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Papst Benedikt XVI. im Heiligen Land Papst Benedikt XVI. im ...

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j erusalem<br />

Diözesan Bulletin des Lateinischen Patriarchates<br />

"Tu es Petrus..." Mt. 16:18<br />

Benedictus PP. <strong>XVI</strong><br />

in Terra Sancta X 8 -15 Maii 2009<br />

Sonderausgabe Jahr 75<br />

<strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

<strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

8.–15. Mai 2009


Inhaltsverzeichnis<br />

Jerusalem<br />

Jahr 75<br />

Sonderausgabe<br />

<strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

<strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

8.–15. Mai 2009<br />

Lateinisches Patriarchat<br />

P.O.Box 14152<br />

91141 Jerusalem<br />

Büro des Patriarchates<br />

für soziale Kommunikation :<br />

Tel : +972-(0)2-628 23 23<br />

+972-(0)2-627 22 80<br />

Fax : +972-(0)2-627 16 52<br />

meo@latinpat.org<br />

Fotos:<br />

Mounir Hodaly<br />

lppress@latinpat.org<br />

www.lpj.org<br />

Vorwort von Seiner Seligkeit Patriarch Fouad Twal 2<br />

___________________________________________________________________________________________<br />

Der Besuch des <strong>Heiligen</strong> Vaters <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

<strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> – ein Überblick 5<br />

• Der <strong>Papst</strong> in Jordanien 5<br />

• Der <strong>Papst</strong> in Israel 30<br />

• Der <strong>Papst</strong> in Jerusalem 36<br />

• Der <strong>Papst</strong> in der Palästinensischen Autonomiebehörde 47<br />

• Der <strong>Papst</strong> in Nazareth 58<br />

• Der letzte Tag in Jerusalem 69<br />

___________________________________________________________________________________________<br />

Ansprachen<br />

• von Patriarch Fouad 77<br />

- an der Universität in Madaba 80<br />

- <strong>im</strong> Internationalen Stadium in Amman 83<br />

- <strong>im</strong> Päpstlichen Institut Notre Dame of Jerusalem Center 86<br />

- in der Konkathedrale von Jerusalem 88<br />

- in Gethsemani 90<br />

- in Bethlehem 93<br />

- be<strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> Grab 96<br />

• von Bischof Sal<strong>im</strong> Sayegh 98<br />

- an der Taufstelle Jesu 98<br />

• von Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo 101<br />

- be<strong>im</strong> Interreligiösen Treffen in Nazareth 101<br />

___________________________________________________________________________________________<br />

Die Botschaft von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> 104<br />

• Der Pilger 105<br />

• Der Hirte 106<br />

• Der Mann des Dialogs 120<br />

• Der Friedensstifter 131<br />

• Die Einheit Gottes, die Einheit der Menschheitsfamilie 145<br />

___________________________________________________________________________________________<br />

Dankbrief von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. 147<br />

Antwort von Patriarch Fouad 148<br />

LATIN PATRIARCHATE PRINTING PRESS<br />

BEIT JALA — 2009<br />

Jersusalem möchte Christo Asfour, Marie-Armelle Beaulieu (C.T.S.), Peter Dammon<br />

(Agentur Focus), Ariel Jerozol<strong>im</strong>ski und Gabriela Mihlig für die Bereitstellung ihrer<br />

Fotos besonderen Dank aussprechen.


“Ich komme<br />

als Pilger and Hirte”


2<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Vorwort<br />

von Seiner Seligkeit Patriarch Fouad Twal<br />

Wer hätte jemals vorhersagen können, daß die Pilgerreise von<br />

Seiner Heiligkeit <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. so gut verlaufen würde<br />

Vom Moment der offiziellen Verlautbarung seines Besuches an wurden in der Tat<br />

viele St<strong>im</strong>men auch von christlicher Seite her laut, welche ihre Zweifel über die Nachricht<br />

von solch einer Reise äußerten. Es muß auch gesagt werden, daß sich - vom menschlichen<br />

Standpunkt aus betrachtet - die politische Situation in Israel und Palästinensischen<br />

Autonomiebehörde stark verschlechterte und der Friedensprozeß als völlig blockiert<br />

erschien. Was die palästinensische Sichtweise betrifft, bringt sie die folgende Frage zum<br />

Ausdruck: Stieg denn nicht noch <strong>im</strong>mer der Rauch von dem israelischen Bombardement<br />

auf Gaza über ihrem Territorium auf War da nicht eine völlig traumatisierte Bevölkerung<br />

zu sehen, welche den blutigen Gazakrieg, der über sie herabregnete, erlitt Von israelischer<br />

Seite aus stellt sich zudem die Frage, ob nicht die vielen kürzlich geschehenen Ereignisse,<br />

und die deutsche Volkszugehörigkeit von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. dazu geführt haben<br />

könnten, daß die Herkunft der Katholischen Kirche, ihre Versöhnung und ihre Solidarität<br />

mit ihren „älteren Brüdern <strong>im</strong> Glauben“ in Zweifel gezogen schien Kurz gesagt, beide<br />

Seiten, Araber wie Israelis, befanden sich in einem Zustand extremer Sensitivität.<br />

Und wir konnten nicht helfen, sondern wir st<strong>im</strong>mten all jenen Menschen zu,<br />

die dachten, der Zeitpunkt wäre ungeeignet und der Besuch des <strong>Heiligen</strong> Vaters würde<br />

scheitern und für ein politisches Ende der einen oder anderen Partei ausgenutzt. An diesem<br />

Punkt angelangt, erwog die Versammlung der Katholischen Ordinarien <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

sogar den Wunsch, die Reise zu verschieben.<br />

Jedoch sind Gottes Wege nicht die des Menschen. Wieder einmal zeigte sich, daß<br />

sich das biblische Wort vom Propheten Jesaja als wahr erwies: „Meine Gedanken sind<br />

nicht eure Gedanken und eure Wege sind nicht meine Wege, Spruch des Herrn.“ (Jes 55,8)<br />

Ja, Gott sei Dank, der Besuch des <strong>Heiligen</strong> Vaters war in der Tat ein Erfolg und ein<br />

Segen!<br />

Alle Teilnehmer haben den Frieden, die Menschlichkeit, die Freundlichkeit, die<br />

Liebe und die Wahrheit, welche in den Worten und Handlungen <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong>s <strong>XVI</strong>.<br />

während seiner Pilgerreise nach Jordanien, Israel und zu den Territorien palästinensischer<br />

Autorität zum Ausdruck kamen, bemerkt.<br />

Der <strong>Papst</strong> kam vor allem als Pilger und deshalb in einer demütigen und betenden<br />

Geisteshaltung, weil er sich selbst „an den <strong>Heiligen</strong> Stätten unserer Erlösung und<br />

Wiedergeburt in Christus“ der Betrachtung übergeben hat (Besuch des <strong>Heiligen</strong> Grabes).


8. – 15. Mai 2009 3<br />

Als Hirte kam er, um seine geliebte Herde <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> zu trösten, zu stärken<br />

und zu ermutigen - und auch, um zu einer allgemeinen Umkehr aufzurufen, damit die<br />

Menschen „Mut haben mögen, die fruchtlosen Wege ihres Denkens, Handelns und<br />

Reagierens zu verlassen“ (Heilige Messe in Bethlehem).<br />

Als Friedensstifter hat <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. aufgezeigt, wie sehr der israelischpalästinensische<br />

Konflikt das Heilige <strong>Land</strong> weiterhin auseinanderreißt. Der Heilige Vater<br />

betonte, daß die Resolution des Konfliktes in der Verantwortung der politischen Führer<br />

und der Internationalen Gemeinschaften liegt. Er rief Führer und Einwohner beider Völker<br />

auf, „eine neue ‚geistliche’ Infrastruktur zu errichten, welche fähig ist, die Energien aller<br />

Männer und Frauen guten Willens <strong>im</strong> Dienst der Erziehung, Entwicklung und Förderung<br />

der gemeinsamen Güter zu stehen, zu galvanisieren.“ (Messe in Bethlehem) Im selben<br />

Atemzug rief er wiederholt seine Zuhörer auf, „in der Menschlichkeit Fortschritte zu<br />

machen“, dem einzigen wahren Fortschritt, der befähigt, eine gerechte Gesellschaft zu<br />

bauen, worin jeder Mensch seinen Platz hat. Schließlich wird der Aufruf, den der <strong>Papst</strong><br />

am 15. Mai machte, unmittelbar bevor er das israelische Territorium verließ, noch ein lang<br />

anhaltendes Echo in unserem Geist und in unseren Herzen haben: „Kein Blutvergießen<br />

mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg mehr! Laßt uns<br />

stattdessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt bleibenden Frieden herrschen,<br />

der auf Gerechtigkeit gründet, laßt echte Versöhnung und Heilung walten. Es möge<br />

allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren und Frieden<br />

und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen. Ebenso möge<br />

anerkannt werden, daß das palästinensische Volk Recht auf eine souveräne, unabhängige<br />

He<strong>im</strong>at, auf ein Leben in Würde, und auf Reisefreiheit hat. Die Zwei-Staaten-Lösung<br />

möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben. Von diesen Ländern her soll sich<br />

der Frieden ausbreiten, sie sollen als ‚Licht für die Völker’ (Jes 42,6) dienen und den vielen<br />

anderen Regionen, die unter Konflikten leiden, Hoffnung bringen.“ (Abschiedszeremonie,<br />

Ansprache von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., Internationaler Flughafen Ben Gurion). Dieser<br />

Aufruf nach Frieden in einem geteilten <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> war ein Leitmotiv, das, obwohl<br />

notwendig, gerade darin beinahe den Höhepunkt erreichte. Jedoch zu glauben, daß das<br />

Heilige <strong>Land</strong> ein Modell des Friedens für die Völker werden möge, ist eine andere Sache:<br />

Es offenbart eine Hoffnung, die <strong>im</strong> Jenseits ihren Ursprung hat.<br />

Als Bischof der Kirche von Rom, „welcher den Vorsitz der Liebe hat“, hob der<br />

<strong>Papst</strong> die reiche Vielfalt und Komplementarität der verschiedenen wunderschönen Riten<br />

innerhalb der Katholischen Kirche hervor. Er sprach auch kraftvolle Worte der Ermutigung<br />

für die Einheit und Gemeinschaft unter den Christen, zögerte nicht, über „die Schande<br />

unserer Spaltungen“ zu reden und hat die Kirchen aufgerufen „gemeinsam Zeugnis für die<br />

Liebe des Vaters zu geben“ (Besuch des Griechisch-Orthodoxen Patriarchates).<br />

Faktum ist, daß <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. vor allem als ein Mensch der Hoffnung kam. Es<br />

gab kaum eine Ansprache, in welcher er nicht die Zuhörer aufrief, sich zu öffnen und die<br />

Tugend der Hoffnung zu nähren, welche eine übernatürliche Gabe Gottes ist. Oh, welch´<br />

ein Segen für dieses <strong>Land</strong>, welches in unseren menschlichen Grenzen unter Verdacht


4<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

steht, die Hoffnung verloren zu haben!<br />

Es ist notwendig, die Worte <strong>Benedikt</strong>s <strong>XVI</strong>., welche er <strong>im</strong> Namen Christi an uns<br />

richtet, zu lesen und nochmals zu lesen und sie zu meditieren und sich dann zu bemühen,<br />

diese in die Praxis umzusetzen. Das ist nun die Herausforderung, die vor uns steht.<br />

Für uns, die Kirche des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, ist es eine einzigartige Möglichkeit, unsere<br />

Identität, unsere Berufung und unsere Mission auf dieser Welt zu vertiefen. Unser Herz<br />

kann erwärmt, erneuert und gestärkt daraus hervorgehen, um nicht länger vom Mitleid<br />

politischer Illusionen, der verführerischen St<strong>im</strong>me der Medien, oder unseren eigenen<br />

Ängsten verwirrt zu werden.<br />

Jerusalem als die spezielle Kernfrage, wurde aus folgendem Grund zur Sprache<br />

gebracht: Eine Auswahl und Zusammenstellung diesbezüglicher <strong>Papst</strong>reden möchten wir<br />

- dem Thema entsprechend - unseren Freunden und Lesern als Idee von der Reichhaltigkeit<br />

der Botschaft <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong>s <strong>XVI</strong>. geben und in ihnen den Wunsch wecken, diese in<br />

die Lebenspraxis umzusetzen - entweder <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>, oder anderswo. Im selben<br />

Geist werden wir in Kürze eine Sammlung von <strong>Papst</strong>reden in verschiedenen Sprachen<br />

veröffentlichen und in unseren Pfarreien verteilen.<br />

Möge Gott gewähren, daß uns die kürzlich stattgefundene Pilgerreise von <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. einen Neubeginn <strong>im</strong> Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe für das<br />

Wohl des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es und für das Heil der Welt gibt!<br />

+ Fouad Twal<br />

Lateinischer Patriarch von Jerusalem


8. – 15. Mai 2009 5<br />

Der Besuch<br />

des <strong>Heiligen</strong> Vaters <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

<strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> – ein Überblick<br />

Der <strong>Papst</strong> in Jordanien<br />

Freitag 08. Mai 2009 startete um 09.30h das Flugzeug vom Flughafen Fiumicino und<br />

brachte <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. in das Heilige <strong>Land</strong>. Wie seine Vorgänger Paul VI. <strong>im</strong> Jahr<br />

1964 und Johannes Paul II. <strong>im</strong> Jahr 2000, begann auch <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. seine Pilgerreise<br />

in das Heilige <strong>Land</strong> in Jordanien, einem <strong>Land</strong>, das reich an Ereignissen der biblischen<br />

Frohbotschaft ist. Für das Patriarchat von Jerusalem ist Jordanien von wesentlicher Bedeutung:<br />

Die Diözese des Lateinischen Patriarchates umfaßt 130.000 Gläubige, wovon<br />

mehr als die Hälfte (etwa 70.000) Jordanier sind. Aus ihnen geht auch die Mehrheit<br />

der priesterlichen Berufungen hervor. Insgesamt umfassen die verschiedenen christlichen<br />

Kirchen Jordaniens ungefähr 220.000 Personen, was beinahe schon die Hälfte der<br />

Christen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> ausmacht.<br />

Der Heilige Vater gab in der traditionellen Pressekonferenz <strong>im</strong> Flugzeug die<br />

drei Schlüsselthemen seiner Pilgerreise bekannt: Friede, interreligiöser Dialog und die<br />

Christen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>. Der <strong>Papst</strong> sagte, daß die Kirche, als „geistliche Kraft“ hel-


6<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

fen könnte, den Frieden durch das Gebet, die Gewissensbildung und den Appell an die<br />

Vernunft aufzubauen. Im Hinblick auf den religiösen Dialog mit Juden und Musl<strong>im</strong>en<br />

betonte er nicht nur die Notwendigkeit, mit dem „bilateralen Dialog“ voranzuschreiten,<br />

wo die Kirche mit den Juden auf der einen Seite, und mit den Musl<strong>im</strong>en auf der anderen<br />

Seite spricht – dasselbe gelte auch für den „trilateralem Dialog“ als gemeinsames<br />

Gespräch mit Christen, Juden und Musl<strong>im</strong>en. Zuletzt hat er auch die Frage nach den<br />

Christen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> und ihre ernsten Probleme <strong>im</strong> Hinblick auf die Auswanderung<br />

angesprochen. <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. sagte, er wollte die Christen an diesem Ort ermutigen,<br />

ihre schwierige, jedoch außerordentlich wichtige Berufung zu akzeptieren: „So<br />

hoffe ich, daß die Christen wirklich den Mut, die Demut und die Geduld finden können,<br />

in diesen Ländern zu bleiben und ihren Beitrag zur Zukunft dieser Länder zu leisten.“<br />

Gegen 14.30h landete das Flugzeug des <strong>Papst</strong>es auf der <strong>Land</strong>ebahn des Queen<br />

Alia International Airport in Amman. König Abdullah II. und Königin Rania von Jordanien<br />

bereiteten einen sehr herzlichen Empfang, indem sie den <strong>Heiligen</strong> Vater – gänzlich<br />

gegen die protokollarischen Best<strong>im</strong>mungen - bereits an den Stufen der Gangway<br />

begrüßten. Die Grundlage für<br />

einen dreitägigen Besuch, die<br />

von einem Kl<strong>im</strong>a der Freundlichkeit,<br />

des Respekts, des Dialoges<br />

und des Friedens geprägt<br />

wurden, war somit gegeben.<br />

Ein angesehenes Empfangskomitee<br />

erwartete <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.: Mitglieder der<br />

königlichen Familie, die offiziellen<br />

Regierungsvertreter, das<br />

hohe Militär Jordaniens, Religionsführer,<br />

Christen und Musl<strong>im</strong>e.<br />

Unter den Autoritäten der<br />

christlichen Kirchen befanden<br />

sich vorrangig Seine Seligkeit<br />

Fouad Twal, der Lateinische<br />

Patriarch von Jerusalem. Er<br />

hieß den <strong>Heiligen</strong> Vater <strong>im</strong><br />

Namen der Versammlung der<br />

Katholischen Ordinarien des<br />

<strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es („The Assembly<br />

of the Catholic Ordinaries<br />

of the Holy <strong>Land</strong>“, <strong>im</strong> folgenden<br />

kurz „ACOHL“genannt),<br />

denen er als Patriarch vorsteht,


8. – 15. Mai 2009 7<br />

willkommen. Es ist bedeutend<br />

zu erwähnen, daß der<br />

Heilige Vater zu allererst auf<br />

die Einladung von den Katholischen<br />

Ordinarien geantwortet<br />

hatte, und sich dazu<br />

entschlossen hatte, diese Pilgerreise<br />

anzutreten, obgleich<br />

auch die Regierungen Jordaniens,<br />

Israels und Palästinas<br />

den <strong>Papst</strong> offiziell eingeladen<br />

hatten.<br />

Als Antwort auf die<br />

sehr herzliche Begrüßungsrede<br />

Seiner Majestät König<br />

Abdullahs II. drückte der Heilige Vater seine Freude über „seine erste Reise in den<br />

Mittleren Osten seit seiner Erwählung zum <strong>Papst</strong>“ aus und bot dem Haschemitischen<br />

Souverän zu seinem 10. Jahrestag seiner Thronbesteigung seine Glückwünsche dar.<br />

Unverzüglich nach der Begrüßungszeremonie am Flughafen besuchte <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. das Our Lady of Peace Center (auch Regina Pacis Center genannt),<br />

welches sich 12 km von Amman entfernt in Um al-Kundum befindet. Es wurde in den<br />

Jahren 2001 – 2004 unter der Führung von Bischof Sal<strong>im</strong> Sayegh, dem Lateinischen<br />

Patriarchalvikar von Jordanien, errichtet. Das Hauptanliegen dieses Zentrums ist es,<br />

Menschen mit Behinderungen zu empfangen, zu versorgen und zu rehabilitieren. So<br />

wird ihnen geholfen, Anerkennung und soziale Integration zu erlangen, während die<br />

jordanische Gesellschaft dahingehend ausgebildet wird, ein größeres Bewußtsein<br />

sowie Respekt für deren Würde und Rechte zu bekommen. Ein Team aus Christen<br />

und Musl<strong>im</strong>en, bestehend aus vielen jungen Menschen, arbeitet mit Personen,<br />

die an Behinderungen leiden, um <strong>im</strong> Dienst an den Schwächsten ein Modell der<br />

Zusammengehörigkeit und eine Zusammenarbeit für Menschen verschiedener<br />

Glaubenszugehörigkeit zu bieten. Das Zentrum beherbergt kostenlos jene Personen, die<br />

in Not sind – unabhängig von ihrer religiösen oder politischen Zugehörigkeit und ihres<br />

sozialen Status. Dieses Zentrum steht jungen Christen sowohl für stille Einkehrtage, als<br />

auch für Bildung und Aktivitäten zur Verfügung. Gegenwärtig wird ein<br />

neuer Gebäudetrakt erbaut, welcher dazu dienen soll, eine größere<br />

Zahl von Menschen in Not aufzunehmen. Von<br />

jenseits des Jordans fanden sich<br />

junge Menschen mit


8<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Vatikan- und Jordanienflaggen ein, welche auch Spruchbänder mit Aufschriften in<br />

verschiedenen Sprachen in den Händen hielten. Der Refrain „Benedetto, Benedetto“,<br />

welcher von Rev. Bashir Bader komponiert wurde, war wiederholt in der gesamten<br />

Pilgermenge zu hören gewesen. In dieser jubelnden und feierlichen Atmosphäre wurde<br />

der Heilige Vater willkommen geheißen.<br />

Nachdem er die Versammlung begrüßt hatte, betrat <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. die Kirche<br />

des Guten Hirten, dem Herzen des Our Lady of Peace Centers, wo Mitglieder des<br />

Personals, zivile und religiöse Persönlichkeiten und Wohltäter warteten. In seiner Ansprache<br />

an den <strong>Heiligen</strong> Vater, erwähnte Patriarch Twal die Person des Guten Hirten,<br />

die in der Perikope von Ezechiel zu finden ist: „Die verloren gegangenen Tiere will<br />

ich suchen, die vertriebenen zurückbringen, die verletzten verbinden, die schwachen


8. – 15. Mai 2009 9<br />

kräftigen, die fetten und starken<br />

behüten. Ich will ihr Hirt sein und<br />

für sie sorgen, wie es recht ist.“ (Ez<br />

34,16). Er lud den <strong>Papst</strong> auch ein,<br />

sich darüber zu freuen, daß durch<br />

diese Arbeit „viele Menschen die<br />

Güte Gottes und des Guten Hirten,<br />

der uns führt, erfahren haben. Viele<br />

Menschen haben entdeckt, daß<br />

es möglich ist, <strong>im</strong> Vertrauen darauf<br />

zu arbeiten, eine Gesellschaft<br />

aufzubauen, die die Würde jedes<br />

Menschen ‒ beginnend mit den<br />

Schwächsten und den Verletzlichsten<br />

‒ achtet.“<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. dankte in seiner Rede dem Lateinischen Patriarchat, und<br />

insbesondere Bischof Sayegh, dem Gründer und Direktor des Zentrums, zusammen mit<br />

Patriarch Emeritus Michel Sabbah, der das Projekt von einem materiellen Standpunkt<br />

aus unterstützte. Das Our Lady of Peace Center hat viel Nutzen aus der Großzügigkeit<br />

der vielen Spender, insbesondere der Spanischen Stiftung Promoción Social de la Cultura,<br />

gezogen, welche von Fräulein Pilar Lara Alan, Präsidentin, und Frau Macarena<br />

Cotelo, Projektdirektorin, repräsentiert wurden. Der <strong>Papst</strong> lobte sowohl die Mitglieder<br />

des Personals <strong>im</strong> Zentrum, als auch die behinderten Personen. In seiner kurzen Ansprache,<br />

die eine Meditation über den Sinn des menschlichen Leidens, das manchmal<br />

schwer zu verstehen ist, beinhaltete, sagte er, daß, wenn es akzeptiert und begleitet<br />

wird, „uns helfen kann, Dinge zum Besseren zu verändern. Durch unsere eigenen Prü-


10<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

fungen und an der Seite anderer Menschen in ihren Schwierigkeiten sehen wir das<br />

Wesen unseres Menschseins. Wir werden, sozusagen, menschlicher.“<br />

Be<strong>im</strong> Verlassen des Our Lady of Peace Center stattete <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> dem Königlichen<br />

Palast in Amman-Husseiniyye einen Höflichkeitsbesuch bei seiner Majestät<br />

dem König und der Königin von Jordanien, sowie deren Familie ab.<br />

Am folgenden Tag, dem Samstag, 9. Mai, nach der Feier der <strong>Heiligen</strong> Messe in der<br />

Kapelle der Apostolischen Nuntiatur in Amman, besuchte der <strong>Papst</strong> die Basilica of the<br />

Memorial of Moses on Mount Nebo. Wie schon sein Vorgänger, <strong>Papst</strong> Johannes Paul II.,<br />

betrachtete er die Steppen von Moab, dem Toten Meer, dem Jordantal und dem dahinter<br />

liegenden <strong>Land</strong> von Judäa.<br />

Pater José Rodriguez Carballo OFM, Generalminister des Franziskanerordens,<br />

überbrachte eine Willkommensbotschaft, in welcher er den <strong>Papst</strong> mit Mose verglich,<br />

der auch ein Hirte und Pilger war. Er führte, nährte und unterrichtete das Volk Gottes<br />

während vierzig Jahren in der Wüste und betrachtete vom Gipfel des Berges Nebo aus<br />

das Gelobte <strong>Land</strong>: „Heiliger Vater, Sie wollten hier ein Pilger sein, um uns zu erinnern,<br />

Photo : L'Osservatore Romano


8. – 15. Mai 2009 11<br />

daß das die Kondition des Volkes Gottes ist. Während dieser Reise sind Sie nicht allein.<br />

Wir möchten Sie begleiten, besser Ihnen nachfolgen, wie einst das Volk Israel Mose<br />

gefolgt war und von ihm geführt wurde. Wir, unsererseits, fühlen uns auch in einem<br />

Wüstenland und bedürfen auch eines Hirten, der uns zum Herrn führen und der uns<br />

jetzt helfen möge, Ihn <strong>im</strong>mer mehr als den kennen zu lernen, der der vorhergesagte<br />

und barmherzige Vater ist, der sich offenbart hat in unserem Herrn Jesus Christus.“<br />

Pater Jose erwähnte seinen Mitbruder, Frater Michele Piccirillo OFM, Archäologe und<br />

berühmter Liebhaber von Jordanien, der sehr viele verborgene Schätze ans Tageslicht<br />

gebracht hat, am 26. Oktober 2008 verstarb und auf der Berghöhe des Berges Nebo begraben<br />

ist, den er so sehr liebte. In seiner Rede hat ihn <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> lobend erwähnt.<br />

Später am Vormittag auf seinem Weg zum Platz, wo die Madaba Universität bald eröffnet<br />

werden wird, und wo er deren Grundstein segnete, durchquerte der Heilige Vater<br />

– zu diesem Anlaß feierlich bekleidet - das christliche Stadtviertel. An der Seite, wo<br />

die Universität errichtet wird, wurde ein Zeremonienzelt aufgebaut, um den <strong>Heiligen</strong><br />

Vater und alle Gäste, inklusive Seine Königliche Hoheit Prinz Ghazi ibn Mohammed<br />

ibn Talal, viele zivile und religiöse Persönlichkeiten, der Präsident und die Verwaltungsbehörde<br />

der Universität als auch Wohltäter und Freunde zu begrüßen. Am Eingang<br />

des Zeltes wurde <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. von Patriarch Fouad Twal, Patriarch Emeritus<br />

Michel Sabbah, Bischof Sal<strong>im</strong> Sayegh, Bischof<br />

Giacinto-Boulos Marcuzzo, Bischof<br />

Kamal Bathish als auch vom Erziehungsminister,<br />

dem Bürgermeister von Madaba,<br />

dem Major von Madaba und dem Rektor<br />

der Universität willkommen geheißen.<br />

Seine Seligkeit Patriarch Fouad Twal<br />

begann seine Ansprache, indem er wiederholt<br />

auf dieses schöne und anspruchsvolle<br />

Projekt verwies, das Dank der besonderen<br />

Unterstützung des <strong>Heiligen</strong> Vaters <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. möglich geworden war, da


12<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

er es persönlich in seinem Herzen getragen hatte. Er dankte auch Seiner Majestät dem<br />

König Abdullah II., der von Seiner Königlichen Hoheit Prinz Ghazi vertreten war, und<br />

seiner Regierung für ihre Unterstützung und Förderung. Seine Seligkeit brachte auch<br />

die Geschichte der lateinischen Schulen in Erinnerung, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

in Dörfern zu einer Zeit gegründet wurden, in der Bildung auf die Randzonen<br />

der wohlhabenden Stadtbevölkerung begrenzt war. Heute, Dank der felsenfesten<br />

Unterstützung des <strong>Heiligen</strong> Stuhles und des Ordens des <strong>Heiligen</strong> Grabes, besitzt und<br />

leitet das Lateinische Patriarchat von Jerusalem 45 Schulen in Jordanien, Palästinensischen<br />

Autonomiebehörde und Israel. Zählt man die anderen katholischen Schulen<br />

dazu, kommt man auf ein Netzwerk von 116 Einrichtungen, die für zehntausende Studenten<br />

von allen sozialen Schichten und ohne Diskr<strong>im</strong>inierung Bildung zur Verfügung<br />

stellen. In Bezug auf die Mission der Universität von Madaba sagte Patriarch Twal:<br />

„Wohin <strong>im</strong>mer die Kirche gegangen ist, so war doch stets die Leidenschaft für den<br />

Menschen ihr zentrales und fundamentales Anliegen. Mit großer Erwartung wagen wir<br />

dieses neue Projekt in der Hoffnung, daß viele unserer jungen Menschen die Möglichkeit<br />

haben werden, das Wagnis ihrer menschlichen Existenz - ausgestattet mit der<br />

bestmöglichen Ausbildung – in einem gesunden Milieu zu leben.“<br />

In seiner Rede würdigte der Heilige Vater die Königliche Familie – in besonderer<br />

Weise Königin Rania – und die Regierung für ihre Sorge daran, den Unterricht<br />

und die Bildung in Jordanien zu entwickeln und zu verbessern. Danach richtete er<br />

seine Überlegungen an die engen Beziehungen zwischen dem Streben nach Wahrheit<br />

und moralischer Rechtschaffenheit, um dem Gemeinwohl zu dienen. Am Ende seiner<br />

Rede enthüllte er den Gründungsstein der zukünftigen Universität und segnete ihn.


8. – 15. Mai 2009 13<br />

Der Stein trägt die folgende Inschrift: „Im Königreich Seiner Majestät König Abdullah<br />

II Ibn Al Hussein, Seine Heiligkeit <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. segnete und legte den<br />

Gründungsstein der Universität von Madaba, 9. Mai 2009, während seiner Pilgerreise<br />

in das Heilige <strong>Land</strong>.“


14<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Die Universität von Madaba<br />

Die neue Universität von Madaba ist das neueste und modernste Zentrum wissenschaftlicher<br />

Innovation und akademischer Arbeit in dieser Region. Es bringt<br />

den Menschen in dieser Region gedeihende und zukunftsfähige Wurzeln und<br />

wird auf dem Prinzip einer friedlichen Koexistenz zwischen Völkern grundgelegt<br />

sein. Dieses Institut höherer Bildung wird von der englischen Sprache<br />

als Unterrichtssprache Gebrauch machen. Es wird eine hochwertige qualitative<br />

Ausbildung auf Grundlage von Toleranz und gegenseitigem Respekt bieten,<br />

Zusammenhalt und moralischer Rechtschaffenheit. Das <strong>Land</strong> von Jordanien<br />

wurde als Platz für diese Universität wegen seiner politischen, ökonomischen<br />

Stabilität gewählt, die es ermöglicht, Studenten aller Teile des Haschemitischen<br />

Königreiches und anderen arabischen Ländern anzuziehen. Nichtsdestoweniger<br />

ist die Universität vorrangig für die Menschen in dieser Region von Madaba<br />

best<strong>im</strong>mt.<br />

Die Universität wird 34 Studienfächer abdecken, welche in 7 Colleges<br />

unterteilt sind: Wirtschaft und Finanz (6 Abteilungen), Ingenieurwesen (4 Abteilungen),<br />

Wissenschaft und Gesundheitsberufe (8 Abteilungen), Informationstechnologie<br />

(3 Abteilungen), Wissenschaft (4 Abteilungen), Sprachen und<br />

Kommunikation (4 Abteilungen), Kunst und Design (5 Abteilungen).<br />

Die Universität möchte jedem Mitglied der geplanten 8.000 Studierenden<br />

dienen. Deshalb wird nur eine beschränkte Anzahl in jeder Abteilung akzeptiert.<br />

Das Universitätspersonal wird aus nahezu 500 Akademikern und 350<br />

Technikern, Verwaltungspersonal und Assistenten bestehen. Die Gesamtfläche<br />

des Campus wird auf etwa 500.000 Quadratmeter geschätzt.<br />

Was die Infrastruktur der Universität betrifft, werden Indoor- und Outdoor-Sporteinrichtungen<br />

errichtet. Ein Fußgängerweg wird die verschiedenen<br />

Teile des Campus miteinander verbinden. Eine l<strong>im</strong>itierte Fahrmöglichkeit für<br />

Studenten mit Behinderungen wird auch gegeben sein.<br />

Ein grünes Gebäude, das mit regenerativer Energie erhalten wird, wird<br />

auf dem Campus errichtet. Es wird Wasser wiederaufbereiten und geothermale<br />

Quellen zum Betreiben verwenden. Dieses wird <strong>im</strong> Mittleren Osten das erste<br />

Bauwerk von dieser Art sein.


8. – 15. Mai 2009 15<br />

Der <strong>Papst</strong> folgte an diesem Tag dem sehr dichten Programm und ging weiter zur Al-<br />

Hussein Bin Tala Moschee in Amman. Während seines Aufenthaltes in Jordanien,<br />

wollte <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. die Wichtigkeit des Katholisch-Musl<strong>im</strong>ischen Dialoges<br />

betonen. An der Moschee wurde der <strong>Papst</strong> von Seiner Königlichen Hoheit Prinz Ghazi<br />

Bin Muhammad Bin Talal, dem Cousin und Repräsentanten des Königs Abullah, der<br />

weltweit für seinen affirmativen und erleuchteten Einfluß <strong>im</strong> interreligiösen Dialog anerkannt<br />

ist, empfangen und geleitet. Es war dies der zweite offizielle Besuch als <strong>Papst</strong><br />

in einer Moschee nach dem Besuch in der Blauen Moschee in Istanbul <strong>im</strong> Jahre 2006.<br />

Sie teilten in der Moschee „einen Moment der Meditation“, und gingen danach zum<br />

Austausch der Ansprachen in den Hof hinaus.<br />

Im Königlichen Hof der Moschee waren auch die musl<strong>im</strong>ischen Religionsführer<br />

präsent, sowie Mitglieder des Diplomatischen Corps und die Rektoren der Universitäten<br />

Jordaniens. Prinz Ghazi sprach zuerst, um den <strong>Heiligen</strong> Vater kraft seiner vier Titel<br />

willkommen zu heißen: „Als Musl<strong>im</strong>e, als Haschemit und Nachkomme des Propheten<br />

Mohammed und als Araber und Nachkomme des Ismael und schließlich als Jordanier.“<br />

Er gab einen Rückblick über die lange Entwicklung und die gegenwärtigen Fortschritte<br />

<strong>im</strong> islamisch-katholischen Dialog unter Bezug auf die zwei grundlegenden Schritte in<br />

der Linie, die <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. in seiner Ansprache <strong>im</strong> Jahr 2006 in Regensburg<br />

vorgegeben hatte: Den offenen Brief „A common Word between Us“ - adressiert an<br />

den <strong>Papst</strong> und die Hierarchen der anderen christlichen Konfessionen, datiert vom 13.<br />

Oktober 2007 und herausgegeben von 138 Musl<strong>im</strong>schülern – inklusive Prinz Ghazi<br />

selbst, der einer der Hauptautoren dieses Briefes ist, und das erste Seminar des International<br />

Katholisch-Musl<strong>im</strong>ischen Forums, welches vom 4. – 6. November 2008 mit


16<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. stattfand, deren Schlußzeremonien er selbst <strong>im</strong> Vatikan vorgestanden<br />

hatte. Der Prinz würdigte auch das frühere Vermächtnis, die Loyalität und die<br />

vielen Beiträge der christlichen Gemeinschaft <strong>im</strong> Leben und in der Geschichte Jordaniens.<br />

Er hieß <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. willkommen, in welchem er „ein geistliches Oberhaupt<br />

von 1.1 Milliarden Katholiken sieht, die an vielen Orten Seite an Seite mit Musl<strong>im</strong>en<br />

leben“, einen <strong>Papst</strong>, „der den interreligiösen Dialog und den intra-religiösen Dialog<br />

zu einer Priorität in seinem Pontifikat gemacht hat“, um guten Willen und Verständnis<br />

unter allen Menschen auf der Erde zu verbreiten. Er nannte <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. „ein<br />

Staatshaupt, das mutige Worte zu globalen Themen anbietet, und schließlich einen Pilger<br />

des Friedens, „der gekommen ist, mit Demut und Güte zu beten, wo Jesus Christus<br />

der Messias – Friede sei über ihm! – getauft wurde und vor 2000 Jahren seine Mission<br />

begann.“<br />

In seiner Antwort<br />

dankte <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong><br />

Prinz Ghazi und brachte<br />

auch seine Zufriedenheit<br />

über den bereits<br />

guten Verlauf zum<br />

besseren gegenseitigen<br />

Verständnis zwischen<br />

Katholiken und Musl<strong>im</strong>en<br />

zum Ausdruck. Er


8. – 15. Mai 2009 17<br />

widmete den Großteil seiner Rede dem Thema des Dialoges und der Zusammenarbeit<br />

zwischen Christen und Musl<strong>im</strong>en, indem er aus dem Brief der 138 Offiziellen zitierte,<br />

jedoch auch aus älteren Dokumenten zitierte, wie unter anderem aus der Amman Message<br />

von 2004 und der Amman Interfaith Message von 2005. Schließlich anerkannte<br />

der <strong>Papst</strong> die Arbeit, die vom Königlichen Institut für Interreligiöse Studien und Islamischen<br />

Glauben geleistet<br />

wurde. „Solche Initiativen“,<br />

sagte er, „führen klar zu einem<br />

besseren Verständnis und<br />

sie fördern einen wachsenden<br />

Respekt für das, was beide<br />

gemeinsam haben und für<br />

das, was wir unterschiedlich<br />

verstehen. Demnach sollten<br />

Christen und Musl<strong>im</strong>e helfen,<br />

tiefer die wesentliche Beziehung<br />

zwischen Gott und der<br />

Welt zu erkunden, sodaß wir<br />

danach streben können sicherzustellen,<br />

daß die Gesellschaft<br />

in Harmonie mit der göttlichen<br />

Ordnung aufgebaut wird.“


18<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Am späteren Nachmittag besuchte <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. die Melkitische Kathedrale von St.<br />

Georg in Amman, um mit einer großen Anzahl von Priestern, Seminaristen und katholischen<br />

Laien der verschiedenen Riten die Vesper zu beten. Seine Seligkeit Gregorios<br />

III. Laham, Griechisch Katholischer Patriarch von Antiochien und Seine Exzellenz Yaser<br />

Ayyash, Melkitischer Erzbischof von Amman, richteten eine Grußbotschaft an den<br />

<strong>Papst</strong>. Letzterer antwortete, indem er unter anderem seine Bewunderung über „den<br />

Schatz der alten und lebendigen Traditionen der Kirchen des Ostens, ein Schatz, der die<br />

Universalkirche bereichert“ zum Ausdruck brachte. Während der Feier gab der <strong>Papst</strong><br />

einige Gesten der Byzantinischen Liturgie, sowie die feierliche Segnung mit den beiden<br />

dreispitzigen Kerzen.


