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6 Kreisbewegung - physica.ch

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6 <strong>Kreisbewegung</strong><br />

Ein einäugiges Monster? Eine Kaffeemühle?<br />

Nein, eine Zentrifuge für Astronauten.<br />

Warum die NASA ihre Astronauten dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>leudert<br />

und was die Astronauten dabei<br />

dur<strong>ch</strong>ma<strong>ch</strong>en – dies erfahren Sie in diesem<br />

Kapitel<br />

Quelle: images.jsc.nasa.gov


Inhaltsverzei<strong>ch</strong>nis<br />

6 <strong>Kreisbewegung</strong> .................................................................................................... 1<br />

6.1 <strong>Kreisbewegung</strong>en ......................................................................................... 3<br />

6.2 Die Wahl des optimalen Koordinatensystems .............................................. 3<br />

6.2.1 Das Bogenmass .................................................................................... 3<br />

6.2.2 Die Winkelges<strong>ch</strong>windigkeit .................................................................... 4<br />

6.3 Die glei<strong>ch</strong>förmige <strong>Kreisbewegung</strong> ................................................................ 4<br />

6.3.1 Die Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigung .............................................................. 5<br />

6.4 Die Zentripetalkraft ....................................................................................... 6<br />

6.4.1 Ursa<strong>ch</strong>en der Zentripetalkraft ................................................................ 6<br />

6.4.2 Experimentelle Überprüfung der bisherigen Theorie ............................. 7<br />

6.4.3 Einfa<strong>ch</strong>e Anwendungen ........................................................................ 8<br />

6.4.4 S<strong>ch</strong>wierigere Anwendungen ................................................................ 10<br />

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2


6.1 <strong>Kreisbewegung</strong>en<br />

Das folgende Kapitel bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> mit Bewegungen von Körpern, wel<strong>ch</strong>e einer<br />

Kreisbahn folgen. Diese Situation tritt sehr häufig auf: Überall, wo rotierende Objekte<br />

auftreten (Räder, S<strong>ch</strong>wungmassen, Gyroskope, etc…) bewegen si<strong>ch</strong> Massepunkte<br />

auf Kreisbahnen. Immer dann, wenn Fahr- oder Flugzeuge eine Kurve bes<strong>ch</strong>reiben,<br />

bewegen sie si<strong>ch</strong> teilweise auf einer Kreisbahn. Die na<strong>ch</strong>folgenden Abs<strong>ch</strong>nitte sollen<br />

die Grundlagen zur Bes<strong>ch</strong>reibung sol<strong>ch</strong>er Bewegungen liefern.<br />

6.2 Die Wahl des optimalen Koordinatensystems<br />

Anders als bisher handelt es si<strong>ch</strong> bei einer <strong>Kreisbewegung</strong> um<br />

zweidimensionale Bewegungen, was sie Sa<strong>ch</strong>e ein wenig<br />

kompliziert ma<strong>ch</strong>t. So zeigt Abbildung 1a ein Auto, das si<strong>ch</strong> auf<br />

einer kreisförmigen Bahn bewegt. Darübergelegt sieht man ein<br />

Koordinatengitter. Die Position P(x/y) des Fahrzeugs kann jederzeit<br />

einfa<strong>ch</strong> angegeben werden, man muss nur die Koordinaten<br />

x und y kennen. Aber genau hier liegt die S<strong>ch</strong>wierigkeit:<br />

Sowohl die Ortskoordinate x wie au<strong>ch</strong> y sind zeitabhängig! Um<br />

uns das Leben zu vereinfa<strong>ch</strong>en, überlegen wir mal, ob es hier<br />

ni<strong>ch</strong>t ein besseres System zur Bes<strong>ch</strong>reibung der Position gäbe.<br />

Eigentli<strong>ch</strong> ist es do<strong>ch</strong> so, dass das Fahrzeug einen Abstand r<br />

vom Ursprung des x-y Koordinatensystems hat, wie in<br />

Abbildung 1b) gezeigt ist. Zusätzli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>liesst r mit der x-<br />

A<strong>ch</strong>se einen Winkel � ein. Somit ist die Position P(r/�) des<br />

Fahrzeugs dur<strong>ch</strong> die Angabe des Abstandes r vom Ursprung<br />

und den Winkel � ebenfalls eindeutig bestimmt. Man spri<strong>ch</strong>t<br />

au<strong>ch</strong> von Polar- oder Kreiskoordinaten.<br />

Für uns vereinfa<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> die Sa<strong>ch</strong>e nun: Da der Mittelpunkt der<br />

