Die Rechte der ArbeitnehmerInnen (Stand: Juni 2010) - AFI-IPL
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<strong>Die</strong> <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> <strong>ArbeitnehmerInnen</strong><br />
(<strong>Stand</strong>: <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong>)
Walther Andreaus<br />
Hanspeter Tratter<br />
Waltraud Wörndle<br />
<strong>Die</strong> <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmerinnen<br />
Arbeits- und sozialrechtlicher Ratgeber für Südtirol<br />
Mit neuen Bestimmungen über:<br />
|- Arbeitsvermittlung<br />
|- Atypische Arbeitsverhältnisse<br />
|- Rentenreform<br />
|- Maßnahmen zur Finanzkrise<br />
|- Pflegegeld des Landes<br />
|- Sparpaket <strong>der</strong> Regierung<br />
(<strong>Stand</strong>: <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong>)
Impressum<br />
© Arbeitsför<strong>der</strong>ungsinstitut <strong>2010</strong><br />
39100 Bozen | Neubruchweg 5B/7<br />
Tel. 0471 061950 | Fax 0471 061959<br />
www.afi-ipl.org<br />
http://www.facebook.com/afi-ipl<br />
AutorInnen:<br />
|- Walther Andreaus,<br />
langjähriger Sekretar im Bereich <strong>der</strong> Industriegewerkschaften und im Bildungsreferat<br />
des ASGB, <strong>der</strong>zeit Geschäftsführer <strong>der</strong> Verbraucherzentrale Südtirol.<br />
|- Hanspeter Tratter,<br />
Leiter des Patronats Sozialer Beratungsring (SBR)<br />
|- Waltraud Wörndle,<br />
Leiterin des Rechtsschutzbüros im ASGB<br />
Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes:<br />
|- Tila Mair,<br />
Vorsitzende des <strong>AFI</strong>-<strong>IPL</strong>-Institutsausschusses<br />
Gestaltung, Layout und Druck:<br />
|- Tezzele by Esperia Srl | Bozen<br />
4
Inhaltsverzeichnis<br />
<strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
1. Geschichtliche<br />
Ausgangssituation 13<br />
2. <strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
und die Arbeiterbewegung 14<br />
3. Definition des<br />
Arbeits- und Sozialrechts 15<br />
4. Rechtsquellen des<br />
Arbeits- und Sozialrechts 15<br />
5. Internationale Rechtsnormen 16<br />
Arbeitsrecht<br />
1. Arbeitsverhältnis 18<br />
1.2. Merkmale des Arbeitsverhältnisses 18<br />
1.2.1. Arbeitsverhältnis im<br />
Öffentlichen <strong>Die</strong>nst 19<br />
1.2.2. Familienbetrieb 19<br />
1.2.3. Arbeitnehmer, Gesellschafter<br />
des Betriebes 19<br />
1.3. Weisungsgebundenheit<br />
des Arbeitnehmers 19<br />
1.4. Pflichten des Arbeitnehmers 19<br />
1.5. Pflichten und <strong>Rechte</strong><br />
des Arbeitgebers 21<br />
2. Eingehend des<br />
Arbeitsverhältnisses 21<br />
2.1. Arbeitsmarkt 21<br />
2.2. Arbeitsvermittlung 24<br />
2.3. Pflichteinstellungen 24<br />
2.4. (Individueller) Arbeitsvertrag 30<br />
2.4.1. Informationspflicht 30<br />
2.4.2. Anstellung 30<br />
2.5. Gesundheitsuntersuchungen 31<br />
2.6. Probezeit 31<br />
2.7. Arbeitsvertrag auf bestimmte Zeit 32<br />
2.8. Wichtige Arbeitsdokumente 33<br />
2.9. Beson<strong>der</strong>e Arbeitsverträge 33<br />
2.9.1. Jugendschutzgesetz<br />
(Nr. 977/1967 und GVD<br />
Nr. 345/1999) 33<br />
2.9.2. Lehrvertrag 34<br />
2.9.3. Heimarbeit 36<br />
2.9.4. Hausangestellte 37<br />
2.9.5. Der Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag 37<br />
2.9.6. Arbeitsplatzteilung „Job Sharing“ 38<br />
2.9.7. Berufspraktika 38<br />
2.9.8. Sommerpraktikum (Ausbildungsund<br />
Orientierungspraktikum) 38<br />
2.9.9. Sommerarbeitsverträge für Jugendliche<br />
durch Sektorenabkommen 39<br />
2.9.10. Teilzeitarbeit 39<br />
2.9.11. Arbeit auf Abruf 40<br />
2.9.12. Entlohnungsgutscheine 41<br />
2.9.13. Berggesetz – Art. 18 41<br />
2.9.14. Atypische Arbeitsverhältnisse 41<br />
3. Abwicklung des<br />
Arbeitsverhältnisses 44<br />
3.1. Aufgaben und Einstufung<br />
des Arbeitnehmers<br />
(Eingruppierung) 44<br />
3.2. Entlohnung 47<br />
3.2.1. Lohnstreifen 48<br />
3.2.2. Zusammensetzung<br />
<strong>der</strong> Bruttoentlohnung 49<br />
3.2.3. Lohngleichheit 52<br />
3.2.4. Sozialabgaben 53<br />
3.2.5. Lohnsteuer o<strong>der</strong><br />
Einkommenssteuer <strong>der</strong><br />
physischen Personen<br />
(Irpef-Imposta sui Redditi<br />
delle Persone Fisiche) 55<br />
3.2.7. <strong>Die</strong> Isee-Erklärung 59<br />
3.2.8. Pfändung <strong>der</strong> Entlohnung 60<br />
3.3. Arbeitszeit 60<br />
3.3.1. Normalarbeitszeit 61<br />
3.3.2. Höchstarbeitszeit 61<br />
3.3.3. Überstundenarbeit 61<br />
3.3.4. Pausen 62<br />
3.3.5. Wöchentlicher Ruhetag 62<br />
3.3.6. Urlaub 62<br />
3.3.7. Nachtarbeit 63<br />
3.3.8. Feiertage 63<br />
3.3.9. Abgeschaffte Feiertage 64<br />
3.3.10. Arbeitszeitverkürzung 64<br />
5
Inhaltsverzeichnis<br />
3.3.11. Solidaritätsverträge 64<br />
3.4. Datenschutz 65<br />
3.5. Außendienste 66<br />
3.6. Erfindungen des<br />
Arbeitnehmers 66<br />
4. Unterbrechungen<br />
des Arbeitsverhältnisses 66<br />
4.1. Abwesenheiten von <strong>der</strong> Arbeit 66<br />
4.2. Behandlung im Krankheitsfalle 66<br />
4.3. Arbeitsunfall 68<br />
4.4. Berufskrankheiten 69<br />
4.5. Schwanger-und<br />
Mutterschaftsurlaub<br />
(Elternurlaub) 70<br />
4.6. Hochzeitsurlaub 73<br />
4.7. Freistellungen bei Adoption 73<br />
4.8. Freistellungen für Personen mit<br />
Beeinträchtigung Arbeitnehmer o<strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer, die eine Person mit<br />
Beeinträchtigung betreuen 73<br />
4.9. Freistellungen für Blutspen<strong>der</strong> 73<br />
4.10. Verschiedene Freistellungen 74<br />
4.11. Freiwilliger Militär-und<br />
Zivildienst 75<br />
4.11.1. Freiwilliger Zivildienst im<br />
