NEUBAD
NEUBAD
NEUBAD
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
22<br />
Allschwil<br />
Plitsch, platsch<br />
Kanada!<br />
Kanada ist zwar das flächenmässig<br />
zweitgrösste Land dieses Planeten, aber<br />
ein gewichtiger Teil davon ist viel klares<br />
Wasser. Das Land der tausend Seen ist<br />
nicht nur ein Werbeslogan, das Land ist<br />
mit Flüssen und Seen durchzogen. Zu<br />
wenig Wasser wird kaum je ein Problem<br />
für Kanada darstellen.<br />
Die Landschaft Kanadas besteht noch immer<br />
zu 70 Prozent aus reinen Naturgebieten. Dazu<br />
gehören Wald-, Tundra- und Berglandschaften,<br />
aber vor allem auch die vielen Seen und Flüsse,<br />
die das Land wie Adern durchziehen. Mit seinen<br />
Gewässern hat Kanada ein riesiges Wasserreservoir,<br />
teilweise werden auch Teile der Vereinigten<br />
Staaten von Amerika mit Wasser versorgt.<br />
Weekend at the lake<br />
Viele kanadische Familien besitzen ein Cottage,<br />
also ein Wochenendhaus am See. Die Vorstellung<br />
eines rohgezimmerten Holzhauses direkt<br />
am Seeufer war einmal. Heute sind diese<br />
romantischen ehemaligen Holzfällerhäuser<br />
grösstenteils durch luxuriöse Villen oder zumindest<br />
reguläre Steinhäuser ersetzt worden. Die<br />
meisten Seen und Flüsse sind aus Metropolen<br />
wie Toronto in ein oder zwei Stunden zu erreichen.<br />
Deshalb sind die Cottages als Erholungsoase<br />
für viele Familien nicht mehr wegzudenken.<br />
Da lässt die Familie die Seele baumeln<br />
und den See brodeln. Denn an schönen Wochenenden<br />
ist um und auf dem See wirklich<br />
was los.<br />
Wenn der Zürichsee zur Pfütze wird<br />
Der Ontariosee gehört zu den fünf grossen<br />
Seen Nordamerikas und ist mit fast 20‘000 Quadratkilometern<br />
trotzdem der kleinste der grossen<br />
fünf. Zu seinen herausragenden Eigenschaften<br />
gehört es, die Stadt Toronto mit Trinkwasser<br />
zu versorgen und im Sommer die Hochhäuser<br />
zu kühlen. Im Winter hingegen ist das Ufer oft<br />
für Monate zugefroren. Da macht sich die Arktis<br />
dann doch bemerkbar. Im Sommer hingegen<br />
sorgt das Wasser des Ontariosees durch seinen<br />
Wärmespeicher dafür, dass rund um die Niagarafälle<br />
Wein angebaut werden kann. Vor allem<br />
hat der Ontariosee zwei Eigenschaften, die der<br />
Zürichsee nie haben wird. Einerseits sind Gezeiten<br />
merkbar und andererseits ist die Erdkrümmung<br />
zu sehen, wenn man über den See blickt.<br />
Aber der Lake Ontario ist nicht der einzige See,<br />
sondern einer von rund zwei Millionen Seen in<br />
Kanada.<br />
Ein Land mit Strom<br />
Der Sankt-Lorenz-Strom zieht sich über<br />
3‘000 Kilometer durch Kanada und dient als<br />
wässerige Strasse zwischen den Grossen Seen<br />
und dem Atlantik. Er ist der wichtigste Fluss in<br />
Kanada überhaupt, dies aber nicht nur, weil er<br />
die Provinz Ontario vom US-Staat New York<br />
trennt. Da der Fluss sehr nahrungsreich ist, halten<br />
sich einige Walarten gerne darin auf. So zählen<br />
Blau-, Weiss- und Finnwale zu den Bewohnern<br />
des Sankt-Lorenz-Stroms. Dort tummelt<br />
sich der weltweit grösste Bestand an Karpfen.<br />
Obwohl der Strom von Kingston bis zum Atlantik<br />
nur knapp 75 Meter Höhenunterschied überwindet,<br />
ist er wegen vieler Stromschnellen auf<br />
