Status und Perspektiven - SNI-Portal
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Mögliche zukünftige Anwendungen:<br />
Kernspinkontrastvariation<br />
Im Gegensatz zu der oben erwähnten Möglichkeit,<br />
interessante Bereiche in einem Makromolekül<br />
durch Isotopensubstitution zu markieren, bietet die<br />
Neutronenstreuung zudem die Option, polarisierte<br />
Neutronen an polarisierten Kernspins (im wesentlichen<br />
1<br />
H) zu streuen (s. Abb. 2.15). Die zeitaufgelöste<br />
Neutronenstreuung an dynamisch polarisierten<br />
Protonenspins erlaubt die Untersuchung von sehr<br />
verdünnten paramagnetischen Strukturen. Hierzu<br />
gehört beispielsweise eine Reihe von Enzymen,<br />
deren aktive Zentren in einen radikalischen<br />
Zustand übergehen können oder ihn an anderer<br />
Stelle innerhalb des Proteins auslösen. Eine erste<br />
entsprechende Untersuchung wurde an dem<br />
katalasegeb<strong>und</strong>enen Tyrosylradikal durchgeführt. Der<br />
erste zweifelsfreie Nachweis der Kernspindiffusion<br />
in einem protonenreichen Molekül gelang in einem<br />
Biradikalmolekül.<br />
Der Aufbau des intramolekularen Polarisationsgradienten<br />
ist rasch (< 1 Sek<strong>und</strong>e) <strong>und</strong> somit nur über<br />
zeitaufgelöste Neutronenstreuung, nicht aber mit NMR,<br />
nachweisbar, denn NMR-Messungen erfordern mehr<br />
Zeit. Auf diese elegante Weise kann im Inneren eines<br />
Proteins ein Streukontrast erzeugt werden, der zur<br />
Strukturuntersuchung herangezogen werden kann.<br />
Abb. 2.13. Ein Beispiel für Vorgänge an biologischen<br />
Membranen ist die Einlagerung von Squalene, einem<br />
Polyisopren. Die Phospholipide POPC <strong>und</strong> POPS bilden<br />
eine Membran mit <strong>und</strong> ohne Squalene. Polyisoprene sind<br />
Bestandteile von Biomembranen, die keine polare Gruppe<br />
besitzen; über ihre Funktion ist wenig bekannt. Auffällig ist,<br />
dass in allen Membranen, die Protonengradienten aufrechterhalten<br />
müssen, diese Kohlenwasserstoffe zu finden<br />
sind. Mit Neutronendiffraktion konnten diese Moleküle zum<br />
ersten Mal in der Membran lokalisiert werden. Ihre Position<br />
zwischen den Monoschichten des Lipidbilayers kann eine<br />
mögliche Erklärung liefern, warum diese Moleküle als Protonenbarriere<br />
dienen.<br />
Abb. 2.14. Kristallstruktur von GroEL(blau)/GroES(rot)<br />
[1AON.pdb, A Seitenansicht, B Draufsicht] im Vergleich zur<br />
Kristallstruktur von GP31 (grüne Schleifendarstellung, C)<br />
<strong>und</strong> GroES (blaue Schleifendarstellung, D). Obwohl GP31<br />
<strong>und</strong> GroES nur eine geringe Sequenzhomologie aufweisen,<br />
sind beide Komplexe strukturell so ähnlich, dass es zu einer<br />
Verdrängung von GroES kommt, wenn GP31 präsent ist.<br />
A: GroEL/GroES B C: GP31 D: GroES<br />
R1<br />
R2<br />
R1<br />
Abb. 2.15. Dieses Biradikalmolekül mit einem festen<br />
Abstand von 38 Å zwischen den an den Enden befindlichen<br />
radikalischen Nitroxydgruppen (NO durch grüne bzw. blaue<br />
Punkte gekennzeichnet) dient nicht nur der Eichung in der<br />
EPR-Spektroskopie. Es unterstützt auch in hervorragender<br />
Weise den Vorgang der Kernspinpolarisation durch Mikrowelleneinstrahlung<br />
in einem starken Magnetfeld bei tiefen<br />
Temperaturen. In einem ersten Schritt der dynamischen<br />
Kernspinpolarisation (DNP) werden die Protonen in dem<br />
durch R1 gekennzeichneten Gebieten polarisiert. Da das Lösungsmittel<br />
deuteriert ist, greift in einem zweiten Schritt die<br />
Polarisation vorzugsweise auf die benachbarten Kernspins in<br />
R2 über.<br />
24 Komplexität: Biologie<br />
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