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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Ludwig Gasteiger<br />

Michel Foucaults interpretative Analytik<br />

und das unbestimmte Ethos der <strong>Kritik</strong><br />

Einleitung<br />

Wie Wissen formuliert, <strong>mit</strong> dem Signum der Wissenschaftlichkeit markiert, sozusagen<br />

<strong>mit</strong> dem Schild der Wahrheit bewehrt wird, wie Wissen wirkmächtig ins<br />

Leben der Menschen eingreift und über die Herstellung von soziokulturellen Differenzen<br />

und Erfahrungsräumen die Rahmen menschlicher Existenz vorgibt,<br />

diese Fragen haben Michel Foucault umgetrieben. Es sind Fragen, die uns Menschen<br />

der wissen(schaft)sgesteuerten und massenmedial durchdrungenen Gegenwart<br />

unweigerlich betreffen. Foucaults Wissensarchäologie betreibt interpretative<br />

Analyse und Rekonstruktion von symbolischen Wissensordnungen. Solche symbolischen<br />

Wissensformationen werden <strong>mit</strong> dem Begriff »Diskurs« bezeichnet.<br />

Foucaults sozialkritisches Interesse an der Frage, wie Macht in modernen Gesellschaften<br />

funktioniert, hat ihn dazu geführt, ein empirisches Forschungsprogramm<br />

zu entwerfen. Die historisch-ausgerichtete Sozialwissenschaft Foucaults ist eine<br />

poststrukturalistische Historie. Sie wird geschrieben aus einer poststrukturalistischen<br />

und da<strong>mit</strong> postrationalistischen Erkenntnis- und Wissenschaftshaltung:<br />

»Das letzte Kennzeichen dieser wirklichen Historie ist schließlich, daß sie nicht<br />

fürchtet, ein perspektivisches Wissen zu sein.« (Foucault 1987: 82) Sie will die<br />

Historizität des Denkens, der Wahrheit, der Sprache und des menschlichen In-der-<br />

Welt-Seins aufzeigen und zur Ausgangsbasis der eigenen wissenschaftlichen Praxis<br />

machen. Der Aufsatz will diese nicht unumstrittene Ausgangsbasis einer poststrukturalistischen<br />

Wissenschaftshaltung herausarbeiten und ihre Konsequenzen<br />

bis in die Methodik und normativ-ethische Haltung ausweisen. Die Unhintergehbarkeit<br />

der Perspektivität zum Ausgangspunkt des eigenen Denkens zu machen,<br />

heißt auch <strong>mit</strong> den (heuristisch-theoretischen) Begriffen zu experimentieren. Daraus<br />

ergibt sich eine Beweglichkeit des Denkens und ein spielerischer Umgang <strong>mit</strong><br />

der Wahrheit, die der wissenschaftlichen Rezeption <strong>mit</strong>unter Schwierigkeiten bereiten.<br />

Diese Wahrheitsspiele sollen im vorliegenden Aufsatz nachgezeichnet werden.<br />

Dadurch soll die zentrale Bedeutung der methodologischen Haltung und der<br />

wissenschaftstheoretischen Ausgangsbasis für Foucaults Studien, aber auch für<br />

die sozialwissenschaftliche Praxis im Allgemeinen aufgezeigt werden. Der Aufsatz<br />

beschäftigt sich also weniger <strong>mit</strong> einer konkreten <strong>Methode</strong>, sondern mehr <strong>mit</strong><br />

einer Grundlage des (sozial-) wissenschaftlichen Forschens am Beispiel Foucaults.<br />

Im 1. Teil des Aufsatzes wird die methodologische Haltung Foucaults dar-<br />

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