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Info Deutsch - Reutte

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Aus der Frühzeit sind lediglich drei Gewässernamen erhalten geblieben,<br />

nämlich Lech, Vils und Loisach. Zur Römerzeit gehörte das Außerfern<br />

der Provinz Rätien an, deren Hauptstadt das heutige Augsburg<br />

war. Die wichtige Fernstraße Via Claudia Augusta führte sehr<br />

wahrscheinlich durch den Raum <strong>Reutte</strong>, wenn auch ihr Verlauf noch<br />

nicht restlos geklärt ist.<br />

Die Besiedlung des Gebietes erfolgte im Hoch- und Spätmittelalter<br />

aus dem Lech-Iller-Raum heraus, und zwar auf Initiative der Welfen<br />

und ihrer Besitznachfolger, der Staufer, sowie des Bischofs von<br />

Augsburg. An die einstige Rodungstätigkeit erinnern Name und Wappen<br />

der Marktgemeinde <strong>Reutte</strong>. Der Name bedeutet „Roden des<br />

Waldes“ = Urbarmachung der Flur. Urkundlich scheint <strong>Reutte</strong> erstmals<br />

1278 als Ruthi auf. 1440 lesen wir Rythy und in der Markterhebungsurkunde<br />

vom Jahre 1489 Reutj. Der Ortsname wird noch im<br />

18. Jahrhundert als „auf´m Reitti“ (Inschrift über der Haustür des<br />

Gasthofes „Krone“) genannt.<br />

Gegen Ende des 13. Jahrhunderts ließ Graf Meinhard II. von Tirol die<br />

Grenzfestung Ehrenberg südlich von <strong>Reutte</strong> in einer Talenge und auf<br />

einem Felskegel erbauen. Die Festung Ehrenberg hatte in der Folge<br />

neben der Aufgabe einer Grenzwacht noch die Funktionen eines<br />

Verwaltungs- und Gerichtssitzes für das Außerfern zu erfüllen. Mit<br />

dem Bau der Festung wurde auch die Straße so verlegt, dass sie<br />

durch die Klause, die unmittelbar unter der Festung die Straße sperrte,<br />

nun durch <strong>Reutte</strong> über den Kniepass nach Füssen und Augsburg<br />

führte. <strong>Reutte</strong> nahm durch die unmittelbare Berührung mit dem<br />

Verkehr einen raschen Aufstieg. Es wuchs in kurzer Zeit zum wichtigsten<br />

Verkehrs- und Handelsmittelpunkt des Außerfern empor. Vom<br />

blühenden Salzhandel und Salztransport zwischen Hall in Tirol und<br />

der Bodenseegegend sowie vom augsburgisch-venezianischen<br />

Handel genoss <strong>Reutte</strong> in vollen Zügen. Niederlagsgebäude, stattliche<br />

Gasthöfe, erhöhte Zugviehhaltung, Frächterei und Handwerksbetriebe<br />

brachten den <strong>Reutte</strong>nern Wohlstand und drückten dem Ort auch<br />

äußerlich ihren Stempel auf. Der Aufschwung <strong>Reutte</strong>s kann nur kurz<br />

gestreift werden: Am 5. Juli 1489 wurde <strong>Reutte</strong> von Erzherzog Sigmund<br />

von Tirol in Ansehung „irer getreuen, geflissen und unnderthänigen<br />

Dienste“ zum Markt erhoben. 1493 verlieh der spätere Kaiser<br />

Maximilian I. den Bürgern von <strong>Reutte</strong> und Breitenwang das weite<br />

Gebiet des Ammerwaldes. Ein Jahr später bekam Reute vom selben<br />

Kaiser das Niederlagsrecht, das bedeutete, dass fremde Händler, die<br />

durch <strong>Reutte</strong> zogen, hier einige Tage der einheimischen Bevölkerung<br />

ihre Waren anbieten musste, ehe sie weiterziehen durften. Dazu<br />

mussten ein Pallhaus (Warenlager), Kornhaus und Salzstadel errichtet<br />

bzw. erweitert werden. Vor allem aber war <strong>Reutte</strong> jetzt ein wichtiger<br />

Salzumschlagplatz mit verschiedenen Rechten, die in der Folgezeit<br />

von den jeweiligen Landesfürsten immer wieder bestätigt und<br />

erweitert wurden.<br />

In Kriegszeiten hatte <strong>Reutte</strong> infolge seiner Grenznähe und günstigen<br />

