Tauernfenster 2007 (7,92 MB)

Tauernfenster 2007 (7,92 MB) Tauernfenster 2007 (7,92 MB)

09.11.2012 Aufrufe

Künstlerecke Genau geschaut 106 ST- Steger Josef „Maestro d`Arte“ Prof. für Kunsterziehung an der MS Ahrntal Herbst … oder Licht … oder was ist Farbe, sonst nichts, Farbe geordnet, vielleicht ästhetisch , einfach so ins Bild gesetzt, leuchtend, spontan, unwirklich, Farbe die brennt, wie das Licht im Herbst, mehr nicht … ST-Steger Josef Die Pfarrkirche Prettau Geo-Relief im Info-Zentrum Kasern TAUERNFENSTER 2007 Die zwölf Apostel auf den Schlusssteinen des Gewölbes der Pfarrkirche von Prettau Eine Besonderheit der Konstruktion eines gotischen Gewölbes stellt der Unterschied zwischen tragenden und lastenden Teilen dar. Während im romanischen Gewölbe auch den Gewölbekappen eine tragende Funktion zukommt, beschränkt sich diese beim gotischen Gewölbe auf die Rippen, die dann ihrerseits das Gewicht und den seitlichen Schub des Gewölbes weiter auf Strebepfeiler und Außenmauern der Kirche oder die Stützen innerhalb der Kirche leiten. Schlusssteine sind Steine am zentralen Knotenpunkt von Gewölberippen. Auch ihnen kommt bei der Konstruktion des gotischen Gewölbes eine tragende Funktion zu, die an diesen Stellen besonders wichtig erscheint. Meist sind die Schlusssteine kreisrund und mit Darstellungen verziert. Die tragende Rolle der Schlusssteine lässt die Vermutung aufkommen, dass sie auch mit Darstellungen entsprechend tragender Gestalten der Religion geschmückt sind. Für die Schlusssteine im Chor von Prettau triff t dies ganz besonders zu, erscheinen hier doch die Hl. Dreifaltigkeit, die Jungfrau Maria und die zwölf Apostel. Hier sei auf die Darstellung der Apostel besonderes Augenmerk gelegt. Der Zyklus der zwölf Apostel Das Fest der heiligen „Zwölfboten“ wird am 15. Juli gefeiert. Als Apostel bezeichnet man sie erst nach Pfi ngsten, vorher werden sie als Jünger bezeichnet. Bei Lukas 6,13 aber wird betont: „Er erwählte ihrer zwölf, die er auch Apostel nannte.“ Die erste bekannte Darstellung befi ndet sich in der Giordani-Katakombe in Rom und stammt aus dem 6. Jh. Diese Darstellung zeigt die Apostel allerdings noch ohne Attribute. Apostel ist griechisch („apostolos“ von „apostello“ = aussenden) und bedeutet Gesandter. Berufen und ausgesandt, um zu heilen, werden sie noch zu Lebzeiten Christi in Palästina, und speziell noch einmal von Jesus kurz vor dessen Himmelfahrt (Matth. 28,19, Mark. 16,15, Luk. 24,47). Das allgemeine Attribut aller Apostel ist das Buch der Off enbarung bzw. die Schriftrolle. Näher gekennzeichnet sind die Apostel durch ihre individuellen Attribute, die mit wenigen Ausnahmen die spezielle Art des Martyriums an Hand der Marterwerkzeuge anzeigen wollen. Zahl und Namen: Die Reihung der Apostel ist abgesehen von den ersten acht Namen unterschiedlich und stimmt nicht immer überein. Immer aber wird Simon Petrus als erster TAUERNFENSTER 2007 Apostel erwähnt. Die Aufzählung der Apostel ist in der Reihenfolge der Apostelwahl vorgenommen, so z. B. bei Lukas 6, zwölf – 16: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Simon Petrus Andreas Jakobus der Ältere Johannes Philippus Bartholomäus Matthäus Th omas Jakobus der Jüngere Simon Zelotes Judas Th addäus Judas Ischariot – (nach Pfi ngsten wird lt. Apg.1 Matthias an seiner Stelle von Petrus erwählt und durch das Los bestimmt) Für die Entwicklung der Darstellungen der zwölf Apostel sind letztlich zwei Listen ausschlaggebend. In der Ostkirche die des Pseudochrisostomus, die in die Zahl der Zwölf Paulus und die nichtapostolischen Evangelisten mit einbezieht und darum Matthias, Judas Th addäus und Jakobus den Jüngeren wegfallen lässt. In der Westkirche wird die Namensreihe nach Matthäus aufgebaut und wie im Messkanon des Sacramantarium Gelasianum wird Paulus in die Reihe mit einbezogen und Matthias ausgeschlossen. Nur selten werden die historischen Gegebenheiten gewahrt und es erscheinen mehr als zwölf Apostel. In den meisten Fällen tendiert man dazu, die heilige Zahl Zwölf, die als maßgebliche Bezeichnung der auserwählten Jünger die theologischen Anschauungen beherrscht und zudem geheiligt ist durch die Symbolik der Zahl der israelitischen Stämme und anderer alttestamentlicher Zwölfzahlen, beizubehalten. Geschichte der Darstellung: Die zwölf Apostel sind als menschliche Zeugen der göttlichen Off enbarung im Neuen Testament zu verstehen. Gleichzeitig sind die Apostel aber nicht nur passive Begleiter Christi, sondern von ihm beauftragte Träger der Off enbarung. Die tragende Rolle der Apostel in der Kirche wird oft dadurch verdeutlicht, dass sie an tragenden Architekturdetails in Kirchen abgebildet werden, wie an Säulen oder in Prettau an den Schlusssteinen eines gotischen Gewölbes. Typenbildung und Attribute: In den frühesten Darstellungen erscheinen die Apostel 107