In-und Ausland 75<br />
4.12. Betriebskrisen 76<br />
4.12.1. Lohnausgleichskasse (Cassa<br />
Integrazione Guadagni = Cig) 77<br />
5. Auflösung des<br />
Arbeitsverhältnisses 79<br />
5.1. Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses (Rücktritt) 79<br />
5.2. Kündigungsschutz für<br />
die Arbeitnehmer 80<br />
5.3. Einzelentlassung 81<br />
5.4. Schutz gegen diskriminierende<br />
Entlassungen 84<br />
5.5. Kollektive Entlassungen<br />
wegen Personalreduzierung 84<br />
5.5.1. Personalüberschüsse im<br />
öffentlichen <strong>Die</strong>nst 84<br />
5.6. Mobilität 85<br />
5.7. Abfertigung (Trattamento<br />
di fine rapporto TFR) 87<br />
5.8. Abfertigung im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst 92<br />
5.9. Entschädigung bei Tod<br />
des Arbeitnehmers 92<br />
6. Verjährung beim<br />
Arbeitsverhältnis 92<br />
7. Verzichte und Vergleiche 93<br />
8. Konkurs des Betriebes– Vorrang<br />
<strong>der</strong> Lohnfor<strong>der</strong>ungen 93<br />
9. Besitzwechsel eines Betriebes 93<br />
10. Kollektivvertragsrecht 94<br />
10.1. Gesamtstaatlicher<br />
Arbeitskollektivvertrag<br />
(Contratto Collettivo<br />
Nazionale di Lavoro – Ccnl 94<br />
10.2. Betriebsabkommen o<strong>der</strong><br />
überbetriebliche Abkommen 96<br />
10.3. Betriebsordnung 97<br />
11. Gewerkschaftsrecht 97<br />
11.1. Arbeiterstatutgesetz<br />
Nr. 300 Vom 20.5.1970 97<br />
11.2. Gewerkschaften 103<br />
11.3. Betriebliche<br />
gewerkschaftsvertretung 104<br />
11.4. Informationsrechte und<br />
Mitbestimmung 106<br />
11.5. Gewerkschaftliche<br />
Interessensvertretung<br />
gegenüber <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Hand 106<br />
11.6. Mitwirkung in <strong>der</strong><br />
Selbstverwaltung 107<br />
11.7. Patronate 107<br />
11.8. Streikrecht und Aussperrung 107<br />
11.9. Streikrecht im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst 108<br />
12. Arbeitsstreitfall 108<br />
12.1. Individuelle Arbeitsstreitfälle 109<br />
6
Inhaltsverzeichnis<br />
12.2. Kollektive Arbeitsstreitfälle 110<br />
12.3. Arbeitsprozess 111<br />
12.4. Verzinsung <strong>der</strong><br />
Lohnfor<strong>der</strong>ungen 111<br />
13. Gesundheitsschutz am<br />
Arbeitsplatz-Arbeitsschutz 112<br />
13.1. Bestimmungen über die<br />
allgemeinen <strong>Rechte</strong><br />
<strong>der</strong> Staatsbürger 112<br />
13.2. Pflichten <strong>der</strong> Arbeitgeber 115<br />
13.2.1. Arbeitssicherheitsdienst 116<br />
13.2.2. Zuständiger Arzt 116<br />
13.3. Pflichten und <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer und <strong>der</strong>en<br />
Vertretungen 116<br />
13.3.1. Kontrolle <strong>der</strong> Schädlichkeit<br />
des Arbeitsplatzes 117<br />
13.3.2. Sicherheitssprecher<br />
<strong>der</strong> Belegschaft 118<br />
13.3.3. Notfallpläne 118<br />
13.3.4. Information und Ausbildung 118<br />
13.4. Öffentliche Einrichtungen<br />
des Arbeitsschutzes 119<br />
13.5. Bestimmungen über<br />
die Arbeitsumwelt und<br />
die Betriebsanlagen 120<br />
13.6. Risikofaktoren bei <strong>der</strong> Arbeit 121<br />
14. Gleichstellung von Mann<br />
und Frau 122<br />
15. Strafen für Verstöße<br />
gegen das Arbeitsrecht 123<br />
Sozialrecht<br />
1. Soziale Sicherheit 124<br />
2. Sozialversicherung 124<br />
2.1. Geschichtliche Entwicklung <strong>der</strong> Sozialversicherung<br />
in Italien 125<br />
2.2. INPS/NISF 126<br />
2.3. Beiträge und Leistungen<br />
<strong>der</strong> Sozialversicherung 126<br />
2.4. Finanzierungssysteme:<br />
Kapitalisierungs- und<br />
Umlageverfahren 128<br />
2.5. Hilfestellung durch Patronate 128<br />
3. Rentenversicherung 129<br />
3.1. Beiträge zur<br />
Rentenversicherung 129<br />
3.1.1. Pflichtbeiträge 129<br />
3.1.2. Anrechnungszeiten<br />
(figurative Beiträge) 130<br />
3.1.3. Nachkauf von<br />
Versicherungszeiten 131<br />
3.1.4. Freiwillige Weiterversicherung 132<br />
3.1.5. Zusammenlegung von Versicherungszeiten<br />
132<br />
3.1.6. Schwerarbeitsbonus 132<br />
3.1.7 Arbeitszeiten im Ausland 134<br />
3.2 Leistungen <strong>der</strong><br />
Rentenversicherung 134<br />
3.2.1. Altersrente 134<br />
3.2.2. <strong>Die</strong>nstaltersrente 138<br />
3.2.3. Invalidenrente 141<br />
3.2.4. Hinterbliebenenrente 142<br />
3.2.5. Son<strong>der</strong>fonds <strong>der</strong> Selbständigen (Bauern,<br />
Handwerker, Kaufleute) 143<br />
4. Weitere Sozialversicherungen des<br />
Inps/Nisf 144<br />
4.1. Arbeitslosenversicherung 144<br />
4.2. Lohnausgleichskasse 147<br />
4.3. Mobilitätsfonds 148<br />
4.4. Garantiefonds für Abfertigungen 148<br />
4.5. Tuberkuloseversicherung 148<br />
4.6. Familienzulagenfonds<br />
(Cassa unica degli Assegni Familiari –<br />
Cuaf) 149<br />
4.7. Arbeitswaisenfonds (Ente Nazionale<br />
Orfani dei Lavoratori Italiani – Enaoli)<br />
149<br />
5. Krankenversicherung 149<br />
5.1. Beiträge zur Krankenversicherung 150<br />
5.2. Leistungen <strong>der</strong> Krankenversicherung<br />
150<br />
5.3. Krankengeldversicherung 154<br />
7
Inhaltsverzeichnis<br />
5.4. Schwangerschafts- und<br />
Mutterschaftsgeld 155<br />
5.8. Sparmaßnahmen <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong> 155<br />
6. Arbeitsunfallversicherung 158<br />
6.1. Prämien zur<br />
Arbeitsunfallversicherung 159<br />
6.2. Leistungen <strong>der</strong><br />
Arbeitsunfallversicherung 159<br />
6.2.1. Medizinische Versorgung<br />
bei einem Arbeitsunfall 160<br />
6.2.2. Entschädigung für absolute<br />
zeitweilige Arbeitsunfähigkeit<br />
(Unfallgeld) 160<br />
6.2.3. Unfallrente 160<br />
