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Konzeption einer Unterrichtseinheit zur Entwicklung ... - Donat Schmidt

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Seminar: Moralität und moralische Urteilsfähigkeit<br />

SoSe 2006<br />

Dozent: <strong>Donat</strong> <strong>Schmidt</strong><br />

Isabel Fichtner, Henriette Melzer, Carolin Grunert, Janine Schuster<br />

Institut für Philosophie<br />

<strong>Konzeption</strong> <strong>einer</strong> <strong>Unterrichtseinheit</strong> <strong>zur</strong> <strong>Entwicklung</strong> der moralischen<br />

Urteilsfähigkeit<br />

Unterrichtsplanung für Gymnasium (Mittelschule) Klasse 6 „Urteil und Vorurteil“<br />

Einordnung der Stunde in den Lehrplan<br />

° laut Lehrplan Ethik für Gymnasien in Sachsen sind 16 Unterrichtsstunden Bearbeitungszeit<br />

vorgesehen – da in den meisten Fällen Ethik aber als Einstundenfach gegeben wird, verkürzt<br />

sich die Zeit auf 8 Unterrichtsstunden<br />

° wir stellen einen Einstieg ins Thema mit 4 Ustd. à 45 Minuten vor<br />

1


Tabellarischer Überblick über die geplante <strong>Unterrichtseinheit</strong> (4 Ustd.)<br />

Stunde Phase Zeit Inhalt Methode<br />

1. Stunde Gruppenfindung 5 Min. Abzählen<br />

Erarbeitungsphase 15 Min. Merkmalszuordnung zu Gruppenarbeit<br />

Personen auf Bildern<br />

Darbietungsphase/ 7 Min. Schülervortrag<br />

Präsentation<br />

Lehrervortrag 3 Min. reale Merkmalszuordnung<br />

Diskussion 15 Min. Lehrer-Schüler-<br />

Interaktion<br />

2. Stunde Einstieg/ Wiederholung<br />

3 Min. Schülervortrag<br />

Erarbeitungsphase I 7-10 Thematisierung von Unterrichtsgespräch<br />

Min. Vorurteilen<br />

Erarbeitungsphase 10 Min. Entstehung von Vorurteilen<br />

Brainstorming<br />

II<br />

Übernahme in Hefter<br />

10 Min. Schülerarbeit<br />

Erarbeitungsphase<br />

III<br />

10 Min. Definition Vorurteil Schülerarbeit<br />

Erarbeitungsphase<br />

II<br />

Erarbeitungsphase<br />

III<br />

SCHÜLEREXPERIMENT<br />

20-25 positive und negative<br />

Min. Vorurteile<br />

5 Min. Funktion von Vorurteilen<br />

3. Stunde Erarbeitungsphase I 15 Min. Erarbeitung des Vorurteilsbegriffs<br />

Lehrer-Schüler-<br />

Interaktion<br />

Lehrer-Schüler-<br />

Interaktion<br />

Schülerarbeit<br />

4. Stunde Wiederholung/ Festigung/<br />

Hausaufgabenvergleich<br />

25 Min. Wirkung und Funktion<br />

von Vorurteilen; Beispiele<br />

aus Medien<br />

Erarbeitungsphase 20 Min. vom Vorurteil zum Urteil<br />

– Abbau von Vorurteilen<br />

Schülerarbeit<br />

Lehrer-Schüler-<br />

Interaktion<br />

Lehrervortrag<br />

5., 6., 7.,<br />

8. Stunde<br />

praktischer Abbau<br />

von Vorurteilen:<br />

Besuch der Behindertenwerkstatt<br />

2


Detaillierte Unterrichtsplanung<br />

1. Stunde:<br />

Stundenziel: Bewusstmachen der eigenen Vorurteile<br />

° wir gehen davon 20 bis 25 Schülern aus, die eine Klasse besuchen<br />

° da es sich um die Einstiegsstunde handelt, ist es uns wichtig, dass sich die Schüler über<br />

emotionale Betroffenheit ihrer eigenen Vorurteile bewusst werden<br />

° um diese Betroffenheit zu erreichen, wollten wir wie folgt vorgehen 1<br />

1. Phase: Gruppenfindung ca. 5 Minuten<br />

durch Abzählen (1, 2, 3, 4, 5, 1, 2, 3, …) bilden die Schüler entsprechend ihrer Klassenstärke<br />