Verkehrslage besonders arg durch Heere und andere fremde Eindringlinge<br />

zu leiden. Den Schmalkalden war der Markt 1546 ebenso<br />

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preisgegeben wie 1552 den Haufen des Kurfürsten von Sachsen,<br />

1632 den Schweden, 1703 und oftmals in Koalitionskriegen den<br />

Franzosen, Bayern und ihren Verbündeten. Mehrmals wurde der<br />

Markt geplündert. 1611 und 1635 holte der „Schwarze Tod“ seine<br />

Opfer, Pestkapelle und Pestfriedhof, heute Soldatenfriedhof, in<br />

Pflach und die Rochuskapelle am Weg von <strong>Reutte</strong> nach Breitenwang,<br />

heute zu einer der künstlerisch gehaltvollsten Kriegergedenkstätten<br />

Tirols umgestaltet, erinnern an die Zeiten der furchtbaren Seuche,<br />

gegen die es damals keine Hilfe gab. Feuersbrünste verwüsteten<br />

öfters das Ortsbild.<br />

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts nahte für <strong>Reutte</strong> ein vorläufiges<br />

Ende als Verkehrsort. Der 1780 in Angriff genommene Bau einer<br />

Fahrstraße über Arlberg wies dem Verkehr nach Vorarlberg und in<br />

den Bodenseeraum einen neuen, kürzeren Weg. Als gar die Eisenbahn<br />

(Bau der Arlbergbahn mit dem 10 km langen Tunnel) den<br />

Haupttransport über den Fernpass an sich zog, sank die einst so<br />

bedeutsame Fernverkehrsstraße über den Fernpass in den Rang einer<br />

Lokalverbindung ab. Hand in Hand damit verlor der Marktflecken<br />

an Bedeutung.<br />

<strong>Reutte</strong> ist aber am Rückgang des Verkehrs nicht zerbrochen. Die<br />

rührige Marktgemeinde hatte sich bereits frühzeitig auch anderen<br />

Aufgaben und Erwerbsquellen zugewandt. Schon im 16. Jahrhundert<br />

hatte der Pfleger und Richter von Ehrenberg seinen Amtssitz<br />

nach <strong>Reutte</strong> verlegt. Dadurch wurde <strong>Reutte</strong> noch mehr zum Mittelpunkt<br />

für das Außerfern in politischen und gerichtlichen Belangen.<br />

Die wirtschaftlichen Einbußen durch das Nachlassen des Frachtverkehrs<br />

versuchte <strong>Reutte</strong> auf anderen Gebieten zu ersetzen. Der<br />

reichlich vorkommende Gips wurde schon frühzeitig (16. Jahrhun-<br />

dert) abgebaut und in Mühlen verarbeitet. Er fand guten Absatz in<br />

Bayern. 1767 entstand eine Papierfabrik (1875 stillgelegt), andere<br />

Kleinbetriebe (Fischbeinerzeugung, Gerberei, Lederfabrik, Kammacherei<br />

u. a.) schufen neue Arbeitsplätze. Schließ lich fand die Textilwirtschaft<br />

1825 Eingang, 1845 die Baumwollspinnerei und 1857 die<br />

Baumwollweberei. 1901 bis 1903 entstand das gemeindeeigene<br />

Elektrizitätswerk, damals hart umstritten. Heute stellt es eines der<br />

wichtigsten Wertobjekte der Marktgemeinde dar. 1905 war die Eröffnung<br />

der Bahnlinie Kempten – Pfronten – <strong>Reutte</strong>, 1913 die von<br />

<strong>Reutte</strong> über Garmisch/Partenkirchen nach Innsbruck. 1921 wurde<br />

das heute weltbekannte Metallwerk Plansee gegründet. Siehe dazu<br />

„Breitenwang“, Seite 9.<br />

Nach den Rückschlägen der beiden Weltkriege und der wirtschaftlichen<br />

Schwäche in der Zwischenkriegszeit begann um 1950 für<br />

<strong>Reutte</strong> ein neuer Aufschwung. Die Schwerpunkte bildeten dabei Industrie,<br />

Fremdenverkehr, Handel und Gewerbe. Die Landwirtschaft<br />

sank auf ein Minimum zurück.<br />

Weniger Tatkraft entwickelte <strong>Reutte</strong> im kirchlich-religiösen Bereich.<br />

Während es sich schon vor etlichen Jahrhunderten politisch von<br />

seiner Muttergemeinde Breitenwang loslöste, trennte es sich kirchlich<br />

erst jetzt im 20. Jahrhundert, am 1. Oktober 1945, als eigenes<br />

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