Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
Literatur Adorno, Theodor W.: Minima Moralia, Frankfurt am Main 1997 [1951]. Adorno, Theodor W.: Über Statik und Dynamik als soziologische Kategorien, in: Soziologische Schriften I, Frankfurt am Main 1997 [1961]. Adorno, Theodor W.: Drei Studien zu Hegel, Frankfurt am Main 1997 [1963]. Adorno, Theodor W.: Negative Dialektik, Frankfurt am Main 1997 [1966]. Adorno, Theodor W.: Zu Subjekt und Objekt, in: Kulturkritik und Gesellschaft II, Frankfurt am Main 1997 [1969]. Adorno, Theodor W.: Philosophische Terminologie. Band 2, Frankfurt am Main 1974. Adorno, Theodor W./Horkheimer, Max: Dialektik der Aufklärung, Frankfurt am Main 1997 [1947]. Aristoteles: Metaphysik, München 1966. Bürger, Peter: Das Denken des Herrn. Bataille zwischen Hegel und dem Surrealismus, Frankfurt am Main 1992. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Phänomenologie des Geistes, Leipzig 1937 [1807]. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Nürnberger und Heidelberger Schriften 1808 – 1817. Werke in zwanzig Bänden. Band 4, Frankfurt am Main 1970 [1808]. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Erster Teil, Hamburg 1963 [1812]. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften, Hamburg 1956 [1830]. Kesselring, Thomas: Die Produktivität der Antinomie, Frankfurt am Main 1984. Kesselring, Thomas: Rationale Rekonstruktion der Dialektik im Sinne Hegels, in: Angehrn, Emil (Hrsg.): Dialektischer Negativismus, Frankfurt am Main 1992. Knoll, Heiko/ Ritsert, Jürgen: Das Prinzip der Dialektik. Studien über strikte Antinomie und kritische Theorie, Münster 2006. Kojéve, Alexandre: Hegel. Eine Vergegenwärtigung seines Denkens, Frankfurt am Main 1975. Kuchler, Barbara: Was ist in der Soziologie aus der Dialektik geworden?, Münster 2005. Marx, Karl (MEW 23): Das Kapital. Erster Band, Berlin 1968. Popper, Karl R.: Was ist Dialektik?, in: Topitsch, Ernst (Hrsg.): Logik der Sozialwissenschaften, Köln Berlin 1965 [1949]. Ritsert, Jürgen: Was ist Dialektik? Studientexte zur Sozialwissenschaft Band 9/V. Hrsg. am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe- Universität, Frankfurt am Main 1995a. Ritsert, Jürgen: Die Rationalität Adornos. Seminarmaterialien 14, Frankfurt am Main 1995b. Ritsert, Jürgen: Ästhetische Theorie als Gesellschaftskritik. Umrisse der Dialektik in Adornos Spätwerk. 2. Auflage, Frankfurt am Main 1996. Ritsert, Jürgen: Kleines Lehrbuch der Dialektik, Darmstadt 1997. Ritsert, Jürgen: Drei Studien zu Adorno. Studientexte zur Sozialwissenschaft Bd. 14. Hrsg. am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe- Universität, Frankfurt am Main 1998. Ritsert, Jürgen: Einführung in die Logik der Sozialwissenschaften, Münster 2003. Ritsert, Jürgen: Positionen und Probleme der Erkenntnistheorie, Frankfurt am Main 2004. Sainsbury, Richard Mark: Paradoxien, Stuttgart 2001. Wandschneider, Dieter: Das Antinomienproblem und seine pragmatische Dimension, in: Stachowiak, Herbert: Handbuch pragmatischen Denkens. Bd. 4. Sprachphilosophie, Sprachgrammatik und normative Pragmatik, Hamburg 1993. Wandschneider, Dieter: Grundzüge einer Theorie der Dialektik, Stuttgart 1995. Wandschneider, Dieter: Das Problem der Dialektik, Bonn 1997. 298