<strong>Kreisbewegung</strong> im Koordinatenursprung liegt, verändert si<strong>ch</strong> der Abstand r ni<strong>ch</strong>t<br />

und entspri<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> dem Radius der Kreisbahn. Die einzige zeitabhängige<br />

Grösse ist der Winkel � .<br />

6.2.1 Das Bogenmass<br />

Speziell an diesem Winkel � ist eigentli<strong>ch</strong> nur, dass er im Bogenmass<br />

angegeben werden muss! Aber au<strong>ch</strong> das ist nur halb<br />

so kompliziert, wie es si<strong>ch</strong> anhört. Die Winkelangabe im Bogenmass<br />

ist definiert als das Verhältnis von Bogenlänge zu<br />

Radius (vgl Abbildung 2)<br />

Der Vollwinkel entspri<strong>ch</strong>t damit<br />

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b<br />

� � . (6.1)<br />

r<br />

Abbildung 1 Die Wahl<br />

des optimalen<br />

Koordinatensystems ist<br />

ents<strong>ch</strong>eidend für eine<br />

einfa<strong>ch</strong>e Bearbeitung.<br />

Abbildung 2 Zur<br />

Definition des<br />

Bogenmasses.<br />

Umfang 2�r<br />

� � 2�<br />

. (6.2)<br />

Radius r<br />

3


6.2.2 Die Winkelges<strong>ch</strong>windigkeit<br />

Wir befassen uns mit Bewegungen, bei denen ein Objekt<br />

mit einer Ges<strong>ch</strong>windigkeit v auf der Kreisbahn unterwegs<br />

ist, wie in Abbildung 3 dargestellt. Mit der Zeit ändert si<strong>ch</strong><br />

der Winkel � natürli<strong>ch</strong>, was der Mathematiker so s<strong>ch</strong>reibt:<br />

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�<br />

�<br />

t<br />

�<br />

� . (6.3)<br />

�<br />

Der Physiker identifiziert die Grösse � eindeutig als eine<br />

Ges<strong>ch</strong>windigkeit und nennt sie entspre<strong>ch</strong>end Winkelges<strong>ch</strong>windigkeit<br />

mit der Einheit<br />

��� ���� �� �<br />

1<br />

� �<br />

t s<br />

(6.4)<br />

Au<strong>ch</strong> die Beziehung zwis<strong>ch</strong>en der Ges<strong>ch</strong>windigkeit v und der Winkelges<strong>ch</strong>windigkeit<br />

� ist s<strong>ch</strong>nell gefunden:<br />

�� �b �b<br />

����r· ���v.<br />

(6.5)<br />

�t �t· r �t<br />

Zusätzli<strong>ch</strong> tau<strong>ch</strong>t in diesem Zusammenhang die Zeitspanne � t auf, wel<strong>ch</strong>e ein Objekt<br />

für eine volle Umdrehung brau<strong>ch</strong>t. Man nennt sie die Umlaufzeit 1 T und für sie<br />

gilt<br />

6.3 Die glei<strong>ch</strong>förmige <strong>Kreisbewegung</strong><br />

Abbildung 3 Zur<br />

Bes<strong>ch</strong>reibung der<br />

glei<strong>ch</strong>förmigen<br />

<strong>Kreisbewegung</strong>.<br />

Umfang 2�r 2�r<br />

v���T� . (6.6)<br />

benötigte Zeit T v<br />

Genau wie bei der Kinematik wollen wir uns zunä<strong>ch</strong>st mit <strong>Kreisbewegung</strong>en befassen,<br />

bei denen das Objekt mit konstanter Ges<strong>ch</strong>windigkeit v auf der Kreisbahn unterwegs<br />

ist. Dementspre<strong>ch</strong>end wird au<strong>ch</strong> die Winkelges<strong>ch</strong>windigkeit � konstant sein.<br />

Man spri<strong>ch</strong>t dann von glei<strong>ch</strong>förmiger <strong>Kreisbewegung</strong>.<br />