Künstlerecke Genau geschaut<br />

106<br />

ST- Steger Josef<br />

„Maestro d`Arte“<br />

Prof. für Kunsterziehung<br />

an der MS Ahrntal<br />

Herbst … oder Licht … oder was<br />

ist Farbe,<br />

sonst nichts,<br />

Farbe geordnet,<br />

vielleicht ästhetisch ,<br />

einfach so ins Bild gesetzt,<br />

leuchtend,<br />

spontan,<br />

unwirklich,<br />

Farbe die brennt,<br />

wie das Licht im Herbst,<br />

mehr nicht …<br />

ST-Steger Josef Die Pfarrkirche Prettau<br />

Geo-Relief im Info-Zentrum Kasern<br />

TAUERNFENSTER <strong>2007</strong><br />

Die zwölf Apostel auf den Schlusssteinen<br />

des Gewölbes der Pfarrkirche von Prettau<br />

Eine Besonderheit der Konstruktion eines gotischen<br />

Gewölbes stellt der Unterschied zwischen tragenden<br />

und lastenden Teilen dar. Während im romanischen Gewölbe<br />

auch den Gewölbekappen eine tragende Funktion<br />

zukommt, beschränkt sich diese beim gotischen Gewölbe<br />

auf die Rippen, die dann ihrerseits das Gewicht und<br />

den seitlichen Schub des Gewölbes weiter auf Strebepfeiler<br />

und Außenmauern der Kirche oder die Stützen innerhalb<br />

der Kirche leiten. Schlusssteine sind Steine am<br />

zentralen Knotenpunkt von Gewölberippen. Auch ihnen<br />

kommt bei der Konstruktion des gotischen Gewölbes<br />

eine tragende Funktion zu, die an diesen Stellen besonders<br />

wichtig erscheint. Meist sind die Schlusssteine<br />

kreisrund und mit Darstellungen verziert. Die tragende<br />

Rolle der Schlusssteine lässt die Vermutung aufkommen,<br />

dass sie auch mit Darstellungen entsprechend tragender<br />

Gestalten der Religion geschmückt sind. Für die Schlusssteine<br />

im Chor von Prettau triff t dies ganz besonders zu,<br />

erscheinen hier doch die Hl. Dreifaltigkeit, die Jungfrau<br />

Maria und die zwölf Apostel. Hier sei auf die Darstellung<br />

der Apostel besonderes Augenmerk gelegt.<br />

Der Zyklus der zwölf Apostel<br />

Das Fest der heiligen „Zwölfboten“ wird am 15. Juli gefeiert.<br />

Als Apostel bezeichnet man sie erst nach Pfi ngsten,<br />

vorher werden sie als Jünger bezeichnet. Bei Lukas<br />

6,13 aber wird betont: „Er erwählte ihrer zwölf, die er<br />

auch Apostel nannte.“ Die erste bekannte Darstellung<br />

befi ndet sich in der Giordani-Katakombe in Rom und<br />

stammt aus dem 6. Jh. Diese Darstellung zeigt die Apostel<br />

allerdings noch ohne Attribute. Apostel ist griechisch<br />

(„apostolos“ von „apostello“ = aussenden) und bedeutet<br />

Gesandter. Berufen und ausgesandt, um zu heilen, werden<br />

sie noch zu Lebzeiten Christi in Palästina, und speziell<br />

noch einmal von Jesus kurz vor dessen Himmelfahrt<br />

(Matth. 28,19, Mark. 16,15, Luk. 24,47). Das allgemeine<br />

Attribut aller Apostel ist das Buch der Off enbarung bzw.<br />