Gruppen (d. h. alle 1-ser sind eine Gruppe, alle 2-er usw.)<br />

2. Phase: Erarbeitungsphase ca. 15 Minuten<br />

jede Gruppe bekommt jeweils zwei Bilder (siehe Anlage 1), auf denen jeweils ein Ausländer<br />

und eine behinderte Person abgebildet sind; alle Gruppen bekommen die gleichen Bilder<br />

und Aufgabenstellungen<br />

Aufgabe: Betrachtet die Bilder aufmerksam. Überlegt, aus welchem Land diese Person stammen<br />

und welchen Beruf sie <strong>zur</strong>zeit haben könnte. Diskutiert weiter, welche Charaktereigenschaften,<br />

Interessen und Freizeitbeschäftigungen zu dieser Person passen würden.<br />

währenddessen schreibt der Lehrer (mit ausreichendem Abstand zum Ausfüllen) folgende<br />

Punkte an die Tafel:<br />

Herkunft:<br />

☺<br />

Beruf:<br />

Neigungen/ Interessen/ Hobbies:<br />

Charaktereigenschaften:<br />

3. Phase: Präsentation der Ergebnisse (von 2 Gruppen) ca. 7 Minuten<br />

° wir wollen deshalb max. zwei Gruppen präsentieren lassen (bzw. die erste Gruppe stellt ihre<br />

Ergebnisse vor und die zweite ergänzt), weil anzunehmen ist, dass die Ergebnisse identisch<br />

oder zumindest sehr ähnlich sein werden (Vorurteile sind sehr häufig Stereotype)<br />

die Schüler präsentieren ihre Ergebnisse<br />

1 zugegebenermaßen ist diese Idee nicht von uns, sondern bei <strong>Donat</strong> <strong>Schmidt</strong> nachzulesen: http://www.donatschmidt.de/files/downloads/philosophieundethik/vorurteile/lehrprobenentwurf_vorurteile.pdf<br />

Datum: 02.07.06<br />

3


Vorstellung der „wirklichen“ Personen durch den Lehrer<br />

[Hilfsmittel: Folie mit den abgebildeten Personen]<br />

ca. 3 Minuten<br />

4. Phase: Diskussion ca. 15 Minuten<br />

der Lehrer leitet eine von ihm gelenkte, aber doch relativ offene Diskussion mit der Frage<br />

„Was ist passiert“ ein; weitere fragen könnten lauten: „Warum habt ihr die Personen auf den<br />

Bildern so eingeschätzt“, „Woran habt ihr das festgemacht“,…<br />

° natürlich ist der Verlauf der Diskussion abhängig von der Klasse; geplant ist – selbst wenn<br />

der Begriff „Vorurteil“ von den Schülern kommt – zunächst nicht auf Urteile und Vorurteile<br />

einzugehen, sondern dies als Einstieg für die nächste Stunde zu nutzen und an die Diskussion<br />

anzuknüpfen<br />

2. Stunde:<br />

Stundenziel: Kennen der Entstehung von Vorurteilen<br />

Teilziele: Was sind Vorurteile<br />

Woher kommen Vorurteile<br />

1. Phase: Einstieg – Anknüpfung an die vorangegangene Stunde ca. 2-3 Minuten<br />

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte durch einen „guten“ Schüler<br />

° ein „guter“ Schüler deshalb, um einigermaßen sicherzugehen, dass die Zusammenfassung<br />

nicht zu lang wird und dass auch die wesentlichen Punkte noch einmal genannt werden<br />