Interessant ist aber die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass das Objekt ständig seine Ri<strong>ch</strong>tung ändert –<br />

es muss deshalb eine Kraft auf das kreisende Objekt einwirken. Da die Ges<strong>ch</strong>windigkeit<br />

v jedo<strong>ch</strong> konstant ist, muss die Kraft zwingend senkre<strong>ch</strong>t zum Ges<strong>ch</strong>windigkeitsvektor<br />

stehen – sie zeigt somit zum Kreismittelpunkt hin. Wir wollen nun ermitteln,<br />

wie gross die aufgrund der Kraft erzeugte Bes<strong>ch</strong>leunigung ist.<br />

1 In späteren Zusammenhängen au<strong>ch</strong> Periodendauer oder einfa<strong>ch</strong> Periode genannt.<br />

4


6.3.1 Die Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigung<br />

Ohne die wirkende Kraft würde si<strong>ch</strong> das Auto in Abbildung 4 in<br />

der Zeit � t von Punkt P 1 na<strong>ch</strong> Punkt P 2 bewegen. Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />

'<br />

befindet es si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> der Zeit � t aber im Punkt P 2 , der auf der<br />

Kreisbahn liegt. Die wirkende Kraft hat also dafür gesorgt,<br />

dass der Wagen ni<strong>ch</strong>t um die Strecke � s na<strong>ch</strong> aussen geruts<strong>ch</strong>t<br />

ist. Wir bere<strong>ch</strong>nen das re<strong>ch</strong>twinklige Dreieck mit den<br />

Seiten v· � t,<br />

r und r� s.<br />

aufgelöst ergibt si<strong>ch</strong><br />

oder<br />

( r s) ( v· t) r<br />

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2 2 2<br />

�� � � � (6.7)<br />

� � 2<br />

r �2�sr ��s �v �t � r<br />

2 2 2 2<br />

� � 2<br />

2<br />

�s(2 r ��s) �v � t . (6.8)<br />

Wenn man nur sehr kleine Zeiten � t betra<strong>ch</strong>tet, so ist die Strecke � s sehr viel kleiner<br />

als der Radius r . Damit wird die linke Klammer in (6.8) vereinfa<strong>ch</strong>t zu<br />

2r��s� 2rund<br />

man erhält<br />

� �<br />

respektive<br />

� � 2<br />

2<br />

2r s v t<br />

� � � (6.9)<br />

2 � �<br />

1 v 2<br />

�s�� ���<br />

t�.<br />

(6.10)<br />

2 � r �<br />

Zusätzli<strong>ch</strong> wissen wir, dass im Problem eine konstante Bes<strong>ch</strong>leunigung vorliegt, so<br />

dass für die Strecke<br />

� � 2 1<br />

�s�a� t<br />

(6.11)<br />

2<br />

gilt. Verglei<strong>ch</strong>t man (6.10) mit (6.11), so stellt man fest, dass für die Bes<strong>ch</strong>leunigung<br />

des Autos zum Kreismittelpunkt hin<br />

2<br />

v<br />

a�<br />

(6.12)<br />

r<br />

ges<strong>ch</strong>rieben werden kann. Jedes Objekt, wel<strong>ch</strong>es<br />

si<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong>förmig auf einer Kreisbahn bewegt, erfährt<br />

also eine Bes<strong>ch</strong>leunigung, wel<strong>ch</strong>e quadratis<strong>ch</strong><br />

mit der Ges<strong>ch</strong>windigkeit steigt, proportional<br />

zum Radius sinkt und stets zum Kreismittelpunkt<br />

hin geri<strong>ch</strong>tet ist. Man nennt diese Bes<strong>ch</strong>leunigung<br />

Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigung.<br />

Die NASA oder das Deuts<strong>ch</strong>e Zentrum für Luft-<br />

und Raumfahrt testen ihre zukünftigen Astronauten<br />

in riesigen Zentrifugen, wie in Abbildung 5 ge-<br />

Abbildung 4 Zur<br />

Herleitung der Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigung.<br />

Abbildung 5 Zentrifuge zum<br />

S<strong>ch</strong>leudern von Astronauten. Quelle:<br />

www.lrt.mw.turm.de<br />

5


zeigt. Dadur<strong>ch</strong> simuliert man die beim Start der Rakete auftretenden Kräfte. Der Astronaut<br />

erfährt dabei eine Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigung, wel<strong>ch</strong>e ein Mehrfa<strong>ch</strong>es der<br />