6.2.4. Begleitzulage 161<br />
6.2.5. Vermittlungszulage 161<br />
6.2.6. Hinterbliebenenrente 161<br />
6.2.7. Begräbniszulage<br />
„Una Tantum“ 162<br />
6.2.8. Son<strong>der</strong>leistungen 162<br />
6.2.9. Berufskrankheiten 162<br />
6.2.10 Der biologische Schaden<br />
„danno biologico“ 162<br />
7. Unfallversicherung für<br />
Hausfrauen 162<br />
8. Privatversicherung 162<br />
8.1. Zusatzrentenfonds 163<br />
8.1.1. Regionaler Zusatzrentenfonds<br />
„Laborfonds“ 165<br />
8.1.2. Massnahmen und Garantien<br />
<strong>der</strong> Region Trentino Südtirol 167<br />
9. Fürsorgeleistungen 167<br />
9.1. Rente für Zivilinvaliden,<br />
Zivilblinde und<br />
Taubstumme 167<br />
9.2. Sozialhilfe 168<br />
9.2.1. Finanzielle Sozialhilfe 169<br />
9.2.2. Spezifische Leistungen<br />
(Son<strong>der</strong>leistungen) 169<br />
9.2.3. Taschengeld für die<br />
Bewohner von Heimen 170<br />
9.2.4. Hilfe zur Weiterführung<br />
des Haushalts 170<br />
9.2.5. Unterstützung bei Betreuung von<br />
Behin<strong>der</strong>ten durch Pflegefamilien 170<br />
9.2.6. Sozialeinrichtungen<br />
für Behin<strong>der</strong>te 170<br />
9.3. Pflegegeld 170<br />
9.4. Sozialrente (Sozialgeld) 171<br />
9.5. Versorgung (-recht) 171<br />
9.5.1. Verbrechensopferversorgung 171<br />
9.5.2 Verkehrsopferversorgung 172<br />
9.5.3 Kriegs- und<br />
Heeresopferversorgung 172<br />
9.6. Familienpaket 172<br />
9.6.1 Regionales Familiengeld 173<br />
9.6.2. Regionale Altersrente<br />
(Hausfrauenrente) 173<br />
9.6.3. Zuschuss für die Bauern,<br />
Halb- und Teilpächter 173<br />
9.6.4. Zuschuss für eine rentenmäßige<br />
Absicherung <strong>der</strong> Erziehungszeiten 173<br />
9.6.5. Zuschuss für eine rentenmäßige<br />
Absicherung von Pflegezeiten 174<br />
9.6.6. Zuschuss für die freiwillige<br />
Weiterversicherung 174<br />
9.6.7. Zuschuss für den Aufbau<br />
einer Zusatzrente 175<br />
9.6.8 Regionale Mobilitätszulage 175<br />
9.6.9 Arbeitslosengeld für<br />
Grenzpendler 175<br />
9.6.10 Nachkauf von<br />
Versicherungszeiten im Ausland 175<br />
9.7. Familiengeld des Landes 175<br />
9.8. Einkommensunterstützende<br />
Maßnahmen aufgrund<br />
<strong>der</strong> Finanzkrise 176<br />
9.9. Staatliches Mutterschaftsgeld<br />
(Gesetz 488/1999) 176<br />
9.10. Staatliches Mutterschaftsund<br />
Familiengeld<br />
(Gesetz 448/1998) 176<br />
9.11. Pendlerzuschuss 176<br />
Stichwortverzeichnis 179<br />
8
Vorwort<br />
Schon zum fünften Mal in unserer inzwischen<br />
10-jährigen Tätigkeitsgeschichte<br />
des Arbeitsför<strong>der</strong>ungsinstitutes <strong>AFI</strong>-<strong>IPL</strong><br />
wird nun <strong>der</strong> arbeits- und sozialrechtliche<br />
Leitfaden mit dem Titel „<strong>Die</strong> <strong>Rechte</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>ArbeitnehmerInnen</strong>“ als Ratgeber<br />
für alle abhängig Beschäftigten in Südtirol<br />
aufgelegt. <strong>Die</strong>s zeigt, dass er von<br />
<strong>der</strong> interessierten Öffentlichkeit gut angenommen<br />
wurde und dass er eine willkommene<br />
vielfältige Informationsquelle<br />
darstellt und daher voll und ganz seinen<br />
Zweck erfüllt, für den er geschaffen wurde.<br />
<strong>Die</strong>ses sozialrechtliche „Lehrbuch“<br />
gibt uns die Möglichkeit, in alle Bereiche<br />
des Arbeits- und Sozialrechtes in Italien<br />
und Südtirol hineinzuschnuppern und<br />
uns in den ständig sich verän<strong>der</strong>nden<br />
Normen im demokratischen Rechtsstaat<br />
zurechtzufinden. Denn diese Normen<br />
und ihre Verän<strong>der</strong>ungen hängen auch<br />
von den unterschiedlichen Regierungen<br />
und Parlamenten ab, welche diese im<br />
Rahmen ihrer Gesetzgebungsbefügnis<br />
erneuern und immer wie<strong>der</strong> aufgrund<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Erfor<strong>der</strong>nisse verän<strong>der</strong>n.<br />
Wir haben im Rahmen <strong>der</strong> Arbeitsmarktreform<br />
in dieser sozialpolitisch äußerst<br />
fragwürdigen Mitte-Rechtsregierungszeit<br />
Berlusconi eine Fülle von neuen,<br />
tendenziell unsicheren Beschäftigungsformen<br />
erhalten, welche vor allem für<br />
Jugendliche und atypisch beschäftigte<br />
<strong>ArbeitnehmerInnen</strong> eine unsichere Zukunft<br />
in Aussicht stellen. Denn wenn<br />
eine gewisse Stabilität <strong>der</strong> Arbeitsverhältnisse<br />
nicht gewährleistet ist, dann<br />
wird für diese Menschen eine vernünftige,<br />
vorausschauende Lebensplanung,<br />
aber auch eine Familienbildung erschwert<br />
o<strong>der</strong> unmöglich. Das positive<br />
europäische Sozialstaatsmodell, welches<br />
auf einem vielschichtigen, auch generationenübergreifenden<br />
Sozialpakt aufbaut,<br />
und um das uns viele auf <strong>der</strong> Welt<br />
beneiden, liegt in dieser heutigen Zeit<br />
<strong>der</strong> wirtschaftlichen Globalisierung unter<br />
starkem Beschuss von den neoliberalen<br />
Wirtschafts- und Finanzkreisen. <strong>Die</strong>se<br />
setzen alles daran, sowohl soziale, aber<br />
auch umwelt- und menschenrechtspolitische<br />
<strong>Stand</strong>ards abzubauen und die<br />
von <strong>der</strong> Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung<br />
vor allem in Europa erkämpften<br />
Schutzregelungen für die schwächeren<br />
Gesellschaftsschichten zu „zertrümmern“.<br />
Information ist eine Grundvoraussetzung<br />
dafür, dass eine breit angelegte<br />
Gegenwehr <strong>der</strong> betroffenen Menschen<br />
möglich wird. Wer die Vorteile und die<br />
