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BDA Informationen 1.11 - Bund Deutscher Architekten BDA

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für die Haupt- und Residenzstadt München<br />

reines Kalkweiß und alle anderen grellen Farben.“<br />

Dieses Verbot gilt auch für alle Städte<br />

und Märkte Bayerns und insbesondere für<br />

Bauten gegenüber Schulen. Vom Sonnenoder<br />

Kunstlicht angestrahlte Oberflächen, die<br />

uns weiß erscheinen, reflektieren weit über<br />

90 Prozent des Lichts. Wir werden geblendet,<br />

da unser Auge von Natur aus auf eine mittlere<br />

Helligkeit eingestellt ist. Vielleicht ging es bei<br />

dem Verbot aber nicht nur um die unangenehme<br />

Blendung, sondern auch um ein Plädoyer<br />

für die Sinnlichkeit, die sich in der Vielfalt<br />

der wahrgenommenen Farben ausdrückt, der<br />

bunten und der unbunten.<br />

Den Befürwortern von Weiß standen meist<br />

genauso viele Gegner gegenüber. Man<br />

denke auch an den Polychromiestreit, der<br />

gegen Ende des 19. Jahrhunderts zwischen<br />

den Anhängern des reinen Klassizismus und<br />

den Verfechtern von mehr Farbigkeit in der<br />

Architektur ausgefochten wurde. Ausgelöst<br />

wurde er nicht nur durch die Malerei, sondern<br />

auch durch die Entdeckung der Farbigkeit<br />

zunächst antiker und später auch mittelalterlicher<br />

Architekturen sowie die vielbeachteten<br />

Farbtheorien von Goethe, Runge, Helmholtz<br />

und anderen.<br />

Das moderne Weiß<br />

Bauhaus, De Stijl oder Le Corbusier: Auch hier wird von der Reinheit,<br />

der Ordnung, der Vollkommenheit, dem Weiß und der Architektur<br />

geschwärmt. Bei Le Corbusier klingt es fast genauso missionarisch<br />

wie bei Adolf Loos, wenn er mit dem weißen Ripolin den<br />

Schmutz und das Dunkle aus den bürgerlichen Wohnungen treiben<br />

will. Weiß als Zeichen von Perfektion, Klarheit und Disziplin steht<br />

als einzig angemessene Farbe für die neuen sachlichen Formen.<br />

Weiß als Farbe der modernen Zeit. Doch wurde von keinem ihrer<br />

Protagonisten ein rein weißes Haus gebaut. Schließlich wurden im<br />

Bauhaus, von de Stijl und Le Corbusier außergewöhnlich detailreiche<br />

Theorien zur Farbigkeit von Bauwerken entwickelt und in die<br />

Praxis umgesetzt. Sowohl Außen als auch Innen wurden durchaus<br />

bunte bzw. gedeckte Farben gewählt und sei es, um die weißen<br />

Körper oder Flächen im Verhältnis noch weißer erscheinen zu<br />

lassen. Diese Tatsache negiert Richard Meier, der sich nach seinen<br />

weißen Bauten befragt, gerne auf Le Corbusier bezieht und der<br />

gläsernen Transparenz bevorzugt die weiße Materialität gegenüberstellt<br />

mit der Begründung: „Weiß ist mein Versuch, die optische<br />

Wahrnehmung in der Architektur zu schärfen und die Macht der<br />

visuellen Formen zu verstärken.“ Palladio hätte sich gefreut.<br />

Und dies nicht ganz zu unrecht. Denn Weiß ist geeignet, ambitionierte<br />

Baukörper mit seiner Helligkeit zu vervollkommnen, da das<br />

Spiel von Licht und Schatten sie dann am eindruckvollsten skulptieren<br />

kann. Weiß ist auch prädestiniert, moderne Bauten, die eine<br />

besondere Funktion haben, optisch hervorzuheben. Doch verliert<br />

es dann seine Unschuld, wenn es steinsichtige Häuserzeilen oder<br />

Ensembles in der Stadt rücksichtslos zerreißt oder sich demonstrativ<br />

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