8. – 15. Mai 2009 19<br />

Der Sonntag, 10. Mai, war von zwei großen Ereignissen gekennzeichnet: Der Messe<br />

am Morgen <strong>im</strong> Internationalen Stadion in Amman, und am Nachmittag der Grundsteinsegnung<br />

für die Griechisch-Katholische Kirche in Bethanien jenseits des Jordan.<br />

Eine jubelnde Menge von Christen versammelte sich unter der Sonne, um die<br />

Heilige Eucharistie <strong>im</strong> Hussein Stadion in Amman mit dem Nachfolger Petri zu feiern.<br />

Diese <strong>Papst</strong>messe fand an jenem Sonntag statt, an dem das Lateinische Patriarchat<br />

von Jerusalem den Weltgebetstag für Berufungen feierte. Die Autoritäten Jordaniens<br />

berichteten von einer Besuchermenge von etwa 50.000 Menschen. Viele Musl<strong>im</strong>e wurden<br />

eingeladen. Auf nahezu jedem Kopf war eine weiß-gelbe Kappe zu sehen, auf<br />

der das Vatikanemblem und die jordanische Flagge aufgedruckt waren. Es gab überall<br />

Flaggen, W<strong>im</strong>peln und Transparente zu sehen. Hier ein großes Foto vom Händedruck<br />

zwischen <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> und<br />

König Abdullah, dort ein<br />

Transparent von der jordanischen<br />

Caritas, geschmückt<br />

mit dem Initialwort POPE,<br />

welches <strong>im</strong> Englischen für<br />

„People Of Peace Excited<br />

to meet you“ (in der Übers.:<br />

„Menschen des Friedens,<br />

die begeistert sind, Sie zu<br />

treffen“) stand, da eine pa-


20<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

lästinensische Fahne, und dort eine irakische Fahne,<br />

hier eine Flagge vom Libanon mit der Inschrift:<br />

„Lebanon loves you!“ Eintausendzweihundert Kinder<br />

waren <strong>im</strong> Morgengrauen gekommen und ließen<br />

ihre weißen Fahnen wehen: Sie empfingen während<br />

der heiligen Messe ihre erste Heilige Kommunion,<br />

einige von ihnen [sogar] aus der Hand des <strong>Papst</strong>es<br />

selbst. Oberhalb der großen Altarplattform, wo der<br />

Thron und die Stühle der vielen Patriarchen und gegenwärtigen<br />

Bischöfen platziert waren, war eine große<br />

Tafel angebracht, worauf eine Reproduktion aus<br />

dem 6. Jahrhundert des berühmten Mosaikplanes von<br />

Jerusalem und des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, die in Madaba<br />

aufbewahrt ist, zu sehen war. Es waren drei große Reproduktionen von Fresken von<br />

der Kirche zum Guten Hirten be<strong>im</strong> Our Lady of Peace Center zu sehen: In der Mitte<br />

steht Christus am Jordanfluß, abgebildet als der gute Hirte, der das verlorene Schaf auf<br />

seinen Schultern trägt. Auf der rechten Seite ist das Bild der Jungfrau Maria, die das<br />

Jesuskind in den Armen hält, zu sehen und schließlich auf der linken Seite steht Johannes<br />

der Täufer, der Patron Jordaniens. Unter den Gästen waren auch Seine Königliche<br />

Hoheit Prinz Ghazi Bin Mohammad zugegen, der König Abdullah repräsentierte.<br />

Als das Papamobil in das Stadion einfuhr, sang die Menge: „<strong>Benedikt</strong>, willkommen<br />

in Jordanien!“ Der <strong>Papst</strong> pries die Versammlung und die Menge applaudierte<br />

mit Enthusiasmus. Die Patriarchen und Bischöfe stiegen die Plattform hinauf, um zu<br />

konzelebrieren. Den meisten war der katholische Ritus bekannt, aber die meisten Priester<br />

trugen ihre traditionellen liturgischen Gewänder. Verschiedene Repräsentanten der<br />

orthodoxen Kirchen waren ebenso zugegen. Ala’Musharbash and Issa Hijazin, jüngst<br />

geweihte Diakone des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem, und Wajdi Salameh,<br />

der Diakon des Institutes Verbum Incarnatum, hatten die Ehre und das Vergnügen, dem


8. – 15. Mai 2009 21<br />

<strong>Papst</strong> am Altar zu dienen. Es war Ala’, der das Evangelium<br />

vom „Guten Hirten“ verkündete.<br />

In seiner Rede an den <strong>Heiligen</strong> Vater gab Patriarch<br />

Fouad Twal drei Beispiele, um den Reichtum und<br />

die Vitalität der Lateinischen Kirche von Jerusalem zu<br />

zeigen, und nannte Jordanien „die Lungen der Diözese“:<br />

Das Seminar in Beit Jala wurde zu klein, um<br />

alle Priesteramtskandidaten unterzubringen und die<br />

Kongregation der Rosenkranzschwestern – die einzig<br />

ursprüngliche arabische Kongregation – wartet in den<br />

kommenden Wochen auf die Verlautbarung von <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., die Seligsprechung ihrer Gründerin,<br />

Mutter Marie-Alphonsine Ghattas zu proklamieren.<br />

Ein weiteres schönes Beispiel sind die beiden Bischöfe,<br />

die vom Lateinischen Patriarchat an die Kirche Nordafrikas in den letzten fünf Jahren<br />

gegeben wurden, nämlich: Seine Exzellenz Maroun Lahham, Erzbischof von Tunis seit<br />

2005, und Seine Exzellenz Ghaleb Bader, Erzbischof von Algier seit 2008.<br />

In seiner Homilie bat der <strong>Papst</strong> die Christen in Jordanien inständig, ihr Vertrauen<br />

auf Christus, den guten Hirten, zu setzen und ihrer Berufung inmitten der Schwierigkeiten<br />

treu zu bleiben. Er betonte die Wichtigkeit der Familien als „Mysterium der<br />

Liebe, die Leben gibt“. Er würdigte auch die Frauen, „Trägerinnen der Liebe, Lehrmeisterinnen<br />

der Barmherzigkeit und Friedensstifterinnen“ zu sein.<br />

Nach der Liturgie traf der <strong>Papst</strong> mit einigen Repräsentanten von der irakischen<br />

Flüchtlingsgemeinschaft in Jordanien zusammen. 1 Million Iraker, davon etwa 40.000<br />

Christen, welche in diesem <strong>Land</strong> Zuflucht gesucht haben. Die Nacht zuvor, während<br />

seiner Rede an Al-Hussein Bin Talal, hat <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. Seine Seligkeit Emmanuel III.<br />

Delly, Patriarch von Baghdad, willkommen geheißen und ihm und den Christen <strong>im</strong> Irak<br />

seine Gebete und die Solidarität der ganzen Kirche versichert.


22<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>


8. – 15. Mai 2009 23


24<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Nach der <strong>Papst</strong>messe wurde <strong>Benedikt</strong><br />

<strong>XVI</strong>. mit dem päpstlichen Gefolge, den<br />

Patriarchen und Bischöfen vom Lateinischen<br />

Vikariat in Amman zum Mittagessen<br />

empfangen. Danach übergab der<br />

Vikar dem <strong>Heiligen</strong> Vater ein Perlmutt-<br />

Faks<strong>im</strong>ile von der zukünftigen Kirche<br />

der Taufe Jesu Christi. Im Anschluß daran<br />

hatten zahlreiche Priester die Möglichkeit<br />

und die Freude, den <strong>Papst</strong> zu<br />

begrüßen.


8. – 15. Mai 2009 25<br />

Am späteren Nachmittag besuchte der <strong>Papst</strong> die Taufstelle Jesu in Maghtas (Bethanien<br />

jenseits des Jordan), um die Grundsteine für die Lateinische und Griechisch-Katholische<br />

Kirche zu segnen, die auf jenem <strong>Land</strong> erbaut werden, das von der Kommission<br />

der Taufstelle, welcher Prinz Ghazi vorsteht, gegeben wurde. Außerprotokollarisch<br />

war die Entscheidung von König Abdullah und der Königin, den <strong>Papst</strong> zu der Zeremonie<br />

zu begleiten. Sie fuhren in einem elektrischen Wagen vom Parkplatz bis zur<br />

Taufstelle mit ihm mit. Der <strong>Papst</strong> und das königliche Paar enthüllten gemeinsam die<br />

Plaques für die beiden zukünftigen Kirchen, die beide vom selben Modell genommen<br />

sind. Die eine wird als die Lateinische Kirche von der Taufe Jesu Christi, und<br />

die andere als die Griechisch-Katholische Kirche vom heiligen Johannes den Täufer<br />

bekannt werden.


26<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Nach dem Segen hielt der Lateinische Patriarchalvikar,<br />

Bischof Sal<strong>im</strong> Sayegh, eine<br />

Rede, in der er die verschiedenen biblischen<br />

Episoden und Persönlichkeiten aus<br />

dem Alten und Neuen Testament aufzählte,<br />

die Bethanien, das in Jordanien liegt,<br />

schmücken: von Elija bis Johannes den<br />

Täufer, und von Josua bis Jesus, der an<br />

diesem Ort getauft wurde. Für den Bischof<br />

ist dieser Ort von den Besuchen der Päpste<br />

- Johannes Paul II. in 2000 und <strong>Benedikt</strong><br />

<strong>XVI</strong>. heute - geheiligt, und der Moment<br />

wurde in Erinnerung gebracht, wo der<br />

Apostel Petrus Christus selbst begegnete:<br />

„Im Jahre 2000, zum ersten Mal in der Geschichte,<br />

kam Petrus in der Person seines<br />

Nachfolgers <strong>Papst</strong> Johannes Pauls II. als<br />

Pilger an diesen Platz, um ihn zu besuchen, wo er Jesus das erste Mal getroffen hatte.<br />

Sie, Ihrerseits, Heiliger Vater, Nachfolger von Johannes Paul II., sind gekommen, um<br />

diese Pilgerreise zu erneuern, und um sich jenen Moment wieder zu vergegenwärtigen,<br />

als Jesus das erste Mal erkannt wurde - <strong>im</strong> Geist und in der Wonne seiner ersten Begegnung<br />

mit ihm - und um die Fülle des Segens auf die Kirche und die ganze Menschheit<br />

herab zu rufen.“ In seiner kurzen Rede, entwickelte der <strong>Papst</strong> das Thema der Taufe und<br />

der Kirche als Corpus Christi Mysticum und Christus als dessen Haupt: „Der Gründungsstein<br />

einer Kirche ist ein Symbol Christi. Die Kirche ist auf Christus gegründet


8. – 15. Mai 2009 27<br />

und von Ihm getragen, und kann nicht von Ihm getrennt werden. (…) Mit Ihm sind wir<br />

die lebendigen Steine, geformt zu einem geistlichen Hause, einer Wohnstatt Gottes.“<br />

Am Montag Morgen, dem 11. Mai, verließ <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. Jordanien. Während<br />

der Verabschiedungszeremonie am Queen Alia International Airport dankte König<br />

Abdullah für seine „erste Reise“, welche, er hoffte „nicht die letzte sein würde.“ Mit<br />

Bezug auf den Verlauf <strong>im</strong> christlich-musl<strong>im</strong>ischen Dialog, brachte Seine Majestät den<br />

Wunsch zum Ausdruck, daß „wir den Dialog, den wir begonnen haben, mit Respekt<br />

weiterführen.“ Schließlich, sprach der König, indem er dem <strong>Papst</strong> alles Gute für seine<br />

Pilgerreise nach Israel und Palästinensischen Autonomiebehörde wünschte, vom<br />

Konflikt, welcher die beiden Länder zerreißt. Er wiederholte die Notwendigkeit „die<br />

Rechte der Palästinenser zu garantieren und die Sicherheit Israels“ durch „eine Zwei-<br />

Staaten-Lösung, welche die einzige [sein würde], die das Versprechen eines dauernden<br />

Friedens anbietet, zu gewährleisten.“ Der König schloß seine Rede an den <strong>Heiligen</strong><br />

Vater mit einer herzlichen Einladung, bald wieder „als lieber Freund“ nach Jordanien<br />

zurück zu kehren. In seiner Antwort dankte <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. dem König, der königlichen<br />

Familie, den Autoritäten und dem jordanischen Volk für die hohe Qualität ihrer warmen<br />

Gastfreundschaft. Er drückte seine Freude darüber aus, daß er bei verschiedenen<br />

Gründungsereignissen verschiedener Initiativen zugegen war, die für die katholische<br />

Gemeinschaft in Jordanien wichtig sind - einschließlich den beiden zukünftigen Kirchen<br />

<strong>im</strong> jordanischen Bethanien und der Universität von Madaba. Der <strong>Papst</strong> sprach


28<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

von seinem Besuch der Al-Hussein Bil Talal Moschee und von seinem Treffen mit den<br />

musl<strong>im</strong>ischen Religionsführern als „einen der Höhepunkte dieser Tage“ und ermutigte<br />

die Jordanier, seien sie Christen oder Musl<strong>im</strong>e, auf den unerschütterlichen Grundlagen<br />

der religiösen Toleranz aufzubauen. Sein letztes Wort war an die Christen gerichtet, in<br />

welchem er seiner Freude Ausdruck verlieh, in ihren Heiligtümern gebetet und die Heilige<br />

Eucharistie mit ihnen gefeiert zu haben. Der <strong>Papst</strong> verließ sie mit einer exhortatio,<br />

ihrem Taufversprechen in dem <strong>Land</strong>, in welchem Christus selbst getauft wurde, treu zu<br />

bleiben.<br />

Am oberen Teil der Gangway,<br />

unmittelbar vor Eintritt<br />

in das Flugzeug, drehte<br />

sich <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. um<br />

und pries König Abdullah<br />

und Königin Rania, welche<br />

ihn bis zum Anfang<br />

der Stufen der Gangway<br />

begleitet hatten. So endete<br />

die erste Station der päpstlichen<br />

Pilgerreise in das<br />

Heilige <strong>Land</strong>.


8. – 15. Mai 2009 29<br />

Das zentrale Koordinationskommittee<br />

für die <strong>Papst</strong>visite in Jordanien:<br />

Seine Exzellenz Francis Assisi Chullikatt,<br />

Nuntius für Jordanien<br />

Seine Exzellenz Yaser Ayyash,<br />

Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Amman<br />

Seine Exzellenz Sel<strong>im</strong> Sayegh,<br />

Lateiner Patriarchatsvikar in Jordanien<br />

Monsignore Michael Crotty<br />

Rev. Yacoub Rafidi<br />

Rev. Hikmat Haddaden<br />

Herr Majdi Dayyat<br />

Rev. Hanna Kildani<br />

Rev. Rif´at Bader<br />

Rev. John Haddad


30<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Der <strong>Papst</strong> in Israel<br />

Um 11.00h landete das Flugzeug der Royal Jordanian Airlines am Ben Gurion Airport<br />

von Tel Aviv. Als der <strong>Papst</strong> das Flugzeug verließ, begrüßte er den Präsidenten von<br />

Israel, Sh<strong>im</strong>on Peres, und den Premierminister, Benjamin Netanyahu, die gekommen<br />

waren, um ihn willkommen zu heißen. Viele christliche Religionsführer der Kirchen<br />

Jerusalems waren zugegen sowie die Mitglieder der Vereinigung der Katholischen<br />

Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, geleitet von Patriarch Fouad Twal.<br />

Präsident Peres hieß den <strong>Papst</strong> in seiner Begrüßungsrede zuerst auf Hebräisch<br />

und dann auf Latein <strong>im</strong> Namen des Staates Israel willkommen: [„Shalom lekha<br />

Benedict, manhig ha-ma‘amin<strong>im</strong>, asher mevakker hayyom be-eretz ha-qodesh.] Ave<br />

Benedicte, qui hodie princeps fidelium terram Sanctam visitas.“ (dt. Übers.: „Sei<br />

gegrüßt, <strong>Benedikt</strong>, Oberhaupt der Gläubigen, der heute das Heilige <strong>Land</strong> besucht.“). Er<br />

stellte seine ganze Rede unter das Banner der Hoffnung auf Frieden. Zu Beginn dieser<br />

Rede beschrieb er den Besuch von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. als eine „Friedensmission“<br />

und sagte: „Ihr Besuch bringt ein gesegnetes Verständnis zwischen den Religionen und<br />

erweitert den Frieden für die Menschen nah und fern. Das historische und das erneuerte<br />

Israel heißen Ihre Ankunft als eine Bereitung der hohen Straße für den Frieden von<br />

Photo : Gabriela Mihlig


8. – 15. Mai 2009 31<br />

Stadt zu Stadt willkommen.“ Mit Bezug auf den israelisch-palästinensichen Konflikt<br />

gab er die Zusicherung: „Wir haben mit Ägypten und Jordanien Frieden geschlossen,<br />

und wir verhandeln gegenwärtig mit den Palästinensern, um Frieden zu erlangen, und<br />

sind sogar auf der Suche nach einem umfassenden regionalen Frieden.“<br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. nahm in seiner Antwortrede ebenso Bezug auf das Thema des<br />

Friedens, wie er es in Jordanien getan hatte. So erinnerte er auch hier zuerst daran,<br />

daß er vor allem als Pilger gekommen war und sich als Pilger vorgenommen hatte,<br />

besonders für das Geschenk des Friedens zu beten. Er verurteilte alle Formen des<br />

Antisemitismus und rief zum interreligiösen Respekt und zum Frieden für den Zugang<br />

zu allen <strong>Heiligen</strong> Stätten auf, insbesondere jener in Jerusalem. Er bat, daß alles dazu<br />

getan werden möge, daß Israel und Palästinensischen Autonomiebehörde einen je<br />

eigenen souveränen und unabhängigen Staat mit international anerkannten Grenzen<br />

haben mögen. Weiters begrüßte er die Christen des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es sehr herzlich und<br />

gab ihnen zu verstehen, daß sie mit ihrer Präsenz und ihrem Zeugnis „einen bedeutenden<br />

Beitrag zur Beendigung der Feindseligkeiten leisten können, welche dieses <strong>Land</strong><br />

schon zu lange geplagt haben.“ Dann fügte er hinzu: „Ich bete, daß eure bleibende<br />

Präsenz in Israel und den palästinensischen Territorien weiterhin Frucht eines <strong>im</strong>mer<br />

größer werdenden Friedens und einer <strong>im</strong>mer größer werdenden gegenseitigen Achtung<br />

zwischen den Völkern, die <strong>im</strong> <strong>Land</strong> der Bibel leben, bringen möge.“ Er schloß seine<br />

Rede mit seinem Wunsch: „Möge Gott Sein Volk mit Frieden segnen!“<br />

Ein wenig später hielt der <strong>Papst</strong> <strong>im</strong> Präsidentschaftspalast in Jerusalem eine<br />

kurze Höflichkeitsrede an den Präsidenten des Staates Israel, Sh<strong>im</strong>on Peres. Die beiden<br />

Männer pflanzten einen Olivenbaum <strong>im</strong> Palastgarten, als Zeichen des gegenseitigen<br />

guten Willens zwischen Juden und Christen, zwischen dem „Olivenbaum“ und dem<br />

„wilden Olivensproß“, um das Bild vom heiligen Paulus in seinem Brief an die Römer<br />

zu zitieren. Der <strong>Papst</strong> gründete den Großteil seiner Rede auf den folgenden Vers des<br />

Propheten Jesaja 32,17: „Das Werk der Gerechtigkeit wird der Friede sein, der Ertrag<br />

Photo : Gabriela Mihlig


32<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

der Gerechtigkeit sind Ruhe und Sicherheit für <strong>im</strong>mer“. Er sagte, daß diese Werte,<br />

Gerechtigkeit, Gesetz, Friede und Sicherheit, nicht nur die Frucht menschlichen<br />

Mühens sind, sondern auch aus der grundlegenden Beziehung zwischen Gott und dem<br />

Menschen entspringen. Sie sollten nicht nur gefördert werden, sondern zuerst und vor<br />

allem auf allen Ebenen in die Praxis umgesetzt werden: individuell, in der Familie,<br />

national. Indem er das Thema der Sicherheit, das für Israel so wesentlich ist, ansprach,<br />

erklärte <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., daß die Wurzel des hebräischen und biblischen Ausdrucks<br />

für das Wort „Sicherheit“ [hebr. Wurzel: b(Beth) t(Taw) h(Chet), in Transliteration:<br />

bitahon] einerseits die Abwesenheit von Bedrohung bedeutet, andererseits Vertrauen<br />

heißt. Aber wahres Vertrauen kann nur „durch die Bekehrung der Herzen“ erreicht<br />

werden, „die uns dem anderen in die Augen blicken läßt und dieses ‚Du’ als meinen mir<br />

gleichen, meinen Bruder, meine Schwester, anerkennen läßt.“<br />

Am späteren Nachmittag besuchte der <strong>Papst</strong> die Holocaustgedenkstätte in Yad Vashem.<br />

Während der Zeremonie entzündete er die Flamme der Erinnerung und traf einige<br />

Überlebende der Konzentrations- und Todeslager. In seiner Rede betrachtete <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. die Bedeutung des hebräischen Wortes „yad“ (Gedenken) und „shem“<br />

(Name) und erläuterte, daß der Name der Person das Siegel seiner unverletzbaren<br />

Würde ist und für <strong>im</strong>mer in der Erinnerung Gottes verbleibt, selbst, wenn Mann oder<br />

Frau versucht haben, ihn vom Antlitz der Erde zu tilgen. Der <strong>Papst</strong> appellierte auch an<br />

das Erinnerungsvermögen von Mann und Frau, indem er ausrief: „Mögen die Namen<br />

dieser Opfer nie sterben! Möge ihr Leid nie verleugnet, herabgewürdigt oder vergessen<br />

werden! Und mögen alle Menschen guten Willens wachsam bleiben, indem sie aus dem<br />

Herzen von jedem die Wurzeln ausreißen, die zu solchen Tragödien führen.“ Als Bischof<br />

von Rom und Nachfolger des Apostels Petrus, bestärkte er wiederum die Verpflichtung


8. – 15. Mai 2009 33<br />

der Kirche „unaufhörlich dafür zu beten und zu arbeiten, um sicherzustellen, daß der<br />

Haß nie mehr in den Herzen der Menschen herrschen soll.“ So wie <strong>Papst</strong> Johannes<br />

Paul II. <strong>im</strong> Jahr 2000, so betonte auch <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. die Notwendigkeit <strong>im</strong><br />

Angesicht einer solchen Tragödie Stille zu halten. Er sagte zu Beginn seiner Rede:<br />

„Ich bin gekommen, um in Stille vor diesem Mahnmal zu stehen, das zu Ehren an das<br />

Gedenken von Millionen von Menschen errichtet worden ist, die in der schrecklichen<br />

Tragödie des Holocaust ermordet wurden.“ Zum Schluß seiner Rede merkte der Heilige<br />

Vater an: „Liebe Freunde, ich bin Gott und auch Euch für diese Gelegenheit, die mir<br />

geschenkt worden ist, um hier in Stille stehen zu können, zutiefst dankbar: Stille, um zu<br />

erinnern, Stille, um zu beten, Stille, um zu hoffen.“ Indem er dem Wort die Tat folgen<br />

ließ, hielt der <strong>Papst</strong> in einem langen Moment der Sammlung inne.


34<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Nach seinem Besuch in Yad Vashem wurde <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. vom<br />

Bürgermeister Jerusalems, Nir Barkat, begrüßt, mit dem er eine kurze Unterredung<br />

hatte. Am frühen Abend fuhr er zum Pontifical Institute Notre Dame of Jerusalem<br />

Center. Dort war das Treffen mit Repräsentanten von mehr als hundert Organisationen,<br />

Einrichtungen, Bewegungen und Gruppierungen – Juden, Christen und Musl<strong>im</strong>e,<br />

von Israelis, Palästinensern und Menschen verschiedener Nationen - alle beteiligt am<br />

interreligiösen Dialog, an inter-kommunitären Begegnungen sowie am Friedensaufbau.<br />

Patriarch Fouad Twal stellte diese Organisationen dem <strong>Heiligen</strong> Vater <strong>im</strong> Einzelnen<br />

vor und betonte ihre „gemeinsame Vision von einer Gesellschaft, die auf die Werte<br />

von Gerechtigkeit, Frieden, Gleichheit und gegenseitiger Achtung, Vergebung und<br />

Versöhnung und schließlich auf Brüderlichkeit und Liebe gegründet ist.“ Er schloß seine<br />

Präsentation, indem er zum <strong>Heiligen</strong> Vater sagte: „Diese Männer und Frauen, die sich<br />

heute vor Ihnen versammelt haben, sind die Friedensbringer, auf die sich unser Herr in<br />

seiner Lehre von den Seligpreisungen bezogen hatte, als er sprach: ‚Selig, die Frieden<br />

stiften, denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.’ (Mt 5,9)“ In seiner Ansprache<br />

Photos : CTS / MAB


8. – 15. Mai 2009 35<br />

bedankte sich der <strong>Papst</strong> herzlich und ermutigte die<br />

Anwesenden. Dann schlug er eine Betrachtung<br />

über die Beziehung zwischen Religion und Kultur<br />

vor und stellte seinen Hörern die Frage, welchen<br />

Beitrag die Religion für die Weltkulturen in<br />

dieser Zeit der Globalisierung erbringen kann und<br />

sollte. <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. rief alle Gläubigen<br />

verschiedener Religionen gemeinsam dazu auf,<br />

diese Herausforderung anzunehmen und auf dem<br />

aufzubauen, was sie miteinander teilen, nämlich<br />

„ein allgemeines Verständnis von Anbetung und<br />

Achtung für die universale und absolute Wahrheit“.<br />

„Gemeinsam“, fuhr der <strong>Papst</strong> fort, „bekennen wir,<br />

daß Gott existiert, daß wir wissen, daß Ihm die<br />

Erde gehört, daß wir Seine Geschöpfe sind und, daß Er jeden Mann und jede Frau dazu<br />

aufruft, mit Respekt vor Seinem Plan für die Welt zu leben.“ Mit dieser Vorgangsweise<br />

können Religionen die verschiedenen Kulturen adeln, bereichern und vertiefen, indem<br />

sie ihnen helfen, auf zentrale transzendente Werte zu bauen, von denen der Wahrheit<br />

der erste Platz zukommt.<br />

Photos : CTS / MAB


36<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Der <strong>Papst</strong><br />

in Jerusalem<br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. verbrachte am Dienstag<br />

den 12. Mai den ganzen Tag in Jerusalem.<br />

Zuerst besuchte er den „Tempelberg“<br />

(„Al-Haram al-sharif“, i. e. „die Heilige<br />

Moschee“) - jenen heiligen Ort, an dem<br />

gläubige Musl<strong>im</strong>e zweier Ereignisse gedenken:<br />

Des Opfers Abrahams, und der<br />

H<strong>im</strong>melfahrt Mohammeds. Der <strong>Papst</strong> besuchte<br />

diesen heiligen Ort des Islam gemeinsam<br />

mit Muhammad Ahmad Hussein,<br />

dem Großmufti Jerusalems, Sheikh Mohammed<br />

Azzam al-Khatib al-Tam<strong>im</strong>i, dem<br />

Präsidenten des islamischen Waqf von Jerusalem,<br />

und Sheikh Abd al–Az<strong>im</strong> Salhab,<br />

dem Haupt des Rates des Awqaf. Alle drei<br />

hießen den <strong>Papst</strong> herzlich willkommen. In<br />

seiner Rede dankte der <strong>Papst</strong> und sprach<br />

Photo : L'Osservatore Romano


8. – 15. Mai 2009 37<br />

der musl<strong>im</strong>ischen Gemeinde von Jerusalem seine Empfehlung aus. Danach stellte er<br />

das Erbe, das Juden, Christen und Musl<strong>im</strong>e miteinander teilen, in den Mittelpunkt:<br />

Den Glauben an den einen Gott, den Schöpfer und Walter aller Dinge; die gemeinsame<br />

Anerkennung Abrahams als Ahnen und als einen Mann des Glaubens, der von Gott<br />

auf besondere Weise gesegnet wurde; sowie die Langlebigkeit des Glaubens und die<br />

vielen geistlichen, intellektuellen und kulturellen Schätze, die er über die Jahrhunderte<br />

hinweg hervorgebracht hat. Dann ging der <strong>Papst</strong> auf den islamisch-christlichen Dialog<br />

ein und schlug einen Leitgedanken für die Arbeit vor, der neu und tiefgehend ist: „Wie<br />

ist die Einheit Gottes untrennbar mit der gesamten Menschheitsfamilie verbunden“<br />

Nach seinem Besuch der Esplanade<br />

besuchte der <strong>Papst</strong> die „Westmauer“<br />

(oder auch „Klagemauer“ genannt) -<br />

jenen verbleibenden Rest des Tempels,<br />

der einst Gottes bleibende Wohnstatt<br />

war – bis die Römer 70 nach Christus<br />

das Gebäude zerstörten. Der Tempel<br />

war der heiligste Ort für die gläubigen<br />

Juden. Wie sein Vorgänger <strong>Papst</strong><br />

Johannes Paul II. sprach auch <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. hier ein Gebet [das auf<br />

einem Blatt Papier notiert war] und<br />

schob es danach in eine Ritze zwischen<br />

den Steinen. Sein Text lautet wie folgt:<br />

„Gott aller Zeiten, an meinem Besuch<br />

von Jerusalem, der ‚Stadt des Friedens’,<br />

der geistlichen He<strong>im</strong>at der Juden,<br />

Christen und Musl<strong>im</strong>e gleichermaßen,<br />

bringe ich vor Dich die Freuden,<br />

Photo : L'Osservatore Romano<br />

Hoffnungen und die Sehnsüchte, die Prüfungen,<br />

das Leid und die Schmerzen Deines ganzen Erdenvolkes.<br />

Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, höre den Schrei der He<strong>im</strong>gesuchten,<br />

der Angsterfüllten und der Verwaisten; sende Deinen Frieden auf dieses Heilige <strong>Land</strong>,<br />

auf den Nahen Osten, und auf die ganze Menschheitsfamilie herab;<br />

bewege die Herzen aller, die Deinen Namen anrufen dazu,<br />

demütig den Weg der Gerechtigkeit und des Mitleides zu gehen.<br />

‚Gut ist der Herr zu dem, der auf ihn hofft, zur Seele, die ihn sucht.’ (Klgl 3,25).“


Photo : CTS / MAB<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

ging dann zum Hechal<br />

Shlomo Center, wo er die<br />

beiden Großrabbiner von<br />

Jerusalem, den Sepharden<br />

Shlomo Amar und<br />

den Aschkenasen Yona<br />

Metzger, traf und ihnen<br />

gegenüber den Fortschritt<br />

auf dem Weg von Versöhnung<br />

und Dialog zwischen<br />

Juden und Christen<br />

begrüßte. Der Heilige Vater<br />

hob dabei die Besuche<br />

Photo : L'Osservatore Romano<br />

der beiden Großrabbiner <strong>im</strong> Vatikan 2004 und 2005, und die letzten sieben Treffen des<br />

bilateralen Komitees zwischen dem <strong>Heiligen</strong> Stuhl und dem Großrabbinat hervor. <strong>Papst</strong><br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. betonte die Verpflichtung der Kirche, sich in dieser Richtung weiterhin<br />

zu engagieren und konstatierte: „Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, daß<br />

die katholische Kirche sich unwiderruflich zu dem Weg verpflichtet hat, der auf dem<br />

Zweiten Vatikanischen Konzil für eine echte und andauernde Versöhnung zwischen<br />

Christen und Juden gewählt wurde.“


8. – 15. Mai 2009 39<br />

Photo : L'Osservatore Romano<br />

Kurz vor Mittag kamen der Heilige Vater und die Mitglieder der Vereinigung der<br />

Katholischen Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es zur Vorbereitung auf das Regina<br />

caeli-Gebet <strong>im</strong> Obergemach zusammen, das erst kürzlich renoviert worden war.<br />

Pater Pierbattista Pizzaballa OFM, Kustos des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, begrüßte den <strong>Papst</strong><br />

<strong>im</strong> Namen der „ACOHL“. In seiner Antwort wiederholte der <strong>Papst</strong> gegenüber den<br />

anwesenden Bischöfen und Priestern, wie sehr ihm, als Nachfolger des heiligen<br />

Petrus, die Gläubigen und das Heilige <strong>Land</strong>, das sie repräsentieren, am Herzen liege.<br />

Der <strong>Papst</strong> begann mit einer Meditation über die Heilige Eucharistie, „welche uns in<br />

das Gehe<strong>im</strong>nis der göttlichen Liebe führt“, und er rief die Fürsprache der Jungfrau<br />

Maria für das „Wohlergehen und die geistliche Erneuerung aller Christen des <strong>Heiligen</strong><br />

<strong>Land</strong>es“ an, indem er ihre doppelte Kernmission betonte, „Förderer von Gemeinschaft<br />

und Frieden“ zu sein.<br />

Im Anschluß daran begab sich <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. zur Konkathedrale des<br />

Lateinischen Patriarchates be<strong>im</strong> Jaffator, wo Hunderte von Priestern, Ordensleuten<br />

Photo : Christo Asfour


40<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

und Laien von Jerusalem auf ihn warteten. Alle Kongregationen waren vertreten.<br />

Der <strong>Papst</strong> hatte darauf bestanden, daß auch Mönche und Nonnen mit von Alter<br />

oder Krankheit bedingten Gehbehinderungen ebenso anwesend sein sollten. Alle<br />

Angestellten des Patriarchates waren zugegen, zusammen mit allen Seminaristen<br />

von Beit Jala, vom Jüngsten bis zum Ältesten. Als der Heilige Vater die Kirche<br />

betrat, herrschte - trotz langen Wartens - eine Atmosphäre von Freude und Gesang.<br />

Es kostete den <strong>Papst</strong> viel Zeit, durch die Bänke zu gehen. Er wurde bei jedem Schritt<br />

von den Gläubigen angehalten, die glücklich waren, ihn zu begrüßen, seine Hand zu<br />

küssen, oder seinen Segen zu erhalten. In seiner Begrüßung stellte Patriarch Fouad<br />

Twal die Kirche Jerusalems vor, die vor ihm vertreten war, besonders die vielen<br />

Ordenskongregationen, die ihr dienen und die sie stützen, dabei die fünfzehn Orden,<br />

ausschließlich kontemplativer Sendung. Er zollte ihnen Tribut, indem er sagte: „Im<br />

Gehe<strong>im</strong>nis des Gebetes und einem Leben der Selbsthingabe, stützen sie auf unsichtbare<br />

Weise die Kirche und das Heilige <strong>Land</strong> als solches. Sie halten Fürsprache für unsere<br />

Mission und die Einheit der Kirche, für die Versöhnung zwischen Völkern und<br />

zwischen Religionen. Wo wären wir ohne sie“ Seine Seligkeit teilte die Neuigkeiten<br />

aus Rom mit, indem er dem <strong>Papst</strong> für die Verlautbarung der baldigen Seligsprechung<br />

von Mutter Marie Alphonsine dankte, welche die Kongregation Schwestern des<br />

Rosenkranzes gegründet hatte. Es ist dies die einzige Kongregation des <strong>Heiligen</strong><br />

<strong>Land</strong>es arabischen Ursprungs. Patriarch Fouad Twal schloß nun alle Gläubigen der<br />

Kirche des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es in seine Vorstellung ein und versicherte dem <strong>Heiligen</strong><br />

Vater: „Alle sind sich bewußt, daß sie weder lieben, leben, arbeiten, noch mutige<br />

Mitarbeiter der Wahrheit (i. e. das Motto von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.) <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

sein können, ohne durch das Kreuz zu gehen.“ Der <strong>Papst</strong> forderte Seine Seligkeit und<br />

die anwesenden Gläubigen dazu auf, sich am Geist der ersten christlichen Gemeinde<br />

Jerusalems zu orientieren. In einer besonderen Bemerkung wünschte er auch<br />

Anerkennung für das Apostolat der Orden, besonders der kontemplativen, Ausdruck<br />

zu verleihen, und bat sie darum, nicht müde zu werden, für den „Frieden in Jerusalem


8. – 15. Mai 2009 41<br />

zu beten“ (vgl. Ps 122,6) als auch unaufhörlich für<br />

ein Ende des Konfliktes zu beten, der die Menschen<br />

dieses <strong>Land</strong>es so viel Leid kostet.<br />

Nach dem Segen in der Konkathedrale stieg<br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. die Stufen hinauf, um mit den<br />

Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, Äbten, Oberen von<br />

Ordenskongregationen, und mit Laien, welche die<br />

verschiedenen Gemeinden von Jerusalem vertraten,<br />

Mahl zu halten. Während des Mahls überreichte<br />

Patriarch Fouad Twal dem <strong>Papst</strong> feierlich die<br />

„Pilgermuschel“, die traditionellerweise den Rittern und Damen des <strong>Heiligen</strong> Grabes<br />

verliehen wird, wenn sie nach Jerusalem pilgern. Nach dem Essen nahm der <strong>Papst</strong> -<br />

inmitten von jubelnden Ausrufen der Seminaristen und deren Lehrern von Beit Jala -<br />

voll Freude an einer <strong>im</strong>provisierten Fotositzung teil.<br />

Photos : Christo Asfour


42<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Höhepunkt dieses 12. Mai war die große Open Air-Messe, die am späten Nachmittag<br />

zelebriert wurde, obwohl die Teilnahme der Gläubigen von Jerusalem aus verschiedenen<br />

Gründen weit unter der erwarteten Anzahl lag - u. a. wegen der drakonischen<br />

Natur der israelischen Sicherheitsmaßnahmen. Unterhalb des Ölberges, gerade<br />

unter der Basilika Aller Nationen in Gethsemani, inmitten von Olivenbäumen und Palmen,<br />

waren große Areale mit einer Rampe für das Papamobil und ein großes Podium<br />

vorbereitet. Für all jene, die an dieser <strong>Heiligen</strong> Messe teilnahmen, war es ein wunderschöner<br />

Moment des Gebetes, der Hoffnung und der Gemeinschaft. Die Atmosphäre<br />

von Einheit in der Vielfalt, welche ein Charakteristikum der Kirche Jerusalems ist, und<br />

die auch das Thema des ersten Pastoralbriefes von Patriarch Fouad Twal darstellte, war<br />

hier eindeutig spürbar: Neben palästinensischen Gläubigen von Jerusalem fanden sich<br />

nicht nur viele Mönche und Nonnen aus dem <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> ein, sondern auch von an-


8. – 15. Mai 2009 43<br />

deren Ländern des Nahen Ostens und von der<br />

ganzen Welt, sowie die Hebräisch sprechende<br />

Gemeinde, Hunderte sudanesische Gläubige,<br />

die in Israel leben – ganz abgesehen<br />

von den vielen Pilgergruppen, die während<br />

dieser Tage in Jerusalem waren.<br />

In einer erhebenden und viel beachteten<br />

Rede verglich Patriarch Fouad Twal die<br />

Agonie Jesu <strong>im</strong> Garten von Gethsemani vor<br />

zweitausend Jahren mit derjenigen des <strong>Heiligen</strong><br />

<strong>Land</strong>es von heute: „Um uns haben wir<br />

die Agonie des palästinensischen Volkes, das<br />

davon träumt, in einem freien und unabhängigen<br />

Staat zu leben, jedoch keinen Weg zur<br />

seiner Verwirklichung findet; und [wir haben]<br />

die Agonie des israelischen Volkes, das<br />

von einem normalen Leben in Frieden und<br />

Sicherheit träumt und trotz all seiner militärischen<br />

Macht und Medienmacht dessen<br />

Verwirklichung nicht gefunden hat. Auch die<br />

internationale Gemeinschaft steht dabei - wie<br />

einst die Jünger Jesu - abseits - mit Augen<br />

der Gleichgültigkeit und unbeteiligt an der<br />

Agonie des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, die nun schon<br />

61 Jahre andauert, und sie schickt sich auch<br />

nicht an, eine gerechte Lösung zu finden.“<br />

Und weiter: „In diesem Josaphat-Tal, einem<br />

Tal der Tränen, erheben wir unser Gebet für<br />

die Verwirklichung der Träume dieser beiden


44<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Völker. Wir erheben unser Gebet für Jerusalem, das von den beiden Völkern und drei<br />

Religionen geteilt wird.“ Er erwähnte auch das Leid der Flüchtlinge ohne Hoffnung<br />

auf Rückkehr, die Tragödie der Okkupation und der Trennmauer, den Skandal der Zerstörung<br />

der Häuser, das Drama der Emigration, und schließlich die Demütigung, die<br />

Gewalt und den Haß, der täglich durch den Konflikt wächst. Während Patriarch Twal<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. dafür dankte, in das Heilige <strong>Land</strong> gekommen zu sein, um die<br />

Christen des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es zu trösten und zu ermutigen, forderte der Patriarch die<br />

Gläubigen dazu auf, sich durch die dauernde Abwesenheit des solange ersehnten Friedens<br />

nicht entmutigen zu lassen, sondern zu ihrem Glauben zu stehen und auf Jesus<br />

allein zu schauen. Er sagte: „Mit Jesus und in Jesus können wir uns hier und jetzt an<br />

einem Frieden erfreuen, den die Welt weder unseren Herzen geben, noch unseren Herzen<br />

entreißen kann. Dieser Friede bedeutet Ruhe, Glaube, einen begrüßenswerten Geist<br />

und die Freude am Leben und am Arbeiten in diesem <strong>Land</strong>.“ Der Patriarch beendete<br />

seine Ansprache mit folgenden an den <strong>Papst</strong> gewandten Worten: „Darum ziehen wir<br />

aus Ihrer gesegneten Gegenwart Nutzen und rufen mit dem leidenden Vater <strong>im</strong> Evangelium<br />

aus, der Jesus darum anflehte, seinen Sohn von seiner langen Qual zu befreien:<br />

‚Ich glaube, hilf meinem Unglauben!’ (Mk 9,24).“<br />

In seiner Predigt wandte sich <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. besonders an die Christen von Jerusalem,<br />

die er mit den Worten: „Auf daß [ihr] Zeugnis in den Augen Gottes sehr wertvoll<br />

und wichtig sei für die Zukunft dieser Länder“, ermutigte. In klaren und starken Worten<br />

erinnerte sie der <strong>Papst</strong> an ihre Sendung: „Ihr, die Christen des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, seid<br />

nicht nur gerufen, als Leitstern des Glaubens der universalen Kirche zu dienen, sondern<br />

auch Sauerteig der Harmonie, Weisheit und des Gleichgewichtes <strong>im</strong> Leben einer


8. – 15. Mai 2009 45<br />

Gesellschaft zu sein, die traditionsgemäß pluralistisch, multiethnisch und multireligiös<br />

gewesen ist und es weiterhin ist.“<br />

Er sprach offen über die dramatischen Konsequenzen des israelisch-palästinensischen<br />

Konfliktes – und besonders von der Not der Flüchtlinge und dem Ausbluten der<br />

christlichen Bevölkerung durch Emigration. Der Heilige Vater fand so starke Worte, daß<br />

sie weithin Beifall erregten: „Im <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> ist Platz für alle! Indem ich die Autoritäten<br />

dazu aufrufe, die christliche Anwesenheit hier zu achten und zu unterstützen und<br />

wertzuschätzen, möchte ich Euch der Solidarität, Liebe und Unterstützung der ganzen<br />

Kirche und des <strong>Heiligen</strong> Stuhles versichern.“ Unter den Mauern der <strong>Heiligen</strong> Stadt hob<br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. auch die Rolle des irdischen Jerusalems heraus, „Prophetie und Verheißung<br />

der universellen Versöhnung und des Friedens, den Gott für Seine ganze Menschheitsfamilie<br />

erhofft, zu sein.“ Er bedauerte jedoch, „daß es noch so viel zu tun gibt, bis<br />

Jerusalem für alle Menschen wirkliche eine ‚Stadt des Friedens’ wird, in die jeder zu<br />

einer Wallfahrt kommen kann, um Gott zu suchen und Seine St<strong>im</strong>me zu vernehmen –<br />

‚eine St<strong>im</strong>me,


46<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

die den Frieden spricht’ (vgl. Ps 85,9).“ Der <strong>Papst</strong> bezeichnete diejenigen, die an einen<br />

gnädigen Gott glauben – gleichgültig, ob sie sich nun als Juden, Christen oder Moslems<br />

begriffen – als die ersten, welche die Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern.“<br />

Mehrere Male rief er die Gläubigen dazu auf, fest in der christlichen Hoffnung zu stehen<br />

- <strong>im</strong> Wissen, „was es sie an Leiden und Verfolgung kostet“.<br />

Er schloß, indem er die Macht des Lebens, der Bekehrung und der Erlösung,<br />

die in der Auferstehung frei wird, beschwor und rief aus: „Laßt uns unseren Glauben<br />

am Sieg des Lebens stärken und laßt uns beten, daß jeder ‚schwere Stein’, der die Tür<br />

unseres Herzens verschließt und unsere Ganzhingabe an den Herrn in Glaube, Hoffnung<br />

und Liebe blockiert, durch die Macht des Lichtes und des Lebens zertrümmert werde,<br />

welche von Jerusalem an jenem ersten Ostermorgen von Jerusalem in die ganze Welt<br />

ausstrahlte. Christus ist auferstanden, Halleluja! Er ist wahrhaft auferstanden, Halleluja!“<br />

Der Heilige Vater segnete Grundsteine<br />

In Jordanien segnete der <strong>Papst</strong> den Grundstein der Lateinischen Kirche der Taufe Jesu<br />

Christi, der Melkitischen Kirche zum <strong>Heiligen</strong> Johannes den Täufer, der Universität von<br />

Madaba, der Lateinischen Kirche von Stella Maris in Aqaba, der Lateinischen Kirche in<br />

Jubeiha und jenen der Maronitischen Kirche zum <strong>Heiligen</strong> Charbel in Amman. In Jerusalem<br />

segnete er die Grundsteine des Wohnkomplexes, der vom Lateinischen Patriarchat in<br />

Beit Safafa gebaut wurde und den Grundstein für das „Magdalena Center“ für Pilger, die<br />

nach Migdal unterwegs sind. Vor der <strong>Heiligen</strong> Messe in Nazareth segnete er das Johannes<br />

XXIII.-Jules Isaac Memorial und eine Olivenholzrepräsentation der Versöhnung; Während<br />

der <strong>Heiligen</strong> Messe segnete er den Grundstein für das Internationale Center für die Spiritualität<br />

der Familie, den für die akademische Institution Mar Elias Campus in Nazareth/<br />

Galiläa, jenen für die Lateinische Patriarchatsschule von Rameh, jenen der Salesianischen<br />

Technischen Schule in Nazareth und den Grundstein für das Johannes Paul II. Memorial<br />

am Ort des Domus Galiläa in Koraz<strong>im</strong>.