Erdbes<strong>ch</strong>leunigung beträgt. Bei sol<strong>ch</strong>en Bes<strong>ch</strong>leunigungen (meistens in vielfa<strong>ch</strong>en<br />

von g angegeben), ruts<strong>ch</strong>en z.B. die Organe und das Blut na<strong>ch</strong> unten (oder na<strong>ch</strong><br />

oben). Dies kann so weit gehen, dass das Gehirn ni<strong>ch</strong>t mehr genügend dur<strong>ch</strong>blutet<br />

wird und der Astronaut in die Bewusstlosigkeit fällt (bei etwa 10g).<br />

Beispiel: Wel<strong>ch</strong>e Bes<strong>ch</strong>leunigung erfährt ein Astronaut in einer Zentrifuge, wenn er 5<br />

m vom Drehzentrum entfernt platziert wird und mit 21 Umdrehungen pro Minute ges<strong>ch</strong>leudert<br />

wird?<br />

Lösung: Die Periodendauer beträgt<br />

gung<br />

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60<br />

T� s.<br />

Es folgt für die Zentripetalbes<strong>ch</strong>leuni-<br />

21<br />

2 2 2<br />

2<br />

v � · r 2 �2· � � m<br />

�<br />

2<br />

a� � � · r � · r 24.2 2.5g<br />

r r<br />

� � �<br />

T<br />

�<br />

.<br />

� � s<br />

Mit T bezei<strong>ch</strong>net man die Umlaufzeit. Aufgrund der auftretenden Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigungen<br />

haben Piloten von Kampfjets spezielle Anzüge, wel<strong>ch</strong>e sie vor den<br />

auftretenden g – Kräften und damit vor einem g-LOC (g-induced Loss Of Consciousness<br />

/ Bewusstlosigkeit) s<strong>ch</strong>ützen sollen.<br />

6.4 Die Zentripetalkraft<br />

Die Formel für die Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigung wurde mit (6.12) hergeleitet. In Kombination<br />

mit dem 2. Newton’s<strong>ch</strong>en Axiom erhalten wir für die zum Kreismittelpunkt hin<br />

geri<strong>ch</strong>tete Zentripetalkraft F Z die Beziehung<br />

6.4.1 Ursa<strong>ch</strong>en der Zentripetalkraft<br />

2<br />

v 2<br />

FZ �m· a�m· � m· � · r . (6.13)<br />

r<br />

Interessant ist die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass mit (6.13) eine Beziehung zur Bes<strong>ch</strong>reibung der<br />

bei der glei<strong>ch</strong>förmigen <strong>Kreisbewegung</strong> zum Kreismittelpunkt hin zeigenden Kraft gefunden<br />

wurde, ohne dass wir uns dabei Gedanken gema<strong>ch</strong>t haben, was denn eigentli<strong>ch</strong><br />

die Ursa<strong>ch</strong>e dieser Kraft ist, wel<strong>ch</strong>e Kraft also für die Kreisbahn sorgt. Das wollen<br />

wir nun na<strong>ch</strong>holen.<br />

Dazu kommen wir no<strong>ch</strong> einmal zurück auf unser Auto,<br />

das eine Kreisbahn bes<strong>ch</strong>reibt. Zusätzli<strong>ch</strong> tragen wir<br />

no<strong>ch</strong> alle wirkenden Kräfte ein, wie das in Abbildung 6<br />

gezeigt ist. Es wirken fünf Kräfte auf das Fahrzeug<br />

ein: Die Motorenkraft F Motor (Antrieb) und die Fahrwiderstandskraft<br />

F Fahrwiderstand (Reibungskräfte in Fahrtri<strong>ch</strong>tung,<br />

Luftwiderstand, etc.), wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> aufheben,<br />

Abbildung 6 Auf Fahrzeug<br />

wirkende Kräfte während einer<br />

Kurvenfahrt.<br />

6


die Gewi<strong>ch</strong>tskraft F G und die Normalkraft F N , wel<strong>ch</strong>e si<strong>ch</strong> ebenfalls aufheben und<br />

eine Haftreibungskraft F R , wel<strong>ch</strong>e dafür sorgt, dass das Auto während der Kurvenfahrt<br />

haftet und zum Mittelpunkt der Kreisbahn hin zeigt. Die Summe aller angreifenden<br />

Kräfte gibt<br />

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FRes �F Motor � FFahrwiderstand�FG�FN�FR� FR<br />

