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Kritik mit Methode? - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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ten Bedeutungskonstellationen der einzelnen Lebensweisen herrscht so<strong>mit</strong> ein<br />

strukturelles Nicht-Wissen über die Folgen der staatlichen Entrechtung vor. Zur<br />

partiellen Instrumentalisierung der Entrechtungsbilder ist dieses Nicht-Wissen<br />

zentral, denn die Inszenierung des Lagers als vergegenständlichtes Symbol der<br />

›Überflutung Deutschlands von den Armen der Welt‹ funktioniert nur durch die<br />

Entnennung des eigentlich relevanten Akteurs bei dieser massenhaften Unterbringung,<br />

nämlich des bundesdeutschen Staates.<br />

Zentrales methodisches Problem dieser hegemonialen Entnennung der Lagerunterbringung<br />

als symbolische wie materielle Strategie ist auf der einen Seite das<br />

inhaltliche ›Auffinden‹ der Entrechtung und auf der anderen Seite das konkrete<br />

örtliche Auffinden der Lager. Ohne internes Wissen ist ein Aufsuchen der Lager<br />

ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Über offizielle Anfragen an die Administration<br />

werden nur ausgewählte Vorzeigeunterkünfte zur wissenschaftlichen<br />

Begutachtung benannt; Listen aller vorhandenen Heime werden in der Regel nicht<br />

zur Verfügung gestellt. Als ›normale‹ WissenschaftlerIn und noch mehr als normale<br />

BürgerIn ohne den <strong>mit</strong> der Universität verbundenem Wissen-Macht-Komplex<br />

ist es äußerst schwierig und zeitaufwändig, Daten zu allen vorhandenen<br />

Unterkünften zu bekommen. Ein möglicher Ausweg ist die Zusammenarbeit <strong>mit</strong><br />

NGOs, die in die Unterstützung der BewohnerInnen involviert sind, wie den<br />

Flüchtlingsräten, oder <strong>mit</strong> selbstorganisierten Zusammenschlüssen wie der Flüchtlingsinitiative<br />

Brandenburg. Diese verfügen über internes, vor allem in der Beratungspraxis<br />

angeeignetes und akkumuliertes Wissen, welches einen Zugang und<br />

ein Auffinden praktikabler gestaltet.<br />

Ich habe diese ersten Barrieren durch die Kooperation <strong>mit</strong> dem Flüchtlingsrat<br />

Berlin, dem Flüchtlingsrat Brandenburg, MOBE – Mobile Beratung zur Betreuung<br />

und Schulung der in den Heimen arbeitenden SozialarbeiterInnen und der<br />

Flüchtlingsinitiative Brandenburg überwunden. Gleichzeitig habe ich mich selber<br />

jahrelang politisch in der antirassistischen und auch Anti-Lager-Bewegung engagiert,<br />

so dass ich selber über internes Wissen über das Vorhandensein und die Bedingungen<br />

der bundesdeutschen Flüchtlingslager verfügte. Ohne dieses eigene<br />

Involviertsein und die auch darüber vorhandenen Kontakte zu den NGOs wäre die<br />

Dichte und Breite der erhobenen Daten nicht möglich gewesen. Das Problem des<br />

örtlichen Auffindens der versteckten Lager blieb trotz vorhandener Liste der<br />

Heime für Brandenburg und Berlin bestehen, es war aufgrund der Entfernungen<br />

vor allem <strong>mit</strong> finanziellen Barrieren verbunden; so sind die Unterkünfte in Brandenburg<br />

ohne Auto nur <strong>mit</strong> sehr hohem zeitlichen Aufwand erreichbar.<br />

2.2. Die Schlüsselpersonen<br />

Ohne die Zusammenarbeit <strong>mit</strong> lagerinternen Schlüsselpersonen (auch Gatekeeper<br />

oder Türöffner) wäre mir der direkte Zugang zu dem Sozialraum Lager nicht möglich<br />

gewesen. Schlüsselperson ist eine »[...] Person, die dem/der Feldforscher/-in<br />

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