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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Beginn der Vergabe an Frauen – im letzten Jahrzehnt des 20. Jh. und im ersten<br />

Jahrzehnt des 21. Jh. kein prozentual höherer Anteil als in den Jahrzehnten zuvor.<br />

Befreundete und konkurrierende Netzwerkstrukturen bestimmen das Bild in<br />

der institutionalisierten Wissenschaft, auch hat der Kontakt zwischen hervorragenden<br />

Lehrenden und Studierenden ein bedeutendes Gewicht im Karriereverlauf<br />

(Nowotny 1986: 20-25; Wiesner 2002: 105-109). Das informelle Gespräch in der<br />

Pause und nach der Arbeit ist oft wichtiger als die tatsächliche Forschungsarbeit,<br />

weil darüber Kontakte geknüpft und über kurze Wege Informationen ausgetauscht<br />

werden. Dort außen zu stehen oder nicht die gesamte Zeit auf das berufliche Fortkommen<br />

verwenden zu können, bedeutet oft, Karriereaussichten zu begraben. In<br />

Netzwerkstrukturen sind Frauen weit weniger verankert als Männer (vgl. Harding<br />

1994 [1991]: 42-44).<br />

An Frauen werden in diesem komplexen Zusammenspiel ganz andere Anforderungen<br />

als an Männer gestellt. Zurückhaltung und Bescheidenheit wird zwar neben<br />

Originalität von weiblichen wie von männlichen Wissenschaftlerinnen erwartet<br />

– im Zweifel, etwa bei Streitigkeiten um die Frage, wer zuerst etwas erforscht<br />

hat, wird eher einem Mann die Priorität eingeräumt und von der Frau Zurückhaltung<br />

erwartet. Wiesner (2002) schlussfolgert entsprechend: »Konfliktvermeidung<br />

sowie eine starke Orientierung am Mainstream scheint als Karrierestrategie für<br />

Frauen durchschnittlich erfolgversprechender zu sein, als eigenwillige Forschungsrichtungen<br />

im Alleingang durchzusetzen.« (Wiesner 2002: 94) Eine Benachteiligung<br />

von Frauen lässt sich auch am Begutachtungssystem von wissenschaftlichen<br />

Zeitschriften für eingereichte Publikationen herausstellen: während Arbeiten bekannter<br />

Wissenschaftlerinnen gar nicht geprüft werden, werden die von Wissenschaftlerinnen<br />

›<strong>mit</strong>tleren Ranges‹ und von gänzlich Unbekannten umfassender<br />

Prüfung unterzogen. Frauen schneiden stets schlechter als Männer ab (Wiesner<br />

2002: 116-121). 14 Überdies lassen sich in wissenschaftlichen Journalen meist nur<br />

Artikel veröffentlichen, die signifikante Zusammenhänge/Ergebnisse nachweisen<br />

können, wohingegen andere Arbeiten, die nicht <strong>mit</strong> eindeutigen Zusammenhängen,<br />

populären oder spektakulären Ergebnissen aufwarten können, kaum die<br />

Chance zur Veröffentlichung erhalten.<br />

Frauen haben, wie Nowotny ausführt, auf Grund ihrer gesellschaftlich festgeschriebenen<br />

spezifischen Vergeschlechtlichung in den immer noch weitgehend<br />

geschlechtlich homogenisierten Wissenschaften Schwierigkeiten, sich in Wissenschaften<br />

zu etablieren, in Netzwerke hineinzukommen, vergleichbar den männlichen<br />

Konkurrierenden oder Befreundeten publizieren zu können und ›Karriere zu<br />

machen‹. Frauen, betont Nowotny, stünden den Regeln und Spielregeln der Institution<br />

Wissenschaft anders als Männer gegenüber: entweder würden sie sie stär-<br />

14 Vergeschlechtlichte Benachteiligungen im Begutachtungsverfahren spielen auch bei Stipendienvergaben eine<br />

Rolle. Dies stellen C. Wennerås und A. Wold (2000) für Habilitationsstipendien des schwedischen »Medical Research<br />

Council« für das Jahr 1995 dar – Frauen wurden weit schlechter als männliche Mitbewerberinnen beurteilt<br />

(Wennerås 2000).<br />

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