zellen<br />

kontaminieren schon beim Kontakt<br />

mit gewöhnlicher Raumluft und sterben,<br />

da diese Mikroorganismen enthält. Man<br />

sollte den Zellen deshalb in <strong>ein</strong>em verschließbaren<br />

Kulturgefäß <strong>ein</strong>en Lebensraum<br />

schaffen und sie nie mit kontaminierten<br />

Gegenständen oder ungefilterter<br />

Luft in Kontakt bringen. Andere Bedingungen<br />

kann man in <strong>ein</strong>em Brutschrank<br />

zum Teil imitieren. Dieser begast die Zellen<br />

kontinuierlich mit stark CO 2 – haltiger<br />

Luft und sorgt für <strong>ein</strong>e konstante<br />

Temperatur von etwa 37°C. Das ist notwendig,<br />

weil die Zellen des angestrebten<br />

Gewebes aus Säugetierorganismen stammen<br />

und daher Körpertemperatur benötigen.<br />

Sie sind auf <strong>ein</strong>en physiologischen<br />

pH-Wert angewiesen, der durch die<br />

CO 2 -Begasung <strong>ein</strong>gestellt wird.<br />

Doch auch hier treten Probleme bei<br />

der Kultivierung auf, beispielsweise die<br />

Versorgung der Zellen mit Nährstoffen<br />

und das Bereitstellen von ausreichendem<br />

Platz. Im Organismus werden die Zellen<br />

über aktive Stoffkreisläufe mit Nährstoffen<br />

versorgt. In den Kulturschalen<br />

müssen die Nährstoffe manuell hinzugefügt<br />

werden. Das Bereitstellen des Platzes<br />

ist im Brutschrank allerdings problematisch,<br />

da für sich unbegrenzt vermehrende<br />

Zelllinien in k<strong>ein</strong>em Gefäß dauerhaft<br />

genügend Raum zur Verfügung gestellt<br />

werden kann. Man unterscheidet zwischen<br />

adhärenten Zellen und Zellen, die<br />

in Suspension wachsen. In beiden Fällen<br />

dürfen die Zellpopulationen nicht zu<br />

dicht werden, dies ist<br />

jedoch insbesondere<br />

bei adhärenten Zellen<br />

der Fall, da sie Monolayer<br />

sind und so k<strong>ein</strong>en<br />

Platz für weitere Zellteilungen<br />

haben, wenn<br />

sie den Boden komplett<br />

bedecken. Diese<br />

Zellen müssen dann<br />

auf neue Kulturgefäße<br />

aufgeteilt werden.<br />

Wenn die Zellen ihre<br />

maximale Konfluenz<br />

erreicht haben, fangen<br />

sie an abzusterben. Aus<br />

diesem Grund muss<br />

man die Zellen alle 2-3<br />

Tage umsetzen (passagieren).<br />

Dazu löst man<br />

die Zellen zuerst enzymatisch<br />

vom Boden<br />

ab und setzt <strong>ein</strong>en Teil<br />

von ihnen in <strong>ein</strong>e neue<br />

Kulturflasche. Die restlichen<br />

Zellen werden verworfen. Wenn<br />

man die Zellen regelmäßig umsetzt, hält<br />

man sie zusätzlich in <strong>ein</strong>er günstigen<br />

Wachstumsphase.<br />

Forscher sind also bereits in der Lage,<br />

Gewebe künstlich zu erzeugen. Doch<br />

<strong>ein</strong> Organ ist <strong>ein</strong>e komplexe, räumliche<br />

Struktur. Um das Gewebe in <strong>ein</strong>e solch<br />

vielschichtige Form zu bringen, benötigt<br />

man <strong>ein</strong>e Trägerstruktur, auf der die Zellen<br />

wachsen.<br />

2.2 Trägerstrukturen<br />

Trägerstrukturen (auch Scaffolds genannt)<br />

sollen von Zellen besiedelt werden.<br />

Um <strong>ein</strong> Organ aufzubauen, sind<br />

Trägerstrukturen unerlässlich, da die Zellen<br />

sich auf <strong>ein</strong>em vorhandenen Material<br />

ansiedeln müssen und ohne Vorgabe nur<br />

sehr begrenzt in der Lage sind, selbst<br />

dreidimensionale Strukturen zu erstellen.<br />

Die Trägerstrukturen dienen also als <strong>ein</strong>e<br />

Art Baugerüst und geben so die angestrebte<br />

Form vor.<br />

Die Zellen können, sobald das Organ<br />

transplantierfähig ist, nicht gezielt von<br />

der Trägerstruktur entfernt werden. Eine<br />

enzymatische Ablösung durch Trypsin<br />

beispielsweise würde das gesamte Organ<br />

zerstören, da Trypsin alle Zellverbände<br />

auflösen würde. Um dieses Problem zu<br />

vermeiden, wäre es von großem Vorteil,<br />

wenn das Organ mit der Trägerstruktur<br />

transplantiert werden könnte. Das<br />

bedeutet, dass zum Beispiel Glas <strong>ein</strong>e<br />

Abb. 1: Beim Elektrospinning wird <strong>ein</strong>e Polymerlösung über <strong>ein</strong>e Kapillardüse<br />

zu <strong>ein</strong>em Faden in Nanogröße verarbeitet. Dabei dient die Düse<br />

als Elektrode, von der aus die Flüssigkeit durch elektrische Kraft zur Gegenelektrode<br />

gezogen wird<br />

33<br />

Young Researcher


Jugend forscht<br />

34<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

ungeeignete Struktur wäre, da es zwar<br />

von den meisten Zelllinien bevorzugt<br />

besiedelt wird, den Körper des Organempfängers<br />

jedoch kontaminieren und<br />

höchstwahrsch<strong>ein</strong>lich zum Tod führen<br />

würde.<br />

In Hannover arbeiten <strong>Wissenschaft</strong>ler an<br />

der Herstellung von Trägerstrukturen mit<br />

der Methode des Elektrospinnings. Dabei<br />

wird zwischen zwei Elektroden <strong>ein</strong>e<br />

hohe Spannung angelegt. Eine Polymerlösung<br />

kann durch <strong>ein</strong>e Düse aus ihrem<br />

Behältnis austreten. Die Düse stellt die<br />

<strong>ein</strong>e Elektrode dar, <strong>ein</strong>e Platte unter der<br />

Fasermatte die Gegenelektrode (Abb. 1).<br />

Durch die hohe Spannung wird die Polymerlösung<br />

nun in extrem dünnen Fäden<br />

durch die Düse gepresst und lagert sich<br />

auf der Fasermatte ab. Diese strukturierte<br />

Fasermatte eignet sich besonders gut für<br />

die Besiedlung mit Zellen. Mit Hilfe des<br />

Elektrospinnings können auch räumliche<br />

Fasermatten strukturiert werden, sodass<br />

anschließend Zellen darauf wachsen. Allerdings<br />

ist es nur schwer möglich, <strong>ein</strong>e<br />

strukturierte Matte aus Polymerfasern in<br />

<strong>ein</strong>en Organismus zu transplantieren, da<br />

dieser den Fremdkörper eventuell als solchen<br />

erkennen und abstoßen könnte.<br />

In der Natur werden vor allem von<br />

Spinnen vergleichbar dünne Fäden<br />

produziert. Im Verlauf unserer Arbeit<br />

haben wir uns mit den Eigenschaften<br />

von Spinnenseide der Nephila clavipes<br />

befasst.<br />

3 Spinnenseide<br />

3.1 Die Spinnenseide der Nephila clavipes<br />

Wir haben für unseren Versuch die Seide<br />

aus der großen Ampullendrüse der<br />

Radnetzspinne Nephila clavipes benutzt.<br />

Diese Spinnenart ist auf dem amerikanischen<br />

Kontinent zu Hause. Die Anatomie<br />

ihrer Spinndrüsen ist sehr komplex,<br />

da sie sieben verschiedene besitzt, was<br />

typisch für Radnetzspinnen ist. Mit jeder<br />

Drüse kann sie <strong>ein</strong>en Faden mit anderer<br />

Beschaffenheit spinnen, deshalb hat auch<br />

jeder Faden <strong>ein</strong> anderes Aufgabengebiet<br />

(Abb. 2). Die nahezu ausschließlich aus<br />

Prot<strong>ein</strong>en bestehende Seide, die der großen<br />

Ampullendrüse entstammt, gilt aufgrund<br />

ihrer <strong>ein</strong>zigartigen Eigenschaften<br />

nicht nur in der Medizin sondern auch<br />

in der Technik als Material der Zukunft.<br />

Tests ergaben, dass sie mit <strong>ein</strong>er Reißfestigkeit<br />

von 4x10 4 N/mm 2 <strong>ein</strong>e höhere<br />

Reißfestigkeit besitzt als <strong>Stahl</strong>. Dabei ist<br />

sie trotzdem noch sehr elastisch. So kann<br />

sie beispielsweise mit der vom Menschen<br />

„erfundenen“ Faser Kevlar mithalten,<br />

aus der kugelsichere Westen hergestellt<br />

werden, denn Kevlar besitzt dieselbe<br />

Reißfestigkeit, ist allerdings deutlich unelastischer<br />

(vgl. [1]). Doch die Seide der<br />

Nephila clavipes hat auch besonders interessante<br />

medizinische Eigenschaften. Das<br />

Immunsystem identifiziert die Seide im<br />

Körper nicht als „F<strong>ein</strong>d“. Darüber hinaus<br />

besteht Grund zur Annahme, dass sie<br />

<strong>ein</strong>e antibakterielle Wirkung besitzt. (vgl.<br />

[2]) Des Weiteren kleben die benannten<br />

Fäden nicht und sind vergleichsweise<br />

problemlos zu gewinnen.<br />

3.2 Spinnenseide als Trägerstruktur<br />

Die Seide aus der großen Ampullendrüse<br />

der Radnetzspinne Nephila clavipes erschien<br />

uns gerade aufgrund der förderlichen<br />

medizinischen Eigenschaften als<br />

geeignete Trägerstruktur für <strong>ein</strong> Gewebe-<br />

Gerüst. Die antiseptische Wirkung würde<br />

die Heilung bei <strong>ein</strong>er Transplantation<br />

sogar begünstigen. Des Weiteren lassen<br />

sich die Fäden dank ihrer physikalischen<br />

Eigenschaften sehr <strong>ein</strong>fach verarbeiten<br />

beziehungsweise mit Hilfe <strong>ein</strong>es Gerüsts<br />

in der gewünschten Form fixieren.<br />

Sie lassen sich für den Kontakt mit<br />

den Zellen oder später auch mit <strong>ein</strong>em<br />

Abb. 2: Drüse, Seide und ihr Gebrauch bei Radnetzspinnen (Quelle: A. Sponner [1])


Jugend forscht<br />

Organismus sogar in <strong>ein</strong>em Autoklaven<br />

sterilisieren. Dieser arbeitet unter Überdruck<br />

mit Wasserdampf, ohne dass die<br />

Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e denaturieren, da<br />

diese extrem hohen Temperaturen<br />

standhalten.<br />

Ausschlaggebend für die<br />

Wahl der Spinnenseide<br />

der Nephila clavipes war<br />

für uns, dass das Labor<br />

für Experimentelle Plastische<br />

Chirurgie und<br />

Regenerationsbiologie<br />

der Medizinischen Hochschule<br />

Hannover im Besitz<br />

vieler Exemplare der<br />

Nephila clavipes ist und<br />

uns so die Benutzung der<br />

Seide ermöglichen konnte.<br />

In dem Labor konnten<br />

wir nun untersuchen, ob<br />

die Zellen die Spinnenseide<br />

besiedeln, und ob<br />

man sie so dazu bringen<br />

kann nach definierten<br />

Vorgaben zu wachsen.<br />

4 Eigene Versuchsreihe<br />

4.1 Versuchsdurchführung<br />

Um zu überprüfen, ob sich Zellen mit<br />

Hilfe von Spinnenseide gezielt ansiedeln<br />

lassen, konstruieren wir <strong>ein</strong> Zell-Gerüst<br />

aus Spinnenseide. Dieses Gerüst wird<br />

mit Hilfe von in <strong>ein</strong>er Siliconmatte steckenden<br />

Nadeln (Abb. 3) fixiert, die in<br />

Form des Wortes „ZELLE“ angeordnet<br />

sind.<br />

Die Spinnenseide ziehen wir mit Hilfe<br />

<strong>ein</strong>er Spindel aus der großen Ampullendrüse<br />

der Spinne, um sie anschließend<br />

um die Nadeln zu wickeln. In diesem<br />

Vorgang wird die Spinne mit Nadeln<br />

auf <strong>ein</strong>em Schaumstoffblock unter <strong>ein</strong>er<br />

Mullbinde fixiert. Nun kann man unter<br />

Zuhilfenahme <strong>ein</strong>er Pinzette das Fadenende<br />

aus der Drüse ziehen und auf die<br />

Spindel wickeln, wodurch wir anschließend<br />

<strong>ein</strong>en langen Spinnenfaden erhalten.<br />

Wenn wir diesen von der Spindel abnehmen,<br />

ziehen wir die mehrlagige Seide<br />

lang, sodass wir <strong>ein</strong>en Strang erhalten,<br />

den wir dann verzwirbeln. Nun haben<br />

wir <strong>ein</strong>en etwa zwanziglagigen Spinnenseidefaden,<br />

welchen wir um die Nadeln<br />

wickeln können. An Anfang und Ende<br />

<strong>ein</strong>es Buchstabens wird die Seide an die<br />

Nadel geknotet.<br />

Nachdem wir das Gerüst fertig gestellt<br />

haben, müssen die Zellen bzw. <strong>ein</strong><br />

Abb. 3: Das definierte Gerüst besteht aus Nadeln, die auf <strong>ein</strong>er Silikonmatte so angeordnet<br />