Nachteile <strong>der</strong> Arbeitsverträge und die<br />
Leistungen des Sozialstaates kennt, ist<br />
auch imstande, die Leistungen unseres<br />
Sozialstaatsmodells zu verteidigen und<br />
für dessen Verbesserung einzutreten.<br />
Und dazu soll dieses Handbuch dienen.<br />
Denn wenn Verän<strong>der</strong>ungen von arbeitsund<br />
sozial-rechtlichen Bestimmungen<br />
in Verhandlungen auf Gewerkschaftsebene,<br />
o<strong>der</strong> im Landtag, Regionalrat<br />
o<strong>der</strong> Parlament in Aussicht gestellt werden,<br />
dann ist es notwendig zu wissen,<br />
was <strong>der</strong>zeit Sache ist. Wir wünschen<br />
allen neugierigen und lesefreudigen<br />
<strong>ArbeitnehmerInnen</strong>, SchülerInnen und<br />
StudentInnen, LehrerInnen und allen<br />
Interessierten mit diesem Ratgeber eine<br />
maßgebliche Bereicherung des sozialen<br />
und arbeitsrechtlichen Wissensstandes.<br />
Tila Mair<br />
Vorsitzende des Institutsausschusses<br />
9
Vorwort zur 6. Auflage<br />
<strong>Die</strong> <strong>der</strong>zeitige Wirtschafts- und Finanzkrise<br />
ist systemischer Art und läuft darauf<br />
hinaus, nach den privat eingesteckten<br />
Gewinnen die Schulden den BürgerInnen<br />
aufzuhalsen. Das materielle, soziale,<br />
intellektuelle und ethische Fundament<br />
unseres sozio-ökonomischen Systems<br />
zerbröckelt. <strong>Die</strong> globalen Finanzmärkte<br />
sind infolge ihrer Entfesselung, Deregulierung<br />
und Liberalisierung zu Epizentren<br />
<strong>der</strong> Instabilität geworden, haben<br />
Macht über Wirtschaft und Demokratie<br />
und die Politik in Geiselhaft genommen.<br />
Seit Ausbruch <strong>der</strong> Schuldenkrise hat sich<br />
nichts daran geän<strong>der</strong>t. In dieser Krise<br />
wurden die Folgen einer hemmungslosen<br />
Umverteilungspolitik offenbar. <strong>Die</strong><br />
öffentlichen Haushalte stehen vor dem<br />
Absturz. Dennoch for<strong>der</strong>n Profiteure<br />
<strong>der</strong> Antikrisenpolitik Sparprogramme.<br />
Konjunkturprogramme, Kurzarbeit und<br />
an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> Arbeitszeitverkürzung<br />
haben zwar dazu beigetragen, dass<br />
die Krise nicht mit voller Wucht auf den<br />
Arbeitsmarkt durchgeschlagen ist. <strong>Die</strong><br />
abhängig Beschäftigten zahlen jedoch<br />
einen zunehmenden Preis in Form von<br />
Kraftkraftverlusten und Einschnitten<br />
beim Sozialstaat.<br />
In einer solchen Situation ist das Arbeitsund<br />
Sozialrecht ein wichtiger Indikator,<br />
ja Garant. Mit dessen Regeln soll <strong>der</strong><br />
Sozialstaat abgesichert werden. Anstatt<br />
die Krisenverursacher zur Kasse zu bitten<br />
wird <strong>der</strong>zeit die soziale Polarisierung<br />
weiter verstärkt. Reformen vor allem im<br />
Finanzbereich werden verschleppt und<br />
stabile und nachhaltige ökonomische<br />
Verhältnisse weiterhin gefährdet.<br />
Das Arbeits- und Sozialrecht hat für<br />
die Arbeitnehmer für ihre wirtschaftliche<br />
und gesellschaftliche Existenz eine<br />
grundlegende Bedeutung. In <strong>der</strong> vorliegenden<br />
Veröffentlichung wurde versucht,<br />
einen kurzen Überblick über das<br />
geltende Recht zu geben. Das Aufzeigen<br />
des rechtlichen Rahmens war dabei<br />
wichtiger als die Vertiefung von Einzelfragen.<br />
<strong>Die</strong> im Ratgeber gesammelten Informationen<br />
sollen den <strong>ArbeitnehmerInnen</strong>,<br />
nicht nur helfen ihre arbeits- und sozialrechtlichen<br />
Probleme zu bewältigen,<br />
son<strong>der</strong>n sie auch zur weiteren Mitarbeit<br />
an <strong>der</strong> Gestaltung des demokratischen<br />
Gemeinwesens anregen.<br />
Walther Andreaus<br />
<strong>Juni</strong> <strong>2010</strong><br />
11
<strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
1. Geschichtliche<br />
Ausgangssituation<br />
<strong>Die</strong> „soziale Frage“ ist als Folge <strong>der</strong> Industrialisierung<br />
zu sehen, auch weil erstmals<br />
Armut und Not – die auch schon<br />
vorher bestanden – nicht als „gottgegeben“<br />
hingenommen wurden. Herbeigeführt<br />
wurde die Industrialisierung<br />
durch den Einsatz von Maschinen als<br />
Kraft- und Werkzeugmaschinen. Hervorzuheben<br />
sind dabei Erfindung und Bau<br />
<strong>der</strong> Dampfmaschine (1765), <strong>der</strong> Spinnmaschine<br />
(1769), des mechanischen<br />
Webstuhls (1786) und <strong>der</strong> Lokomotive<br />
(1803/4). <strong>Die</strong> politischen und rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen passten sich an<br />
diese „industrielle Revolution“ an.<br />
Es entstanden die ersten bürgerlichen<br />
Gesetzbücher (Anfang des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts),<br />
die von den Gedanken des Liberalismus<br />
getragen und für ihre Zeit außerordentlich<br />
fortschrittlich waren. Mit<br />
dem Vordringen <strong>der</strong> Ideen des Liberalismus<br />
verschwanden auch die Bindungen<br />
des Mittelalters; die Handwerkszünfte<br />
wurden aufgelöst und <strong>der</strong> Feudalismus<br />
beseitigt. Das Zeitalter des Kapitalismus,<br />
die freie Konkurrenzwirtschaft begann.<br />
Um die Industrialisierung in Gang<br />
zu bringen und zu halten, war Kapital<br />
erfor<strong>der</strong>lich.<br />
<strong>Die</strong>ses Kapital wurde in Unternehmen<br />
investiert, um Profit zu machen. <strong>Die</strong><br />
kapitalistische Wirtschaftsordnung<br />
setzte gewaltige Energien frei. <strong>Die</strong> negativsten<br />
Auswirkungen zeigten sich<br />