2. Phase: Unterrichtsgespräch <strong>zur</strong> Thematisierung von Vorurteilen ca. 7-10 Minuten<br />

Lehrer legt noch einmal die Folie mit den beiden abgebildeten Personen auf und entwickelt<br />

ein Unterrichtsgespräch: „Was sind die Gründe dafür, dass ihr die Personen fast alle so eingeschätzt/<br />

beurteilt habt“, „Wie seid ihr darauf gekommen“, „Habt ihr das von jemandem ü-<br />

bernommen“ 2 , „Wie nennt man das“,…<br />

… das könnten entsprechende Leitfragen sein<br />

schließlich sollten die Schüler die letzte Frage mit „Vorurteile“ beantworten<br />

2 zugegeben z. T. suggestiv, aber man muss die Schüler ja in die gewünschte Richtung lenken<br />

4


3. Phase: Brainstorming ca. 10 Minuten<br />

nachdem man „Vorurteile“ als Begriff eingeführt hat, soll es nun um ihre Entstehung gehen;<br />

Brainstorming unter der Frage „Wie entstehen Vorurteile“ (siehe Anlage 2)<br />

…<br />

…<br />

Entstehung<br />

von Vorurteilen<br />

…<br />

…<br />

…<br />

…<br />

° wir planen 10 Minuten für das Brainstorming ein, damit die Schüler auch genügend Zeit zum<br />

Nachdenken haben, denn so eine Aufgabe ist ja auch mit <strong>einer</strong> gewissen Überrumpelung<br />

verbunden<br />

4. Phase: Übernahme des Erarbeiteten in die Hefter ca. 10 Minuten<br />

der Lehrer fasst das Thema der aktuellen Einheit zusammen: das Thema lautet also „Vorurteile“<br />

und bisher wurde erarbeitet, wie Vorurteile entstehen können; dies soll nun als Mitschrift<br />

in den Hefter unter der Überschrift „Vorurteile“ übernommen werden; dabei sollen<br />

wesentliche Punkte des Brainstormings (Lehrer selektiert!) übernommen werden:<br />

Vorurteile<br />

Entstehung: - …<br />

- …<br />

- …<br />

5. Phase: Erarbeitungsphase ca. 10 Minuten<br />

Lehrer leitet erneut über: „Was genau sind denn nun eigentlich Vorurteile“; über diese<br />

Frage sollen sich die Schüler einmal Gedanken machen und ihre Definition dessen, was für<br />

sie Vorurteile sind, auf ausgeteilte, vorgedruckte und <strong>zur</strong>echtgeschnittene Folieschnipsel bringen<br />

Aufgabe: „Schreibt auf, was für euch ganz konkret das Wort „Vorurteil“ bedeutet!“<br />

Ein Vorurteil ist…<br />

° der Lehrer sammelt am Ende der Stunde die Folieschnipsel ein; jetzt hat er Zuhause Zeit und<br />

Gelegenheit sich die Definitionen und Gedanken der Schüler genau anzuschauen und kann<br />

5


sie gegebenenfalls schon einmal vorsystematisieren, denn eventuell kommen einige<br />

Begriffserläuterungen mehrfach etc. – er ist also nicht gezwungen spontan und<br />

improvisierend mit den Arbeitsergebnissen der Schüler weiterzuarbeiten<br />

3. Stunde:<br />

Stundenziel: Wirkung von Vorurteilen<br />

Vor dem Unterricht: Die Schüler sollen sozusagen am eigenen Leib erfahren, wie es ist, Vorurteilen<br />

ausgesetzt zu sein. Darum haben wir uns folgendes Experiment überlegt, welches<br />

aber sicherlich auch durch ähnliche Alternativen ersetzt werden kann.<br />

Beim Betreten des Klassenraumes werden die Schüler, die eine Brille tragen „aussortiert“ und<br />

sie bekommen die Anweisung, sich auf die Stühle, die vor der Tafel stehen – also mit dem<br />

Blick in die Klasse – zu setzen. Dort werden sie den Beginn der Stunde erleben. Jedoch wissen<br />

sie nicht, was geschehen soll.<br />

Tafel<br />

<br />

Brillenträger <br />

Klasse<br />

…<br />

WICHTIG: solche Experimente nur durchführen, wenn das Klassenklima stimmt, damit keine<br />