sind, dass man das Wort „ZELLE“ aus Spinnenseide schreiben kann, indem<br />

man sie um die Nadeln wickelt.<br />

bestimmter Bestandteil in den Zellen<br />

mit <strong>ein</strong>em Fluoreszenzfarbstoff angefärbt<br />

werden, damit sie später unter <strong>ein</strong>em<br />

Fluoreszenzscanner sichtbar gemacht<br />

werden können. Die Farbe, in der die<br />

Prot<strong>ein</strong>e fluoreszieren, ist abhängig von<br />

dem frei wählbaren Fluoreszenzfarbstoff,<br />

welcher mit dem passenden Antikörper<br />

gekoppelt ist. Im Idealfall würde deshalb<br />

das von uns konstruierte Wort „ZELLE“<br />

in der Farbe des Fluoreszenzfarbstoffs<br />

leuchten, während der Untergrund dunkel<br />

bleiben würde. Damit wäre bewiesen,<br />

dass die Zellen ausschließlich auf der<br />

Spinnenseide gewachsen sind und man<br />

somit den Zellen mit Hilfe von Spinnenseide<br />

vorgeben kann, an welcher Stelle sie<br />

sich ansiedeln sollen. Um sicherzustellen,<br />

dass ausschließlich die Zellen fluoreszieren<br />

und nicht etwa die Spinnenseide,<br />

welche auch zum Großteil aus Prot<strong>ein</strong>en<br />

besteht, färben wir die Zellen bevor<br />

wir sie mit der Spinnenseide in Kontakt<br />

bringen. Dabei ist in Vorversuchen gezeigt<br />

worden, dass Spinnenseide im<br />

sichtbaren Fluoreszenzbereich <strong>ein</strong>e starke<br />

Eigenfluoreszenz aufweist. Daher werden<br />

die gesamten Versuche mit Fluoreszenzfarbstoffen<br />

aus dem Infrarotbereich<br />

durchgeführt. In diesem Fluoreszenzbereich<br />

zeigt die Spinnenseide k<strong>ein</strong>e Eigenfluoreszenz.<br />

So kann das von den Zellen<br />

ausgehende Signal ohne<br />

Verfälschung detektiert<br />

werden.<br />

Die Zellen liegen uns in<br />

<strong>ein</strong>er Kulturschale mit<br />

Nährmedium vor. Da die<br />

benutzte Zelllinie (3T3<br />

Flip-in, Mäusefibroblasten)<br />

<strong>ein</strong>e adhärente<br />

Zelllinie ist, müssen wir<br />

zunächst die Zellen vom<br />

Boden lösen. Dies kann<br />

man wie in unserem Fall<br />

mit dem Enzym Trypsin<br />

tun. Das Trypsin hat <strong>ein</strong>e<br />

Inkubationszeit von etwa<br />

5-10 Minuten, in denen<br />

die Zellen in <strong>ein</strong>em Brutschrank<br />

lagern. Nachdem<br />

die Zellen vollständig<br />

vom Boden der Kulturschale<br />

abgelöst sind, werden<br />

sie mit <strong>ein</strong>em speziellen<br />

Nährmedium<br />

versetzt, welches die<br />

enzymatische Wirkung<br />

des Trypsins blockiert.<br />

Nun werden die Zellen zentrifugiert,<br />

um sie von Nährmedium und Trypsin zu<br />

trennen, sodass das Medium abgesaugt<br />

werden kann und die Zellen als Pellet<br />

zurückbleiben. Das Pellet wird mit PBS<br />

resuspendiert. Die Zellen werden mit<br />

dem im Infrarotbereich emittierenden<br />

Vitalfarbstoff Syto61 gefärbt. Dieser<br />

Farbstoff ist in der Lage Zellmembranen<br />

passiv zu durchqueren und bindet in den<br />

Zellen an Nukl<strong>ein</strong>säuren. Die Zellen<br />

bleiben durch diese Behandlung weitestgehend<br />

unbe<strong>ein</strong>trächtigt und können<br />

adhärieren sowie sich vermehren. Dieser<br />

Arbeitsschritt muss in lichtarmer Umgebung<br />

stattfinden, da es sonst zu <strong>ein</strong>em<br />

vorzeitigen Ausbleichen der Fluoreszenz<br />

kommt, was das zu messende Signal<br />

schwächen würde.<br />

Nachdem die Zellen angefärbt worden<br />

sind, werden sie erneut mit Nährmedium<br />

versetzt. Jetzt können sie auf das<br />

zuvor konstruierte Zellgerüst gegeben<br />

werden, sodass das gesamte Gerüst<br />

mit Medium und somit auch Zellen<br />

umgeben ist. Nun benötigen die Zellen<br />

<strong>ein</strong>ige Tage in <strong>ein</strong>em Brutschrank, um<br />

35<br />

Young Researcher


Jugend forscht<br />

36<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Abb. 4: Da man das Wort „Zelle“ deutlich lesen kann, ist davon auszugehen, dass die Zellen auf der Spinnenseide<br />

adhärieren<br />

Abb. 5: Da auch beim zweiten Versuch das Wort Zelle zu lesen ist, können wir nun mit Sicherheit sagen, dass die<br />

Zellen auf der Seide festgewachsen sind.<br />

sich auf der Spinnenseide ansiedeln zu<br />

können. Nach <strong>ein</strong>er Woche entnehmen<br />

wir unser Präparat dem Brutschrank, um<br />

es unter <strong>ein</strong>em speziellen Fluoreszenzscanner<br />

zu betrachten. Der Scanner bestrahlt<br />

das Präparat mit Licht <strong>ein</strong>er für den Fluoreszenzfarbstoff<br />

spezifischen Wellenlänge,<br />

um ihn zum Fluoreszieren anzuregen.<br />

Das entstehende Bild kann am Computer<br />

ausgewertet werden. Es handelt sich nicht<br />

um <strong>ein</strong>e reale Fluoreszenz im roten Bereich,<br />

sondern die Zellen fluoreszieren im<br />

für das Auge nicht wahrnehmbaren Infrarotbereich.<br />

Der Computer misst die ausgestrahlten<br />

Fluoreszenzstärken und belegt<br />

sie mit Farbe (Falschfarbe), in unserem Fall<br />

rot sichtbar (Abb. 4).<br />

Um die Zweifel, der verwendete Fluoreszenzfarbstoff<br />

könnte doch an Prot<strong>ein</strong>e der<br />

Spinnenseide gebunden haben, auszuschließen,<br />

und <strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>deutigen Beweis<br />

zu haben, dass die Zellen an der Spinnenseide<br />

entlang gewachsen sind, färben wir<br />

zusätzlich Collagen I. Die Färbung von<br />

Collagen I ist <strong>ein</strong>e auf Antikörpererkennung<br />

beruhende Immunfluoreszenz. Allerdings<br />

können wir die Zellen anfärben,<br />

während sie auf der Spinnenseide haften,<br />

da Collagen in der Spinnenseide nicht<br />

enthalten ist und somit ausschließlich die<br />

Zellen fluoreszieren können. Für diesen<br />

Vorgang saugen wir das Nährmedium<br />

erneut ab und tragen die Lösung, welche<br />

den verdünnten Antikörper (1:100 in 1%<br />

FKS/PBS) enthält, auf. Das PBS hat <strong>ein</strong>en<br />

<strong>ein</strong>prozentigen Zusatz von FKS (Fetales<br />

Kälber Serum), welches unspezifische Bindungen<br />

des Immunfluoreszenzfarbstoffes<br />

verhindern soll. Unspezifische Bindungen<br />

sind Bindungen an <strong>ein</strong> verwandtes bzw.<br />

im Aufbau ähnliches Prot<strong>ein</strong>. Nun kann<br />

der Immunfluoreszenzfarbstoff („Anti-<br />

Collagen-I“, grün) zu den Zellen gegeben<br />

werden. Auch hier müssen die Zellen mit<br />

dem Antikörper im Brutschrank inkubieren.<br />

Nach Ende der Inkubationszeit fluoresziert<br />

Collagen unter dem Fluoreszenzscanner.<br />

Um das zweite Signal vom ersten<br />

unterscheiden zu können, wurde <strong>ein</strong>e noch<br />

langwelligere Fluoreszenz gewählt, die der<br />

Computer in unserem Versuch grün färbt<br />

(Abb. 5).<br />

4.3 Versuchsergebnis<br />

Auf Abb. 4 und 5 ist das Wort „ZEL-<br />

LE“ <strong>ein</strong>deutig erkennbar. Da wir ausgeschlossen<br />

haben, dass die jeweiligen<br />

Farbstoffe an die Spinnenseide gebunden<br />

haben könnten, fluoreszieren ausschließlich<br />

Prot<strong>ein</strong>e der Zellen in unserem Bild.<br />

Somit haben wir nachgewiesen, dass<br />

sich die von uns verwendete Zelllinie<br />

3T3 Flip-in auf Spinnenseide ansiedelt.<br />

4.4 Problematiken bei der<br />

Versuchsdurchführung<br />

Bei unserer Arbeit mit der<br />

Spinnenseide traten <strong>ein</strong>ige<br />

Probleme auf, die wir an dieser<br />

Stelle erwähnen wollen.<br />

Ein elementares Problem ist<br />

sicherlich, dass viele Menschen<br />

an <strong>ein</strong>er Arachnophobie leiden.<br />

In solchen Fällen gestaltet sich<br />

die Arbeit mit den Spinnen sehr<br />

schwierig.<br />

Da die Nephila clavipes kannibalische<br />

Lebewesen sind, erfordert<br />

des Weiteren die artgerechte<br />

Haltung der Spinnen viel<br />

Platz. Im Labor wird dies durch<br />

drei große Räumen gewährleistet,<br />

in denen die Spinnen frei<br />

leben und ihre Netze überall<br />

spinnen können. Allerdings<br />

führt dies zu <strong>ein</strong>em weiteren<br />

Problem: Die Spinnen müssen<br />

<strong>ein</strong>deutig identifizierbar s<strong>ein</strong>,<br />

was r<strong>ein</strong> optisch nicht möglich<br />

ist. Eine strukturierte Organisation<br />

ist daher unerlässlich.<br />

Weil die Entnahme der Spinnenseide <strong>ein</strong>en<br />

großen Stressfaktor für die Spinnen<br />

darstellt, benötigen die Spinnen <strong>ein</strong>e Regenerationsphase<br />

von <strong>ein</strong>igen Tagen, andernfalls<br />

kann die Belastung zum Tod der<br />

Spinne führen. Theoretisch könnten <strong>ein</strong>er<br />

Spinne mehrere Kilometer Spinnenseide<br />

pro Tag entnommen werden.<br />

Ein weiteres Problem ist, dass die Herstellung<br />

von identischer Seide nicht garantiert<br />

werden kann, da die Zusammensetzung<br />

der Seide aus biologischen Gründen wie<br />

Futterzusammensetzung variieren kann.<br />

Außerdem benötigt man <strong>ein</strong>iges an Geschick<br />

zur Arbeit mit Spinnenseide, da<br />

diese äußerst f<strong>ein</strong> ist und leicht verknotet.<br />

Die Konstruktion unseres Gerüsts hat viele<br />

Stunden Zeit in Anspruch genommen, da<br />

die Seide oftmals von den Nadeln gerutscht<br />

ist. Ferner sollte man bei der Wahl der verwendeten<br />

Materialien darauf achten, dass<br />

sie zur Sterilisation im Autoklaven geeignet<br />

s<strong>ein</strong> müssen. Viele Materialien können im<br />

Autoklaven zerstört werden oder sogar die<br />

Spinnenseide verändern.<br />

Überdies erfordern die Zellen wie oben<br />

bereits erwähnt, <strong>ein</strong>e äußerst sterile Arbeitsumgebung.<br />

Bei <strong>ein</strong>er Kontaminierung<br />

wären die Zellen nicht mehr zu <strong>ein</strong>er<br />

Zellteilung fähig gewesen und wir hätten<br />

k<strong>ein</strong> verwertbares Versuchsergebnis erhalten.


Trotz dieser Problematiken haben wir<br />

letztendlich <strong>ein</strong> aussagekräftiges Versuchsergebnis<br />

erhalten.<br />

5 Ausblick<br />

Zwar stellt der von uns durchgeführte<br />

Versuch sicherlich nur <strong>ein</strong>en sehr kl<strong>ein</strong>en<br />

Teil der Grundlagenforschung zum Themengebiet<br />

der Spinnenseide dar, dennoch<br />

wollen wir an dieser Stelle Überlegungen<br />

dazu anstellen, was durch <strong>ein</strong>e systematische<br />

Erforschung der Spinnenseide und<br />

<strong>ein</strong>e Anwendung in der Medizin möglich<br />

werden könnte.<br />

Wie zu Anfang unseres Berichts angerissen,<br />

wäre es theoretisch möglich, räumliche<br />

Strukturen bzw. <strong>ein</strong>fache Organe mit<br />

Hilfe von Gerüsten aus Spinnenseide in<br />

vitro zu bilden. Die Schwierigkeit bei der<br />

künstlichen Herstellung von Organen besteht<br />

jedoch darin, dass komplexe Organe<br />

wie das menschliche Herz oder <strong>ein</strong>e Leber<br />

aus sehr vielen verschiedenen Zelltypen<br />

bestehen, welche nur an ganz bestimmten<br />

Stellen im Organ wachsen sollen, um <strong>ein</strong>e<br />

bestimmte Funktion übernehmen zu können.<br />

Allerdings wäre es denkbar, strukturell<br />

<strong>ein</strong>fache Organe wie Blutgefäße, Haut<br />

oder sogar Herzklappen herzustellen. Zurzeit<br />

wird hier in Deutschland Spenderhaut<br />

zur Versorgung von Brandverletzten ausschließlich<br />

aus dem Ausland bezogen. Diese<br />

von Toten entnommene Spenderhaut<br />

muss aber nach spätestens fünf Tagen aufgrund<br />

der Abstoßungsreaktionen wieder<br />

abgelöst werden und durch körpereigene<br />

Haut ersetz werden, die an anderen Stellen<br />

entnommen wurde. Dies ist <strong>ein</strong> großes Risiko<br />

für den Patienten, da Hauttransplantationen<br />

meist das Risiko größerer Blutverluste<br />

bergen. Deshalb wäre es <strong>ein</strong> großer<br />

Fortschritt für die Medizin, Haut aus körpereigenen<br />

Zellen in vitro gewinnen zu<br />

können. Die Abstoßungsgefahr wäre bei<br />

diesem Verfahren äußerst gering.<br />

Die Medizinische Hochschule Hannover<br />

forscht bereits an <strong>ein</strong>em Verfahren, bei dem<br />

durchtrennte Nervenfasern ohne Schäden<br />

wieder verbunden werden können. Momentan<br />

ist dies noch sehr problematisch,<br />

da bei ausgedehnten Nervenverletzungen<br />

unbehandelte Nerven knotenartig verwachsen.<br />

Mit der Spinnenseide allerdings<br />

soll es möglich werden, die Nerven wieder<br />

zu verbinden (vgl. [3]). Das Verfahren<br />

wird bereits an Schafen getestet, nachdem<br />

Tests an Ratten erfolgreich verliefen.<br />

Da Spinnenseide <strong>ein</strong>e begünstigende<br />

Wirkung auf die Hämostase hat, wäre es<br />

durchaus denkbar, Pflaster bzw. Verbandsmaterialien<br />

aus Spinnenseide herzustellen.<br />

Die spezifischen Eigenschaften der Seide<br />

(Möglichkeit sterilisiert zu werden, Elastizität<br />

und Reißfestigkeit) legen nahe, dass<br />

<strong>ein</strong>e solche Idee durchaus umsetzbar wäre.<br />

Problematisch bei der industriellen Umsetzung<br />

dieser Idee wäre allerdings, dass der<br />

Bedarf an Spinnenseide äußerst hoch wäre<br />

und all<strong>ein</strong> durch <strong>ein</strong>e natürliche Seidenproduktion<br />