im so genannten „Manchester-Liberalismus“.<br />
Der Aufstieg des Bürgertums<br />
zur wirtschaftlichen und politischen<br />
Führungsschicht ging jedoch mit <strong>der</strong><br />
Verstärkung von sozialen Missständen<br />
einher. Erfindungen und Entdeckungen<br />
auf allen Gebieten begünstigten die arbeitsteilige<br />
industrielle Produktion und<br />
damit das Entstehen <strong>der</strong> Industriearbeiterschaft.<br />
Der Interessensgegensatz zwischen Kapital<br />
auf <strong>der</strong> einen und Arbeit auf <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Seite verschärfte sich. Den liberalistischen<br />
Ideen entspricht die Regelung<br />
über die formale Rechtsgleichheit<br />
im bürgerlichen Leben, die rechtliche<br />
Gleichstellung von Partnern eines Vertrages<br />
(auch des Arbeitsvertrages). Man<br />
muss sich jedoch die wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Verhältnisse jener<br />
Zeit des beginnenden Kapitalismus<br />
vor Augen halten, um sich <strong>der</strong> Tragweite<br />
dieser „Gleichstellung von Ungleichen“<br />
bewusst zu machen.<br />
Es begann auch das freie Spiel <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Kräfte nach dem Gesetz<br />
von Angebot und Nachfrage. Durch<br />
das Überangebot <strong>der</strong> Arbeitskräfte war<br />
ihr Preis sehr niedrig. <strong>Die</strong> Lasten des<br />
wirtschaftlichen Wettstreits wurden in<br />
Form von verschärfter Ausbeutung auf<br />
die Arbeiterschaft abgewälzt. Bis zur<br />
Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts betrug die<br />
Arbeitszeit, abgesehen von betriebs-,<br />
branchen und regionalspezifischen<br />
Unterschieden, durchwegs mehr als<br />
13 Stunden pro Tag, die Entlohnung<br />
reichte oft zum Überleben nicht aus<br />
und war häufig durch das so genannte<br />
Trucksystem, d. h. Entlohnung durch<br />
Waren statt durch Geld, verschlechtert.<br />
Auch die Wohnverhältnisse des Industrieproletariats<br />
spiegelten ihre soziale<br />
Misere wi<strong>der</strong>; ganze Familien (durch die<br />
Bevölkerungsexplosion waren die Familien<br />
größer als heute) wohnten in einem<br />
Raum.<br />
13
<strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
2. <strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
14<br />
und die Arbeiterbewegung<br />
Gegen die sozialen Missstände entwickelte sich die Arbeiterbewegung, obwohl <strong>der</strong><br />
Zusammenschluss von Arbeitnehmern nach <strong>der</strong> französischen Revolution verboten<br />
wurde. <strong>Die</strong> in Verbänden zusammengeschlossenen Arbeitnehmer konnten mit ihrer<br />
gemeinsamen Kraft bessere Arbeitsbedingungen erzwingen. Jedoch war <strong>der</strong> Weg zur<br />
Herausbildung <strong>der</strong> ersten Arbeiterorganisationen lang und keineswegs so einheitlich<br />
wie es <strong>der</strong> Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit hätte vermuten lassen. Der Lernprozess,<br />
dass eigene Interessen am besten durch eigene Organisationen zu vertreten<br />
seien, setzte sich schließlich durch. Doch nicht die Ärmsten <strong>der</strong> Armen wurden zu<br />
Vorkämpfern <strong>der</strong> Organisationsidee. Führend waren vielmehr die Handwerker-/Gesellen-Arbeiter;<br />
Tagelöhner und Heimarbeiter hatten we<strong>der</strong> Erfahrung noch Selbstbewusstsein.<br />
<strong>Die</strong>se ersten von den Gesellen geschaffenen Verbände verfolgten teils<br />
berufsständische, teils radikaldemokratische Ziele. <strong>Die</strong> beginnende, von <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />
getragene Sozialpolitik, setzte sich zum Ziel, den wirtschaftlich gegenüber<br />
dem Unternehmer unterlegenen einzelnen Arbeitnehmer davon zu entlasten, selbst<br />
die Arbeitsbedingungen vereinbaren zu müssen. Zunächst wurden gesetzliche Verbesserungen<br />
angestrebt. Im Laufe <strong>der</strong> Zeit entstanden jedoch neben den Gesetzen<br />
auch die von den Arbeitnehmervertretern unmittelbar mit den Arbeitgebern erzielten<br />
Vereinbarungen, die in erster Linie die Löhne festlegten. So entwickelte sich <strong>der</strong><br />
Kollektivvertrag als eine im Wirtschafts- und Sozialleben nicht mehr wegzudenkende<br />
Norm. Nicht immer konnten die neuen Interessensvertretungen die <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
schützen und ausbauen. In <strong>der</strong> Tat hatte (und hat) <strong>der</strong> Arbeitgeber die<br />
bessere Ausgangsposition, konnte er doch über das Kapital verfügen und über die<br />
Arbeitsplätze auch den Unterhalt <strong>der</strong> Familien beeinflussen. <strong>Die</strong> wirtschaftliche Abhängigkeit<br />
hat die formelle Gleichstellung zur Nutzlosigkeit reduziert. Nur Zwangsregelungen<br />
des Staates (Gesetze) konnten den Arbeitnehmern ein Mindestmaß an wirtschaftlicher<br />
und sozialer Sicherheit gewährleisten, damit diese mit mehr Hoffnung in<br />
die Zukunft blicken konnten. In Italien hat <strong>der</strong> Eingriff des Staates in die Beziehungen<br />
zwischen Kapital und Arbeit erst später begonnen. <strong>Die</strong>s kann darauf zurückgeführt<br />
werden, dass die Industrialisierung später eingesetzt hat und sich dadurch die soziale<br />
Frage in dem Ausmaß erst später stellte. Mit dem Begriff „soziale Frage“, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
zweiten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts geprägt wurde, wird auch jener beson<strong>der</strong>e geschichtliche<br />
Moment verbunden, als sich, auch infolge <strong>der</strong> aufkommenden sozialistischen<br />