Ingo Elbe Eigentümliche Logik eines eigentümlichen Gegenstands? Zur Diskussion um die Spezifik dialektischer Darstellung in der Marxschen Ökonomiekritik Der Streit, ob es neben dem HO-Modell der Erklärung 1 noch eine oder gar mehrere andere Methoden des, nennen wir es einmal bewusst diffus, Begreifens menschlich-gesellschaftlicher Phänomene gibt, ist nicht neu. Neben den so genannten hermeneutischen Ansätzen 2 beanspruchen vor allem dialektische 3 in der Regel eine methodisch-methodologische Eigenständigkeit, die meist eng mit der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie verbunden wird. Dieses Werk gilt als paradigmatisch für die Verwendung einer dialektischen Methode, die als dem eigentümlichen Gegenstand einer selbstreproduktiven Reichtumsordnung angemessene erscheint 4 . Da der Umfang der Beiträge zu diesem Thema ebenso unüberschaubar ist wie die sachlichen Dimensionen, die es hinsichtlich der Marxschen Ökonomiekritik betrifft, werde ich im Folgenden einige ausgewählte Probleme anhand von sechs Positionen diskutieren – drei, die sich in unterschiedlicher Weise von Seiten des einheitswissenschaftlichen Paradigmas auf Marx’ Dialektik beziehen (Simon-Schaefer, Steinvorth, Narski) und drei, die auf der Spezifik Marxscher Darstellung 5 insistieren (Colletti, Wolf, Heinrich). Ich werde dabei der Diskussion ausgehend von einer eher abstrakt – metatheoretischen Problematisie- 1 Erklärung wird hier bestimmt als Ableitung von Sätzen über Ereignisse (Explanandum) aus einem singulären Satz (den Anfangsbedingungen) und einer Gesetzesaussage (beide bilden das Explanans), in der die Anfangsbedingungen mit dem zu erklärenden Ereignis verknüpft werden. Dieses Modell ist maßgeblich von Hempel/ Oppenheim formuliert worden und nennt sich deshalb HO-Modell. Es beinhaltet neben deduktiv-nomologischen auch induktiv-statistische Schlüsse. Hier ist das Modell das gleiche, der Schluss auf das Explanandum-Ereignis ist aber nicht logisch notwendig, sondern nur wahrscheinlich. Eine gute Übersicht über die Debatten, die viele obskure Missverständnisse bezüglich dieser auch ›einheitswissenschaftlich‹ genannten Methode ausräumt, bietet Haussmann 1991. 2 Diese können wiederum in technische (Methodenlehre des Verstehens) und philosophische Hermeneutik (Klärung der Ermöglichungsbedingungen des Verstehens) sowie hermeneutische Philosophie (Interpretationsprimat menschlicher Erkenntnisweisen) unterteilt werden. Vgl. dazu aus der ›methodischen‹ Perspektive Scholtz 1993, aus der einer ›hermeneutischen Philosophie‹ Grondin 1991. 3 Vgl. dazu die gute Einführung in ›dialektische‹ Argumentationsformen in der Philosophiegeschichte bei Ritsert 1997. 4 Vgl. MEW 1, S. 296. Marx spricht hier davon, das wahrhafte Begreifen müsse die »die eigentümliche Logik des eigentümlichen Gegenstandes [...] fassen«. 5 »Darstellung« meint, im Gegensatz zu »Forschung«, bei Marx die bestimmte und begründete Aufeinanderfolge der Kategorien (Ware, Geld, Kapital usf.), die einen begrifflichen Erklärungstypus darstellt. »Forschung« wird in der analytischen Wissenschaftstheorie als »context of discovery«, Darstellung als »context of justification« bezeichnet. Allerdings ist bereits die These, dialektische Darstellung habe eine Begründungsfunktion, zwischen modelltheoretischen und ›dialektischen‹ Ansätzen umstritten. Dieser Frage wird im Folgenden nicht nachgegangen. Vgl. als Antipoden in dieser Frage: Helberger 1974: 190 und Heinrich 1999: 176. 299
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Ingo Elbe<br />
Eigentümliche Logik eines eigentümlichen Gegenstands?<br />
Zur Diskussion um die Spezifik dialektischer Darstellung<br />
in der Marxschen Ökonomiekritik<br />
Der Streit, ob es neben dem HO-Modell der Erklärung 1 noch eine oder gar mehrere<br />
andere <strong>Methode</strong>n des, nennen wir es einmal bewusst diffus, Begreifens<br />
