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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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krieg 1996 <strong>mit</strong> einem Friedensvertrag beendet wurde, dessen Abkommen von Seiten<br />

der Regierung nie umgesetzt wurden.<br />

Mit diesen gewalttätigen Prozessen hatte die Sozialstruktur der indigenen Gemeinschaft<br />

auch im Q’eqchi’-Gebiet einschneidende Veränderungen erfahren.<br />

Das Resultat war zwar keine vollständige Auflösung der traditionellen Gemeindestrukturen,<br />

jedoch eine gewisse religiöse Fraktionierung der Dorfgemeinschaften<br />

und ihre stärkere Integration in die Marktökonomie und den Nationalstaat. Dabei<br />

spielte insbesondere die Bildungsprogrammatik der jeweiligen Modernisierungsprojekte<br />

eine entscheidende Rolle, angefangen von den erwähnten Katecheseseminaren,<br />

bis zu den modernen Bildungsinstitutionen wie staatlichen zweisprachigen<br />

Schulen, die zur »Integration« der Indígenas ab Mitte der 1980er Jahre –<br />

selbst während Phasen der intensivsten Aufstandsbekämpfung – zunehmend<br />

eingerichtet wurden. Die heutigen Überlebensstrategien der indigenen Kleinbauern<br />

rekurrieren sowohl auf traditionelle wie moderne Elemente; die Investition in<br />

die Bildung der Kinder spielt dabei eine besondere Rolle, so dass inzwischen immer<br />

mehr jungen Indígenas eine Jugend i.S. eines Bildungsmoratoriums gewährt<br />

wird.<br />

3. Die Schule<br />

Die hier untersuchte Organisation wurde Anfang der 1990er Jahre von AktivistInnen<br />

der Maya-Bewegung gegründet. Neben der Educación Maya und ihren besonderen<br />

Inhalten 14 ist ein weiteres charakteristisches Merkmal des Internats die<br />

weitgehende Freiheit, die den Jugendlichen im Alltag gewährt wird. 15 In der hier<br />

untersuchten Schule hatte die Betreuung der Jugendlichen im laufenden Schuljahr<br />

in den Händen eines deutschen Zivildienstleistenden gelegen. Dieser hatte seine<br />

Dienstzeit einige Monate vor meinem Forschungsaufenthalt abgeschlossen und<br />

war nach Deutschland zurückgekehrt. Zur Zeit der Forschung gab es also keinen<br />

hauptamtlichen Betreuer der Jugendlichen, der jenseits des Unterrichts als reguläre<br />

Ansprechperson zur Verfügung gestanden hätte.<br />

Die Mädchen waren auf dem Hauptgelände der Organisation untergebracht,<br />

wo sich auch die Küche des Internats, die Schulgebäude, ein kleiner Sportplatz<br />

und der Maya-Altar befinden, der an Festtagen für Zeremonien genutzt wird. Der<br />

Schulalltag spielte sich v.a. hier ab und die Mädchen hatten bei anstehenden Pro-<br />

14 Auf die Maya-Bewegung und ihr bildungspolitisches Programm der Educación Maya kann in diesem Artikel<br />

nicht ausführlich eingegangen werden. Vgl. dazu jedoch Heckt 1999, Esquít/Gálvez 1997, Schwarz 2008.<br />

15 Wie ungewöhnlich weit die Freiheiten der Jugendlichen jenseits des Unterrichts gehen, lässt sich am besten im<br />

Vergleich <strong>mit</strong> den anderen Internaten der Stadt aufzeigen: das benachbarte katholische Mädcheninternat wird von<br />

Nonnen geführt. Die Mädchen dürfen keinen Besuch empfangen bzw. <strong>mit</strong> diesem nur <strong>mit</strong> Erlaubnis der Nonnen<br />

im von Maschendrahtzaun abgesperrten, aber öffentlich einsehbaren Vorhof reden. Das katholische Jungeninternat<br />

steht unter der Aufsicht zweier Lehrer, von denen einer immer anwesend ist und nach dem Rechten sieht. In<br />

beiden Internaten ist der Besuch des Gottesdienstes obligatorisch.<br />

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