Theorien, die Notwendigkeit einer Behebung <strong>der</strong> miserablen Lebensbedingungen<br />
<strong>der</strong> Arbeiterschaft abzeichnete. In jener Zeit wurde die Arbeit als Handelsware<br />
betrachtet und <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Arbeiterschaft blieb dem Wohlwollen <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
überlassen. <strong>Die</strong>s aber nur solange, bis sich die Gewerkschaftsarbeit in freier Art entfalten<br />
konnte. Heute ist ein mo<strong>der</strong>ner Rechtsstaat ohne funktionierende, freie Gewerkschaften<br />
nicht mehr vorstellbar. <strong>Die</strong>se sind Ausdruck <strong>der</strong> individuellen Freiheit des<br />
einzelnen Arbeitnehmers. Obwohl das Arbeits- und Sozialrecht von <strong>der</strong> Interessens-
<strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
vertretung <strong>der</strong> Arbeitnehmer herrührt,<br />
ist es keine „Klassengesetzgebung“; es<br />
will keine Privilegien und Vorteile für die<br />
Arbeitnehmer gegenüber den an<strong>der</strong>en<br />
Staatsbürgern schaffen. Im Gegenteil,<br />
das Gemeinwesen gründet sich auf <strong>der</strong><br />
Anteilnahme aller Bürger und somit ist<br />
das Allgemeinwohl das Ziel allen Handelns<br />
(obwohl es trotzdem nicht immer<br />
gerechtfertigte Unterschiede und Übervorteilungen<br />
gibt).<br />
3. Definition des<br />
Arbeits- und Sozialrechts<br />
Unter Arbeits- und Sozialrecht versteht<br />
man die „einschlägigen“, d. h. auf die<br />
Arbeitnehmer bezogenen Gesetze. Es<br />
fallen alle jene Bestimmungen darunter,<br />
die das Arbeitsverhältnis regeln und die<br />
neben den wirtschaftlichen Interessen<br />
auch die Freiheit und Würde des Arbeitnehmers<br />
schützen. In <strong>der</strong> Regel versteht<br />
man unter Arbeits- und Sozialrecht die<br />
Regelungen des abhängigen Arbeitsverhältnisses,<br />
so wie es im 5. Buch des<br />
Bürgerlichen Gesetzbuches (Arbeit im<br />
Betrieb) vorgesehen ist. Nichtsdestotrotz<br />
beinhaltet das Arbeits- und Sozialrecht<br />
die Bestimmungen aller Arten<br />
und Formen von Arbeit. Jedenfalls ist<br />
das Arbeits- und Sozialrecht einen zentralen<br />
Bereich menschlicher Existenz regelnde<br />
Rechtsmaterie. <strong>Die</strong> Abhandlung<br />
des Arbeits- und Sozialrechts sowie des<br />
so genannten Gewerkschaftsrechts in<br />
einem Kapitel scheint deshalb sinnvoll,<br />
weil eine effiziente Aufarbeitung <strong>der</strong><br />
Aspekte des Arbeitsverhältnisses auf<br />
keines dieser drei Elemente verzichten<br />
kann.<br />
4. Rechtsquellen des<br />
Arbeits- und Sozialrechts<br />
<strong>Die</strong> „Arbeit“ steht in unserer republikanischen<br />
Verfassung im Mittelpunkt des<br />
sozialen Lebens. <strong>Die</strong> programmatischen<br />
Erklärungen <strong>der</strong> italienischen Verfassung<br />
zum Thema Arbeit sind somit – obwohl<br />
nicht mit direkter Gesetzeskraft ausgestattet<br />
– trotzdem von hervorragen<strong>der</strong><br />
Bedeutung. <strong>Die</strong>s auch deshalb, weil <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber keine Gesetze erlassen kann,<br />
die im Wi<strong>der</strong>spruch zur Verfassung stehen<br />
und somit die Grundsätze <strong>der</strong> Verfassung<br />
einzuhalten hat. <strong>Die</strong> letzthin aufgeflammten<br />
Diskussionen über eine Abän<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Verfassung haben somit eine weitreichende<br />
Bedeutung für das soziale Leben<br />
im Lande. Im Gegensatz zu vielen an<strong>der</strong>en<br />
Rechtsgebieten spielt die Vertragsautonomie<br />
im Arbeitsrecht (also die Arbeitskollektivverträge)<br />
eine wesentliche Rolle<br />
im Zustandekommen <strong>der</strong> Rechtsquellen.<br />
Das italienische Bürgerliche Gesetzbuch<br />
nennt folgende Rechtsquellen, in absteigen<strong>der</strong><br />
Folge ihrer Wichtigkeit:<br />
1. die Gesetze;<br />
2. die Verordnungen;<br />
3. die Kollektivverträge;<br />
4. die Gebräuche.<br />
Unter Punkt 3 steht im BGB ganz genau<br />
genommen <strong>der</strong> Ausdruck „<strong>Die</strong> korporativen<br />
Vorschriften“, jedoch sind die Korporationen<br />
verständlicherweise abgeschafft<br />
worden und die Kollektivverträge<br />
haben diese Funktion übernommen. Es<br />
gibt jedoch den wesentlichen Unterschied,<br />
dass die vorhin aufgezählten Normen<br />
einen so genannten heteronomen<br />
Charakter haben, also von Machtzentren<br />
für Personenkreise erlassen werden, die<br />
nicht an <strong>der</strong> Erzeugung teilgenommen<br />
15
<strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
haben, währenddessen die Kollektivverträge<br />
autonomen Charakter aufweisen<br />
und somit ihre Verbindlichkeit durch<br />
den Willen <strong>der</strong> vertragsschließenden<br />
Parteien erhalten (mehr dazu im Kapitel<br />
über die Kollektivverträge). <strong>Die</strong> Kollektivverträge<br />
werden jedoch allgemein<br />
auch als Rechtsquelle eingeordnet, vor<br />
allem deshalb, weil sie allgemeinen und<br />
abstrakten Charakter haben. Der Einzelarbeitsvertrag<br />
ist auch als Rechtsquelle<br />
einzustufen. Beim öffentlichen Arbeitsvertrag<br />
ist <strong>der</strong> Einzelarbeitsvertrag durch<br />
den von <strong>der</strong> Verwaltung erlassenen Verwaltungsakt<br />
ersetzt. Folgende Hierarchie<br />
<strong>der</strong> Rechtsquellen ist zu berücksichtigen:<br />
1. <strong>Die</strong> zwingenden Gesetze<br />
Verfassungsnormen mit Vorschriftscharakter,<br />
ordentliche Gesetze des<br />
