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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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würde sie Hierarchien und den subordinierten Status von Frauen und anderen<br />

Marginalisierten auflösen (Bleier 1984: 199-207; Birke 1986: 143 f.) – bzw., da<br />

Geschlecht nicht mehr relevant sei, müsste es auch nicht mehr erforscht werden<br />

(Bleier 1984 S195). Feministische Wissenschaft würde Tests am Menschen ausschließen,<br />

Tierversuche – zumindest zu kosmetischen Zwecken – abschaffen<br />

(Birke 1986 149 f.), Wahrheit und Objektivität in Zweifel stellen (Bleier 1984:<br />

195-197; Birke 1986: 152 f.; Keller 1989 [1982]; Harding 1994 [1991]: 155-180;<br />

Harding 1993b; Haraway 1995 [1988]), sich außerhalb patriarchaler Verhältnisse<br />

für oder gegen Reproduktionstechniken aussprechen (Harding 1994 [1991]:<br />

48-53), Wissenschaften demokratisieren (Birke 1986: 143-171; Harding 1994<br />

[1991]: 44-48, 92-118). 24 Wissenschaft würde die Verantwortung für ihr Tun übernehmen<br />

und sich entsprechend in intensiver ethischer gesellschaftlicher Einbindung<br />

bewegen (Harding 1994 [1991]: 48-53). 25<br />

2. Radikale <strong>Kritik</strong>: an objektiver Wissenschaft<br />

und dem konsistenten Subjekt ›Frau‹<br />

Männer seien auf Grund von Geistigkeit und Originalität für Universitäten geschaffen,<br />

wohingegen Frauen <strong>mit</strong> Tugenden wie Intuition, Mitleiden, Hingabe<br />

und Nachahmung dort nicht zu gebrauchen seien – oder nur in Sonderfällen, so<br />

die Praxis Ende des 19. Jh. In einer Befragung unter den damals ausschließlich<br />

männlichen Lehrenden zur Aufnahme von weiblichen Studierenden an deutschen<br />

Hochschulen gab nur eine der männlichen Befragten zur Antwort, dass sich <strong>mit</strong><br />

der Zulassung von Frauen zu den Universitäten diese Institution beleben könne<br />

(Kirchhoff 1897: 78; vgl. Hausen 1986: 38 f.). 26 Zahlreiche feministische <strong>Kritik</strong>erinnen<br />

schließen sich dem an, lediglich unter anderen Vorzeichen. Betonung findet,<br />

dass Frauen allein auf Grund ihrer spezifischen Erfahrungen als ›Frauen‹ den<br />

Wissenschaften andere Methodiken und Inhalte beisteuern könnten. Auf den vor-<br />

hinzugefügt werden. Vielmehr müssen sich Abläufe und Karrieren in Wissenschaften an deren Anforderungen,<br />

Lebensentwürfe und Lebensbedingungen anpassen. Die zukünftige Wissenschaft darf nicht nur vom tradierten<br />

westlichen Wissenschaftssystem und Wissenschaftshorizont ausgehen, sondern muss auch den technologischen<br />

und wissenschaftlichen Entwicklungen anderer Regionen und Kulturen, deren Geschichte und Gegenwart,<br />

Rechnung tragen (Harding 1994 [1991]: 205-264).<br />

24 Demokratisieren heißt Abhängigkeiten und Hierarchien zu erkennen und aufzulösen, sowie soziale Faktoren,<br />

ökonomische Ungleichheiten zu berücksichtigen (Shiva 1995: 50-57). Hemmschwellen zu Wissenschaft müssen<br />

abgebaut, unrealistische Wissenschaftsbilder genommen und gleichzeitig die gesellschaftliche Kontextualität<br />

der Erkenntnis deutlich gemacht werden (Harding 1994 [1991]: 44-48).<br />

25 Wer an Atomtechnologie forscht, muss sich in der derzeitigen Situation der Gesellschaft bewusst sein, dass sie<br />

auch zu militaristischen Zwecken angewendet werden kann.<br />

26 In der Studie von A. Kirchhoff (1897) sprachen sich 45 der Befragten für die Zulassung von Frauen zum Studium,<br />

32 dagegen aus. 27 bezogen eine Mittelposition: einige sprachen sich bspw. für höhere Berufswege für<br />

Frauen außerhalb der Universitäten aus, um Zuarbeiten für den Universitätsbetrieb leisten zu können. Diejenigen,<br />

die sich gegen eine Zulassung von Frauen zum Studium aussprachen, führten eine ›unterschiedliche physische<br />

und psychische Beschaffenheit von Männern und Frauen‹ als Begründung an.<br />

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