Emerging Markets Die Welt im Wandel - EXtra-Magazin
Emerging Markets Die Welt im Wandel - EXtra-Magazin
Emerging Markets Die Welt im Wandel - EXtra-Magazin
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Meinung<br />
Grenzen der Geldpolitik<br />
Dr. Hüfner beleuchtet und kommentiert <strong>im</strong> <strong>EXtra</strong>-<strong>Magazin</strong> konjunkturelle Entwicklungen. Er war vor seiner Zeit bei Assenagon<br />
Chefvolkswirt der HypoVereinsbank und ist ein ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet.<br />
■■<br />
Das Ziel, die Eurokrise durch Liquidität zu „ertränken“, ist gescheitert. <strong>Die</strong> Pferde bekommen zwar Wasser, sie saufen aber nicht.<br />
■■<br />
Eine dauerhafte Überwindung der Probleme ist in der Rezession schwierig. Solange es an Wachstum fehlt, kommen die Peripherie<br />
Länder nicht auf die Beine.<br />
■■<br />
Eine Rückkehr zu Staatsanleihekäufen durch die EZB wäre ein gravierender Fehler.<br />
Endlich, so dachten viele in den letzten<br />
Wochen, ist das Schl<strong>im</strong>mste vorüber. <strong>Die</strong><br />
Eurokrise nähert sich dem Ende. <strong>Die</strong> Geldpolitik<br />
hat gewirkt. Sie hat die Probleme<br />
des Euro zwar nicht gelöst. Sie hat sie aber<br />
mit Liquidität zugedeckt, so dass sie nicht<br />
mehr sichtbar waren.<br />
keineswegs ohne Risiken sind, selbst wenn<br />
die Regierungen und die Notenbank voll dahinterstehen.<br />
Drittens sind die ärgsten Refinanzierungsprobleme<br />
der Banken in den Peripherieländern<br />
durch die bisherigen Mittel entschärft.<br />
Und jetzt ist alles wieder so wie vorher. <strong>Die</strong><br />
Krise ist sogar noch schl<strong>im</strong>mer. Jetzt stehen<br />
nicht mehr die kleineren Länder Griechenland,<br />
Portugal und Irland <strong>im</strong> Mittelpunkt.<br />
Es sind vielmehr Italien und Spanien, auf<br />
die fast 30 % der gemeinschaftlichen Wirtschaftsleistung<br />
entfallen. Was ist passiert<br />
Bei der ersten Tranche der Liquiditätszufuhr<br />
durch die EZB war alles noch in Butter. <strong>Die</strong><br />
Banken nutzten die knapp 500 Mrd. Euro.<br />
Sie kauften Staatsanleihen der Peripherieländer.<br />
<strong>Die</strong> Zinsen gingen zurück. Gleichzeitig<br />
konnte die EZB ihre Staatsanleihenkäufe<br />
einstellen. Vielleicht sind auch einige Gelder<br />
auf den Finanzmärkten gelandet und haben<br />
die Zinsen gesenkt und den Aktien geholfen.<br />
Ursprünglich dachte man, dass sich das<br />
bei der zweiten Tranche der Liquiditätszufuhr<br />
Ende Februar wiederholen würde.<br />
Das war aber nicht der Fall. Ein Großteil<br />
der Gelder, die die Banken bei der EZB<br />
aufgenommen hatten, sind am Ende wieder<br />
als Einlagen bei der Notenbank gelandet.<br />
<strong>Die</strong> Gründe dafür sind vielfältig.<br />
Erstens haben die Banken inzwischen<br />
schon erhebliche Summen an Staatsanleihen<br />
angelegt. Sie können das nicht unbegrenzt<br />
fortsetzen, wenn sie sich nicht<br />
Klumpenrisiken einhandeln wollen.<br />
Zweitens hat die Umschuldung Griechenlands<br />
gezeigt, dass die Staatsanleihen<br />
Viertens haben sich die fundamentalen<br />
Bedingungen in Spanien und Italien verschlechtert.<br />
Spanien kann die versprochenen<br />
Budgetziele nicht einhalten. In Italien<br />
formiert sich zunehmend Widerstand gegen<br />
die Reformen von Ministerpräsident Monti.<br />
Fünftens schließlich ist die politische Situation<br />
in Europa unsicherer geworden durch<br />
die anstehenden Wahlen in Frankreich und<br />
Griechenland und durch die Schwierigkeiten<br />
mit der Ratifikation des Fiskalpaktes.<br />
Das zeigt: Auch die Geldpolitik ist kein<br />
Zauberer, der alle Probleme verschwinden<br />
lassen kann. Sie ist an ihre Grenzen gestoßen.<br />
Sie kann Liquidität zur Verfügung stellen.<br />
Wenn die „Pferde aber nicht saufen“,<br />
dann nutzt das nichts. Es macht daher<br />
keinen Sinn, über ein drittes Liquiditätsprogramm<br />
nachzudenken. Eine Zinssenkung,<br />
wie sie der IWF jetzt vorschlägt, würde angesichts<br />
der bereits niedrigen Sätze auch<br />
nichts bringen. Und wenn die EZB jetzt<br />
eine Wiederaufnahme der direkten Käufe<br />
von Staatsanleihen ins Gespräch bringt, ist<br />
das nur ein Akt der Verzweiflung.<br />
Was wird jetzt mit dem vielen Geld auf den<br />
Märkten passieren So wie es ist, kann es<br />
nicht weitergehen. Der Bankensektor kann<br />
auf Dauer nicht Gelder für 1 % aufnehmen<br />
und sie gleichzeitig bei der gleichen Institution<br />
zu 0,25 % wieder anlegen. Das ist<br />
Unsinn. Theoretisch könnte das Geld doch<br />
Dr. Martin W. Hüfner<br />
Chefvolkswirt<br />
Assenagon Asset Management S.A.<br />
noch in Staatsanleihen fließen. Dazu muss<br />
sich aber die Situation in Italien und Spanien<br />
bessern, was angesichts der Rezession<br />
kaum zu erwarten ist. Denkbar ist, dass die<br />
Liquidität in die Finanzmärkte geht und dort<br />
einen Boom zum Beispiel bei den Aktien<br />
auslöst. Denkbar wäre auch, dass die Banken<br />
mehr Kredite an den Privatsektor geben.<br />
Aber dem steht entgegen, dass sie zu wenig<br />
Eigenkapital haben und keine größeren Risiken<br />
eingehen wollen. Am Ende könnte es<br />
passieren, dass die Banken das Geld vorzeitig<br />
an die EZB zurückzahlen. Das wäre eine<br />
Blamage für die Geldpolitik.<br />
Für den Anleger:<br />
Ich habe manchmal den Eindruck als ähnele<br />
die heutige Situation der von Mitte<br />
2008. Damals dachten viele, dass der<br />
Höhepunkt der Krise vorbei sei. Dann<br />
kam <strong>im</strong> Herbst die Pleite von Lehman<br />
und alles war schl<strong>im</strong>mer als vorher. Seien<br />
Sie daher vorsichtig mit Prognosen,<br />
dass sich die Eurokrise in ihrem Endstadium<br />
befinde. Gerade angesichts der<br />
konjunkturellen Probleme kann es noch<br />
Scherben geben.<br />
Seite 26 Mai 2012