Schüler in eine Außenseiterposition gedrängt werden<br />

1. Phase: gemeinsame Erarbeitung des Vorurteil-Begriffs ca. 15 Minuten<br />

mit Hilfe der Folieschnipsel aus der vorherigen Stunde wird eine Klassendefinition des<br />

Vorurteilbegriffs erarbeitet [Lehrer-Schüler-Interaktion], welche von den Schülern auch in<br />

den Hefter übernommen werden soll 3 (Anlage 3)<br />

3 jetzt haben die Schüler, die vor der Tafel sitzen einen noch deutlicheren Nachteil, weil sie keinen Tisch zum<br />

Schreiben haben und gegebenenfalls auch die Projektion der Folie an der Wand nicht lesen können – diesen<br />

Schülern sollte später auf jeden Fall noch die Möglichkeit gegeben werden, die entsprechenden Mitschriften<br />

nachzuholen<br />

6


Vorurteile<br />

Entstehung: - …<br />

- …<br />

- … Ergänzung der Heftermitschrift<br />

Definition: …<br />

° nachdem die Schüler die Übernahme in den Hefter beendet haben, kommt es an dieser Stelle<br />

zum Bruch in der Stunde: das anfängliche Experiment wird aufgelöst<br />

2. Phase: empirisch-praktische Erarbeitung des Vorurteil-Begriffs ca. 20-25 Minuten<br />

Lehrer befragt die Schüler, die vor der Tafel sitzen, wie sie sich fühlen, es entwickelt sich<br />

ein Unterrichtsgespräch, in dem die Schüler beschreiben, wie sie sich fühlen, was angenehm/<br />

unangenehm für sie ist, was sie spontan tun würden/ Gern getan hätten und warum<br />

° man kann davon ausgehen, dass es für Schüler der sechsten Klasse ohnehin schon unangenehm<br />

genug ist, vor der ganzen Klasse sitzen und „hineinschauen“ zu müssen, des weiteren<br />

mussten sie mitschreiben, ohne eine geeignete Unterlage/ Tisch zu haben oder die Folie lesen<br />

zu können; aus diesem Grund werden die Schüler sich wahrscheinlich negativ zu dieser<br />

Erfahrung äußern<br />

° der Lehrer muss sein Vorgehen nun vor der Klasse erläutern und begründen und zwar dass<br />

er den Zweck verfolgte, den Schülern einmal zu zeigen, wie es ist, wenn man selbst plötzlich<br />

Opfer von Vorurteilen ist<br />

die Schüler dürfen sich nun wieder an ihren angestammten Platz in der Klasse setzen<br />

Ergänzung der Mitschriften: es gibt negative Vorurteile<br />

“Vorurteile sind jedoch oft negative oder ablehnende Einstellungen einem Menschen, <strong>einer</strong><br />

Menschengruppe, <strong>einer</strong> Stadt oder Gemeinde, <strong>einer</strong> Nation oder generell einem Sachverhalt<br />

gegenüber. Vorurteilsbildung wird als „Übergeneralisierung“ interpretiert, bei der unzulässigerweise<br />

von einzelnen Eigenschaften eines Individuums auf Eigenschaften aller Individuen<br />

<strong>einer</strong> Gruppe geschlossen wird. Vorurteile besitzen einen emotionalen Gehalt und treten als<br />

deutliche, stereotype Überzeugungen auf. Sie implizieren oft negative Gefühle und<br />

Handlungstendenzen und können zu Intoleranz und Diskriminierung oder diskriminierenden<br />

Handlungen führen.” 4<br />

wichtig an dieser Stelle wäre es eventuell noch die Folgen von negativen Vorurteilen näher<br />

zu beleuchten<br />

° vermutlich werden sich die Schüler stark engagieren, da ihr Interesse durch das Experiment<br />

geweckt wurde<br />

4 http://de.wikipedia.org/wiki/Vorurteil Datum: 02.07.06<br />

7


Um die ganze Bandbreite des Vorurteilsbegriffs zu beleuchten muss der Lehrer überleiten:<br />

