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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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auch die Darstellungen sich als kritisch begreifender Einzelmethoden. Gemeinsamer<br />

Rahmen und Referenzpunkt all dieser Ansätze und Perspektiven ist die Reflexion<br />

auf die wechselseitige Beziehung von <strong>Methode</strong>n und Gesellschaftskritik.<br />

Diese Beziehung ist durch drei Momente gekennzeichnet. Erstens sind <strong>Methode</strong>n<br />

hinsichtlich ihres gesellschaftskritischen Potenzials nicht neutral. Zweitens sind<br />

sie unterbestimmt, denn die »richtige« <strong>Methode</strong> allein macht noch nicht die <strong>Kritik</strong>.<br />

Zum Dritten unterscheiden sich die <strong>Kritik</strong>begriffe und so<strong>mit</strong> auch die Erkenntnismöglichkeiten<br />

und Zielstellungen der jeweils gewählten kritischen methodischen<br />

Instrumente.<br />

1. Die Nicht-Neutralität von <strong>Methode</strong>n<br />

Mit der <strong>Methode</strong>nwahl für die Untersuchung eines Forschungsgegenstandes wird<br />

der Rahmen dessen absteckt, was als mögliche und gültige Erkenntnis überhaupt<br />

in der Analyse auftauchen kann. So ist es beispielsweise in einer quantitativ angelegten<br />

Studie nur schwer möglich, sinnhafte Zusammenhänge adäquat zu rekonstruieren.<br />

Zu stark ist hier die Forderung, rechenbare Kategorien – also Zahlen –<br />

zu produzieren, <strong>mit</strong> denen sich dann weitere statistische Verdichtungen durchführen<br />

lassen, als dass für am konkreten Material entwickelte Kategorien und Taxinomien<br />

Platz wäre. Aber auch umgekehrt gilt: Mit qualitativen <strong>Methode</strong>n lassen<br />

sich keine Verteilungsdiagramme erstellen oder statistische Generalisierungen<br />

vornehmen, auch wenn man davon ausgehen kann, dass die qualitative Kenntnis<br />

eines Gegenstandes zunächst die Voraussetzung schafft, um seine quantitative –<br />

und <strong>mit</strong> statistischen Werten bezeichenbare – Dimension untersuchen zu können. 1<br />

Um dies an einem Beispiel aus der Antise<strong>mit</strong>ismusforschung deutlich zu machen:<br />

Die Frage nach der Verbreitung und dem Ausmaß antise<strong>mit</strong>ischer Einstellungen<br />

und Vorurteile in einer gegebenen Bevölkerung setzt immer ein Verständnis von<br />

Antise<strong>mit</strong>ismus voraus, vor dem es erst möglich wird, konkrete Aussagen als antise<strong>mit</strong>isch<br />

einzustufen. Hierfür bedarf es eines ausreichend elaborierten Konzeptes<br />

dessen, was als Antise<strong>mit</strong>ismus anzusehen ist und was nicht. Dies lässt sich nur<br />

durch qualitative Untersuchungen oder theoretische Überlegungen, welche selbst<br />

wieder konkrete Äußerungen inhaltlich-qualitativ deuten müssen, gewinnen und<br />

stellt die Voraussetzung für eine quantitative Untersuchung dieses Phänomens dar.<br />

Umgekehrt gilt, dass eine Untersuchung, die <strong>mit</strong> einem i. w. S. hermeneutischen<br />

Zugang die Sinnstruktur antise<strong>mit</strong>ischer Denk- und Kommunikationsmuster untersucht,<br />

noch nichts über deren statistische Verteilung aussagen kann (vgl. Holz<br />

2001:127).<br />

1 Vgl. dazu auch Ulrich Oevermann (2002: 13 ff., allgemein auch ders. 1981), der eine quantitative und qualitative<br />

Form der Generalisierung <strong>mit</strong> ›je eigenem Recht‹ unterscheidet.<br />

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