8. – 15. Mai 2009 47<br />

Der <strong>Papst</strong> in der<br />

Palästinensischen Autonomiebehörde<br />

Der <strong>Papst</strong> verbrachte den ganzen Mittwoch, den 13. Mai 2009, in Bethlehem, <strong>im</strong><br />

Territorium des palästinensischen Hoheitsgebietes. Die ganze Stadt war zu diesem Anlaß<br />

mit den vatikanischen Farben und denen der palästinensischen Autorität geschmückt.<br />

In den Straßen hingen große Porträts von <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., alleine oder gemeinsam mit<br />

dem Präsidenten Mahmoud Abbas Abu Mazen abgebildet.


48<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Der <strong>Papst</strong> wurde zuerst vom Präsidenten Abbas in einer Willkommenszeremonie<br />

<strong>im</strong> Präsidentschaftspalast begrüßt. In seiner Ansprache betonte <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., daß er<br />

nach Bethlehem gekommen war, um „in der Stadt Davids und dem Geburtsort Jesu<br />

Christi zu beten“, jedoch auch, um „dem palästinensischen Volk zu begegnen“. Mit<br />

Bezug auf den israelisch-palästinensischen Konflikt sagte der <strong>Papst</strong> dem Präsidenten:<br />

„Herr Präsident, der Heilige Stuhl unterstützt die Rechte Ihres Volkes für ein souveränes<br />

palästinensisches He<strong>im</strong>atland, das <strong>Land</strong> ihrer Vorfahren, sicher und <strong>im</strong> Frieden mit<br />

seinen Nachbarn innerhalb international anerkannter Grenzen.“ Er brachte auch seine<br />

Sympathie und Solidarität mit allen Opfern der Gewalt und der Ungerechtigkeit zum<br />

Ausdruck, besonders gegenüber den Hinterbliebenen, den getrennten Familien und den


8. – 15. Mai 2009 49<br />

Flüchtlingen. Unter Bezugnahme<br />

auf den Frieden erinnerte<br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. daran, daß<br />

der Friede auf Gerechtigkeit<br />

und Dialog gegründet ist, und<br />

daß er auch auf – etwas sehr<br />

Schwieriges – Versöhnung<br />

und Vergebung beruht. „Ich<br />

möchte die involvierten Parteien<br />

dringend bitten, in diesem<br />

langwierigen Konflikt, allen<br />

Kummer und alle Trennungen<br />

zu vergessen, die auf dem Weg<br />

der Versöhnung noch verbleiben<br />

und sich mit Großzügigkeit<br />

und Mitleid auf die andere Partei hin auszustrecken, die doch <strong>im</strong> Grunde genommen<br />

nicht so verschieden von ihnen selbst ist, ohne jeglicher Diskr<strong>im</strong>inierung.“ Im<br />

selben Geist rief der <strong>Papst</strong> die palästinensischen Jugendlichen auf, gegen die Bitterkeit,<br />

den Haß und die Abneigung in ihren Herzen zu kämpfen und er rief sie auf, der Versuchung<br />

zu widerstehen, in die Gewalt - als Mittel der Rache gegen erlittenes Unrecht<br />

- zu flüchten. Er ermutigte sie, anstatt dieser erbitterten Mittel, „alles, was sie erfahren<br />

haben, zu lassen, und ihre Best<strong>im</strong>mung zu erneuern, den Frieden zu bauen.“ Er fuhr<br />

fort: „Laßt Euch mit einer tiefen Sehnsucht, einen anhaltenden Beitrag für die Zukunft<br />

Palästinas zu leisten, erfüllen, damit es seinen rechtmäßigen Platz auf der Weltbühne<br />

einnehmen kann. Laßt Euch zu Gefühlen des Mitleides für all jene, die leiden, Eifer für


50<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Photo : CTS / MAB<br />

die Versöhnung, und einen starken Glauben an die Möglichkeit einer helleren Zukunft,<br />

inspirieren.“ Schließlich, bat <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. die internationale Gemeinschaft, ihren gewichtigen<br />

Einfluß zum Erreichen einer Lösung geltend zu machen.<br />

Am späteren Morgen stand der Heilige Vater der Feier der <strong>Heiligen</strong> Messe<br />

am Krippenplatz bei strahlendem Sonnenschein vor. Tausende Gläubige aus vielen<br />

palästinensischen Städten und Dörfern versammelten sich zu dieser Gelegenheit: von<br />

Bethlehem, Beit Jala und Beit Sahour und natürlich auch von Jericho, Bir Zeit, Jifna,<br />

Ain Arik, Taybeh, Ramallah, Aboud, Nablus, Rafidia, Jenin, Zababdeh. Eine kleine<br />

Gruppe von weniger als [etwa] hundert Christen war sogar aus Gaza gekommen. Sie<br />

waren glücklich mit dem <strong>Papst</strong> zu sprechen und begrüßten ihn stellvertretend für die<br />

leidenden Menschen in Gaza.<br />

Sogar schon vor Beginn der Feier waren der Enthusiasmus und die Leidenschaft<br />

der Menschen spürbar gewesen. Ein Chor von mehr als hundert St<strong>im</strong>men sang auf der<br />

Plattform bekannte Lieder. Hüte, Schals, Banner und Fahnen in den vatikanischen und<br />

palästinensischen Farben gaben der Menge ein farbenfrohes und freudiges Aussehen.<br />

Unter den VIPs konnte man auch die Anwesenheit des Präsidenten Abbas, des Premierministers<br />

Salam Fayyad, des Ministers für christlichen Tourismus Khouloud D’ebes<br />

und weitere Mitglieder der palästinensischen Regierung erblicken. In der Zusammenkunft<br />

mischten sich musl<strong>im</strong>ische Verehrer mit ihren christlichen Brüdern. Wie [bereits]<br />

in Amman und Jerusalem, wurde <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. auch hier bei seiner Ankunft mit den


8. – 15. Mai 2009 51<br />

Ausrufen „Benedetto, benvenuto!“<br />

(„<strong>Benedikt</strong>, willkommen!“) begrüßt.<br />

Die Eucharistiefeier wurde durch Elemente<br />

der verschiedenen katholischen<br />

liturgischen Riten bereichert, auch<br />

durch den syrisch-katholischen Ritus.<br />

Patriarch Fouad hob in seiner<br />

Willkommensbotschaft an den <strong>Heiligen</strong><br />

Vater das Leiden des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es<br />

und auch jenes des palästinensischen<br />

Volkes hervor. Er sagte: „Heiliger Vater,<br />

dieses <strong>Land</strong>, das Jesus auserwählte, um<br />

darin zu leben und die Welt zu retten,<br />

braucht Friede, Gerechtigkeit und<br />

Versöhnung. Unsere Wunden müssen<br />

geheilt werden, unsere Gefangenen<br />

entlassen werden, unsere Herzen vom<br />

Haß gereinigt werden und unser Volk<br />

muß in Frieden und Sicherheit leben.<br />

Unser Volk hat gelitten und leidet <strong>im</strong>mer noch an Ungerechtigkeit und Krieg – für<br />

Hunderttausende von Menschen ist der Gaza-Krieg <strong>im</strong>mer noch eine offene Wunde<br />

– von der Besetzung und dem Mangel an Hoffnung auf eine bessere Zukunft.“ Wie<br />

zuvor in Gethsemani, präsentierte der Patriarch die drei theologischen Tugenden als die<br />

einzigen Waffen, die mächtig genug sind, um den Herausforderungen und Prüfungen<br />

stand zu halten. Und er sagte zum <strong>Papst</strong>: „In Ihrer Gegenwart erneuert die Katholische<br />

Kirche ihren Glauben an Jesus Christus, ihre Liebe zu Gott und den Nächsten und ihre<br />

Hoffnung auf die barmherzigen Pläne Gottes für uns alle.“<br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. begann seine Homilie mit einem ausführlichen und überaus herzlichen<br />

„Hallo“ an die palästinensischen Christen, besonders an jene in Gaza, deren<br />

Vertreter von ihren Brüdern und Schwestern einen herzlichen Applaus erhielten. Der<br />

<strong>Papst</strong> schlug drei Wege vor, um die Standfestigkeit in der Hoffnung zu kultivieren,<br />

daß die gute göttliche Vorsehung<br />

trotz aller äußeren Umstände<br />

am Wirken ist. Zuerst geht es<br />

um die „beständige Umkehr<br />

zu Christus“ und dann um „ein<br />

Wachsen in einer Mentalität des<br />

Friedens, welche auf Gerechtigkeit<br />

und der Achtung der Rechte<br />

und Pflichten, sowie auf einer<br />

Verpflichtung, für das allgemei-


52<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Photo : CTS / MAB<br />

ne Wohl zusammen zu arbeiten, gründet.“ Schließlich [geht es darum,] „eine Beharrlichkeit<br />

<strong>im</strong> Guten und eine Zurückweisung des Bösen“ aufrechtzuerhalten. Der Heilige<br />

Vater schloß seine Homilie mit einem ergreifenden Aufruf, in welchem er wiederholte<br />

Male auf die Worte des Engels zurückkam, der zu den Hirten in der Christnacht sprach:<br />

„Fürchtet euch nicht (…)!“ (vgl. Lk 2,10), und lud die Gläubigen ein, auf das Gebet und<br />

auf die Solidarität mit der Universalkirche zu vertrauen, ihre Präsenz <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

trotz aller Nöte zu festigen, „Brücken des Dialogs und der Zusammenarbeit zu sein“,<br />

und „eine Kultur des Friedens“ zu bauen als „lebendige Steine“ ihrer Ortskirchen. Wie<br />

tags zuvor in Jerusalem, wiederholte der <strong>Papst</strong>, daß nur die Umkehr des Herzens zum<br />

auferstandenen Christus und die geistliche Erneuerung den Christen dazu verhelfen<br />

kann, in den Prüfungen stand zu halten, Mauern niederzureißen und Frieden in das<br />

Heilige <strong>Land</strong> zu bringen.


8. – 15. Mai 2009 53


54<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Photo : L'Osservatore Romano<br />

Am Nachmittag ging der <strong>Papst</strong> alleine in die Geburtskirche, um einige Zeit vor<br />

dem Geburtsort zu verbringen. Danach besuchte er das Caritas Baby Hospital, eine<br />

Einrichtung, die vor mehr als fünfzig Jahren von Pater Ernst Schnydrig gegründet<br />

wurde, um Kinder zu beherbergen, die Opfer von Konflikten in der Gegend von<br />

Bethlehem und in Palästinensischen Autonomiebehörde geworden sind, und, um für sie<br />

zu sorgen. Der Heilige Vater dankte Pater Michael Scheiger, Präsident der Kinderhilfe<br />

Association, Herrn Ernesto Langensand, der gerade seine Zeit als Vorstandsvorsitzender<br />

vollendet, Mutter Erika Nobs, Superiorin der Gemeinschaft der Franziskanerinnen von<br />

der hl. Elisabeth von Padua, verantwortlich für das Spital, als auch Bischof Robert<br />

Zollitsch und Bischof Kurt Koch, als Vertreter der jeweiligen Bischofskonferenzen<br />

Deutschlands und der Schweiz, die diese Arbeit unterstützen. Der <strong>Papst</strong> dankte und lobte<br />

die Administratoren, Doktoren, Krankenschwestern<br />

und das Personal des Caritas Baby Hospital, welches<br />

jedes Jahr Tausenden von Kindern Hilfe schenkt.<br />

Photos : Peter Damman / Agentur Focus


Eines der vom palästinensischen Volk am meisten erwarteten Ereignisse <strong>im</strong><br />

Kalender des <strong>Heiligen</strong> Vaters war, ohne Zweifel, der Besuch des <strong>Papst</strong>es <strong>im</strong> Aida<br />

Flüchtlingslager in Bethlehem. Wie sein Vorgänger Johannes Paul II., der ein anderes<br />

Flüchtlingslager besucht hatte, wollte <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. eine Geste der Solidarität mit den<br />

Palästinensern setzen. Er betonte das bereits zu Beginn seiner Rede: „Mein Besuch <strong>im</strong><br />

Aida Flüchtlingscamp an diesem Nachmittag gibt mir eine willkommene Gelegenheit,<br />

meine Solidarität mit allen he<strong>im</strong>atlosen Palästinensern zum Ausdruck zu bringen, die<br />

sich danach sehnen, an ihren Geburtsort zurückzukehren, oder dauerhaft in einem<br />

He<strong>im</strong>atland leben zu können, das ihnen gehört.“ Das Datum des <strong>Papst</strong>besuches hatte<br />

eine wichtige symbolische Bedeutung: Es war dies nur 2 Tage vor dem 61. Jahrestag<br />

von Nakba, dem arabischen Wort für „Katastrophe“, das verwendet wird <strong>im</strong> Rückblick<br />

auf die palästinensische Tragödie des Krieges, der Vertreibungen und der Zerstörung,<br />

die mit der Gründung des Staates Israel <strong>im</strong> Jahre 1948 Hand in Hand gingen. Der <strong>Papst</strong><br />

nahm <strong>im</strong> Schulhof in Aida an einem einstündigen Programm teil, in dem Ballone stiegen,<br />

eine Aufführung von Dabke – einem traditionell palästinensischen und nahöstlichen<br />

Tanz – von den Kindern des Camps dargeboten wurde, offizielle Ansprachen gehalten<br />

wurden und eine Rezitation eines Gedichtes von Mahmoud Darwish zu hören war,<br />

sowie die Übergabe von Geschenken und Briefen an den <strong>Papst</strong>. Der Vater des ältesten<br />

Gefangenen des Camps, Herr Khalid Al-Azraq, übergab an <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. eine Stola,<br />

in die auf die eine Seite das Wappen des Vatikans und der Geburtskirche eingestickt ist,<br />

und in die auf die andere Seite der „Schlüssel der Rückkehr“ (Symbol des „Rechtes<br />

auf Rückkehr“ der palästinensischen Flüchtlinge in ihre He<strong>im</strong>at), der Felsendom und<br />

der oktogonale Stern von Kanaan eingestickt ist. Ein anderer Campbewohner, Yusif<br />

Abusrour, schenkte dem <strong>Papst</strong> aus der alten palästinensischen Stadt Tiberias einen Stein,<br />

der in die Form des historischen Palästinas geschliffen war und in der Mitte eine Gravur<br />

mit dem „Schlüssel der Rückkehr“ hatte. Zum Schluß übergaben ein musl<strong>im</strong>isches<br />

Mädchen, dessen Vater und Mutter <strong>im</strong> Gefängnis sind, und ein christliches Mädchen,<br />

dessen Vater auch in Haft ist, dem <strong>Papst</strong> einen Brief, der <strong>im</strong> Namen von Tausenden<br />

von palästinensischen Gefangenen, die in Israel festgehalten sind, geschrieben wurde.<br />

Der Direktor des Aida Camp People´s Committee, Abu Zayd, hielt eine Rede und<br />

anschließend der Präsident Mahmoud Abbas. In seiner Ansprache zeigte sich der<br />

<strong>Papst</strong> dem palästinensischen Volk in seinem Leiden selbst nahe und unterstützend: Er<br />

erwähnte die Flüchtlinge <strong>im</strong> Exil, die Notlage der getrennten Familien, das Gefühl in<br />

ein Gefängnis eingesperrt zu sein, Arbeitslosigkeit, die Trennmauer, den Teufelskreis<br />

Photos : CTS / MAB


56<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

der Gewalt. Er rief zum Frieden auf, um „den die ganze Welt seufzt“. Nakba ins<br />

Gedächtnis rufend, bekräftigte der <strong>Papst</strong> wiederum das Recht der Palästinenser auf<br />

einen unabhängigen Staat und die Notwendigkeit, vor allem eine politische Lösung mit<br />

Hilfe der internationalen Gemeinschaft zu finden. Der <strong>Papst</strong> bat die Campbewohner,<br />

und besonders die Jugend, inständig gegen die Versuchung der Gewalt zu kämpfen,<br />

und dem Beispiel des heiligen Franziskus von Assisi und allen Friedensstiftern zu<br />

folgen: „An Euch alle erneuere ich meine inständige Bitte, einen profunden Einsatz zu<br />

leisten, um den Frieden und die Gewaltlosigkeit zu kultivieren, und dabei dem Beispiel<br />

des heiligen Franziskus und anderen großen Friedensstiftern zu folgen. Friede muß zu<br />

Hause, in der Familie und <strong>im</strong> Herzen beginnen.“<br />

Am frühen Abend dieses Tages, während des Beginns der Zeremonien bei der<br />

palästinensischen Autorität <strong>im</strong> Präsidentenpalast in Bethlehem, drückte <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

nochmals seine „brennende Sehnsucht für<br />

die Verwirklichung des Friedens und der<br />

Versöhnung in diesen gequälten Ländern“<br />

aus, und verlieh wiederholt seiner Traurigkeit<br />

<strong>im</strong> Anblick der Trennmauer und seiner<br />

Emotion <strong>im</strong> Anblick der Palästinenser,<br />

besonderer derer von Gaza, Ausdruck. Er<br />

bestärkte nochmals seine Entscheidung für<br />

die Herstellung eines gerechten Friedens<br />

und eines freien unabhängigen palästinensischen<br />

Staates: „Als einen wichtigen Schritt<br />

in dieser Richtung sucht der Heilige Stuhl<br />

gemeinsam mit der Palästinensischen Autorität<br />

eine dauernde bilaterale Kommission<br />

zu gründen, so wie <strong>im</strong> Rahmenvertrag angedacht,<br />

unterzeichnet <strong>im</strong> Vatikan am 15. Februar<br />

2000 (vgl. Grundlagenvertrag zwischen<br />

dem <strong>Heiligen</strong> Stuhl und der PLO, Art. 9).<br />

Photos : CTS / MAB


8. – 15. Mai 2009 57<br />

Die Liturgie und der Chor<br />

Die liturgische Vorbereitung für den <strong>Papst</strong>besuch erfolgte sehr sorgfältig. Das<br />

liturgische Zentralkomitee, angeleitet von Bischof Marcuzzo und zusammengestellt<br />

von Frater Stéphane Milovitch OFM, Koordinator für Jerusalem, Monsignore<br />

William Shomali, Koordinator für Bethlehem, und Frater Agapios Abu-Saada,<br />

Koordinator für Nazareth.<br />

Zu den Messen und zu den verschiedenen Feiern der Vesper zeichnete<br />

sich der Chor von selbst durch Gründlichkeit in der Vorbereitung als auch durch<br />

Qualität in der Durchführung aus. In Amman wurde der Chor Yanbu‘ al-Muhabba<br />

(Frühling der Liebe) von Frater Bashir Bader geleitet; in Jerusalem wurde der Chor<br />

der Kustodie von Hania Soudah-Sabbara geleitet; in Bethlehem wurde der Chor<br />

des Seminars und die Pfarrchöre von Frater Ibrah<strong>im</strong> Shomali dirigiert; in Nazareth<br />

setzte sich der gemischte Chor aus dem lateinischen Chor von der Verkündigung,<br />

dirigiert von Youssef al-Khel, die melkitischen Chöre von Nazareth und Haifa,<br />

angeleitet von Frater Agapios Abu-Saada und Awni Hayek, und dem maronitischen<br />

Chor Nazareths, dirigiert von Bishara Azzam, zusammen.


58<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Der <strong>Papst</strong> in Nazareth<br />

Am Donnerstag, den 14. Mai 2009, besuchte <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. Nazareth. Der<br />

Höhepunkt des Tages war die Heilige Messe, welche <strong>im</strong> Freien am Berg des Abgrundes<br />

(„Mount Precipice“) in Anwesenheit einer Versammlung, die für ihre Vielfalt<br />

bemerkenswert ist, zelebriert wurde. Katholiken – Lateiner, Melkiten und Maroniten<br />

– mischten sich mit Menschen von anderen christlichen Konfessionen – insbesondere<br />

Orthodoxe und Anglikaner – und sogar andere Religionen: einige tausend Musl<strong>im</strong>e<br />

waren zugegen und zahlreiche Juden. Tausende Pilger aus vielen umliegenden Ländern<br />

waren gekommen, wie auch gegenwärtig Residierende in Israel. Wir sahen auch, daß<br />

eine große Gruppe von Filipinos und ausländischer Arbeiter anderer Nationalitäten<br />

anwesend waren, so zum Beispiel einige aus dem Sudan und eine Menge Menschen<br />

aus den palästinensischen Territorien, für die die israelischen Behörden Pässe bereit<br />

gestellt hatten.<br />

Am Berg des Abgrundes („Mount Precipice“) stehend, blickt man über den<br />

Hügel auf die Stadt Nazareth und auf die Basilika der Verkündigung. Auch sieht


8. – 15. Mai 2009 59<br />

man ein schönes Amphitheater und eine beeindruckende Esplanade, die von der<br />

Stadtverwaltung errichtet worden waren.<br />

Die Heilige Messe mit dem <strong>Papst</strong> war für 10.00 Uhr vormittags geplant. Bereits<br />

um 04.00h morgens war eine Menge von Gläubigen vor Ort, die den Rosenkranz<br />

beteten oder - in ihren Decken eingehüllt - schliefen. Allmählich, Stunde um Stunde,<br />

füllten sich die Sitzreihen, die für 62.000 Gläubige bereit gestellt waren. Sie kamen von<br />

Jerusalem und von ganz Israel, die meisten waren Galiläer, unter ihnen Nazarener. Sie<br />

alle waren glücklich und stolz, den <strong>Heiligen</strong> Vater willkommen zu heißen und die Welt<br />

an ihr einzigartiges und vitales Dasein zu erinnern. Nazareth ist eine Stadt mit ungefähr<br />

70.000 Einwohnern. Sie ist die größte arabische Stadt in Israel und es leben ungefähr<br />

40 % Christen darin.<br />

Die versammelte Menge von Gläubigen sang bereits eineinhalb Stunden vor<br />

der Ankunft des <strong>Papst</strong>es unter glühender Sonne Lieder und Hymnen und den Refrain<br />

„Welcome, Benedict!“ oder „Benedetto, benvenuto!“ sowie ein schönes<br />

Lied, das von Louaie Zaher und Rabab Zeitoun, den beiden katholischen<br />

Künstlern aus Nazareth, komponiert und gesungen wurde.<br />

Bei seiner Ankunft am <strong>Land</strong>eplatz des Helikopters wurde <strong>Benedikt</strong><br />

<strong>XVI</strong>. von etlichen Bischöfen, dem Bürgermeister von Nazareth, Ramez<br />

Jarayseh, und seinem Stadtrat, von Bürgermeistern nahe gelegener Städte<br />

und von verschiedenen Würdenträgern der israelischen Ministerien<br />

für interne und externe Angelegenheiten, willkommen<br />

geheißen. Der <strong>Papst</strong> begrüßte jeden von ihnen. Danach<br />

wurde der Heilige Vater mit dem Papamobil in das<br />

Amphitheater hinein gefahren. Er fand eine Atmosphäre von<br />

großer Freude vor. Der <strong>Papst</strong> wurde noch viel herzlicher, als<br />

man sich jemals vorstellen konnte, willkommen geheißen und<br />

gefeiert. In einer schönen Prozession stiegen die Zelebranten<br />

zum Altar hinauf und trugen eine große Ikone mit sich,<br />

die von einem melkitischen Priester, namens Rev. Samir<br />

Rohana, gemalt wurde.


60<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Nach der Willkommensrede, welche von Erzbischof Elias Chacour, Griechisch<br />

Katholischer Erzbischof von Akko, gegeben wurde, begann die Heilige Messe.<br />

Die Liturgie wurde zu Ehren der <strong>Heiligen</strong> Familie gefeiert und durch Elemente des<br />

melkitischen und des maronitischen Ritus bereichert. Das wurde von den Organisatoren<br />

so ausgewählt, um das Jahr, welches von den katholischen Kirchen des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es<br />

<strong>im</strong> Jahr 2008 - 2009 der Familie gewidmet war, zu beschließen. In seiner Homilie,<br />

welche auf der Grundlage fußte, daß Nazareth die Stadt der <strong>Heiligen</strong> Familie ist, betonte<br />

der Heilige Vater ausführlich die Heiligkeit und die vitale Mission der christlichen<br />

Familie. Er richtete seine Homilie in besonderer Weise an die Männer, Frauen und<br />

Kinder. <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. ermahnte auch, der Versuchung von interreligiöser Gewalt zu<br />

widerstehen - insbesondere bezog er sich auf die Spannungen zwischen Christen und<br />

Musl<strong>im</strong>e <strong>im</strong> Hinblick auf die Mosche in Nazareth, die 1999 ausgebrochen waren – und<br />

er rief zum Dialog, zu gegenseitigem Respekt und zu einer friedvollen Koexistenz<br />

auf. Er betonte: „Mögen wir alle der zerstörerischen Macht von Haß und Vorurteil,<br />

die zuerst die Seelen der Menschen und dann ihre Körper tötet, eine klare Absage<br />

erteilen!“


8. – 15. Mai 2009 61<br />

Trotz der großen Mehrheit von Gläubigen,<br />

die keine Heilige Kommunion empfingen, fand<br />

die Heilige Messe in einer kontemplativen<br />

Atmosphäre von Freude und Danksagung statt.<br />

Jene Personen, die für die israelische Sicherheit<br />

verantwortlich waren, und die aufgrund der<br />

Größe der Menge Angst vor Schwierigkeiten<br />

bekommen hatten, verliehen ihrer Bewunderung<br />

über das tadellose Benehmen der Gläubigen<br />

während der Feier Ausdruck. Hier müssen wir<br />

den Pfadfindern danken und sie anerkennen,<br />

da sie hart gearbeitet hatten, um das Ereignis<br />

vorzubereiten. Sie dienten den Anwesenden als<br />

Ordner.<br />

Das Schauspiel des Stromes der Gläubigen, der sich die Straße hinunter bis zum<br />

Fuß des Berg des Abgrundes („Mount Precipice“) bewegte, war sehr eindrucksvoll.<br />

Leider wurde eine Menge von Leuten – größtenteils Musl<strong>im</strong>e – die sich zu beiden<br />

Seiten der Straße von der Bergspitze bis ganz nahe zur Basilika drängten, um den <strong>Papst</strong><br />

auf seinem Weg zu begrüßen, enttäuscht: Die israelische Polizei hatte versprochen, den<br />

<strong>Papst</strong> sichtbar für die Leute entlang der Straße [fahren] zu lassen, damit sie ihm die<br />

Ehre erweisen könnten, aber anstatt ihn ins Papamobil einsteigen zu lassen, brachte die<br />

israelische Polizei den <strong>Papst</strong> <strong>im</strong> letzten Moment in ein Auto mit verdunkelten Fenstern!


62<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>


8. – 15. Mai 2009 63


64<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Nach dem Mahl mit den Bischöfen, der Franziskanergemeinschaft und dem<br />

päpstlichen Gefolge <strong>im</strong> Franziskanerkloster von Nazareth, traf <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. mit dem<br />

israelischen Premierminister Benyamin Netanyahu zusammen. Ihr Gesprächsaustausch<br />

hatte Wege zum Friedensprozeß in der Region und die Anwendung des Grundlagenvertrages<br />

zwischen dem <strong>Heiligen</strong> Stuhl und dem Staat Israel zum Inhalt.<br />

Später am Nachmittag kam der <strong>Papst</strong> zum Auditorium der Verkündigungskirche<br />

in Nazareth zu einer Begegnung mit den christlichen, jüdischen, musl<strong>im</strong>ischen und drusischen<br />

Religionsführern Galiläas zusammen. In seiner Begrüßungsrede begann Bischof<br />

Giacinto-Boulos Marcuzzo, der Vikar des Lateinischen Patriarchates von Israel, mit der<br />

Bemerkung, „daß Nazareth in Schrift und Tradition der Treffpunkt par excellence sei:<br />

Zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, zwischen Gott und Mensch, zwischen<br />

H<strong>im</strong>mel und Erde, Endlichkeit und Unendlichkeit und zwischen Zeit und Ewigkeit.“ Er<br />

wandte sich mit folgenden Worten an den <strong>Heiligen</strong> Vater: „Eine revidierte Form des „Dialogs“<br />

könnte genau Ihr päpstliches Motto ‚Cooperatores veritatis’ (3 Joh 1,8) zum Ausdruck<br />

bringen; Zusammenarbeit in der Suche nach der Wahrheit. Durch diese konkrete<br />

Umsetzung kann unsere Verschiedenartigkeit ein herrliches Mosaik werden, das den<br />

Reichtum des Glaubens als eine schöne harmonische Symphonie und unsere Traditionen<br />

als einen wunderbaren Garten von schönen und gefälligen Blumen widerspiegelt.“


8. – 15. Mai 2009 65<br />

Der <strong>Papst</strong> nahm in seiner Rede auch Bezug auf die besondere Berufung Galiläas,<br />

indem er sprach: „Es ist ein <strong>Land</strong>, bekannt für seine religiöse und ethnische Vielfalt, es<br />

ist He<strong>im</strong>at für ein Volk, das sehr gut die Mühen kennt, die es braucht, um in harmonischer<br />

Koexistenz zu leben.“ Er bat seine Zuhörer ihr Bemühen um den Dialog fortzusetzen,<br />

das Verständnis, den Respekt und die gegenseitige Zusammenarbeit sowie den Frieden<br />

und das Wohlergehen der menschlichen Familie als Ganzes zu fördern. Aber was<br />

jenseits der Worte von diesem Treffen in Erinnerung bleibt, ist vor allem ein Bild,<br />

das durch die Einladung eines Rabbiners zustande kam: Die Teilnehmer, angeleitet<br />

von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., vereinten ihre St<strong>im</strong>men zu einem Friedenslied, das für diese<br />

besondere Gelegenheit komponiert worden war. Der <strong>Papst</strong> stand auf und nahm die<br />

Hände seiner Nachbarn, in einer symbolisch sehr berührenden Geste von Einheit und<br />

Brüderlichkeit. Dieses Bild wurde sogleich auf der ganzen Welt gezeigt.<br />

Der Heilige Vater ging weiter zur Verkündigungsbasilika, um dort an der<br />

Grotte, wo die Jungfrau Maria die Verkündigung des Erzengels Gabriel empfing,<br />

einige Zeit <strong>im</strong> stillen Gebet zu verbringen. Dann stand er, wie in Amman, der Vesper<br />

mit den Bischöfen, Priestern und Nonnen, als auch den kirchlichen und pastoralen<br />

Bewegungen Galiläas vor. Erzbischof Paul Nabil Sayah, Maronitischer Erzbischof von<br />

Haifa, sprach die Willkommensrede <strong>im</strong> Namen des Klerus, der Mönche und Nonnen<br />

zum <strong>Heiligen</strong> Vater. In seiner<br />

Antwort betrachtete der <strong>Papst</strong> das<br />

Gehe<strong>im</strong>nis der Verkündigung und<br />

der Menschwerdung. Er wandte<br />

sich mit einer dringenden Bitte, ja<br />

beinahe mit einem Flehen an die<br />

Christen des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, indem<br />

er sagte: „Habt Mut treu zu Christus<br />

zu sein und hier in diesem <strong>Land</strong>, das<br />

Er durch seine Gegenwart geheiligt<br />

hat, zu leben! Wie Maria, habt auch<br />

ihr eine Rolle <strong>im</strong> Heilsplan Gottes<br />

zu spielen, indem ihr als Zeugen<br />

Christus und seine Botschaft von<br />

Frieden und Einheit der Welt<br />

gegenwärtig macht. Dafür ist es<br />

wesentlich, daß ihr untereinander<br />

geeint seid, damit die Kirche <strong>im</strong><br />

<strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> klar als ‚ein Zeichen<br />

und Instrument der Gemeinschaft<br />

mit Gott und der Einheit mit der<br />

ganzen menschlichen Rasse’<br />

(Lumen Gentium I) erkennbar ist.“


66<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>


8. – 15. Mai 2009 67<br />

Das zentrale Koordinationskomitee<br />

für den <strong>Papst</strong>besuch<br />

nach Israel und in die<br />

Palästinensische Autonomiebehörde<br />

Seine Seligkeit Patriarch Fouad Twal,<br />

Lateinischer Patriarch von Jerusalem und Präsident von „ACOHL“<br />

Seine Exzellenz Antonio Franco,<br />

Päpstlicher Nuntius und Apostolischer Delegat<br />

Seine Exzellenz Elias Chacour,<br />

Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Akko<br />

Seine Exzellenz Paul Nabil Sayah,<br />

Maronitischer Erzbischof von Jerusalem, Jordanien und Haifa<br />

Seine Exzellenz Giacinto-Boulos Marcuzzo,<br />

Lateinischer Patriarchalvikar für Israel<br />

Monsignore Raphael Minassian,<br />

Armenisch Katholischer Patriarchalexarch von Jerusalem und Amman<br />

P. Pierbattista Pizzaballa OFM,<br />

Kustos des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es<br />

Monsignore Paolo Borgia,<br />

Sekretär des Nuntius<br />

P. David Neuhaus SJ,<br />

Lateinischer Patriarchalvikar für die Hebräisch sprechenden Gemeinden<br />

Rev. Humam Khzouz,<br />

Kanzler des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem<br />

Rev. Shawki Baterian,<br />

Generaladministrator des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem<br />

P. Pietro Felet SCJ,<br />

Generalsekretär von „ACOHL“<br />

Herr Wadie Abu-Nassar,<br />

Leiter der Kommunikationsabteilung des Lateinischen Patriarchates<br />

von Jerusalem


68<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Mult<strong>im</strong>edia-Produktionen während des <strong>Papst</strong>besuches<br />

Der Besuch von <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. war eine Gelegenheit für diverse audiovisuelle Produktionen,<br />

wovon es u. a. die folgenden gibt:<br />

Die israelische Regierung teilte den Schulen – besonders den christlichen – ein<br />

spezielles Budget zu, um Studenten auf den Besuch des <strong>Heiligen</strong> Vaters vorzubereiten.<br />

Shaadi Abu-Khadra, <strong>im</strong> Auftrag des katechetischen Komitees in Israel, fertigte eine<br />

CD-Rom-Präsentation an, die Erklärungen uRev. Bashir Bader und Rev. Rif´at Bader<br />

nahmen mit dem Chor Yanbu‘ al-Muhabba (Frühling der Liebe) eine CD mit Musikstücken<br />

und religiösen Liedern auf. Unter diesen Liedern wurden Hymnen vorgetragen,<br />

die anlässlich der verschiedenen Weltjugendtage und anlässlich des Besuches von Johannes<br />

Paul II. ins Heilige <strong>Land</strong> <strong>im</strong> Jahr 2000 komponiert wurden. Sie nahmen auch<br />

originale Kompositionen auf, die speziell für den Besuch von <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. geschrieben<br />

wurden.<br />

In Galiläa nahmen die beiden katholischen Künstler, Louaie Zaher und Rabab<br />

Zeitoun eine CD auf, auf welcher traditionelle Hymnen - darunter zwei besondere,<br />

komponiert für den Besuch von <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., - aufgenommen wurden.<br />

Die besten Willkommensbotschaften<br />

Die Gläubigen haben sich während der Pilgerreise des <strong>Papst</strong>es gegenseitig mit Enthusiasmus,<br />

Kreativität und Tiefe <strong>im</strong> Verfassen von Willkommensgrüßen überboten. Ihre<br />

Willkommensbotschaften wurden auf Fahnen, Postern und Kunstdrucken gezeigt.<br />

Hier einige Beispiele:<br />

In Amman: „P.O.P.E.“, was bedeutet: „People of Peace Excited to meet you“<br />

(Caritas, Jordanien) = übersetzt: “Menschen des Friedens, die begeistert sind, Sie zu<br />

treffen”<br />

In Jerusalem: „Israel welcomes Pope Benedict who comes in a spirit of unity and<br />

peace“ = übersetzt: „Israel heißt <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> willkommen, der <strong>im</strong> Geist der Einheit<br />

und des Friedens kommt“<br />

In Bethlehem: «Unser <strong>Papst</strong> ist unser Hoffnung».<br />

In Nazareth: „Nazareth, the city of peace where everything began“; „Welcome<br />

home, dear Pope“; „The Latin Patriarchate of Jerusalem affectionately welcomes H.H.<br />

Pope Benedict <strong>XVI</strong>., Messenger of Peace, Truth and Dialogue, to Nazareth the brotherly<br />

city“ = übersetzt: “Nazareth, die Stadt des Friedens, wo alles begann”; “Willkommen<br />

zu Hause, lieber <strong>Papst</strong>”; “Das Lateinische Patriarchat von Jerusalem heißt<br />

Seine Heiligkeit <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>, den Botschafter des Friedens, der Wahrheit und<br />

des Dialogs, in Nazareth, der brüderlichen Stadt, herzlich willkommen“.


