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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Freud formulierten Wunsch, individuelles Leiden zu mindern. Diese Grenzen<br />

sind, trotz der entscheidenden Einsichten Freuds, den psychoanalytischen <strong>Methode</strong>n,<br />

wie geschildert, inhärent.<br />

Daher stellt sich die Frage nach einem alternativen theoretischen Rahmen, welcher<br />

die Grundlagen für eine subjektorientierte Forschung bietet und die Gesellschaftsver<strong>mit</strong>teltheit<br />

genügend berücksichtigt. Diesen Rahmen bietet die Kritische<br />

Psychologie. Sie »stellt die Grundlage für eine gewisse empirische Forschung dar,<br />

die in sich unabgeschlossen ist und wo Kontroversen unterschiedlicher Auffassungen<br />

möglich sind« (Holzkamp 1983: 125). Für einen therapeutischen Zusammenhang<br />

bedeutet das Bewusstseinsentwicklung, Erkennen von Handlungsimpulsen<br />

und deren Gründen und erhöhte Selbstkontrolle im Zusammenhang <strong>mit</strong> erhöhter<br />

Umweltkontrolle als allgemein-abstrakte Ziele, die in jeder Therapie konkret <strong>mit</strong><br />

der KlientIn zusammen erarbeitet werden (vgl. Osterkamp 1976: 448 ff.).<br />

In der Forschung orientiert sich das kritisch-psychologische Analysemodell am<br />

Kriterium der Gegenstandsadäquatheit. Es werden also nicht vorher definierte<br />

Kriterien zum Maßstab dafür gemacht, was man erforschen kann, während alles<br />

andere in der berühmten black box verschwindet, sondern das Forschungsvorhaben<br />

muss dem zu Erforschenden angemessen sein. Dazu gehört, <strong>mit</strong> den Beforschten<br />

als MitforscherInnen gemeinsam (vgl. Reimer in diesem Band) in einem intersubjektiven<br />

Prozess die unreduzierte Einmaligkeit jeder Person verallgemeinerbar zu<br />

machen: »Und es kommt also darauf an, für die [und <strong>mit</strong> den] jeweils Betroffenen<br />

eine Begrifflichkeit und Verfahrensweise zu entwickeln, <strong>mit</strong> denen sie selber die<br />

Bedingungen verallgemeinert erfassen können, unter denen sie ein Stück an Verfügungserweiterung<br />

und Verbesserung ihrer Lebensqualität in der jeweilig konkreten<br />

Fragestellung herauskriegen. […] dann ist die Praxis der Betroffenen, ein<br />

Stück mehr an Überwindung der Abhängigkeit zu gewinnen. Das ist natürlich<br />

reale Praxis für die Betroffenen und nur als diese reale Praxis gleichzeitig eine<br />

Voraussetzung für die Verallgemeinerung.« (Holzkamp 1983: 157) Intersubjektivität<br />

meint die Beziehung zwischen Menschen, die von sich und von ihrem Gegenüber<br />

wissen, dass sie als intentional handelnde Subjekte über ihre Lebensbedingungen<br />

verfügen und sie verändern können. Wenn sie sich bewusst (statt bedingt)<br />

auf die Welt, wie sie sie wahrnehmen, beziehen, so beziehen sie sich auch bewusst<br />

auf eine Forschungssituation, auf die ForscherIn. Das bedeutet für den Forschungsprozess,<br />

dass die Interessen der ForscherIn und die der Beforschten einbezogen<br />

werden müssen. Das gemeinsame Interesse an einem Stück Verfügungserweiterung,<br />

welche der erhoffte Erkenntnisgewinn bringen kann, ist »unbedingte methodische<br />

Voraussetzung« (ebd.: 160). Dann ist auch die Position der Beforschten als<br />

MitforscherIn gesichert. Verallgemeinerung schließlich bezieht sich auf typische<br />

Grundsituationen menschlicher Handlungsmöglichkeiten (vgl. im Folgenden ebd.<br />

S. 163 ff.): Die Handlungsmöglichkeiten einer Person in einer bestimmten Situation<br />

stehen potentiell auch anderen Personen in derselben Situation offen. Das spezifische<br />

Verhältnis dieser Möglichkeiten zu den ebenfalls existierenden und in einer<br />

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