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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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fasst das subjektwissenschaftliche Konzept der Entwicklungs-/Stagnationsfigur<br />

(EF/S f.) beide Aspekte. Es stellt insgesamt eine idealtypische Sequenzierung der<br />

Bewegungsform psychologischer Forschung dar und ist zugleich ein Regulativ<br />

der Datenauswertung (vgl. Markard 1989). Entwickelt wurde es in seiner<br />

ursprünglichen Form im Projekt Subjektentwicklung in der frühen Kindheit<br />

(SUFKI), das Ontogenese und Erziehungsfragen untersuchte (vgl. Markard 1985).<br />

Ich werde zunächst die wesentliche Struktur der EF/SF <strong>mit</strong> Beispielen aus dem<br />

SUFKI darstellen und dann anhand meiner Arbeit zur Weiterentwicklung antirassistischer<br />

Bildungsarbeit seine konzeptionelle Erweiterung veranschaulichen.<br />

Die EF/SF gliedert sich in vier Instanzen, wobei die ersten zwei die Theoriengenerierung,<br />

die letzten zwei die Umstrukturierung der Praxis sowie deren theoretische<br />

Reflexion beinhalten.<br />

Die Art der »zugelassenen« Daten ist nicht beschränkt, und so haben es die<br />

Forscher/innen potenziell <strong>mit</strong> einer Fülle unterschiedlicher Datensorten zu tun, z. B.<br />

Beobachtungsdaten, verbalen Daten, Tagebuchaufzeichnungen, Dokumenten,<br />

Briefwechseln etc. Zwar werden diese nach bestimmten (pragmatischen und begrifflich-theoretischen)<br />

3 Gesichtspunkten erhoben, dennoch ist nicht evident,<br />

worin genau eine konkret analysierbare Ausgangsproblematik besteht. Diese<br />

muss vielmehr aus der Fülle des empirischen Materials herausgehoben werden.<br />

Hierin besteht die Funktion der ersten Instanz einer EF/SF: Die »Deutung eines<br />

›kritischen‹ oder problematischen Sachverhalts, der sich aus den Daten ergibt.«<br />

(Markard 2000: 233) Die Deutung der Forscher/innen konkurriert ggf. <strong>mit</strong> derjenigen<br />

der Betroffenen gemäß der begrifflichen Grundannahme, dass letztere an<br />

der Aufrechterhaltung des Problems beteiligt sind. In der zweiten Instanz geht es<br />

um die »Analyse und Durcharbeitung der ggf. gegen die Deutung gerichteten Abwehr<br />

der Betroffenen, da<strong>mit</strong> das Aufeinandertreffen und Klären unterschiedlicher,<br />

konkurrierender Konfliktdeutungen, und – sofern möglich – die Entwicklung einer<br />

Lösungskonzeption.« (ebd.: 234)<br />

1.1. Veranschaulichung der EF(1)<br />

Im SUFKI handelte es sich in den ersten beiden Instanzen um »(kumulierende)<br />

Schilderungen etwa darüber, dass ein Kind abends ›nicht einschlafen kann‹, dass<br />

(in einer Familie <strong>mit</strong> drei Kindern, davon ein Zwillingspaar) die Kinder die Eltern<br />

<strong>mit</strong> dem Wörtlichnehmen ihrer ›Gerechtigkeitsvorstellungen‹ bei der ›Erziehung‹<br />

terrorisieren (indem etwa jedes der drei Kinder ›in der Mitte sitzen‹ will), dass ein<br />

Kind seine Mutter ›zu wenig liebt‹ (indem es permanent den anderen Elternteil<br />

›bevorzugt‹).« (Markard 1985: 104) »Ein Beispiel für ein theoretisches Konstrukt,<br />

das sich in der Projektarbeit ergeben hat, ist das der ›Gleichheitsregulation‹. Die-<br />

3 Vgl. für die Analyse von psychologischen Praxiserfahrungen im Rahmen des Ausbildungsprojekts subjektwissenschaftliche<br />

Berufsforschung Ulmann (2000) und Ulmann/Markard (2000).<br />

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