die Schriftrolle. Näher gekennzeichnet sind die Apostel<br />

durch ihre individuellen Attribute, die mit wenigen Ausnahmen<br />

die spezielle Art des Martyriums an Hand der<br />

Marterwerkzeuge anzeigen wollen.<br />

Zahl und Namen:<br />

Die Reihung der Apostel ist abgesehen von den ersten<br />

acht Namen unterschiedlich und stimmt nicht immer<br />

überein. Immer aber wird Simon Petrus als erster<br />

TAUERNFENSTER <strong>2007</strong><br />

Apostel erwähnt. Die Aufzählung der Apostel ist in der<br />

Reihenfolge der Apostelwahl vorgenommen, so z. B. bei<br />

Lukas 6, zwölf – 16:<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

5.<br />

6.<br />

7.<br />

8.<br />

9.<br />

10.<br />

11.<br />

12.<br />

Simon Petrus<br />

Andreas<br />

Jakobus der Ältere<br />

Johannes<br />

Philippus<br />

Bartholomäus<br />

Matthäus<br />

Th omas<br />

Jakobus der Jüngere<br />

Simon Zelotes<br />

Judas Th addäus<br />

Judas Ischariot – (nach Pfi ngsten wird lt. Apg.1<br />

Matthias an seiner Stelle von Petrus erwählt und<br />

durch das Los bestimmt)<br />

Für die Entwicklung der Darstellungen der zwölf Apostel<br />

sind letztlich zwei Listen ausschlaggebend. In der<br />

Ostkirche die des Pseudochrisostomus, die in die Zahl<br />

der Zwölf Paulus und die nichtapostolischen Evangelisten<br />

mit einbezieht und darum Matthias, Judas Th addäus<br />

und Jakobus den Jüngeren wegfallen lässt. In der Westkirche<br />

wird die Namensreihe nach Matthäus aufgebaut<br />

und wie im Messkanon des Sacramantarium Gelasianum<br />

wird Paulus in die Reihe mit einbezogen und Matthias<br />

ausgeschlossen. Nur selten werden die historischen Gegebenheiten<br />

gewahrt und es erscheinen mehr als zwölf<br />

Apostel. In den meisten Fällen tendiert man dazu, die<br />

heilige Zahl Zwölf, die als maßgebliche Bezeichnung der<br />

auserwählten Jünger die theologischen Anschauungen<br />

beherrscht und zudem geheiligt ist durch die Symbolik<br />

der Zahl der israelitischen Stämme und anderer alttestamentlicher<br />

Zwölfzahlen, beizubehalten.<br />

Geschichte der Darstellung:<br />

Die zwölf Apostel sind als menschliche Zeugen der<br />

göttlichen Off enbarung im Neuen Testament zu verstehen.<br />

Gleichzeitig sind die Apostel aber nicht nur passive<br />

Begleiter Christi, sondern von ihm beauftragte Träger<br />

der Off enbarung. Die tragende Rolle der Apostel in<br />

der Kirche wird oft dadurch verdeutlicht, dass sie an tragenden<br />

Architekturdetails in Kirchen abgebildet werden,<br />

wie an Säulen oder in Prettau an den Schlusssteinen<br />

eines gotischen Gewölbes.<br />

Typenbildung und Attribute:<br />

In den frühesten Darstellungen erscheinen die Apostel<br />

107

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!