durch Spinnen nicht gedeckt<br />

werden könnte. Auch andere Projekte<br />

wie die bereits erwähnten kugelsicheren<br />

Westen aus Spinnenseide erfordern <strong>ein</strong>en<br />

alternativen Herstellungsprozess von Spinnenseide.<br />

An der Lösung dieses Problems<br />

wird bereits geforscht. In Laboren bereits<br />

praktizierte Lösungsansätze sind beispielsweise<br />

die genetische Manipulation von<br />

Tabak- und Kartoffelpflanzen, sodass diese<br />

Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e aufweisen (vgl.<br />

[4]), oder die genetische Veränderung von<br />

Ziegen, in deren Eutern sich anschließend<br />

Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e nachweisen lassen<br />

(vgl. [5]). Ein neueres Verfahren benutzt<br />

Darmbakterien, um die Spinnenseideprot<strong>ein</strong>e<br />

zu synthetisieren (vgl. I[6]). Problematisch<br />

bei diesen Verfahren ist allerdings,<br />

die Prot<strong>ein</strong>e nach der Isolation in die Fadenform<br />

zu bringen, die die Eigenschaften<br />

der Seide maßgeblich bestimmt.<br />

Außerdem haben wir uns überlegt,<br />

dass es eventuell möglich wäre, die Methode<br />

des Elektrospinnings mit Spinnenseide<br />

durchzuführen, indem die<br />

Polymerlösung durch verflüssigte Spinnenseide<br />

ersetzt wird. So könnte <strong>ein</strong>e<br />

Literatur:<br />

Jugend forscht<br />

Janina Otto (links), Gesine Scharf (rechts) und<br />

Thekla (Spinne)<br />

strukturierte, nahezu löcherlose Oberfläche,<br />

auf der Zellen Gewebe bilden<br />

könnten, hergestellt werden. Der Vorteil<br />

von Spinnenseide gegenüber der Polymerlösung<br />

wäre, dass die Spinnenseide nur aus<br />

organischem Material besteht und somit<br />

deutlich körperverträglicher ist.<br />

Danksagung<br />

Wir möchten uns ganz besonders herzlich<br />

beim Labor für Experimentelle Plastische<br />

Chirurgie und Regenerationsbiologie<br />

der Medizinischen Hochschule<br />

Hannover bedanken, dessen Team uns<br />

die Versuchsdurchführungen in ihrem<br />

Labor ermöglichte. Vielen Dank für die<br />

Unterstützung! Wir würden uns über<br />

<strong>ein</strong>e zukünftige Zusammenarbeit sehr<br />

freuen!<br />

[1] Sponner, Alexander: Strukturelle und immunologische Charakterisierung<br />

der Spinnenseide von Nephila clavipes. Jena 2003<br />

[2] Allmeling, C.; Jokuszies, A.; Reimers, K.; Kall, S. & Vogt, P. M.: Use of<br />

spider silk as an innovative material in a biocompatible artificial nerve<br />

conduit. J. Cell. Mol. Med. 10(3)_ 770-777, Hannover 2006<br />

[3] Die spinnen die <strong>Wissenschaft</strong>ler, MHH-Forscherinnen und –Forscher<br />

nutzen Spinnenfäden für die Züchtung neuer Nerven. In: MHH Info<br />

Juni/Juli 2006 S. 26 f.<br />

[4] Schusswesten aus Spinnennetzen, Leichter als Watte und zäher als<br />

<strong>Stahl</strong>: Nach dem Vorbild der Natur wollen Forscher künstliche Spinnfäden<br />

weben. Spiegel 14/2001 188<br />

[5] http://abenteuerwissen.zdf.de/ZDFde/inhalt/23/0,1872,2039767,00.<br />

html, 30.04.2003<br />

[6] http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2006/0926/006_<br />

spinne.jsp, 28.09.2006<br />

37<br />

Young Researcher


Jugend forscht<br />

38<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Philip Schmidt, *1990<br />

Weißenburg<br />

Schule:<br />

Werner-von-Siemens-Gymnasium,<br />

Weißenburg<br />

Eingang der Arbeit:<br />

Juli 2008<br />

Zur Veröffentlichung angenommen:<br />

August 2008<br />

Young Researcher<br />

Widerstand zwecklos<br />

Die makroskopische Wellenfunktion als Grundlage der Theorie von Supraleitung<br />

und Suprafluidität<br />

Seit knapp 100 Jahren sind Supraleiter bekannt: elektrische Leiter, die bei tiefen Temperaturen (ca.<br />

ab –150 °C) Strom ohne Widerstand leiten. Noch heute ist die theoretische Beschreibung dieses<br />

Effektes <strong>ein</strong>e Herausforderung. Ich zeige hier nun <strong>ein</strong>e moderne Herleitung der London-Gleichungen<br />

aus der Quantenmechanik, anstatt, wie üblich, aus der Elektrodynamik von Metallen. Auf diese Weise<br />

kann dann ohne zusätzliche Annahmen die Fluxoid-Quantisierung richtig vorausgesagt werden.<br />

1 Supraleitung und Suprafluidität –<br />

worin liegt deren Faszination<br />

Seit knapp <strong>ein</strong>em Jahr forsche ich auf<br />

diesem Themengebiet. Mich persönlich<br />

fasziniert vor allem, Grenzen zu überschreiten,<br />

d.h. die Elektrodynamik von<br />

Normalmetallen mit Hilfe quantenmechanischer<br />

Methoden zu verallgem<strong>ein</strong>ern,<br />

um zu sehen, dass man in semiklassischer<br />

Physik ohne messbaren Widerstand<br />

Strom leiten kann. Dies funktioniert<br />

nur durch Komplexität, doch dabei hilft<br />

Neugier für das Unbekannte. So soll dieser<br />

Artikel auch Neugierde auf <strong>ein</strong>e noch<br />

ersch<strong>ein</strong>ende Publikation in Zusammenarbeit<br />

mit Dietrich Einzel, m<strong>ein</strong>em Projektbetreuer,<br />

wecken, die diese Thematik<br />

weiter vertieft [9]. Hier möchte ich mich<br />

darauf beschränken, <strong>ein</strong>e moderne Herleitung<br />

der London-Gleichungen aus der<br />

Quantenmechanik, anstatt wie üblich,<br />

aus der Elektrodynamik von Metallen,<br />

zu zeigen, die dann ohne zusätzliche Annahmen<br />

die Fluxoid-Quantisierung richtig<br />

voraussagt.<br />

2 Elektrodynamik von Normalmetallen<br />

Als Grundlage sollen zunächst Phänomene<br />

von Normalmetallen diskutiert<br />

werden, um im späteren Verlauf der Arbeit<br />

über deren Bedeutung in Supraleitern<br />

Vorkenntnisse zu haben.<br />

2.1 Maxwell-Gleichungen<br />

Ausgangspunkt für diese Betrachtungen<br />

bilden die vier Maxwell-Gleichungen in<br />

Materie von der Form:<br />

Ampere:<br />

(<br />

∇ × H = µ 0 j e + ∂D )<br />

∂t<br />

(1)<br />

(<br />

Faraday:<br />

∇ × E = − ∂B<br />

∂t<br />

Gauss:<br />

∇ · B = 0<br />

Coulomb:<br />

(2)<br />

(3)<br />

∇ · D = n e<br />

(4)<br />

Wobei n e für die Ladungsdichte und j e für<br />

die Ladungsstromdichte steht.<br />

Diese Gleichungen können wie folgt interpretiert<br />

werden:<br />

Durch die Quellfreiheit von Gleichung<br />

(3) lässt sich die magnetische Induktion<br />

B schreiben als Rotation <strong>ein</strong>es beliebigen<br />

Vektorfeldes A:


Jugend forscht<br />

+<br />

B = ∇ × A (5)<br />

Über das Faraday-Gesetz kann man<br />

dann die elektrische Feldstärke E parametrisieren,<br />

nämlich als Funktion von<br />

und A mit:<br />

E = −∇Φ − ∂A<br />

∂t<br />

(6)<br />

Die Divergenz von Gleichung (1) liefert<br />

∇ · j e + ∇ · ∂<br />

∂t D = 0<br />

Unter Zuhilfenahme von Gleichung (4),<br />

sowie <strong>ein</strong>er anschließenden Division<br />

durch µ 0 zeigt sich:<br />

∂n e<br />

∂t + ∇ · j e = 0 (7)<br />

Dies ist <strong>ein</strong>e Kontinuitätsgleichung mit<br />

<strong>ein</strong>er Ladungsstromdichte j e , die sich<br />

immer aus <strong>ein</strong>em Produkt von Ladungsdichte<br />

n e , Ladung q = e und Driftgeschwindigkeit<br />

v zusammensetzt, d.h.<br />

j e = e n e v. Sie beschreibt die Ladungserhaltung<br />

in <strong>ein</strong>em elektrischen Leiter, d.h.<br />

wenn sich die Elektronendichte zeitlich<br />

ändert, muss die Strömung Quellen oder<br />

Senken haben.<br />

2.2 Drude-Ohm-Gesetz<br />

Die Gleichung für die Stromrelaxation<br />

im Normalmetall ist von der Form:<br />

[ ∂<br />

∂t + 1 τ e<br />

+ 0 ( ∇ 2)] j e = en eE m<br />

wobei in diese die Ladung e, die Masse<br />

m, die Streurate 1/ , die sich aus Beiträgen<br />

von elastischen und inelastischen<br />

Stößen zusammensetzt, sowie die Ladungsstromdichte<br />

j e <strong>ein</strong>gehen. Nun wird<br />

<strong>ein</strong>e harmonische Zeitabhängigkeit der<br />

elektrischen Feldstärke E angenommen,<br />

d.h. E(r, t) = E 0 (r)exp(-it). Daraus ergibt<br />

sich für die Ladungstromdichte:<br />

j e (r,t) = e − t τ<br />

(<br />

j e 0(r)−<br />

)<br />

ne 2<br />

m<br />

−iω + 1 E 0 (r) +<br />

τ e<br />

ne 2<br />

m<br />

−iω + 1 E(r,t)<br />

τ e<br />

(8)<br />

Diese kann nun für zwei Fälle interpretiert<br />

werden:<br />

Für den Fall, dass die betrachtete Zeit t<br />

sehr groß gegenüber der Stoßzeit e<br />

wird, verschwindet der abklingende<br />

Teil und lediglich der „steady state“-<br />

Beitrag bleibt übrig.<br />

j e (r,t) τe


40<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Jugend forscht<br />

Die Resultate haben die Form für den<br />

Realteil (die erste Madelung-Gleichung):<br />

¯h ˙ϕ +<br />

(¯h∇ϕ − eA)2<br />

2m<br />

+ eΦ = ¯h2 ∇ 2 a<br />

2ma 2 (15)<br />

Imaginärteil (die zweite Madelung-<br />

Gleichung):<br />

E = −∇Φ − ∂A<br />

∂t<br />

(16)<br />

3.3 Interpretation der Madelung-Gleichungen<br />

Diese Gleichungen werden nun interpretierbar,<br />

weil gilt:<br />

ΨΨ ∗ = a 2 ≡ n p ⇒<br />

Zweite Madelung-Gleichung:<br />

∂n<br />

[<br />

p<br />

∂t + ∇ · np<br />

]<br />

m (¯h∇ϕ − eA) = 0<br />

} {{ }<br />

j p =n pv p<br />

(17)<br />

Wie aus Kapitel 2.1 bekannt, ist dies <strong>ein</strong>e<br />

Kontinuitätsgleichung, aber diesmal für<br />

die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsdichte n p und<br />

den Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsstrom j p , der<br />

sich aus Dichte und Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsgeschwindigkeit<br />

zusammensetzt, für<br />

die } man ablesen {{ kann: }<br />

¯h∇ϕ − eA<br />

v p =<br />

m (18)<br />

Es stellt sich also heraus, dass in der<br />

Quantenmechanik Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsströme<br />

fließen, die durch die Gesetze der<br />

Hydrodynamik beschrieben werden können<br />

(„Madelung-Flüssigkeit“).<br />

Erste Madelung-Gleichung:<br />

Unter Berücksichtigung von Gleichung<br />

(18), sowie des quasiklassischen Limes,<br />

d.h:<br />

¯h 2 → 0 ,<br />

erhält man die Hamilton-Jacobi-Gleichung<br />

der klassischen Feldtheorie mit<br />

dem Wirkungsfeld S≡ ¯hϕ :<br />

¯h ˙ϕ + 1 2 mv2 p + eΦ = 0 (19)<br />

Nach Newton gilt für <strong>ein</strong>e Beschleunigung<br />

dv/dt = F/m , daher sollte die<br />

zeitliche Ableitung die beteiligten Kräfte<br />

verraten. Dazu benötigt man aber die<br />

Identität aus der Vektoranalysis, dass:<br />

1<br />

2 ∇ (v p) 2 = (v p · ∇)v p + v p × (∇ × v p )<br />

Das Resultat lautet:<br />

∂v p<br />

∂t + (v p · ∇)v p ≡ dv p<br />

=<br />

dt<br />

= e m [E + v p× B]<br />

(20)<br />

Die linke Gleichungsseite ist äquivalent<br />

zur Euler-Gleichung der Hydrodynamik,<br />

die somit die Beschleunigung in <strong>ein</strong>er<br />

Flüssigkeit beschreibt. Diese wird nur<br />

durch die elektrische Kraft eE und die<br />

Lorentz-Kraft ev p × B be<strong>ein</strong>flusst. Eine<br />

Reibungskraft tritt nicht auf! Die Madelung-Flüssigkeit,<br />

d.h. die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsverteilung,<br />

verhält sich wie <strong>ein</strong>e<br />

ideale Flüssigkeit ohne jegliche Reibung.<br />

4 London-BCS-Theorie<br />

4.1 Die Idee hinter der Theorie<br />

Die Eigenschaften <strong>ein</strong>es Supraleiters<br />

zeigen, dass das elektronische System in<br />

ihm dem <strong>ein</strong>es sog. Bose-Einst<strong>ein</strong>-Kondensats<br />

sehr ähnlich ist. Problematisch<br />

ist allerdings, dass es sich bei den Elektronen<br />

durch ihren halbzahligen Spin um<br />

Fermionen handelt, die somit k<strong>ein</strong> Bose-<br />

Kondensat bilden können. Jedoch gibt es<br />

die Möglichkeit der Cooper-Paarbildung<br />

von Elektronen mit antiparallelen (Singulett)<br />

oder parallelem (Triplett) Spin.<br />

Durch den Spin 0 bzw. 1 gilt für sie das<br />

Pauli-Prinzip nicht mehr; es kommt zur<br />

Pseudo-Bosonen-Kondensation. Dies ist<br />

allerdings erst seit der BCS-Theorie aus<br />

dem Jahre 1957 bekannt, daher berücksichtigt<br />

die ursprüngliche London-Theorie<br />

diese Erkenntnisse nicht [2], [6], [7].<br />

In <strong>ein</strong>em solchen Kondensat besetzt <strong>ein</strong>e<br />

makroskopische Anzahl an Elektronenpaaren<br />

den niedrigsten Energiezustand,<br />

d.h. auch, dass sie alle dieselben Eigenschaften<br />

besitzen. Dieses entartete System<br />

muss quantenmechanisch betrachtet<br />

werden, allerdings braucht nicht mehr<br />

für jedes <strong>ein</strong>zelne Elektron <strong>ein</strong>e Wellenfunktion<br />

aufgestellt werden, sondern es<br />

genügt <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige, die im vorherigen<br />