menschlich-gesellschaftlicher Phänomene gibt, ist nicht neu. Neben den so genannten<br />
hermeneutischen Ansätzen 2 beanspruchen vor allem dialektische 3 in der<br />
Regel eine methodisch-methodologische Eigenständigkeit, die meist eng <strong>mit</strong> der<br />
Marxschen <strong>Kritik</strong> der politischen Ökonomie verbunden wird. Dieses Werk gilt als<br />
paradigmatisch für die Verwendung einer dialektischen <strong>Methode</strong>, die als dem eigentümlichen<br />
Gegenstand einer selbstreproduktiven Reichtumsordnung angemessene<br />
erscheint 4 . Da der Umfang der Beiträge zu diesem Thema ebenso unüberschaubar<br />
ist wie die sachlichen Dimensionen, die es hinsichtlich der Marxschen<br />
Ökonomiekritik betrifft, werde ich im Folgenden einige ausgewählte Probleme<br />
anhand von sechs Positionen diskutieren – drei, die sich in unterschiedlicher<br />
Weise von Seiten des einheitswissenschaftlichen Paradigmas auf Marx’ Dialektik<br />
beziehen (Simon-Schaefer, Steinvorth, Narski) und drei, die auf der Spezifik<br />
Marxscher Darstellung 5 insistieren (Colletti, Wolf, Heinrich). Ich werde dabei der<br />
Diskussion ausgehend von einer eher abstrakt – metatheoretischen Problematisie-<br />
1 Erklärung wird hier bestimmt als Ableitung von Sätzen über Ereignisse (Explanandum) aus einem singulären<br />
Satz (den Anfangsbedingungen) und einer Gesetzesaussage (beide bilden das Explanans), in der die Anfangsbedingungen<br />
<strong>mit</strong> dem zu erklärenden Ereignis verknüpft werden. Dieses Modell ist maßgeblich von Hempel/ Oppenheim<br />
formuliert worden und nennt sich deshalb HO-Modell. Es beinhaltet neben deduktiv-nomologischen<br />
auch induktiv-statistische Schlüsse. Hier ist das Modell das gleiche, der Schluss auf das Explanandum-Ereignis<br />
ist aber nicht logisch notwendig, sondern nur wahrscheinlich. Eine gute Übersicht über die Debatten, die viele<br />
obskure Missverständnisse bezüglich dieser auch ›einheitswissenschaftlich‹ genannten <strong>Methode</strong> ausräumt, bietet<br />
Haussmann 1991.<br />
2 Diese können wiederum in technische (<strong>Methode</strong>nlehre des Verstehens) und philosophische Hermeneutik<br />
(Klärung der Ermöglichungsbedingungen des Verstehens) sowie hermeneutische Philosophie (Interpretationsprimat<br />
menschlicher Erkenntnisweisen) unterteilt werden. Vgl. dazu aus der ›methodischen‹ Perspektive Scholtz<br />
1993, aus der einer ›hermeneutischen Philosophie‹ Grondin 1991.<br />
3 Vgl. dazu die gute Einführung in ›dialektische‹ Argumentationsformen in der Philosophiegeschichte bei Ritsert<br />
1997.<br />
4 Vgl. MEW 1, S. 296. Marx spricht hier davon, das wahrhafte Begreifen müsse die »die eigentümliche Logik des<br />
eigentümlichen Gegenstandes [...] fassen«.<br />
5 »Darstellung« meint, im Gegensatz zu »Forschung«, bei Marx die bestimmte und begründete Aufeinanderfolge<br />
der Kategorien (Ware, Geld, Kapital usf.), die einen begrifflichen Erklärungstypus darstellt. »Forschung« wird in<br />
der analytischen Wissenschaftstheorie als »context of discovery«, Darstellung als »context of justification« bezeichnet.<br />
Allerdings ist bereits die These, dialektische Darstellung habe eine Begründungsfunktion, zwischen<br />
modelltheoretischen und ›dialektischen‹ Ansätzen umstritten. Dieser Frage wird im Folgenden nicht nachgegangen.<br />
Vgl. als Antipoden in dieser Frage: Helberger 1974: 190 und Heinrich 1999: 176.<br />
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