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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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1. Klassische Psychoanalyse<br />

Psychoanalytische Konzepte wurden nicht nur interdisziplinär angewandt und<br />

transformiert, sondern unterlagen auch in ihrem eigenen Theoriebereich vielfältigen<br />

Wandlungen. Die Zerstrittenheit der verschiedenen Schulen erschwert es,<br />

grundsätzliche Gemeinsamkeiten der Psychoanalyse zu konstatieren. Dennoch<br />

sollen hier einige wenige Berührungspunkte genannt werden, welche auch in der<br />

Adaption psychoanalytischer Methodik in anderen Disziplinen (wie der Ethnopsychoanalyse)<br />

eine größere Rolle spielen.<br />

Im Mittelpunkt psychoanalytischer Ansätze steht die Erforschung des Unbewussten,<br />

welches als von seiner Erscheinung abweichend konzeptualisiert wird.<br />

Eine weitere grundlegende Gemeinsamkeit ist der Fokus auf die Beziehung zwischen<br />

der AnalytikerIn und der AnalysandIn, im Forschungsbereich zwischen der<br />

ForscherIn und der Erforschten; also die Konzeption von Übertragung und Gegenübertragung.<br />

In der Übertragung wiederholt die AnalysandIn die als traumatisch<br />

erfahrenen frühkindlichen Erlebnisse, die unter dem besonderen Schutz der<br />

analytischen Situation durchgearbeitet werden, um da<strong>mit</strong> eine nachhaltige Veränderung<br />

zu ermöglichen. In der Gegenübertragung reagiert die TherapeutIn ihrerseits<br />

<strong>mit</strong> bestimmten Gefühlen und Wünschen, die aus Erfahrungen außerhalb der<br />

un<strong>mit</strong>telbaren Therapiesituation stammen. In der genaueren Abgrenzung dieser<br />

und anderer Begriffe besteht jedoch eine große Variationsbreite in den verschiedenen<br />

Gebieten der Psychoanalyse (vgl. Laplanche/Pontalis 1999: 550 ff., 164 f.),<br />

daher ist es sinnvoller, konkret auf Sigmund Freud als dem Begründer der Psychoanalyse<br />

und seine Theoriebildung einzugehen.<br />

Grundsätzlich stellt Freud die menschlichen Triebe der Zivilisation als feindlich<br />

gegenüber. In einer Art geschichtsphilosophischer These geht er davon aus,<br />

dass Kultur und Zivilisation (Freud benutzt diese Begriffe synonym) nur unter<br />

Triebsublimierung möglich werden. Dieser Prozess ist eng verbunden <strong>mit</strong> der<br />

Entwicklung der drei Instanzen Es, Über-Ich und Ich.<br />

Das unbewusste und zeitlose, also von gesellschaftlicher Entwicklung unabhängige<br />

Es ist auf un<strong>mit</strong>telbare Triebbefriedigung gerichtet; das ebenfalls zu<br />

großen Teilen unbewusste Über-Ich verkörpert die gesellschaftliche Autorität.<br />

Das »technisch-bürokratische« Ich (Lichtman 1990: 54), das Realitätsprinzip,<br />

muss nun zwischen diesen Instanzen und der realen Außenwelt ver<strong>mit</strong>teln, wo<strong>mit</strong><br />

es einem großen Druck und ständigen potentiellen Ängsten ausgesetzt ist. 2 Dieser<br />

topologische Aspekt als ein Teil der Metapsychologie Freuds, also seines theoretischen<br />

Überbaus, wird ergänzt durch zwei weitere: den ökonomischen, laut dem es<br />

nur ein bestimmtes Libido-Quantum gibt, <strong>mit</strong> welchem daher sorgfältig gehaushaltet<br />

werden muss (z. B. in Form von Objektbesetzungen). Der dritte, der dyna-<br />

2 Zu den Ängsten s. Freud 1978: 206. Dieses Modell löste dasjenige vom Vorbewussten, Bewussten und Unbewussten<br />

ab.<br />

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