(6.14)<br />

Somit ist klar, dass die Haftreibungskraft F R dafür verantwortli<strong>ch</strong> ist, dass das Auto<br />

die Kurve überhaupt gefahren werden kann (man stelle si<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong> vor, dass die<br />

Kurve auf Glatteis bes<strong>ch</strong>rieben werden soll…). Die Haftreibungskraft F R ist somit<br />

glei<strong>ch</strong> der Zentripetalkraft und (6.14) kann au<strong>ch</strong><br />

FRes�FR� FZ<br />

(6.15)<br />

ges<strong>ch</strong>rieben werden. Bei der glei<strong>ch</strong>förmigen <strong>Kreisbewegung</strong> ist F Z somit einfa<strong>ch</strong><br />

eine andere Bezei<strong>ch</strong>nung für die resultierende Kraft.<br />

Bei der glei<strong>ch</strong>förmigen <strong>Kreisbewegung</strong> entspri<strong>ch</strong>t die Zentripetalkraft<br />

gerade der resultierenden Kraft!<br />

6.4.2 Experimentelle Überprüfung der bisherigen Theorie<br />

Die Beziehungen (6.12) respektive (6.13) sind aufgrund von Überlegungen entstanden<br />

und bisher ni<strong>ch</strong>t experimentell überprüft. Das soll nun na<strong>ch</strong>geholt werden.<br />

Versu<strong>ch</strong>saufbau Kräftebilanz<br />

7


Resultate<br />

Messung #1 #2<br />

m [kg]<br />

10·T [s]<br />

T[s]<br />

r [m]<br />

FF [N]<br />

FZ, bere<strong>ch</strong>net [N]<br />

� [%]<br />

6.4.3 Einfa<strong>ch</strong>e Anwendungen<br />

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Analyse und Diskussion<br />

Na<strong>ch</strong>dem die Zusammenhänge nun au<strong>ch</strong> experimentell bestätigt wurden, konzentrieren<br />

wir uns nun auf einfa<strong>ch</strong>e Problemstellungen. Einfa<strong>ch</strong> bezieht si<strong>ch</strong> dabei auf die<br />

Tatsa<strong>ch</strong>e, dass alle am Körper angreifenden Kräfte (anti-)parallel oder senkre<strong>ch</strong>t zueinander<br />

stehen sollen.<br />

Dazu kommen wir no<strong>ch</strong> einmal auf ein Fahrzeug in einer Kurve zurück.<br />

Beispiel: Ein Auto fahre in eine Kurve, deren Radius 30 m beträgt. Dur<strong>ch</strong> Reibung<br />

trete eine Zentripetalbes<strong>ch</strong>leunigung von maximal 5 m/s 2 auf. Mit wel<strong>ch</strong>er maximalen<br />

Ges<strong>ch</strong>windigkeit wird das Auto die Kurve dur<strong>ch</strong>fahren können?<br />

Lösung: Wir fertigen eine Skizze an und tragen alle Kräfte ein. Ans<strong>ch</strong>liessend wird<br />

die resultierende Kraft ermittelt.<br />

FRes �F Motor � FFahrwiderstand�FG�FN�FR� FR<br />

Oder in Betragss<strong>ch</strong>reibweise<br />

F �F� F .<br />

Res R Z<br />

v<br />

2<br />

max<br />

m· amax � m<br />

r<br />

v � r· a<br />

max max<br />

� � � �<br />

2<br />

30 5 / 12.2 / 44 km<br />

m m s m s<br />

Interessand ist dabei die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass die Masse keine (s<strong>ch</strong>einbar) Rolle spielt!<br />

h<br />

8


Satelliten umrunden die Erde auf nahezu kreisförmigen Bahnen. Ein Beispiel nun<br />

dazu.<br />

Beispiel: Ein Satellit bewege si<strong>ch</strong> 200 km über der Erdoberflä<strong>ch</strong>e mit konstanter Ges<strong>ch</strong>windigkeit<br />

auf einer Kreisbahn um den Erdmittelpunkt. Wel<strong>ch</strong>e Ges<strong>ch</strong>windigkeit<br />

besitzt er, wenn wir annehmen, dass die Erdanziehungskraft in dieser Höhe um 6 %<br />

geringer ist als direkt auf der Erdoberflä<strong>ch</strong>e? Wie lange benötigt er für einen Umlauf?<br />

m m<br />

Lösung: Gegeben sind die Bes<strong>ch</strong>leunigung dur<strong>ch</strong> g1�a�0.94·9.81� 9.22 und der<br />

