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Dezember 2010 | www.neubad.com Philosophie<br />
29<br />
Der Sinn des Lebens?<br />
Ich wurde gebeten, über etwas sehr Einfaches zu berichten: den Sinn des Lebens.<br />
Ein interessantes Thema, über das es sich lohnt, nachzudenken. Eigentlich finde ich<br />
mich gar nicht so gut vorbereitet, um über dieses Thema zu schreiben.<br />
Vor ein paar Jahren hätte mir diese Frage<br />
Schwierigkeiten bereitet. Denn in der High<br />
School wurde zwar über den Sinn des Lebens<br />
gesprochen, aber mehr mit einer theoretischen<br />
Distanz. Ich sah mich gar nicht in das «Spiel des<br />
Lebens» involviert. Ich war mehr der Zuschauer.<br />
Monty Python – die Therapie<br />
Erst als ich meine Frau und ihre Kinder kennenlerne,<br />
nähere ich mich Schritt um Schritt<br />
dem Spielfeld des Lebens. Mein bester Tipp, um<br />
den Sinn des Lebens zu erkennen, ist, sich Monty<br />
Pythons Film «Meaning of Life» anzusehen.<br />
Am besten mehrmals. Dann kann man für sich<br />
ein paar höchste eigene und eigenwillige Gedanken<br />
zu diesem Thema entwickeln.<br />
Erst als ich selbst Vater werde, wird mir bewusst,<br />
dass das Leben ja zeitlich begrenzt ist. Es<br />
wird plötzlich wichtig, grosszügig zu Mitmenschen<br />
zu sein, zum Partner und zu den Kindern.<br />
Vorher war das nicht wichtig, aber jetzt merke<br />
ich, wie dieses Verhalten zu wirklicher Zufriedenheit<br />
führen kann. Es ist nie leicht, dies zu tun.<br />
Aber plötzlich bin ich wirklich mitten im Spiel,<br />
mitten im Feld.<br />
Sinn des Lebens – massgeschneidert<br />
Wahrscheinlich wird jeder Mensch seinen<br />
höchsteigenen Sinn des Lebens entdecken. Obwohl,<br />
akademisch gesehen und mit meinem<br />
philosophischen und theologischen Hintergrund<br />
habe ich immer nach etwas Höherem,<br />
Grösserem gesucht. Wobei die Grösse darin liegen<br />
mag, grosszügig zu sein. Zum eigenen Umfeld,<br />
zur Familie und auch zu Fremden. Das ist<br />
bestimmt nicht leicht und bleibt Theorie, bis<br />
man es selbst versucht.<br />
Durch meine Kinder habe ich die tägliche<br />
Herausforderung erfahren, noch besser zu werden,<br />
höhere Ziele zu erreichen, weiter zu kommen.<br />
Immer mehr, als du denkst. Es ist nicht<br />
einfach, aber wundervoll dies zu tun.<br />
Mitten im Spiel<br />
Jeder Mensch hat einen Ausgangspunkt, wo<br />
die Reise beginnt. Je mehr ich sehe, wie meine<br />
Kinder das Leben reflektieren, desto besser<br />
kann ich verstehen, was den Wert des Lebens<br />
ausmacht. Und es hilft mir, mich selbst besser zu<br />
verstehen. Es ist nicht leicht, jeden Tag diese Herausforderungen<br />
wirklich zu leben. Aber es<br />
lohnt sich, dadurch die Welt ein wenig besser zu<br />
machen. Alles beginnt eben im eigenen kleinstmöglichen<br />
Umfeld. Mit dem Partner, den Kindern,<br />
Nachbarn oder auch mit den kleinen und<br />
grossen Feinden.<br />
Erst jetzt fühle ich mich als Teil des Spiels,<br />
nicht nur als ferner Beobachter oder Zuschauer.<br />
Und vor allem bin ich kein Theoretiker mehr, der<br />
von Dingen spricht, die er nicht versteht.<br />
Im Gegenteil! Ich bin jetzt mitten drin im<br />
Spiel oder Leben und Teil des Ganzen. Das ist<br />
meine persönliche Sicht auf den Sinn des Lebens.<br />
Matthew McKay<br />
Presbyterian Minister<br />
Theologie konkurriertWissenschaft?<br />
Mein Name ist Matthew McKay, Pfarrer<br />
der Presbyterian Church in Kanada und ein<br />
Freund von Christian Wehrli. Christian bat<br />
mich, ein wenig über meinen Background<br />
zu sprechen. Ich bin «Minister of the Presbyterian<br />
Church» in Aurora bei Toronto. In<br />
der Schweiz ist das die Reformierte Kirche,<br />
soviel ich weiss. Ich habe Philosophie und<br />
politische Wissenschaft mit Fokus auf politische<br />
Philosophie studiert. Mit der politischen<br />
Philosophie studierte ich vor allem<br />
die Theorien von Sokrates und Plato über<br />
Verwaltung und wie wir Gemeinschaften<br />
effizient organisieren. Ein Teil des Studiums<br />
befasste sich mit der Theologie.<br />
Ich war nie der Meinung, dass Theologie<br />
mit irgendwas konkurriert. Ich empfinde<br />
es als Irrtum, wenn über Theologie als<br />
«die Feindin der Wissenschaft» gesprochen<br />
wird.<br />
Vor der Reformation, also im Mittelalter,<br />
gehörte der Klerus nicht unbedingt zu den<br />
Gescheitesten. Nach der Reformation fand<br />
eine Art Revival in der akademischen Sicht<br />
der Theologie statt. Jetzt wurden die Informationen<br />
nicht nur einfach entgegengenommen,<br />
sondern kritisch untersucht. An<br />
meiner Arbeit gefällt mir vor allem, mich<br />
kritisch mit der Religion, mit Gott, der Doktrin<br />
auseinanderzusetzen. Aber auch anderen<br />
Menschen zu helfen, sich ebenfalls kritische<br />
Gedanken zu machen. Ich bin überzeugt,<br />
dass gut ausgebildete, gut informierte<br />
Menschen zu einer besseren Welt<br />
beitragen.<br />
Viele Menschen denken, dass kritisches<br />
Denken in der Kirche nicht stattfinden darf.<br />
Doch das tut es aber. Denn Calvin und Luther<br />
haben die kritische Suche und das Verstehen<br />
ja schliesslich gefördert.