Kapitel bereits diskutiert wurde, die sog.<br />

makroskopische Wellenfunktion. Daher<br />

werden die Wahrsch<strong>ein</strong>lichkeitsgrößen<br />

durch echte, makroskopische „supra“-<br />

Größen ersetzt. Dabei ist allerdings zu<br />

beachten, dass es sich je nach System<br />

um Bosonen oder Cooper-Paare handelt.<br />

Man muss deshalb <strong>ein</strong>en Faktor<br />

k <strong>ein</strong>führen, der für Bosonen als 1, für<br />

Fermionen-Paare als 2 definiert ist. Der<br />

Zusammenhang der Größen mit diesem<br />

Faktor ergibt sich wie folgt:<br />

e→ke = Q; m→km = M;<br />

n p → ns<br />

k<br />

v p → v s ; j p → js k = Js ,<br />

Wobei sich der Faktor k bis auf den<br />

Phasengradient herauskürzt, wie zum<br />

Beispiel bei der Suprageschwindigkeit:<br />

v s ¯h∇ϕ − QA<br />

= =<br />

M<br />

¯h<br />

k<br />

∇ϕ − eA<br />

m<br />

¯h∇ϕ − keA<br />

km<br />

=<br />

(21)<br />

Die Gleichungen aus dem vorherigem<br />

Kapitel haben folglich die Form:<br />

j s e = QN s v s = ens<br />

m<br />

) (¯h<br />

k ∇ϕ − (<br />

eA<br />

(22)<br />

∂v s<br />

∂t + (vs · ∇)v s ≡ dvs =<br />

dt<br />

e<br />

m [E + vs × B] (23)<br />

Um zu sehen, wie das Kondensat des<br />

Supraleiters auf Störungen reagiert, gibt<br />

es zwei Gleichungen, die historisch als<br />

erste und zweite London-Gleichungen<br />

bekannt sind. Die erste beschreibt den<br />

Landungs- oder Massentransport im<br />

Supraleiter/suprafluidem Medium und<br />

die zweite die Magnetfeld-Abschirmung.<br />

Zunächst soll mit der ersten begonnen<br />

werden.<br />

4.2 Erste London-Gleichung<br />

Setzt man den Ladungsstrom j s e = e j s<br />

nun in die Euler-Gleichung <strong>ein</strong>, multipliziert<br />

mit e n s und beschränkt sich auf<br />

lineare Terme, erhält man für die Beschleunigung<br />

des Stromes:<br />

∂<br />

∂t js e = e m [ens E + j s e× B] (24)<br />

Der Term (v s . ∇ × )v s kann aufgrund der<br />

Linearisierung vernachlässigt werden.<br />

Diese Gleichung ist die sogenannte 1.<br />

London-Gleichung, die den dissipationsfreien<br />

Stromtransport (Dauerströme)<br />

im Supraleiter beschreibt, wobei der 2.<br />

Summand darüber hinaus geht. Er hat<br />

k<strong>ein</strong>en Zusammenhang zum Stromtransport<br />

in Richtung des elektrischen Feldes,<br />

sondern beschreibt die Kreisbewegung<br />

im Magnetfeld. Die Gleichung


42<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Jugend forscht<br />

entspricht dem erwarteten Resultat für<br />

<strong>ein</strong>en verlustfreien Stromfluss (vgl. Abschnitt<br />

2.2, Gl. (10)).<br />

4.3 Zweite London-Gleichung<br />

Bildet man die Rotation des Ladungsstromes<br />

j s e von Gleichung (22), so erhält<br />

man nach Maxwell <strong>ein</strong>en Ausdruck, der<br />

proportional zur magnetischen Induktion<br />

ist:<br />

∇ × j s e = − e2 n s<br />

m B (25)<br />

Dieser beschreibt die Magnetfeld-Abschirmung.<br />

Dadurch ergibt sich die Londonsche-Eindringtiefe<br />

(vgl. Abschnitt<br />

2.3, Gl. (12)) mit:<br />

√<br />

Stokes ∫<br />

m<br />

λ L =<br />

µ 0 n s e 2 S<br />

(26)<br />

Die Herleitung erfolgt ähnlich wie in Abschnitt<br />

2.3.<br />

4.4 Fluxoid-Quantisierung<br />

Eigenschaften des Suprastromes:<br />

Mit Hilfe der Eindringtiefe wird der Suprastrom<br />

nun umgeformt, da wir den<br />

Phasengradienten nachher genauer untersuchen<br />

wollen:<br />

j s e = ns e 2 (−A + ¯h )<br />

m ke ∇ϕ =<br />

= 1 λ −2<br />

L<br />

(−A + ¯h )<br />

µ 0 ke ∇ϕ<br />

⇒ ¯h ke ∇ϕ = λ2 Lµ 0 j s e + A (27)<br />

Das Fluxoid-Quantum:<br />

Wir bilden jetzt das Linienintegral von<br />

j s e, die Integration erfolgt dabei im supraleitendem<br />

Gebiet auf <strong>ein</strong>er geschlossenen<br />

Kurve ∂S, die <strong>ein</strong>e Fläche S <strong>ein</strong>schließt<br />

(∂S ist der Rand von S). Dabei erzwingt<br />

die Eindeutigkeit der quantenmechanischen<br />

Wellenfunktion:<br />

∮<br />

∂S<br />

dr · ∇ϕ(r,t) = 2πn mit n = 1, 2,3,...<br />

(28)<br />

Daraus folgt unter Zuhilfenahme des<br />

Stokeschen Integralsatzes:<br />

2πn ¯h ke = ∮<br />

⎛<br />

dr · (λ 2 Lµ 0 j s e + A ) Stokes<br />

=<br />

⎞<br />

⎜<br />

dS · ⎝λ 2 Lµ 0 ∇ × j s ⎟<br />

e + ∇ × A<br />

} {{ } } {{ }<br />

⎠ = Φ n<br />

1 B<br />

Es handelt sich um <strong>ein</strong> B-Feld (vgl. Gl.<br />

(5)), das über <strong>ein</strong>e Fläche S integriert<br />

wird. Dies ist im Allgem<strong>ein</strong>en als magnetischer<br />

Fluss bekannt, der aber<br />

in diesem Fall (vgl. Gl. (28)) gequantelt<br />

ist. Liegt die Integrationskontur tief<br />

im Inneren des supraleitenden Gebiets<br />

(j s e = 0) spricht man von Fluss-Quantisierung,<br />

verläuft die Kontur hingegen in<br />

Bereichen in denen j s e ≠ 0 gilt, trägt Term<br />

1 zur Quantisierung bei und man spricht<br />

von Fluxoid-Quantisierung:<br />

⎝<br />

} {{ }<br />

Φ n = n · Φ 0<br />

mit Φ 0 = h ke<br />

(29)<br />

Kürzte sich der Faktor k bis jetzt bei allen<br />

anderen Ergebnissen heraus, so tritt<br />

er nun an dieser Stelle erstmals explizit<br />

auf. Dies war <strong>ein</strong> möglicher Ansatzpunkt<br />

für <strong>ein</strong>e experimentelle Überprüfung der<br />

London-BCS-Theorie, mit der sie im<br />

Doll-Näbauer-Experiment belegt wurde.<br />

4.5 Doll-Näbauer-Versuch<br />

Robert Doll und Martin Näbauer [3]<br />

maßen den magnetischen Fluss in<br />

Abhängigkeit <strong>ein</strong>es extern angelegten<br />

Magnetfeldes B ext in <strong>ein</strong>em supraleitenden<br />

Hohlzylinder aus Blei, zeitgleich<br />

auch Deaver und Fairbank [4]. Dabei<br />

legten sie zunächst im normalleitenden<br />

Zustand <strong>ein</strong> B ext -Feld an, kühlten<br />

den Supraleiter unter T c ab und schalteten<br />

dann das B ext -Feld wieder ab. Da<br />

B ext ,S=0, wobei S in diesem Fall Kreisfläche<br />

des Zylinders beschreibt, blieb<br />

konstant, weshalb der Zylinder wie<br />

<strong>ein</strong> Stabmagnet mit Moment µ wurde.<br />

Durch Anlegen <strong>ein</strong>es Wechselfeldes B ac<br />

parallel zu µ begann der Zylinder zu<br />

schwingen und die Amplitude konnte<br />

mit <strong>ein</strong>em Spiegel gemessen werden, womit<br />

letzlich bestimmt wurde. Siehe<br />

Abbildung 1.Es zeigte sich <strong>ein</strong>e Quantelung<br />

des Fluxoids:<br />

Φ n = n · Φ 0 ; mit Φ 0 = h und<br />

2e<br />

und n = 1, 2,3,... (30)<br />

4.6 Neutrale Systeme<br />

Wurde bis jetzt nur geladenen Systemen<br />

Beachtung geschenkt, so soll sich<br />

dies ab hier ändern. Deswegen folgt <strong>ein</strong>e<br />

kurze Zusammenfassung, wie die bisherigen<br />

Resultate in ungeladenen Systemen<br />

(q = 0) aussehen [8]. Dabei ist zu<br />

beachten, dass sich für <strong>ein</strong> allgem<strong>ein</strong>es<br />

Vielteilchensystem das bereits bekannte<br />

elektro(chemische) Potenzial wie folgt<br />

zusammensetzt:<br />

}{{}<br />

eΦ → eΦ + µ<br />

} {{ }<br />

Einteilchen V ielteilchen<br />

Geschwindigkeit:<br />

Hier fällt das Vektorpotential A weg, da<br />

es immer an die Ladung koppelt.<br />

v s = ¯h<br />

km ∇ϕ<br />

Abb. 1: Zum Doll-Näbauer-Versuch aus [3]<br />

Stromdichte:<br />

Bisher wurde nur die Ladungsstromdichte<br />

j s q untersucht, aber in


Jugend forscht<br />

ungeladenen Systemen ist vielmehr die<br />

Massenstromdichte j s m = m j s von Bedeutung,<br />

die interessanterweise massenunabhängig<br />

ist.<br />

j s m = n s ¯h k ∇ϕ<br />

Beschleunigung:<br />

Hierbei ist zu beachten, dass im Allgem<strong>ein</strong>en<br />

die Kraft F nicht durch das skalare<br />

Potenzial all<strong>ein</strong>e sondern durch das<br />

sog. elektrochemische Potenzial q +µ<br />

definiert ist:<br />

5 Zusammenfassung<br />

Die London-BCS-Theorie kann die<br />

Elektrodynamik von Supraleitern richtig<br />

erklären. Sie ist jedoch nicht dazu ausgelegt,<br />

zwischen Typ 1 und Typ 2 Supraleiter<br />

zu unterscheiden, im Gegensatz zur<br />

Ginzburg-Landau-Theorie [5]. Jedoch ist<br />

die superfluide Dichte ns k<strong>ein</strong>e phänomenologische<br />

Größe mehr, sondern wird<br />

über mikroskopische Betrachtung berechenbar,<br />

wodurch auch Aussagen über<br />

Temperaturabhängigkeiten möglich werden.<br />

Experimentell bestätigt wurde die<br />

Cooper-Paar-Hypothese erstmals 1961.<br />

Danksagung<br />

M<strong>ein</strong> Dank richtet sich in erster Linie an<br />

Dr. Dietrich Einzel für s<strong>ein</strong>e stetige Unterstützung,<br />

die für mich zu k<strong>ein</strong>em Zeitpunkt<br />

<strong>ein</strong>e Selbstverständlichkeit war<br />

und ist. Zudem auch an m<strong>ein</strong>e Schulleitung<br />

unter der Leitung von OStD Dieter<br />

Theisinger und StD Wolfgang Haasler,<br />

sowie an m<strong>ein</strong>e Lehrer StR Koch André,<br />

LAss Michael Bauer und OStR Wolfgang<br />

Leidel. Nicht zuletzt auch StRin Sonja<br />

Aßmann für die vielen Tipps.<br />

43<br />

Young Researcher<br />

qE = ∇ (−qΦ) − qȦ → −∇ (µ 0 + δµ) ≡ F<br />

} {{ } } {{ }<br />

geladen ungeladen<br />

F = −∇δµ<br />

} {{<br />

Damit<br />

}<br />

gilt:<br />

} {{ }<br />

Anschließend folgt noch <strong>ein</strong>e Zusammenfassung<br />

der Ergebnisse in tabellarischer<br />

Form, auch für ungeladene<br />

Systeme und mit der verallgem<strong>ein</strong>erten<br />

Ladung q.<br />

dv s<br />

dt<br />

= F m = − 1 m ∇δµ (31)<br />

Erste London-Gleichung:<br />

Da die Geschwindigkeit nur vom Gradienten<br />

der Phase abhängt, verschwindet<br />

in der Identität der Term mit den Kreuzprodukten.<br />

∂<br />

∂t vs + (v s · ∇)v s ≡ dvs = − 1 dt m ∇δµ (32)<br />

Die Begründung zur totalen Ableitung<br />

ist dieselbe wie in Kapitel 3.3, der Gradient<br />

des chemischen Potenzials wird wie<br />

bei der Beschleunigung behandelt (Gl.<br />

(31)). Anschließend wird in diese Gleichung<br />

der Massenstrom j s m = m∙n s ∙v s für<br />

die Geschwindigkeit vs <strong>ein</strong>gesetzt und<br />

die gesamte Gleichung mit m/ns multipliziert.<br />

Wie in Kapitel 4.2 verschwindet<br />

die Ortsableitung, da die erste London-<br />

Gleichung linearisiert ist. Sie lautet für<br />

neutrale Systeme daher:<br />

∂<br />

∂t js m = −n s ∇δµ<br />

Zweite London-Gleichung:<br />

Da der Phasengradient verschwindet, gilt<br />

für die Rotation des Massenstromes:<br />

∇ × j s m = 0 (33)<br />

In neutralen Systemen gibt es weder<br />

Abschirmlänge noch Fluxoid-Quantisierung.<br />

Geschwindigkeit<br />

Stromdichte<br />

Beschleunigung<br />

1. Londongleichung<br />

2. Londongleichung<br />

Abschirmlänge<br />

Fluxoid-Quantum<br />

Geladene Systeme<br />

(¯h<br />

k<br />

v s = 1 m<br />

∇ϕ − qA)<br />

( )<br />

∇ − j s (¯h<br />

q = qns<br />

m ( k<br />

∇ϕ − qA) )<br />

v ∇ −<br />

dv s<br />

dt<br />

= q m [E + vs × B]<br />

j s<br />

dt m<br />

×<br />

Neutrale Systeme<br />

v s = 1 ¯h<br />

m k ∇ϕ<br />

∇<br />

j s m = n s ¯h k ∇ϕ<br />

v ∇<br />

dv s<br />

dt<br />

= − 1 m ∇δµ<br />

j<br />

dt<br />

− m<br />

∇<br />

∂j s q<br />

∂t<br />

= ns q 2<br />

m E ∂j s m<br />

∂t<br />

= −n s ∇δµ<br />

∂t m<br />

∂t<br />

− ∇<br />

∇ × j s q = ns q 2<br />

m<br />

√<br />

B<br />

∇ × j s q = 0<br />

∇ ×<br />

∇<br />

√<br />

λ 0 = m<br />

√<br />

×−<br />

µ0n s q 2 −<br />

Φ 0 = h kq<br />

Tab. 1: Resultate der London-BCS-Theorie<br />

Literatur:<br />

[1] Schwabl, Franz, Quantenmechanik 1, Springer, Berlin (2007)<br />

[2] London, Fritz; London, H<strong>ein</strong>z; Proc. Roy. Soc. A 145, London (1935)<br />

