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30 <strong>Pegasus</strong> | Nr. 104, August / September 2011<br />

Leben im Schnee, weit entfernt vom Druck, immer<br />

schneller und immer besser – ja was denn eigentlich<br />

zu tun, was zu sein? In all diesen harten Jahren hat<br />

er sich die Sehnsucht nach der Essenz des Lebens<br />

bewahrt, nach purem Sein, nach langen ruhigen<br />

Stunden irgendwo und Blicken in ein weites Land.<br />

Die besten Verkäufer denken manchmal ganz<br />

anders, als wir glauben …<br />

Katharina Faber<br />

Dieser Artikel erschien am 18. Juni 2011 in der<br />

«NZZ am Sonntag». Wir danken NZZ-Executive<br />

und dem Ressortleiter Dr. Walter Hagenbüchle<br />

herzlich für die Abdruckrechte.<br />

Das Ventil<br />

Mein Leben mit Steve<br />

Brigitte Balzarini-Voss.<br />

Giger. 2011.<br />

ISBN: 978-3-9059-5801-0<br />

Auf den ersten Blick sieht das Buch aus wie ein<br />

Partnerschafts-Ratgeber: Roter Titel auf weissem<br />

Grund, ein glückliches Paar und ein Herzchen auf<br />

dem Cover. Bei genauerem Hinsehen erkennen wir<br />

aber die Schweizer Rocklegende Steve Lee, der vergangenen<br />

Oktober bei einem Motorradunfall ums<br />

Leben gekommen ist. Neben ihm lächelt uns die<br />

Verfasserin des Buches entgegen: Brigitte Balzarini-<br />

Voss, ehemalige Miss Schweiz und letzte Lebensgefährtin<br />

des Musikers. Im Titel verspricht sie den<br />

trauernden Fans Details aus dem Privatleben ihres<br />

grossen Idols. Diese bietet Brigitte Balzarini-Voss<br />

allerdings nur in bescheidenem Mass.<br />

Auf den gut zweihundert Seiten erzählt die Ex-Miss<br />

Schweiz vieles, über Gott und die Welt, auch über<br />

Steve, vor allem aber über sich selbst. Es entsteht<br />

der Verdacht, dass Steve Lee nur als Aufhänger<br />

dient, um den Absatz von Brigittes Biografie zu<br />

erhöhen. Natürlich erfährt der Steve Lee-Fan, wie<br />

die beiden zusammengekommen waren, was sie<br />

zusammen erlebt und wie sie im grossen und<br />

ganzen gelebt haben; allerdings erfährt er auch<br />

vieles, was mit Steve überhaupt nichts zu tun hat.<br />

Über Brigittes erste Ehe, über ihre Reisen und<br />

Erlebnisse ohne Steve und über ihre spirituelle<br />

Weltanschauung, von der sie auch vor Steves Tod<br />

fest überzeugt war. Zudem finden sich in den Fototeilen<br />

neben Erinnerungsfotos mit dem Rockmusiker<br />

auch eine beträchtliche Anzahl Bilder aus Shootings,<br />

die ausser Brigittes Sex-Appeal nichts zum<br />

Thema zeigen. «MEIN LEBEN (mit Steve)» – so<br />

muss der Titel nach der Lektüre des süss aufgemachten<br />

Buches gelesen werden.<br />

Nun, das Leben eines Models kann durchaus interessant<br />

oder zumindest unterhaltsam sein und man<br />

könnte über die stevelosen Passagen hinwegsehen,<br />

wenn diese gut geschrieben und vergnüglich zu<br />

lesen wären. Leider ist Brigitte aber offensichtlich<br />

keine Berufsautorin und ihr Werk sprachlich<br />

schwach. Mit der Formulierung «er (Steve) schaute<br />

mich sehr emotional an» disqualifiziert sie sich<br />

unserer Meinung nach sogar aus jedem Schreibwettbewerb<br />

für Amateure. Vor allem, wenn der<br />

folgende Dialog mit folgenden Stilelementen<br />

gestaltet wurde: «ich schaute ihn offen an»-«er<br />

schaute mich entsetzt an»-«sagte ich humorvoll zu<br />

Steve». Vielleicht hat die Lektorin resigniert aufgegeben,<br />

vielleicht hat sie ihr Gefühl für guten<br />

Schreibstil für die Zusammenarbeit aufgeben müssen;<br />

aber wahrscheinlich reichte für eine gründliche<br />

Überarbeitung von Brigittes Rohfassung<br />

schlichtweg die Zeit nicht.<br />

Im Oktober geschah der tragische Unfall. Im folgenden<br />

März, also knapp fünf Monate später,<br />

erschien «Mein Leben mit Steve». Wenn man<br />

bedenkt, dass die Realisierung und Herstellung<br />

eines Buches normalerweise sechs Monate bis ein<br />

Jahr dauern, war das mehr als ein Schnellschuss.<br />

Brigitte Balzarini-Voss selbst schreibt in der Einleitung,<br />

dass sie auch schon vor Steves Tod überlegt<br />

hatte, ein ähnliches Buch zu schreiben. Es sieht so<br />

aus, als ob der Motorradunfall die Entscheidung<br />

erleichtert hatte. Welcher Zeitpunkt wäre günstiger,<br />

als der nach einem tragischen Tod, zu dem<br />

der Medienrummel auch Musikmuffel erreicht und<br />

Steve Lee in aller Munde ist.<br />

Unser Fazit: Dies ist ein klassisches Beispiel für ein<br />

Buch, das seinen Platz auf den Bestsellerlisten einzig<br />

durch geschicktes Veröffentlichungstiming und<br />

prominentem Aufhänger erklommen hat. Inhaltlich<br />

und sprachlich bietet es enttäuschend wenig.<br />

Jasmin Hefti und Angelika Wegmüller aus der BB3A

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