Franz Kafkas Deutsch Marek Nekula (Regensburg) - Linguistik online
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particulae collectae<br />
Die Fälle, wo der Artikel nach der Präposition (vor allem nach den Präpositionen<br />
in, von) fehlt, ließen sich als Einverleibung (Assimilation) des oberdeutsch geprägten<br />
(unbetonten) Artikels in die Präposition interpretieren, wie sie in deutschen<br />
Texten bairischer Muttersprachler beim Substantiv ohne Attribut vorliegt<br />
(zum Bairischen cf. Zehetner 1985: 112).<br />
Im Bereich des Satzgefüge sieht man Pragismen bzw. Austriazismen in der spezifischen<br />
Verwendung der Konjuktionen bis mit der Bedeutung "sobald, wenn" 50<br />
und trotzdem mit der Bedeutung als "obwohl, obzwar, obschon", auch wenn dies<br />
im Falle von trotzdem problematisch ist: 51<br />
beim Anblick einer derartigen Brück wecke ich Max und verschaffe mir dadurch<br />
den ersten starken Eindruck von der Schweiz trotzdem ich sie schon lange aus innerer<br />
in äußerer Dämmerung anschaue; Ein <strong>Deutsch</strong>er [...] bekommt um 3/412<br />
noch eine Eintrittskarte in die Schwimmanstalt, trotzdem sie um 12 gesperrt; [...]<br />
trotzdem ich mir auch diese Hilflosigkeit zu erklären drohte; jetzt ist es besser,<br />
trotzdem heute abend eine neue Störung aufgetaucht ist; jetzt schließe ich ab [...]<br />
trotzdem ich das was ich wollte nicht gesagt habe [...]; Aber es ist nicht nur die<br />
Eifersucht, trotzdem auch diese nicht "sinnlos" wäre; [...] trotzdem die Uhr [...]<br />
einen merkwürdig schnellen Schlag hat; [...] trotzdem es mir sonst eine Lust ist<br />
[...]; [...] trotzdem es eine gewisse Macht hat; [...] trotzdem mein böhmisch Lehrer<br />
auf mich wartet, [...] trotzdem ich es für Dich nicht begreifen kann; [...] trotzdem<br />
es auf meinem Weg liegt; Es geht mir nicht gut, [ob]zwar der Arzt behauptet, die<br />
Sache in der Lunge sei um die Hälfte zurückgegangen (Rtg-23; Rtg-36; B-221; B-<br />
312; B-313; B-443; B-95; B-430; B-421; B-78; B-57; B-418; B-319);<br />
Du wirst mir eben, bis ich nach Prag komme, die Stellen aus Deinem kurzen Tagebuch<br />
mit Erklärungen vorlesen; und das Bewußtsein dessen gebe Dir den Muth<br />
erst auszukühlen, bis Du es anders nicht ertragen kannst (B-104; B-75).<br />
Ähnlich sieht zum Beispiel âermák – auf Grund der Korrekturen von Max Brod<br />
– Austriazismen bzw. Beeinflussungen durch die tschechische Syntax auch bei<br />
<strong>Kafkas</strong> Frage- und Relativpronomina wie auf was, um was statt worauf, warum<br />
(cf. âermák 1997: 282), auch wenn diese nicht nur bei Hermann und Julie Kafka<br />
(cf. <strong>Nekula</strong> 2000c, 2002b), sondern auch in der deutschen Umgangssprache<br />
durchaus möglich sind. Im Tschechischen gehören jedoch diese Konstruktionen<br />
der Schriftsprache an, was sich in Böhmen auf den Usus (Frequenz, Stil) der<br />
deutschen Äquivalente – so auch bei der Verwendung der Relativa mit Korrelat<br />
und des allgemeinen Relativum was – auswirken konnte: sei mir nicht böse wegen<br />
dessen, was ich jetzt sage (B-297).<br />
50 Neben Brod (1954) auch Thieberger (1979: 184), Krolop (1992: 53f.), âermák (1997:<br />
283) u. a.m.<br />
51 Beissner (1952: 45) sieht darin einen Austriazismus, Krolop (1992: 54) argumentiert<br />
dagegen.