8. – 15. Mai 2009 69<br />

Der letzte Tag in Jerusalem<br />

Am Freitag, den 15. Mai 2009 verbrachte der <strong>Papst</strong> den letzten Tag seiner Pilgerreise<br />

in Jerusalem. Nachdem er eine Privatmesse in der Kapelle der Apostolischen Delegation,<br />

die am Ölberg liegt, zelebrierte, besuchte <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. das Griechisch Orthodoxe<br />

Patriarchat <strong>im</strong> christlichen Viertel der Altstadt. Er traf Seine Seligkeit Patriarch<br />

Theophilos III., der die Willkommensrede vor den Erzbischöfen, Bischöfen, Äbten und<br />

Priestern und einer Anzahl Gläubiger hielt. In seiner Rede sagte der <strong>Papst</strong>, daß er schon<br />

„lange“ auf den Moment „gewartet“ und sich danach gesehnt hätte, eine Kontinuität<br />

mit den historischen Treffen zwischen Paul VI. und Patriarch Athenagoras <strong>im</strong> Jahre<br />

1964, sowie weiters mit Johannes Paul II. und Patriarch Diodoros <strong>im</strong> Jahr 2000 herzustellen.<br />

Er sprach zudem mit tiefer Überzeugung von der „ökumenischen Aufgabe“:<br />

Der <strong>Papst</strong> bezog sich auf die Arbeit der Gemeinsamen Internationalen Kommission für<br />

den theologischen Dialog zwischen der Römisch-Katholischen Kirche und den Orthodoxen<br />

Kirchen, das kürzlich erschienene Ravenna-Dokument, und die Teilnahme des<br />

Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Seine Heiligkeit Bartholomäus I. an<br />

der Bischofssynode über das Wort Gottes. Ausdrucksstark bekräftigte <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

zudem, daß allein schon das rechte Gefühl für „die Schande unserer Spaltungen ein<br />

kleines Wunder“ gewesen sei und Ausdruck einer wirklichen Sehnsucht nach Einheit<br />

sei. Er ermutigte verschiedene ökumenische Initiativen, die bereits in Jerusalem bestehen,<br />

und lobte die Arbeit, die schon von den Leitern der christlichen Gemeinschaften<br />

vollendet wurde.<br />

Photo : Christo Asfour


70<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Der <strong>Papst</strong>besuch in<br />

der <strong>Heiligen</strong> Grabeskirche<br />

war zweifellos einer der Höhepunkte<br />

seiner Pilgerreise.<br />

Das Bild von <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.,<br />

als er vor dem leeren Grab<br />

in dem kleinen Heiligtum<br />

Photo : Christo Asfour<br />

der Anastasis kniete, war ein<br />

Glaubensakt und ein Glaubenszeugnis. Der <strong>Papst</strong> übergab vor dem <strong>Heiligen</strong> Grab eine<br />

seiner stärksten Botschaften während der gesamten Reise zum Thema der Hoffnung.<br />

Patriarch Fouad Twal bekräftigte diese Tatsache am Schluß seiner Willkommensrede<br />

mit folgenden Worten: „Heiliger Vater, geführt von der Stärke der Auferstehung und<br />

rückversichert durch die Verheißung des Herrn, bei uns zu bleiben bis an das Ende<br />

der Zeit, wage ich zu sagen, daß weder Konflikt noch Besetzung, weder Trennmauern<br />

noch die Kultur des Todes oder die Emigration der Christen unsere Moral zerstören,<br />

unsere Hoffnung auslöschen und unsere Freude ersticken kann!“ Vor dem leuchtenden<br />

Gehe<strong>im</strong>nis des leeren Grabes entwickelte der <strong>Papst</strong> das Thema der christlichen Hoffnung:<br />

Eine „Hoffnung, die nicht enttäuscht, weil sie die Gabe des Geistes des Lebens<br />

ist“ (vgl. Röm 5,5), und stellte fest, daß dies „die Botschaft war, die er uns am Ende <strong>im</strong><br />

<strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> hinterlassen wollte.“ Es war vor dem leeren Grab, als der <strong>Papst</strong> seinen<br />

leidenschaftlichsten Aufruf an die Christen<br />

<strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> richtete, indem er die<br />

Kirche von Jerusalem an ihre Berufung<br />

erinnerte, der erste Verkünder der Auferstehung<br />

zu sein: „Das ist die Botschaft,<br />

die ich euch heute zum Abschluß meiner<br />

Pilgerreise in das Heilige <strong>Land</strong> übergeben<br />

will … Die Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>,<br />

welche so oft schon das dunkle Mysterium<br />

von Golgotha erfahren hat, darf niemals<br />

aufhören, ein unerschütterlicher Bote der<br />

leuchtenden Botschaft der Hoffnung zu<br />

sein, welche dieses leere Grab proklamiert.<br />

In diesem Grab soll die Kirche all ihre<br />

Ängste und Befürchtungen begraben, um<br />

jeden Tag aufs Neue an der Auferstehung<br />

teilzuhaben und ihren Weg durch die Straßen<br />

von Jerusalem, Galiläa und darüber hinaus<br />

fortzusetzen, indem sie den Triumph<br />

der Vergebung Christi und das Versprechen<br />

eines neuen Lebens verkündet.“<br />

Photo : Ariel Jerozol<strong>im</strong>ski


8. – 15. Mai 2009 71<br />

Photos : L'Osservatore Romano<br />

In der Beibehaltung des ökumenischen<br />

Geistes, welcher einer der bezeichnenden<br />

Charakteristika in seiner<br />

Pilgerreise war, ging <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. zur<br />

Armenisch-Apostolischen Kirche von<br />

Jerusalem, die dem heiligen Jakobus geweiht<br />

ist. Dort traf er mit Seiner Seligkeit<br />

Patriarch Torkom Manooghian und<br />

den Erzbischöfen, Bischöfen, Priestern<br />

und den gläubigen orthodoxen Armeniern<br />

zusammen. Nochmals begrüßte<br />

der <strong>Papst</strong> die „bedeutende Entwicklung<br />

der Beziehungen zwischen der Katholischen<br />

Kirche und der Armenisch Apostolischen<br />

Kirche“. Mit Freude erinnerte<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. an den <strong>im</strong> Jahre<br />

2008 stattgefundenen Rombesuch des<br />

Obersten Patriarchen und Katholikos<br />

aller Armenier, Karekin II., und des<br />

Katholikos von Zilizien, Aram I., und<br />

erwähnte das letzte Dokument über die


72<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Natur und die Mission der Kirche, welches von der Vereinten Kommission zwischen<br />

der Katholischen Kirche und den orientalischen Orthodoxen Kirchen verfaßt wurde.<br />

<strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. schloß seine Rede, indem er die „glorreiche Geschichte“ der armenischen<br />

Gemeinde in Jerusalem in Erinnerung rief. Er verwies auf „ein außergewöhnlich<br />

blühendes monastisches Leben und eine Kultur, die mit den heiligen Stätten und mit<br />

den liturgischen Traditionen, die darum entstanden sind, verbunden ist“, und er betete,<br />

daß ein erneuertes Leben beständig aus diesen reichen Traditionen hervorgehen möge.<br />

Am frühen Nachmittag wurde der <strong>Papst</strong> am Ben Gurion Airport in Tel Aviv für die<br />

Abschiedszeremonie von Israel erwartet. Er wollte mit seinen Zuhörern „einige<br />

starke Eindrücke“ von seiner Pilgerreise in das Heilige <strong>Land</strong> teilen. Der Heilige Vater<br />

widmete den Großteil seiner Rede dem Friedensaspekt. Er erinnerte seine Zuhörer, daß<br />

er als Freund der Israeli und der Palästinenser in dieses <strong>Land</strong> gekommen war. „Freunde<br />

haben Freude daran, Zeit miteinander zu verbringen, und sie bedauern es zutiefst, daß<br />

der andere leidet. Kein Freund der Israelis und der Palästinenser kann sich der Trauer<br />

über die andauernde Spannung zwischen Euren beiden Völkern entziehen. Kein Freund<br />

kann es unterlassen bei diesem Leiden und diesem Verlust an Leben zu weinen, das<br />

beide Völker über die letzten sechzig Jahre hinweg erlitten haben.“<br />

In seinen letzten Worten, kurz bevor er all seinen Gastgebern und den Organisatoren<br />

seines Besuches gedankt hatte, sprach der Heilige Vater von der Trennmauer zwischen<br />

Jerusalem und Bethlehem, „als einen der traurigsten Anblicke“ während seiner<br />

Pilgerreise. Ein letztes Mal drängte er das israelische und das palästinensische Volk<br />

dazu, statt des Mißtrauens und der Trennung, ein gerechtes, bleibendes Vertrauen und<br />

einen Respekt aufzubauen.<br />

Jedoch ist ohne Zweifel das, was von der Abschiedsrede <strong>Benedikt</strong>s <strong>XVI</strong>. vom<br />

15. Mai 2009 verbleibt, sein Appell, der eine Synthese seiner Friedensbotschaft ist:<br />

„Nie wieder Blutvergießen! Nie wieder Kämpfe! Nie wieder Terrorismus! Nie wieder<br />

Krieg! Stattdessen laßt uns den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt dauernden<br />

Frieden, der auf Gerechtigkeit gegründet ist, herrschen, laßt eine ursprüngliche<br />

Wiedervereinigung und Heilung geschehen. Laßt es universal anerkannt sein, daß der<br />

Staat Israel ein Recht auf seine Existenz hat und sich an Frieden und Sicherheit innerhalb<br />

international anerkannter Grenzen erfreut. Anerkennt ebenso, daß das palästinensische<br />

Volk ein Recht auf einen souveränen, unabhängigen He<strong>im</strong>atstaat hat, und das Recht,<br />

in Würde zu leben und sich frei bewegen zu können: Laßt die Zwei-Staaten-Lösung<br />

Realität werden, und nicht einen Traum bleiben.“<br />

★ ★ ★


8. – 15. Mai 2009 73<br />

Die führenden Kirchenoberhäupter<br />

und kirchliche Würdenträger, welche während<br />

der Päpstlichen Pilgerreise anwesend waren<br />

Seine Seligkeit Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem<br />

Seine Seligkeit Theophilos III., Griechisch Orthodoxer Patriarch von Jerusalem<br />

Seine Seligkeit Kardinal Emmanuel III. Delly, Patriarch von Babylon der Chaldäer<br />

Seine Seligkeit Kardinal Nasrallah Pierre Sfeir, Maronitischer Patriarch von Antiochia<br />

Seine Seligkeit Gregorios III. Laham, Melkitisch Griechisch Katholischer Patriarch von<br />

Antiochia<br />

Seine Seligkeit Ignatius Joseph III. Younan, Katholisch Syrischer Patriarch von Antiochia<br />

Seine Seligkeit Nerses Bedros XIX. Tarmouni, Armenisch Katholischer Patriarch von Zilizien<br />

Seine Seligkeit Michel Sabbah, Lateinischer Patriarch Emeritus von Jerusalem<br />

Seine Exzellenz Antonio Franco, Apostolischer Nuntius in Israel<br />

und Apostolischer Delegat für Palästinensische Autonomiebehörde<br />

Seine Exzellenz Elias Chacour, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Akko<br />

Seine Exzellenz Yaser Ayyash, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von Amman<br />

Seine Exzellenz Paul Nabil Sayah, Maronitischer Erzbischof von Haifa<br />

und des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es<br />

Seine Exzellenz Pierre Melki, Syrisch Katholischer Bischof von Jerusalem<br />

Seine Exzellenz Jules Yousef Zerrey, Melkitisch Griechisch Katholischer Erzbischof von<br />

Jerusalem<br />

Seine Exzellenz Sal<strong>im</strong> Sayegh, Lateinischer Patriarchalvikar für Jordanien<br />

Seine Exzellenz Giacinto-Boulus Marcuzzo, Lateinischer Patriarchalvikar für Israel<br />

Seine Exzellenz Kamal Bathish, Lateinischer Patriarchalvikar General Emeritus<br />

Seine Exzellenz Aristarchos Peristeis, Generalsekretär des Griechisch Orthodoxen<br />

Patriarchates<br />

Seine Exzellenz Aris Shirvanian, Armenisch Orthodoxer Erzbischof<br />

Seine Exzellenz Mounib Younan, Lutheranischer Bischof von Jerusalem<br />

Seine Exzellenz Suheil Dawani, Anglikanischer Bischof von Jerusalem<br />

Seine Exzellenz Riah Abu al-‘Assal, Anglikanischer Bischof Emeritus von Nazareth<br />

P. Pierbattista Pizzaballa OFM, Kustos des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es<br />

Monsignore Raphael Minassian, Armenisch Katholischer Exarch von Jerusalem<br />

Monsignore Paolo Borgia, Sekretär des Nuntius<br />

P. Pietro Felet, SCJ, Generalsekretär von „ACOHL“


74<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Das Päpstliche Gefolge<br />

Seine Eminenz Kardinal Tarcisio Bertone, Staatssekretariat<br />

Seine Eminenz Kardinal Leonardo Sandri, Präfekt der Kongregation für die Orientalischen<br />

Kirchen<br />

Seine Eminenz Kardinal Walter Kasper, Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung<br />

der Einheit der Christen<br />

Seine Eminenz Kardinal John Patrick Foley, Großmeister des Ordens des <strong>Heiligen</strong> Grabes<br />

Seine Eminenz Kardinal Jean-Louis Tauran, Präsident des Päpstlichen Rates für den<br />

Interreligiösen Dialog<br />

Monsignore Guido Marini, Päpstlicher Zeremonienmeister<br />

Monsignore Marco Agostini, Päpstlicher Zeremonienmeister<br />

★ ★ ★<br />

Unter den weiteren<br />

Würdenträgern waren präsent:<br />

Seine Eminenz Kardinal Ennio Antonelli, Präsident des Päpstlichen Rates für die Familie<br />

Seine Exzellenz Jean Sle<strong>im</strong>an, Lateinischer Erzbischof von Baghdad<br />

Seine Exzellenz Paul Dahdah, Apostolischer Vikar von Beirut<br />

Seine Exzellenz Maroun Lahham, Bischof von Tunis<br />

Seine Exzellenz Ghaleb Bader, Erzbischof von Algerien<br />

Seine Exzellenz Nicodème Barrigah-Benissan, Bischof von Atakpamé<br />

Seine Exzellenz Robert Zollitsch, Erzbischof von Freiburg <strong>im</strong> Breisgau<br />

Seine Exzellenz Kurt Koch, Erzbischof von Basel


8. – 15. Mai 2009 75<br />

Die Delegation des Ordens<br />

vom <strong>Heiligen</strong> Grab<br />

Mehr als siebzig Mitglieder des Ritterordens vom <strong>Heiligen</strong> Grab zu Jerusalem nahmen<br />

am päpstlichen Besuch <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> teil:<br />

Großmagisterium<br />

Agostino Borromeo, Generalgouverneur<br />

Adolfo Rinaldi<br />

Mario Cantutti<br />

Christa von Siemens<br />

Jerusalem und Amman<br />

Issa und Claudette Habesh<br />

Jiries und Henriette Sharbeen<br />

Said Sawalha<br />

Karam und Bdour Msiih<br />

Deutschland<br />

Heinrich Dickmann, Statthalter<br />

Karl Gertler<br />

Folker Muller<br />

Michael Bühlhoff<br />

Richard Lorisch<br />

Christoph Johannes K<strong>im</strong>berger<br />

England und Wales<br />

Michael Whelan, Statthalter<br />

Norah Whelan<br />

Bartholomew und Mary Bond<br />

Brendan und Gavan Ryan<br />

John und Zofia Mill<br />

Gerald und Pauline Soane<br />

Rupert und Patricia Page<br />

Bernard und Margaret Waddingham<br />

Joseph und Anne Nolan<br />

Claire Anne Nolan<br />

Stephanie Allanach<br />

Suzanne Kavanagh<br />

Dominic Golding<br />

Rev. Richard Hind<br />

Emily O’Brien<br />

Patricia Richardson<br />

Christopher Richards<br />

William Metcalf<br />

Laila Asfoura<br />

Kanada – Toronto<br />

Robert und Vida Nairn<br />

Terrance und Irene Wolff<br />

Roland und Marie Bertin<br />

Douglas und Maureen Murray<br />

Kathleen McGilly<br />

Spanien<br />

María Cristina de Vilar y Hernández<br />

Ernesto Domínguez y Porta<br />

Vereinigte Staaten – West<br />

Patrick Powers, Statthalter<br />

Vereinigte Staaten – Nord<br />

George Thomas Zirnhelt, Statthalter<br />

Susan Mary Zirnhelt


76<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Frankreich<br />

Bertrand und Nathalie Ferrier<br />

Norwegen<br />

Lars-Ole Svanenhielm Djupdal<br />

Helene Lund<br />

Gaute Haug Eriksen<br />

Philippinen<br />

Jesus P. Tambunting, Statthalter<br />

Margarita Tambunting<br />

José L. und Maria Victoria Cusia<br />

Portugal<br />

Gonzalo Medina Figueiredo<br />

de Barros, Statthalter<br />

Antonio und Maria Teresa<br />

de Magalhaes e Menezes<br />

Francisco und Maria Isabel<br />

José Paulo und Maria<br />

de Fat<strong>im</strong>a Barahona<br />

Castelbranco Mascarenhas<br />

Luis und Virginia Chaves Costa<br />

Ana Julia Galvao Coelho<br />

de Campos<br />

Nuno de Sousa Mendes<br />

Joao A.T. Goulart de Bettencourt<br />

Schweiz<br />

Frank und Rita Deiters


8. – 15. Mai 2009 77<br />

Ansprachen<br />

von Patriarch Fouad Twal,<br />

von Bischof Giacinto-Boulos Marcuzzo, Patriarchalvikar für Israel,<br />

von Bischof Sal<strong>im</strong> Sayegh, Patriarchalvikar für Jordanien<br />

Reden von Patriarch Fouad<br />

be<strong>im</strong> Regina Pacis Center<br />

Heiliger Vater,<br />

<strong>im</strong> Namen der Angestellten und der Volontäre heißen wir Sie frohen Herzens<br />

willkommen <strong>im</strong> Regina Pacis Center, zu welchem die Kirche zum Guten Hirten, ein<br />

Treffpunkt für die christliche Jugend Jordaniens und ein Dienst für Behinderte, gehört.<br />

Ihre Anwesenheit ist für uns Höhepunkt all unserer Hoffnungen, unserer Arbeit<br />

und unserer Erfahrung hier. Heiliger Vater, in der <strong>Heiligen</strong> Schrift sagt der Herr:<br />

„Die verloren gegangenen Tiere will ich suchen, die vertriebenen zurückbringen,


78<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

die verletzten verbinden, die schwachen<br />

kräftigen, ... und für sie sorgen, wie es recht<br />

ist.“ (Ez 34, 16)<br />

Unsere jungen Menschen – wie alle<br />

jungen Menschen – brauchen wirklich einen<br />

guten Hirten, der sie auf die rechten Wege<br />

leitet und sie durch Reue und Vergebung<br />

auf die grünen Weiden des wahren Lebens<br />

zurückruft. Sie sind unser guter Hirte,<br />

Heiliger Vater. Ihre Bemühungen für die<br />

Jugend sind bekannt, und wir erinnern<br />

uns alle gerne an den Erfolg des letzten<br />

Weltjugendtages in Sydney. Voller Stolz<br />

heißen Sie unsere jungen Menschen, die<br />

hier um Sie versammelt sind, willkommen.<br />

Dieses Zentrum verdankt seinen Bestand<br />

der harten Arbeit und klugen Leitung<br />

unseres Weihbischofs von Amman,<br />

Seine Exzellenz Sal<strong>im</strong> Sayegh. Es soll<br />

der Stärkung des Glaubens junger Christen dienen, und zwar sowohl aus dem<br />

Haschemitischen Königreich, als auch aus den umliegenden Ländern.<br />

Das Regina Pacis Center wurde 2004 eingeweiht. In der Schrift heißt es, daß<br />

unser Herr „nicht daran festhielt, wie Gott zu sein“ (Phil 2, 6) sondern zu uns kam, die<br />

wir arm und hilflos sind, um unsere Situation der Schwachheit zu teilen und uns zu sich<br />

zu erheben. Und so teilen jene, die für das<br />

Wort Gottes offen sind, ihr Leben mit den<br />

Bedürftigen, und stellen ihnen ihre Kräfte<br />

zur Verfügung. Daher ist dieses Zentrum<br />

kostenlos für all jene offen, die in Not sind,<br />

ungeachtet der Religionszugehörigkeit,<br />

oder politischer und sozialer Herkunft.<br />

Die Arbeit dieses Zentrums hat demnach<br />

nicht nur auf menschlicher und geistlicher<br />

Ebene Auswirkungen, sondern auch auf<br />

nationaler und sozialer Ebene. Denn mit<br />

der ausgesprochenen Ermutigung der<br />

zivilen Behörden kommen hier alle Zweige<br />

der jordanischen Gesellschaft zusammen,<br />

arbeiten gemeinsam, leben gemeinsam<br />

und helfen einander. Das Zentrum versucht<br />

ebenso, das Bewußtsein für die Würde


8. – 15. Mai 2009 79<br />

behinderter Menschen zu fördern. Wir helfen Familien, diese Würde zu erkennen und<br />

die Rechte dieser Menschen in Familie und Gesellschaft zu fördern und zu verteidigen.<br />

Jedoch: wer gibt, der empfängt. Diejenigen, die sich in den Dienst der Behinderten<br />

stellen, entdecken mit Freude, wie sehr ihre eigenen Herzen durch diesen Dienst gestärkt<br />

werden. Die Zeugnisse dieser Menschen, die mit solchen Schwierigkeiten und dennoch<br />

so großer Freude leben, können jeden von uns erbauen. Sie lassen uns erkennen, daß<br />

all unsere Intelligenz, Stärke und Reichtum nichts sind <strong>im</strong> Vergleich zu einem Herz,<br />

das inmitten so vieler Bürden weiter hofft. Viele, die hierher kommen, um zu geben,<br />

entdecken, daß sie eigentlich die Empfangenden sind.<br />

Die Volontäre hier <strong>im</strong> Regina Pacis Center, Musl<strong>im</strong>e und Christen, empfangen<br />

tatsächlich viel. Unsere Volontäre leben diesen Liebesdienst gemeinsam und gründen<br />

sich auf religiöse Prinzipien des Christentums und des Islams. Das verwurzelt sie in<br />

einer tiefen Hochachtung vor unserem gemeinsamen Menschsein. Sie machen auch<br />

eine praktische Erfahrung des konstruktiven Dialogs, indem sie gemeinsam arbeiten<br />

und dem anderen offen, ohne Vorbehalt und Vorurteil, begegnen. Unsere Arbeit hier<br />

wurzelt <strong>im</strong> gegenseitigen Respekt. Unser gemeinsamer Dienst öffnet unsere Herzen<br />

füreinander und erfüllt uns mit Vertrauen in das Wesen des anderen. Dieses Vertrauen<br />

ist die Grundlage jeder menschlichen Gesellschaft, die dieses Namens wert ist.<br />

Heiliger Vater, wir wünschen uns, daß Sie sich mit uns freuen, denn durch dieses<br />

Werk sind so viele der Güte Gottes begegnet, der uns leitet. So viele haben entdeckt,<br />

daß man vertrauensvoll zusammenarbeiten kann, um eine Gesellschaft zu bauen, die<br />

die Würde aller anerkennt, zuallererst der am meisten verletzbaren und hilflosen.<br />

Wir bitten Sie heute, dieses Werk zu segnen, sowie alle unsere Wohltäter, die<br />

dieses Zentrum ermöglichen. Segnen Sie alle, die hier durch ihren Dienst so vielen<br />

[Menschen] Heilung und Hoffnung schenken.


80<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

bei der Universität von Madaba<br />

Eure Heiligkeit,<br />

Eure Majestät König Abdullah,<br />

Eure königliche Hoheit, Prinz Ghazi,<br />

verehrte Gäste,<br />

liebe Freunde!<br />

Es ist uns eine tiefe Freude, Sie heute in Madaba, der Stadt, „die Christus liebt“,<br />

willkommen zu heißen. Unsere Stadt erfährt heute die große Ehre und Genugtuung von<br />

Ihnen, den Segen des Grundsteins einer neuen kirchlichen Institution zu empfangen,<br />

und zwar der Universität von Madaba.<br />

Wir sind uns der zahlreichen und großen Herausforderungen, die uns bevorstehen,<br />

wohl bewußt, und sind dennoch voll Glauben und Zuversicht.<br />

Erstens, aufgrund Ihrer großzügigen Unterstützung, Heiliger Vater. Ihr<br />

persönliches Interesse hat diesem umfangreichen Unternehmen ans Licht verholfen.<br />

Zweitens, aufgrund der wohlwollenden Ermutigung unseres geliebten Königs,<br />

Seiner Majestät Abdullah II., und seiner ehrenwerten Regierung, die hier vertreten ist<br />

durch Seine königliche Hoheit, unseren lieben Freund, Prinz Ghazi.<br />

Wir sind zuversichtlich, daß diese weitere kirchliche Institution einen Beitrag für<br />

die Erziehung unserer jungen Menschen leisten können wird. Es ist dies ein Anliegen,


8. – 15. Mai 2009 81<br />

welches Seine Majestät König Abdullah selbst und die ehrenwerte Dynastie der<br />

Haschemiten sehr schätzen und fördern.<br />

In allen Unternehmungen der Kirche ist die Leidenschaft für den Menschen<br />

ihre zentrale und wichtigste Triebkraft. Wir gehen diese neue Herausforderung voller<br />

Zuversicht an, und hoffen, daß viele unserer jungen Menschen die Gelegenheit haben<br />

werden, das Abenteuer ihrer Existenz und ihres Studiums in einem gesunden Umfeld<br />

ganz auskosten zu dürfen. Dies wird aus ihnen hervorragende Bürger machen, erfüllt,<br />

talentiert und fähig, dem Aufbau und der Wohlfahrt ihrer Gemeinschaft und ihres<br />

Volkes zu dienen.<br />

Vor über hundertfünfzig Jahren, <strong>im</strong> Jahre 1846, in einer Zeit, als Bildung noch<br />

eine Seltenheit war, die auf reiche Stadtbewohner beschränkt blieb, fühlten wir uns<br />

gegenüber unseren ländlichen Gebiete verpflichtet und begannen unsere ersten<br />

Schulen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>, hier in Jordanien und in Palästina, zu errichten. Wir bauten<br />

Schulen in entlegenen Städten und Dörfern. Solche Bemühungen wurzeln in unserem<br />

uneingeschränkten Wunsch, dem Volk des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es zu dienen, zu dem wir<br />

durch Gottes Gnade gehören.<br />

Heute betreibt das Lateinische Patriarchat allein 45 Schulen. Insgesamt umfaßt<br />

das Netzwerk katholischer Schulen 116 Einrichtungen, He<strong>im</strong>e für zehntausende Schüler<br />

aus allen Schichten unserer Gesellschaft ohne die geringste Diskr<strong>im</strong>inierung. Seit<br />

Jahrhunderten erreichen nun Jahrgang nach Jahrgang stolze Schüler ihren Abschluß.<br />

Die großzügige und langfristige Unterstützung des <strong>Heiligen</strong> Stuhls steht hinter diesem<br />

stetigen Erfolg.<br />

Heute möchten wir mit der Universität von Madaba einen weiteren Schritt setzen<br />

und unseren Dienst ausweiten. Diese Universität möchte nicht nur menschlichen und<br />

intellektuellen Zielen dienen, sondern ein lebendiges Forum des Dialogs und der<br />

Offenheit sein.


82<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Sapientia et Scientia: das ist unser Motto. „Weisheit und Wissen“. Weisheit ist eine<br />

menschliche Qualität, die, wenn sie vom Glauben durchdrungen ist, unser Wissen leitet<br />

und unsere Energie auf das Wohl der Menschheit ausrichtet, auch in einer Zeit, in der<br />

viel menschliches Wissen zum Schaden unserer Gesellschaft und unseres Wertesystems<br />

benutzt wird. Wir hoffen, daß die Universität von Madaba „Weisheit und Wissen“ in<br />

der Atmosphäre eines lebendigen Dialogs, an einem Ort des Zusammenlebens und der<br />

geteilten Erfahrung, vermitteln wird.<br />

Wir hoffen unserer Gesellschaft Führungskräfte zu schenken, die einen wertvollen<br />

Beitrag leisten können, in Toleranz und in der Weite des Geistes, <strong>im</strong> Engagement für<br />

das Gemeinwohl. Es sind dies Werte, die in unserem geliebten Jordanien angegriffen<br />

sind, in dieser Zeit, die von Engstirnigkeit und Ablehnung des Anderen geprägt ist.<br />

Heiliger Vater, Sie sind ein Mann der Weisheit und des Wissens. Sie waren<br />

jahrelang Universitätsprofessor und sind mit der akademischen Welt wohl vertraut.<br />

Als Haupt der Katholischen Kirche sind Sie heute die St<strong>im</strong>me, die der ganzen Welt<br />

die Eintracht von Glaube und Vernunft verkündet, deren Interaktion der Eckstein<br />

menschlichen Fortschrittes und Wohlstandes ist.<br />

Heiliger Vater, in einer Zeit bedeutender wirtschaftlichen Krisen blicken die<br />

Bewohner von Madaba und der gesamten Region erwartungsvoll auf dieses wichtige<br />

Projekt. Dieses neue Unternehmen wird, abgesehen von seiner akademischen<br />

Bedeutung, vielen Menschen Arbeitsplätze gewähren, was wiederum Stabilität für die<br />

Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft bedeutet.<br />

Im Namen aller Jordanier, insbesondere der Einwohner dieser Stadt Madaba,<br />

<strong>im</strong> Namen des Präsidenten und der Mitarbeiter der Universität heißen wir Sie erneut<br />

willkommen, ahlan wasahlan, Eure Heiligkeit, und wir versprechen Ihnen, für Sie zu<br />

beten. Wir bitten Eure Heiligkeit uns alle sowie diese Universität und unser geliebtes<br />

<strong>Land</strong> zu segnen.


8. – 15. Mai 2009 83<br />

<strong>im</strong> Internationalen Stadion in Amman<br />

Heiliger Vater,<br />

Heute heißt Jordanien mit all seinen Bewohnern, Musl<strong>im</strong>en und Christen, Sie,<br />

sowie Ihre hochwürdige Delegation, voller Stolz willkommen. Gemeinsam mit der<br />

Versammlung der Katholischen Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, den Kardinälen,<br />

Patriarchen, Bischöfen und dem katholischen Klerus des Nahen Ostens, mit all unseren<br />

lieben Gästen und Freunden, die aus den benachbarten arabischen Ländern und aus der<br />

ganzen Welt gekommen sind, um heute mit Ihnen, Eure Heiligkeit, zu beten, und ihrer<br />

Treue und Liebe Ausdruck zu verleihen, sagen wir Ihnen: ahlan wasahlan. Seien Sie<br />

herzlich willkommen <strong>im</strong> Haschemitischen Königreich von Jordanien, unserem innig<br />

geliebten He<strong>im</strong>atland!<br />

Da ich hier <strong>im</strong> Namen aller Jordanier und insbesondere der Katholischen<br />

Gemeinde demütig vor Ihnen stehe, kann ich nicht umhin, die außergewöhnlichen Bande<br />

zu erwähnen, die den <strong>Heiligen</strong> Stuhl und Jordanien, und besonders unsere geliebte<br />

Königsfamilie mit den Nachfolgern Petri verbinden. Heute sind wir bestrebt, Ihnen<br />

unsere arabisch-jordanische Gastfreundschaft und Wärme zu erweisen, und hoffen, daß<br />

Sie Ihren Aufenthalt bei uns ebenso genießen, wie wir uns über Ihr Kommen freuen.<br />

Eure Heiligkeit, Sie sind die maßgebliche St<strong>im</strong>me der Wahrheit, der Liebe, der<br />

Freiheit und des Friedens in der Welt. Darüber hinaus heißen wir Sie als den Nachfolger<br />

Petri willkommen, den der Herr beauftragt hat, seine Brüder <strong>im</strong> Glauben und seine<br />

Mitmenschen zu stärken. Wir schauen auf zu Ihnen als unseren geliebten <strong>Heiligen</strong><br />

Vater und glauben fest, daß Ihr Besuch uns <strong>im</strong> Glauben stärken wird.


84<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Heiliger Vater, Gott hat Seine eigenen Wege. Letzten Sonntag feierten wir den<br />

Weltgebetstag für geistliche Berufungen in der Weltkirche. Zu diesem frohen Anlaß<br />

möchten wir Ihnen die Lage der Berufungen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> schildern. Ich gebe zu,<br />

wir sehen uns mit einigen Berufungsproblemen konfrontiert...zum ersten Mal in seiner<br />

ganzen Geschichte ist unser Seminar in Beit Jala voll belegt, ja eigentlich überbelegt,<br />

und wir mußten ausbauen und vergrößern, um die zusätzlichen Seminaristen unterzubringen.<br />

Heiliger Vater, bitte danken Sie mit uns Gott für diesen Segen, so wie wir mit<br />

ihnen in ihrem Anliegen beten, „daß Laien und christliche Gemeinden verantwortliche<br />

Förderer von Priester – und Ordensberufungen seien.“<br />

Es ist eine unglaubliche Gnade! Denn, trotz der Auswanderung und trotz der geringen<br />

und <strong>im</strong>mer kleiner werdenden Anzahl von Katholiken <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> haben<br />

wir zahlreiche Berufungen. Die meisten von ihnen kommen aus unseren jordanischen<br />

Pfarrschulen. Die dort herrschende politische Stabilität, die vor allem auf eine dauerhafte<br />

und weise Leitung des <strong>Land</strong>es zurückzuführen ist, schafft die Grundlage, in der<br />

familiäre Werte wachsen, aus denen Berufungen hervorgehen. So beginnen wir voller<br />

Freude und Enthusiasmus gemeinsam mit der Weltkirche am 19. des kommenden Monats<br />

das Jahr des Priesters.<br />

Aus denselben arabisch-christlichen Familien stammt die Kongregation der Rosenkranzschwestern,<br />

unsere einzige lokale Gemeinschaft. Im Namen des Lateinischen<br />

Patriarchates und der Rosenkranzschwestern sind wir Ihnen, Eure Heiligkeit, dankbar<br />

für die anstehende Seligsprechung ihrer Gründerin, Schwester Maria Alphonsine. Die<br />

Rosenkranzschwestern sind unsere wichtigsten Partner in unserer Mission <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong>


8. – 15. Mai 2009 85<br />

<strong>Land</strong>, gemeinsam mit zahlreichen anderen Kongregationen. Für sie alle erbitten wir<br />

Ihren Segen.<br />

Eure Heiligkeit, es ist unser tiefster Stolz, daß unser Lateinisches Patriarchat<br />

in den letzten fünf Jahren zwei Bischöfe für Nordafrika stellen konnte, und wir sind<br />

jederzeit bereit mit unserer Mutter Kirche in Rom zusammenzuarbeiten, wo auch<br />

<strong>im</strong>mer sie uns braucht.<br />

Eure Heiligkeit, das Haschemitische Königreich von Jordanien ist wohl bekannt<br />

für seine herzliche, gastfreundliche Natur. Zeichen dafür sind auch die Millionen<br />

Flüchtlinge, und auch die Arbeiter aus Asien und anderen Ländern, die hier auf diesem<br />

gesegneten Boden Zuflucht fanden. In jüngster Zeit, und in Folge der amerikanischen<br />

Invasion <strong>im</strong> Irak sind über eine Million Iraker nach Jordanien geflüchtet. Fast<br />

vierzigtausend von ihnen sind Christen... Wir wissen, Heiliger Vater, wie sehr das<br />

Thema der Flüchtlinge auf der ganzen Welt Ihnen persönlich am Herzen liegt. Wir<br />

möchten Ihnen versichern, daß unsere Diözese alles nur Mögliche tut, um sie pastoral<br />

zu unterstützen. Trotz der extremen Herausforderung ist ihre Gegenwart hier eine<br />

wunderbare Gelegenheit für unser Volk und unsere Regierung, die Seligpreisungen<br />

wirklich zu leben und ihnen unsere traditionelle jordanische Wärme und Solidarität<br />

angedeihen zu lassen.<br />

Heiliger Vater, Nachfolger Petri und unser geliebter Hirte, aus der Tiefe unserer<br />

glücklichen Herzen sagen wir Ihnen erneut: ahlan wasahlan, willkommen in Jordanien.<br />

Bitte beten Sie für uns und segnen Sie unsere Länder und unsere Völker.


86<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

<strong>im</strong> Päpstlichen Zentrum Notre Dame of Jerusalem<br />

Eure Heiligkeit,<br />

Es ist mir eine große Ehre und eine tiefe Freude, Ihnen hier in Jerusalem diese<br />

Versammlung von zahlreichen angesehenen Freunden und Kollegen vorzustellen. Wir<br />

haben heute Abend eine Gruppe Menschen hierher eingeladen, mit denen wir eine Vision<br />

teilen, die Vision der Propheten des alten Israel, die Vision der frühen moslemischen<br />

Gemeinschaft, eine Vision, die in den Seligpreisungen tief verwurzelt ist, die unser<br />

Herr Jesus hier auf Erden lehrte: die Vision einer Gesellschaft, die auf Werten der<br />

Gerechtigkeit und des Friedens, der Gleichberechtigung und des gegenseitigen Respekts,<br />

der Vergebung und der Versöhnung und letztlich auf Brüderlichkeit und Liebe gründet.<br />

Das Volk von Jerusalem und das gesamte Heilige <strong>Land</strong> tragen die Berufung, ein Licht<br />

für die Völker der Erde zu sein. Von diesem Ort muß das Wort Gottes ausgehen – ein<br />

Wort der Heiligkeit und Gerechtigkeit für alle Männer und Frauen.<br />

Eure Heiligkeit, Sie begegnen hier Vertretern von über hundert Organisationen,<br />

Institutionen, Bewegungen und Gruppen, die zum geistlichen und menschlichen Wohl<br />

der Bewohner dieser heiligen Stadt und des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es beitragen. Manche von<br />

ihnen sind in der israelischen Gesellschaft verwurzelt, andere in der palästinensischen<br />

Gesellschaft, wieder andere wirken in den internationalen NGOs mit, die hier <strong>im</strong><br />

<strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> vertreten sind. Manche gehen auf israelische Initiativen zurück, andere<br />

auf palästinensische oder ausländische Initiativen. Manche sind jüdischen Ursprungs,<br />

manche moslemischen und manche christlichen Ursprungs.<br />

Es sind anwesend:<br />

‒ Vertreter der verschiedenen religiösen Oberhäupter der unterschiedlichen Strömungen<br />

in Judentum, Christentum und Islam, aus Jerusalem und der Umgebung. In<br />

besonderer Weise ist hier zu erwähnen die segensreiche Initiative des Council of<br />

Religious Institutions of the Holy <strong>Land</strong>, welches Leiter verschiedener Religionsgemeinschaften<br />

umfaßt, und dessen Ziel es ist, gegenseitiges Verständnis, Respekt und<br />

Dialog zu fördern. Dieser Rat ist heute auch hier gegenwärtig.<br />

Photo : CTS / MAB


8. – 15. Mai 2009 87<br />

Ebenfalls anwesend sind:<br />

‒ Vertreter von Organisationen, die den interreligiösen Dialog zwischen Juden,<br />

Moslems und Christen fördern, und zwar sowohl innerhalb Israels, als auch in den<br />

palästinensischen Territorien.<br />

‒ Vertreter von Organisationen, die sich für die Förderung von Konfliktlösung,<br />

Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung einsetzen, entweder innerhalb der<br />

israelischen Gesellschaft oder innerhalb der palästinensischen Gesellschaft, oder<br />

auch die politische israelisch-palästinensische Spaltung überschreitend.<br />

‒ Vertreter verschiedener Bildungsinitiativen, die die Werte von Demokratie,<br />

Gleichberechtigung und Toleranz über die politische Spaltung <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

hinaus fördern.<br />

‒ Vertreter von Organisationen, die auf dem Gebiet der Entwicklung, der Menschenrechte<br />

und der Gemeindebildung arbeiten, sei es in Israel, sei es in den palästinensischen<br />

Territorien, sei es in beiden.<br />

‒ Vertreter von Schulen, Universitäten, Krankenhäusern und Behindertenhe<strong>im</strong>en, die<br />

Menschen jeder Religionszugehörigkeit aufnehmen und in ihrem Alltag interreligiöse<br />

und interkulturelle Begegnungen leben.<br />

‒ Vertreter katholischer und anderer christlicher Institutionen und religiöser<br />

Gemeinschaften, die in der interreligiösen und interkulturellen Realität dieses <strong>Land</strong>es<br />

verwurzelt sind, welches drei Religionen als heilig gilt und von zwei Völkern geteilt<br />

wird.<br />

Heiliger Vater, all diese verschiedenen Gruppen und Initiativen haben eines<br />

gemeinsam: sie versuchen, die Gesellschaft, in der sie leben, zu verbessern, indem<br />

sie den Dialog pflegen und eine Erziehung zur Toleranz, zur Demokratie und zur<br />

Gleichberechtigung fördern. Wir bitten Sie, Heiliger Vater, ein Wort der Ermutigung an<br />

sie zu richten. Sie arbeiten in einer schwierigen Situation, in der die Werte, denen sie<br />

sich verpflichtet fühlen, und die sie zu fördern suchen allzu oft auf Widerspruch und<br />

Ablehnung stoßen. Diese Männer und Frauen, die heute hier versammelt sind, sind die<br />

Friedensstifter, die unser Herr in den Seligpreisungen segnete, als er sagte: „Selig die<br />

Frieden stiften, denn sie werden Söhne Gottes heißen.“ (Mt 5, 9). Wir bitten auch Sie,<br />

Heiliger Vater, sie zu segnen. <br />

Photo : CTS / MAB


88<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

in der Konkathedrale von Jerusalem<br />

Heiliger Vater,<br />

es ist mir eine tiefe Freude und ein großes Privileg, Sie heute <strong>im</strong> Namen der Versammlung<br />

der Katholischen Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es in dieser Konkathedrale<br />

des Lateinischen Patriarchates von Jerusalem willkommen heißen zu dürfen.<br />

Es ist gleichfalls eine Freude, Ihnen die hier versammelten Gläubigen vorzustellen,<br />

die Sie froh empfangen, und Ihnen dadurch ein Zeugnis der Liebe und der Treue<br />

geben wollen. Wir versichern Sie unseres Gebetes und erbitten Ihren Segen.<br />

Die hier anwesenden Priester, Seminaristen, Ordensfrauen und -männer beten<br />

und dienen seit vielen Jahren - ja manchmal ihr Leben lang - <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>. Manche<br />

unter ihnen stammen aus diesem <strong>Land</strong>, andere aus verschiedenen Ländern des Nahen<br />

Ostens und wieder andere schließlich aus aller Herren Länder, von Lateinamerika bis<br />

Japan, aus Europa, Afrika, Asien und Australien. Diese Einheit in der Vielfalt illustriert<br />

auf lebendige Weise, wie sehr das Heilige <strong>Land</strong> und vor allem Jerusalem uns alle<br />

sammelt und wir <strong>im</strong> Herzen der Kirche sind.<br />

Diese Boten aus der ganzen<br />

Welt sind ein Reichtum für unsere<br />

Ortskirche, und wir sind ihnen unendlich<br />

dankbar für die unschätzbare<br />

Arbeit, die sie in der Erziehung und<br />

<strong>im</strong> Dienst an den Armen, Kranken<br />

und Behinderten leisten. Die Kirche<br />

Jerusalems ist sich wohl bewußt, daß<br />

sie ohne diese Internationalität nicht<br />

in der Lage wäre, ihre Sendung <strong>im</strong><br />

Schoße der Weltkirche und in dieser<br />

Region zu erfüllen.<br />

Der Dienst von Gebet und<br />

Fürbitte ist nicht minder wertvoll.<br />

Unter den zahlreichen Ordenskongregationen<br />

in unserer Diözese, die<br />

in der Vereinigung der Ordensleute<br />

des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es zusammengefaßt<br />

sind, hat ein gutes Dutzend eine<br />

rein kontemplative Berufung. Diese<br />

geliebten Brüder und Schwestern<br />

sind die „unsichtbaren Wachpos-


8. – 15. Mai 2009 89<br />

Photo : Christo Asfour<br />

ten“, die in der Verborgenheit des Gebetes und eines hingegebenen Lebens unsere<br />

Kirche und das ganze Heilige <strong>Land</strong> tragen. Was wären wir ohne sie<br />

Heiliger Vater, auch die hier anwesenden gläubigen Laien sind ein wertvoller<br />

Schatz der Kirche Jerusalems. Sie alle widmen sich auf bewundernswerte Weise dem<br />

Leben unserer christlichen Familie <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>, in den Pfarren, in der Erziehung<br />

und der Katechese, in den Jugendbewegungen, in den neuen Gemeinschaften und<br />

kirchlichen Bewegungen...Unter den Jüngern Jesu sind einige direkte Nachfahren der<br />

Brüder und Schwestern der ersten Kirche Jerusalems. Sie leben seit Jahrhunderten an<br />

den Orten, an denen die Heilsereignisse stattfanden, sie sind Zeugen des Todes und<br />

der Auferstehung des Herrn und leben heute, wie Sie wissen, unter sehr schwierigen<br />

Bedingungen. Sie sind sich bewußt – und wir alle sind uns bewußt – daß wir in diesem<br />

<strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> nicht lieben, leben und arbeiten können, nicht diese mutigen Mitarbeiter<br />

an der Wahrheit sein können, ohne den Weg des Kreuzes zu wählen. Umso mehr freuen<br />

sie sich, Heiliger Vater, über Ihren Besuch, der sie ermutigt und in ihrer Berufung<br />

bestätigt.<br />

Heiliger Vater, Ihre Gegenwart, Ihr Gebet und Ihr Segen sind für uns eine mächtige<br />

Ermutigung und Quelle großen Vertrauens. Danke für Ihren Besuch, der uns tröstet und<br />

stärkt. Für Sie st<strong>im</strong>men wir in den alten biblischen Ausruf der Jünger Christi bei seinem<br />

Einzug nach Jerusalem an: „Gepriesen sei, der kommt <strong>im</strong> Namen des Herrn!“


90<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

in Gethsemani<br />

Heiliger Vater!<br />

Die Kirche von Jerusalem heißt Sie in dieser Stadt mit Begeisterung willkommen.<br />

