Franz Kafkas Deutsch Marek Nekula (Regensburg) - Linguistik online
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<strong>Marek</strong> <strong>Nekula</strong>: <strong>Franz</strong> <strong>Kafkas</strong> <strong>Deutsch</strong> 225<br />
tek statt Kartothek) sowie gothisch, Sopha, phantasieren (T-94; B-71; B-43, B-<br />
169) und fehlerhaft wie in matematisch, teoretisch, Asp[h]alt (B-298, 438, T-<br />
148/944). In deutschen Wörtern wie Theil X Teil, Nachtthier X Tier, nothwendig<br />
/ Nothwendigkeit X notwendig, (un)nöthig X nötig(en), Athem / athmen, Thätigkeit<br />
X Tatsachen, roth, theuer X teuer, thun X tun, wird -th- bis etwa 1907 verwendet<br />
(B-18, 31, 31 X B-41, 149, 83; B-22 X B-83, 207 (so ausnahmsweise<br />
auch bei Brod in Thiergarten, B-375); B-23, 37 / B-29 X B-51; B-31, 32 X B-<br />
80, 81, 92; B-23 / B-29; B-31 X B-44; B-32; B-33 X B-81; B-34, 35, 36, 36 X<br />
B-41, 46, 47, 48, 49 usw.). Danach – d.h. nach dem Wechsel von der Kurrentschrift<br />
zur lateinischen Schreibschrift (cf. Brod/Kafka 1989/2: 33, 460ff.) – verschwindet<br />
diese Schreibweise und kehrt nur ausnahmsweise zurück; so z. B.<br />
muthig / Muth, Thränen, Thür, Thron u. a. (B-41 / B-74, 75; Rtg-36; P-144/179,<br />
B-297), wobei diese Formen stilistisch motiviert sind (z. B. pathetische Verwendung<br />
von Muth).<br />
Anders ist dies bei seinem Vater und seiner Mutter (cf. <strong>Nekula</strong> 2000c, 2002b),<br />
die -th- auch später, d.h. auch bei der Verwendung der lateinischen Schreibschrift,<br />
benutzen. Dieser generationsbedingte Unterschied in der Orthographie<br />
ist ein deutliches Anzeichen dessen, dass <strong>Franz</strong> Kafka sowie seine Zeitgenossen<br />
in Prag auf die Entwicklungen der deutschen Sprache durchaus reagieren und<br />
kaum in der Isolation einer Sprachinsel leben.<br />
Ein Schub lässt sich auch bei der Orthographie von -ss- / -ß- / -s- beobachten.<br />
Diese ist nicht durch die Quantität des vorausgehenden Vokals, sondern in erster<br />
Linie durch die Qualität des Konsonants bedingt. Während aber die Mutter eindeutig<br />
-ß- präferiert (cf. <strong>Nekula</strong> 2000c, 2002b), tendiert <strong>Franz</strong> Kafka öfters zur<br />
Schreibweise mit -ss-, wobei durchaus auch Schwankungen festzustellen sind,<br />
die besonders bei dass (Konjunktion) und das (Artikel, Relativum, Demonstrativum)<br />
auffallen:<br />
Seitwärtsstossen, Fusspitzen, Spass, bloss, gross, ausserdem, äussern, Beäusserung<br />
/ Äußerung, ausstiess, liess, schliesslich, Niessen, ich heisse, ausserdem,<br />
Schoos / Schooß u. a. (V-17/94; V-21/94, P-136/59, P-139/98, P-141/128; P-<br />
133/11; A-178; A-176; A-177; A-175; A-123 / A-163 (gedruckt); P-140/113; P-<br />
143/159; T-130/153; T-141/613; V-98/76; T-127/26; P-142/144, 142/146 / T-<br />
213);<br />
das statt "daß/dass", dass statt "das", bischen u. a. (V-94/23, V-96/55, T-129/10,<br />
T-130/142, T-138/461 u. a.; T-132/210, P-138/74, P-138/82, P-138/84, P-<br />
140/118, P-141/127; T-150/985, T-151/993);<br />
müsste, muss, Entschluss, Schloss (P-135/45; P-136/55; P-144/176; Buchtitel).<br />
Durch die Zeit der Entstehung der Texte bedingt ist die Groß- und Kleinschreibung<br />
in den Varianten wie das ganze, das taugliche, der kleinste u. a. bzw. im