„Könnt ihr euch vorstellen, dass es auch positive Vorurteile gibt Oder, dass Vorurteile positiv<br />

wirken können Was könnten zum Beispiel solche aufwertenden vorurteile sein Was fällt<br />

euch da ein“ [Unterrichtsgespräch]<br />

Vorschläge für positive Vorurteile:<br />

- Obst & Gemüse sind gesund ( gesunde Ernährung)<br />

- Rauchen & Alkohol sind schädlich<br />

- keine Macht den Drogen!<br />

- Der Mensch darf die Natur nicht zerstören<br />

- „Du sollst nicht töten“<br />

- Ehrgeiz ist eine Tugend<br />

- Spinat ist gesund (Popeye der Seemann)<br />

- …<br />

3. Phase: Wirkung und Funktion von Vorurteilen 5 Minuten<br />

”Professoren sind schusselig, Beamte langweilig und Frisöre homosexuell. Franzosen und<br />

Italiener denken immer an die Liebe, Engländer können nicht kochen und Polen klauen teure<br />

Autos. Solche Vorurteile und Klischees haben wir aus dem Fernsehen, aus Erzählungen und<br />

aus Witzen übernommen. Diese Bilder, die wir uns über bestimmte Volks- oder Berufsgruppen<br />

machen, bestimmen, wie wir auf einen unbekannten Menschen zugehen und was wir von<br />

ihm erwarten.“ 5<br />

Schüler sollen sich schriftlich zu Wirkung und Funktion von Vorurteilen äußern; Fertigstellung<br />

ist Hausaufgabe, ebenso wie ein Beispiel zu finden, wo sich Medien, z. B. über die<br />

Werbung an der Ausbildung von Vorurteilen beteiligen (Anlage 4)<br />

5 http://www.helles-koepfchen.de/artikel/556.html Datum: 02.07.06<br />

8


4. Stunde:<br />

Stundenziel: Umgang mit Vorurteilen<br />

Teilziele: Wie begegnet man Vorurteilen<br />

Wie kann man Vorurteile abbauen<br />

1. Phase: Einstieg – Anknüpfung an vergangene Stunde ca. 25 Minuten<br />

Schüler sollen ihre Hausaufgaben vorstellen: wie schätzen sie die Wirkung und Funktion<br />

von Vorurteilen ein; im Anschluss daran werden die Schülerbeispiele aus Medien und Werbung<br />

im Klassenverband diskutiert: „Was kann Werbung“, „Wie beeinflusst Werbung unsere<br />

Vorstellungen, Anschauungen und Urteile“, „Wie habt ihr euch schon einmal von Werbung<br />

beeinflussen lassen“ …<br />

2. Phase: Vom Vorurteil zum Urteil ca. 20 Minuten<br />

Lehrervortrag:<br />

“Es gibt auch andere Vorurteile, die gut sind. So glauben kleine Kinder, dass ihr Vater alles<br />

kann. Sie fühlen sich dadurch sicher und beschützt und können ohne Angst ihre Umgebung<br />

erkunden. Erst später merken sie, dass ihre Eltern nicht das Wetter beeinflussen können und<br />

auch sonst keineswegs allmächtig sind. Doch dann haben sie sich schon so weit entwickelt,<br />

dass sie sich auch alleine in die Welt wagen. Das Vorurteil "Papa kann alles" hat seinen<br />

Zweck erfüllt und ist nutzlos geworden. So wie beim Beispiel "Papa kann alles" ist es auch<br />

bei allen anderen Vorurteilen. Sie gelten nur so lange, bis du dir ein eigenes, echtes Urteil<br />

bilden konntest. Wenn du zum Beispiel einen Türken gut kennen lernst, dann verändert sich<br />

gleichzeitig auch das Bild, das du dir von anderen Türken machst. Oder allgem<strong>einer</strong> ausgedrückt:<br />