Es ist jene Stadt, in der Jesus Christus von der Menge mit „Hosanna in der Höhe, Hosanna,<br />

der kommt <strong>im</strong> Namen des Herrn!“ (vgl. Mt 21,9) begrüßt wurde. Willkommen in der<br />

Stadt, wo Er den Sieg über Sünde und Tod und die Rettung für die an Ihn Glaubenden<br />

errungen hat! Hier versammelt sich die Kirche mit Ihnen in Liebe und trägt Sorge, um<br />

an jenen Plätzen zu beten, an denen Unser Herr seine Ehrfurcht gebietenden Taten der<br />

Erlösung vollbrachte. Diese Orte legen Zeugnis ab von dem Geschehenen und von der<br />

Wahrheit unseres gegenwärtigen Lebens.<br />

Nur ein paar Meter von hier entfernt, sagte Jesus zu seinen auserwählten Jüngern:<br />

„Bleibt hier und wacht mit mir.“ (Mt 26,38). Jedoch fand Jesus seine Jünger schlafend<br />

vor, als er von seinem Gebet zurückkam, das er ein kleines Stück entfernt von ihnen <strong>im</strong><br />

Garten Gethsemani hielt (vgl. Mt 26,39ff.).<br />

Heiliger Vater, die Situation hat sich heute in vielfacher Hinsicht nicht geändert:<br />

In unserer Umgebung erleben wir die Agonie des palästinensischen Volkes. Es<br />

träumt davon, in einem freien und unabhängig palästinensischen Staat zu leben. Die<br />

Verwirklichung dessen wurde jedoch noch nicht gefunden. Und wir erleben die Agonie<br />

des israelischen Volkes, das von einem normalen Leben in Frieden und Sicherheit<br />

träumt. Dieses Leben hat es jedoch trotz ihrer militärischen und medialen Macht noch<br />

nicht verwirklichen können.<br />

Die internationale Gemeinschaft steht abseits, wie einst die auserwählten Jünger<br />

Jesu, mit Augen der Gleichgültigkeit und unbeteiligt an der Agonie des <strong>Heiligen</strong><br />

<strong>Land</strong>es, die nun schon 61 Jahre lang andauert, und schickt sich nicht an, eine gerechte<br />

Lösung zu finden. In diesem Josaphat-Tal, einem Tal der Tränen, erheben wir unser<br />

Gebet für die Verwirklichung der Träume dieser beiden Völker. Wir erheben unser<br />

Gebet für Jerusalem, das von den beiden Völkern und drei Religionen geteilt wird.<br />

Auf dem Ölberg hat Jesus <strong>im</strong> Übermaß über Jerusalem geweint und er weint noch<br />

<strong>im</strong>mer mit den desillusionierten Flüchtlingen, die ohne Hoffnung auf Rückkehr sind,


8. – 15. Mai 2009 91<br />

und mit den Witwen, die Opfer von Gewalt wurden, und mit den vielen Familien in<br />

dieser Stadt, die jeden Tag ihre Häuser demoliert sehen, weil behauptet wird, daß diese<br />

„illegal gebaut“ worden seien, wo doch die gesamte Situation illegal ist und <strong>im</strong>mer<br />

noch auf eine Lösung wartet!<br />

Unser Herr hat an dem Ort, der sich oberhalb von uns befindet, gerufen:<br />

„Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir<br />

gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne<br />

ihre Küken unter ihre Flügel n<strong>im</strong>mt; aber ihr habt nicht gewollt.“ (Vgl. Lk 13, 34).<br />

Lieber Heiliger Vater, wir bitten Sie, das Leben Ihrer armen Kinder hier anzusehen<br />

und zu verstehen, und unseren Glauben und unsere Hoffnung zu stärken. Ihr<br />

Besuch bringt uns die Aufmerksamkeit und die Solidarität der ganzen Kirche, und die<br />

Wahrnehmung der ganzen Welt für diese Region, diese Völker, ihre Geschichten, ihre<br />

Kämpfe und Hoffnungen, ihr<br />

Lächeln und ihre Tränen.<br />

Für einen Menschen,<br />

der leidet – einen Gebrechlichen,<br />

einen Flüchtling, einen<br />

Gefangenen oder für einen,<br />

der die Last des Unrechts erträgt<br />

- ist es die größte Not,<br />

zu erkennen, daß er vergessen<br />

wurde und niemand ihn sieht,<br />

daß niemand ihn kennt oder<br />

daß niemand davon betroffen<br />

ist, was er zu erleiden hat. Ihr<br />

heutiger Besuch tröstet die


92<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Herzen und trägt viel dazu bei, um allen zu sagen, daß der Gott des Erbarmens alle jene<br />

Menschen nicht vergessen hat, die an ihn glauben.<br />

Eure Heiligkeit, Sie sind der Nachfolger des heiligen Petrus, von Gott dazu<br />

beauftragt, die „Brüder <strong>im</strong> Glauben zu stärken“ (vgl. Lk 22,32). Darum bitten wir<br />

Sie nun, und wir rufen mit den Aposteln <strong>im</strong> Evangelium aus: „Stärken Sie unseren<br />

Glauben!“ (vgl. Lk 17,5).<br />

Heiliger Vater, Sie stehen vor einer kleinen Herde, die noch kleiner wird. Diese<br />

Herde leidet aufgrund der Emigration, welche vorwiegend auf die Auswirkungen<br />

der ungerechten Besatzung mit all ihrer Demütigung, Gewalt und Haß zurückgeht.<br />

Dennoch wissen wir, daß der Glaube der Sieg ist, der die Welt besiegt (vgl. 1 Joh 5,4),<br />

und, daß wir <strong>im</strong> Glauben in jeder Person Jesus Christus sehen und erkennen können.<br />

Mit Jesus und in Jesus können wir uns hier und jetzt am Frieden erfreuen, den die Welt<br />

weder unseren Herzen geben kann, noch aus unseren Herzen nehmen kann. Dieser<br />

Friede bedeutet Ruhe, Glaube, einen begrüßenswerten Geist und die Freude am Leben<br />

und am Arbeiten in diesem <strong>Land</strong>.<br />

Darum ziehen wir aus Ihrer gesegneten Gegenwart Nutzen und rufen mit dem<br />

leidenden Vater <strong>im</strong> Evangelium aus, der Jesus darum anflehte, seinen Sohn von seiner<br />

langen Qual zu befreien „Ich glaube, hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24).<br />

Lieber Heiliger Vater, da wir Sie als den Nachfolger des heiligen Petrus<br />

willkommen heißen, [bitten wir Sie]: Helfen Sie uns in unserem schwachen Glauben!<br />

Beten Sie nun mit uns zu unserem H<strong>im</strong>mlischen Vater für alle Bewohner des <strong>Heiligen</strong><br />

<strong>Land</strong>es, und zur Mutter der Schmerzen, die nicht davor zurückschreckte, unter dem<br />

Kreuz ihres leidenden Sohnes zu stehen, auf daß sie uns helfen möge, den gleichen<br />

Glauben wie sie an Gottes liebende Vorsehung zu haben, um alles anzunehmen, noch<br />

bevor wir es verstehen. Oh Herr, stärke unseren Glauben!


8. – 15. Mai 2009 93<br />

in Bethlehem<br />

Heiliger Vater,<br />

<strong>im</strong> Namen meiner Mitbrüder, der katholischen Bischöfe des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es und<br />

<strong>im</strong> Namen aller Ortskirchen Jesu Christi hier in diesem <strong>Land</strong>, <strong>im</strong> Namen aller Bewohner<br />

und Besucher dieses <strong>Land</strong>es, das durch Geburt, Leben, Tod und Auferstehung unseres<br />

Herrn Jesus Christus geheiligt ist, heiße ich Sie heute willkommen in Bethlehem.<br />

Wir heißen Sie willkommen als den Nachfolger des <strong>Heiligen</strong> Petrus, den Christus<br />

beauftragt hat: „Stärke deine Brüder!“. Sie sind in unserer Mitte unser Vater und unser<br />

Bruder. Ihre Gegenwart heute bedeutet, daß die Weltkirche weiterhin an uns denkt und<br />

mit uns fühlt, daß die ganze Katholische Kirche mit uns und für uns da ist. Ihr Gebet<br />

und das Gebet der Kirche stützen uns und erneuern unseren Mut, dem Herrn in diesem<br />

<strong>Land</strong> zu dienen.<br />

Nur wenige Meter entfernt von hier wurde unser Herr Jesus Christus geboren, das<br />

Wort Gottes ist sichtbar geworden. Gott hat sein Volk besucht. Er wurde der Emmanuel,<br />

Gott, der mit uns ist. Und er kommt weiterhin, um jeden Tag mit uns zu sein. In diesem<br />

<strong>Land</strong> ertönte die Botschaft der Engel für die Ärmsten und Niedrigsten: Ehre sei Gott<br />

in der Höhe und Frieden seinem Volk. Das ist die h<strong>im</strong>mlische Botschaft an unsere<br />

Vorfahren, die Hirten von Bethlehem. Diese Botschaft wird auch weiterhin tagtäglich


94<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

verkündet. Wenn das die<br />

Botschaft unseres <strong>Land</strong>es,<br />

die Botschaft Bethlehems<br />

an die Welt ist, so ist<br />

es unsere Sendung und<br />

Berufung, in diesem<br />

geprüften <strong>Land</strong>, Gott<br />

die Ehre zu geben und<br />

Seinen Frieden auf Erden<br />

Photos : CTS / MAB<br />

zu verbreiten. Diese<br />

Botschaft ist Aufgabe und Sendung für jeden Tag. Sie findet Eingang <strong>im</strong> Engagement<br />

der Kirche für Frieden und Versöhnung, in der Unterstützung der Armen, Stärkung der<br />

Schwachen, und Stärkung der Hoffnung unter den Verzweifelten. Für diese Aufgabe<br />

brauchen wir Ihre Unterstützung und Ihr Gebet.<br />

Heiliger Vater, dieses <strong>Land</strong>, in dem Jesus leben wollte, um die Welt zu retten,<br />

braucht Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung. Unsere Wunden brauchen Heilung,<br />

unsere Gefangenen Freiheit, unsere Herzen Reinigung von Haß und unser Volk braucht<br />

ein Leben in Frieden und Sicherheit. Unser Volk leidet weiterhin unter Ungerechtigkeit,<br />

Krieg (der Krieg in Gaza ist <strong>im</strong>mer noch eine Quelle des Leidens für Hunderttausende),<br />

Besatzung und Hoffnungslosigkeit bezüglich einer besseren Zukunft.<br />

Als wir Ihren Vorgänger, <strong>Papst</strong> Johannes Paul II. hier willkommen hießen,<br />

erlebten wir eine Periode voller Hoffnung, Hoffnung auf einen Frieden, der nicht kam.<br />

Viele Menschen verloren die Hoffnung und haben das <strong>Land</strong> verlassen, um in anderen<br />

Ländern nach einer besseren Zukunft zu suchen. So hat die Zahl der Christen in letzter<br />

Zeit abgenommen und diese Tendenz setzt sich fort. Ich befürchte, daß sich dies nicht


8. – 15. Mai 2009 95<br />

ändern wird, solange wir nicht Frieden und Ruhe finden. Wir können in unserem <strong>Land</strong><br />

keinen Frieden finden, solange die politische Unsicherheit fortdauert, solange die<br />

Mauer gebaut wird, die Bethlehem von Jerusalem und vom Rest der Welt trennt.<br />

Heiliger Vater, die Einwohner von Bethlehem und den palästinensischen<br />

Territorien sind hier, um Sie willkommen zu heißen und mit Ihnen zu beten: Katholiken<br />

und Christen aller Kirchen, Moslems und Vertreter der Palästinensischen Autonomien.<br />

Wir alle sind hier, um unsere Suche nach einem gerechten Frieden zu bekräftigen,<br />

einen Frieden, in dem jeder Mensch und jedes Volk würdevoll in seinem eigenen <strong>Land</strong><br />

leben kann, wo Eltern nicht um die Sicherheit ihrer Kinder bangen müssen, wo junge<br />

Menschen ein normales Leben führen und eine Zukunft aufbauen können, wo die<br />

Berufung dieses <strong>Land</strong>es, heilig zu sein, sich erfüllen kann, indem Gott verherrlicht<br />

wird und die Völker in Frieden leben.<br />

Wir sind uns der Berufung dieses <strong>Land</strong>es bewußt, allen Gläubigen gegenüber<br />

offen zu sein, Gott anzubeten, ein <strong>Land</strong> der Harmonie und der friedlichen Koexistenz<br />

zu sein, ein <strong>Land</strong>, in dem all jene, die an den selben Gott glauben, spüren können, daß<br />

sie „hier geboren sind“ (vgl. Ps 87). Niemand kann vorgeben, dieses <strong>Land</strong> auf Kosten<br />

anderer und unter deren Ausschluß zu besitzen. Gott selbst hat dieses <strong>Land</strong> erwählt und<br />

Er möchte, daß alle seine Kinder zusammen in diesem <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> leben.<br />

Eure Heiligkeit, wir sind hier hergekommen, um mit Ihnen zu beten und auf Sie<br />

zu hören. Wir alle sehen in Ihnen einen Boten des Friedens, ein geistliches Oberhaupt,<br />

der die Armen und Unterdrückten verteidigt, einen Vater und Bruder, der die Botschaft<br />

der Liebe und Solidarität verkündigt.<br />

Wir wollen Ihnen auch versichern, daß wir die Frohe Botschaft Jesus Christi<br />

leben und verbreiten wollen. In Ihrer Gegenwart erneuert die Katholische Kirche ihren<br />

Glauben an unseren Erlöser Jesus Christus, ihre Liebe zu Gott und zum Nächsten, und<br />

ihre Hoffnung in Gottes barmherzigen Plan für uns alle.<br />

Möge Gott, unser Retter, mit Ihnen sein, Sie in Ihrer Sendung und Ihrer<br />

unermüdlichen Arbeit für Frieden und Versöhnung stützen und leiten. <br />

Photo : CTS / MAB


96<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

be<strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> Grab<br />

Heiliger Vater,<br />

<strong>im</strong> Namen der christlichen Kirchen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> richte ich an Sie, sowie an<br />

die Mitglieder Ihrer Delegation und an unsere hier anwesenden Gäste die Worte des<br />

auferstandenen Herrn an Seine Jünger: „Freide sei mit Euch!“<br />

Wir sind soeben in feierlicher Prozession vom Salbungsstein bis zum leeren Grab<br />

gezogen, und haben das „Te Deum“ gesungen, jenen großartigen Lob- und Dankhymnus<br />

an Gott.<br />

Heiliger Vater, wir singen dieses „Te Deum“ zuallererst als Dank für Ihre<br />

Gegenwart in unserer Mitte während dieser segensreichen Tage.<br />

Wir singen dieses „Te Deum“ als Ausdruck unserer Freude, daß Sie diese Wallfahrt<br />

durchführen konnten, und dies trotz der sehr schwierigen Situation, der höchst schweren<br />

Verantwortung, die Sie tragen, und all der Ermüdung, die dies mit sich bringt.<br />

Wir singen dieses „Te Deum“ in einem Geist der Danksagung für die Freude,<br />

den Glauben, das Vertrauen und den Mut, mit denen Sie das Schiff des heiligen Petrus<br />

leiten, und dies trotz all der Angriffe, die gegen Sie persönlich und gegen die Kirche<br />

toben, einfach deshalb, weil Sie ein „ Miatrbeiter der Wahrheit “ sind.<br />

Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung für die Gegenwart so vieler<br />

religiöser Gemeinschaften, sowohl aktiver als auch kontemplativer Lebensform, in<br />

unserer Diözese. Sie unterstützen unsere Gläubigen durch ihr Gebet und ihre Werke.<br />

Photo : Christo Asfour


8. – 15. Mai 2009 97<br />

Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung dafür, daß es in unserer Diözese<br />

zahlreiche Priesterberufungen gibt, ungeachtet unserer geringen Anzahl und der großen<br />

Schwierigkeiten, denen wir uns gegenüber sehen.<br />

Wir singen dieses „Te Deum“ als Danksagung an Gott, da die internationale<br />

Gemeinschaft und die gegnerischen Parteien sich langsam bewußt werden, wie dringlich<br />

es ist, den Konflikt zu lösen, der seit so vielen Jahren das Heilige <strong>Land</strong> zerreißt.<br />

Ja, Heiliger Vater, wir wollen Gott danken, denn Ihre Wallfahrt ist für Sie<br />

selbst, für uns, für die ganze Kirche und für das gesamte Heilige <strong>Land</strong> eine Quelle<br />

der Gnade. Möge diese Wallfahrt dazu beitragen, unsere kirchliche communio, die<br />

Einheit der Christen und die Beziehungen unter den Völkern <strong>im</strong> Vertrauen und <strong>im</strong><br />

gegenseitigen Respekt zu stärken.<br />

Vor einem Monat haben die christlichen Kirchen in ihren verschiedenen Riten,<br />

Sprachen und Traditionen Ostern gefeiert und dennoch finden wir uns alle gemeinsam<br />

in dem einzigartigen Osterjubel wieder: „Das Grab ist leer! Christus ist auferstanden!“<br />

Heiliger Vater, wie Sie bemerken konnten, ist die Entfernung zwischen dem<br />

Grab der Auferstehung und Golgotha sehr kurz. Dank des Gebetes der Kirche und<br />

des Engagements der Internationalen Staatengemeinschaft, dank der Bemühungen<br />

aller Menschen guten Willens hoffen wir ebenso, daß die Entfernung von dieser<br />

konfliktgeladenen Zeit zu der kommenden [Zeit der] Gerechtigkeit kurz sein wird.<br />

Heiliger Vater, die Kraft der Auferstehung drängt mich, und die Verheißung des<br />

Herrn, bis ans Ende der Zeiten mit uns zu sein, ermutigt mich und so wage ich zu<br />

bekräftigen, daß weder dieser Konflikt, noch die Besatzung, noch die Trennmauer,<br />

noch die Kultur des Todes, noch die Auswanderung der Christen unsere Moral zunichte<br />

machen und unsere Hoffnung auslöschen oder unsere Freude mindern können.<br />

Resurrexit sicut dixit. Halleluja! <br />

Photo : Christo Asfour


98<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Rede von Bischof Sal<strong>im</strong> Sayegh<br />

An der Taufstelle (Maghtas – Bethanien jenseits des Jordanflusses)<br />

Lieber Heiliger Vater!<br />

An diesem Morgen, an dem unsere Herzen mit der Osterfreude erfüllt sind, haben<br />

wir mit Eurer Heiligkeit, dem Nachfolger des heiligen Apostelfürsten Petrus, dem<br />

Stellvertreter Christi und Obersten Hirten der Kirche, die heilige Eucharistie gefeiert.<br />

Wir sind an diesem heiligen Ort um Sie herum als Kirche und als Pilger versammelt.<br />

Wir erneuern unser Taufversprechen und sind mit Ihnen, Eure Heiligkeit, wenn Sie den<br />

Grundstein der Kirche von der Taufe Christi, die sich bereits <strong>im</strong> Bau befindet, segnen,<br />

sowie jenen der zukünftigen Melkitischen Kirche.<br />

Das <strong>Land</strong> für diese Bauwerke wurde großzügigerweise von der Commission<br />

for the Baptismal Site, welcher Seine Hoheit Prinz Ghazi vorsitzt, gestiftet. Die zwei<br />

Gemeinschaften des Institutes Verbum Incarnatum versprechen Ihnen ihr Gebet und<br />

ihre pastoralen Dienste für die Pilger.<br />

An dieser Stelle, an der Christus getauft wurde, begegnen einander das Alte und<br />

das Neue Testament auf dem Weg der Erlösung. Ja, tatsächlich, es war hier, als Joshua<br />

- nach dem Tod des Mose - zusammen mit dem ganzen Volk, den Jordanfluß durchwatete,<br />

um in das „Verheißene <strong>Land</strong>“ (vgl. Jos 3,14-17) einzuziehen. Dieser transitus war<br />

ein Vorausbild jenes transitus, den Christus der ganzen Menschheit dargeboten hat, als<br />

er für sie den Tod erlitten hat, damit sie vom Tod zum Leben, von der Sklaverei der<br />

Sünde zur Freiheit der Gotteskindschaft gelangen kann.


8. – 15. Mai 2009 99<br />

Der Herr führte den Propheten Elija am Ende seines Lebens an diese Orte. Er wurde<br />

von Elischa begleitet, der ihm nachfolgen wollte und dem Gott einen doppelten Teil<br />

des Geistes seines Meisters Elija schenken sollte, damit er seine Mission durchführen<br />

könnte. „Während sie miteinander gingen und redeten, erschien ein feuriger Wagen mit<br />

feurigen Pferden und trennte beide voneinander. Elija fuhr <strong>im</strong> Wirbelsturm zum H<strong>im</strong>mel<br />

empor.“ (2 Kön 2,11).<br />

Die Jahre vergingen. Und hier haben wir<br />

Johannes, den Täufer, der an diesem Ort und in<br />

der gesamten Region Jordaniens erschien (vgl.<br />

Lk 3,3) und eine Bußtaufe zur Vergebung der<br />

Sünden proklamierte. Er ist der letzte Prophet<br />

des Alten Testamentes und der erste Apostel<br />

des Neuen. Er taufte in den Jordanquellen dieser<br />

Gegend (vgl. Joh 3,23). Er machte Bethanien<br />

jenseits des Jordanflusses, das auch heute noch unterhalb der Sandfläche liegt,<br />

während der Zeit seiner Predigt (vgl. Joh 1,28; 10,40) zu seiner Wohnstätte.<br />

Das Evangelium berichtet uns, wie die Menschen zu Johannes kamen, um von<br />

ihm getauft zu werden. Auch Jesus verläßt Nazareth und geht hinaus zu Johannes, um<br />

von ihm <strong>im</strong> Jordan getauft zu werden. Er, der Eine, der Heilige, der zu den Juden sagen<br />

wird: „Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen“ (Joh 8,46), ist derselbe, der<br />

sich selbst in die Reihe der Sünder einordnet, die gekommen waren, um sich zum Zeichen<br />

der Buße taufen zu lassen. Johannes taufte ihn <strong>im</strong> Jordan (vgl. Mk 1,9). Dadurch<br />

ist das Jordanwasser geheiligt. So wurde das Wasser zu allen Zeiten auf die Vorfahren<br />

ausgegossen, wo <strong>im</strong>mer sie sich taufen ließen, und auf diese Weise wurden all jene Orte<br />

geheiligt. Dieses Wasser ermöglicht den Seelen, für das Leben mit dem Dreifaltigen<br />

Gott <strong>im</strong> Schoß der Kirche geboren zu sein, frei von der Knechtschaft der Sünde.<br />

Als Jesus getauft war, kam er sogleich aus dem Wasser heraus. Der H<strong>im</strong>mel<br />

öffnete sich. Johannes sah den Geist Gottes wie eine Taube herabsteigen und auf Jesus<br />

kommen. Und eine St<strong>im</strong>me wurde vom H<strong>im</strong>mel her gehört, die sagte: „Du bist mein<br />

geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe.“ (vgl. Mt 3,16-17; Mk 1,9-11).<br />

Die Juden Jerusalems sandten einige Priester und Leviten zu Johannes, um ihn zu<br />

fragen: „Wer bist Du“ Er gestattete ihnen die Frage und wies sie nicht zurück, sondern<br />

erklärte: „Der Messias bin ich nicht …<br />

Ich bin die St<strong>im</strong>me, die in der Wüste ruft:<br />

‚Ebnet den Weg für den Herrn!’“ Am<br />

folgenden Tag sah er Jesus, der zu ihm<br />

kam. Johannes sagte: „Seht, das Lamm<br />

Gottes, das die Sünde der Welt hinweg<br />

n<strong>im</strong>mt.“ (vgl. Joh 1,19–29). Weitere drei<br />

Johannesschüler sollten Jesus folgen.<br />

Einer von ihnen war Petrus.


100<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Der heilige Johannes erzählt auch, wie sich während der Feier der Tempelweihe<br />

die Juden um Jesus herum versammelten und begannen, Jesus Fragen zu stellen. Sie<br />

versuchen Jesus zu ergreifen, aber er entzieht sich ihren Händen. „Dann ging Jesus<br />

wieder weg auf die andere Seite des Jordan, an den Ort, wo Johannes zuerst getauft hatte;<br />

und dort blieb er.“ (Joh 10,40) Viele Menschen haben ihm Glauben geschenkt (vgl.<br />

Joh 10,40 – 42). Dorthin werden Martha und Maria Boten zu Jesus schicken, die ihm<br />

die Nachricht bringen: „Herr, der, den du liebst [Lazarus], ist krank“ (vgl. Joh 11,1ff.).<br />

Im Jahr 2000 kam Petrus in der Person seines Nachfolgers, des <strong>Papst</strong>es Johannes<br />

Paul II., zum ersten Mal in der Geschichte in einer Pilgerreise hierher, um die Stellen<br />

zu besuchen, an denen der Apostel Jesus zum ersten Mal getroffen hatte. Und hierher<br />

sind nun Sie, Hochverehrter Heiliger Vater, gekommen, als Nachfolger Johannes Pauls<br />

II., um dessen Wallfahrt fortzuführen und sich in Jesus in der Frische und Freude, die<br />

diese erste Begegnung mit sich gebracht hatte, zu erfreuen sowie reichen Segen für die<br />

Kirche und die ganze Menschheit zu erbitten.<br />

Wir danken Ihnen, Heiliger Vater, <strong>im</strong> Namen der Vereinigung der Katholischen<br />

Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es. Wir erflehen Ihren Segen und Ihre Gebete für unser<br />

<strong>Land</strong>, für den Frieden <strong>im</strong> Nahen Osten und für die Pilger, die hierher kommen, um<br />

die Barmherzigkeit Gottes und die Kraft des Geistes zu erbitten, damit sie dem<br />

Taufversprechen die Treue halten können.<br />

Im Namen der Vereinigung der Katholischen Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es<br />

danken wir auch Ihren Majestäten, König Abdullah II. Ibn Hussein und Königin Rania,<br />

welche Eure Heiligkeit während der Pilgerreise zur Taufstelle begleiteten und mit Ihnen<br />

die beiden vela der Grundsteine unserer Kirchen zu dieser <strong>Heiligen</strong> Stätte trugen.<br />

Seine Majestät hat in den letzten zehn Jahren seine große Ehrerbietung und seinen<br />

Eifer für die christlichen heiligen Orte zum Ausdruck gebracht. Er hat das Leben der Jordanier,<br />

Christen und Musl<strong>im</strong>e, der Welt vor Augen geführt, die als eine Familie zusammen<br />

leben. Der unermüdliche Einsatz Seiner Majestät für den Frieden <strong>im</strong> Nahen Osten<br />

ist nicht nur in dieser Region wohl bekannt, sondern überall in der Welt. Möge der Herr<br />

Seine Majestät segnen! Möge der Herr Jordanien, unser geliebtes <strong>Land</strong>, segnen!


8. – 15. Mai 2009 101<br />

Rede von Bischof Marcuzzo<br />

Interreligiöses Treffen in Nazareth<br />

„Eine revidierte Form des Dialogs: ‚Mitarbeiter der Wahrheit’ zu sein (vgl. 3<br />

Joh 1,8)“<br />

Eure Heiligkeit!<br />

Im Namen Seiner Seligkeit, des Patriarchen von Jerusalem, dessen Vikar ich<br />

in Israel bin, und <strong>im</strong> Namen meiner Mitbrüder der Versammlung der Katholischen<br />

Ordinarien des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, heiße ich Sie, Heiliger Vater, in Liebe und Dankbarkeit<br />

zu diesem Treffen mit den Leitern der religiösen Gemeinschaften in Israel willkommen.<br />

Da es ein interreligiöses Treffen in Nazareth ist, möchten wir Sie mit dem - zu diesem<br />

Anlaß - am besten geeigneten orientalischen Gruß willkommen heißen: Es ist jener<br />

Gruß, den der heilige Erzengel Gabriel Maria von Nazareth überbrachte: Salam,<br />

Shalom! Da Ihre Gegenwart an diesem Ort eine ausgesprochene Gnade ist, ist es<br />

mir eine überaus große Freude, Eure Heiligkeit und alle hier Versammelten mit dem<br />

biblischen und populären Gruß: Mabruuk! zu begrüßen.<br />

Es ist eine sehr bedeutende Tatsache, daß wir diese Begegnung in Nazareth abhalten.<br />

Der <strong>Heiligen</strong> Schrift und ihrer Überlieferung entsprechend, ist Nazareth der Ort<br />

der Zusammenkunft zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, zwischen Gott<br />

und Mensch, H<strong>im</strong>mel und Erde, Ort und Unendlichkeit, Zeit und Ewigkeit, par excel-


102<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

lence. In Nazareth ist das „Wort [Gottes] Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“<br />

(vgl. Joh 1,14). Wir wurden zu Kindern Gottes, weil Gott uns an Kindes statt angenommen<br />

hat. Er [Jesus] ist unser Bruder geworden, weil er uns Menschen zu seinen<br />

Brüdern machte. Deshalb ist Nazareth aufgrund ihrer Berufung und ihrer Sendung die<br />

Stadt der Begegnung, der göttlichen Vaterschaft, der Sohnschaft und der Bruderschaft.<br />

Wie Sie sehen, Heiliger Vater, haben viele Religionsführer in Israel (nahezu alle),<br />

koordiniert vom Council of the Leaders of Religious Communities, Ihre Einladung,<br />

mit Ihnen, Eure Heiligkeit, zusammenzukommen, mit großer Freude und Bereitschaft<br />

angenommKatholische Bischöfe und Priester;<br />

‒ Griechisch-orthodoxe und Koptisch-orthodoxe Bischöfe und Priester;<br />

‒ Anglikaner, Baptisten und andere protestantische Bischöfe und Pastoren;<br />

‒ Rabbinen und andere jüdische Oberhäupter;<br />

‒ Muftis, Imame, Richter und andere führende Musl<strong>im</strong>e;<br />

‒ Imame, Richter und Vorsitzende der Drusen-Gemeinde;<br />

‒ Baha’i Vorsitzender;<br />

‒ Einige Repräsentanten politischer Autoritäten sowie von Gemeinden und von zivilen<br />

und juridischen Autoritäten;<br />

‒ Schuldirektoren und Professoren;<br />

‒ Andere Vertreter der Gesellschaft Israels, Juden und palästinensische Araber, die am<br />

Dialog engagiert sind.<br />

Wir leben in Dörfern und Städten mit gemischter Bevölkerung, und erleben<br />

manchmal die Versuchung der Exklusivität, Uneinsichtigkeit und Gewalt. Diese<br />

Bevölkerung bedarf einer Geisteshaltung, die eine gegenseitige Annahme, einen Dialog<br />

und eine Zusammenarbeit und Versöhnung ermöglicht.<br />

Was die katholischen Gemeinschaften <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> betrifft, so haben wir in<br />

den neunziger Jahren eine wunderbare Pastoralsynode auf Diözesanebene abgehalten.<br />

Eine besondere Frucht dieser Synode war ein allgemeiner Pastoralplan, in dem der


8. – 15. Mai 2009 103<br />

Dialog und die Zusammenarbeit mit den Anderen <strong>im</strong> Geiste der Konzilserklärung<br />

Nostra Aetate Vorrang haben. Die Briefe der Vereinigung der Katholischen Patriarchen<br />

(„CCPO“) räumten dem Dialog dieselbe Bedeutung ein.<br />

Gott sei Dank, leisten viele von ihnen wunderbare Arbeit, um Glaube und Vernunft<br />

zusammenzubringen, das Mißtrauen zunichte zu machen, Gewalt und Extremismus<br />

zu vermeiden und für Gerechtigkeit und Friede mitzuwirken. In Nazareth, dem<br />

Zuhause der Jungfrau Maria, sehnen wir uns alle danach, die Verfügbarkeit Mariens<br />

Gott gegenüber nachzuahmen: „Siehe, wir sind die Diener des Herrn. Möge an uns<br />

geschehen, was deinem Wort entspricht.“ (vgl. Lk 1,38). Unsere Verpflichtung zum<br />

Dialog erfolgt auf Grundlage der <strong>Heiligen</strong> Schrift, als auch auf Grundlage unserer<br />

traditionellen Kultur. Wir denken hier an den sehr reichen und inspirierenden Dialog<br />

der jüdischen, christlichen und moslemischen Gelehrten des Mittelalters, wie etwa<br />

Ma<strong>im</strong>onides, Averroes, Ra<strong>im</strong>undus Lullus und Nikolaus von Kues et al., die in der<br />

christlich-arabischen Literatur genannt werden. All jene [geistigen] Tugenden der<br />

religiösen Koexistenz waren Gegenstand Ihrer persönlichen Studien und Lehren. Sie<br />

kommen sowohl in Ihrem pastoralen Führungsstil kraftvoll zum Ausdruck als auch in<br />

Ihren zahlreichen Begegnungen und Maßnahmen, die zugunsten des Dialogs zwischen<br />

den Religionen und Kulturen gesetzt werden. Deshalb sind wir äußerst sorgfältig darauf<br />

bedacht, auf Ihr autoritatives Wort zu hören. Ihre Initiativen zum Dialog lassen uns stets<br />

mehr und mehr erkennen, daß die Gewalt gerade das Gegenteil der Religion darstellt.<br />

Eine revidierte Form des „Dialogs“ könnte genau Ihr päpstliches Motto „Cooperatores<br />

veritatis“ (3 Joh 1,8) zum Ausdruck bringen; Zusammenarbeit in der Suche nach der<br />

Wahrheit. Durch diese konkrete Umsetzung kann unsere Verschiedenartigkeit ein<br />

herrliches Mosaik werden, das den Reichtum des Glaubens als eine schöne harmonische<br />

Symphonie und unsere Traditionen als einen wunderbaren Garten von schönen und<br />

gefälligen Blumen widerspiegelt.<br />

Ist das möglich Ja! Gerade hier in Nazareth hat der Erzengel Gabriel bestätigt:<br />

„Denn für Gott ist nichts unmöglich!“ (Lk 1, 37).<br />

Heiliger Vater, wir möchten bei Ihrem Abschied wahrlich an Ihre Worte denken,<br />

in Anbetracht der historischen Bedeutung dieses Treffens in Nazareth, der Stadt<br />

der Begegnung par excellence, die wir mit Aufmerksamkeit wahrnehmen und mit<br />

Kohärenz leben werden, als die historische Nazareth Declaration for Inter-Religious<br />

Co-Existence.


104<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Die Botschaft<br />

von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Photo : Ariel Jerozol<strong>im</strong>ski


8. – 15. Mai 2009 105<br />

Der Pilger<br />

„Ich komme als Pilger nach Jordanien, um die heiligen Stätten zu verehren, die eine<br />

solch bedeutende Rolle bei einigen zentralen Ereignissen der biblischen Geschichte<br />

gespielt haben.“ (Ankunft in Amman, 8. Mai)<br />

„Wie unzählige Pilger vor mir bin nun ich an der Reihe, dem innigen Wunsch<br />

Genüge zu tun, die Orte, wo Jesus lebte und die er durch seine Gegenwart geheiligt hat,<br />

zu berühren, an ihnen Trost zu schöpfen und sie zu verehren. (…) Liebe Freunde, jeder<br />

von uns ist ein Pilger.“ (Besuch des Regina Pacis Center, 8. Mai)<br />

„Es ist angemessen, daß meine Pilgerreise auf diesem Berg beginnt, von dem Mose<br />

aus der Ferne das verheißene <strong>Land</strong> erblickte. Sein Beispiel erinnert uns daran, daß<br />

auch wir ein Teil der die Zeiten überdauernden Pilgerschaft des Gottesvolkes durch die<br />

Geschichte sind. (…) Seit frühester Zeit sind die Christen zu den Stätten gepilgert, die<br />

in Verbindung mit der Geschichte des auserwählten Volkes, mit den Ereignissen des<br />

Lebens Christi und mit den Anfängen der Kirche in Verbindung stehen. Diese große<br />

Tradition, die meine gegenwärtige Wallfahrt weiterführen und bekräftigen möchte,<br />

gründet in dem Verlangen, <strong>im</strong> Gebet und in der Betrachtung jene Stätten zu sehen,<br />

zu berühren und auszukosten, die durch die körperliche Gegenwart unseres Heilands,<br />

seiner seligen Mutter, der Apostel und der ersten Jünger, die ihn nach der Auferstehung<br />

von den Toten sahen, gesegnet wurden.“ (Berg Nebo, 9. Mai)<br />

Photo : Christo Asfour


106<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

„Die Kirche selbst ist ein Pilgervolk.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)<br />

„Liebe Freunde, wie Sie wissen, bin ich in erster Linie als Pilger und Hirte nach<br />

Jordanien gekommen. Daher sind die Besuche an den heiligen Stätten und die Zeiten des<br />

Gebets, die wir dort gemeinsam verbracht haben, jene Erfahrungen, die am stärksten in<br />

meinem Gedächtnis eingeprägt bleiben werden.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen<br />

Flughafen „Queen Alia“ Amman, 11. Mai)<br />

„Ich weiß die Gelegenheit zu schätzen, die mir geboten wurde, eine Pilgerreise in ein<br />

<strong>Land</strong> zu unternehmen, das durch die Fußspuren von Patriarchen und Propheten geheiligt<br />

ist, ein <strong>Land</strong>, das Christen als Schauplatz des Lebens, des Todes und der Auferstehung<br />

Jesu Christi besonders verehren. Ich nehme meinen Platz ein in einer langen Reihe<br />

christlicher Pilger zu diesem <strong>Land</strong>, eine Reihe, die bis in die ersten Jahrhunderte der<br />

Geschichte der Kirche zurückreicht und die gewiß lange in die Zukunft fortdauern<br />

wird.“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)<br />

„Liebe Freunde, ich bin auf einer Reise des Glaubens nach Jerusalem gekommen.“<br />

(Besuch be<strong>im</strong> Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Ich bin als Pilger des Friedens gekommen. Die Pilgerfahrt ist ein wesentliches Element<br />

vieler Religionen, auch des Islams, der jüdischen Religion und des Christentums. Sie ist<br />

auch ein Bild für unser Leben, das ein Vorwärtsgehen ist, auf Gott hin und so auch auf<br />

die Gemeinschaft der Menschheit zu.“ (Grußworte von <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. an die Journalisten<br />

während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)<br />

Der Hirte<br />

• Die Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>,<br />

Präsenz und Ausdruck der Universalkirche<br />

„Ihr vertretet die katholischen Gemeinschaften <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>, die mit ihrem<br />

Glauben und ihrer Frömmigkeit wie brennende Kerzen an den heiligen Stätten der<br />

Christen leuchten, denen die Gnade der Gegenwart unseres lebendigen Herrn Jesus<br />

Christus geschenkt wurde. Dieses einzigartige Privileg gewährt euch und euren<br />

Gläubigen einen Platz besonderer Zuneigung in meinem Herzen als Nachfolger Petri.<br />

(…) Die verschiedenen hier befindlichen christlichen Kirchen stellen ein reiches und<br />

vielfältiges geistliches Erbe dar und sind ein Ausdruck der zahlreichen Formen des<br />

Zusammenspiels zwischen dem Evangelium und den unterschiedlichen Kulturen.<br />

Sie erinnern uns auch daran, daß der Missionsauftrag der Kirche darin besteht, die


8. – 15. Mai 2009 107<br />

universale Liebe Gottes zu verkünden und aus nah und fern alle von ihm Berufenen zu<br />

sammeln, so daß sie mit ihren Traditionen und Talenten die eine Familie Gottes bilden.<br />

Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen<br />

geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem<br />

neuen ökumenischen Bewußtsein geprägt.“ (Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Die Teilkirchen innerhalb der Weltkirche bezeugen die Dynamik ihrer irdischen<br />

Pilgerschaft und offenbaren allen Gläubigen einen Schatz an geistlichen, liturgischen<br />

und kirchlichen Traditionen, die auf Gottes umfassende Güte verweisen und auf<br />

seinen die ganze Geschichte hindurch sichtbaren Willen, alle in sein göttliches Leben<br />

einzubeziehen. (…) Eure Liturgien, die kirchliche Ordnung und das geistliche Erbe sind<br />

ein lebendiges Zeugnis für die Entfaltung eurer Tradition. Ihr verstärkt das Echo der<br />

ersten Verkündigung des Evangeliums, ihr verleiht den alten Erinnerungen an die Taten<br />

des Herrn neue Frische, ihr laßt seine heilbringenden Gnaden gegenwärtig werden und<br />

ihr verbreitet erneut den ersten Sch<strong>im</strong>mer des österlichen Lichtes und die zuckenden<br />

Flammen von Pfingsten.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)<br />

„Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu, indem ihr Christus in die<br />

Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft des Friedens und der<br />

Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander einig sind, so daß die<br />

Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> deutlich erkannt werden kann als ‚Zeichen und Werkzeug für<br />

Photo : Christo Asfour


108<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit’ (Lumen<br />

gentium, 1).“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)<br />

„Ich (…) umarme mit dem Friedensgruß meine Brüder <strong>im</strong> bischöflichen Amt, die<br />

Priester und Ordensleute, und alle Gläubigen Galiläas, die in der Vielfalt ihrer Riten<br />

und Traditionen die Universalität der Kirche Christi zum Ausdruck bringen.“ (Heilige<br />

Messe in Nazareth, 14. Mai)<br />

• Die Ermutigung für die Christen<br />

„Die öffentliche Erscheinung eures christlichen Glaubens ist natürlich nicht auf die<br />

geistliche Sorge umeinander und um euer Volk beschränkt, so wesentlich das auch<br />

ist. Sondern eure zahlreichen Initiativen allgemeiner Nächstenliebe erstrecken sich auf<br />

alle Jordanier – Musl<strong>im</strong>e und Angehörige anderer Religionen – sowie auch auf die<br />

große Anzahl der Flüchtlinge, die dieses Königreich so großzügig aufn<strong>im</strong>mt. (…) Von<br />

