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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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itische Wissenschaftsforscher John Law vertritt in seiner Studie des portugiesischen<br />

Fernhandels eine ähnliche Position, denn er fordert einen Ansatz, der die<br />

materielle Heterogenität von Gesellschaften berücksichtigt, indem er die ›Agency‹,<br />

d. h. die Handlungsfähigkeit von Wissen, Maschinen oder Architektur einbezieht<br />

und die sozialen Effekte jeglicher materieller Form untersucht (Law 1986: 14,<br />

vgl. auch Law 1992).<br />

Die archäologischen Ausgrabungsmethoden werden als Aktanten des Wissensproduktionsprozesses<br />

erkennbar, indem schon bei der Freilegung der Befunde die<br />

gewählte Grabungsmethode darüber entscheidet, welche Visualisierung des Befundes<br />

möglich ist. So sind spezifische Grabungsvorgehensweisen notwendig, um<br />

die Befunde überhaupt sichtbar zu machen. Bei einer einphasigen Siedlung, bei<br />

der die Befunde in den gewachsenen Boden eingetieft sind, können diese relativ<br />

leicht durch Anlage eines vertikalen Schnittes durch den Befund erkannt werden<br />

und dann in 20-cm-Stufen abgetragen werden. Diese <strong>Methode</strong> wird häufig als<br />

Stratum-<strong>Methode</strong> bezeichnet. In einer mehrphasigen Siedlung jedoch, bei der die<br />

Befunde sich gegenseitig schneiden und überlagern, wird die so genannte Schichten-<strong>Methode</strong><br />

angewendet. Bei dieser wird jeder Befund einzeln gegraben, da das<br />

Abtragen in willkürlich festgelegten Stufen dazu führen könnte, die zeitliche Abfolge<br />

der Befunde unkenntlich zu machen. Welche <strong>Methode</strong> auf einer Grabung<br />

konkrete Anwendung findet, wird allerdings nicht immer entsprechend der Komplexität<br />

der Fundstelle entschieden, sondern häufig regions- oder disziplinspezifisch<br />

angewandt. So ist in der urgeschichtlichen Archäologie vor allem die Stratum-<br />

<strong>Methode</strong> bekannt, weil zumeist einphasige Siedlungen bearbeitet werden; Forscher<br />

der Frühgeschichte oder der vorderasiatischen Archäologie hingegen verwenden<br />

fast nur die Schichten-<strong>Methode</strong>, weil sie zumeist mehrphasige Siedlungen ausgraben.<br />

Das hat zur Folge, dass manche Urgeschichtler selbst mehrschichtige Siedlungen<br />

in der Stratum-<strong>Methode</strong> ausgraben. Beispielsweise wird die Schichten-<br />

<strong>Methode</strong> von urgeschichtlichen Archäologen in Hessen eher belächelt, was dazu<br />

führt, dass sie dort kaum jemand kennt und anwenden kann und dort auch mehrphasige<br />

Siedlungen <strong>mit</strong> der Schichten-<strong>Methode</strong> gegraben werden. Manche Befunde<br />

können dann gar nicht sichtbar gemacht werden und zeitliche Zusammenhänge<br />

bleiben unerkannt. Die Wahl der Grabungsmethode hängt also auch von der<br />

Kenntnis des Ausgräbers ab, der nur diejenigen <strong>Methode</strong>n anwenden kann, die<br />

ihm bekannt ist und die er für adäquat hält.<br />

Die Dokumentationsmethoden des Zeichnens, Beschreibens und Fotografierens<br />

von Funden und Befunden sind ebenfalls wichtige Aktanten. Jede Zeichenmethode<br />

bildet bestimmte Informationen ab und macht andere unsichtbar. Um das<br />

zu verdeutlichen, werden im Folgenden zwei Beispiele von Zeichenmethoden<br />

verglichen. So werden Befundgrenzen zeichnerisch in der Regel durch Linien<br />

dargestellt. Da aber diese Grenzen nicht immer so klar erkennbar sind, wie es die<br />

Linienzeichnung suggeriert, ist eine andere Zeichenmethode entwickelt worden,<br />

bei der die Befunde durch vertikale Schraffuren gekennzeichnet werden. Länge<br />

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