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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Irina Sch<strong>mit</strong>t<br />

»Ich besorg’ dir Viagra für deinen Freund« –<br />

Heteronormativität als methodologische Herausforderung<br />

in der Forschung <strong>mit</strong> Jugendlichen<br />

Geschlechterforschung ist – inzwischen oder noch? – zumindest nominal Bestandteil<br />

universitärer Lehre und Forschung. Gleichzeitig besteht in kultur- und<br />

sozialwissenschaftlichen Zusammenhängen weitgehend theoretisch-argumentativer<br />

Konsens darüber, dass die Rolle von Forscher*innen im ›Feld‹ nicht allein<br />

explorativ ist, sondern ihr Auftreten Bedeutungen (<strong>mit</strong>-)produziert. 1 Hierarchiegefälle<br />

und Asymmetrien im Forschungskontext werden seit mehreren Jahrzehnten<br />

diskutiert und reflektiert (Niekisch 2001: 139; Mecheril/Scherschel/Schrödter<br />

2003; Bourdieu 1997). Auch die Funktion von Gender-Geschlecht-Sexualität sowohl<br />

als Analysekriterium als auch als produktives (im Sinn von Bedeutung produzierendes)<br />

Moment in der Forschung, wird umfassend untersucht; Forschungsmethoden<br />

wurden anhand dieses Wissens gerade in der Jugendforschung<br />

überarbeitet (McRobbie 1991 [1982]). Gender-Geschlecht-Sexualität wird nicht<br />

allein als theoretisches, sondern als (forschungs-)praktisches Problem verstanden<br />

(Hirschauer 2001: 56).<br />

Gleichzeitig bestehen weiterhin unausgesprochene Begrenzungen dessen,<br />

worüber in welchen Kontexten gearbeitet und gesprochen werden kann. Zumindest<br />

in der Bundesrepublik Deutschland ist die weiterführende Reflexion über<br />

empirisch arbeitende Forscher*innen als vergeschlechtlichte Akteur*innen, besonders<br />

in der Forschung <strong>mit</strong> Jugendlichen, noch immer ein Randthema. 2 Ich<br />

befasse mich dabei in diesem Beitrag nicht <strong>mit</strong> der Frage nach ›sexuellen Verhandlungen‹<br />

im Feld, sondern <strong>mit</strong> der Funktion von ›sexueller Orientierung‹ als<br />

Verortungsstrategie und Analysekategorie im Kontext vor allem qualitativer Forschung.<br />

3<br />

1 In Anlehnung an die Verwendung des _, also Schüler_In, bei Steffen Kitty Hermann verwende ich das *, um auf<br />

die Konstruiertheit und Kontinuität von Gender-Geschlecht-Sexualität und einen Mangel in der deutschen Sprache,<br />

dies adäquat auszudrücken, hinzuweisen (Hermann 2007: 115; auch 2003). Den zusammengesetzten Begriff<br />

Gender-Geschlecht-Sexualität schreibe ich in dieser sperrigen Darstellung, um auf die gegenseitige diskursive<br />

Bedingtheit der drei Aspekte und die Normalisierung dieser Bedingtheit hinzuweisen (Sch<strong>mit</strong>t 2007).<br />

2 Das bedeutet hier nicht, dass es diese Auseinandersetzungen überhaupt nicht gibt, sondern dass die Erkenntnisse<br />

aus solchen Untersuchungen nicht (ausreichend) rezipiert werden.<br />

3 Es liegen diverse Texte vor, an denen die Gratwanderung zwischen zwei wesentlichen Aspekten forschungsethischer<br />

Grundsätze – der selbstreflexiven Positionierung der Forschenden und die Einhaltung der persönlichen<br />

Grenzen der Teilnehmer*innen – deutlich werden (besonders: Lewin/Leap 1996, übersichtlich bei Atlas 2000).<br />

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