Kindergärten bis zu höheren Bildungsanstalten, von Waisenhäusern bis zu Altenhe<strong>im</strong>en,<br />

von der Arbeit mit Flüchtlingen bis zur Musikakademie, zu medizinischen Kliniken<br />

und Krankenhäusern, zum interreligiösem Dialog und zu Kulturinitiativen – überall ist<br />

eure Gegenwart in dieser Gesellschaft ein wunderbares Zeichen der Hoffnung, die uns<br />

als Christen auszeichnet. Diese Hoffnung reicht weit hinaus über die Grenzen unserer<br />

eigenen christlichen Gemeinden.“ (Vesper in Amman, 9. Mai)<br />

„Während ich über das Gehe<strong>im</strong>nis von Gottes Treue nachdachte, betete ich, daß<br />

die Kirche in dieser Region in der Hoffnung gefestigt und in ihrem Zeugnis vom<br />

auferstandenen Christus, dem Retter der Menschheit, gestärkt werden möge. (…) Als<br />

Nachfolger des hl. Petrus, dem der Herr die Fürsorge für seine Herde anvertraut hat<br />

(vgl. Joh 21,15–17), habe ich mich lange nach dieser Gelegenheit gesehnt, als Zeuge<br />

des auferstandenen Retters vor euch zu stehen und euch zu ermutigen, <strong>im</strong> Glauben, in<br />

der Hoffnung und in der Liebe auszuharren, in Treue zu den altehrwürdigen Traditionen<br />

und zur ruhmreichen Geschichte des christlichen Zeugnisses, die bei euch bis in die Zeit<br />

der Apostel zurückreicht. Die hiesige katholische Gemeinde ist zutiefst berührt von<br />

den Schwierigkeiten und der Unsicherheit, von denen alle Menschen <strong>im</strong> Nahen Osten<br />

betroffen sind. Ihr sollt niemals die große Würde vergessen, die eurem christlichen<br />

Erbe entspringt, und stets die liebevolle Solidarität all eurer Brüder und Schwestern in<br />

der Kirche auf der ganzen Welt spüren! (…) Die Treue zu euren christlichen Wurzeln,<br />

die Treue zur Sendung der Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> verlangt von einem jeden von euch<br />

eine besondere Art von Mut: den Mut der Überzeugung, der dem persönlichen Glauben<br />

entspringt, nicht der bloßen gesellschaftlichen Konvention oder der Familientradition;<br />

den Mut, einen Dialog zu führen und Seite an Seite zu arbeiten mit anderen Christen<br />

<strong>im</strong> Dienst des Evangeliums und in Solidarität mit den Armen, den Vertriebenen und


8. – 15. Mai 2009 109<br />

den Opfern großer menschlicher Tragödien; den Mut, neue Brücken zu bauen, um<br />

eine fruchtbare Begegnung von Menschen verschiedener Religionen und Kulturen zu<br />

ermöglichen und dadurch das Gesellschaftsgefüge zu bereichern. Es bedeutet auch,<br />

Zeugnis abzulegen von der Liebe, die uns anspornt, unser Leben <strong>im</strong> Dienst an anderen<br />

‚hinzugeben’ und dadurch Gesinnungen entgegenwirken, die es als gerechtfertigt<br />

betrachten, unschuldigen Menschen das Leben ‚zu nehmen’. ‚Ich bin der gute Hirt;<br />

ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich’ (Joh 10,14). Freut euch, daß<br />

der Herr euch be<strong>im</strong> Namen gerufen und in seine Herde aufgenommen hat. Folgt ihm<br />

mit Freude nach und laßt euch auf allen euren Wegen von ihm führen! Jesus weiß,<br />

welchen Herausforderungen ihr gegenübersteht, welchen Prüfungen ihr ausgesetzt seid<br />

und wieviel Gutes ihr in seinem Namen tut. Vertraut auf ihn, auf seine <strong>im</strong>merwährende<br />

Liebe zu allen Schafen seiner Herde, und harrt in eurem Zeugnis für den Triumph<br />

seiner Liebe aus.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)<br />

„In diesem <strong>Land</strong>, in dem Petrus den Auftrag erhielt, die Schafe des Herrn zu weiden,<br />

komme ich als Nachfolger des Petrus, um unter euch meinen Dienst zu tun. (…) Den<br />

christlichen Gemeinden <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> sage ich: Durch euer gläubiges Zeugnis für<br />

Ihn, der Vergebung und Versöhnung predigte, durch euer Engagement, die Heiligkeit<br />

allen menschlichen Lebens zu schützen, könnt ihr einen besonderen Beitrag zur Beendigung<br />

der Feindseligkeiten leisten, die<br />

so lange schon dieses <strong>Land</strong> belasten.<br />

Ich bete, daß eure fortwährende Anwesenheit<br />

in Israel und in den Palästinensergebieten<br />

viel Frucht bringen wird zur<br />

Förderung des Friedens und des gegenseitigen<br />

Respekts unter allen Völkern,<br />

die in den Ländern der Bibel leben.“<br />

(Begrüßungszeremonie am Internationalen<br />

Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)<br />

„Die Christen <strong>im</strong> Nahen Osten tragen mit<br />

den übrigen Menschen guten Willens<br />

als loyale und verantwortungsbewußte<br />

Bürger trotz der Schwierigkeiten und<br />

Einschränkungen zur Förderung und<br />

Festigung eines Kl<strong>im</strong>as des friedlichen<br />

Zusammenlebens in der Vielfalt bei. Ich<br />

möchte ihnen erneut das sagen, was ich<br />

2006 in meiner Weihnachtsbotschaft<br />

für die Christen <strong>im</strong> Nahen Osten<br />

festgehalten habe: ‚Ich spreche euch<br />

Photo : Christo Asfour


110<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

mit Zuneigung meine persönliche Nähe aus in eurer Lage menschlicher Unsicherheit,<br />

täglicher Leiden, der Angst und der Hoffnung, die ihr erlebt. Euren Gemeinden<br />

wiederhole ich vor allem die Worte des Erlösers: ‚Fürchte dich nicht, du kleine<br />

Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben‘ (Lk 12,32)’<br />

(Weihnachtsbotschaft Seiner Heiligkeit <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. an die Katholiken in den<br />

Ländern des Nahen Ostens, 21. Dezember 2006). (…) Meinerseits erneuere ich meinen<br />

Aufruf an alle unsere Brüder und Schwestern auf der ganzen Welt, die christlichen<br />

Gemeinden <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> und <strong>im</strong> Nahen Osten zu unterstützen und ihrer <strong>im</strong> Gebet<br />

zu gedenken. (…) Liebe Brüder, wenn wir nun gemeinsam unser freudiges Gebet an<br />

Maria, die Königin des H<strong>im</strong>mels, richten, so wollen wir das Wohlbefinden und die<br />

geistliche Erneuerung aller Christen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> in ihre Hände legen, damit sie<br />

unter der Führung ihrer Hirten <strong>im</strong> Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wachsen<br />

und in ihrer Sendung als Förderer der Gemeinschaft und des Friedens ausharren.“<br />

(Gebet des Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Laßt uns heute diesen Segen empfangen. Er [Jesus] erteilt ihn auf besondere Weise<br />

euch, liebe Brüder und Schwestern: Ihr steht in einer ununterbrochenen Reihe mit<br />

jenen ersten Jüngern, die dem auferstandenen Herrn begegneten, als er das Brot brach,<br />

mit jenen, die durch die Predigt des Petrus bekehrt wurden, und mit jenen, die als<br />

erste die Ausgießung des <strong>Heiligen</strong> Geistes <strong>im</strong> ganzen Reichtum seiner Pfingstgaben<br />

erlebten. Als Nachfolger des heiligen Petrus habe ich seine Spuren zurückverfolgt, um<br />

mitten unter euch den auferstandenen Christus zu verkündigen, um euch <strong>im</strong> Glauben<br />

eurer Väter zu bestärken und den Trost auf euch herabzurufen, der das Geschenk des<br />

Parakleten ist. (…) Ich hoffe, meine Anwesenheit hier ist ein Zeichen, daß man euch<br />

nicht vergessen hat, daß eure beharrliche Anwesenheit und euer Zeugnis wirklich<br />

wertvoll sind vor Gott und daß sie für die Zukunft dieser Region wesentlich sind.<br />

Aufgrund eurer tiefen Verwurzelung in diesem <strong>Land</strong>, eurer altehrwürdigen und starken<br />

christlichen Kultur und eures unerschütterlichen Vertrauens in Gottes Verheißungen<br />

seid ihr, die Christen des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es, dazu berufen, nicht nur ein Lichtstrahl des<br />

Glaubens für die universale Kirche zu sein, sondern auch Sauerteig der Eintracht, der<br />

Weisheit und des Gleichgewichts <strong>im</strong> Leben einer Gesellschaft, die traditionell stets<br />

pluralistisch, multiethnisch und multireligiös war und dies auch weiterhin ist. (…)<br />

Aus diesem Grund muß die christliche Gemeinde in dieser Stadt, die die Auferstehung<br />

Christi und die Ausgießung des <strong>Heiligen</strong> Geist sah, um so mehr an der Hoffnung<br />

festhalten, die aus dem Evangelium kommt. Sie muß das Unterpfand des endgültigen<br />

Sieges Christi über Sünde und Tod lieben und ehren, muß von der Kraft der Vergebung<br />

Zeugnis geben und das tiefste Wesen der Kirche aufzeigen, als Zeichen und Sakrament<br />

einer versöhnten und erneuerten Menschheit, die eins geworden ist in Christus, dem<br />

neuen Adam. (…) Ich bitte die staatlichen Autoritäten eindringlich, die Anwesenheit<br />

der Christen an diesem Ort zu achten und zu unterstützen, und ich möchte euch auch<br />

die Solidarität, die Liebe und die Unterstützung der ganzen Kirche zusichern. (…) Ich


8. – 15. Mai 2009 111<br />

bete heute darum, daß ihr auch weiterhin Tag für Tag die Zeichen der Vorsehung Gottes<br />

und seiner grenzenlosen Gnade „seht“ und an sie „glaubt“, um mit erneuertem Glauben<br />

und erneuerter Hoffnung die trostreichen Worte der Verkündigung der Apostel zu<br />

„hören“, die Quellen der Gnade in den Sakramenten zu „berühren“ und für andere das<br />

in diesen enthaltene Unterpfand des Neubeginns zu verkörpern: die Freiheit, die aus<br />

der Versöhnung kommt, das innere Licht und den Frieden, die auch in die dunkelsten<br />

menschlichen Realitäten Heilung und Hoffnung bringen können.“ (Heilige Messe <strong>im</strong><br />

Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„ ‚Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude… Heute ist euch<br />

in der Stadt Davids der Retter geboren’ (Lk 2,10-11). Die Botschaft vom Kommen<br />

Christi, die durch die St<strong>im</strong>men der Engel vom H<strong>im</strong>mel gebracht wurde, erschallt auch<br />

weiter in dieser Stadt, und ebenso erschallt sie in Familien, Häusern und Gemeinden<br />

auf der ganzen Welt. Sie ist, wie die Engel sagen, ‚eine große Freude, die dem ganzen<br />

Volk zuteil werden soll’. Sie verkündet uns, daß der Messias, der Sohn Gottes und<br />

der Sohn Davids, ‚für euch’ geboren wurde: für euch und mich, und für die Menschen<br />

aller Orte und aller Zeiten. Im Plan Gottes wurde Bethlehem, ‚so klein unter den<br />

Gauen Judas’ (Mi 5,1), zu einem Ort unvergänglicher Herrlichkeit: dem Ort, wo<br />

Gott in der Fülle der Zeit beschlossen hat, Mensch zu werden, der langen Herrschaft<br />

von Sünde und Tod ein Ende zu setzen und einer Welt, die alt und müde geworden<br />

war und die die Last der Hoffnungslosigkeit niederdrückte, neues Leben in Fülle zu<br />

bringen. (…) Ihr habt die menschlichen Ressourcen, um jene Kultur des Friedens<br />

und der gegenseitigen Achtung zu bauen, die eine bessere Zukunft für eure Kinder<br />

gewährleisten kann. Das ist die edle Aufgabe, die vor euch liegt. Fürchtet euch nicht!“<br />

(Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Im Staat Israel und in den Palästinensischen Gebieten bilden die Christen eine<br />

Minderheit in der Bevölkerung. Vielleicht habt ihr manchmal das Gefühl, daß eure<br />

St<strong>im</strong>me wenig gilt. Viele eurer Mitchristen sind ausgewandert, in der Hoffnung,<br />

woanders größere Sicherheit und bessere Aussichten zu finden. Eure Lage ruft jene<br />

der jugendlichen Jungfrau Maria ins Gedächtnis, die in Nazareth ein Leben <strong>im</strong><br />

Verborgenen führte, ohne weltlichen Reichtum oder Einfluß. (…) Habt das Vertrauen,<br />

Christus treu zu sein und hier in dem <strong>Land</strong> zu bleiben, das er durch seine persönliche<br />

Gegenwart geheiligt hat! Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu,<br />

indem ihr Christus in die Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft<br />

des Friedens und der Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander<br />

einig sind, so daß die Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> deutlich erkannt werden kann als<br />

‚Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der<br />

ganzen Menschheit’ (Lumen gentium, 1). Eure Einheit in Glaube, Hoffnung und Liebe<br />

ist eine Frucht des <strong>Heiligen</strong> Geistes, der in euch wohnt und euch befähigt, wirksame<br />

Werkzeuge für Gottes Frieden zu sein, indem ihr helft, echte Versöhnung zwischen


112<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

den verschiedenen Völkern zu schaffen, die Abraham als den Vater ihres Glaubens<br />

erkennen.“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)<br />

„Es ist darum eine Verpflichtung, daß christliche Führer und ihre Gemeinschaften ein<br />

lebendiges Zeugnis für das ablegen, was unser Glaube verkündet: Das ewige Wort,<br />

das in diesem <strong>Land</strong> in Raum und Zeit eingetreten ist, Jesus von Nazaret, der auf<br />

diesen Straßen wanderte, ruft durch sein Wort und sein Tun Menschen jeden Alters<br />

in sein Leben der Wahrheit und der Liebe. Liebe Freunde, während ich Sie ermutige,<br />

den auferstandenen Herrn freudig zu verkünden, möchte ich auch der auf dieses Ziel<br />

ausgerichteten Arbeit der Leiter der christlichen Gemeinschaften, die sich regelmäßig<br />

in dieser Stadt treffen, meine Anerkennung aussprechen. Mir scheint, daß der größte<br />

Dienst, den die Christen Jerusalems ihren Mitbürgern erweisen können, die Erziehung<br />

und Ausbildung einer kommenden Generation gebildeter und engagierter Christen ist,<br />

die den innigen Wunsch haben, in großherziger Weise zum religiösen und zivilen Leben<br />

dieser einzigartigen und heiligen Stadt beizutragen. Für jeden christlichen Leiter hat es<br />

höchste Priorität, den Glauben der einzelnen und der Familien, die seiner Seelsorge<br />

anvertraut sind, zu fördern.“ (Ökumenisches Treffen, Griechisch-Orthodoxes Patriarchat,<br />

Jerusalem, 15. Mai)<br />

„Das leere Grab spricht zu<br />

uns von Hoffnung, von der<br />

Hoffnung, die uns nicht<br />

zugrunde gehen läßt, da sie<br />

die Gabe des lebendigen<br />

Geistes ist (vgl. Röm 5, 5).<br />

Das ist die Botschaft, die<br />

ich euch heute, am Ende<br />

meiner Pilgerreise ins<br />

Heilige <strong>Land</strong>, hinterlassen<br />

möchte. Möge durch Gottes<br />

Gnade die Hoffnung in den<br />

Herzen aller Menschen, die<br />

in diesen Ländern wohnen,<br />

stets neu aufsteigen! Möge<br />

sie in euren Herzen wurzeln,<br />

in euren Familien und<br />

Gemeinschaften bleiben und<br />

in einem jeden von euch<br />

ein <strong>im</strong>mer treueres Zeugnis<br />

für den Friedensfürsten<br />

anregen! Die Kirche <strong>im</strong>


8. – 15. Mai 2009 113<br />

<strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>, die so oft das dunkle Gehe<strong>im</strong>nis von Golgota erfahren hat, darf niemals<br />

aufhören, ein unerschrockener Herold der leuchtenden Botschaft der Hoffnung zu<br />

sein, die dieses leere Grab verkündet. Das Evangelium beteuert uns, daß Gott alles<br />

neu machen kann, daß Geschichte sich nicht wiederholen muß, daß Gedächtnisse<br />

geheilt werden können, daß die Bitterkeit von Beschuldigung und Feindseligkeit<br />

überwunden werden kann und daß eine Zukunft der Gerechtigkeit, des Friedens, des<br />

Wohlstands und der Zusammenarbeit entstehen kann für jeden Menschen, für die<br />

ganze Menschheitsfamilie und in besonderer Weise für die Menschen, die in diesem<br />

<strong>Land</strong> wohnen, das dem Erlöser sehr am Herzen liegt. (…) Ich bete, daß die Kirche <strong>im</strong><br />

<strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> stets neue Kraft aus der Betrachtung des leeren Grabes des Heilands<br />

schöpfen möge. Sie ist gerufen, in diesem Grab all ihre Angst und Furcht zu begraben,<br />

um jeden Tag wieder aufzustehen und ihren Weg durch die Straßen von Jerusalem,<br />

Galiläa und darüber hinaus fortzusetzen und dabei den Triumph der Vergebung Christi<br />

und die Verheißung neuen Lebens zu verkünden.“ (Besuch des <strong>Heiligen</strong> Grabes, Jerusalem,<br />

15. Mai)<br />

• Das Drama der Emigration<br />

„Wir wollen die Christen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> und <strong>im</strong> ganzen Nahen Osten vor allem<br />

ermutigen, zu bleiben, in ihren Herkunftsländern ihren Beitrag zu leisten: sie sind ein<br />

wichtiger Teil der Kultur und des Lebens in diesen Regionen. (…) Unsere Schulen bilden<br />

eine Generation aus, die die Möglichkeit haben wird, <strong>im</strong> heutigen Leben, <strong>im</strong> öffentlichen<br />

Leben präsent zu sein. (…) Außerdem gibt es viele christliche Vereinigungen, die auf<br />

unterschiedliche Weise den Christen helfen und sie mit konkreten Hilfen zum Bleiben<br />

ermutigen. So hoffe ich, daß die Christen wirklich den Mut, die Demut und die Geduld<br />

finden können, in diesen Ländern zu bleiben und ihren Beitrag zur Zukunft dieser<br />

Länder zu leisten.“ (Interview mit <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)<br />

„Liebe Brüder <strong>im</strong> Bischofsamt, zählt auf meine Unterstützung und meine Ermutigung,<br />

wenn ihr alles tut, was in eurer Macht steht, um unseren christlichen Brüdern und<br />

Schwestern beizustehen, damit sie hier <strong>im</strong> <strong>Land</strong> ihrer Vorfahren bleiben und Boten<br />

und Förderer des Friedens sind. Ich schätze eure Anstrengungen, ihnen als reife<br />

und verantwortungsbewußte Bürger Werte und Leitlinien anzubieten, die ihnen<br />

helfen können, ihre Rolle in der Gesellschaft auszuüben.“ (Gebet des Regina Caeli,<br />

Jerusalem, 12. Mai)<br />

„An dieser Stelle möchte ich direkt eine tragische Realität ansprechen, die alle,<br />

die diese Stadt und dieses <strong>Land</strong> lieben, mit großer Besorgnis erfüllen muß: die<br />

Abwanderung so vieler Angehöriger der christlichen Gemeinde in den letzten Jahren.<br />

Während verständliche Gründe viele und besonders junge Menschen dazu veranlassen


114<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

auszuwandern, so bringt diese Entscheidung für die Stadt eine große kulturelle und<br />

geistliche Verarmung mit sich. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei<br />

anderen Gelegenheiten gesagt habe: Im <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> ist Raum für alle!“ (Heilige<br />

Messe <strong>im</strong> Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)<br />

• An die Familien<br />

„Wenn wir diese Worte hören, sollten wir dankbar sein für die Liebe dieses Vaters, die<br />

wir in unseren Familien erfahren haben, durch die Liebe unserer Väter und Mütter,<br />

unserer Großeltern, unserer Geschwister. Im Jahr der Familie, das gegenwärtig gefeiert<br />

wird, hat die Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> über die Familie als Gehe<strong>im</strong>nis lebensspendender<br />

Liebe nachgedacht. Sie gehört zu Gottes Plan und hat eine ihr eigene Berufung und<br />

Sendung: die göttliche Liebe auszustrahlen, die die Quelle und letzte Erfüllung jeder<br />

anderen Liebe in unserem Leben ist. Möge jede christliche Familie in der Treue zu<br />

ihrer hohen Berufung wachsen, um eine wahre Schule des Gebets zu sein, wo die<br />

Kinder eine aufrichtige Liebe zu Gott lernen können, wo sie in der Selbstdisziplin


8. – 15. Mai 2009 115<br />

und <strong>im</strong> Sorgetragen für die Nöte anderer heranreifen und wo sie, geprägt durch die<br />

Weisheit, die aus dem Glauben kommt, zum Aufbau einer <strong>im</strong>mer gerechteren und<br />

brüderlicheren Gesellschaft beitragen. Die starken christlichen Familien dieser Region<br />

sind ein großes Vermächtnis, das frühere Generationen weitergegeben haben. Mögen<br />

die heutigen Familien diesem eindrucksvollen Erbe treu sein, und möge ihnen niemals<br />

der materielle und moralische Beistand fehlen, den sie brauchen, um ihre unersetzliche<br />

Rolle <strong>im</strong> Dienst an der Gesellschaft auszuüben.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)<br />

„Wenn wir uns nun ihr (Jungfrau Maria) zuwenden, wollen wir ihre mütterliche<br />

Fürsprache für alle Familien in diesem <strong>Land</strong> erbitten, damit sie wirklich Schulen des<br />

Gebets und Schulen der Liebe sind.“ (Gebet des Regina Caeli, Amman, 10. Mai)<br />

„Wie ich in meiner Botschaft zum Weltfriedenstag <strong>im</strong> letzten Jahr sagte, ist die Familie<br />

‚der erste und unerläßliche Lehrmeister des Friedens’ (Nr. 3), und daher hat sie bei<br />

der Heilung von Spaltungen auf jeder gesellschaftlichen Ebene eine wesentliche<br />

Rolle zu spielen.“ (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“,<br />

Tel Aviv, 11. Mai)<br />

„Den Eltern kommt hier eine äußerst wichtige Rolle zu, und so rufe ich alle Familien in<br />

diesem Lager auf: Achten Sie darauf, Ihre Kinder in ihrer Ausbildung zu unterstützen<br />

und ihre Begabungen zu fördern, damit es in der zukünftigen palästinensischen<br />

Gesellschaft nicht an qualifizierten Kräften für Führungspositionen fehlt. Ich weiß,<br />

daß viele Ihrer Familien auseinandergerissen sind – durch Gefangenschaft einzelner<br />

Familienmitglieder oder aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit – und viele<br />

unter Ihnen haben <strong>im</strong> Laufe der Feindseligkeiten den schmerzlichen Verlust von<br />

Angehörigen erlebt. Alle, die in dieser Weise leiden, haben mein Mitgefühl.“ (Besuch<br />

des Aida Flüchtlingslagers, Bethlehmen, 13. Mai)<br />

„Wir sind hier in der He<strong>im</strong>atstadt Jesu, Marias und Josefs zusammengekommen, um<br />

das Jahr der Familie ausklingen zu lassen, das die Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> heuer<br />

gefeiert hat. Als Zeichen der Hoffnung für die Zukunft werde ich den Grundstein eines<br />

internationalen Zentrums für die Familie segnen, das in Nazaret gebaut werden soll.<br />

Laßt uns beten, daß das Zentrum dem Familienleben in dieser Region starken Auftrieb<br />

gebe, Familien überall Unterstützung und Beistand gewähre und sie dazu anspornen<br />

möge, ihre unersetzliche Sendung in der Gesellschaft zu erfüllen. [...] Hier kommen<br />

wir noch mehr dazu, am Beispiel Marias, Josefs und Jesu die Heiligkeit der Familie<br />

zu würdigen, die <strong>im</strong> Plan Gottes auf der <strong>im</strong> heiligen Bund der Ehe geschlossenen<br />

Beziehung zwischen Mann und Frau basiert, die sich ein Leben lang die Treue halten<br />

und das von Gott geschenkte neue Leben annehmen. [...] wie wichtig ist doch das<br />

Zeugnis von Ehepaaren für die Bildung gesunder Gewissen und den Aufbau einer<br />

Kultur der Liebe! In der ersten Lesung des heutigen Tages aus dem Buch Jesus Sirach


116<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

(3, 3-7.14-17) wird uns die Familie durch das Wort Gottes als erste Schule der Weisheit<br />

gezeigt; eine Schule, die ihre Mitglieder in der Übung jener Tugenden unterrichtet, die<br />

zu wahrem Glück und dauerhafter Erfüllung führen. Im Plan Gottes für die Familie<br />

trägt die Liebe zwischen dem Ehemann und der Ehefrau Frucht in neuem Leben; eine<br />

Liebe, die Tag für Tag in dem liebevollen Bemühen der Eltern zum Ausdruck kommt,<br />

ihren Kindern eine umfassende menschliche und spirituelle Bildung zu geben. In der<br />

Familie wird jede Person, das kleinste Kind ebenso wie das älteste Familienmitglied, um<br />

seiner selbst willen geschätzt, und nicht als Mittel betrachtet, das irgendeinem anderen<br />

Zweck dient. Hier können wir bereits die ersten Anzeichen der wesentlichen Rolle<br />

erkennen, die der Familie als Grundstein einer wohlgeordneten und aufnahmebereiten<br />

Gesellschaft zukommt. [...] so ist auch die Familie, die auf diese Liebe gründet, gerufen,<br />

‚Hauskirche’ zu sein, ein Ort des Glaubens, des Gebets und der liebevollen Sorge um<br />

das wahre und dauerhafte Wohl jedes ihrer Glieder.“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)<br />

• An die Frauen<br />

„Ein wichtiger Aspekt eurer Reflexion in diesem Jahr der Familie war die besondere<br />

Würde, Berufung und Sendung der Frau in Gottes Plan. Wie viel verdankt die Kirche in<br />

dieser Region doch dem geduldigen, liebevollen und treuen Zeugnis zahlloser christlicher<br />

Mütter, Ordensfrauen, Lehrerinnen und Krankenschwestern! Wie viel verdankt eure<br />

Gesellschaft all jenen Frauen, die auf unterschiedliche Weise ihr Leben dem Aufbau des<br />

Friedens und der Förderung der Liebe gewidmet haben! Bereits auf den allerersten Seiten<br />

der Bibel sehen wir, daß Mann und Frau als Abbild Gottes geschaffen und dazu best<strong>im</strong>mt<br />

sind, einander zu ergänzen als Verwalter der Gaben Gottes und Partner in der Weitergabe<br />

seines Geschenks des Lebens – sowohl des leiblichen als auch des geistlichen Lebens<br />

– an unsere Welt. Leider wurde diese gottgegebene Würde und Rolle der Frau nicht<br />

<strong>im</strong>mer hinreichend verstanden und geachtet. Die Kirche und die Gesellschaft als Ganze<br />

haben erkannt, wie dringend wir das brauchen, was der verstorbene <strong>Papst</strong> Johannes Paul<br />

II. das ‚prophetische Charisma’ der Frauen nannte der (vgl. Mulieris dignitatem, 29).<br />

Als Botinnen der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Erbauerinnen des<br />

Friedens bringen sie Wärme und Menschlichkeit in eine Welt, die den Wert einer Person<br />

nur allzuoft nach den kalten Maßstäben des Nutzens und des Profits bemißt. Dadurch,<br />

daß sie die Achtung der Frau öffentlich bezeugt und die jedem Menschen innewohnende<br />

Würde verteidigt, kann die Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> einen wichtigen Beitrag leisten zur<br />

Förderung einer Kultur wahrer Menschlichkeit und zum Aufbau einer Zivilisation der<br />

Liebe.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)<br />

„Während der Messe habe ich über das prophetische Charisma der Frauen als Botinnen<br />

der Liebe, Lehrmeisterinnen der Barmherzigkeit und Erbauerinnen des Friedens<br />

gesprochen. Das höchste Vorbild fraulicher Tugend ist die selige Jungfrau Maria, die


8. – 15. Mai 2009 117<br />

Mutter der Barmherzigkeit und die Königin des Friedens.“ (Gebet des Regina Caeli in<br />

Amman, 10. Mai)<br />

„Nazaret gemahnt uns an unsere Pflicht, die besondere Rolle der Frau und die ihr von<br />

Gott gegebene Würde anzuerkennen und zu respektieren, ebenso wie ihre besonderen<br />

Charismen und Talente. Ganz gleich, ob sie nun als Mütter in Familien leben, als<br />

wichtiger Part <strong>im</strong> Arbeitsleben und in den gesellschaftlichen Einrichtungen oder in einer<br />

besonderen Berufung unserem Herrn durch die evangelischen Räte der Keuschheit,<br />

Armut und des Gehorsams folgen: die Frauen spielen stets eine unersetzliche Rolle<br />

dabei, jene „Humanökologie“ (vgl. Centes<strong>im</strong>us annus, 39) zu schaffen, derer unsere<br />

Welt und dieses <strong>Land</strong> so dringend bedürfen: ein Umfeld, in dem Kinder lernen zu<br />

lieben und für andere Sorge zu tragen, zu allen ehrlich und respektvoll zu sein, sich in<br />

der Tugend der Barmherzigkeit und Vergebung zu üben.“ (Heilige Messe in Nazareth,<br />

14. Mai)<br />

• An die Jugend<br />

„Mit diesen Gedanken <strong>im</strong> Herzen ermutige ich in besonderer Weise die christlichen<br />

Studenten Jordaniens und der Nachbarregionen, sich verantwortungsvoll ihrer<br />

eigenen professionellen und moralischen Ausbildung zu widmen. Ihr seid gerufen,<br />

Bauleute einer gerechten und friedlichen Gesellschaft zu sein, die sich aus Menschen<br />

mit verschiedenem religiösen und ethnischen Hintergrund zusammensetzt. Diese<br />

Gegebenheiten – ich möchte es nochmals betonen – dürfen nicht zur Entzweiung,


118<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

sie müssen zu gegenseitiger Bereicherung führen. Die Mission und die Berufung der<br />

Universität von Madaba liegt gerade darin, ihnen zu helfen, noch mehr an dieser hohen<br />

Aufgabe teilzuhaben.“ (Universität von Madaba, 9. Mai)<br />

„Tatsächlich gilt dasselbe für alle jungen jordanischen Christen: fürchtet euch nicht,<br />

euren eigenen weisen, wohl abgewogenen und respektvollen Beitrag zum öffentlichen<br />

Leben des Königreiches zu leisten. Die authentische St<strong>im</strong>me des Glaubens wird <strong>im</strong>mer<br />

Redlichkeit, Gerechtigkeit, Mitgefühl und Frieden bringen!“ (Vesper in Amman, 9. Mai)<br />

„Heute lade ich die vielen hier anwesenden jungen Menschen ein, darüber<br />

nachzudenken, wie der Herr euch ruft, ihm nachzufolgen und seine Kirche aufzubauen.<br />

Sei es <strong>im</strong> Priesteramt, <strong>im</strong> geweihten Leben oder <strong>im</strong> Sakrament der Ehe: Jesus braucht<br />

euch, damit die Menschen seine St<strong>im</strong>me hören, und zur Arbeit am Wachstum seines<br />

Reiches.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)<br />

„Bitten wir sie, die so großzügig auf den Ruf des Engels geantwortet und ihre Berufung,<br />

die Mutter Gottes zu werden, angenommen hat, um Mut und Kraft für alle jungen<br />

Menschen heute, die über ihre Berufung nachdenken, damit auch sie sich großzügig der<br />

Erfüllung von Gottes Willen widmen können.“ (Gebet des Regina Caeli, Amman, 10. Mai)<br />

„An die vielen jungen Menschen <strong>im</strong> Bereich der Palästinensischen Gebiete richte ich<br />

diesen Appell: Laßt nicht zu, daß der Verlust von Leben und die Zerstörung, die ihr mit<br />

ansehen mußtet, in euren Herzen Bitterkeit und Groll wachsen lassen. Habt den Mut,<br />

jeder vielleicht von euch verspürten Versuchung zu widerstehen, Gewalt anzuwenden<br />

oder terroristische Akte zu begehen. Was ihr erfahren habt, soll vielmehr eure<br />

Entschlossenheit erneuern, Frieden zu stiften. Es soll euch mit dem tiefen Verlangen<br />

erfüllen, einen bleibenden Beitrag zur Zukunft Palästinas zu leisen, damit es auf der<br />

Weltbühne den ihm zustehenden Platz einnehmen kann. Es soll in euch Gefühle des<br />

Mitleids für alle Leidenden wecken, Eifer für die Versöhnung und einen festen Glauben,<br />

daß eine bessere Zukunft möglich ist.“ (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Zu allen jungen Menschen hier sage ich: Bereitet euch mit neuem Eifer auf die Zeit<br />

vor, wenn ihr in den kommenden Jahren für die Angelegenheiten des palästinensischen<br />

Volkes verantwortlich sein werdet!“ (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, 13. Mai)<br />

„An dieser Stelle möchte ich den hier versammelten jungen Menschen gerne einen<br />

kleinen Denkanstoß geben. Das Zweite Vatikanische Konzil lehrt uns, daß die Kinder<br />

bei der Heiligung ihrer Eltern eine besondere Rolle spielen (vgl. Gaudium et spes, 48).<br />

Ich bitte euch eindringlich, darüber nachzudenken und euch vom Vorbild Jesu leiten<br />

zu lassen, also euren Eltern nicht nur Respekt zu zollen, sondern ihnen auch zu helfen,<br />

jene Liebe in ihrer ganzen Fülle zu erkennen, die unserem Leben erst seinen tiefsten


8. – 15. Mai 2009 119<br />

Sinn gibt. In der <strong>Heiligen</strong> Familie von Nazaret war es Jesus, von dem Maria und Josef<br />

von der Größe Gottes, seines h<strong>im</strong>mlischen Vaters, erfahren haben, jener letzten Quelle<br />

aller Liebe, dem Vater, nach dessen Namen jedes Geschlecht <strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel und auf der<br />

Erde benannt wird (vgl. Eph 3,14-15).“ (Heilige Messe in Nazareth, 14. Mai)<br />

• Die Ausweitung der Humanität, Bekehrung und Erneuerung<br />

„Sei es in unseren eigenen Prüfungen, sei es, daß wir anderen in ihren Mühen zur Seite<br />

stehen, wir bekommen einen Einblick in das Wesen unseres Menschseins, wir werden<br />

sozusagen menschlicher.“ (Regina Pacis Center, 8. Mai)<br />

„Das menschliche Herz kann verhärtet werden durch sein begrenztes Umfeld, seine<br />

Interessen und seine Leidenschaften. Aber jeder Mensch ist ebenso zu Weisheit und<br />

Rechtschaffenheit aufgerufen, zur grundlegenden und überaus bedeutsamen Wahl des<br />

Guten vor dem Bösen, der Wahrheit vor der Unaufrichtigkeit, und jeder kann bei dieser<br />

Aufgabe unterstützt werden. [...] In der Tat, die menschliche Person, ihr Platz und ihr<br />

Sinn <strong>im</strong> Universum lassen sich nicht in den Grenzen der Wissenschaft erfassen. ‚Die<br />

zu erstrebende Vollendung der Vernunftnatur der menschlichen Person ist die Weisheit,<br />

die den Geist des Menschen sanft zur Suche und Liebe des Wahren und Guten hinzieht’<br />

(Gaudium et spes, 15).“ (Universität von Madaba, 9 Mai)<br />

„Möge eine echte Umkehr der Herzen aller zu einem stets bestärkenden Engagement<br />

für Frieden und Sicherheit durch Gerechtigkeit für jeden führen. Shalom!“ (Besuch be<strong>im</strong><br />

israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)<br />

„Liebe Brüder, wenn wir nun gemeinsam unser freudiges Gebet an Maria, die Königin<br />

des H<strong>im</strong>mels, richten, so wollen wir das Wohlbefinden und die geistliche Erneuerung<br />

aller Christen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> in ihre Hände legen, damit sie unter der Führung ihrer<br />

Hirten <strong>im</strong> Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wachsen und in ihrer Sendung<br />

als Förderer der Gemeinschaft und des Friedens ausharren.“ (Gebet des Regina Caeli,<br />

Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Erstens, die ständige Bekehrung zu Christus, die sich nicht nur in unseren Taten<br />

widerspiegelt, sondern auch in unserer Einstellung: dem Mut, uns von unfruchtbaren<br />

und nutzlosen Wegen des Denkens, Handelns und Reagierens abzuwenden; [...] Eure<br />

He<strong>im</strong>at braucht nicht nur neue wirtschaftliche und politische Strukturen, sondern –<br />

und das ist das Wichtigste – sozusagen eine neue ‚spirituelle’ Infrastruktur, die in<br />

der Lage ist, die Energien aller Menschen guten Willens <strong>im</strong> Dienst der Erziehung,<br />

der Entwicklung und der Förderung des Gemeinwohls zu beleben.“ (Heilige Messe in<br />

Bethlehem, 13. Mai)


120<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

• Das Gebet<br />

„Als Gläubige sind wir überzeugt, daß<br />

das Gebet eine echte Kraft ist: Es öffnet<br />

die Welt für Gott. Wir sind überzeugt, daß<br />

Gott uns hört und daß er in der Geschichte<br />

handeln kann. Ich denke, wenn Millionen<br />

Menschen, Millionen Gläubige beten, ist<br />

es wirklich eine Kraft, die einen Einfluß hat<br />

und dazu beitragen kann, daß es <strong>im</strong> Frieden<br />

Fortschritte gibt.“ (Flug nach Amman, 8. Mai)<br />

„Gebet ist gelebte Hoffnung. Und tatsächlich<br />

ist <strong>im</strong> Gebet die tiefe Einsicht enthalten:<br />

Wir treten mit dem einen Gott, dem Schöpfer<br />

aller Dinge, in eine liebende Verbindung<br />

ein, und dadurch erkennen wir die Sinnlosigkeit<br />

menschlicher Trennungen und Vorurteile<br />

und erahnen die außerordentlichen Möglichkeiten, die sich vor uns auftun, wenn<br />

unsere Herzen sich zu Gottes Wahrheit, zu seinem Plan für einen jeden von uns und für<br />

unsere Welt bekehren.“ (Regina Pacis Center, 8. Mai)<br />

„Liebe Freunde, Gott und Ihnen bin ich äußerst dankbar für die Gelegenheit, hier in<br />

Stille zu verweilen: eine Stille, um zu gedenken, eine Stille, um zu beten, eine Stille,<br />

um zu hoffen.“ (Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)<br />

Der Mensch des Dialogs<br />

• Die reiche Vielfalt der orientalischen Kirchen<br />

„Ihnen allen wie auch den Priestern, Ordensschwestern und -brüdern, Seminaristen und<br />

gläubigen Laien, die heute Abend hier versammelt sind, drücke ich meinen aufrichtigen<br />

Dank aus, daß ihr mir diese Gelegenheit gebt, zusammen mit euch zu beten und etwas<br />

von dem Reichtum unserer liturgischen Traditionen zu erleben. [...] Die Teilkirchen<br />

innerhalb der Weltkirche bezeugen die Dynamik ihrer irdischen Pilgerschaft und<br />

offenbaren allen Gläubigen einen Schatz an geistlichen, liturgischen und kirchlichen<br />

Traditionen, die auf Gottes umfassende Güte verweisen und auf seinen die ganze<br />

Geschichte hindurch sichtbaren Willen, alle in sein göttliches Leben einzubeziehen.<br />

Der altehrwürdige lebendige Schatz der Traditionen der Ostkirchen bereichert die


8. – 15. Mai 2009 121<br />

Weltkirche und könnte nie einfach als ein passiv zu bewahrendes Objekt verstanden<br />

werden. [...] Und genau wie vor zweitausend Jahren in Antiochien die Jünger erstmalig<br />

Christen genannt wurden, so werdet auch ihr – kleine Minderheiten in über diese<br />

Länder verstreuten Gemeinden – heute als Gefolgschaft des Herrn erkannt. [...] Eure<br />

Liturgien, die kirchliche Ordnung und das geistliche Erbe sind ein lebendiges Zeugnis<br />

für die Entfaltung eurer Tradition. Ihr verstärkt das Echo der ersten Verkündigung des<br />

Evangeliums, ihr verleiht den alten Erinnerungen an die Taten des Herrn neue Frische,<br />

ihr laßt seine heilbringenden Gnaden gegenwärtig werden und ihr verbreitet erneut den<br />

ersten Sch<strong>im</strong>mer des österlichen Lichtes und die zuckenden Flammen von Pfingsten.“<br />

(Vesper in Amman, 9. Mai)<br />

„Die heutige freudige Feier des eucharistischen Opfers bringt die reiche Vielfalt der<br />

katholischen Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> zum Ausdruck.“ (Heilige Messe in Amman, 10. Mai)<br />

„Freuen wir uns darüber, daß diese zwei Kirchenbauten, ein lateinischer und ein<br />

griechisch-melkitischer, dazu dienen werden, gemäß den Traditionen der jeweiligen<br />

Gemeinschaft die eine Familie Gottes aufzubauen.“ (Segnung der Grundsteine für die<br />

Kirche der Lateiner und der Griechisch-Melkitischen Kirche, Amman-Bethanien jenseits des<br />

Jordan, 10. Mai)<br />

„Ihr vertretet die katholischen Gemeinschaften <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>, die mit ihrem<br />

Glauben und ihrer Frömmigkeit wie brennende Kerzen an den heiligen Stätten der<br />

Christen leuchten, denen die Gnade der Gegenwart unseres lebendigen Herrn Jesus<br />

Christus geschenkt wurde. Dieses einzigartige Privileg gewährt euch und euren<br />

Gläubigen einen Platz besonderer Zuneigung in meinem Herzen als Nachfolger Petri.<br />

[...] Die verschiedenen hier befindlichen christlichen Kirchen stellen ein reiches und<br />

vielfältiges geistliches Erbe dar und sind ein Ausdruck der zahlreichen Formen des<br />