[3] Doll, Robert; Martin, Näbauer; Phys. Rev. Lett. Nr. 7, (1961) S. 51<br />

[4] Deaver, B. S.; Fairbank, W. M.; Phys. Rev. Lett. Nr. 7, (1961) S. 43<br />

[5] Lasarewitsch, Witali; Ginzburg, Lew D.; Zh. Eksp. Theor. Fiz. 20,<br />

(1950) S.1064<br />

[6] Buckel, Werner, Kl<strong>ein</strong>er, R<strong>ein</strong>hold; Supraleitung: Grundlagen und<br />

Anwendungen Wiley-VCH, (2004)<br />

[7] Einzel, Dietrich; Supraleitung und Suprafluidität; Lexikon der Physik,<br />

Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg (2000) Band 5,<br />

S. 228 - 235<br />

[8] Einzel, Dietrich; Superfluids, Encyclopedia of mathematical physics,<br />

Eds. Francoise J.-P., Naber G. L. and Tsou S. T., Oxford (2006)<br />

Volume 5, S. 115 - 121<br />

[9] Einzel, Dietrich, Schmidt, Philip; Theory of Superconductors, an<br />

analytic approach Wird ersch<strong>ein</strong>en in: The American Journal of<br />

Physics, (2009)<br />


Magazin<br />

Dr. Matthias Frommert entwickelt <strong>Stahl</strong>werkstoffe für Rohre und untersucht<br />

deren Mikrostruktur mit dem Rasterelektronenmikroskop<br />

(Quelle : Salzgitter AG)<br />

56<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Portrait<br />

„Das lernen Sie alles an der Uni!“<br />

Dr. Matthias Frommert entwickelt neue <strong>Stahl</strong>werkstoffe bei Salzgitter Mannesmann Forschung<br />

Biologie und Englisch als Leistungskurse:<br />

Für <strong>ein</strong> Studium der Metallurgie und<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik war Matthias Frommert<br />

mit dieser Kombination eigentlich<br />

nicht optimal vorbereitet.<br />

Trotzdem hat es geklappt – Frommert<br />

hat s<strong>ein</strong> Studium an der Rh<strong>ein</strong>isch-<br />

Westfälischen Technischen Hochschule<br />

(RWTH) in Aachen erfolgreich absolviert<br />

und arbeitet jetzt im Salzgitter-<br />

Konzern in Duisburg.<br />

Bei der Salzgitter Mannesmann Forschung<br />

GmbH entwickelt der mittlerweile<br />

37jährige <strong>Stahl</strong>werkstoffe für<br />

Rohre, aus denen Pipelines, Kräne oder<br />

Brücken entstehen.<br />

Wie kam es zu der Entscheidung, in<br />

die Welt der <strong>Werksto</strong>ffe <strong>ein</strong>zutauchen<br />

Es war <strong>ein</strong> Besuch an der RWTH, der<br />

Frommert überzeugte.<br />

Zum Ende der Schulzeit in Münster<br />

fragte er sich – wie zu diesem Zeitpunkt<br />

üblich – was kommt nach dem Abi<br />

Auf <strong>ein</strong>em Infotag in Aachen sprach er<br />

mit Studierenden und Doktoranden.<br />

„Das hat mich fasziniert; ihre Erzählungen<br />

von spannenden Themen und<br />

Projekten aus der <strong>Werksto</strong>ffforschung<br />

haben mich be<strong>ein</strong>druckt. Außerdem<br />

hatte ich das Gefühl, dass die RWTH<br />

Aachen <strong>ein</strong>e Uni ist, an der ich mich<br />

wohlfühlen würde.“<br />

Aber Frommert fragte sich ebenfalls:<br />

„Bin ich richtig vorbereitet – Mathe,<br />

Physik und Chemie hatte ich doch nur in<br />

Pflichtkursen in der Oberstufe gehabt“<br />

Etwas zuversichtlicher stimmte ihn <strong>ein</strong>e<br />

Anfrage an <strong>ein</strong>en Professor in Aachen.<br />

Der antwortete knapp und bestimmt:<br />

„Was Sie für‘s Studium brauchen, das<br />

lernen Sie alles an der Uni.“<br />

Und so kam es denn auch, obwohl das<br />

Studium der Hüttenkunde, wie es damals<br />

in Aachen noch hieß, in den ersten<br />

Semestern k<strong>ein</strong> Zuckerschlecken war.<br />

Ab und an zweifelte der Jungstudent:<br />

„Kann ich das schaffen“<br />

Frommert schaffte es. „Ich musste mich<br />

in Mathe und Physik durchbeißen. Mit<br />

entsprechenden Leistungskursen am<br />

Gymnasium wäre es wohl <strong>ein</strong>facher gewesen.<br />

Außerdem waren wir im Grundstudium<br />

mit den E-Technikern und den<br />

Maschinenbauern zusammen in den<br />

Veranstaltungen. Da wurde viel Stoff in<br />

recht kurzer Zeit vermittelt.“


Magazin<br />

Bis zum Vordiplom sei die inhaltliche<br />

Beschäftigung mit dem eigentlichen Studienfach<br />

eher gering gewesen, berichtet<br />

Frommert. Allerdings änderte sich dies<br />

im Hauptstudium. „Von da an beginnt<br />

es, richtig interessant zu werden“, entdeckte<br />

er und merkte, dass ihn besonders<br />

die metallphysikalischen Hintergründe<br />

interessieren und erst in zweiter Linie die<br />

prozessorientierten Inhalte.<br />

Also vertiefte Frommert <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />

und promovierte nach dem<br />

Diplom am Institut für Metallkunde und<br />

Metallphysik.<br />

S<strong>ein</strong>e Entscheidung in Aachen zu studieren<br />

hat er nie bereut: „Die RWTH<br />

hat bei den Ingenieurwissenschaften <strong>ein</strong>en<br />

exzellenten Ruf. Zudem gab es im<br />

Hauptstudium <strong>ein</strong>e Eins-A-Betreuung.<br />

Die Zahl von Studierenden war relativ<br />

gering im Verhältnis zu den Professoren<br />

und Assistenten.“<br />

57<br />

Young Researcher<br />

Die nächste berufliche Station war das<br />

Max-Planck-Institut für Eisenforschung<br />

in Düsseldorf. Als so genannter Post-Doc<br />

leitete er das Projekt „Kornorientierte<br />

Elektrostähle“. Besonders gereizt hat<br />

Frommert hier, dass es sich um Grundlagenforschung<br />

handelte, die <strong>ein</strong>en starken<br />

Bezug zur industriellen Produktion hatte.<br />

Seit April 2009 ist Frommert in Duisburg<br />

und kümmert sich besonders um<br />

das neue Rasterelektronenmikroskop.<br />

„Mit diesem Gerät erhalten wir völlig<br />

neue Einblicke in den <strong>Stahl</strong>, in s<strong>ein</strong>e<br />

Mikrostruktur“. Denn erst bei hohen<br />

Vergrößerungen ist es möglich, die komplexen<br />

Strukturelemente in der Größenordnung<br />

von <strong>ein</strong>igen hunderttausendstel<br />

Millimetern aufzulösen, aus denen<br />

kristalline <strong>Werksto</strong>ffe bestehen. Und<br />

letztlich ist es genau diese Mikrostruktur,<br />

die die Eigenschaften des <strong>Werksto</strong>ffs<br />

bestimmt.<br />

„Wenn wir die Zusammenhänge zwischen<br />

der Legierung, den Herstellungsprozessen<br />

und deren Auswirkungen<br />

auf die Mikrostruktur besser verstehen<br />

lernen, dann können wir noch gezielter<br />

<strong>Werksto</strong>ffeigenschaften be<strong>ein</strong>flussen und<br />

neue <strong>Stahl</strong>güten erforschen“, berichtet<br />

Frommert.<br />

Mit s<strong>ein</strong>en Kolleginnen und Kollegen<br />

in der Abteilung <strong>Werksto</strong>ffentwicklung<br />

wird daran gearbeitet, für die Partner im<br />

Mikrostruktur <strong>ein</strong>es <strong>Stahl</strong>blechs gemessen im Rasterelektronenmikroskop; die Farben stellen<br />

unterschiedliche kristallographische Orientierungen dar. (Quelle: Salzgitter AG)<br />

Salzgitter Konzern und externe Kunden<br />

den jeweils passenden <strong>Stahl</strong>werkstoff mit<br />

den optimalen Eigenschaften für deren<br />

zukünftige Anwendungen zu entwickeln.<br />

So ist das berufliche Interesse von<br />

Dr. Matthias Frommert stark auf die Zukunft<br />

von <strong>Stahl</strong> gerichtet. Privat schaut<br />

er ganz gern zurück und findet an Dingen<br />

gefallen, die schon Jahrhunderte alt<br />

sind – und gerade deshalb sehr reizvoll.<br />

Er ist an alter Musik und Archäologie<br />

interessiert. Besonders barocke Opern<br />

und Kunstwerke aus ägyptischer und<br />

römischer Zeit haben es ihm angetan.


Magazin<br />

62<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Studien- und Berufsführer<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften &<br />

Materialwissenschaften<br />

Die <strong>Werksto</strong>fftechnologien gehören zu Deutschlands Schlüsseltechnologien: Rund fünf Millionen<br />

Menschen arbeiten in Branchen, in denen die <strong>Werksto</strong>fftechnologien <strong>ein</strong>e entscheidende Rolle spielen.<br />

Denn ohne die entsprechenden <strong>Werksto</strong>ffe können heute kaum noch neue Technologien in die<br />

Anwendung gebracht werden.<br />

Ziel der <strong>Werksto</strong>ff- und Materialwissenschaften<br />

ist die Entwicklung moderner<br />

Materialien mit verbesserten<br />

Funktionen, innovativer Kompabilität,<br />

niedrigem Energieverbrauch bei der<br />

Herstellung und minimaler Umweltbelastung<br />

- bei gleichzeitiger Reduktion<br />

ihres Gewichts und Volumens. Auch die<br />

Schonung vorhandener Ressourcen ist<br />

von immer zentralerer Bedeutung.<br />

Im Zentrum des Studiums stehen die<br />

Eigenschaften der Materialien, die<br />

Gewinnung von Rohstoffen bzw. die<br />

Herstellung von <strong>Werksto</strong>ffen und ihren<br />

Anwendungsmöglichkeiten. Zu<br />

den <strong>Werksto</strong>ffen mit denen Studenten<br />

im Laufe ihres Studiums in Berührung<br />

kommen gehören u.a. Metalle, Halbleiter,<br />

Keramik, Glas, Polymere, Gummi<br />

sowie diverse Verbundstoffe.<br />

Studieren kann man <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />

bzw. Materialwissenschaften an<br />

Universitäten und Technischen Hochschulen<br />

sowie an Fachhochschulen. Je<br />

nach Studienabschluss dauert das Studium<br />

sechs Semester als Bachelor oder<br />

neun bzw. zehn Semester als Diplom.<br />

Zumindest an den Fachhochulen sind<br />

zusätzlich Vorpraktika und Praxissemester<br />

abzuleisten.<br />

Interesse an Mathe, Physik und<br />

Technik<br />

Die Zahl der werkstoffwissenschaftlichen<br />

Studiengänge ist groß - <strong>ein</strong>ige<br />

grundlegende Voraussetzungen sind<br />

jedoch für alle ähnlich. Die <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />

greifen auf Grundlagen<br />

verschiedener Natur- und Technikwissenschaften<br />

zurück, so dass Studieninteressierte<br />

über gute Kenntnisse in Mathematik<br />

und den Naturwissenschaften<br />

sowie technisches Interesse verfügen<br />

sollten. Auch analytisches Denken und<br />

fachübergreifende Qualifikationen sind<br />

gefragt, etwa Teamfähigkeit oder Flexibilität,<br />

gute Englischkenntnisse und <strong>ein</strong><br />

sicherer Umgang mit Software sind von<br />

Vorteil.<br />

Unterschieden werden folgende Fachbereiche:<br />

Mathematik, Physik, Chemie,<br />

physikalische Chemie, Kristallstrukturlehre,<br />

Konstruktionslehre, Technische<br />

Mechanik und allgem<strong>ein</strong>e <strong>Werksto</strong>ffwissenschaften.<br />

Eng verwandt sind die<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften u.a. mit der<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik <strong>ein</strong>schließlich der Nanotechnik,<br />

mit der Oberflächentechnik,<br />

mit der Metallkunde, mit der Kunststofftechnik<br />

und mit der Papiertechnik.<br />

Beschäftigungsaussichten<br />

Mehr als 60 % aller forschenden Unternehmen<br />

in Deutschland setzten sich<br />

in irgend<strong>ein</strong>er Form mit Fragen aus der<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik aus<strong>ein</strong>ander. Dementsprechend<br />

vielseitig sind dadurch die<br />

Einsatzgebiete nach <strong>ein</strong>em erfolgreichen<br />

Abschluss <strong>ein</strong>es derartig ausgerichteten<br />

Studiums. In der Industrie sind <strong>Werksto</strong>ffwissenschaftler<br />

aufgrund ihrer<br />

soliden Kenntnissen in natur- und ingenieurwissenschaftlichen<br />

Grundlagen<br />

sowie über die <strong>Werksto</strong>ffe und deren<br />

Technologien sowohl in der Forschung<br />

und Entwicklung als auch in der Materialherstellung<br />

bzw. -verarbeitung, in der<br />

Produktentwicklung oder der Qualitätssicherung<br />

ebenso tätig, wie in Management,<br />

Marketing oder Verkauf.<br />

Genauso breit gefächert sind dabei die<br />

jeweiligen Branchen, in denen <strong>Werksto</strong>ffingenieure<br />

ihren Beruf ausüben<br />

können: je nach <strong>Werksto</strong>ff kann das in<br />

der Verkehrstechnik, im Maschinenbau,<br />

in der Umwelttechnik, im Bereich der<br />

Informations- und Kommunikationstechnologien,<br />

der chemischen Industrie<br />

oder der Elektrotechnik s<strong>ein</strong>. Darüber<br />

hinaus finden Absolventen Beschäftigung<br />

in der Denkmalpflege oder bei<br />

öffentlichen Prüfstellen, wie der Bundesanstalt<br />

für Materialprüfung.<br />

Wer sich für <strong>ein</strong> werkstoffwissenschaftliches<br />

Studium entscheidet, hat auf<br />

jeden Fall gute Chancen auf <strong>ein</strong>en zukunftssicheren<br />

Arbeitsplatz.