Staates, Gesetzesdekrete, Gesetze <strong>der</strong><br />
Regionen, sowie Landesgesetze; beson<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung haben auch die<br />
Durchführungsverordnungen zum<br />
Autonomiestatut, die zwischen <strong>der</strong><br />
Verfassung und den ordentlichen Gesetzen<br />
eingeordnet werden).<br />
2. <strong>Die</strong> zwingenden Verordnungen<br />
<strong>Die</strong>se können nicht in Wi<strong>der</strong>spruch zu<br />
den Gesetzen stehen.<br />
3. <strong>Die</strong> Kollektivverträge<br />
Von zweiseitig (absolut) zwingendem<br />
Gesetzesrecht darf <strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
überhaupt nicht, von einseitig zwingendem<br />
Gesetzesrecht nur zugunsten<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer und abdingbarem<br />
(dispositivem) Gesetzesrecht in je<strong>der</strong><br />
Richtung abweichen.<br />
4. <strong>Die</strong> Einzelarbeitsverträge<br />
<strong>Die</strong>se unterstehen dem Kollektivvertrag.<br />
5. <strong>Die</strong> Gebräuche<br />
<strong>Die</strong>se werden immer weiter zurückgedrängt,<br />
da sie meistens allein von den<br />
Bedürfnissen <strong>der</strong> Arbeitgeber geprägt<br />
waren.<br />
5. Internationale<br />
Rechtsnormen<br />
Das Völkerrecht enthält eine ganze Reihe<br />
von Arbeitsrechtsnormen. <strong>Die</strong> wichtigsten<br />
davon sind das Koalitions- und<br />
Streikrecht, die Gleichberechtigung von<br />
Mann und Frau und das Urlaubsrecht.<br />
<strong>Die</strong> wohl bekanntesten Völkerrechtsnormen<br />
für die Welt <strong>der</strong> Arbeit sind die vom<br />
Europarat beschlossene Europäische Sozialcharta<br />
von 1961, die UN-Menschenrechtsdeklaration<br />
von 1948 und <strong>der</strong> Pakt<br />
<strong>der</strong> UNO über die wirtschaftlichen, sozialen<br />
und kulturellen <strong>Rechte</strong>. Auch die<br />
Abkommen und Empfehlungen <strong>der</strong> Internationalen<br />
Arbeitsorganisation (ILO)<br />
entfalten ihre Wirkungen. <strong>Die</strong> wichtigsten<br />
davon sind die Konventionen über<br />
die Arbeitsbedingungen, die Gewerkschaftsfreiheit<br />
und die soziale Sicherheit.<br />
Zunehmend wird auch die Europäische<br />
Union, vor allem im Arbeitsschutzrecht,<br />
tätig. <strong>Die</strong> von ihr erlassenen Verordnungen<br />
und Richtlinien gewinnen an<br />
innerstaatlicher Verbindlichkeit. <strong>Die</strong><br />
Gründungsakte <strong>der</strong> Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
von 1957 und mehr<br />
noch die europäische Sozialcharta enthalten<br />
eine Reihe von wichtigen Arbeitsund<br />
Sozialregulierungen. <strong>Die</strong> eingangs<br />
geschil<strong>der</strong>te Lage, die mit den sonst<br />
immer postulierten christlichen und humanitären<br />
Grundsätzen so gar nicht in<br />
Einklang stand, bedurfte dringend einer<br />
Korrektur. Sie gelang <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />
auf zwei Ebenen, die auch heute<br />
16
<strong>Die</strong> Soziale Frage<br />
noch die Einteilung des Arbeitsrechts<br />
bestimmen; teils wurde <strong>der</strong> Konflikt von<br />
<strong>der</strong> Individualsphäre auf die kollektive<br />
Ebene gehoben, unter Wahrung des<br />
Prinzips <strong>der</strong> sozialen Selbstgestaltung<br />
des Arbeitslebens ohne weitgehende<br />
staatliche Reglementierung (kollektives<br />
Arbeitsrecht), teils wurden staatliche<br />
(Mindest-) Schutznormen für den (einzelnen)<br />
Arbeitnehmer erzwungen, also<br />
bestimmte Grenzen gezogen, die <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber nicht überschreiten durfte<br />
(Einzelarbeitsrecht).<br />
<strong>Die</strong>se historische Zweiteilung <strong>der</strong> Korrektur<br />
hat funktionale Gründe. Ein Ausgangspunkt<br />
<strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Selbstgestaltung<br />
ist, neben <strong>der</strong> Selbstbestimmung,<br />
die Erkenntnis, dass sich Gerechtigkeit im<br />
Hinblick auf Arbeitsbedingungen durch<br />
Gesetze nur sehr schwer erzielen lässt,<br />
da dem Gesetzgeber entsprechende Parameter<br />
fehlen. Was ist z. B. <strong>der</strong> gerechte<br />
Lohn, wie sollte ihn das Parlament festlegen<br />
Ist aber das Gesetz als Instrument<br />
unbrauchbar, muss wie<strong>der</strong> auf die Idee<br />
<strong>der</strong> Vertragsgerechtigkeit zurückgegriffen<br />
werden, wenn auch unter an<strong>der</strong>en<br />
sozialen Voraussetzungen als zu Beginn<br />
<strong>der</strong> Industrialisierung:<br />
<strong>Die</strong> Gleichgewichtslage auf dem Arbeitsmarkt<br />
ist herzustellen, indem die Arbeitnehmer<br />
eine zu den Unternehmern gegengewichtige<br />
Marktmacht bilden. Zu<br />
diesem Zweck müssen sie sich zu starken<br />
Selbsthilfevereinigungen (Gewerkschaften)<br />
zusammenschließen und auf <strong>der</strong><br />
Ebene des Kollektivs im Prinzip gleichmächtig<br />
Regelungen aushandeln. Eine<br />
Fülle von akzeptablen Kollektivverträgen<br />
und Betriebsabkommen sprechen für<br />
das grundsätzliche Funktionieren dieses<br />
Systems. Trotzdem wird das kollektive<br />
Arbeitsrecht zu Recht von Schutzgesetzen<br />
flankiert. Bestimmte Arbeitnehmergruppen<br />
sind beson<strong>der</strong>s schutzwürdig,<br />
weil es sich um Min<strong>der</strong>heiten handelt.<br />
Das gilt z. B. für werdende Mütter (Mutterschutzgesetz),<br />
Jugendliche (Jugendarbeitsschutzgesetz),<br />
und insgesamt<br />
sozial schwache Arbeitnehmer (Kündigungsschutzgesetz).<br />
Daneben gibt es<br />
