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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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ich schon gerechnet Herr Y, dass sie das fragen, das sind keine Farbigen. Ich sage,<br />

dann könnte vielleicht ein Problem entstehen, weil wir noch nie einen farbigen<br />

Schüler [hier] hatten, man weiß es nicht. Tja zu dieser rechten Szene [ ] Jemand<br />

sachte mir mal, da erscheint so ein Auto und verteilt irgendwas [ ].«<br />

Auswertung<br />

Je nach Forschungsinteresse und begrifflich-theoretischem Rahmen wird man<br />

diese Passagen ganz unterschiedlich auswerten. Unser primäres Interesse bestand<br />

darin, mehr Informationen über die Ausprägung von Rechtsextremismus vor Ort<br />

zu gewinnen (empirische Bedeutungsanalyse). In dieser Hinsicht kann unter Bezug<br />

auf das angedeutete Vorwissen folgendes angenommen oder vermutet werden:<br />

• rechtsextreme Jugendkultur ist in der Einrichtung normaler Bestandteil;<br />

• es herrscht ein soziales Klima, in dem der Schutz von potenziellen Opfern<br />

rechtsextremer Gewalt(androhung) nicht gewährleistet ist;<br />

• ggf. existieren Hierarchien zwischen rechtsextrem(orientiert)en Jugendlichen;<br />

• von außen wird rechtsextremes Propagandamaterial in die Institution getragen;<br />

• gegebenenfalls haben Jugendliche also Kontakt zu älteren organisierte(re)n<br />

Rechtsextremen.<br />

Alle genannten Informationen bleiben aber unterhalb eines wirklich »belastbaren«<br />

Datenbezugs, wie sich durch Prüfung der Beobachtungsmodalitäten zeigen<br />

lässt; <strong>mit</strong> diesem Konzept kann die Datenqualität genauer erfasst werden. Unter<br />

den Modus der Realbeobachtung »fallen Daten, die sich der un<strong>mit</strong>telbaren Beteiligung<br />

des Berichtenden am berichteten Ereignis verdanken« (Markard 1985:<br />

112) bzw. Daten, die die Berichtende aus eigener Kenntnis der direkt Beteiligten<br />

benennt. In der wiedergegebenen Passage hätte die Interviewerin die Berichte auf<br />

den Modus hin abklopfen können, etwa durch die Nachfragen: Haben Sie diese<br />

Dinge selbst beobachtet? Wer hat sie beobachtet? Wann/wie oft, wo sind Hakenkreuze<br />

aufgetaucht? Um was für eine Schrift handelte es sich? Was wurde aus<br />

dem Auto heraus verteilt? Wer saß in dem Auto – organisierte Rechtsextreme?<br />

Haben Jugendliche aus der Institution Kontakt zu ihnen? Wer gehört zum Kern?<br />

Wer ist Mitläufer/Sympathisant? Wie stellt sich die Situation aus der Sicht von<br />

Minderheiten-Angehörigen wirklich dar?<br />

Durch diesen Interviewerinnenfehler bleiben die Daten im Modus der allgemeinen<br />

Beobachtbarkeit: »Dieser Modus ist dadurch definiert, dass er, sofern<br />

Zweifel an der allgemeinen Beobachtbarkeit des Gesagten angemeldet werden,<br />

jederzeit in den Modus der Realbeobachtung überführt werden kann.« (ebd.) 29<br />

Eine andere Möglichkeit, einige der Schilderungen im Modus der allgemeinen<br />

29 Im hier diskutierten Forschungszusammenhang hängt die Qualität der Daten nicht nur von den Interviewer/innen<br />

ab, sondern auch dem Grad der Kenntnisse über rechtsextreme Gruppen/Parteien, Versände/Labels, Bands etc.<br />

seitens der Interviewten – zusammengefasst: Von deren Wahrnehmungs- und Deutungskompetenz in Bezug auf<br />

rechtsextreme Phänomene (vgl. für vorausgesetztes Gegenstandswissen für den Umgang <strong>mit</strong> Rechtsextremismus<br />

in der Jugendarbeit (Reimer/Klose et al. 2006).<br />

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