Magazin<br />

Studiengänge im Bereich<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften/<br />

Materialwissenschaften<br />

1<br />

RWTH Aachen:<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

<strong>Werksto</strong>ffingenieurwesen<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

<strong>Werksto</strong>ffingenieurwesen<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Angewandte Polymerwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

3<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Universität Augsburg:<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Advanced Materials Science<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Functional Advanced Materials<br />

and Engineering (FAME)<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

4<br />

5<br />

Universität Bayreuth<br />

Materialwissenschaft<br />

• Abschluss: Diplom-Ingenieur<br />

• Studiendauer: 10 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Materialwissenschaft und Werkzeugtechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Materials Science and Engineering<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemeter,<br />

Wintersemester<br />

TU Berlin:<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

63<br />

Young Researcher<br />

2<br />

Hochschule Aalen<br />

Oberflächen- und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />

• Studiendauer: 7 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Angewandte Oberflächen- und<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Polymer Technology<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester


Magazin<br />

64<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

6<br />

7<br />

Polymer Science<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Fachhochschule Bielefeld:<br />

Produktions- und Kunststofftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />

• Studiendauer: 7 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Hochschule Bonn-Rh<strong>ein</strong>-Sieg:<br />

Chemie mit Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

TU Clausthal:<br />

Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester<br />

Wintersemester<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

13<br />

Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Advanced Materials and Processes<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Hochschule Esslingen:<br />

Angewandte Oberflächen- und<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

8<br />

9<br />

Universität Bremen:<br />

Materialwissenschaftliche Mineralogie,<br />

Chemie und Physik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Computational Materials Science<br />

• Abschluss: Matser of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

TU Clausthal:<br />

Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

10<br />

11<br />

12<br />

TU Darmstadt:<br />

Materialwissenschaft<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

TU Dresden:<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaften<br />

• Abschluss: Diplom-Ingenieur<br />

• Studiendauer: 10 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

FAU Erlangen-Nürnberg:<br />

Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

14<br />

15<br />

16<br />

TU Bergakademie Freiberg:<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnologie<br />

• Abschluss: Diplom-Ingenieur<br />

• Studiendauer: 10 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Fachhochschule Gelsenkirchen:<br />

Chemie mit Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

JL Universität Gießen:<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester


Magazin<br />

25<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

CA Universität zu Kiel:<br />

Materialwissenschaft<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Materialwissenschaft<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

65<br />

Young Researcher<br />

17<br />

18<br />

19<br />

20<br />

21<br />

GA Universität Göttingen:<br />

Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

ML Universität Halle-Wittenberg:<br />

Polymer Materials Science<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

TU Hamburg-Harburg:<br />

European Masters in Materials<br />

Science<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

GWL Universität Hannover:<br />

Material- und Nanochemie<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

HfAW Hof:<br />

Systemwerkstoffe<br />

• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />

• Studiendauer: 7 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

22<br />

23<br />

24<br />

Verbundwerkstoffe<br />

• Abschluss: Master of Engineering<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

TU Ilmenau:<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />

• Abschluss: Bacherlor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Fachhochschule Jena:<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Engeneering<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Master of Engeneering<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

FS Universität Jena:<br />

<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

TU Kaiserslautern:<br />

Material- und Produktionstechnik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

26<br />

27<br />

28<br />

29<br />

30<br />

Universität Konstanz:<br />

Molekulare Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Molekulare Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Universität Leipzig:<br />

Molekulare Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

TU München:<br />

Molekulare Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Fachhochschule Münster:<br />

Angewandte Materialwissenschaft<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

GSOHfaW Nürnberg:<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Engineering<br />

• Studiendauer: 7 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester


Magazin<br />

66<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

31<br />

Neue Materialien, Nano- und<br />

Produktionstechnik<br />

• Abschluss: Master of Engineering<br />

• Studiendauer: 3 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester<br />

Fachhochschule Osnabrück:<br />

Kunst- und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Kunst- und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

33<br />

34<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Universität Stuttgart:<br />

Materialwissenschaften<br />

• Abschluss: Bachelor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Universität Ulm:<br />

Advanced Materials<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

35<br />

JM Universität Würzburg:<br />

Technologie der Funktionswerkstoffe<br />

• Abschluss: Bacherlor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

Technologie der Funktionswerkstoffe<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Universität Osnabrück:<br />

Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

25<br />

32<br />

Universität des Saarlandes:<br />

Materialwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnik<br />

• Abschluss: Bacherlor of Science<br />

• Studiendauer: 6 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Sommersemester,<br />

Wintersemester<br />

Materialwissenschaft<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• k<strong>ein</strong>e Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

1<br />

15<br />

7<br />

29<br />

31<br />

8<br />

6<br />

19<br />

20<br />

17<br />

9<br />

22<br />

23<br />

18<br />

27<br />

5<br />

14<br />

11<br />

Advanced Materials Science and<br />

Engineering (AMASE)<br />

• Abschluss: Master of Science<br />

• Studiendauer: 4 Semester<br />

• örtliche Zulassungsbeschränkung<br />

• Studienbeginn: Wintersemester<br />

32<br />

24<br />

16<br />

10<br />

35<br />

12<br />

30<br />

4<br />

21<br />

13<br />

2<br />

33<br />

34<br />

3<br />

28<br />

26


Magazin<br />

67<br />

Young Researcher


Magazin<br />

68<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Advertorial<br />

Von der Vorlesung in die Konstruktion<br />

Duales Studium bei SMS Siemag AG<br />

Aus dem guten alten <strong>Stahl</strong> ist heute <strong>ein</strong><br />

moderner Hightech-<strong>Werksto</strong>ff geworden.<br />

Über zweitausend <strong>Stahl</strong>sorten gibt es.<br />

Mit maßgeschneiderten Eigenschaften.<br />

Hochfeste Stähle machen beispielsweise<br />

Autos leichter und erhöhen gleichzeitig<br />

die Crash-Sicherheit, sie steigern den Wirkungsgrad<br />

von Kraftwerken und werden<br />

für hochbelastbare Bauteile in der Luftund<br />

Raumfahrttechnik <strong>ein</strong>gesetzt. Mit<br />

neuen <strong>Stahl</strong>sorten lassen sich aber auch<br />

zukunftsweisende Architekturprojekte<br />

verwirklichen. Die <strong>Stahl</strong>- und Walzwerksbranche<br />

ist zur sogenannten Enabler-<br />

Industrie avanciert. Sie ermöglicht neue<br />

Schlüsseltechnologien.<br />

Mittlerweile wissen die Schulabsolventen<br />

mit Hochschul- oder Fachhochschulreife,<br />

wie spannend die Technik rund um<br />

die <strong>Stahl</strong>erzeugung und -verarbeitung ist.<br />

Einer der weltweit größten Anlagenbauer<br />

in diesem Bereich – die SMS Siemag AG<br />

– hat zum Popularitätsschub der Branche<br />

maßgeblich beigetragen.<br />

Das Unternehmen gehört zur SMS group.<br />

Diese entwickelt und baut mit rund 8.900<br />

Mitarbeiter Anlagen und Maschinen für<br />

die <strong>Stahl</strong>- und NE-Metallindustrie. 2008<br />

betrug der Umsatz rund 3,6 Mrd. Euro.<br />

SMS Siemag liefert und errichtet Anlagen<br />

für die gesamte Prozesskette vom flüssigen<br />

<strong>Stahl</strong> bis zum fertig gewalzten <strong>Stahl</strong>blech<br />

– also u.a. Schmelzöfen, Gießanlagen und<br />

Walzwerke.<br />

Familiengeführte Employer-Brand<br />

Trotz dieser Größe und Internationalität<br />

wird die SMS Group vom Inhaber und<br />

Familienunternehmer Dr. H<strong>ein</strong>rich Weiß<br />

geführt. Diese mittelständische Prägung<br />

unterscheidet SMS Siemag von anderen<br />

Konzernen. Dazu zählt beispielsweise,<br />

dass junge Berufsanfänger bereits frühzeitig<br />

Verantwortung übernehmen und<br />

technische Trainees an der Seite erfahrener<br />

Ingenieure im Ausland arbeiten.<br />

Aber auch die Qualität und Praxisnähe<br />

der Ausbildung gehört zu den traditionellen<br />

Stärken des Unternehmens. Mit<br />

s<strong>ein</strong>en Karrieremöglichkeiten und Förderprogrammen<br />

war und ist SMS Siemag <strong>ein</strong><br />

Employer-Brand, und zwar lange bevor<br />

der Ausdruck für <strong>ein</strong>e Arbeitgeber-Marke<br />

überhaupt geprägt wurde.<br />

Im Gegensatz zu den Trendbranchen<br />

Automobil-, Computer- und Telekommunikations-Industrie<br />

haftete den<br />

Großanlagen und Maschinen allerdings


Magazin<br />

ung von Studien-, Diplom- und Masterarbeiten<br />

bis hin zum unternehmenseigenen<br />

Stipendienprogramm.<br />

69<br />

lange etwas Schwerfälliges an. Doch das<br />

verstaubte Image der „old economy“ gehört<br />

längst der Vergangenheit an. Mit<br />

neuen Anlagen- und Umweltschutz-<br />

Entwicklungen, mit komplexen Automations-<br />

und Prozesstechniken und mit<br />

intelligenten Computersimulationen im<br />

Rahmen von Virtual Reality rückte man<br />

in den letzten Jahren zusehends in den Fokus<br />

junger Menschen, die <strong>ein</strong>e Ingenieurskarriere<br />

planen.<br />

SMS Siemag ist heute k<strong>ein</strong>e unbekannte<br />

Größe bei den technisch orientierten<br />

Schulabgängern. Die aktive Unternehmenspolitik<br />

im Hinblick auf Nachwuchsförderungen<br />

und das Engagement in<br />

Schulen, Universitäten und auf Berufsmessen<br />

zahlt sich also aus. Man kennt zunehmend<br />

die Anlagentechniken und die<br />

Karrierechancen bei SMS Siemag.<br />

Duales Studium<br />

Bestes Beispiel ist das „Duale Studium“<br />

von SMS Siemag. Dabei werden betriebliche<br />

und wissenschaftliche Arbeit kombiniert,<br />

indem die Studierenden während<br />

der Semesterferien bereits in ihrem<br />

zukünftigen Bereich arbeiten. Reizvoll ist<br />

dabei die finanzielle und fachliche Unterstützung<br />

während des Studiums. Als Gegenleistung<br />

verpflichtet man sich, nach<br />

dem Studium drei Jahre bei SMS Siemag<br />

zu arbeiten.<br />

Das Duale Studium bei SMS Siemag<br />

funktioniert folgendermaßen: Nach <strong>ein</strong>er<br />

verkürzten Berufsausbildung von zwei<br />

bis zwei<strong>ein</strong>halb Jahren kann man an der<br />

Universität Siegen und der FH Düsseldorf<br />

<strong>ein</strong>en Universitätsabschluss in den Fachrichtungen<br />

Maschinenbau/Konstruktion<br />

oder Elektrotechnik/Automatisierungstechnik<br />

erreichen.<br />

Auch für kaufmännische Berufe<br />

steht das Duale Studium<br />

in Kooperation mit den Fachhochschulen<br />

für Ökonomie<br />

und Management in Neuss<br />

und Siegen offen. Die Absolventen<br />

erreichen hier <strong>ein</strong>en<br />

Abschluss als Bachelor of Business<br />

Administration.<br />

Stipendien<br />

Wer direkt ins Studium <strong>ein</strong>steigen<br />

möchte, für den hält<br />

der Anlagenbauer ebenfalls<br />

attraktive Angebote bereit. Das reicht von<br />

vielfältigen Praktika in den Fachabteilungen<br />

bei SMS Siemag über die Betreu-<br />

In enger Zusammenarbeit mit der RWTH<br />

Aachen, der TU Clausthal und der TU<br />

Darmstadt werden „technische Talente“<br />

in den Fachrichtungen Metallurgie, Maschinenbau,<br />

Elektrotechnik, Mechatronik,<br />

Wirtschaftsingenieurswesen und<br />

Wirtschaftswissenschaften finanziell gefördert.<br />

Ziel ist es natürlich, die „High Potentials“<br />

frühzeitig für das Unternehmen<br />

SMS Siemag und s<strong>ein</strong>e Anlagentechniken<br />

zu begeistern.<br />

S<strong>ein</strong>e Attraktivität steigert der zukünftige<br />

Arbeitgeber auch mit dem gem<strong>ein</strong>nützigen<br />

Ver<strong>ein</strong> „SMS Siemag Kolleg e.V.“.<br />

Hierbei betreibt man gem<strong>ein</strong>sam mit der<br />

RWTH Aachen <strong>ein</strong> Studentenwohnheim<br />

für rund 60 Studenten, die damit den<br />

Kopf für das Studium frei haben und<br />

sich in der neuen Stadt nicht auf die<br />

mühevolle und teure Zimmersuche begeben<br />

müssen.<br />

Young Researcher<br />

Weiterqualifizierung<br />

Und wie geht es nach dem Studium bei<br />

SMS Siemag weiter Für <strong>ein</strong> Unternehmen,<br />

das Anlagen für die <strong>Stahl</strong>- und NE-<br />

Metalle-Industrie baut, hat der Ausspruch<br />

„wer rastet, der rostet“ ganz besondere<br />

Bedeutung. Aus diesem Grund gibt es<br />

Personalentwicklungsprozesse (PEP), die<br />

sowohl persönliche und fachliche Kompetenzen<br />

langfristig ausbauen.<br />

Außerdem sorgt die SMS-Akademie laufend<br />

mit technischen, vertrieblichen und<br />

interkulturellen Themen für <strong>ein</strong> umfassendes<br />

Bildungsangebot.


