Publikation als PDF herunterladen - Holenstein - Rechtsanwälte
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Alexander M. Glutz<br />
III.3. Anpassung an den OECD-Standard: Transformation der Amtshilfe zur<br />
Rechtshilfe in Strafsachen<br />
Man kann sich fragen, warum die inhaltliche Abgrenzung von Amts- und Rechtshilfe<br />
im Steuerbereich erst jetzt zentral wird. Die kurze Antwort ist: Weil die<br />
Schweiz bis zum Massenverfahren mit dem UBS-Fall in nur sehr wenigen Fällen<br />
«Amtshilfe» zu Strafverfolgungszwecken leistete und die damit verbundene<br />
grund- und menschenrechtliche Problematik schlicht übersehen wurde bzw. sich<br />
keine Gerichtspraxis entwickelte. Ein weiterer Aspekt ist zudem, dass erst aufgrund<br />
der Reorganisation der Bundesrechtspflege – mit dem Ausschluss des Zugangs<br />
zum Bundesgericht bei internationaler Amtshilfe – das Recht der Amtsund<br />
Rechtshilfe nur noch dann höchstrichterlicher Koordination durch das<br />
Bundesgericht zugänglich ist, wenn Amts- und Rechtshilfe – wie hier postuliert<br />
– materiell-rechtlich abgegrenzt wird:<br />
Historisch hat die Schweiz unter den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)<br />
gemäss ihres Vorbehalts zu Art. 26 OECD-Musterabkommen zur Vermeidung<br />
der Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen (OECD-MA) traditionell<br />
nur Amtshilfe zur Durchführung der Doppelbesteuerungsabkommen geleistet<br />
(«kleine Amtshilfeklausel») und ihren Vertragspartnern keine Informationen<br />
zur Durchsetzung deren innerstaatlichen (Straf‐)Rechts zur Verfügung gestellt. 57)<br />
Einzig den USA wurde bereits 1951 mit Art. XVI DBA-USA 51 58) eine Sonderregelung<br />
gewährt, die Informationen auch «for the prevention of tax fraud and<br />
the like» erhältlich machte. 59) Den USA konnten jedoch unter dem DBA-USA 51<br />
nur Auskünfte in Form von Amtsberichten, aber keine in Strafverfahren verwertbaren<br />
Beweise, übermittelt werden. 60) Das Bundesgericht betonte insbesondere,<br />
dass das DBA-USA 51 nicht dazu diene, den Rechtshilfevertrag mit den USA<br />
57)<br />
Behnisch, S. 743, Oesterhelt, S. 421 ff., S. 423, Oberson, l’échange, S. 129, Oberson,<br />
nouvelle politique, S. 95 ff., Hürlimann-Fersch, S. 60 ff.<br />
58)<br />
Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten<br />
von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern<br />
vom Einkommen vom 24. Mai 1951 (DBA-USA 51; AS 1951 892).<br />
59)<br />
Oesterhelt, S. 1<br />
60)<br />
BGE 96 I 737 E. 6, welchen das Bundesgericht in BGE 101 Ib 160 E. 2c folgendermassen<br />
präzisierte: «Wenn im Zusammenhang mit der Umschreibung der ’erhältlichen Auskunft’<br />
dargelegt wurde, welche Ermittlungshandlungen bei Umstellung des Sachverhaltes nach<br />
schweizerischem Recht möglich wären, so wollte das Gericht damit auf keinen Fall zum<br />
Ausdruck bringen, gemäss Art. XVI DBA-US seien der ersuchenden Behörde in Steuerbetrugsfällen<br />
nicht nur Auskünfte zu liefern, sondern im Rahmen des Möglichen auch alle<br />
nach amerikanischem Recht notwendigen Beweise. Streitig war in jenem Fall, ob die vorgesehenen<br />
Auskünfte <strong>als</strong> ‹erhältlich› zu gelten hätten und übergeben werden dürften. Die<br />
in Art. XVI DBA-US statuierte Amtshilfepflicht sollte jedoch nicht beiläufig auf dem Wege<br />
der Interpretation zu einer umfassenden Rechtshilfepflicht erweitert werden. Alle Erwägungen<br />
bezogen sich auf die Zulässigkeit des Amtsberichtes; eine weitergehende Bedeutung<br />
ist ihnen nicht beizumessen» (Hervorhebung zugefügt).<br />
726 ASA 80 · Nr. 11/12 · 2011/2012