Status und Perspektiven - SNI-Portal
Status und Perspektiven - SNI-Portal
Status und Perspektiven - SNI-Portal
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Phasenraum: Volumen <strong>und</strong><br />
Transformation<br />
Unabhängig vom Typ der Neutronenquelle - Reaktor<br />
oder Spallationsquelle - werden die für Streuexperimente<br />
genutzten Neutronen aus Moderatoren freigesetzt.<br />
Sie besitzen dann eine isotrope Geschwindigkeitsverteilung<br />
entsprechend der Temperatur des Moderators.<br />
Die Impuls- (Geschwindigkeits-) <strong>und</strong> Ortsverteilung<br />
der Neutronen wird durch ein Volumen im Phasenraum<br />
beschrieben. In jüngster Zeit gibt es vermehrte Anstrengungen,<br />
dieses Phasenraumvolumen zu manipulieren:<br />
Mit Hilfe von optischen Elementen wie Superspiegeln<br />
oder spezialisierten Kristallmonochromatoren sowie<br />
über ein multispektrales Extraktionsverfahren kann<br />
man das nutzbare Phasenraumvolumen vergrößern.<br />
Über Linsensysteme, fokussierende Spiegel oder<br />
bewegte Kristalle lässt sich das Phasenraumvolumen<br />
entsprechend den Anforderungen eines Experimentes<br />
formen. Als Beispiele seien hier nur das multispektrale<br />
Extraktionsverfahren <strong>und</strong> die Phasenraumtransformation<br />
mit bewegten Kristallen kurz erläutert.<br />
Multispektrales Extraktionssystem<br />
Normalerweise nutzen Experimente Neutronenstrahlen<br />
entweder von einem thermischen Moderator oder<br />
einer kalten Quelle. Für Flugzeit-Diffraktometrie oder<br />
–Spektroskopie ist oft ein breiterer Wellenlängenbereich<br />
wünschenswert. Dies kann entweder durch eine untermoderierte<br />
kalte Quelle (realisiert am FRM-II) oder<br />
durch ein multispektrales Extraktionssystem (realisiert<br />
HMI) erreicht werden. Bei letzterem werden Neutronen<br />
über ein spezielles Neutronenspiegelsystem (Superspiegel)<br />
sowohl von einer kalten als auch einer thermischen<br />
Quelle in denselben Neutronenleiter eingekoppelt<br />
(s. Abbildung 7.7). Die rasante Weiterentwicklung der<br />
Superspiegel hat es erst ermöglicht, Strahlen mit einem<br />
breiten Wellenlängenband <strong>und</strong> / oder einer großen Divergenz<br />
effi zient über weite Entfernungen zu transportieren.<br />
Eine Divergenztransformation für das Streuexperiment<br />
kann dann durch fokussierende Spiegel oder<br />
Linsensysteme erreicht werden.<br />
Phasenraumtransformation mit<br />
bewegten Kristallen<br />
Für Streuexperimente ist in der Regel ein gerichteter<br />
monochromatischer Strahl erwünscht, während die<br />
Quelle Strahlen einer hohen Divergenz anbietet. Durch<br />
Bragg-Streuung an einem sich bewegenden Monochromatorkristall<br />
kann das Phasenraumvolumen gezielt<br />
geformt werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten,<br />
eine solche Phasenraumtransformation zu nutzen, um<br />
die Intensität der Neutronen in dem vom Instrument<br />
genutzten Energieband zu verbessern. Das FZJ hat hier<br />
weltweit eine Vorreiterrolle gespielt.<br />
Bei der Methode des parallelen Impulsübertrags wird<br />
das Spektrum thermischer Neutronen in einer kalten<br />
Quelle komprimiert, was zu einer erhöhten Phasenraumdichte<br />
führt. In einem zweiten Schritt wird ein Teil<br />
dieses niederenergetischen Spektrums durch Refl ektion<br />
an einem schnell bewegten Kristall (z. B. auf dem<br />
Umfang eines Rades bei hoher Drehzahl) auf thermische<br />
Energien zurückgeführt. Auf diese Weise wird ein<br />
thermischer Strahl mit engem Energieband <strong>und</strong> kleiner<br />
Divergenz erzeugt.<br />
Bei einer zweiten Methode wird durch Impulsübertrag<br />
senkrecht zum reziproken Gittervektor eines<br />
Mosaikkristalls ein kollimierter Strahl breiter Energieverteilung<br />
in einen monoenergetischen Strahl breiter<br />
Winkelverteilung transformiert. Praktisch ist diese<br />
Methode nur für kalte Neutronen einsetzbar, wobei die<br />
Geschwindigkeit des Deflektorkristalls in der Größenordnung<br />
von 300 m/s liegt. Die Methode wird an zwei<br />
modernen Rückstreuspektrometern eingesetzt <strong>und</strong><br />
liefert einen Intensitätsgewinn von etwa einem Faktor 4.<br />
Im Moment wird die Phasenraumtransformation - nicht<br />
zuletzt wegen der damit verb<strong>und</strong>enen hohen technischen<br />
Schwierigkeiten - noch äußerst spärlich eingesetzt.<br />
Die Herausforderung für die Zukunft besteht<br />
darin, Abwandlungen der beschriebenen Methode der<br />
Phasenraumtransformation konsequenter anzuwenden,<br />
etwa bei kalten Flugzeitspektrometern, bei denen man<br />
höhere Intensitäten ohne Zeitfokussierung erzielen<br />
könnte.<br />
Kalte Quelle<br />
Thermischer Moderator<br />
Neutronen-Superspiegel<br />
Neutronenweiche<br />
Neutronen-Superspiegel<br />
Neutronenleiter<br />
Beispiel für Flugweg thermischer Neutronen<br />
Beispiel für Flugweg kalter Neutronen<br />
Abb. 7.7. Multispektrales Extraktionssystem. Dieses System wurde am HMI zur Versorgung der zweiten<br />
Neutronenleiterhalle mit thermischen <strong>und</strong> kalten Neutronen eingebaut.<br />
Abb. 7.8. Deflektorrad des Jülicher Rückstreuspektrometers am FRM-II vor Montage der Deflektorkristalle. Der<br />
Durchmesser (Abstand Kristallmitte zu Kristallmitte) beträgt 120 cm, die Umfangsgeschwindigkeit 300 m/s in der<br />
Kristallmitte.<br />
Phasenraum<br />
84 85