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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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experimentellen Wenn-Dann-Hypothesen, d. h. der ›operationalen‹ Fassung des<br />

theoretischen Zusammenhangs in Termini von ›unabhängigen‹ bzw. ›abhängigen<br />

Variablen‹) ... sich ›bestätigen‹, oder ›nicht bestätigen‹ (<strong>mit</strong>hin an der Realität<br />

scheitern können).« (Holzkamp 1986: 30, Herv. entf.) Anders als real kontingente<br />

haben implikative Zusammenhänge und entsprechende Wenn-Dann-Aussagen einen<br />

grundlegend anderen Datenbezug. Die implikative Aussage »Wenn diese Tür<br />

rot ist, dann ist sie nicht weiß« bedarf ersichtlich keiner Prüfung an Daten, wohl<br />

aber kann eine konkrete Tür ein Beispiel für diesen Zusammenhang sein (vgl.<br />

auch fürs Folgende: Markard 2000: 239 ff.). Ähnlich verhält es sich aber auch <strong>mit</strong><br />

psychologischen Theorien (Prämissen-Gründe-Zusammenhänge und datengegründete<br />

Theorien über Bedeutungskonstellationen). Beispielsweise ist der Zusammenhang,<br />

auf den sich die Aussage »wenn es kalt ist, zieht man sich warm<br />

an« (vgl. auch fürs Folgende: Holzkamp 1987) nicht kontingent, sondern am<br />

Maßstab subjektiver Interessen »logisch«, eben implikativ: »Wenn es kalt ist und<br />

man nicht frieren will, wählt man vernünftigerweise wärmere Kleidung«. Entscheidend<br />

ist nun, dass der implikative Charakter sich »auf das vom Individuum<br />

konstituierte Verhältnis von Handlungsprämissen und Handlungsintention« (Markard<br />

2000: 243, Herv. K. R.) bezieht. »Empirisch offen dagegen ist ›auf der einen<br />

Seite‹ das Verhältnis von Handlungsprämissen und Bedingungen, aus denen<br />

erstere herausgegliedert werden, und ›auf der anderen Seite‹, ob bzw. welche<br />

Handlungen aus der Handlungsintention folgen.« (ebd.) Theorien über realisierte<br />

Prämissen-Gründe-Zusammenhänge sind also (anders als Tautologien oder rein<br />

begriffs-logische Implikationen) empirisch informativ, haben aber auch in Bezug<br />

auf diese entsprechenden Datenaspekte keinen Prüf-, sondern einen Anwendungsbezug:<br />

»Es hängt nicht von den ›empirischen‹ Verhältnissen ab, wie weit die<br />

›theoretische‹ Bestimmung ›bewährt‹ ist, sondern es hängt von der ›Begründungstheorie‹<br />

als implikativer Struktur ab, welche Art von empirischen Verhältnissen zu<br />

ihrem ›Anwendungsfall‹ taugen« (Holzkamp 1987: 31). Um im o. g. Beispiel Kälte/<br />

Kleidung zu bleiben: Würden bestimmte Beobachtungsdaten ergeben, dass Leute<br />

sich bei Kälte nicht warm anziehen, wäre da<strong>mit</strong> die o.g. Theorie nicht widerlegt,<br />

sondern die Daten wären kein Anwendungsfall dieser Theorie, sondern etwa derjenigen:<br />

»Wenn es kalt ist, und man sich abhärten ... will, wählt man vernünftigerweise<br />

keine wärmere Kleidung« (vgl. Holzkamp 1987: 34).<br />

Mit all dem soll hier allerdings keiner wissenschaftlichen Beliebigkeit der<br />

Theorienbildung das Wort geredet werden. 24 Ganz im Gegenteil wurden für die<br />

empirische Verankerung und Nachvollziehbarkeit psychologischer Theorien Konzepte<br />

entwickelt, <strong>mit</strong> denen die Qualität der Daten kritisch geprüft und ihre Funktion<br />

in der Theoriebildung ausgewiesen werden kann (und muss): Datenfunktionen<br />

und Beobachtungsmodalitäten (vgl. Markard 1985: 109 ff.; 2000: 238). Zudem<br />

24 Auch in der Kritischen Psychologie wurde lange Zeit von einem möglichen Prüfbezug im Rahmen der EF ausgegangen,<br />

diese Auffassung ist aber <strong>mit</strong>tlerweile revidiert (vgl. Markard 2000: 239 ff.).<br />

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