09.11.2012 Aufrufe

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

chen Disziplin zwischen nationalstaatlich oder sprachlich definierten Scientific<br />

Communities. So differieren beispielsweise deutsche und britische <strong>Methode</strong>n innerhalb<br />

der Ur- und Frühgeschichte. Während in Deutschland die Zeichnungen<br />

auf Grabungen koloriert werden, ist dies in Großbritannien nicht üblich. Die <strong>Methode</strong>n<br />

sind auch innerhalb einer Disziplin regional ausdifferenziert. So findet<br />

sich beispielsweise in Nordrhein-Westfahlen <strong>mit</strong> dem Stellenkarten-System eine<br />

völlig andere Dokumentationsform für prähistorische Fundstellen, als sie in Hessen<br />

üblich ist. Selbst von Grabung zu Grabung unterscheiden sich die <strong>Methode</strong>n.<br />

Diese Beispiele zeigen die Variabilität der archäologischen <strong>Methode</strong>nanwendung.<br />

Zu einer Vereinheitlichung kommt es aufgrund der Mitgliedschaft in einer<br />

Community of Practice. Durch Teilnahme an verschiedenen Communities of<br />

Practice entstehen aber immer wieder Überschneidungen und Annäherungen. Die<br />

verschiedenen Communities sind also auch immer netzwerkartig <strong>mit</strong>einander verbunden.<br />

5. Tacit knowledge<br />

Die Communities of Practice stellen den Schauplatz, an dem ein implizites Erfahrungswissen<br />

erworben wird. Der ungarisch-britische Chemiker und Philosoph<br />

Michael Polanyi sprach in diesem Zusammenhang von ›Tacit Knowledge‹, um<br />

die Übertragungswege von nichtkodifizierter Information zu benennen (vgl. Polanyi<br />

1958). Implizites, d.h., nicht festschreibbares ›Know-How‹ der Individuen<br />

wird dabei als ein zentrales Element der Wissensgenerierung gesehen. Das individuelle<br />

implizite Wissen wird nur durch persönlichen Kontakt weitergegeben und<br />

taucht in klassischen Publikationsformen in der Regel nicht auf. Auch wissenschaftsinterne<br />

Regeln und Konventionen bestehen mehr oder weniger aus solchen<br />

›Tacit Skills‹ (vgl. Callon 1995). »All types of knowledge, however pure, consist,<br />

in part, of tacit rules which may be impossible to formulate in principle« (Collins<br />

1974: 167). 18 Dieses Wissen ist also vor allem durch die Unmöglichkeit der<br />

schriftlichen Niederlegung charakterisiert, da es nur in Menschen, Geräten und<br />

Praktiken verkörpert sein kann. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass Experimente<br />

oftmals nicht einfach durch andere Wissenschaftler wiederholt werden<br />

können, wenn sie sich während des Experiments nicht im gleichen Labor aufgehalten<br />

haben, und deshalb nicht die impliziten Kenntnisse zur Bedienung der<br />

Geräte erwerben konnten, die die Durchführung des Experiments erst möglich<br />

machen. Erst <strong>mit</strong> Hilfe des Tacit Knowledge der korrekten Bedienung der Geräte<br />

können als gültig anerkannte Ergebnisse hergestellt werden.<br />

18 »Alle Wissensformen, wie zweckfrei auch immer, bestehen zumindest teilweise aus impliziten Regeln, die nicht<br />

grundsätzlich ausformuliert werden können.«<br />

282

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!