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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Heinz-Jürgen Voß<br />

Feministische Wissenschaftskritik am Beispiel<br />

der Naturwissenschaft Biologie<br />

Mit feministischer Wissenschaftskritik wird in diesem Aufsatz ein komplexes<br />

Themenfeld in den Blick genommen. Dies soll vor allem zu einer weiteren<br />

Lektüre der Arbeiten der benannten Wissenschaftlerinnen 1 und einem kritischen<br />

Umgang auch <strong>mit</strong> der scheinbar festen Grenze zwischen biologischen und gesellschaftswissenschaftlichen<br />

Ansätzen anregen. In diesem Beitrag wird ein besonderes<br />

Augenmerk auf Verbindungen zwischen Ausschlüssen, Strukturen, Methodiken<br />

und Inhalten ›moderner Wissenschaften‹ – und feministischen <strong>Kritik</strong>en<br />

daran – gelegt, weniger auf feministische Epistemologie. Anstatt – wie oftmals<br />

geschehen – die einzelnen feministischen Autorinnen, die <strong>Kritik</strong>en an Wissenschaften<br />

geübt haben, nebeneinander oder vielmehr gegeneinander zu stellen,<br />

werden hier <strong>Kritik</strong>en und ›Visionen‹ feministischer Wissenschaft herausgestellt,<br />

die den notwendigen Hintergrund für die jeweils eigene wissenschaftliche Arbeit<br />

bieten. Abgeschlossen wird der Aufsatz <strong>mit</strong> einem kritischen Ausblick – und der<br />

Anregung, feministische Wissenschaftskritik stets im Sinne eines methodologischen<br />

Grundsatzes in den eigenen Forschungsprozess einzubeziehen.<br />

Einleitung: zwischen <strong>Kritik</strong> am Ausschluss und der Vision<br />

zukünftiger Wissenschaft<br />

Im Mai 1894 trat in Preußen eine amtliche Regelung für das höhere Mädchenschulwesen<br />

in Kraft, wo<strong>mit</strong> Frauen der gastweise Besuch von Vorlesungen an philosophischen<br />

Fakultäten ermöglicht wurde. Ab September 1894 erhielten Frauen<br />

in Preußen bei einer Sondererlaubnis der noch stets männlichen Professorin die<br />

Möglichkeit, Universitätsveranstaltungen der Naturwissenschaften und Mathematik<br />

zu besuchen (Hausen 1986: 32; Tobies 1997: 19). Nur vereinzelt war es in den<br />

Jahrzehnten zuvor (insbesondere ausländischen) Frauen möglich gewesen, Lehrveranstaltungen<br />

der Naturwissenschaften und Mathematik an deutschen Universitäten<br />

zu hören und ausnahmsweise zu promovieren. 2 Immatrikulationsrecht<br />

1 Für allgemeine Bezeichnungen wird im Anschluss an L. F. Pusch (1984) stets die weibliche Bezeichnung verwendet.<br />

Falls notwendig, wird eine Vereindeutigung durch entsprechende Adjektive vorgenommen.<br />

2 S. Kowalewskaja (Mathematik) und J. Lermontowa (Chemie) promovierten 1874 als erste Frauen in den Fachbereichen<br />

Mathematik bzw. Chemie (Tollmien 1997). Selbstverständlich gilt diese für Mathematik und Naturwissenschaften<br />

(die zu Philosophischen Fakultäten gehörten) ausformulierte Aussage auch für die prestigeträchtigeren<br />

Theologischen, Juristischen und Medizinischen Fakultäten, an denen Frauen noch weniger geduldet waren.<br />

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