Wenn ein Mensch anders ist als das Bild, das wir uns von ihm gemacht haben, dann<br />

verändert sich auch das Vorurteil über die Gruppe von Menschen, der wir ihn <strong>zur</strong>echnen. Je<br />

mehr Menschen wir aus dieser Gruppe kennen lernen, desto eher werden Vorurteile berichtigt,<br />

so dass schließlich ein echtes Urteil entsteht. Dieser Prozess vom Vorurteil zum Urteil<br />

kann aber sehr lange dauern. Denn obwohl eine Person ganz anders sein kann, als wir es erwartet<br />

haben, halten wir noch immer an unseren Vorurteilen fest. Wir glauben dann, es handele<br />

sich um "eine Ausnahme, die die Regel bestätigt". Dann sagst du zum Beispiel: "Ich habe<br />

neulich einen Professor getroffen - und der war noch jung und überhaupt nicht schusselig!"<br />

Aber du glaubst immer noch, dass alle anderen Professoren bestimmt alt und schusselig<br />

sind. Vorurteile halten sich also hartnäckig, auch wenn sie im Einzelfall oft nicht zutreffen” 6<br />

° im Lehrervortrag ist es wichtig, den Schülern klar zu machen, dass man Vorurteilen erst<br />

dann (am besten) begegnet, wenn man sie sich überhaupt erst einmal bewusst macht<br />

° im zweiten Schritt soll dann gemeinsam mit den Schülern darüber diskutiert werden, wie<br />

man Vorurteile, wenn man sie sich bewusst gemacht und darüber reflektiert hat, ob es sich<br />

um ein positives oder negatives Vorurteil handelt, gegebenenfalls abbauen kann; ein weiterer<br />

wichtiger Punkt ist die Frage, ob man Vorurteile überhaupt abbauen muss/ soll<br />

6 siehe Fußnote 5<br />

9


Lösungsansätze zum Abbau von Vorurteilen, die in der Diskussion genannt werden könnten:<br />

- das Fremde kennen lernen<br />

- Ängste abbauen und überwinden<br />

- den anderen verstehen lernen<br />

- das Neue in das Vertraute einbeziehen 7<br />

die letzten Minuten der Stunde sollten die Schüler für Notizen in den Hefter nutzen<br />

Ausblick für die kommenden Stunden:<br />

um das theoretisch Besprochene durch praktische Erfahrungen zu ergänzen, wäre es sicherlich<br />

eine sinnvolle Erfahrung für die Schüler eine (soweit vorhanden) Behindertenwerkstatt<br />

oder eine ähnliche Einrichtung zu besuchen, dies würde auch der Forderung des Lehrplanes<br />

nach Empathie und Perspektivwechsel entsprechen<br />

7 aktueller Lehrplan Ethik<br />

10


Reflexion<br />

Da wir jeweils unter die einzelnen Stunden bereits Begründungen zum Vorgehen, sowie z. T.<br />

auch Alternativen angegeben haben, wollen wir diesen Teil der methodisch-didaktischen Reflexion<br />

bewusst kurz halten.<br />

Die jeweiligen Methoden haben wir deshalb so und nicht anders zum Einsatz gebracht, weil<br />

sie uns an dieser Stelle als besonders geeignet erschienen. Das heißt natürlich nicht, dass auch<br />

andere Alternativen zulässig sind; unser Entwurf versteht sich lediglich als Vorschlag und<br />

Anregung <strong>zur</strong> Planung und Umsetzung dieser <strong>Unterrichtseinheit</strong> und kann mit Sicherheit noch<br />

alternativ gestaltet und ergänzt werden.<br />

Bei der Gruppenarbeit in der ersten Stunde beispielsweise sind die Schüler gezwungen, die<br />

ihnen gestellten Probleme selbständig zu bewältigen und sind auf gegenseitige Hilfe und Unterstützung<br />

( Teamwork) angewiesen. Eine Diskussion innerhalb der Gruppen ist unserem<br />

Erachten nach durch die durchschnittlich 5 Schüler pro Gruppe gut gewährleistet. Durch das<br />

