Status und Perspektiven - SNI-Portal
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Eingeschränkte Dimensionalität<br />
Die moderne Materialpräparation kann gezielt Nanoteilchen<br />
<strong>und</strong> geordnete Nanostrukturen in 1, 2 <strong>und</strong> 3<br />
Dimensionen herstellen, sei dies durch gezielte Materialmodifikation<br />
mit physikalischen Verfahren wie<br />
Epitaxie oder Lithographie („top-down“) oder durch<br />
Selbstorganisation („bottom-up“). Die sich entwickelnde<br />
Nanotechnologie ist dabei, unsere Welt zu revolutionieren.<br />
Beispiele sind Kohlenstoff-Nanoröhrchen als<br />
Strukturmaterialien oder als elektrische Leiter, die ungewöhnlich<br />
hohe Stromdichten tragen können. Magnetische<br />
Nanostrukturen fi nden Verwendung als nichtfl üchtige<br />
Datenspeicher oder allgemeiner als Bauelemente<br />
der „Spintronik“. Darunter versteht man Informationsspeicherung,<br />
Informationstransport <strong>und</strong> Informationsverarbeitung,<br />
basierend auf dem Elektronenspin statt<br />
der Elektronenladung. Im Vergleich zu herkömmlichen<br />
elektronischen Bauelementen haben Spintronik-Elemente<br />
erhebliches Verbesserungspotential hinsichtlich<br />
Schnelligkeit, Miniaturisierbarkeit, Leistungsverbrauch<br />
<strong>und</strong> langfristig dem möglichen Einsatz in Quantencomputern.<br />
Nanomaterialien<br />
Die Eigenschaften von Nanomaterialien unterscheiden<br />
sich gr<strong>und</strong>sätzlich von denen des Volumenmaterials<br />
<strong>und</strong> sind durch die freien Ober- <strong>und</strong> Grenzflächen bzw.<br />
die enge Nachbarschaftsbeziehung zu angrenzenden<br />
Materialien bestimmt. Mit einem Verständnis der<br />
gr<strong>und</strong>legenden Effekte können gezielt künstliche Materialien<br />
mit ganz bestimmten, gewünschten Eigenschaften<br />
hergestellt werden. Ein Beispiel ist der Riesenmagn<br />
etowiderstandseffekt GMR, der in gekoppelten metallischen<br />
Schichtstrukturen auftritt. Dieser Effekt, der<br />
bei neugiergetriebener Gr<strong>und</strong>lagenforschung gef<strong>und</strong>en<br />
wurde, hat innerhalb von nur 10 Jahren die Datenspeicherung<br />
revolutioniert: alle Leseköpfe der Laufwerke<br />
heutiger Computer nutzen den GMR-Effekt!<br />
Offene Fragen sind zum Beispiel:<br />
• Welches sind die elektronischen, magnetischen <strong>und</strong><br />
mechanischen Eigenschaften von Nanosystemen<br />
aus vielen Komponenten, <strong>und</strong> wie können wir diese<br />
Eigenschaften vorhersagen<br />
• Können wir die Quantenzustände niederdimensionaler<br />
magnetischer Systeme verstehen<br />
• Welche neuartigen Phänomene resultieren aus der<br />
direkten Nachbarschaft verschiedener Materialien<br />
(„Proximity Effect“)<br />
• Welchen Einblick können wir in die Funktion biologischer<br />
Membranen erhalten Wie wird z. B. der<br />
selektive Stofftransport durch eine solche Membran<br />
realisiert<br />
• Wie können katalytische Prozesse an Oberflächen<br />
<strong>und</strong> Nanopartikeln systematisch optimiert werden<br />
• Wie verändert sich das Verhalten von Flüssigkeiten in<br />
Nanoporen <strong>und</strong> Nanokanälen<br />
Neutronen als Spione in der Nanowelt sind hervorragend<br />
geeignet, strukturelle <strong>und</strong> magnetische Ordnung<br />
<strong>und</strong> Wechselwirkungen in Nanostrukturen zu bestimmen,<br />
z. B. durch Streuung unter streifendem Einfall.<br />
Magnetismus von dünnen Schichten <strong>und</strong><br />
Nanostrukturen<br />
Fortschrittliche magnetische Materialien mit maßgeschneiderten<br />
Eigenschaften bestehen aus Nanostrukturen,<br />
die auf atomarem Maßstab gezielt aus ferromagnetischen,<br />
antiferromagnetischen <strong>und</strong> nichtmagnetischen<br />
Bestandteilen aufgebaut sind. Die Entwicklung dieser<br />
Materialien wird getrieben durch die zahlreichen Anwendungen<br />
in der modernen Informationstechnologie<br />
<strong>und</strong> der Forderung nach immer kleineren magnetischen<br />
Elementen zur Speicherung oder Verarbeitung von<br />
Information. Bezüglich der Gr<strong>und</strong>lagenforschung verursacht<br />
der für Nanostrukturen charakteristische große<br />
Anteil von Ober- <strong>und</strong> Grenzflächen neue <strong>und</strong> faszinierende<br />
Phänomene im Magnetismus, die eine Herausforderung<br />
für unser gr<strong>und</strong>legendes Verständnis darstellen.<br />
Experimente mit polarisierten Neutronen gestatten uns<br />
einzigartige Einblicke in solche Nanostrukturen <strong>und</strong><br />
tragen entscheidend zum besseren Verständnis des Magnetismus<br />
auf der Nanometerskala bei (s. Abb. 2.34).<br />
Magnetische Dünnschichtsysteme<br />
In den Neunziger Jahren des letzten Jahrh<strong>und</strong>erts wurden<br />
an magnetischen Vielfachschichten einige Phänomene<br />