Magazin<br />

70<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

Die Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnologie der<br />

TU Bergakademie Freiberg<br />

Hightech-Materialien für die Zukunft<br />

<strong>Werksto</strong>ffe sind Basis und Motor der deutschen Industrie. Ob Fahrzeug- und Maschinenbau, chemische<br />

Industrie, Elektronikindustrie oder Metallverarbeitung: In allen Produkten dieser Branchen sorgen moderne<br />

<strong>Werksto</strong>ffe für Innovation. Eine der bedeutendsten Ausbildungs- und Forschungs<strong>ein</strong>richtungen<br />

auf dem Gebiet <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und <strong>Werksto</strong>fftechnologie ist die TU Bergakademie Freiberg.<br />

Nach <strong>ein</strong>er Studie des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung (BMBF)<br />

hängen 70 Prozent aller technischen Neuerungen<br />

direkt oder indirekt von <strong>Werksto</strong>ffen<br />

und <strong>Werksto</strong>fftechnologie ab.<br />

Daher spielen Ausbildung und Forschung<br />

im Bereich <strong>Werksto</strong>ffe für die weitere<br />

wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland<br />

<strong>ein</strong>e zentrale Rolle. Die TU Bergakademie<br />

Freiberg hat in den vergangenen<br />

Jahren ihre Materialforschung konsequent<br />

ausgebaut. In <strong>ein</strong>er Vielzahl von Großforschungsprojekten<br />

suchen Freiberger <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

nach neuen Materialien unter<br />

anderem für die Fahrzeugindustrie, den<br />

Maschinenbau oder die Elektronikindustrie.<br />

Zudem bildet die Freiberger Universität<br />

die meisten Materialwissenschaftler<br />

und <strong>Werksto</strong>ffingenieure in Sachsen aus.<br />

„Das Besondere an der Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />

und <strong>Werksto</strong>fftechnologie<br />

der TU Bergakademie Freiberg ist ihr<br />

breit gefächertes Ausbildungsangebot“,<br />

sagt Prof. Horst Biermann, Dekan und<br />

Professor für <strong>Werksto</strong>fftechnik. „Unsere<br />

Studierenden können <strong>ein</strong> umfangreiches<br />

Grundlagenwissen erwerben und sich<br />

dann entsprechend ihrer Interessen spezialisieren.“<br />

Die Verzahnung von Theorie<br />

und Praxis – das Markenzeichen der<br />

TU Bergakademie Freiberg – gelte auch<br />

und ganz besonders für die werkstofforientierten<br />

Studiengänge. „Wir kooperieren<br />

beispielsweise mit ThyssenKrupp und Siemens“,<br />

so Biermann. „Davon profitieren<br />

vor allem unsere Studenten, die dort ihre<br />

Praxissemester verbringen und Studienoder<br />

Abschlussarbeiten schreiben.“<br />

Innovative Studiengänge<br />

An der Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />

und <strong>Werksto</strong>fftechnologie werden<br />

vier verschiedene Studiengänge angeboten.<br />

Sie alle weisen Besonderheiten auf,<br />

die sie von ähnlichen Fachrichtungen<br />

an anderen deutschen Hochschulen unterscheiden.<br />

So werden im Diplomstudiengang<br />

„<strong>Werksto</strong>ffwissenschaft und<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnologie“ beide Disziplinen<br />

verknüpft – <strong>ein</strong>e Grundvoraussetzung für<br />

<strong>ein</strong>en erfolgreichen <strong>Werksto</strong>ffingenieur.<br />

Die <strong>Werksto</strong>ffpalette reicht dabei von den<br />

Metallen über die keramischen <strong>Werksto</strong>ffe<br />

bis hin zu den Elektronikwerkstoffen und<br />

Verbundwerkstoffen. Im Hauptstudium<br />

stehen sechs Vertiefungsrichtungen zur<br />

Wahl.<br />

Der Ausbildung von Spezialisten widmen<br />

sich die anderen drei werkstoffwissenschaftlichen<br />

Studiengänge der TU Bergakademie.<br />

Wer sich für „<strong>Werksto</strong>fftechnologie/Gießereitechnik“<br />

entscheidet, hat<br />

nach dem Abschluss beste berufliche Perspektiven.<br />

Schon während des Studiums<br />

unterstützen Gießereiunternehmen wie<br />

Buderus Guss oder Silbitz Guss den Ingenieurnachwuchs<br />

mit Stipendien, denn die<br />

Nachfrage nach Gießerei-Spezialisten ist<br />

dauerhaft hoch.<br />

Trotz Wirtschaftskrise bleibt die Automobilindustrie<br />

mit ihren Zulieferern<br />

und Vertriebsstrukturen der wichtigste<br />

Industriezweig in Deutschland. Der langfristigen<br />

Bedarf an hochqualifizierten<br />

Fachkräften trägt die TU Bergakademie<br />

Freiberg mit dem Studiengang „Fahrzeugbau:<br />

<strong>Werksto</strong>ffe und Komponenten“<br />

Rechnung. Die Absolventen verfügen<br />

über spezifische Kenntnisse auf dem


Magazin<br />

71<br />

Die Profilfarben der TU Bergakademie Freiberg<br />

Gebiet der Entwicklung und des Einsatzes<br />

von <strong>Werksto</strong>ffen und Fertigungstechnologien<br />

für Fahrzeugkomponenten.<br />

Sie haben fundiertes Wissen in Bezug auf<br />

Berechnung, Konstruktion, Fertigung,<br />

<strong>Werksto</strong>ff<strong>ein</strong>satz, Qualitätsprüfung und<br />

Recycling von Fahrzeugteilen. Die Ausbildung<br />

wird durch <strong>ein</strong>en wissenschaftlichen<br />

Beirat unterstützt, in dem unter anderem<br />

Audi, Porsche und Daimler vertreten sind.<br />

Einen Schwerpunkt in der Ausbildung<br />

an der TU Bergakademie Freiberg bilden<br />

die Elektronikmaterialien. <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

unterschiedlicher Fachrichtungen und<br />

Fakultäten arbeiten hier zusammen. Am<br />

Institut für Elektronik- und Sensormaterialien<br />

werden zielgerichtet Ingenieure<br />

für die Forschung, Entwicklung, Fertigung<br />

und Qualitätssicherung von Elektronischen<br />

Bauelementen, Sensoren und<br />

Aktoren ausgebildet. Die Absolventen des<br />

Studiengangs „Elektronik- und Sensormaterialien“<br />

finden ihre Einsatzgebiete in der<br />

Halbleiterindustrie und in Unternehmen,<br />

die z. B. Sensoren oder Spezialbauelemente<br />

bzw. Schaltkreise herstellen.<br />

Überdurchschnittliche Ausstattung<br />

Ein Pluspunkt für Freiberger Studierende<br />

ist die überdurchschnittlich gute technische<br />

Ausstattung der Institute. Schon<br />

früh im Studium lernen sie den Umgang<br />

mit hochmodernen Geräten wie Elektronenmikroskopen,<br />

Gießerei-Anlagen oder<br />

Umform-Anlagen wie z.B. <strong>ein</strong>em Walzwerk.<br />

Seit 2008 steht <strong>ein</strong> neuer R<strong>ein</strong>raum-Komplex<br />

zur Verfügung.<br />

Ein Vorteil, den auch Andreas Jahn während<br />

s<strong>ein</strong>es Studiums der <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />

und <strong>Werksto</strong>fftechnologie an<br />

der Fakultät kennen gelernt hat. Lange<br />

Wartezeiten, wie sie an anderen Hochschulen<br />

üblich sind, kennt man hier nicht.<br />

„Der Studienwunsch <strong>Werksto</strong>ffe, speziell<br />

Metallurgie, stand bei mir schon früh fest,<br />

da m<strong>ein</strong> Vater in der <strong>Stahl</strong>industrie tätig<br />

ist“, erzählt Andreas Jahn.<br />

Auch die Entscheidung für die TU Bergakademie<br />

Freiberg sei schnell gefallen.<br />

„Freiberg hat Tradition und <strong>ein</strong>en guten<br />

Ruf – nicht nur fachlich, sondern auch,<br />

was die Betreuung angeht.“ Dieser habe<br />

sich auf jeden Fall bestätigt. „Dadurch,<br />

dass alles sehr kl<strong>ein</strong> und übersichtlich ist,<br />

geht es sehr familiär zu. Als Student wird<br />

man schnell in die Abläufe integriert und<br />

kann sich zum Beispiel als Studentische<br />

Hilfskraft bei Forschungsprojekten <strong>ein</strong>bringen.“<br />

Das Praxissemester absolvierte<br />

er bei ThyssenKrupp VDM, <strong>ein</strong>em führenden<br />

Hersteller metallischer Hochleistungswerkstoffe.<br />

SFB für neue Hochleistungswerkstoffe<br />

Hintergrund des SFB ist <strong>ein</strong> Problem,<br />

dem <strong>Wissenschaft</strong>ler auf der ganzen Welt<br />

mit verschiedensten Ansätzen begegnen<br />

wollen. Knappe Ressourcen und die Notwendigkeit<br />

zur Senkung des Energiebedarfs<br />

fordern auch die <strong>Werksto</strong>ffforschung<br />

heraus, deutlich leistungsfähigere und<br />

dennoch material- und energieeffizientere<br />

<strong>Werksto</strong>ffe und Herstellungsverfahren<br />

zu finden. Die gezielte Kombination<br />

verschiedener Materialien zu neuen Verbundwerkstoffen<br />

und die Übertragung in<br />

der Natur vorkommender Bauprinzipien<br />

auf technologische Lösungen (Bionik)<br />

eröffnen dabei völlig neue Perspektiven.<br />

Young Researcher<br />

Dipl.-Ing. Malchasi Aitsuradse forscht mit Hilfe<br />

neuer innovativer Giesstechnologien an Leichtbaukomponenten<br />

für den Fahrzeugbau<br />

Seit knapp zwei Jahren ist der 27-Jährige<br />

<strong>Wissenschaft</strong>licher Mitarbeiter am Institut<br />

für Eisen- und <strong>Stahl</strong>technologie der<br />

TU Bergakademie Freiberg. „In m<strong>ein</strong>er<br />

Promotionsarbeit beschäftige ich mich<br />

mit Stählen, gleichzeitig hohe Festigkeiten<br />

und hohe Dehnungen erreichen.<br />

Normalerweise kann man nur die Dehnung<br />

oder die Festigkeit erhöhen, aber<br />

nie beides gleichzeitig“. S<strong>ein</strong>e Arbeit ist<br />

Teil <strong>ein</strong>es Sonderforschungsbereiches<br />

(SFB) der Deutschen Forschungsgem<strong>ein</strong>schaft<br />

(DFG), der 2008 an der TU Bergakademie<br />

Freiberg <strong>ein</strong>gerichtet wurde.<br />

Wie man Roboter zum Laufen und Fußballspielen<br />

bringt, demonstriert Nachwuchswissenschaftler<br />

Heni Amor vom Insitut für Informatik<br />

Schülern zum Tag der offenen Tür<br />

Die Vision des SFB an der TU Bergakademie<br />

Freiberg ist daher die Erforschung<br />

<strong>ein</strong>er neuen Klasse von Hochleistungs-<br />

Verbundwerkstoffen mit dem Namen<br />

TRIP-MATRIX-COMPOSITE. <strong>Stahl</strong><br />

wird mit <strong>ein</strong>em Keramikwerkstoff verbunden,<br />

so dass daraus neue Materialien<br />

mit sehr hoher Festigkeit, Verformbarkeit<br />

und Zähigkeit entstehen.


72<br />

Magazin<br />

Die Erforschung neuartiger <strong>Werksto</strong>ffe,<br />

Strukturen und Verfahren sowie <strong>ein</strong> an<br />

die Bionik angelehntes intelligentes Design<br />

ermöglichen höchstbeanspruchbare<br />

Komponenten mit bahnbrechenden Eigenschaften<br />

für die Sicherheit der Insassen<br />

von Kraft-, Schienen- und Luftfahrzeugen.<br />

Darüber hinaus werden zukunftsträchtige<br />

Anwendungsfelder im Maschinenbau am<br />

Beispiel von höchst belasteten Verschleißund<br />

Trägerkomponenten erschlossen.<br />

Prof. Daviv Rafaja vom Insitut für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft erforscht<br />

neue Verfahren zur Herstellung moderner <strong>Werksto</strong>ffe, die<br />

unter anderem in Sensoren zum Einsatz kommen<br />

Die effizienten und kostengünstigen Herstellungstechnologien<br />

werden in der Lage<br />

s<strong>ein</strong>, den Fertigungsaufwand zu minimieren<br />

und industrielle Entwicklungszeiten<br />

neuer Produkte erheblich zu beschleunigen.<br />

Durch die neuen TRIP-MATRIX-<br />

COMPOSITE wird es all<strong>ein</strong> im PKW<br />

ermöglicht, bei gleichem Bauraum die<br />

dreifache Energieaufnahme kostengünstiger<br />

und leichter zu realisieren. Das Ziel<br />

<strong>ein</strong>er höheren Materialeffizienz sowie der<br />

Reduktion des Kraftstoffaufwandes und<br />

der CO2-Emissionen rückt damit in greifbare<br />

Nähe.<br />

<strong>Wissenschaft</strong>licher Nachwuchs<br />

Um den wissenschaftlichen Nachwuchs<br />

zu fördern verfolgt die TU Bergakademie<br />

Freiberg im Rahmen des SFB erfolgreich<br />

<strong>ein</strong> Konzept, das <strong>ein</strong> durchgängiges Angebot<br />