Abzählen finden sich nicht immer die gleichen Schüler zusammen (nur die „guten“ und nur<br />

die „schlechten“, Freunde, etc.); die Gruppen werden gemischter. Dies kann sich wiederum<br />

positiv auf das Klassenklima auswirken, da sich die Schüler gegebenenfalls besser kennenlernen,<br />

lernen, aufeinander Rücksicht zu nehmen und verschiedene Standpunkte zu akzeptieren.<br />

Der Beginn der zweiten Unterrichtsstunde soll durch die Zusammenfassung eines „guten“<br />

Schülers deshalb erfolgen, weil es erstens zeitsparend ist und zweitens vieles in kurzer Zeit<br />

richtig rekapituliert wird (das ist zumindest zu hoffen). Beim Einsatz des Brainstormings<br />

kommen durch die Antworten der anderen Schüler evt. auch die Lernschwächeren zu eigenen<br />

Ansätzen und erhalten dadurch Anstöße. Der Lehrer fasst die durch die Schüler geäußerten<br />

Gedanken zusammen, systematisiert sie und schafft dadurch für die Schüler eine gute Lernvorbereitung,<br />

sowie die Möglichkeit zu lernen, zwischen Wesentlichem und Unwesentlichem<br />

zu unterscheiden. Durch die Definitionen auf den Folieschnipseln bleiben die Antworten der<br />

Schüler anonym, es kann damit in der nächsten Stunde problemlos weitergearbeitet werden<br />

und der Lehrer hat die Möglichkeit die Schnipsel bereits vorzusortieren (Definitionen mit<br />

ähnlichem Inhalt etc.).<br />

Die Hausaufgabe in der dritten Stunde soll zeigen, dass sich Themen des Ethikunterrichts<br />

auch über den Unterricht und die Schule hinaus verfolgen und aufzeigen lassen; hier liegt der<br />

Schwerpunkt im bewussteren Wahrnehmen der Umwelt, das mit dieser „praktischen Anwendungsaufgabe“<br />

verbunden ist.<br />

11


Anlage 1: Bilder<br />

Name Louis Armstrong Wolfgang Schäuble<br />

Herkunft New Orleans (1901 geboren) Freiburg im Breisgau<br />

Beruf<br />

Hobbies/<br />

Interessen<br />

Charaktereigenschaften<br />

trat seit den 30er Jahren als Jazztrompetenkünstler<br />

in Big Bands auf<br />

und wurde in den 50er Jahren als<br />

Trompetensolokünstler und Entertainer<br />

zum Weltstar, seine Popularität<br />

wurde durch sein Mitwirken an<br />

Hollywoodfilmen zu Höchstmaßen<br />

gesteigert<br />

Trompete spielen<br />

willensstark, ausgelassen, fröhlich,<br />

bescheiden<br />

Er war von 1984 bis 1989 Bundesminister<br />

für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes,<br />

von 1989 bis 1991 Bundesminister<br />

des Innern und von 1991 bis<br />

2000 Vorsitzender der CDU/CSU-<br />

Bundestagsfraktion. Von 1998 bis 2000 war<br />

er außerdem Bundesvorsitzender der CDU.<br />

Schließlich wurde Schäuble als Bundesminister<br />

des Innern in die von Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel geführte Bundesregierung<br />

berufen.<br />

zielorientiert, kämpferisch, zuverlässig<br />

12


Anlage 2: Entstehung von Vorurteilen<br />

Medien/ TV (Werbung)<br />

Gehörtes<br />

Gesellschaft<br />

Verallgem<strong>einer</strong>ungen<br />

Übernahme der<br />

Erziehung Entstehung von Vorurteilen Meinung anderer<br />

Freundeskreis<br />

Nachplappern, was andere<br />

sagen<br />

Nachprüfen des Gehörten<br />

weitere Ursachen für die Entstehung von Vorurteilen:<br />

- man übernimmt unkritisch fertige Ansichten von Autoritäten<br />

- man bemüht sich nicht um Informationen aus erster Hand<br />

- man neigt zu Verallgem<strong>einer</strong>ungen (Bsp.: Alle Schotten sind geizig)<br />

