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Status und Perspektiven - SNI-Portal

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a<br />

b<br />

Neutronenforschung an<br />

komplexen Geosystemen: das<br />

Beispiel Gesteinsverformung<br />

<strong>und</strong> Gesteinsschmelzen an<br />

Plattengrenzen<br />

tierung aufgr<strong>und</strong> ihrer niedrigen Kristallsymmetrie<br />

schwer zu messen ist, z. B. Feldspat, das häufi gste Mineral<br />

der Erdkruste. Zum anderen läuft die Verformung<br />

an Plattengrenzen in mehreren Verformungsschritten<br />

ab, wobei jüngere Ereignisse die älteren Texturen überprägen.<br />

Prozesse im System Erde werden von Parametern<br />

gesteuert, die auf komplexe Weise miteinander gekoppelt<br />

sind. Die Herausforderung für die modernen<br />

Geowissenschaften besteht darin, diese Parameter <strong>und</strong><br />

ihre Kopplung zu verstehen. Neutronenforschung bietet<br />

spezifi sche Vorteile für die Untersuchung komplexer<br />

Systeme <strong>und</strong> wird dadurch zu einem starken Werkzeug<br />

der Geowissenschaften, wie hier am Beispiel des<br />

komplexen Geosystems Plattengrenze veranschaulicht<br />

werden soll.<br />

Volumenmessungen<br />

Entscheidende Vorteile der Neutronen gegenüber<br />

anderen Methoden zur Texturmessung an Gesteinen<br />

sind ihre geringe Absorption durch Materie <strong>und</strong> ihre<br />

relativ großen Strahlquerschnitte. Deshalb können echte<br />

Volumenmessungen durchgeführt werden. Im Fall der<br />

Untersuchung von Verformungsprozessen an Plattengrenzen<br />

kann Neutronenbeugung vielfältig eingesetzt<br />

werden. Herausforderungen an die Neutronenbeugung<br />

sind hier besonders Texturanalysen<br />

d<br />

110 qtz 100 qtz 001 cal<br />

Max<br />

3.16 mrd<br />

z<br />

x<br />

1 2 3 4 5 mrd<br />

Max<br />

3.87 mrd<br />

MR2<br />

z<br />

x<br />

Max<br />

6.45 mrd<br />

Abb. 2.26. Analyse komplexer tektonischer Strukturen in der<br />

Monte Rosa-Decke mit Hilfe von Neutronenbeugung.<br />

a: Stolemberg im Monte Rosa-Gebiet mit Deckengrenzen.<br />

b: Dünnschliffbild deformierten Quarzgesteins von einer der<br />

Deckengrenzen (Maßstab 50 µm).<br />

c: Neutronen-Textur von Quarz aus der gleichen Probe; Orientierungsverteilungen<br />

der kristallographischen Richtungen (100),<br />

(110) <strong>und</strong> (001).<br />

d: Interpretation der Faltung der Deckengrenzen aufgr<strong>und</strong> der<br />

Texturuntersuchungen.<br />

Hintergr<strong>und</strong>: Tektonische Übersicht des Gebietes.<br />

z<br />

x<br />

c<br />

Die Bewegung der Lithosphärenplatten<br />

Plattengrenzen sind die Ränder der sich langsam bewegenden<br />

tektonischen Platten, aus denen die Lithosphäre<br />

der Erde aufgebaut ist. Prozesse an Plattengrenzen<br />

haben hohe gesellschaftliche Relevanz, einerseits durch<br />

ihr Naturgefahren-Potential, da sie für die meisten Erdbeben<br />

<strong>und</strong> Vulkanausbrüche verantwortlich sind, andererseits<br />

durch Rohstoffe, wie etwa Erze <strong>und</strong> Erdöl, die<br />

häufi g an Plattengrenzen geb<strong>und</strong>en sind. Plattengrenzen,<br />

an denen Ozean-Lithosphären subduziert wurden<br />

<strong>und</strong> später Kontinente kollidiert sind, lassen sich in den<br />

Alpen <strong>und</strong> anderen Hochgebirgen der Erde studieren.<br />

Durch die Abtragung sind dort tiefe Stockwerke der<br />

Plattengrenze zugänglich, so dass die Verformungsvorgänge<br />

in der Tiefe, die das Geschehen an der Oberfl ä-<br />

che steuern, studiert werden können. Bei den Druck<strong>und</strong><br />

Temperaturbedingungen, die hier geherrscht haben,<br />

verläuft die Verformung, die in fl acheren Stockwerken<br />

zu Erdbeben führt, als bruchloser Fließvorgang im<br />

festen Zustand. Dabei erfahren die Mineralkörner, die<br />

das Gestein aufbauen, eine Regelung, die zur kristallographischen<br />

Vorzugsorientierung (Textur) führt. Die<br />

Messung der Textur ermöglicht die Rekonstruktion der<br />

früheren Bewegungen, d. h. Bewegungsrichtung, Schersinn,<br />

Verformungsgeometrie sowie die Geschwindigkeit<br />

<strong>und</strong> Temperatur der Verformung (s. Abb. 2.26).<br />

Verformung von Gesteinen<br />

Die Verformung von Gesteinen ist bisher nur in einfachen<br />

Modellsystemen verstanden worden, etwa für<br />

Gesteine, die nur aus einem - möglichst einfach zu<br />

untersuchenden - Mineral aufgebaut sind <strong>und</strong> bei einer<br />

einfachen Verformungsgeometrie. In der Realität werden<br />

jedoch Gesteine verformt, die meist aus mehreren<br />

Mineralarten bestehen, darunter solche, deren Orien-<br />

• an Gesteinen aus mehreren Mineralphasen <strong>und</strong> in<br />

Gesteinen aus niedrigsymmetrischen Mineralen<br />

(Ermittlung möglichst vieler Polfi guren; Trennung<br />

überlagerter Reflexe mittels mathematischer Peak-<br />

Profilanalyse).<br />

• an mehrfach verformten Gesteinen. Auf diesem Feld<br />

ist noch extrem wenig geforscht worden, hier sind<br />

große Fortschritte möglich (Kombination von Neutronenbeugung<br />

mit Kornformanalyse).<br />

• an experimentell verformten Gesteinen. Texturentwicklung<br />

bei Gesteinsverformungen unter kontrollierten<br />

Bedingungen ist bisher kaum untersucht. Bei<br />

Torsionsversuchen sind homogen verformte Probenbereiche<br />

sehr klein. Hier liegt eine weitere Herausforderung<br />

(Messung kleiner Probenbereiche; Messungen<br />

gekapselter Proben).<br />

Schmelzen<br />

Plattenränder sind Zonen mit erhöhtem Vulkanismus,<br />

d. h. Quellen für den mehr oder minder heftigen Austritt<br />

silikatischer Schmelzen aus dem Erdinneren. Die<br />

Eigenschaften dieser Schmelzen hängen sensitiv vom<br />

Gehalt an fl uider Phase (Wasser) ab. Da Neutronen<br />

besonders stark von H-Atomen gestreut werden, lassen<br />

sich Verteilungen solcher Schmelzen (im Gestein) oder<br />

Strukturen von „Modell“-Schmelzen mittels Neutronenradiographie<br />

<strong>und</strong> Neutronbeugungsmethoden gut<br />

untersuchen.<br />

32 Komplexität: Geosysteme 33

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