entdeckt, die innerhalb weniger Jahre die Informationstechnologie<br />
revolutionierten <strong>und</strong> die Gr<strong>und</strong>lage<br />
legten für das neue Gebiet der „Spintronik“. Dazu<br />
gehören die Kopplung ferromagnetischer Lagen durch<br />
nichtmagnetische Zwischenschichten („Zwischenschichtkopplung“),<br />
die starke Änderung des elektrischen<br />
Widerstands im externen Magnetfeld („Riesenma<br />
gnetowiderstandseffekt“) <strong>und</strong> die gegenseitige magnetische<br />
Beeinflussung benachbarter Schichten („Proximity<br />
Effekte“). Als aktuelles Beispiel sei der so genannte<br />
„Exchange Bias Effekt“ vorgestellt. Es handelt sich<br />
dabei um eine Anisotropie, die genau eine Richtung<br />
auszeichnet <strong>und</strong> die in einer ferromagnetischen Schicht<br />
durch quantenmechanische Austauschkopplung an eine<br />
antiferromagnetische Schicht induziert wird. Dadurch<br />
kommt eine Vorzugsrichtung der Magnetisierung<br />
zustande, die viele Anwendungen von Dünnschicht-<br />
systemen in der Sensorik erst ermöglicht hat. Solche<br />
Sensoren bestehen aus mehreren Lagen verschiedener<br />
magnetischer Materialien. Leistungsfähige Untersuchungsmethoden<br />
sollten es gestatten, die magnetischen<br />
Eigenschaften tiefenaufgelöst bestimmen zu können.<br />
Die Streuung polarisierter Neutronen unter streifendem<br />
Einfall hat einen entscheidenden Vorteil vor vielen<br />
anderen Methoden: sie erlaubt es, sowohl den Wert als<br />
auch die Richtung der mittleren Magnetisierung aller<br />
Schichten eines solchen Stapels einzeln zu bestimmen<br />
<strong>und</strong> darüber hinaus lokale Abweichungen von dem<br />
Mittelwert tiefenaufgelöst zu beobachten. Damit kann<br />
etwa ein Ummagnetisierungsprozess beim Richtungswechsel<br />
des äußeren Felds im Detail verfolgt werden.<br />
Bei den „Exchange Bias“-Systemen wird in einigen<br />
Fällen Domänenbildung <strong>und</strong> Domänenwachstum beobachtet,<br />
in anderen Fällen eine kohärente Drehung der<br />
Gesamtmagnetisierung. Mit Hilfe von systematischen<br />
Neutronenreflektometrie-Untersuchungen konnte ein<br />
detailliertes Verständnis erzielt werden, das es gestattet,<br />
Vorhersagen über den Ummagnetisierungsprozess zu<br />
machen, um damit Schaltzeiten <strong>und</strong> Reproduzierbarkeit<br />
zu verbessern.<br />
f<br />
[mrad]<br />
f<br />
[mrad]<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
I++<br />
0 20 40 60 80<br />
0 20 40 60 80<br />
i<br />
[mrad ]<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
I− −<br />
0 20 40 60 80<br />
I+− I− +<br />
Lateral strukturierte Schichtsysteme<br />
<strong>und</strong> Nanostrukturen<br />
Während magnetische Dünnschichtsysteme nur entlang<br />
einer Richtung nanostrukturiert sind, können durch<br />
lithographische Verfahren oder durch Selbstorganisation<br />
zwei- <strong>und</strong> dreidimensionale reguläre Anordnungen<br />
von magnetischen Nanopartikeln erzeugt werden. Diese<br />
Systeme finden Anwendung in der magnetischen Datenspeicherung<br />
<strong>und</strong> lassen neue Effekte aufgr<strong>und</strong> zusätzlicher<br />
Quantisierungsbedingungen erwarten. Bisher existieren<br />
keine wirklich leistungsfähigen Messmethoden,<br />
um so wichtige Informationen wie die Verteilung der<br />
Magnetisierung innerhalb der einzelnen Nanopartikel<br />
oder die magnetischen Korrelationen zwischen den<br />
Partikeln experimentell zugänglich zu machen. Das Potential<br />
der Neutronenstreuung konnte durch Kleinwinkelstreuung<br />
an Ferrofl uiden magnetischer Nanopartikel<br />
bereits eindrucksvoll aufgezeigt werden (s. Abb. 2.35).<br />
Zurzeit wird an verschiedenen Stellen eine neue Technik,<br />
die Kleinwinkelstreuung polarisierter Neutronen<br />
unter streifendem Einfall, entwickelt. Es zeichnet sich<br />
ab, dass mit dieser Methode ein Durchbruch bei der<br />
experimentellen Untersuchung von geordneten zweidimensionalen<br />
Nanostrukturen auf der Subnanometerskala<br />
erzielt werden wird (s. Abb. 2.34).<br />
0 20 40 60 80<br />
i<br />
[mrad ]<br />
Abb. 2.34. Neutronenstreuung<br />
unter streifendem Einfall an einem<br />
polykristallinen magnetischen<br />
Vielschichtsystem. Gezeigt ist die<br />
Streuung in allen vier Polarisationskanälen<br />
als Funktion von Einfalls-<br />
( <br />
) <strong>und</strong> Ausfallswinkel ( <br />
). Die<br />
Intensität auf den Diagonalen gibt<br />
Information über die mittlere Magnetisierung<br />
der Schichten, während<br />
die diffuse Streuung neben den<br />
Diagonalen Information über Domänenstrukturen<br />
liefert. In jedem<br />
Teilbild sind experimentelle Daten<br />
(links oberhalb der Diagonalen) mit<br />
der Theorie (rechts unterhalb der<br />
Diagonalen) verglichen.<br />
Eingeschränkte Dimensionalität:<br />
40 41<br />
Nanomagnetismus