2 2<br />

s s<br />

6<br />

Radius der Kreisbahn r�r Erde �h� 6370km �200km � 6570km � 6.57·10 m.<br />

Eine Skizze<br />

und die Kräftebilanz geben folgendes:<br />

6.4.3.1 Die Fallbes<strong>ch</strong>leunigung am Äquator<br />

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FRes �FG� FZ<br />

Oder in Betragss<strong>ch</strong>reibweise<br />

FRes �FG� FZ<br />

v<br />

2<br />

mg1 � m<br />

r<br />

· 1 7780 m<br />

v� r g � .<br />

s<br />

Im Themenberei<strong>ch</strong> der Kinematik haben sie gelernt, dass die<br />

Fallbes<strong>ch</strong>leunigung ortsabhängig ist. Ursa<strong>ch</strong>en sind die Tatsa<strong>ch</strong>en,<br />

dass die Erde keine Kugel ist und ihre Masse au<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t homogen verteilt ist. Ein weiterer Grund ist aber au<strong>ch</strong><br />

die Rotation der Erde um ihre A<strong>ch</strong>se. Wie hängt denn die<br />

Fallbes<strong>ch</strong>leunigung Äquator von der Rotation der Erde ab?<br />

Die Skizze in Abbildung 7 liefert den Ansatz für die Kräftebilanz.<br />

Am Äquator wirkt auf einen Körper die Gewi<strong>ch</strong>tskraft<br />

(erzeugt von der Erde) und die Normalkraft. Letztere ist aufgrund<br />

der Rotation aber etwas kleiner als die Gewi<strong>ch</strong>tskraft.<br />

Die Differenz entspri<strong>ch</strong>t der Zentripetalkraft.<br />

Oder in Betragss<strong>ch</strong>reibweise<br />

FRes �FG� FN<br />

Aequator.<br />

(6.16)<br />

FRes �FG � FN � FZ<br />

(6.17)<br />

Das lösen wir nun na<strong>ch</strong> der Fallbes<strong>ch</strong>leunigung g Aequator auf:<br />

Abbildung 7 Zur Herleitung<br />

der Fallbes<strong>ch</strong>leunigung am<br />

9


F �F�F G N Z<br />

2<br />

mg0 �mgAequator�m rErde<br />

Aequator<br />

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v<br />

2<br />

v<br />

2<br />

�2�rErde� �<br />

T<br />

�<br />

� �<br />

2<br />

4�<br />

rErde<br />

0<br />

rErde 0<br />

rErde 0 2<br />

T<br />

g � g � � g � � g �<br />

(6.18)<br />

6<br />

Als Umlaufzeit setzen wir T �23h56min� 86160s<br />

, für den Erdradius rErde� 6.3782·10 m<br />

und für die Fallbes<strong>ch</strong>leunigung 0 9.80665 2<br />

m<br />

g � und erhalten<br />

s<br />

m m m<br />

m<br />

gAequator<br />

�9.8067�0.0339� 9.7728 . Der ri<strong>ch</strong>tige Wert beträgt g 9.7803<br />

2 2 2<br />

Aequator � . 2<br />

s s s<br />

Verblüffend, ni<strong>ch</strong>t wahr? Dur<strong>ch</strong> die Erdrotation ist die Fallbes<strong>ch</strong>leunigung am Äquator<br />

also niedriger als an den beiden Polen. Deshalb stehen Raketenabs<strong>ch</strong>ussrampen in<br />

Äquatornähe, weil man so au<strong>ch</strong> weniger Sprit brau<strong>ch</strong>t.<br />

6.4.4 S<strong>ch</strong>wierigere Anwendungen<br />

Mit wel<strong>ch</strong>em Winkel muss si<strong>ch</strong> ein Fahrradfahrer in die Kurve legen, wenn er mit einer<br />

gewissen Ges<strong>ch</strong>windigkeit eine Kurve von gegebenem Radius fahren will? Wel<strong>ch</strong>e<br />

Zentripetalkraft tritt au<strong>ch</strong>, wenn ein Flugzeug einen Bogen mit einer gegebenen<br />

konstanten Ges<strong>ch</strong>windigkeit fliegt?<br />

Au<strong>ch</strong> wenn diese Probleme von s<strong>ch</strong>einbar völlig<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Natur sind, so ist au<strong>ch</strong> hier das<br />

