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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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man die Objektive Hermeneutik – so wie jede andere <strong>Methode</strong> auch – als per se<br />

kritische beschreiben. Ob eine objektiv-hermeneutisch angelegte Forschung als<br />

sozial-kritisch – und zwar in der Tradition linken, emanzipatorischen Denkens –<br />

zu bezeichnen ist oder ob es lediglich nur darum geht, seine Mitarbeiterinnen in<br />

der Firma besser und lückenloser kontrollieren zu können, hängt von vielen anderen<br />

Faktoren und Entscheidungen ab (siehe hierzu auch die Einleitung des Sammelbandes).<br />

Dennoch bietet die Objektive Hermeneutik die Möglichkeit in gesellschaftskritischer<br />

Absicht nach latenten aber dennoch real-strukturierenden<br />

Mechanismen zu fragen, welche soziale Lebenspraxen, Deutungsmuster etc.<br />

anleiten und in ihrem Aufbau orientieren. Es handelt sich also um ein kritisches<br />

Potenzial und nicht um einen Automatismus, der bei der Anwendung der Objektiven<br />

Hermeneutik zwangsläufig zu ›kritischen Ergebnissen‹ führt.<br />

2. Sequenzanalyse zu Martin Kannegiesser:<br />

»Die Tarifpartner regeln das am besten selbst.« 10<br />

2.1. Kurze Skizze des Kontextes<br />

Bevor nun im Folgendem der Zeitungsartikel des Gesamtmetallvorsitzenden Martin<br />

Kannegiesser, der am 15. Juli 2004 in der Wochenzeitung DIE ZEIT erschienen<br />

ist 11 , einer exemplarischen Sequenzanalyse unterzogen wird, möchte ich eine<br />

kurze Skizze des Kontextes, in welchem der Text steht, voranstellen. Solche Kontextskizzen<br />

dienen dazu, die analysierten Texte in einen Zusammenhang zu stellen<br />

und so aufzuzeigen, dass sie auf spezifische gesellschaftliche Probleme und Fragestellungen<br />

Bezug nehmen. Auf welche Art und Weise diese Bezugnahme erfolgt,<br />

muss aber in einem zweiten Schritt bei der konkreten Textanalyse geklärt<br />

werden und kann nicht aus dem Kontext abgeleitet werden.<br />

Am 12. Februar 2004 wurden die ›Pforzheimer Abschlüsse‹ 12 von den Baden-<br />

Württembergischen Sektionen der IG-Metall und der Gesamtmetall unterzeichnet.<br />

Stückweise schlossen sich alle anderen Tarifgebiete der Metall- und Elektrobranche<br />

im Frühjahr 2004 den Regelungen an. Worum ging es in dem Tarifvertrag?<br />

Die ›Pforzheimer Abschlüsse‹ sprechen sich für eine Beibehaltung der 35-Stunden-Woche<br />

als generelle Regelarbeitszeit aus, welche seit Mitte der Neunziger<br />

Jahre verbreitet und durchgesetzt wurde, und sehen Lohnerhöhungen vor. In einem<br />

ersten Schritt wurde am 1. März 2004 eine Lohnerhöhung von 2,2 Prozent<br />

durchgeführt, ein Jahr später stiegen die Löhne nochmals um 2,7 Prozent. Auf der<br />

anderen Seite sieht der Tarifvertrag Öffnungsklauseln vor. Da<strong>mit</strong> ist v. a. die ›Er-<br />

10 Die Textinterpretationen, auf welchen dieses Kapitel beruht, habe ich zusammen <strong>mit</strong> Ulf Ortmann durchgeführt.<br />

Ihm kommt daher ein zentraler Anteil bei der hier vorgestellten Fallrekonstruktion zu.<br />

11 Der Zeitungsartikel findet sich unter folgender Internetadresse: www.zeit.de/2004/30/Arbeitszeit<br />

12 Der Tarifvertrag ist im Internet einsehbar: www.boeckler.de/pdf/ta_metallergebnis_2004.pdf<br />

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