Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung
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Passung zur Fragestellung, zum Gegenstand und zu <strong>Methode</strong>n des Forschungsprozesses<br />
ermöglicht die Bewertung von qualitativen Forschungsprojekten und<br />
ihre Legitimierung in der scientific community.<br />
Obwohl bei der Entwicklung spezieller Bewertungskriterien für die qualitative<br />
Sozialforschung der emanzipatorische Gedanke nicht im Vordergrund stand, da<br />
sie eher der allgemeinen Qualitätssicherung qualitativer Forschung dienen, ist es<br />
möglich, diese Gütekriterien auf ihre Nützlichkeit hin zu befragen, den emanzipatorischen<br />
und kritischen Anspruch kritischer qualitativer Forschung zu verwirklichen.<br />
Dies wird im Folgenden an ausgewählten Aspekten kritischer qualitativer<br />
Forschung diskutiert.<br />
Voraussetzung für die Prüfung der Güte qualitativer Forschung und so<strong>mit</strong> auch<br />
kritischer qualitativer Forschung sieht Mayring in der Verfahrensdokumentation,<br />
die die Nachvollziehbarkeit des Forschungsprozesses sichert. Hier stimmt er <strong>mit</strong><br />
Steinke überein, die im Kriterium Intersubjektive Nachvollziehbarkeit das gleiche<br />
fordert. Steinke (1999: 208 ff.) beschreibt drei Wege zur Sicherung und Prüfung<br />
der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit: die Dokumentation des Forschungsprozesses,<br />
die Interpretation in Gruppen und die Anwendung bzw. Entwicklung kodifizierter<br />
Verfahren, wobei der Dokumentation des Forschungsprozesses zentrale<br />
Bedeutung zukommt. Sie ist Hauptkriterium und Voraussetzung zur Prüfung<br />
anderer Kriterien. In der Dokumentation wird der Weg festgehalten, wie die ForscherIn<br />
zu ihren Ergebnissen kommt und wie Entscheidungen im Forschungsprozess<br />
begründet werden. Da<strong>mit</strong> wird die einmalige Dynamik zwischen Gegenstand,<br />
Fragestellung und methodischem Konzept nachvollziehbar gemacht. Es<br />
ermöglicht der RezipientIn den methodisch reflektierten Umgang <strong>mit</strong> der Subjektivität<br />
der ForscherIn, da methodische Schritte, Gedanken, Vorwissen, Hypothesen,<br />
Ängste und Gegenübertragungen dokumentiert werden. Dies wird besonders unter<br />
Verweis auf die soziokonstruktivistische Wissenschaftsforschung begründet,<br />
die davon ausgeht, dass wissenschaftliche Erkenntnisbildung, Theoriebildung und<br />
-prüfung nicht ausschließlich rationalen Kriterien folgen. Ein entscheidender Vorzug<br />
der Forderung nach intersubjektiver Nachvollziehbarkeit durch Dokumentation<br />
liegt letztlich darin, dass die Studien im Licht ihrer eigenen Kriterien, also<br />
ihrem kritischen emanzipatorischen Anspruch, beurteilt werden können. Deshalb<br />
sollten das Vorverständnis (explizite und implizite Erwartungen), die Erhebungsmethoden<br />
und der Erhebungskontext (verwendete Verfahren und ihre Entwicklung),<br />
die Transkriptionsregeln, die Daten (dabei ist ein detaillierter Nachvollzug<br />
durch die LeserIn ausgeschlossen, es handelt sich hierbei um ausschnittweise subjektive<br />
Beschreibungen sowie die Zugänglichkeit von transkribierten Texten und<br />
Dokumenten), die Auswertungsschritte (hier reicht die Dokumentation der Interpretationsschritte<br />
nicht, die explizite Präsentation der Auswertungsschritte erst<br />
erlaubt der LeserIn eine Interpretation), die präzise Darstellung der Informationsquellen<br />
(auf verschiedenen Ebenen: wortwörtliche Äußerungen von InterviewpartnerInnen,<br />
sinngemäßes Wiedergeben von Äußerungen, Kontexte von Äuße-<br />
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