Vorgehen wieder glei<strong>ch</strong> wie bei den vorherigen<br />

Aufgaben. Man bestimmt die Resultierende Kraft.<br />

Diese muss – sofern es si<strong>ch</strong> um eine glei<strong>ch</strong>förmige<br />

<strong>Kreisbewegung</strong> handelt – zum Mittelpunkt<br />

der Kreisbahn hin zeigen. Man muss ledigli<strong>ch</strong> die<br />

Kräfte ges<strong>ch</strong>ickt zerlegen.<br />

6.4.4.1 Flugzeug auf Kurvenflug<br />

Fliegt ein Flugzeug in konstanter Höhe, so halten<br />

si<strong>ch</strong> die Gewi<strong>ch</strong>tskraft und die Auftriebskraft die<br />

Waage, wie in Abbildung 8 a) gezeigt ist. Legt<br />

si<strong>ch</strong> das Flugzeug in eine Kurve (die Höhe soll<br />

immer dabei glei<strong>ch</strong> bleiben), so sind immer no<strong>ch</strong><br />

dieselben zwei Kräfte wirksam – nur sind sie<br />

eben ni<strong>ch</strong>t mehr antiparallel und die resultierende<br />

Kraft ist darum grösser als null. Die Situation der<br />

Kräfte am Flugzeug sieht dann aus, wie in<br />

Abbildung 8 b) gezeigt ist. Zur Addition zerlegen<br />

wir die Auftriebskraft in zwei Komponenten: Eine<br />

antiparallel zur Gewi<strong>ch</strong>tskraft und eine senkre<strong>ch</strong>t<br />

dazu, wie in Abbildung 8 c) dargestellt.<br />

Abbildung 8 Flugzeug auf Kurvenflug<br />

s<br />

10


Für die resultierende Kraft ergibt si<strong>ch</strong><br />

Kantonss<strong>ch</strong>ule Soloturn, Reto Basler Stotzer www.<strong>physica</strong>.<strong>ch</strong><br />

FRes FGFA FGFA,<br />

F A,<br />

�<br />

� � � � � . (6.19)<br />

Man erkennt in Abbildung 8, dass si<strong>ch</strong> F A,<br />

und F G aufheben müssen, wenn das<br />

Flugzeug während des Kurvenflugs seine Höhe ni<strong>ch</strong>t ändert. Es bleibt als resultie-<br />

F � übrig. Es gilt also (Beträge)<br />

rende Kraft – und somit Zentripetalkraft – nur no<strong>ch</strong> A,<br />

FRes �FA, � � FZ<br />

. (6.20)<br />

Man erkennt ebenfalls in Abbildung 8, dass für den Winkel zwis<strong>ch</strong>en F A und der Ver-<br />

FA,<br />

�<br />

tikalen, nennen wir ihn einmal � , die Beziehung tan�<br />

� gilt. Somit ist ein Aus-<br />

F<br />

druck für A,<br />

F � gefunden und kann in (6.20) eingesetzt werden:<br />

F F<br />

A, � � Z<br />

v<br />

2<br />

FA, ·tan�<br />

�m<br />

r<br />

2<br />

v<br />

FG·tan��m 2<br />

2<br />

v<br />

mg·tan� �m<br />

r<br />

A,<br />

(6.21)<br />

Dabei hat man no<strong>ch</strong> FG� FA,<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigt. Die letzte Glei<strong>ch</strong>ung in (6.21) kann nun<br />

na<strong>ch</strong> der jeweiligen gesu<strong>ch</strong>ten Grösse aufgelöst werden.<br />

Dieses Beispiel mit dem Flugzeug steht<br />

stellvertretend für alle Probleme mit<br />

Winkeln im Zusammenhang mit der<br />

glei<strong>ch</strong>förmigen <strong>Kreisbewegung</strong>. Die<br />

Skizzen bleiben jeweils glei<strong>ch</strong>, nur das<br />

Objekt und die Kräftebezei<strong>ch</strong>nungen<br />

ändern si<strong>ch</strong>, wie das in Abbildung 9 gezeigt<br />

ist.<br />

a) b)<br />

Abbildung 9 Kräfteverhältnisse für einen Zug (a),<br />

respektive einen Jetski in der Kurve (b).<br />

11

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