Status und Perspektiven - SNI-Portal
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Magnetisches Dipolmoment<br />
Das Neutron hat noch eine weitere wichtige Eigenschaft,<br />
die es für den Forscher so wertvoll macht: das<br />
Kernmoment <strong>und</strong> sein magnetisches Dipolmoment.<br />
Damit werden sowohl der Magnetismus der Atomkerne<br />
als auch die magnetische Struktur, die magnetischen<br />
Anregungen <strong>und</strong> Fluktuationen der Elektronen im<br />
Festkörper, zugänglich, mit wichtigen Anwendungen in<br />
korrelierten Elektronensystemen oder im Nanomagnetismus.<br />
Bei der präzisen magnetischen Strukturaufklärung<br />
mit polarisierten Neutronen <strong>und</strong> der kompletten<br />
Bestimmung magnetischer Anregungen haben Neutronen<br />
unter allen Methoden ein Alleinstellungsmerkmal.<br />
Kein W<strong>und</strong>er also, dass die beiden Nobelpreise an<br />
C. G. Shull <strong>und</strong> B. N. Brockhouse im Jahre 1994 gerade<br />
für diesen Themenkreis vergeben wurden!<br />
Kontrastvariation<br />
Bei der Bestimmung von Lage <strong>und</strong> Bewegung von<br />
Atomen ist der Streuquerschnitt aufgr<strong>und</strong> der Wechselwirkung<br />
des Neutrons mit den Atomkernen entscheidend.<br />
Dieser variiert relativ unsystematisch innerhalb<br />
des Periodensystems der Elemente - ganz im Gegensatz<br />
zum Streuquerschnitt von Röntgenstrahlen, der stetig<br />
mit der Anzahl der Elektronen eines Atoms ansteigt.<br />
Mit Neutronen können daher auch im Periodensystem<br />
benachbarte Atome klar unterschieden werden, <strong>und</strong><br />
Abb. 2.6. Kontrastvariation durch H-D Isotopenersatz,<br />
schematisch. Verschiedene funktionelle Einheiten können<br />
gegenüber dem Lösungsmittel hervorgehoben oder unterdrückt<br />
werden.<br />
leichte Atome bleiben sichtbar neben den schweren.<br />
Verschiedene Isotope ein <strong>und</strong> desselben Elements können<br />
gänzlich verschiedene Streuquerschnitte aufweisen.<br />
Forscher, die biologische Proben <strong>und</strong> weiche Materie<br />
untersuchen, machen sich diese Eigenschaften zunutze,<br />
indem sie in einzelnen funktionellen Gruppen oder<br />
Molekülen Wasserstoff durch Deuterium ersetzen <strong>und</strong><br />
diese damit quasi „anfärben“. Diese Kontrastvariation<br />
erlaubt die Bestimmung von Position <strong>und</strong> Bewegung<br />
einzelner Moleküle oder Gruppen in einem komplexen<br />
mehrkomponentigen System.<br />
Neutronen <strong>und</strong> Wasserstoff<br />
Wasserstoff ist das leichteste Element mit<br />
nur einem Elektron. In kondensierter Materie<br />
ist er ein wichtiger Strukturbaustein,<br />
der entweder kovalent geb<strong>und</strong>en oder<br />
in H 2<br />
O-Molekülen enthalten ist. Bei der<br />
Strukturanalyse sehen Röntgenstrahlen<br />
die Elektronendichteverteilung der Atome<br />
oder Ionen. Das eine Wasserstoffelektron<br />
hat dabei nur einen geringen Beitrag - vor<br />
allem im Vergleich zu Schweratomen mit<br />
hoher Ordnungszahl - <strong>und</strong> ist zusätzlich<br />
wegen der kovalenten Bindung gegenüber<br />
der Protonenposition delokalisiert.<br />
Für die Neutronenbeugung ist der Wasserstoff<br />
- genauer gesagt das Proton ( 1 H)<br />
<strong>und</strong> für das schwere Wasserstoffisotop<br />
das Deuteron ( 2 H) - gut zu erkennen <strong>und</strong><br />
zu lokalisieren. Wegen der unterschiedlichen<br />
Vorzeichen der Streulängen<br />
(( 1 H) = -3.74 fm <strong>und</strong> ( 2 H) = +6.67 fm)<br />
ergibt sich darüber hinaus die Möglichkeit<br />
einer Kontrastvariation zwischen<br />
protonierten <strong>und</strong> deuterierten Strukturkomponenten.<br />
Detaillierte Informationen über die<br />
H,D-Verteilung in Wasserstoffbrückenbindungen<br />
oder im Zusammenhang mit<br />
Molekülfehlordnungen sind eine Domäne<br />
der Neutronenstreuung. Entsprechende<br />
Fragestellungen sind auch für die Strukturforschung<br />
von biologischen Makromolekülen<br />
von großer Bedeutung.<br />
x 10 σ tot<br />
[barn] σ tot<br />
[barn] Streuquerschnitt<br />
0,66<br />
24<br />
416<br />
450<br />
522<br />
1408<br />
2985<br />
H<br />
1<br />
C<br />
6<br />
Mn<br />
25<br />
Fe<br />
25<br />
Ni<br />
28<br />
Pd<br />
46<br />
Ho<br />
67<br />
U<br />
1,75<br />
5,55<br />
1,75<br />
11,22<br />
13,30<br />
4,39<br />
8,05<br />
5531 8,90<br />
92<br />
1 2<br />
58 60 62<br />
O2c<br />
O1<br />
z bei <br />
+ 4 K<br />
Rb<br />
O2a<br />
O2 H<br />
O1b<br />
P<br />
O1c<br />
2−fache Achse<br />
<br />
O<br />
P<br />
O<br />
[110] o<br />
2−fache Achse<br />
O<br />
O<br />
z bei <br />
- 1 K<br />
Rb<br />
O H <br />
H<br />
P<br />
O<br />
4-Achse<br />
O<br />
O<br />
<br />
O<br />
P<br />
O<br />
4-Achse<br />
y t<br />
Röntgen Element Neutronen<br />
z<br />
Abb. 2.5. Vergleich der Streuquerschnitte - repräsentiert durch die Kreisfläche - einiger Elemente für Röntgen <strong>und</strong> Neutronen.<br />
Die farbliche Markierung der Neutronenstreuquerschnitte entspricht Streuung mit oder ohne Phasensprung von<br />
180°.<br />
Abb. 2.7. Protonenordnung in O-H···O Wasserstoffbrückenbindungen am Phasenübergang von RbH 2<br />
PO 4<br />
bei <br />
= 147 K<br />
von der paraelektrischen Kristallstruktur mit der Raumgruppe 42d (links) zu der ferroelektrischen Fdd2-Struktur (rechts).<br />
Mit der H-Ordnung bei < <br />
ist eine Deformation der Kristallstruktur entsprechend den eingezeichneten Pfeilen verb<strong>und</strong>en,<br />
die zum Auftreten einer spontanen elektrischen Polarisation in z-Richtung führt.<br />
16 Was macht Neutronen so einzigartig 17