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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Matthias Leanza<br />

<strong>Kritik</strong> als Latenzbeobachtung – Darstellung und<br />

Diskussion grundlegender Konzepte der Objektiven<br />

Hermeneutik und deren Anwendung am konkreten Fall<br />

»Verdacht muß erregen, wenn eine Position sich selbst als kritisch<br />

etikettiert und da<strong>mit</strong> programmatisch vorwegnimmt, was sie doch<br />

jedes Mal von neuem in der Sachanalyse erst einzulösen hat.«<br />

Oevermann 1983a: 283<br />

1. Zur Methodologie der Objektiven Hermeneutik<br />

Es stellt sicherlich keine gewagte These dar, zu behaupten, dass sich gesellschaftskritisches<br />

Denken in starkem Maße dadurch auszeichnet, auf Latenzen zu<br />

reflektieren. Von Marx über Adorno bis hin zu Foucault finden sich zahlreiche Referenzen<br />

auf gesellschaftliche Phänomene, die sich durch Latenz auszeichnen.<br />

Diese Phänomene sind zwar den Menschen, welche sie produzieren bzw. in ihnen<br />

verstrickt sind, in aller Regel nicht bewusst, dennoch existieren sie und führen zu<br />

realen Effekten. Paradigmatisch kommt dieses theoretische Motiv in dem bekannten<br />

Marxschen Satz »Sie wissen das nicht, aber sie tun es« (Marx 1986: 88), der<br />

im Kontext seiner Überlegungen zum »Fetischcharakter der Ware« steht, zum<br />

Ausdruck. Aber auch wenn man an Foucaults Projekt einer »Archäologie des<br />

Wissens« denkt, welche die diskursiven Möglichkeitsbedingungen von scheinbar<br />

natürlichen und immer schon existenten ›Gegenständen‹ und Selbstbefragungen<br />

ausgraben möchte, lässt sich eine Reflektion auf latente Mechanismen und Strukturen<br />

erkennen (vgl. Foucault 1981: 72). Die im Folgenden vorgestellte Methodologie<br />

der Objektiven Hermeneutik reiht sich insofern in die oben genannten kritischen<br />

Theorien und Forschungsprogramme ein, als dass sie auch der Frage nach<br />

Latenzen nachgeht. Ihr Anliegen ist es eine allgemeine Methodologie zur Verfügung<br />

zu stellen, auf deren Basis konkrete Verfahrensweisen und Analysestrategien<br />

für die Auswertung von konkretem Datenmaterial formuliert werden können.<br />

Auf diese Weise soll es möglich werden, (Be)deutungsmuster, wie sie beispielsweise<br />

in der Politik, den Massenmedien oder aber auch in Alltagsinteraktionen<br />

zum Einsatz kommen, nach ihrer semantischen ›Tiefenstruktur‹ befragen zu können.<br />

Das Ziel einer objektiv-hermeneutisch verfahrenden empirischen Analyse ist<br />

die Rekonstruktion je fallspezifischer »latenter Sinnstrukturen« (Oevermann et.<br />

al. 1979: 367).<br />

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