Zusammenspiels zwischen dem Evangelium und den unterschiedlichen Kulturen.<br />

Sie erinnern uns auch daran, daß der Missionsauftrag der Kirche darin besteht, die<br />

universale Liebe Gottes zu verkünden und aus nah und fern alle von ihm Berufenen zu<br />

sammeln, so daß sie mit ihren Traditionen und Talenten die eine Familie Gottes bilden.<br />

Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen<br />

geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem neuen<br />

ökumenischen Bewußtsein geprägt.” (Gebet des Regina Caeli in Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Wie Maria kommt euch eine Rolle in Gottes Heilsplan zu, indem ihr Christus in die<br />

Welt hineintragt, Zeugnis für ihn ablegt und seine Botschaft des Friedens und der<br />

Einheit verbreitet. Dafür ist es wesentlich, daß ihr untereinander einig sind, so daß die<br />

Kirche <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> deutlich erkannt werden kann als „Zeichen und Werkzeug für<br />

die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (Lumen<br />

gentium, 1).“ (Vesper in Nazareth, 14. Mai)


122<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

• Der ökumenische Dialog<br />

„Unsere Zeit ist besonders seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil von einem neuen<br />

geistlichen Impuls zur Einheit in der Vielfalt innerhalb der Kirche und von einem neuen<br />

ökumenischen Bewußtsein geprägt. Der Geist lenkt unsere Herzen sanft zu Demut und<br />

Frieden, zu gegenseitiger Annahme, zu Verständnis und Zusammenarbeit. Diese innere<br />

Bereitschaft zur Einheit unter dem Impuls des <strong>Heiligen</strong> Geistes ist entscheidend, wenn<br />

die Christen ihre Sendung in der Welt erfüllen sollen (vgl. Joh 17,21).“ (Gebet des<br />

Regina Caeli, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„In tiefer Dankbarkeit und Freude statte ich dem Griechisch-Orthodoxen Patriarchat<br />

in Jerusalem diesen Besuch ab – ein Moment, auf den ich mich sehr gefreut habe.<br />

[...] Heute morgen gehen meine Gedanken zu den historischen Begegnungen, die hier<br />

in Jerusalem zwischen meinem Vorgänger <strong>Papst</strong> Paul VI. und dem Ökumenischen<br />

Patriarchen Athenagoras I. sowie auch zwischen <strong>Papst</strong> Johannes Paul II. und Patriarch<br />

Diodoros stattgefunden haben. Diese Treffen, einschließlich meines heutigen Besuches,<br />

sind von großer symbolischer Bedeutung. Sie erinnern daran, daß von dem Moment an,<br />

als uns das ‚aufstrahlende Licht aus der Höhe’ (Lk 1,78) besuchte, das Licht aus dem<br />

Osten (vgl. Jes 60,1; Offb 21,23f) die ganze Welt erleuchtet hat, und sie erinnern uns<br />

auch daran, daß von hier ausgehend das Evangelium allen Völkern verkündet wurde.<br />

[...] Angesichts dieses geheiligten Ortes neben der Grabeskirche, welche die Stelle<br />

kennzeichnet, wo unser gekreuzigter Herr für die ganze Menschheit vom Tod erstand,<br />

und in der Nähe des Abendmahlssaals, wo sich am Pfingsttag ‚alle am gleichen Ort


8. – 15. Mai 2009 123<br />

befanden’ (Apg 2,1) – wer würde sich da nicht gedrängt fühlen, guten Willen, rechte<br />

Gelehrsamkeit und geistliches Verlangen mit vollem Einsatz in unsere ökumenischen<br />

Bemühungen einzubringen Ich bete, daß unsere heutige Versammlung der Arbeit des<br />

theologischen Dialogs zwischen der katholischen Kirche und den orthodoxen Kirchen<br />

neuen Schwung verleihe und die jüngsten Errungenschaften der Studiendokumente<br />

und anderer gemeinsamer Initiativen ergänze. [...] So ist es kaum verwunderlich, daß<br />

wir gerade in unserem brennenden Wunsch, Christus zu den anderen zu bringen, seine<br />

Botschaft der Versöhnung bekannt zu machen (vgl. 2 Kor 5,19), die Schande unserer<br />

Spaltung empfinden. Da wir jedoch in die Welt hinausgesandt (vgl. Joh 20,21) und<br />

durch die einende Kraft des <strong>Heiligen</strong> Geistes ermächtigt sind (ebd., V. 22) sowie die<br />

Versöhnung verkünden, die alle dazu führt zu glauben, daß Jesus der Sohn Gottes ist<br />

(vgl. ibid., V. 31), werden wir die Kraft finden, unsere Anstrengungen zu verdoppeln,<br />

um unsere Gemeinschaft zu vertiefen, sie zur vollen Gemeinschaft werden zu lassen,<br />

vereint Zeugnis zu geben von der Liebe des Vaters, der seinen Sohn sendet, damit die<br />

Welt an seine Liebe zu uns glauben kann (vgl. Joh 17,23).“ (Besuch des Griechisch-<br />

Orthodoxen Patriarchates - Ökumenisches Treffen, Jerusalem, 15. Mai)<br />

„Ich hatte auch Gelegenheit, die Oberhäupter anderer christlicher Kirchen und<br />

kirchlicher Gemeinschaften wie auch die Führer anderer Religionen <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

zu treffen. Dieses <strong>Land</strong> ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für<br />

den interreligiösen Dialog [...].” (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben<br />

Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)<br />

„Ich habe auch ein sehr ermutigendes ökumenisches Kl<strong>im</strong>a vorgefunden. Es gab viele<br />

sehr herzliche Begegnungen mit der Orthodoxie; ich konnte auch mit einem Vertreter<br />

der anglikanischen Kirche sprechen sowie mit zwei lutherischen Vertretern, und man<br />

sieht sehr gut, daß diese Atmosphäre des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es auch die Ökumene ermutigt.“<br />

(Grußworte an die Journalisten während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)<br />

• Die Notwendigkeit des Dialogs und seine Prinzipien<br />

„Sicherlich gibt es auch eine gemeinsame Botschaft, und es wird Gelegenheit geben, sie<br />

hervorzuheben. Trotz der unterschiedlichen Ursprünge haben wir gemeinsame Wurzeln,<br />

weil, wie ich schon gesagt habe, das Christentum aus dem Alten Testament hervorgeht,<br />

und die Schriften des Neuen Testaments gäbe es nicht ohne das Alte Testament, denn sie<br />

beziehen sich ständig auf ‚die Schrift’, das heißt das Alte Testament. Aber auch der Islam<br />

entstand in einem Umfeld, in dem sowohl das Judentum als auch die unterschiedlichen<br />

Zweige des Christentums – das Judenchristentum, das antiochenische Christentum, das<br />

byzantinische Christentum – präsent waren. All diese Umstände spiegeln sich in der<br />

Überlieferung des Korans wider, so daß wir von den Ursprüngen her und auch <strong>im</strong>


124<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Glauben an den einen Gott sehr viel gemeinsam haben. Deshalb ist es wichtig, auf der<br />

einen Seite einen bilateralen Dialog zu pflegen – mit dem Judentum sowie mit dem<br />

Islam – und dann auch den trilateralen Dialog. [...] Der trilaterale Dialog muß also<br />

weitergehen, und er ist äußerst wichtig für den Frieden und auch damit, sagen wir es<br />

einmal so, jeder die eigene Religion gut zu leben versteht.” (Interview auf dem Flug nach<br />

Amman, 8. Mai)<br />

„Ich möchte alle Jordanier, seien sie Christen oder Musl<strong>im</strong>e, ermutigen, auf dem<br />

festen Fundament der religiösen Toleranz aufzubauen, das es den Mitgliedern<br />

verschiedener Gemeinschaften erlaubt, miteinander in Frieden und in gegenseitiger<br />

Achtung zu leben. Seine Königliche Majestät ist in bemerkenswerter Weise darum<br />

bemüht, den interreligiösen Dialog zu fördern, und ich möchte hier festhalten, wie<br />

sehr sein diesbezügliches Engagement geschätzt wird. Dankbar anerkenne ich auch<br />

die besondere Aufmerksamkeit, die er den christlichen Gemeinden in Jordanien<br />

entgegenbringt. Dieser Geist der Offenheit hilft nicht nur den Mitgliedern verschiedener<br />

ethnischer Gemeinschaften in diesem <strong>Land</strong>, miteinander in Frieden und Eintracht zu<br />

leben, sondern hat auch zu den weitblickenden politischen Initiativen Jordaniens zur<br />

Förderung des Friedens <strong>im</strong> ganzen Nahen Osten beigetragen.“ (Abschiedszeremonie am<br />

Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 11. Mai)<br />

„Darum müssen die religiösen Führer bedenken, daß jede Teilung oder Spannung, jede<br />

Tendenz zu Zurückgezogenheit oder Mißtrauen unter den Gläubigen oder zwischen<br />

unseren Gemeinschaften leicht zu einem Gegensatz führen kann, der die Einzigkeit<br />

des Allmächtigen verdunkelt, unsere Einheit verrät und <strong>im</strong> Widerspruch steht zu dem<br />

Einen, der sich selbst als ‚reich an Huld und Treue’ offenbart (Ex 34,6; vgl. Ps 136,2;<br />

Ps 85,11).“ (Besuch be<strong>im</strong> israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)<br />

„Dann stellt sich natürlich die Frage, welchen Beitrag die Religion auf dem Hintergrund<br />

der raschen Globalisierung zu den Kulturen der Welt leistet. Da viele schnell damit zur<br />

Hand sind, auf die offensichtlichen Unterschiede zwischen den Religionen hinzuweisen,<br />

stehen wir als gläubige oder religiöse Menschen vor der Herausforderung, deutlich<br />

unsere Gemeinsamkeiten zu verkünden. [...] Zwar können die Unterschiede, die<br />

Gegenstand des interreligiösen Dialogs sind, uns manchmal als Hindernisse erscheinen,<br />

sie brauchen aber nicht die gemeinsame Ehrfurcht und Achtung vor dem Universalen,<br />

dem Absoluten und der Wahrheit zu überschatten, durch die religiöse Menschen<br />

überhaupt dazu gebracht werden, das Gespräch miteinander zu suchen. [...] Wenn wir<br />

den Willen hegen, der Wahrheit gehorsam zu sein, wird unser Vernunftbegriff und<br />

sein Anwendungsradius erweitert und ein echter Dialog der Kulturen und Religionen<br />

ermöglicht, der heute so dringend notwendig ist. [...] Einige wollen uns glauben<br />

machen, daß unsere Unterschiede zwangsläufig Anlaß zur Uneinigkeit geben und sie<br />

daher höchstens toleriert werden können. Manche vertreten sogar die Ansicht, daß


8. – 15. Mai 2009 125<br />

unsere St<strong>im</strong>men einfach zum Schweigen gebracht werden sollten. Wir aber wissen,<br />

daß unsere Verschiedenheiten niemals fälschlich als unvermeidlicher Grund für<br />

Reibereien oder Spannungen hingestellt werden dürfen, weder unter uns selbst noch in<br />

der Gesellschaft <strong>im</strong> ganzen. Vielmehr geben sie Menschen unterschiedlicher Religion<br />

eine wunderbare Gelegenheit, in tiefer gegenseitiger Achtung, Wertschätzung und<br />

Anerkennung zusammenzuleben und einander auf Gottes Wegen zu ermutigen. Mit<br />

Hilfe des Allmächtigen und von seiner Wahrheit erleuchtet mögen Sie auch weiterhin<br />

mutig auf Ihrem Weg voranschreiten, indem sie all das achten, was uns unterscheidet,<br />

und all das fördern, was uns vereint als Geschöpfe, die den Wunsch haben, unseren<br />

Gemeinschaften und unserer Welt Hoffnung zu bringen. Möge Gott uns auf diesem<br />

Weg leiten!” (Inter-Religiöses Treffen in Jerusalem, 11. Mai)<br />

„Hier treffen sich die Pfade der drei großen monotheistischen Religionen, und wir<br />

werden an all das erinnert, was sie gemeinsam haben. Jede von ihnen glaubt an einen<br />

Gott, den Schöpfer und Lenker des Alls. Jede sieht in Abraham einen ihrer Vorfahren,<br />

einen Mann des Glaubens, den Gott mit einem besonderen Segen beschenkt hat. Jede<br />

hat <strong>im</strong> Lauf der Jahrhunderte eine große Zahl von Gläubigen versammelt und wurde<br />

zur Inspiration für ein reiches geistliches, intellektuelles und kulturelles Erbe.“ (Besuch<br />

be<strong>im</strong> Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Vertrauen ist unbestritten ein wesentliches Element eines wirksamen Dialogs.“ (Besuch<br />

bei den Großrabbinern von Jerusalem, „Hechal-Shlomo“ Center, Jerusalem, 12. Mai)


126<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

„Meine lieben Freunde, ich weiß, daß Sie zuvorkommend und mit einem Gruß<br />

des Friedens die vielen Pilger empfangen, die nach Galiläa strömen. Ich ermutige<br />

Sie, weiterhin gegenseitig Respekt zu üben, wenn Sie daran arbeiten, Spannungen<br />

bezüglich der Gebetsstätten abzubauen und so eine friedvolle Umgebung für Gebet<br />

und Betrachtung hier und überall in Galiläa zu gewährleisten. [...] Das <strong>Land</strong> Galiläa,<br />

das für seine religiöse und ethnische Vielfalt bekannt ist, behe<strong>im</strong>atet ein Volk, das sehr<br />

wohl die Anstrengungen kennt, die erforderlich sind, um in harmonischer Koexistenz<br />

zu leben. Unsere verschiedenen religiösen Traditionen haben ein mächtiges Potential,<br />

um eine Kultur des Friedens zu fördern, besonders weil sie die tieferen spirituellen<br />

Werte unseres gemeinsamen Menschseins lehren und predigen. Wenn wir die Herzen<br />

der jungen Menschen formen, formen wir die Zukunft der Menschheit selbst. Christen<br />

verbinden sich bereitwillig mit Juden, Musl<strong>im</strong>en, Drusen und Menschen anderer<br />

Religionen <strong>im</strong> Wunsch, Kinder vor Fanatismus und Gewalt zu schützen, wenn sie<br />

sie zu Gestaltern einer besseren Welt erziehen. [...] Auch wenn Sie verschiedenen<br />

religiösen Traditionen angehören, teilen Sie das Verlangen, zu einer Verbesserung der<br />

Gesellschaft beizutragen und damit für die religiösen und spirituellen Werte einzutreten,<br />

die mithelfen, das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Ich versichere Ihnen, daß<br />

die katholische Kirche sich verpflichtet weiß, an diesem ehrbaren Unterfangen<br />

teilzunehmen. In Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens wird sie bemüht sein<br />

sicherzustellen, daß das Licht der Wahrheit, des Friedens und der Güte weiterhin von<br />

Galiläa ausstrahlen wird und Menschen weltweit dazu anleitet, all das anzustreben, was<br />

die Einheit der Menschheitsfamilie stärkt.“ (Grußworte an die Religionsführer von Galiläa,<br />

Nazareth, 14. Mai)<br />

„Dieses <strong>Land</strong> ist wirklich ein fruchtbarer Boden für die Ökumene und für den<br />

interreligiösen Dialog, und ich bete, daß die reiche Vielfalt religiösen Zeugnisses in der<br />

Region in wachsendem gegenseitigen Verständnis und Respekt Frucht tragen wird.“<br />

(Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)<br />

„ (…) daß ich überall, <strong>im</strong> musl<strong>im</strong>ischen, christlichen und jüdischen Umfeld,<br />

eine entschiedene Bereitschaft zum interreligiösen Dialog vorgefunden habe, zur<br />

Begegnung, zur Zusammenarbeit zwischen den Religionen. Und es ist wichtig, daß<br />

dies von allen nicht nur als ein – so könnten wir sagen – in der gegebenen Situation von<br />

politischen Motiven inspiriertes Handeln angesehen wird, sondern als Frucht, die aus<br />

dem Wesenskern des Glaubens selbst hervorgeht. Denn an den einen Gott zu glauben,<br />

der uns alle geschaffen hat, der unser aller Vater ist, an diesen Gott zu glauben, der die<br />

Menschheit als eine Familie erschaffen hat, zu glauben, daß Gott die Liebe ist und will,<br />

daß die Liebe die dominierende Kraft in der Welt ist, <strong>im</strong>pliziert diese Begegnung, die<br />

Notwendigkeit der Begegnung, des Dialogs, der Zusammenarbeit – als Erfordernis des<br />

Glaubens selbst.“ (Grußworte von <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. an die Journalisten während des Rückfluges<br />

nach Rom, 15. Mai)


8. – 15. Mai 2009 127<br />

• Der christlich-islamische Dialog<br />

„Mein Besuch in Jordanien gibt mir eine gute Gelegenheit, von meinen tiefen Respekt<br />

gegenüber der musl<strong>im</strong>ischen Gemeinschaft zu sprechen und der führenden Rolle Anerkennung<br />

zu zollen, die Seine Königliche Majestät bei der Förderung eines besseren<br />

Verständnisses der vom Islam verkündeten Tugenden gezeigt hat. Nachdem einige Jahre<br />

seit der Veröffentlichung der Amman Message und der Amman Interfaith Message<br />

vergangen sind, können wir sagen, daß diese verdienstvollen Initiativen viel Gutes bei<br />

der Unterstützung einer Allianz der Kulturen zwischen dem Westen und der musl<strong>im</strong>ischen<br />

Welt bewirkt haben und damit die Voraussagen jener widerlegt haben, die Gewalttätigkeit<br />

und Konflikt als unvermeidlich betrachten. [...] Liebe Freunde, bei dem<br />

Seminar des Katholisch-Musl<strong>im</strong>ischen Forums in Rom <strong>im</strong> vergangenen Herbst, haben<br />

die Teilnehmer die zentrale Rolle diskutiert, die in unseren jeweiligen religiösen Traditionen<br />

das Gebot der Liebe einn<strong>im</strong>mt. Ich hoffe sehr, daß dieser Besuch und wahrlich<br />

alle Initiativen, die geplant sind, um gute Beziehungen zwischen Christen und Musl<strong>im</strong>en<br />

zu fördern, uns helfen, in der Liebe zum allmächtigen und barmherzigen Gott und<br />

in brüderlicher Liebe für einander zu wachsen.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler<br />

Flughafen “Queen Alia”, Amman, 8. Mai)<br />

„Gerade wegen der Bürde ihrer gemeinsamen Geschichte, die so oft von Mißverständnis<br />

gekennzeichnet war, müssen Musl<strong>im</strong>e und Christen bestrebt sein, als Gläubige erkannt<br />

und anerkannt zu werden, die treu beten, die bemüht sind, die Gebote des Allmächtigen<br />

zu halten und ihnen gemäß zu leben, die barmherzig und mitfühlend sind, die konsequent<br />

alles Wahre und Gute bezeugen, die stets den gemeinsamen Ursprung und die Würde<br />

Photo : CTS / MAB


128<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

aller Menschen bedenken, die der Höhepunkt des göttlichen Schöpfungsplans für die<br />

Welt und die Geschichte bleiben. [...] Gestern lernte ich die berühmte Erziehungs- und<br />

Rehabilitationsarbeit des Regina-Pacis-Zentrums kennen, wo Christen und Musl<strong>im</strong>e das<br />

Leben ganzer Familien verwandeln, indem sie ihnen helfen zu gewährleisten, daß deren<br />

Kinder mit Behinderung ihren berechtigten Platz in der Gesellschaft erhalten. Heute<br />

morgen segnete ich den Grundstein der Madaba-Universität, wo junge musl<strong>im</strong>ische und<br />

christliche Erwachsene Seite an Seite vom dritten Bildungsweg profitieren werden, der<br />

sie dazu befähigt, in geeigneter Weise zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung<br />

ihres <strong>Land</strong>es beizutragen. Großes Verdienst kommt auch den zahlreichen Initiativen<br />

des interreligiösen Dialogs zu, die von der königlichen Familie und der diplomatischen<br />

Gemeinschaft unterstützt werden und zeitweise in Verbindung mit dem Päpstlichen Rat<br />

für den Interreligiösen Dialog durchgeführt wurden. Dazu gehören auch die laufende<br />

Arbeit des Königlichen Instituts für Interreligiöse Studien und Islamisches Denken,<br />

die Amman Message von 2004, die Amman Interfaith Message von 2005 und der<br />

jüngste Brief Common Word, der ein Thema widerspiegelt, das <strong>im</strong> Einklang mit meiner<br />

ersten Enzyklika steht: die unlösliche Verschränkung von Gottes- und Nächstenliebe<br />

und der fundamentale Widerspruch der Gewaltanwendung oder des Ausschlusses <strong>im</strong><br />

Namen Gottes (vgl. Deus caritas est, 16). [...] Sie sollten daher Christen und Musl<strong>im</strong>e<br />

dazu veranlassen, die wesentliche Beziehung zwischen Gott und seiner Welt noch<br />

gründlicher zu erforschen, so daß wir miteinander bestrebt sein mögen sicherzustellen,<br />

daß die Gesellschaft mit der göttlichen Ordnung in Harmonie mitschwingt. [...] Verehrte<br />

Freunde, ich vertraue darauf, daß die Gedanken, die ich heute zum Ausdruck gebracht<br />

habe, uns mit neuer Hoffnung für die Zukunft zurücklassen. …Christen und Musl<strong>im</strong>e<br />

werden gemeinsam dazu angespornt, alles zu suchen, was recht und richtig ist.“ („Al-<br />

Hussein Bin-Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)<br />

„Ich bete, daß Moslems und Christen bei der Weiterführung des bereits begonnen<br />

respektvollen Dialogs darüber nachdenken, wie das Einsein Gottes untrennbar mit<br />

der Einheit der Menschheitsfamilie verbunden ist. Mögen alle Angehörigen dieser<br />

Religionen, wenn sie sich Gottes liebevollem Plan für die Schöpfung fügen, wenn sie<br />

das Gesetz erforschen, das dem Kosmos eingeschrieben und dem Herz des Menschen<br />

eingeprägt ist, und wenn sie über das gehe<strong>im</strong>nisvolle Geschenk der Selbstoffenbarung<br />

Gottes nachdenken, ihren Blick fest auf sein absolutes Gutsein richten und nie aus<br />

den Augen verlieren, wie diese Güte sich in den Gesichtern der Mitmenschen<br />

wiederspiegelt.“ (Besuch be<strong>im</strong> Großmufti, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Wie wir alle wissen, hat es in Nazaret in den letzten Jahren leider Spannungen gegeben,<br />

die den Beziehungen zwischen den hier lebenden christlichen und musl<strong>im</strong>ischen<br />

Gemeinden geschadet haben. Ich ersuche die Menschen guten Willens in beiden<br />

Gemeinden dringend, den bereits angerichteten Schaden wieder gutzumachen und in<br />

der Treue <strong>im</strong> Glauben an den einen Gott, den Vater der Menschheitsfamilie, Brücken


8. – 15. Mai 2009 129<br />

zu bauen und den Weg zu einem friedlichen Zusammenleben zu finden. Mögen wir alle<br />

der zerstörerischen Macht von Haß und Vorurteil, die zuerst die Seelen der Menschen<br />

und dann ihre Körper tötet, eine klare Absage erteilen!“ (Heilige Messe in Nazareth, 14.<br />

Mai)<br />

• Der jüdisch-christliche Dialog<br />

„Es ist wichtig, daß wir wirklich dieselbe Wurzel haben, dieselben Bücher des Alten<br />

Testaments, die – sowohl für die Juden als auch für uns – Buch der Offenbarung<br />

sind. Aber natürlich darf man sich nach 2000 Jahren unterschiedlicher, ja sogar<br />

getrennter Geschichte nicht darüber wundern, daß es Mißverständnisse gibt, weil<br />

sich sehr unterschiedliche Traditionen der Interpretation, der Ausdrucksweise, der<br />

Gedankenwelt gebildet haben, sozusagen ein sehr andersartiger »semantischer Kosmos «,<br />

so daß dieselben Worte auf beiden Seiten Verschiedenes bedeuten; und durch diesen<br />

Gebrauch von Worten, die <strong>im</strong> Lauf der Geschichte unterschiedliche Bedeutungen<br />

ausgebildet haben, entstehen offensichtlich Mißverständnisse. Wir müssen alles<br />

tun, um die Sprache des anderen zu erlernen, und mir scheint, wir machen darin<br />

große Fortschritte. Heute haben wir die Möglichkeit, daß die jungen Menschen, die<br />

zukünftigen Theologieprofessoren, in Jerusalem studieren können, an der Hebräischen<br />

Universität, und die Juden haben akademische Kontakte zu uns: So kommt es zu einer<br />

Begegnung dieser unterschiedlichen «semantischen Kosmen». Lernen wir voneinander


130<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

und gehen wir voran auf dem Weg des wahren Dialogs, lernen wir einer vom anderen,<br />

und ich bin sicher und überzeugt, daß wir Fortschritte machen werden. Und das wird<br />

auch dem Frieden helfen, mehr noch, der gegenseitigen Liebe.“ (Interview auf dem Flug<br />

nach Amman, 8. Mai)<br />

„Die alte Tradition der Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten erinnert uns auch an das<br />

unzertrennbare Band zwischen der Kirche mit dem jüdischen Volk. Von Anfang an hat<br />

die Kirche in diesen Ländern in ihrer Liturgie der großen Gestalten der Patriarchen und<br />

Propheten gedacht, als Zeichen ihrer großen Wertschätzung für die Einheit der beiden<br />

Testamente. Unsere heutige Begegnung schenke uns eine neue Liebe zum Kanon der<br />

<strong>Heiligen</strong> Schrift und ein Verlangen, alle Hindernisse auf dem Weg der Versöhnung<br />

zwischen Christen und Juden in gegenseitiger Achtung und Zusammenarbeit <strong>im</strong> Dienst<br />

des Friedens, zu dem uns das Wort Gottes ruft, zu überwinden!“ (Besuch der Moses-<br />

Gedächtniskirche, Berg Nebo, 9. März)<br />

„Ich bin für die Einladung dankbar, Hechal Shlomo zu besuchen und Ihnen während<br />

meiner Reise in das Heilige <strong>Land</strong> als Bischof von Rom begegnen zu können. Ich danke<br />

dem sephardischen Rabbi Shlomo Amar und dem aschkenasischen Rabbi Yona Metzger<br />

für ihre freundlichen Worte der Begrüßung, mit denen sie auch den Wunsch geäußert<br />

haben, die Bande der Freundschaft weiter zu festigen, welche die katholische Kirche<br />

und das Großrabbinat in den letzten Jahrzehnten zu schmieden sich mit Sorgfalt bemüht<br />

haben. Ihre Besuche <strong>im</strong> Vatikan in den Jahren 2003 und 2005 sind ein Ausdruck des<br />

guten Willens, der diese Entwicklung kennzeichnet. Verehrte Rabbiner, ich erwidere<br />

die guten Wünsche, indem ich Ihnen und Ihren Gemeinschaften meine Gefühle der<br />

Achtung und Wertschätzung bekunde. Ich versichere Sie zugleich meines Wunsches,<br />

das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit zwischen dem <strong>Heiligen</strong><br />

Stuhl, dem Großrabbinat Israels und den jüdischen Menschen auf der ganzen Welt<br />

zu vertiefen. [...] Diese Themen des Dialogs stellen nur die Anfangsphase eines, wie<br />

wir hoffen, stetigen Voranschreitens auf dem Weg zu einem größeren gegenseitigen<br />

Verständnis. [...] Möge der begonnene Dialog weiterhin Ideen hervorbringen, wie<br />

Christen und Juden zusammenarbeiten können, um das Verständnis der Gesellschaft für<br />

den besonderen Beitrag unserer religiösen und ethischen Traditionen zu steigern. Hier<br />

in Israel, wo die Christen nur einen kleinen Teil der Gesamtbevölkerung ausmachen,<br />

schätzen sie besonders die Gelegenheiten zum Dialog mit ihren jüdischen Nachbarn.<br />

[...] Heute habe ich die Gelegenheit zu wiederholen, daß die katholische Kirche sich<br />

unwiderruflich zu dem Weg verpflichtet hat, der auf dem Zweiten Vatikanischen Konzil<br />

für eine echte und andauernde Versöhnung zwischen Christen und Juden gewählt<br />

wurde. Wie die Konzilserklärung Nostra Aetate klarstellt, schätzt die Kirche weiterhin<br />

das gemeinsame spirituelle Erbe der Christen und Juden. Sie strebt durch biblische<br />

und theologische Studien wie auch durch den brüderlichen Dialog ein <strong>im</strong>mer tieferes<br />

Verständnis füreinander und einen gegenseitigen Respekt an. Mögen die sieben Treffen


8. – 15. Mai 2009 131<br />

der bilateralen Kommission, die zwischen dem <strong>Heiligen</strong> Stuhl und dem Großrabbinat<br />

bereits stattgefunden haben, hierfür ein Beweis sein!“ (Besuch bei den Großrabbinern,<br />

„Hechal Shlomo“-Zentrum, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Herr Präsident, Sie und ich haben einen Olivenbaum bei Ihrer Residenz am Tag<br />

meiner Ankunft in Israel gepflanzt. Der Olivenbaum ist, wie Sie wissen, ein Bild,<br />

das vom heiligen Paulus gebraucht wird, um die sehr engen Beziehungen zwischen<br />

Christen und Juden zu beschreiben. Paulus führt <strong>im</strong> Römerbrief aus, daß die Kirche der<br />

Völker wie ein wilder Oliventrieb ist, der in den edlen Olivenbaum des Bundesvolkes<br />

eingepfropft wurde (vgl. 11,17-24). Wir werden von den gleichen spirituellen Wurzeln<br />

genährt. Wir begegnen uns als Brüder – Brüder, die in unserer Geschichte gelegentlich<br />

ein gespanntes Verhältnis zueinander hatten, die aber unter der festen Verpflichtung<br />

stehen, Brücken für eine beständige Freundschaft zu bauen. [...] diese furchtbaren<br />

Erinnerungen sollten uns in der Entschiedenheit stärken, enger zusammenzurücken als<br />

Zweige des gleichen Olivenbaums, die von den gleichen Wurzeln genährt werden und<br />

in brüderlicher Liebe geeint sind.“ (Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen<br />

„Ben Gurion”, Tel Aviv, 15. Mai)<br />

Der Friedensstifter<br />

• Den Frieden, den wir so sehr ersehnen<br />

„Sicherlich möchte ich zum Frieden beitragen, nicht als Einzelperson, sondern <strong>im</strong><br />

Namen der katholischen Kirche, des <strong>Heiligen</strong> Stuhls. Wir sind keine politische Macht,<br />

sondern eine geistliche Kraft, und diese geistliche Kraft ist eine Realität, die zu<br />

Fortschritten <strong>im</strong> Friedensprozeß beitragen kann. [...] Sicher gibt es Hoffnung, denn<br />

es handelt sich jetzt, wie Sie bereits gesagt haben, um einen schwierigen Augenblick,<br />

aber es ist auch ein Moment der Hoffnung, des Neuanfangs, eines neuen Impulses auf<br />

dem Weg zum Frieden. [...] Wir sind dabei, eine katholische Universität in Jordanien<br />

aufzubauen. Dies scheint mir eine großartige Perspektive zu sein, wo junge Menschen<br />

– sowohl Musl<strong>im</strong>e als auch Christen – einander begegnen, gemeinsam lernen, wo eine<br />

christliche Elite ausgebildet wird, die bereit und fähig ist, für den Frieden zu wirken.“<br />

(Interview auf dem Flug nach Amman, 8. Mai)<br />

„Möge Er [Gott] Jordanien mit Wohlergehen und Frieden segnen!“ (Begrüßungszeremonie<br />

am Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 8. Mai)<br />

„Freunde, <strong>im</strong> Gegensatz zu den Pilgern früherer Zeiten komme ich nicht mit Geschenken<br />

oder Gaben. Ich komme einfach mit einer Absicht, einer Hoffnung: für das wertvolle


132<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Geschenk der Einheit und des Friedens zu beten,<br />

insbesondere für den Nahen Osten. Frieden für<br />

die Menschen, für Eltern und Kinder, für die<br />

Gemeinschaften; Frieden für Jerusalem, für das<br />

Heilige <strong>Land</strong>, für die Region; Frieden für die ganze<br />

Menschheitsfamilie; dauerhafter Frieden, der aus<br />

Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit und Mitgefühl entsteht,<br />

Frieden, der von Demut, von Vergebung und vom<br />

tiefen Wunsch, miteinander in Harmonie zu leben,<br />

herrührt.“ (Regina Pacis Center, Amman, 8. Mai)<br />

„Ich bekunde den Förderern dieser neuen Institution<br />

meine Anerkennung für ihr mutiges Vertrauen in<br />

gute Ausbildung als ein Sprungbrett für persönliche<br />

Entwicklung wie auch für Frieden und Fortschritt<br />

in der Region.“ (Universität von Madaba, 9. Mai)<br />

„Im Nahen Osten, der gezeichnet ist von tragischem<br />

und ungerechten Leiden, von Jahren der<br />

Gewalt und der ungelösten Spannungen, sind die<br />

Christen dazu aufgerufen, angespornt vom Beispiel<br />

Jesu ihren Beitrag der Versöhnung und des<br />

Friedens durch Vergebung und Großmut zu leisten.“<br />

(Segnung der Grundsteine, Amman-Bethanien<br />

jenseits des Jordan, 10. Mai)


8. – 15. Mai 2009 133<br />

„Ich bete, daß Sie sich jetzt und für kommende Generationen des Friedens und<br />

des Wohlstands erfreuen können. Noch einmal vielen Dank. Gott segne Sie alle!“<br />

(Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Queen Alia“, Amman, 11. Mai)<br />

„Ich komme, wie so viele andere vor mir, um an den heiligen Stätten zu beten und um<br />

besonders für den Frieden zu beten – Frieden hier <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> und Frieden in aller<br />

Welt. [...] Auch wenn der Name Jerusalem „Stadt des Friedens“ bedeutet, ist es doch<br />

gar zu offenbar, daß über Jahrzehnte hinweg der Friede den Einwohnern dieses heiligen<br />

<strong>Land</strong>es tragisch vorenthalten blieb. [...] Gemeinsam mit allen Menschen guten Willens<br />

bitte ich inständig alle Verantwortlichen, auf der Suche nach einer gerechten Lösung<br />

der ausstehenden Schwierigkeiten jeden möglichen Weg zu prüfen, auf daß beide<br />

Völker in Frieden in einem eigenen He<strong>im</strong>atland innerhalb sicherer und international<br />

anerkannter Grenzen leben können. In dieser Hinsicht hoffe und bete ich, daß bald ein<br />

Kl<strong>im</strong>a größeren Vertrauens geschaffen werden kann, welches beide Seiten befähigt,<br />

wirkliche Fortschritte auf dem Weg zu Frieden und Stabilität zu machen. [...] Möge<br />

Gott sein Volk mit Frieden segnen!” (Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen<br />

„Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)<br />

„Herr Präsident, in der Gratulationsbotschaft, die ich Ihnen anläßlich Ihrer Amtseinführung<br />

sandte, habe ich gerne an Ihren hervorragenden Ruf <strong>im</strong> Dienst für Ihr <strong>Land</strong><br />

erinnert, der durch ein starkes Engagement <strong>im</strong> Streben nach Gerechtigkeit und Frieden<br />

gekennzeichnet ist. Heute nachmittag möchte ich Ihnen wie der neugebildeten<br />

Regierung sowie allen Einwohnern des Staates Israel versichern, daß meine Pilgerreise<br />

zu den heiligen Stätten dem Gebet um das kostbare Geschenk der Einheit und<br />

des Friedens für den Nahen Osten und für die ganze Menschheit gewidmet ist. In der<br />

Tat bete ich täglich darum, daß ein aus Gerechtigkeit hervorgehender Friede in das<br />

Heilige <strong>Land</strong> und die gesamte Region zurückkehre und allen Sicherheit und neue<br />

Hoffnung bringe. Friede ist vor allem ein göttliches Geschenk. Denn Friede ist Gottes<br />

Verheißung an die Menschheit und führt zur Einheit. [...] Kein einzelner, keine Familie,<br />

keine Gemeinschaft oder Nation ist von der Pflicht entbunden, in Gerechtigkeit<br />

zu leben und für den Frieden zu arbeiten. [...] Ich höre den Ruf derer, die in diesem<br />

<strong>Land</strong>e leben, den Ruf nach Gerechtigkeit, nach Frieden, nach Achtung ihrer Würde,<br />

nach dauerhafter Sicherheit, einem Alltag ohne Angst vor Bedrohung von außen und<br />

sinnloser Gewalt. Und ich weiß, daß eine bemerkenswerte Anzahl von Männern, Frauen<br />

und Jugendlichen durch Kulturprogramme und durch Initiativen mitfühlender und<br />

praktischer Hilfeleistung für Frieden und Solidarität arbeiten; demütig genug, um zu<br />

vergeben, greifen sie nach dem Traum, der ihr Recht ist. [...] Möge eine echte Umkehr<br />

der Herzen aller zu einem stets bestärkenden Engagement für Frieden und Sicherheit<br />

durch Gerechtigkeit für jeden führen. Shalom!“ (Besuch be<strong>im</strong> israelischen Staatspräsidenten,<br />

Jerusalem, 11. Mai)


134<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

„Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist der Gott des Friedens (vgl. Ps 85, 9).“<br />

(Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)<br />

„Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, höre den Schrei der He<strong>im</strong>gesuchten, der<br />

Angsterfüllten und der Verwaisten; sende Deinen Frieden auf dieses Heilige <strong>Land</strong>, auf<br />

den Nahen Osten, und auf die ganze Menschheitsfamilie herab.“ (Gebet an der Western<br />

Wall, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Mit den Worten des Psalmisten bitte ich euch auch, Frieden für Jerusalem zu erbitten<br />

(vgl. Ps 122,6) und ohne Unterlaß für ein Ende des Konflikts zu beten, der so viel Leid<br />

über die Menschen dieses <strong>Land</strong>es gebracht hat. So erteile ich euch nun meinen Segen.“<br />

(Besuch der Lateinischen Konkathedrale, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Alle, die an einen gnädigen Gott glauben – seien sie Juden, Christen oder Musl<strong>im</strong>e –<br />

müssen als erste diese Kultur der Versöhnung und des Friedens fördern, wie mühevoll<br />

und langsam der Prozeß auch <strong>im</strong>mer sein mag und wie schwer die Last der Erinnerung<br />

auch <strong>im</strong>mer wiegt. Heute möchte ich das wiederholen, was ich bereits bei anderen<br />

Gelegenheiten gesagt habe: Im <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong> ist Raum für alle!“ (Heilige Messe <strong>im</strong><br />

Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Ja, ich bete jeden Tag für Sie alle, und ich bitte den Allmächtigen aufrichtig um Frieden,<br />

um einen gerechten und dauernden Frieden in den Palästinensischen Gebieten und<br />

in der ganzen Region. [...] In den Worten des<br />

verstorbenen <strong>Papst</strong>es Johannes Pauls II. gibt<br />

es „keinen Frieden ohne Gerechtigkeit und<br />

keine Gerechtigkeit ohne Vergebung“ (Botschaft<br />

zum Weltfriedenstag 2002). Ich rufe alle<br />

Parteien dieses langandauernden Konflikts<br />

auf, alle Ressent<strong>im</strong>ents und Spaltungen zu<br />

überwinden, die der Versöhnung noch <strong>im</strong> Weg<br />

stehen, und großzügig und mitfühlend auf alle<br />

ohne Unterschied zuzugehen. [...] Glauben und<br />

vertrauen Sie, daß durch einen ehrlichen und<br />

ausdauernden Dialog unter voller Achtung der<br />

Anforderungen der Gerechtigkeit wirklich ein<br />

dauerhafter Friede für diese Länder erreichbar<br />

ist. [...] ich bete innig, daß der Gesang, den<br />

die Engel an diesem Ort erklingen ließen, in<br />

Erfüllung gehe: Friede auf Erden, guter Wille<br />

unter den Menschen. (Begrüßungszeremonie,<br />

Bethlehem, 13. Mai)


8. – 15. Mai 2009 135<br />

[An die Christen]: „Seid eine Brücke des Dialogs und der konstruktiven Zusammenarbeit<br />

be<strong>im</strong> Aufbau einer Kultur des Friedens, die uns aus der gegenwärtigen festgefahrenen<br />

Lage von Furcht und Aggression herausführen kann.“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)<br />

„In diesem Lager erinnert die Anwesenheit der Franziskanischen Missionsschwestern<br />

vom Unbefleckten Herzen Marias an die charismatische Figur des heiligen Franziskus,<br />

dieses großen Apostels des Friedens und der Versöhnung. Und so möchte ich meine<br />

besondere Dankbarkeit für den enormen Beitrag bekunden, den verschiedene<br />

Glieder der franziskanischen Familie durch ihren Einsatz für die Menschen in diesen<br />

Ländern leisten, indem sie sich zu „Werkzeugen des Friedens“ machen, wie ein<br />

althergebrachtes, dem <strong>Heiligen</strong> von Assisi zugeschriebenes Wort sagt. Werkzeuge des<br />

Friedens. Wie sehr sehnen sich die Menschen in diesem Lager, in diesen Gebieten<br />

und in dieser ganzen Region nach Frieden! [...] Die ganze Welt sehnt sich danach,<br />

daß diese Spirale durchbrochen werde, sehnt den Frieden herbei, der den ständigen<br />

Kämpfen ein Ende setzt. [...] Wie sehr sehnen wir uns danach, die Früchte der viel<br />

schwierigeren Aufgabe zu sehen, Frieden zu schaffen! Wie ernsthaft beten wir für<br />

ein Ende der Feindseligkeiten, welche den Bau dieser Mauer verursacht haben! [...]<br />

Aber die Geschichte hat gezeigt, daß es nur dann zum Frieden kommt, wenn die<br />

Konfliktparteien gewillt sind, ihren Groll zu überwinden und auf gemeinsame Ziele<br />

hin zusammenzuarbeiten, indem jede die Interessen und die Besorgnisse der anderen<br />

ernst n<strong>im</strong>mt und sich bemüht, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen. Es muß<br />

die Bereitschaft vorhanden sein, mutige und phantasievolle Initiativen zur Versöhnung<br />

zu ergreifen: Wenn jeder auf vorgängige Zugeständnisse des anderen beharrt, kann<br />

das Ergebnis nur eine Pattsituation sein. [...]Die Unterstützung der internationalen<br />

