09.11.2012 Aufrufe

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Den anderen Pol bilden Ansätze, die sich von ersteren nicht so sehr im ethischen<br />

Imperativ unterscheiden, wohl aber entgegengesetzte erkenntnistheoretische Positionen<br />

vertreten. Diese poststrukturalistischen Wissenschafts- und <strong>Methode</strong>nkonzeptionen<br />

sehen gerade in einer gewissen ›Standpunktlosigkeit‹, im radikalen<br />

Hinterfragen jedweder Gewissheit (auch hinsichtlich der prinzipiellen Möglichkeit<br />

von Erkenntnis) und aller ›großen Erzählungen‹ ihr eigentliches <strong>Kritik</strong>potenzial.<br />

Die meisten kritischen <strong>Methode</strong>n pendeln hinsichtlich ihrer erkenntnistheoretischen<br />

Orientierung letztlich zwischen diesen Polen, da sie in der Regel<br />

Gegebenes hinterfragen und Normalitäten dekonstruieren, gleichzeitig aber auch<br />

häufig den eigenen Standpunkt und so<strong>mit</strong> den Maßstab, von und in dem die <strong>Kritik</strong><br />

geübt wird, explizieren.<br />

Aufbau des Bandes<br />

Der Sammelband nähert sich dem Verhältnis zwischen sozialwissenschaftlichen<br />

Forschungsmethoden und Gesellschaftskritik in vier thematisch geordneten Abschnitten.<br />

Teil eins widmet sich kommunikationsorientierten, insbesondere diskurstheoretischen<br />

Ansätzen und fragt nach deren kritischen Impulsen.<br />

Peter Ullrich gibt in seinem einleitenden Beitrag einen Überblick über Grundzüge<br />

der Diskursforschung. Dabei unterscheidet er zwei Hauptströmungen: eine<br />

stark an Foucault angelehnte, kritische ›diskurstheoretische‹ Analyse von Diskursen<br />

und eine aus der Öffentlichkeitssoziologie kommende Analyse öffentlicher<br />

Debatten. Zugleich zeigt er aber auch Kompatibilitäten beider Perspektiven auf,<br />

die insbesondere in den kombinierbaren heuristischen Instrumentarien zu finden<br />

sind.<br />

Der Beitrag von Ludwig Gasteiger setzt sich <strong>mit</strong> der »interpretativen Analytik«<br />

Michel Foucaults auseinander. Ausgehend von der Rekonstruktion Foucaults methodologischer<br />

Haltung und Wissenschaftsauffassung wird von Gasteiger das Forschungsprogramm<br />

der Diskursanalyse dargestellt und eine Bestimmung seiner<br />

Grenzen versucht. Zudem thematisiert er die Erweiterung der Diskurs- zu einer<br />

Dispositivanalyse als möglichen Schritt, um zu einer sozialwissenschaftlich adäquaten<br />

Machtanalyse zu gelangen. Zuletzt wird Foucaults Versuch, eine »unbestimmte<br />

Haltung der <strong>Kritik</strong>« einzunehmen, reflektiert. Der Autor stellt dabei die<br />

Notwendigkeit einer dialogischen Praxis zur Erarbeitung einer normativen Selbstverortung<br />

und eines emanzipativen Praxisbezugs fest.<br />

Am Beispiel einer empirischen Untersuchung der linken medialen Nahostdiskurse<br />

stellen Daniel Bartel, Peter Ullrich und Kornelia Ehrlich <strong>mit</strong> der Kritischen<br />

Diskursanalyse eine <strong>Methode</strong> ›im Einsatz‹ vor. Die Kritische Diskursanalyse des<br />

Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung unter Leitung Siegfried Jägers<br />

ist stark von Foucault beeinflusst, zeichnet sich aber dadurch aus, dass sie<br />

kritischen ForscherInnen anders als Foucault ein explizit ausgearbeitetes Rezept-<br />

13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!