von der Schule bis zum<br />

Post Doc b<strong>ein</strong>haltet. „Science<br />

meets School - <strong>Werksto</strong>ffe<br />

und Technologien in Freiberg“<br />

heißt <strong>ein</strong>e Initiative,<br />

bei der Schüler ab Klasse 8,<br />

Lehrer und <strong>Wissenschaft</strong>ler<br />

in <strong>ein</strong>em eigens dafür geschaffenen<br />

Schülerlabor gem<strong>ein</strong>sam<br />

<strong>Werksto</strong>ffe untersuchen.<br />

In wissenschaftlichen<br />

Experimenten erhalten die<br />

Schüler <strong>ein</strong>en Einblick in die<br />

Welt der Materialforschung.<br />

Lehrer nutzen die Angebote<br />

der Universität für Fortbildungen<br />

und holen sich neue<br />

Ideen für den Unterricht.<br />

Im Studium sollen die Studierenden<br />

frühzeitig selbständiges<br />

Arbeiten und Forschen lernen.<br />

Als studentische Hilfskraft können sie<br />

mit intensiver Unterstützung durch das<br />

wissenschaftliche Personal ihren eigenen<br />

Beitrag zu wichtigen Forschungsprojekten<br />

leisten. Für Doktoranden wurde am Sonderforschungsbereich<br />

<strong>ein</strong> eigenes Graduiertenkolleg<br />

<strong>ein</strong>gerichtet, das unter dem<br />

Dach der Graduierten- und Forschungsakademie<br />

der TU Bergakademie Freiberg<br />

sehr gute Voraussetzung für <strong>ein</strong>e zügige<br />

und qualitativ hochwertige Promotion<br />

bietet.<br />

Ein besonderes Ziel des SFB ist es, qualifizierte<br />

Frauen zu motivieren, in Freiberg<br />

zu studieren, zu promovieren und sich<br />

als <strong>Wissenschaft</strong>ler <strong>ein</strong>zubringen. An den<br />

am SFB beteiligten Instituten und Lehrstühlen<br />

der TU Bergakademie Freiberg<br />

ist bereits heute <strong>ein</strong> für ingenieurwissenschaftliche<br />

Fachbereiche weit überdurchschnittlicher<br />

Anteil von <strong>Wissenschaft</strong>lerinnen<br />

beschäftigt.<br />

Die Bergakademie Freiberg wurde 1765<br />

gegründet und gehört zu den ältesten<br />

montanwissenschaftlichen Hochschulen<br />

der Welt. Aus dieser Tradition entwickelte<br />

sich ihr heutiges <strong>ein</strong>maliges Profil,<br />

das neben der Materialwissenschaft und<br />

<strong>Werksto</strong>fftechnik die Gebiete Geowissenschaften,<br />

Energie, und Umwelt umfasst.<br />

Die TU Bergakademie Freiberg ist bekannt<br />

für ihre praxisnahe Ausbildung und<br />

ihre Spitzenforschung.<br />

Die Universitätsstadt Freiberg – auf<br />

halber Strecke zwischen den sächsischen<br />

Metropolen Dresden und Chemnitz gelegen<br />

– bietet <strong>ein</strong> ganz besonderes Flair.<br />

Einst brachte ihr der Silberbergbau Ansehen<br />

und Reichtum. Heute ist sie vor<br />

allem als Hightechstandort für die Mikroelektronik<br />

und regenerative Energien bekannt.<br />

Diese Mischung aus Tradition und<br />

Moderne und ihre landschaftlich reizvolle<br />

Lage am Erzgebirge machen sie attraktiv.<br />

Die Studierenden schätzen die guten und<br />

bezahlbaren Wohnbedingungen, niedrigere<br />

Lebenshaltungskosten sowie <strong>ein</strong><br />

reichhaltigen Kultur- und Freizeitangebot.<br />

Auf der Hannovermesse zeigte das Institut für Eisen- und <strong>Stahl</strong>technologie <strong>ein</strong>e neue <strong>Stahl</strong>legierung.<br />

Entwickelt wurde sie von Dr. Andreas Weiß (r.) und Dr. H<strong>ein</strong>er Gutte (l.). Hier am Rasterelektronenmikroskop<br />

(Quelle Bilder: Technische Universität Bergakademie Freiberg)<br />

TU Bergakademie Freiberg<br />

Fakultät für <strong>Werksto</strong>ffwissenschaft<br />

und <strong>Werksto</strong>fftechnologie<br />

Gustav-Zeuner-Str. 5<br />

09599 Freiberg<br />

Internet: http://tu-freiberg.de


Magazin<br />

Literaturtipp<br />

Ohne Mathematik geht es nicht im Sport<br />

73<br />

Der Startschuss dieses Buches fällt mit<br />

der Suche nach Funktionen für Punktetabellen,<br />

die für <strong>ein</strong>en fairen Ausgleich<br />

der unterschiedlichen Leistungen in den<br />

Disziplinen des leichtathletischen Zehnkampfes<br />

sorgen. Leicht nachvollziehbar<br />

wird dargestellt, wie sich mit zunehmender<br />

Komplexität der verwendeten<br />

Funktionen die Gerechtigkeit der daraus<br />

resultierenden Punktetabellen erhöht.<br />

Leider findet sich k<strong>ein</strong> Hinweis, warum<br />

ausgerechnet im letzten Schritt beim<br />

Übergang zu Potenzfunktionen, auf denen<br />

die heute gültigen Tabellen beruhen,<br />

<strong>ein</strong>e weitere Verbesserung erreicht wird.<br />

Die beiden nächsten Kapitel widmen<br />

sich dem Fußball, genauer der Trefferwahrsch<strong>ein</strong>lichkeit<br />

beim Elfmeter. Mit<br />

unterschiedlichen Ansätzen aus verschiedenen<br />

Bereichen der Mathematik wird<br />

aufgezeigt, dass die errechneten Trefferwahrsch<strong>ein</strong>lichkeiten<br />

stets ziemlich genau<br />

die Realität der letzten 20 Jahre in der<br />

1. Bundesliga widerspiegeln. Es stellt sich<br />

jedoch die Frage, ob hier nicht nur Ansätze<br />

weiter verfolgt wurden, die das bekannte<br />

und erwünschte Resultat ergeben.<br />

Köstlich und bewußt politisch unkorrekt<br />

sind an dieser Stelle Ludwigs abschließende<br />

Betrachtungen zum Frauenfußball.<br />

In weiteren zwei Abschnitten steht die<br />

Leichtathletik im Fokus. Zunächst wird<br />

versucht, die Weltrekorde im 100-m-<br />

Lauf seit den 30er-Jahren, getrennt nach<br />

Frauen und Männern, zu interpolieren.<br />

In humoristischer Weise führt der Autor<br />

vor, wie sich mit Mathematik (fast) alles<br />

beweisen oder berechnen lässt, z.B. durch<br />

Gleichsetzen der Funktionen der Zeitpunkt,<br />

ab dem Frauen schneller laufen<br />

werden als Männer, oder das Jahr, in dem<br />

der Mensch unendlich schnell s<strong>ein</strong> wird<br />

(weil alle Funktionen gegen Null streben)<br />

- insgesamt <strong>ein</strong> Beispiel, dass sich auch<br />

sehr gut im Unterricht (bei linearen bzw.<br />

Exponentialfunktionen) verwenden lässt.<br />

Dachte ich an dieser Stelle, „schlimmer<br />

geht‘s nimmer“, sah ich mich sofort im<br />

nächsten Kapitel über den Freiwurf im<br />

Basketball positiv enttäuscht: Ludwig<br />

führt uns gekonnt durch <strong>ein</strong>e Problemstellung,<br />

die <strong>ein</strong>er Abituraufgabe für <strong>ein</strong>en<br />

Leistungskurs Physik locker zur Ehre<br />

gereicht hätte. Dafür ist der folgende Abschnitt,<br />

in dem <strong>ein</strong>e Faustformel für die<br />

Länge der Bespannung <strong>ein</strong>es Tennis- oder<br />

Badmintonschlägers abgeleitet wird, auch<br />

wieder für Schüler gut verdaubar.<br />

Alles in allem: Als kl<strong>ein</strong>e Bettlektüre oder<br />

zur Entspannung im Urlaub hervorragend<br />

geeignet, ich habe es mit Wonne geradezu<br />

verschlungen! Gekonnt und stets<br />

mit <strong>ein</strong>em Augenzwinkern liefert Ludwig<br />

<strong>ein</strong> Beispiel nach dem anderen, wofür<br />

man Mathematik eigentlich braucht.<br />

Abstriche muss man allerdings bei der<br />

Verwendbarkeit für Lehrer machen. Ein<br />

Großteil des Buches liegt jenseits dessen,<br />

was gem<strong>ein</strong>hin in der Schule unterrichtet<br />

wird, und gerade die Lehrpläne für<br />

Matthias Ludwig<br />

Mathematik und Sport -<br />

Olympische Disziplinen im<br />

mathematischen Blick<br />

Wiesbaden: Vieweg + Teubner,<br />

2008. 165 Seiten, 22,90 Euro,<br />

ISBN: 978-3-8348-0477-8<br />

Mathematik bieten zeitlich kaum Spielraum<br />

für „Orchideen“-Themen, wie sie<br />

hier teilweise vorgestellt werden. Dies<br />

verwundert umso mehr, als der Autor,<br />

Professor für Mathematik und ihre Didaktik<br />

an der PH W<strong>ein</strong>garten, die entsprechenden<br />

Pädagogen aller Schularten<br />

und -stufen doch als s<strong>ein</strong>e primäre Zielgruppe<br />

bezeichnet.<br />

Rezensent: Martin Buchholz<br />

Literaturtipp<br />

Das Universum mit anderen Augen sehen<br />

Anlässlich des Internationalen Jahr der<br />

Astronomie 2009 sind zahlreiche Bücher<br />

neu erschienen. Das Buch „Verborgenes<br />

Universum erklärt allgem<strong>ein</strong> verständlich<br />

die Bilder, die mit modernen Teleskopen<br />

aufgenommen werden.<br />

Die Astronomie lebt von Bildern. Jeder<br />

hat schon mal das verwirrend bunte Bild<br />

<strong>ein</strong>er weitentfernten Sternengalaxie gesehen.<br />

Doch wie entstehen diese Bilder<br />

Was bedeuten die Farben Und was können<br />

Astronomen aus diesen Bildern über<br />

das Universum lernen<br />

Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts konnten<br />

Astronomen nur das sichtbare Licht<br />

nutzen. Mit der Entwicklung der Radioastronomie<br />

änderte sich dies: Die<br />

Astronomen erforschen das Universum<br />

seitdem mit immer neuen „Augen“. Heute<br />

stehen Teleskope auf der Erde und im<br />

Weltraum zur Verfügung. Sie sammeln<br />

„Licht“ aus dem gesamten Spektrum: von<br />

den niederenergetischen Radiowellen bis<br />

zu den energiereichen Gammastrahlen.<br />

Dabei entstehen faszinierende und spektakuläre<br />

Bilder, die das uns bisher verborgene<br />

Universum sichtbar machen.<br />

Viele dieser Bilder werden mit diesem<br />

Buch erstmals der nichtwissenschaftlichen<br />

Öffentlichkeit präsentiert und erklärt.<br />

Es wendet sich an den physikalisch


Magazin<br />

74<br />

<strong>Junge</strong> <strong>Wissenschaft</strong> 84 // 2009<br />

und astronomisch interessierten Laien:<br />

Grundlegende Begriffe werden in den<br />

ersten Kapiteln ausführlich erklärt. Zum<br />

Nachschlagen von Fachbegriffen eignet<br />

sich das Glossar am Ende. Im Hauptteil<br />

des Buches ist jedem Bereich des elektromagnetischen<br />

Spektrums <strong>ein</strong> eigenes<br />

Kapitel gewidmet. So kann der Leser gut<br />

nachvollziehen, welche Methode für welche<br />

astronomische Fragestellung geeignet<br />

ist. Am Beispiel der Galaxie Centaurus A<br />

werden abschließend die Informationen<br />

vieler Teleskope wie <strong>ein</strong> Puzzle zusammen<br />

gesetzt und <strong>ein</strong>e umfassende Beschreibung<br />

dieser Galaxie gegeben.<br />

Erfreulicherweise ist dies viel mehr als<br />

<strong>ein</strong> kommentiertes Bilderbuch. Es wird<br />

großer Wert darauf gelegt, dem Leser<br />

die Bilder zu erklären, wie sie entstanden<br />

sind und was darauf zu sehen ist. Der<br />

Leser kann begreifen und nicht nur unwissend<br />

staunen. Die Bildunterschriften<br />

sind durchgängig sehr ausführlich und<br />

vertiefend. Gut ausgewählte Zitate in<br />

übergroßen Kopfzeilen animieren schon<br />

beim ersten Durchblättern, auch längere,<br />

erklärende Textpassagen zu lesen. Gelegentlich<br />

stören dabei wertende Ausdrücke<br />

wie „atemberaubend“ oder „kommunikationssüchtig“.<br />

Das Buch ist das gelungene Ergebnis der<br />

Zusammenarbeit zweier aktiver Forscher<br />

der European Space Agency (ESA) und<br />

der NASA und <strong>ein</strong>es mehrfachen Autors<br />

populärwissenschaftlicher Sachbücher<br />

aus dem Bereich der Astronomie, Lars<br />

Lindberg Christensen. Dessen große Erfahrung<br />

wird immer dann sichtbar, wenn<br />

es um die Erklärung komplexer Sachverhalte<br />

geht. Wer sich auf dieses Buch<br />

<strong>ein</strong>lässt, kann für sich die verborgenen<br />

Inhalte der faszinierenden Bilder aus der<br />

Astronomie erkunden.<br />

Rezensent: Sabine Walter<br />

Lars Lindberg Christensen, Robert<br />

Fosbury und Robert Hurt<br />

Verborgenes Universum<br />

Wiley-VCH Verlag, 1. Auflage<br />

2009, 145 Seiten<br />

Ihr Urteil ist gefragt!<br />

Rezensieren Sie <strong>ein</strong> Buch Ihrer Wahl und behalten Sie es.<br />

Liebe Leser,<br />

wir laden Sie <strong>ein</strong>: Werden Sie Rezensent und teilen Sie uns Ihre Eindrücke zu Inhalt, Lesbarkeit und Relevanz zu<br />

<strong>ein</strong>em Buch aus unserer Besprechungsliste mit. Wir freuen uns, wenn wir Buchrezensionen von Lesern für Leser<br />

veröffentlichen können und drucken Ihren Artikel in <strong>ein</strong>er unserer nächsten Ausgaben. Interesse<br />

Schicken Sie <strong>ein</strong>e E-Mail an die Chefredaktion der <strong>Junge</strong>n <strong>Wissenschaft</strong> (s.walter@verlag-jungewissenschaft.de)<br />

mit der Angabe des Buches, das Sie gern lesen und kommentieren möchten. Als Dank für Ihre Mühe dürfen Sie das<br />

Buch selbstverständlich behalten.<br />

Folgende Bücher stehen diesmal zur Auswahl:<br />

1. Unser Fenster zum Weltraum (132 S.)<br />

2. Physik auf der Spur (306 S.)<br />

3. Kaffee, Käse, Karies (384 S.)<br />

4. In Mathe war ich immer schlecht (184 S.)<br />

5. Sieben Wunder der Informatik (360 S.)<br />

6. Antarktis- Forschung im ewigen Eis (350 S.)<br />

7. Bilder der Mathematik (324 S.)<br />

8. Der Kuss des Schnabeltiers und 60 weitere witzige<br />

Geschichten aus der Natur und <strong>Wissenschaft</strong> (278 S.)<br />

9. Alles über Strom – So funktioniert Alltagselektronik (250 S.)<br />

10. Welt der Bakterien (274 S.)

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