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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Hirnarealen (vgl. Bleier 1984: 91-93; Sch<strong>mit</strong>z 2004), Betrachtungen aggressiven<br />

Verhaltens (vgl. Bleier 1984: 97-101; Ebeling 1998), der Evolution des Menschen<br />

(vgl. u. a. Bleier 1984: 115-137; Sch<strong>mit</strong>z 2003) 17 etc. Der aktive, sich entwickelnde<br />

Anteil wird stets dem männlichen Geschlecht, dem Mann zugeschrieben.<br />

Feministische Wissenschaftskritiken richten sich gegen die Übertragung von<br />

an Tieren gewonnenen Daten auf den Menschen (Bleier 1984: 3-7, 22-48; Fausto-<br />

Sterling 1992 [1985]: 162; Birke 1986: 33-35; Wijngaard 1995: 145 f.). Sie werfen<br />

die Frage auf, ob – bei solchen Ideologien wie des aktiven Mannes und der<br />

passiven Frau im Hintergrund – diese Versuche und deren erhoffter Erkenntnisgewinn<br />

ethisch für den Menschen vertretbar sind (Fausto-Sterling 1995: 130-133,<br />

Shiva 1995: 67-69). Sie verweisen auf die Konstruktion des Anderen (des Tieres)<br />

neben dem Menschen (Anthrozentrismus), was Auswirkungen auf direkt den<br />

Menschen betreffende Fragestellungen habe und auch rassistische, antise<strong>mit</strong>ische<br />

und androzentrische Abgrenzungen zur Folge habe, wie bspw. Fausto-Sterling<br />

nachweist. 18 Überdies stellen feministische Wissenschaftskritiken die Frage nach<br />

der Ethik von Tierversuchen (zumindest zu kosmetischen Zwecken) aus Perspektive<br />

der Rechte von Tieren (u. a. Birke 1995; Rogers 1995; Fausto-Sterling 1995:<br />

126-130, 130-135).<br />

Die Bereitschaft zu Abgrenzungen wird in der Biologie durch stets sehr eng begrenzte<br />

Untersuchungsgruppen, meist binäre Eingruppierungen und den Versuch<br />

klarer Unterscheidungen ersichtlich. Menschliche Versuchsgruppen werden zwischen<br />

alltäglichen Vorurteilen (bspw. nach Geschlecht, ›Rasse‹, Religion, Herkunft)<br />

angesiedelt und auf dieser Basis versucht, signifikante Unterschiede als<br />

›Abweichungen‹ von einer weiß, männlich, heterosexuell besetzten Norm zu beschreiben<br />

(vgl. Fausto-Sterling 2000: 30-114). Es wird nach Differenz gesucht<br />

und diese auch stets gefunden, da auf Grund individueller Verschiedenheit zwischen<br />

zwei oder mehr betrachteten Gruppen immer Differenzen beschreibbar sind<br />

(vgl. u. a. Bleier 1984: 93 f., Fausto-Sterling 1992 [1985]: 26-30). So werden<br />

auch menschliche (freiwillige) Probandinnen bspw. häufig nach Geschlecht binär<br />

gruppiert, um Unterschiede in Hirnarealen nachzuweisen. Unterschiedliche Sozialisationen,<br />

früheres oder späteres Erlernen einer oder mehrerer Sprachen, Erfahrungen<br />

etc. werden meist gar nicht oder nur unzureichend betrachtet (Fausto-<br />

Sterling 1992 [1985]: 13-60, 32-35). Die begriffliche Erklärung für ›Signifikanz‹<br />

ist für diesen Zustand weitgehend willkürlicher, auf Stereotypen basierender<br />

Vorgriff sei auch auf meine, in etwa zwei Jahren zu veröffentlichende, Dissertation »Geschlechterdekonstruktion<br />

aus bio/medizinischer Perspektive« (Arbeitstitel) verwiesen).<br />

17 Die Evolutionsbiologie betrachtet den Mann als nach Veränderung strebend, die Frau als Strukturen konservativ<br />

bewahrend.<br />

18 Fausto-Sterling (1992 [1985]) beschreibt rassistische und androzentrische biologische Betrachtungen für das<br />

Ende des 19. und den Beginn des 20. Jh. und stellt fest, dass solche Theorien nun offenbar wieder Neuauflagen<br />

erfahren (Fausto-Sterling 1992 [1985]: 224 ff.). Haraway löst in »Ein Manifest für Cyborgs – Feminismus im<br />

Streit <strong>mit</strong> den Technowissenschaften« (1995b [1984]) die Mensch-Tier-, Belebt-Maschine-Grenzen auf (Harraway<br />

1995b [1984]; vgl. Martin 1995: 268 ff.).<br />

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