kanadischer Seite nur bis Montreal mit Schiffen<br />
befahrbar. Mit der Eröffnung des Lachine-Kanals<br />
1825 werden diese Stromschnellen umfahren.<br />
Eine der grössten Schiffskatastrophen ereignete<br />
sich übrigens im Mai 1914. Das kanadische<br />
Passagierschiff Empress of Ireland kollidierte<br />
mitten in der Nacht bei starkem Nebel mit<br />
einem anderen Schiff. Darauf sank die Empress<br />
of Ireland und riss mehr als tausend Passagiere<br />
mit in den Tod.<br />
Wenn Wasser donnert<br />
In der indianischen Sprache wird für den Begriff<br />
«donnerndes Wasser» der Ausdruck Niagara<br />
verwendet. Wer schon an den Niagarafällen<br />
stand, weiss exakt, was damit gemeint ist. Zwischen<br />
dem Ontariosee und dem Eriesee fliesst<br />
der Niagara-River und stürzt sich täglich rund<br />
60 Meter in die Tiefe. Gerechterweise teilt sich<br />
der Fluss in zwei Teile, bevor er sich hinab stürzen<br />
lässt. Der kleinere Teil – oh je – gehört den<br />
Amerikanern. Der imposante, mit fast 800 Me-<br />
www.neubad.com | Dezember 2010<br />
tern doppelt so breite Fall hingegen den Kanadiern.<br />
Ein einziges Mal hat es sich einmal ausgedonnert<br />
mit den Niagarafällen. Im Jahre 1848<br />
kam einfach kein Wasser mehr durch den Niagarafluss,<br />
als Eisblöcke am Eriesee den Austritt des<br />
Flusses für etwa 30 Stunden blockierten. Schön<br />
blöd, wer da einen Ausflug an die Niagarafälle<br />
gebucht hatte.<br />
Der Niagara-Kick<br />
Abenteuerliche Erfindungen wie gepolsterte<br />
Fässer, an U-Boot erinnernde Gefässe und raketenförmige<br />
Objekte sollten den Sturz über die<br />
Wasserfälle für Menschen ermöglichen. Nun,<br />
den Fall haben alle Probanden geschafft, nur<br />
das Überleben war bei jedem zweiten Fall das<br />
Problem. Der erste bekannte «Niagara-Jumper»<br />
war Kirk Jones, der sich ohne Hilfsmittel am 20.<br />
Oktober 2003 über die Fälle stürzte. Ein paar<br />
Rippenbrüche und die Einweisung in eine psychiatrische<br />
Anstalt waren das Ergebnis. Nach<br />
dem Kentern eines Motorboots trieb der siebenjährige<br />
Roger Woodward über die Wasserfälle<br />
und stürzte in die Tiefe. Dank der Rettungsweste,<br />
die der Kleine trug, wurde er von der<br />
Mannschaft eines Touristenboots am Fusse der<br />
Fälle gerettet. Eine Gehirnerschütterung, ein<br />
Schock und drei Tage Spitalaufenthalt waren<br />
der einzige Schaden, den der Junge davontrug.<br />
Eine Schifffahrt die ist wichtig<br />
Die Binnenschifffahrt ist wie in Basel auch in<br />
Kanada sehr bedeutend. Wenn keine natürlichen<br />
Wasserwege bereitstanden, wurden eben<br />
Kanäle wie der Rideau Kanal gebaut. Dieser<br />
führt vom Ontariosee bis zur Hauptstadt Ottawa.<br />
Doch dank der vielen Seen ist natürlich das<br />
Kanu seit jeher das Transportmittel überhaupt.<br />
Manche Orte sind sogar ausschliesslich über<br />
den Seeweg erreichbar, wie beispielsweise entlang<br />
der Westküste von Vancouver nach Port<br />
Hardy und zu den Queen-Charlotte-Inseln.<br />
Sollte sich Kanada über irgendetwas Sorgen<br />
machen, dann am wenigsten über das etwaige<br />
Fehlen von Wasser. Dieses Lebenselixier ist sowohl<br />
in flüssiger als auch in eisiger Form in Massen<br />
vorhanden.<br />
Christian Wehrli<br />
Fotos: Christian Wehrli