- man fühlt sich im Grunde unsicher und überspielt dies durch besonders forsche Meinungsäußerungen<br />

- man sucht eine moralische Berechtigung oder Entschuldigung für die negative Einstellung<br />

zu anderen (Neid, Hass, Eifersucht)<br />

- man nimmt sich selbst zum allgemeinen Maßstab für die Beurteilung anderer („wenn<br />

ich mich beherrschen kann, dann kann ich es von dir auch verlangen!“) 8<br />

aber auch:<br />

- Unwissenheit<br />

- Angst vor dem Fremden<br />

- Ablehnung des Andersseins<br />

- Gruppenzwang und Mopping<br />

- Aggressionsverschiebung<br />

- Orientierungs- und Schutzbedürfnis<br />

- Anteil der Medien an der Entstehung von Vorurteilen 9<br />

8 Arbeitsbuch Ethik 8. Schuljahr, Baden-Württemberg, Konkordia Verlag, 1992, S. 80<br />

9 aktueller Lehrplan Ethik<br />

13


Anlage 3: Definition „Vorurteil“<br />

Was sind Vorurteile 10<br />

• vorschnelle Verallgem<strong>einer</strong>ungen<br />

• wenig reflektierte Meinung<br />

• Werturteile<br />

• Faktoren, die mein Urteil beeinträchtigen<br />

Ich weiß nicht, ob folgende Punkte noch angeführt werden sollen...<br />

• Widersacher der Erkenntnis<br />

• Grund für gesellschaftliche Missstände<br />

• Übernahme fremder Gedanken<br />

• Berufen sich auf Erfahrungen<br />

• Verhindern das Selbstdenken<br />

• Kognitive Konzepte (= innerliche Vorstellung)<br />

10 <strong>Donat</strong> <strong>Schmidt</strong>: Vorurteile und ihre Bedeutung für die <strong>Entwicklung</strong> ethischer Urteilsfähigkeit<br />

14


Anlage 4: Beispiel wie Medien - besonders die Werbung - bei der Ausbildung von<br />

Vorurteilen mitwirkt 11<br />

GEZ-Werbung: „Ich seh’ schwarz.“ – „Ich weiß.“<br />

GEZ-Werbung: GEZ-Beamter als Break-Dancer:<br />

„Schon Gebühren bezahlt“ – „Das ist ja noch nicht mal gekauft.“<br />

Peugeot-Werbung: „Die sichersten Autos sind französisch.“<br />

Sicherheitstest mit Weißwurst (Deutschland), Sushi (Japan), Knäckebrot (Schweden) und<br />

Baguette (Frankreich)<br />

Postbank-Werbung <strong>zur</strong> Fußball WM: „Es geht auch einfacher.“ (Postbankprivatkredit)<br />

Bild der Holländer wird aufgerufen (orange = Holland = Fußballkonkurrent)<br />

11 Dies ist nur eine exemplarische Auswahl dessen, was kommen könnte – allerdings können die Schwerpunkte<br />

bei Schülern der Klasse 6 auch ganz woanders liegen<br />

15


Quellennachweis<br />

Lehrplan Ethik für Gymnasien in Sachsen<br />

(z. B. www.sachsen-macht-schule-de.)<br />

<strong>Donat</strong> <strong>Schmidt</strong>: Vorurteile und ihre Bedeutung für die <strong>Entwicklung</strong> ethischer Urteilsfähigkeit<br />

(in: ZDPE)<br />

Arbeitsbuch Ethik 8. Schuljahr, Baden-Württemberg, Konkordia Verlag, 1992<br />

http://www.donatschmidt.de/files/downloads/philosophieundethik/vorurteile/lehrprobenentwurf_vorurteile.pdf<br />

Datum: 02.07.06<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Vorurteil Datum: 02.07.06<br />

http://www.helles-koepfchen.de/artikel/556.html Datum: 02.07.06<br />

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