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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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die geredet wird, in irgendeiner Form unangemessen ansprechen – wenn sie also<br />

ihren ›Zustand‹ nicht <strong>mit</strong> berücksichtigen. Die Forderungen nach Arbeitszeitverlängerung<br />

werden gemäß dieser Lesart nicht aufgrund ihres geringen Lösungswertes<br />

kritisiert, sondern aufgrund der Form der Mitteilung, die dann auf eine bestimmte<br />

Art »wahrgenommen« werde.<br />

Durch solch ein die Wahrnehmungsmuster der Adressatinnen nicht berücksichtigendes<br />

Mitteilungsverhalten werde »überflüssiger Widerstand« provoziert und<br />

die Fähigkeit, reale Probleme zu erkennen und anzugehen, gestört. »Überflüssig«<br />

muss der Widerstand demnach sein, da es sich lediglich um eine falsche Form der<br />

Mitteilung eines prinzipiell richtigen Inhaltes handelt. Es lässt sich jetzt eine erste<br />

Regel für die Fallstruktur formulieren, die von einem Ver<strong>mit</strong>tlungsproblem ausgeht<br />

17 : Demnach geht der Text davon aus, dass inhaltlich zwar richtige Vorschläge<br />

nach Arbeitszeitverlängerung gemacht werden, diese aber durch ein einseitiges,<br />

unstrukturiertes und maßloses Mitteilungsverhalten seitens arbeitgeberinnenfreundlicher<br />

Gruppen diskreditiert werden. Auf diese Weise wird Arbeitnehmerinnenprotest<br />

provoziert, der sich nicht aus Divergenzen in der Sache selbst speist,<br />

sondern lediglich aus der kommunikativen Form der Mitteilung. Der Konsens für<br />

die notwendigen Arbeitszeitverlängerungen wird so unnötigerweise verspielt. Die<br />

Arbeitszeitdebatte wird dadurch selbst zu einem Problem, anstatt Probleme zu lösen.<br />

Auf diese Weise kann sie ihr Potenzial, die Abwanderung von Arbeitsplätzen<br />

zu stoppen, nicht nutzen. Die Befürworterinnen der Arbeitszeitverlängerung verhalten<br />

sich daher unklug. Ihnen fehlt nicht so sehr das fachliche als vielmehr das<br />

rhetorische Know-how.<br />

2.4. Gemeinsam für Arbeitsplätze<br />

Der Text fährt wie folgt fort: »Die deutschen Unternehmen müssen sich in einer<br />

globalisierten Welt behaupten. Bundespräsident Horst Köhler hat darauf hingewiesen,<br />

dass drei Milliarden erfolgshungrige, talentierte Menschen zusätzlich auf<br />

die Märkte drängen – und sie alle sind prinzipiell zu ähnlichen Leistungen fähig<br />

wie wir, aber zu einem Bruchteil der Kosten.«<br />

Im weiteren Textverlauf wird auf die Situation der »deutschen Unternehmen«<br />

aufmerksam gemacht, die aufgrund der Globalisierung durch einen erhöhten<br />

Wettbewerbsdruck gekennzeichnet sei (»sich […] behaupten«). Es wird auf eine<br />

mehr oder weniger gesicherte Aussage (»darauf hingewiesen«) der hier zugeschriebenen<br />

Autorität des Bundespräsidenten Horst Köhler verwiesen, um die<br />

neue Gefahrenlage (»erfolgshungrige, talentierte Menschen«, »drängen«) beschreiben<br />

zu können. Demnach stehen »wir«, d. h. der deutsche Industriestandort,<br />

in direkter Konkurrenz (»wie wir«) <strong>mit</strong> einer nicht mehr vorzustellenden Masse<br />

17 Auf Seite 102 meines Textes findet sich eine tabellarische Darstellung der Fallstruktur, in welcher die einzelnen<br />

Regelstrukturen aufgeführt werden. Diese soll dem Überblick beim Lesen dienen.<br />

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