Gemeinschaft ist unbedingt notwendig, und daher richte ich einen neuerlichen Appell<br />

an alle Betroffenen, ihren Einfuß zugunsten einer gerechten und dauerhaften Lösung<br />

geltend zu machen, und zwar unter Berücksichtigung der legit<strong>im</strong>en Forderungen aller<br />

Parteien und in Anerkennung ihres Rechts auf ein Leben in Frieden und Würde, in<br />

Übereinst<strong>im</strong>mung mit dem internationalen Recht. [...] Sie alle rufe ich erneut zu einem<br />

tiefgreifenden Engagement auf, nach dem Vorbild des heiligen Franziskus und anderer<br />

großer Friedensstifter den Frieden und die Gewaltlosigkeit zu fördern. Der Friede muß<br />

<strong>im</strong> Hause, in der Familie, <strong>im</strong> Herzen seinen Anfang nehmen. Ich bete weiterhin darum,<br />

daß alle in den Konflikt verwickelten Parteien in diesen Ländern den Mut und die<br />

Phantasie aufbringen, den anspruchsvollen, aber unverzichtbaren Weg der Versöhnung<br />

zu beschreiten. Möge der Friede in diesen Ländern eine neue Blütezeit erleben! Gott<br />

segne sein Volk mit Frieden! (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, 13. Mai)<br />

„Ich versichere Ihnen allen, daß ich Sie in meinem Herzen mitnehme und ich sehnlichst<br />

wünsche, Friede und Versöhnung in diesen leidgeprüften Gebieten zu erleben. [...] Auch<br />

wenn es ein leichtes ist, Mauern zu errichten, wissen wir doch alle, daß sie nicht auf ewig<br />

Bestand haben. Sie können niedergerissen werden. Zuerst ist es jedoch notwendig, die


136<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Mauern zu entfernen, die wir um unsere Herzen errichten, wie auch die Barrieren, die<br />

wir gegen unsere Nächsten aufstellen. [...] Ich wünsche Ihnen, dem palästinensischen<br />

Volk, aufrichtig, daß dies bald der Fall sein möge und daß Sie sich endlich des Friedens,<br />

der Freiheit und der Stabilität erfreuen können, die Ihnen so lange vorenthalten<br />

waren. Seien Sie gewiß, daß ich weiterhin jede Gelegenheit nutzen werde, um alle<br />

an den Friedensverhandlungen Beteiligten dringend aufzufordern, auf eine gerechte<br />

Lösung hinzuarbeiten, die die legit<strong>im</strong>en Ansprüche der Israelis und der Palästinenser<br />

gleichermaßen achtet. Als wichtigen Schritt in diese Richtung blickt der Heilige Stuhl<br />

freudig der baldigen Einrichtung der Ständigen Bilateralen Arbeitskommission mit<br />

der Palästinensischen Autonomiebehörde entgegen, die in dem am 15. Februar 2000<br />

unterzeichneten Grundsatzabkommen ins Auge gefaßt wurde (vgl. Grundsatzabkommen<br />

zwischen dem <strong>Heiligen</strong> Stuhl und der Palästinensischen Befreiungsorganisation,<br />

Art. 9). [...] Und er [Gott] möge das palästinensische Volk mit Frieden segnen.“<br />

(Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„In der Mitte aller religiösen Traditionen steht die Überzeugung, daß der Frieden selbst<br />

ein Geschenk Gottes ist, auch wenn er nicht ohne menschliche Anstrengung erlangt<br />

werden kann. Dauerhafter Frieden entspringt der Erkenntnis, daß die Welt letztlich nicht<br />

uns selbst gehört, sondern vielmehr den Hintergrund bildet, vor dem wir eingeladen<br />

sind, an Gottes Liebe teilzuhaben und unter seiner Führung bei der Lenkung der Welt<br />

und der Geschichte mitzuarbeiten.“ (Inter-Religiöses Treffen, Nazareth, 14. Mai)<br />

„Als Christen wissen wir, daß der Friede, nach dem dieses von Streit zerrissene <strong>Land</strong><br />

sich sehnt, einen Namen hat: Jesus Christus. „Er ist unser Friede“, der uns mit Gott<br />

in einem einzigen Leib durch das Kreuz versöhnte und die Feindschaft beendete (vgl.<br />

Eph 2, 14.16). [...] Jesus fragt einen jeden von uns, Zeuge der Einheit und des Friedens<br />

zu sein für alle, die in dieser Stadt des Friedens wohnen. [...] Als das Lamm Gottes<br />

ist er der Quell jener Versöhnung, die zugleich Gabe Gottes und heilige Aufgabe ist,<br />

die uns auferlegt ist. Als der Friedensfürst ist er der Quell jenes Friedens, der alles<br />

Verstehen übersteigt, des Friedens des neuen Jerusalems.“ (Besuch in der <strong>Heiligen</strong><br />

Grabeskirche, 15. Mai)<br />

„Herr Präsident, ich danke Ihnen für die Herzlichkeit Ihrer Gastfreundschaft, die<br />

ich sehr zu schätzen weiß, und ich möchte festhalten, daß ich in dieses <strong>Land</strong> als<br />

Freund der Israelis zu Besuch gekommen bin, genauso wie ich auch ein Freund des<br />

palästinensischen Volkes bin. Freunde verbringen gerne ihre Zeit miteinander, und<br />

es betrübt sie sehr zu sehen, wie der andere leidet. Ein Freund der Israelis und der<br />

Palästinenser kann nur traurig sein über die weiter bestehende Spannung zwischen Ihren<br />

beiden Völkern. Ein Freund kann nur weinen angesichts des Leids und des Verlusts<br />

von Menschenleben, die beide Völker in den vergangenen sechs Jahrzehnten erlitten<br />

haben. Erlauben Sie mir, diesen Appell an alle Menschen dieser Länder zu richten:


8. – 15. Mai 2009 137<br />

Kein Blutvergießen mehr! Keine Kämpfe mehr! Kein Terrorismus mehr! Kein Krieg<br />

mehr! Laßt uns statt dessen den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen! Laßt bleibenden<br />

Frieden herrschen, der auf Gerechtigkeit gründet, laßt echte Versöhnung und Heilung<br />

walten. Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu<br />

existieren und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu<br />

genießen. Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk ein Recht auf<br />

eine souveräne, unabhängige He<strong>im</strong>at, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit<br />

hat. Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.<br />

Von diesen Ländern her soll sich der Frieden ausbreiten, sie sollen als ein „Licht für<br />

die Völker“ (Jes 42,6) dienen und den vielen anderen Regionen, die unter Konflikten<br />

leiden, Hoffnung bringen. Einer der traurigsten Anblicke während meines Besuchs hier<br />

war für mich die Mauer. Als ich an ihr vorbeikam, habe ich für eine Zukunft gebetet,<br />

in der die Völker des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es in Frieden und Eintracht zusammenleben<br />

können, ohne solche Instrumente der Sicherheit und der Trennung zu brauchen, sondern<br />

vielmehr in gegenseitiger Achtung und Vertrauen zueinander sowie unter Verzicht auf<br />

alle Formen der Gewalt und Aggression. Herr Präsident, ich weiß, wie hart es sein wird,<br />

dieses Ziel zu erreichen. Ich weiß, wie schwierig Ihre Aufgabe ist, genau wie jene der<br />

palästinensischen Autonomiebehörde. Ich versichere Sie jedoch meiner Gebete, und die<br />

Gebete der Katholiken in aller Welt begleiten Sie in Ihren weiteren Bemühungen, einen<br />

gerechten und dauerhaften Frieden in dieser Region zu schaffen.“ (Abschiedszeremonie,<br />

Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)<br />

„Es gibt sehr große Schwierigkeiten – das wissen wir, und das haben wir gesehen<br />

und gehört. Aber ich habe auch gesehen, daß auf allen Seiten ein tiefer Wunsch nach<br />

Frieden vorhanden ist. Die Schwierigkeiten sind sichtbarer, und wir dürfen sie nicht<br />

verstecken: Es gibt sie, und sie müssen geklärt werden. Der allgemeine Wunsch nach<br />

Frieden, nach Brüderlichkeit ist zwar nicht so augenfällig, aber mir scheint, wir müssen<br />

auch darüber sprechen und alle in diesem Willen ermutigen, um die sicherlich nicht<br />

einfachen Lösungen für diese Schwierigkeiten zu finden.“ (Grußworte an die Journalisten<br />

während des Rückfluges nach Rom, 15. Mai)<br />

• Das Leiden und die Rechte der Palästinenser<br />

„Es ist meine aufrichtige Hoffnung, daß alle Pilger zu den heiligen Stätten freien und<br />

uneingeschränkten Zutritt haben können, um an religiösen Feiern teilzunehmen und<br />

für einen angemessenen Unterhalt der Gotteshäuser an den heiligen Stätten zu sorgen.“<br />

(Arrival in Tel Aviv, May 11)<br />

„Wenn ich heute vor euch stehe, möchte ich den Schwierigkeiten, dem Schmerz und<br />

dem Leid Anerkennung zollen, die so viele von euch infolge der Konflikte ertragen


138<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

mußten, die diese Region he<strong>im</strong>gesucht<br />

haben, sowie den bitteren Erfahrungen der<br />

Vertreibung, die so viele eurer Familien<br />

gemacht haben und – Gott verhüte es –<br />

vielleicht noch machen müssen.“ (Heilige<br />

Messe <strong>im</strong> Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Ich weiß, wie sehr Sie an der seit Jahrzehnten<br />

in diesem <strong>Land</strong> herrschenden<br />

Unruhe gelitten haben und weiter leiden.<br />

Mein Herz wendet sich all jenen Familien<br />

zu, die kein Zuhause mehr haben. Heute<br />

nachmittag werde ich das Aida Refugee<br />

Camp besuchen, um den Menschen, die<br />

so viel verloren haben, meine Solidarität<br />

zu bekunden. All jenen unter Ihnen, die<br />

über den Verlust von Angehörigen und<br />

Freunden in den gewaltsamen Auseinandersetzungen<br />

und besonders in den jüngsten<br />

Konflikten in Gaza trauern, versichere<br />

ich mein tiefes Mitgefühl und mein häufiges<br />

Gebetsgedenken. [...] Herr Präsident,<br />

der Heilige Stuhl unterstützt das Recht<br />

Ihres Volkes auf eine eigenständige palästinensische He<strong>im</strong>at <strong>im</strong> <strong>Land</strong> seiner Vorfahren<br />

in Sicherheit und in Frieden mit seinen Nachbarn innerhalb von international anerkannten<br />

Grenzen. [...] Ich habe die feste Hoffnung, daß die ernsten Bedenken bezüglich der<br />

Sicherheit in Israel und in den Palästinensischen Gebieten bald hinreichend beschwichtigt<br />

werden können, so daß eine größere Bewegungsfreiheit möglich wird, vor allem<br />

hinsichtlich des Kontakts zwischen Familienangehörigen und hinsichtlich des Zugangs<br />

zu den heiligen Stätten. Palästinenser haben wie alle anderen ein natürliches Recht,<br />

zu heiraten, Familien zu gründen und zu Arbeit, Ausbildung und Gesundheitsfürsorge<br />

Zugang zu erhalten. Ich bete auch dafür, daß mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft<br />

der Wiederaufbau rasch voranschreiten kann, wo <strong>im</strong>mer Wohnhäuser,<br />

Schulen und Spitäler beschädigt oder zerstört worden sind, insbesondere während der<br />

jüngsten Kampfhandlungen <strong>im</strong> Gazastreifen. Dies ist wesentlich, damit alle Menschen<br />

dieses <strong>Land</strong>es in Umständen leben können, die zu Frieden und Wohlstand führen.“<br />

(Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Überall verbinden Menschen Betlehem mit dieser Frohbotschaft von Wiedergeburt,<br />

Erneuerung, Licht und Freiheit. Und doch scheint die großartige Verheißung hier, mitten<br />

unter uns, so fern von ihrer Verwirklichung zu sein! Wie weit entfernt erscheint uns


8. – 15. Mai 2009 139<br />

dieses Reich der großen Herrschaft und des Friedens, der Sicherheit, der Gerechtigkeit<br />

und des Rechts, das der Prophet Jesaja in der ersten Lesung verkündet hat (vgl. Jes<br />

9,6) und das wir mit dem Kommen Jesu Christi, dem Messias und König, als endgültig<br />

eingesetzt verkünden!“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Mein Besuch <strong>im</strong> Aida Refugee Camp an diesem Nachmittag bietet mir eine<br />

willkommene Gelegenheit, meine Solidarität mit allen he<strong>im</strong>atlosen Palästinensern zu<br />

bekunden, die sich danach sehnen, an ihren Geburtsort zurückkehren zu können oder<br />

ständig in ihrem eigenen He<strong>im</strong>atland zu leben. [...] Ich weiß, daß viele Ihrer Familien<br />

auseinandergerissen sind – durch Gefangenschaft einzelner Familienmitglieder oder<br />

aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit – und viele unter Ihnen haben <strong>im</strong> Laufe<br />

der Feindseligkeiten den schmerzlichen Verlust von Angehörigen erlebt. Alle, die in<br />

dieser Weise leiden, haben mein Mitgefühl. Bitte seien Sie versichert, daß ich aller<br />

palästinensischen Flüchtlinge auf der ganzen Welt, besonders derjenigen, die während<br />

des jüngsten Konflikts <strong>im</strong> Gazastreifen ihre Häuser und geliebte Menschen verloren<br />

haben, ständig in meinen Gebeten gedenke. [...] Sie leben jetzt unter unsicheren<br />

und schwierigen Bedingungen, mit begrenzten Beschäftigungsmöglichkeiten. Es<br />

ist verständlich, daß Sie sich oft frustriert fühlen. Ihr legit<strong>im</strong>es Streben nach einem<br />

ständigen Zuhause, nach einem unabhängigen palästinensischen Staat, bleibt unerfüllt.<br />

Statt dessen sehen Sie sich – wie so viele in dieser Region und in der ganzen Welt<br />

– gefangen in einer Spirale der Gewalt, von Angriff und Gegenangriff, Vergeltung<br />

und fortwährender Zerstörung. [...] Über uns, die wir uns an diesem Nachmittag hier<br />

versammeln, steht hoch aufragend ein krasses Mahnmal für die Pattsituation, in welche<br />

die Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern geraten zu sein scheinen – die<br />

Mauer.“ (Besuch des Aida-Flüchtlingslagers, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Es war für mich sehr bewegend, auch die Zeugnisse der Bewohner zu hören,<br />

die über die Lebensumstände hier in der West Bank und <strong>im</strong> Gazastreifen zu uns<br />

gesprochen haben. [...] Schmerzlich wurde mir die Lage der Flüchtlinge deutlich, die<br />

wie die heilige Familie aus ihrem Zuhause fliehen mußten. Und ich habe die an das<br />

Flüchtlingslager angrenzende und Betlehem überschattende Mauer gesehen, die in<br />

euere Gebiete eindringt, Nachbarn voneinander trennt und Familien auseinanderreißt.”<br />

(Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Ich bete, daß die von den Christen Jerusalems angestrebten Ziele als übereinst<strong>im</strong>mend<br />

mit denen aller Einwohner, gleich welcher Religionszugehörigkeit, verstanden werden:<br />

ein Leben in Religionsfreiheit und friedlicher Koexistenz und – besonders für die<br />

jungen Menschen – unbehinderter Zugang zu Ausbildung und Beruf, die Aussicht<br />

auf ein angemessenes Wohnen und ein Zuhause für die Familien sowie die Chance,<br />

von wirtschaftlicher Stabilität zu profitieren und auch selber dazu beizutragen.“<br />

(Besuch des Griechisch-Orthodoxen Patriarchates, Jerusalem, 15. Mai)


140<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

„Ebenso möge anerkannt werden, daß das palästinensische Volk ein Recht auf eine<br />

souveräne, unabhängige He<strong>im</strong>at, auf ein Leben in Würde und auf Reisefreiheit hat.<br />

Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.“<br />

(Abschiedszeremonie, Internationaler Flughafen “Ben Gurion”, Tel Aviv, 15. Mai)<br />

• Die Rechte Israels<br />

„Auf tragische Weise haben jüdische Menschen die schrecklichen Folgen von Ideologien<br />

erfahren, welche die grundlegende Würde jeder menschlichen Person leugnen. Es ist<br />

recht und angemessen, daß ich während meines Aufenthalts in Israel die Gelegenheit<br />

haben werde, der sechs Millionen jüdischen Opfer der Schoah zu gedenken und zu<br />

beten, daß die Menschheit nie wieder Zeuge eines Verbrechens dieses Ausmaßes<br />

sein werde. Leider zeigt der Antisemitismus in vielen Teilen der Welt weiterhin seine<br />

häßliche Fratze. Das ist völlig inakzeptabel. Jede Anstrengung muß unternommen<br />

werden, um den Antisemitismus zu bekämpfen, wo <strong>im</strong>mer er angetroffen wird, und um<br />

Respekt und Achtung vor den Menschen jedes Volkes, jedes Stammes, jeder Sprache<br />

und Nation auf der Erde zu fördern.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen<br />

„Ben Gurion”, Tel Aviv, 11. Mai)<br />

„Die Heilige Schrift bietet uns auch ein Verständnis des Begriffs „Sicherheit“. Nach<br />

hebräischem Sprachgebrauch leitet sich „Sicherheit“ - batah - von „Vertrauen“ ab und<br />

bezieht sich nicht nur auf das Nicht-vorhanden-Sein von Bedrohung, sondern auch<br />

auf das Empfinden von Ruhe und<br />

Zuversicht. [...] Ich höre den Ruf<br />

derer, die in diesem <strong>Land</strong>e leben,<br />

den Ruf nach Gerechtigkeit, nach<br />

Frieden, nach Achtung ihrer Würde,<br />

nach dauerhafter Sicherheit,<br />

einem Alltag ohne Angst vor<br />

Bedrohung von außen und sinnloser<br />

Gewalt.“ (Besuch be<strong>im</strong> israelischen<br />

Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)<br />

„Ich bin gekommen, um in Stille<br />

vor diesem Denkmal zu stehen,<br />

das zur ehrenvollen Erinnerung an<br />

die Millionen in der schrecklichen<br />

Tragödie der Schoah getöteten<br />

Juden errichtet wurde. Sie haben<br />

ihr Leben verloren, doch niemals


8. – 15. Mai 2009 141<br />

werden sie ihre Namen verlieren: Diese sind fest in die Herzen ihrer Lieben, ihrer<br />

Mitgefangenen, die überlebt haben, und all jener eingeschrieben, die entschlossen<br />

sind, niemals zuzulassen, daß eine solche Grausamkeit wieder über die Menschheit<br />

hereinbricht. Mehr als alles andere sind ihre Namen für <strong>im</strong>mer in das Gedächtnis<br />

des Allmächtigen Gottes eingeprägt. Man kann einen Mitmenschen seines Besitzes,<br />

seiner Chancen oder seiner Freiheit berauben. Man kann ein he<strong>im</strong>tückisches Netz<br />

von Lügen spinnen, um andere zu überzeugen, daß gewisse Gruppen keine Achtung<br />

verdienen. Doch sosehr sich einer auch bemüht, man kann niemals den Namen eines<br />

Mitmenschen wegnehmen.“ (Besuch in Yad Vashem, 11. Mai)<br />

„Auch wenn die Verwirklichung dieses Ziels heute noch fern erscheint, fordere ich Sie<br />

und Ihr Volk auf, die Flamme der Hoffnung am Leben zu erhalten, einer Hoffnung, daß<br />

ein Weg gefunden werden kann, die legit<strong>im</strong>en Ansprüche beider Seiten, der Israelis und<br />

der Palästinenser, zu erfüllen.“ (Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft ist unbedingt notwendig,<br />

und daher richte ich einen neuerlichen Appell an alle Betroffenen, ihren Einfuß<br />

zugunsten einer gerechten und dauerhaften Lösung geltend zu machen, und zwar<br />

unter Berücksichtigung der legit<strong>im</strong>en Forderungen aller Parteien und in Anerkennung<br />

ihres Rechts auf ein Leben in Frieden und Würde, in Übereinst<strong>im</strong>mung mit dem<br />

internationalen Recht.“ (Besuch des Aida Flüchtlingslagers, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Seien Sie gewiß, daß ich weiterhin jede Gelegenheit nutzen werde, um alle an<br />

den Friedensverhandlungen Beteiligten dringend aufzufordern, auf eine gerechte<br />

Lösung hinzuarbeiten, die die legit<strong>im</strong>en Ansprüche der Israelis und der Palästinenser<br />

gleichermaßen achtet.“ (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalas<br />

„Es möge allgemein anerkannt werden, daß der Staat Israel das Recht hat, zu existieren<br />

und Frieden und Sicherheit innerhalb international vereinbarter Grenzen zu genießen.<br />

[...] Die Zwei-Staaten-Lösung möge Wirklichkeit werden und nicht ein Traum bleiben.“<br />

(Abschiedszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben Gurion“, Tel Aviv, 15. Mai)<br />

• Gaza<br />

„All jenen unter Ihnen, die über den Verlust von Angehörigen und Freunden in den<br />

gewaltsamen Auseinandersetzungen und besonders in den jüngsten Konflikten in Gaza<br />

trauern, versichere ich mein tiefes Mitgefühl und mein häufiges Gebetsgedenken.<br />

[...] Ich bete auch dafür, daß mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft der<br />

Wiederaufbau rasch voranschreiten kann, wo <strong>im</strong>mer Wohnhäuser, Schulen und<br />

Spitäler beschädigt oder zerstört worden sind, insbesondere während der jüngsten


142<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Kampfhandlungen <strong>im</strong> Gazastreifen. Dies ist wesentlich, damit alle Menschen<br />

dieses <strong>Land</strong>es in Umständen leben können, die zu Frieden und Wohlstand führen.“<br />

(Begrüßungszeremonie, Bethlehem, 13. Mai)<br />

„In besonderer Weise wende ich mein Herz den Pilgern aus dem vom Krieg erschütterten<br />

Gazastreifen zu: Ich bitte euch, eure Familien und eure Gemeinden meiner innigen<br />

Verbundenheit zu versichern, meiner tiefen Trauer über die erlittenen Verluste und<br />

meines Gebetsbeistands für das große Werk des Wiederaufbaus, das nun vor euch<br />

liegt.“ (Heilige Messe in Bethlehem, 13. Mai)<br />

„Bitte seien Sie versichert, daß ich aller palästinensischen Flüchtlinge auf der ganzen<br />

Welt, besonders derjenigen, die während des jüngsten Konflikts <strong>im</strong> Gazastreifen ihre<br />

Häuser und geliebte Menschen verloren haben, ständig in meinen Gebeten gedenke.“<br />

(Besuch des Aida-Flüchtlingslagers, 13. Mai)<br />

„Es war für mich sehr bewegend, auch die Zeugnisse der Bewohner zu hören, die über<br />

die Lebensumstände hier in der West Bank und <strong>im</strong> Gazastreifen zu uns gesprochen<br />

haben. Ich versichere Ihnen allen, daß ich Sie in meinem Herzen mitnehme und ich<br />

sehnlichst wünsche, Friede und Versöhnung in diesen leidgeprüften Gebieten zu<br />

erleben.“ (Abschiedszeremonie, Innenhof des Präsidentenpalastes, Bethlehem, 13. Mai)<br />

Photo : CTS / MAB


8. – 15. Mai 2009 143<br />

• Die Berufung und Situation Jerusalems<br />

„Auch wenn der Name Jerusalem „Stadt des Friedens“ bedeutet, ist es doch gar zu<br />

offenbar, daß über Jahrzehnte hinweg der Friede den Einwohnern dieses heiligen<br />

<strong>Land</strong>es tragisch vorenthalten blieb.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen<br />

„Ben Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)<br />

„Meine Freunde, Jerusalem, das seit jeher ein Kreuzungspunkt für Völker unterschiedlicher<br />

Herkunft war, ist eine Stadt, die Juden, Christen und Musl<strong>im</strong>en sowohl die Pflicht<br />

auferlegt als auch das Privileg bietet, gemeinsam das von den Anbetern des einen Gottes<br />

lang ersehnte friedliche Zusammenleben zu bezeugen, den Plan des Allmächtigen<br />

für die Einheit der dem Abraham verheißenen Menschheitsfamilie zu offenbaren und<br />

die wahre Natur des Menschen als Gottsucher zu verkünden.“ (Besuch be<strong>im</strong> israelischen<br />

Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)<br />

„Gott aller Zeiten,<br />

an meinem Besuch von Jerusalem,<br />

der ‚Stadt des Friedens’,<br />

der geistlichen He<strong>im</strong>at der Juden,<br />

Christen und Musl<strong>im</strong>e gleichermaßen,<br />

bringe ich vor Dich die Freuden,<br />

Hoffnungen und die Sehnsüchte, die Prüfungen,<br />

das Leid und die Schmerzen Deines ganzen Erdenvolkes.“<br />

(Gebet an der Western Wall, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle, die dieses irdische Jerusalem lieben,<br />

anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung jener universalen Versöhnung und<br />

jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie will. Leider<br />

müssen wir unterhalb der Mauern dieser Stadt auch darüber nachdenken, wie weit<br />

unsere Welt von der vollkommenen Erfüllung dieser Prophezeiung und Verheißung<br />

entfernt ist. In dieser heiligen Stadt, wo das Leben den Tod überwand, wo der Geist<br />

ausgegossen wurde als Erstlingsfrucht der neuen Schöpfung, kämpft die Hoffnung<br />

<strong>im</strong>mer noch gegen Verzweiflung, Frustration und Zynismus und ist der Friede, das<br />

Geschenk und der Ruf Gottes, <strong>im</strong>mer noch bedroht durch Konflikte, Uneinigkeit und<br />

die Last geschehenen Unrechts. [...] Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle,<br />

die dieses irdische Jerusalem lieben, anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung<br />

jener universalen Versöhnung und jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze<br />

Menschheitsfamilie will. Leider müssen wir unterhalb der Mauern dieser Stadt auch<br />

darüber nachdenken, wie weit unsere Welt von der vollkommenen Erfüllung dieser<br />

Prophezeiung und Verheißung entfernt ist. In dieser heiligen Stadt, wo das Leben<br />

den Tod überwand, wo der Geist ausgegossen wurde als Erstlingsfrucht der neuen


144<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Schöpfung, kämpft die Hoffnung <strong>im</strong>mer noch gegen Verzweiflung, Frustration und<br />

Zynismus und ist der Friede, das Geschenk und der Ruf Gottes, <strong>im</strong>mer noch bedroht<br />

durch Konflikte, Uneinigkeit und die Last geschehenen Unrechts. (Heilige Messe <strong>im</strong><br />

Josaphat-Tal, Jerusalem, 12. Mai)<br />

• Religionsfreiheit<br />

„In dieser Hinsicht müssen wir feststellen, daß das Recht auf Religionsfreiheit sich<br />

über die Frage des Kultes hinaus erstreckt und das Recht – besonders der Minderheiten<br />

– auf fairen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu anderen Bereichen des gesellschaftlichen<br />

Lebens einschließt.“ („Al-Hussein Ibn Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)<br />

„Wenn man die religiöse D<strong>im</strong>ension des Menschen leugnet oder beiseite schiebt, wird<br />

damit die eigentliche Grundlage für ein rechtes Verständnis der unveräußerlichen Rechte<br />

des Menschen aufs Spiel gesetzt.“ (Begrüßungszeremonie, Internationaler Flughafen „Ben<br />

Gurion“, Tel Aviv, 11. Mai)<br />

„Es ist ein Zeichen des Respekts<br />

dieses <strong>Land</strong>es für die<br />

verschiedenen Religionen, daß<br />

die katholische Gemeinschaft<br />

Jordaniens die Möglichkeit hat,<br />

öffentliche Gottesdienststätten<br />

zu errichten. In ihrem Namen<br />

möchte ich zum Ausdruck bringen,<br />

wie sehr diese Offenheit<br />

gewürdigt wird. Religionsfreiheit<br />

ist in der Tat ein grundlegendes<br />

Menschenrecht, und es<br />

ist meine inständige Hoffnung<br />

und mein Gebet, daß die Wertschätzung<br />

für die unveräußerlichen<br />

Rechte und die Würde<br />

jedes Menschen zunehmend<br />

anerkannt und verteidigt werden<br />

– nicht nur <strong>im</strong> Nahen Osten,<br />

sondern in jedem Teil der<br />

Welt.“ (Begrüßungszeremonie,<br />

Internationaler Flughafen „Queen<br />

Alia“, Amman, 8. Mai)<br />

Photo : Gabriela Mihlig


8. – 15. Mai 2009 145<br />

Der eine Gott und die Einheit<br />

der Menschheitsfamilie<br />

„Und wir werden daran erinnert, daß unsere gemeinsame menschliche Würde es ist,<br />

welche die allgemeinen Menschenrechte begründet, die für jeden Mann und jede<br />

Frau in gleicher Weise gelten, unabhängig von religiöser, sozialer oder ethnischer<br />

Zugehörigkeit.“ („Al Hussein Ibn Talal“ Moschee, Amman, 9. Mai)<br />

„Darum müssen die religiösen Führer bedenken, daß jede Teilung oder Spannung, jede<br />

Tendenz zu Zurückgezogenheit oder Mißtrauen unter den Gläubigen oder zwischen<br />

unseren Gemeinschaften leicht zu einem Gegensatz führen kann, der die Einzigkeit<br />

des Allmächtigen verdunkelt, unsere Einheit verrät und <strong>im</strong> Widerspruch steht zu dem<br />

Einen, der sich selbst als „reich an Huld und Treue“ offenbart (Ex 34,6; vgl. Ps 136,2;<br />

Ps 85,11). Meine Freunde, Jerusalem, das seit jeher ein Kreuzungspunkt für Völker<br />

unterschiedlicher Herkunft war, ist eine Stadt, die Juden, Christen und Musl<strong>im</strong>en<br />

[...] den Plan des Allmächtigen für die Einheit der dem Abraham verheißenen<br />

Menschheitsfamilie zu offenbaren [...] Lassen Sie uns den Vorsatz fassen, dafür zu<br />

sorgen, daß wir unseren jeweiligen Gemeinschaften durch die Unterweisung und die<br />

Führung helfen, ihrem eigentlichen Wesen als Gläubige treu zu sein und stets die<br />

unendliche Güte Gottes, die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen und die<br />

Einheit der gesamten Menschheitsfamilie <strong>im</strong> Bewußtsein zu haben. [...] Sehr geehrte<br />

Damen und Herrn, dauerhafte Sicherheit ist eine Sache des Vertrauens, das durch<br />

Gerechtigkeit und Redlichkeit genährt und durch die Umkehr der Herzen besiegelt<br />

wird, die uns bewegt, dem anderen in die Augen zu schauen und mein Gegenüber, das<br />

„Du“, als Meinesgleichen, als meinen Bruder oder meine Schwester zu erkennen.“<br />

(Besuch des israelischen Staatspräsidenten, Jerusalem, 11. Mai)<br />

„Aus diesem Grund ist es so wichtig, daß jene, die den einen Gott anbeten, sichtbar<br />

machen, daß sie sowohl auf dem Boden der Einheit der ganzen Menschheitsfamilie<br />

stehen als auch auf sie ausgerichtet sind. Man könnte mit anderen Worten sagen, daß die<br />

Treue zu dem einen Gott, dem Schöpfer, dem Allerhöchsten, dazu führt anzuerkennen,<br />

daß alle Menschen grundlegend miteinander verbunden sind, da alle ihr Dasein einer<br />

einzigen Quelle verdanken und auf ein gemeinsames Ziel hingeordnet sind. Ihnen allen<br />

ist das unauslöschliche Abbild des Göttlichen eingeprägt und sie sind dazu berufen, aktiv<br />

an der Heilung der Trennungen mitzuarbeiten und die Solidarität unter den Menschen zu<br />

fördern. [...] Die Vernunft öffnet den Geist für die Erkenntnis des gemeinsamen Wesens<br />

und des gemeinsamen Ziels der Menschheitsfamilie, während die Freiheit das Herz<br />

anspornt, den anderen anzunehmen und ihm in Liebe zu dienen. So werden die ungeteilte


146<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Liebe zu dem einen Gott und die Liebe zum Nächsten zum Angelpunkt, um den sich<br />

alles andere dreht. Aus diesem Grund arbeiten wir unermüdlich daran, die Herzen der<br />

Menschen vor Haß, Groll und Rachegelüsten zu bewahren. [...] Ich versichere Ihnen,<br />

daß die Kirche den innigen Wunsch hat, zum Wohl der Menschheitsfamilie beizutragen.<br />

Sie glaubt fest, daß die Erfüllung des Versprechens, das Gott Abraham gegeben hat,<br />

ihrem Ziel nach universal ist und alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft oder<br />

ihrem gesellschaftlichen Status umfaßt. Ich bete, daß Moslems und Christen bei der<br />

Weiterführung des bereits begonnen respektvollen Dialogs darüber nachdenken, wie<br />

das Einsein Gottes untrennbar mit der Einheit der Menschheitsfamilie verbunden ist.<br />

(Besuch be<strong>im</strong> Grußmufti, Jerusalem, 12. Mai)<br />

„Das ist die Hoffnung, das ist die Vision, die alle, die dieses irdische Jerusalem lieben,<br />

anspornt, es als eine Prophezeiung und Verheißung jener universalen Versöhnung und<br />

jenes Friedens zu betrachten, die Gott für die ganze Menschheitsfamilie will.“ (Heilige<br />

Messe in Jerusalem, 12. Mai)<br />

„In Zusammenarbeit mit Menschen guten Willens wird sie bemüht sein sicherzustellen,<br />

daß das Licht der Wahrheit, des Friedens und der Güte weiterhin von Galiläa<br />

ausstrahlen wird und Menschen weltweit dazu anleitet, all das anzustreben, was die<br />

Einheit der Menschheitsfamilie stärkt.“ (Grußworte an die Religionsführer von Galiläa,<br />

Nazareth, 14. Mai)


8. – 15. Mai 2009 147<br />

Dankbrief<br />

von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>.<br />

An Seine Seligkeit Fouad Twal, Lateinischer Patriarch von Jerusalem<br />

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus<br />

Christus.“ (Gal 1,3)<br />

Ich schreibe Ihnen, Eure Seligkeit, und an alle Ihre kollegialen Ordinarien, um<br />

Ihnen für Ihre liebenswürdige Einladung zu danken, das Heilige <strong>Land</strong> zu besuchen,<br />

und für Ihre großzügige Gastfreundschaft, die Sie mir während meines kürzlich<br />

stattgefundenen Aufenthaltes unter Ihnen zu teil werden ließen. Es war mir eine große<br />

Freude, die heilige Liturgie mit Ihnen und mit so vielen Gläubigen an den <strong>Heiligen</strong><br />

Stätten, die mit den zentralen Mysterien der Erlösung verbunden sind, zu feiern.<br />

Ich selbst als ein Pilger, spreche <strong>im</strong> Namen von unzähligen Generationen von<br />

Pilgern der Vergangenheit und Gegenwart, wenn ich Ihnen für den Empfang danke,<br />

den wir erhielten, und für die Sorge, die Sie für die <strong>Heiligen</strong> Stätten geben, damit sie<br />

aufrecht erhalten bleiben. Ich bin mir sicher, daß sich die Tradition des Pilgerns auch<br />

noch lange in die Zukunft hinein erhalten wird. Ich bete besonders dafür, daß die<br />

politischen Spannungen und Reisebeschränkungen bald eine Tatsache sein werden, die<br />

der Vergangenheit zuzuordnen sind, damit alle Christen, von zuhause und aus dem<br />

Ausland, ungehinderten und freien Zugang zu den <strong>Heiligen</strong> Stätten haben können.<br />

Ich bitte Sie, Ihre Herde in meinem Namen zu grüßen und sie meiner geistlichen<br />

Nähe in allen ihren Prüfungen und in all Ihrer Drangsal, die sie als Konsequenz der<br />

Unruhe zu erdulden haben, die viele Teile des <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong>es plagt, zu versichern.<br />

Nochmals bitte ich Sie inständig in Ihrem wahrheitsgetreuen und gemeinsamen<br />

Zeugnis für das Evangelium <strong>im</strong> <strong>Land</strong>, wo Jesus lebte, lehrte, starb und vom Tod<br />

erstand, um der ganzen Welt die Erlösung zu bringen, auszuharren.<br />

Mit diesen Gedanken versichere ich Ihnen und allen Ordinarien des <strong>Heiligen</strong><br />

<strong>Land</strong>es, zusammen mit den Gläubigen, die sich Ihrer pastoralen Fürsorge anvertraut<br />

haben, meine beständigen Gebete und erteile Ihnen mit Freude meinen Apostolischen<br />

Segen.<br />

Vatikanstadt, 26. Mai 2009.<br />

† Benedictus <strong>XVI</strong>


148<br />

<strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. <strong>im</strong> <strong>Heiligen</strong> <strong>Land</strong><br />

Antwort von Patriarch Fouad<br />

Prot. N. (1) 700 / 09 Jerusalem, 29. Juni 2009<br />

Eure Heiligkeit!<br />

Mit großer Bewegtheit erhielt ich Ihren herzlichen und gnadenreichen Brief. Ihr<br />

väterlicher Besuch unter uns war wahrlich der eines Vaters: tröstend, ermutigend<br />

und führend. Ihre Präsenz zeigte uns, daß wir einen mutigen Hirten haben, der nicht<br />

zögert, sogar in einer Zeit zu kommen, in der die Umstände sehr schwierig sind, um<br />

seine Herde <strong>im</strong> Glauben zu stärken. Wir sind dankbar für die Gelegenheit, die es<br />

ermöglicht hat, die Gläubigen zu einem Leib zu vereinen, der Sie willkommen heißt<br />

und um mit Ihnen zu beten und unseren Herrn und Erlöser an allen Orten, wo er<br />

lebte, starb und für uns vom Tod erstanden ist, anzubeten.<br />

Ihre Worte an uns - so einfach und direkt - brachten das starke Mitleid Gottes<br />

zum Ausdruck und führten stets Ihre Gesprächspartner in ihrer Menschlichkeit einen<br />

Schritt vorwärts, um Frieden und Fortschritt in unser unruhiges <strong>Land</strong> zu bringen. Das<br />

Wichtigste war, daß Sie Ihre Herde über ihre Sendung zum Nachdenken brachten, ihre<br />

Berufung in Christus zu leben, und somit Hoffnung zu allen Menschen zu bringen. Sie<br />

haben uns darin ein Beispiel gegeben und in uns die Hoffnung erneuert. Das ermutigt<br />

uns innig, damit wir uns unserer Berufung gegenüber aufs Neue verpflichten, weiterhin<br />

Zeugnis vom Auferstandenen zu geben.<br />

Wir sind überzeugt, daß Ihre weisen und lehrreichen Worte nicht verloren<br />

gehen, sondern unser Volk belehren, welches sich ihrer Mission und ihrem Leben<br />

gegenüberstehend weiß. Aus diesem Anlaß veröffentlichen wir ein Buch mit all Ihren<br />

Reden und verteilen dieses an unsere Gläubigen. Wir hoffen, daß unsere Priester Ihre<br />

Worte <strong>im</strong>mer wieder aufs Neue aufgreifen werden und damit den ihnen anvertrauten<br />

Gläubigen helfen mögen, das Evangelium zu leben.<br />

Ich überbringe Eurer Heiligkeit, stellvertretend für die Vereinigung der<br />

Katholischen Bischöfe und für die Christen, die in den Ländern leben, in denen „Jesus<br />

lebte, lehrte, starb und vom Tod erstanden war“, meinen aufrichtigen Dank für Ihre<br />

Präsenz, Ihre Worte und für Ihr Christuszeugnis, unseren Herrn.<br />

In Christus, Unseren Erlöser.<br />

† Fouad Twal, Patriarch


"Tu es Petrus..." Mt. 16:18<br />

Benedictus PP. <strong>XVI</strong><br />

in Terra Sancta X 8 -15 Maii 2009<br />

Das Logo, welches für die Pilgerreise von <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>. gewählt<br />

wurde, ist eine Reproduktion der Statue des Heiligtums von der Pr<strong>im</strong>atsstelle<br />

des Petrus, auch Mensa Christi genannt, welche bei Tabgha, am Seeufer von<br />

Tiberias liegt. Sie steht an der Frontseite des Heiligtums. Diese Bronzestatue ist<br />

eine Arbeit von Fr. Andrea Martini OFM.<br />

Biblische Sichtweise: Es war in Tabgha, als Jesus nach seiner Auferstehung<br />

mit seinen Jüngern das Brot teilte und auch den Fisch, welchen sie auf<br />

wunderbare Weise gefangen hatten. Die Apostel wurden in ihrem Glauben an<br />

den Auferstandenen bestärkt. Jesus fragte dort S<strong>im</strong>on Petrus dre<strong>im</strong>al: „Liebst<br />

du mich“ und bestätigte ihn in seinem Hirtenauftrag mit den Worten: „Weide<br />

meine Schafe!“.<br />

Künstlerische Perspektive: Die Haltung des Petrus, der sich vor Jesus<br />

niederwirft, bringt zweierlei zum Ausdruck: Während er unter der Last seiner<br />

Mission gebeugt ist, gibt er sich <strong>im</strong> selben Moment Jesus ganz hin. Deshalb kann<br />

er sie weiter tragen in seiner Liebe zu seinem Meister. Jesus wird dargestellt, wie<br />

er feierlich das Hirtenamt an Petrus überträgt, aber auch den Segen und seine<br />

Freundschaft. Die Silhouette der beiden Personen ist auf einem Fels befestigt, als<br />

Symbol der Worte Christi an Petrus: „Du bist Petrus, der Fels.“<br />

Die allgemeine Bedeutung des Logos ist sowohl eminent spirituell, als<br />

auch pastoral. <strong>Papst</strong> <strong>Benedikt</strong> <strong>XVI</strong>., als Nachfolger des heiligen Petrus, kommt<br />

als Pilger in das Heilige <strong>Land</strong>, um seine Liebe zu Jesus neu zu bestätigen, an der<br />

Sendung der Mutter Kirche teilzuhaben, und um seine Brüder <strong>im</strong> Glauben zu<br />

stärken.

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