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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Dabei ist die Aufforderung, die Position von Forscher*innen auch in der Forschung<br />

zu hinterfragen, gerade auch an diejenigen gerichtet, die sich selbst als im<br />

weitesten Sinn der Norm entsprechend wahrnehmen. Werner Krauß unternimmt<br />

das notwendige outing als heterosexueller Forscher (allerdings erst im Anschluss<br />

an die Forschung): 25<br />

»Kann oder muss sich ein Hetero outen? Ist es nicht vielmehr so, dass über einem<br />

Großteil aller ethnologischen (und sonstigen wissenschaftlichen) Artikel ungeschrieben<br />

steht: Hier schreibt ein Hetero (oder eine Hetera)? Neuere Arbeiten<br />

zur Genderforschung legen dies zumindest eindrücklich nahe. Das Aufbrechen<br />

und Bloßlegen von Heteronormativität in der eigenen und in der untersuchten Gesellschaft<br />

genauso wie in der Wissenschaft hat bisher nur in den seltensten Fällen<br />

dazu geführt, dass Heterosexualität selbst als der ›natürliche‹ Ausdruck der Heteronormativität<br />

hinterfragt und so<strong>mit</strong> als Konstruktion, als performative Praxis<br />

begriffen wird.« (Krauß 2001a: 210)<br />

Die Hinterfragung der eigenen Rolle und Position in der Forschung ist unumgänglich.<br />

Dass der kritische Umgang <strong>mit</strong> Gender-Geschlecht-Sexualität von den<br />

Forschungsteilnehmer*innen und der scientific community unterschiedlich bewertet<br />

wird/bewertet werden kann, steht dabei außer Frage. Doch können solche<br />

Bemühungen auf Dauer nur im größeren Kontext der wissenschaftlichen Auseinandersetzung<br />

produktiv sein (für jede einzelne Forschung sind sie es ohnehin),<br />

wenn sie als wissenschaftlicher Standard umgesetzt und getragen werden.<br />

2.3. Grund 3: Jugendliche in der Forschung ernst nehmen<br />

Ein weiterer Anlass für die kritische Auseinandersetzung <strong>mit</strong> der Vergeschlechtlichung<br />

von Forscher*innen ist forschungsethisch zu begründen. Jugendliche in der<br />

Forschung als Produzent*innen von Bedeutung ernst zu nehmen und im Rahmen<br />

forschungsethischer Prämissen zu arbeiten ist eine Herausforderung, die seit den<br />

1970ern zu einer Reihe produktiver methodologischer Auseinandersetzungen geführt<br />

hat. Dennoch bleiben viele Studien bisher in einer heteronormativen Konstruktion<br />

verhaftet, die unter anderem ein anachronistisches Bild von Jugendlichen<br />

als ›leicht beeinflussbar‹ evoziert und gleichzeitig auf die Illusion objektiver<br />

Forschung Bezug nimmt. 26 Doch Jugendliche sind – bei allen Unsicherheiten, die<br />

<strong>mit</strong> den Aushandlungen zwischen Gleichaltrigen und <strong>mit</strong> Erwachsenen einhergehen<br />

– seit früher Kindheit Expert*innen im ›Entschlüsseln‹ und Aushandeln gesellschaftlicher<br />

Vorgaben. Sie erarbeiten sich ihre Selbstpositionierungen in spezifischen,<br />

auch vergeschlechtlichten Kontexten, sie »disziplinieren sich <strong>mit</strong>hin im<br />

25 An anderer Stelle zeichnet Krauß nach, auch anhand gemeinsamer Forschungserfahrungen <strong>mit</strong> Dracklé, wie vergeschlechtlicht<br />

die Ethnologie auch gegenwärtig noch ist. Hier wird sehr deutlich, wie Vergeschlechtlichung und<br />

beispielsweise Ethnisierung sich gegenseitig bedingen und die Forschung beeinflussen (Krauß 2001b).<br />

26 Rofes beschreibt und hinterfragt die historisch eingebundene Konstruktion von Kindheit, die Kinder als hilflos<br />

und da<strong>mit</strong> berechtigterweise als schützenswert – aber auch als machtlos positioniert (2005: u. a. 53-68).<br />

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