eine Reihe von Bereichen, für die <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber aus existenziellen Gründen<br />
bestimmte Untergrenzen vorsieht (z. B.<br />
Arbeitsschutz usw.). <strong>Die</strong> Zweiteilung des<br />
Arbeitsrechts in Individualarbeitsrecht<br />
und kollektives Arbeitsrecht könnte den<br />
Eindruck erwecken, <strong>der</strong> Staat sei in erster<br />
Linie <strong>der</strong> Schöpfer <strong>der</strong> Arbeitsrechtsnormen<br />
und die Gewerkschaftsbewegung<br />
kommt erst später zum Vorschein. Dem<br />
ist aber nicht so. <strong>Die</strong> Reihenfolge wurde<br />
nur <strong>der</strong> Übersichtlichkeit halber aufgestellt.<br />
17
Arbeitsrecht<br />
1. Arbeitsverhältnis<br />
Ein abhängiges Arbeitsverhältnis liegt<br />
vor, wenn sich jemand gegen Entgelt zur<br />
<strong>Die</strong>nstleistung für einen an<strong>der</strong>en verpflichtet.<br />
Es entsteht ein wechselseitiges<br />
Rechtsverhältnis das den Arbeitnehmer<br />
(<strong>Die</strong>nstnehmer) zur Erbringung <strong>der</strong> versprochenen<br />
Arbeitsleistung und den<br />
Arbeitgeber (<strong>Die</strong>nstgeber) zur Bezahlung<br />
des Lohnes verpflichtet. <strong>Die</strong> wesentlichste<br />
gesetzliche Grundlage des<br />
Arbeitsvertrages ist immer noch das aus<br />
dem Jahre 1942 stammende fünfte Buch<br />
des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB<br />
(Codice civile). Darin werden u. a. Begriffsbestimmungen<br />
wie Unternehmer<br />
(Art. 2082 und 2083) und Arbeitnehmer<br />
(Art. 2094 und 2095) getroffen. Eine Son<strong>der</strong>heit<br />
im Vertragswesen stellt <strong>der</strong> Arbeitsvertrag<br />
insofern dar, da er auch bei<br />
Nichtigkeit o<strong>der</strong> Annullierbarkeit für die<br />
Zeit <strong>der</strong> Arbeitsleistung Gültigkeit hat<br />
(Art. 2126). In <strong>der</strong> Praxis bedeutet dies z.<br />
B., dass bei illegaler Leiharbeit, obwohl<br />
<strong>der</strong> Arbeitsvertrag nicht zugelassen ist,<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer für die betreffende<br />
Zeit Anspruch auf Entlohnung und alle<br />
an<strong>der</strong>en <strong>Rechte</strong> (Sozialversicherung) gegenüber<br />
dem Arbeitgeber hat, für den er<br />
effektiv arbeitete.<br />
1.2. Merkmale des<br />
Arbeitsverhältnisses<br />
Es ist sehr wichtig, das Arbeitsverhältnis<br />
als Rechtsverhältnis richtig zu erkennen,<br />
weil das Arbeitsrecht erst bei Vorliegen<br />
eines Arbeitsverhältnisses angewandt<br />
wird. <strong>Die</strong>ses richtige Erkennen kann<br />
durch die Gegenüberstellung des Arbeitsvertrages<br />
mit dem Werkvertrag<br />
deutlich gemacht werden.<br />
|- Arbeitsvertrag: Arbeitsleistung (Tätigkeit)<br />
für einen an<strong>der</strong>en auf eine gewisse<br />
Zeit (Vertragsinhalt ist ein „Wirken“);<br />
|- Werkvertrag: Herstellung eines Werks<br />
gegen Entgelt (Vertragsinhalt ist ein<br />
„Werk“).<br />
Grundsätzlich hat jede abhängige Arbeit<br />
eine Entlohnung zur Folge (siehe Art. 36<br />
<strong>der</strong> Verfassung). Es gibt auch Fälle von<br />
kostenloser Arbeit im Bereich <strong>der</strong> Familie<br />
und <strong>der</strong> Vereine.<br />
Um die Erkennung des abhängigen Arbeitsverhältnisses<br />
zu erleichtern hat die<br />
Gerichtsbarkeit im Verlauf <strong>der</strong> Jahre eine<br />
Reihe von Kriterien erstellt.<br />
<strong>Die</strong>se sind:<br />
|- Einhaltung einer Arbeitszeit<br />
|- Fehlen des für die Selbständigkeit ausschlaggebenden<br />
Risikos<br />
|- die Art <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistung<br />
|- die Dauerhaftigkeit <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistung<br />
|- die Festlegung <strong>der</strong> Entlohnung<br />
|- die Einbindung des Arbeitnehmers in<br />
die Betriebsorganisation.<br />
<strong>Die</strong>se Kriterien erleichtern auch die Feststellung<br />
von Arbeitsverhältnissen, die als<br />
Scheinselbständigkeit ausgewiesen werden.<br />
<strong>Die</strong>se fügen dem Sozialstaat großen<br />
Schaden zu. Das abhängige Arbeitsverhältnis<br />
kann laut Kassationsgerichtshof<br />
(Urteil Nr. 812/1993) auch bei gleicher<br />
inhaltlicher Leistung in ein selbständiges<br />
Arbeitsverhältnis umgewandelt werden,<br />
vorausgesetzt beide Vertragspartner<br />
stimmen überein und die Umstände<br />
<strong>der</strong> Arbeitsleistung än<strong>der</strong>n sich. Das Arbeitsverhältnis<br />
kann privatrechtlicher<br />
o<strong>der</strong> öffentlich-rechtlicher Natur sein.<br />
Das privatrechtliche Arbeitsverhältnis<br />
wird zwischen Personen des Privatrechts<br />
abgeschlossen (Einzelperson/en, privatrechtliche<br />
Rechtsperson) o<strong>der</strong> auf Ar-<br />
18
Arbeitsrecht<br />
beitgeberseite auch eine öffentliche Körperschaft<br />
(in bestimmten Fällen). Beide<br />
Vertragspartner stehen formell auf einer<br />
Ebene, <strong>der</strong> Gesetzgeber stärkt jedoch<br />
aufgrund <strong>der</strong> faktischen Ungleichheit<br />
die Stellung des Arbeitnehmers.<br />
1.2.1. Arbeitsverhältnis im<br />
Öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
Das Arbeitsverhältnis im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst wird mit einem Arbeitsvertrag<br />
geregelt. Für die Anstellung ist ein öffentliches<br />
Wettbewerbsverfahrens vorgeschrieben<br />
Sie kann mit einem befristeten<br />
sowie auch mit einem unbefristeten<br />
Arbeitsvertrag erfolgen.<br />
1.2.2. Familienbetrieb<br />
Im Familienbetrieb (Art. 230 bis BGB und<br />
Gesetz Nr. 17/1985) können dauerhaft<br />
<strong>der</strong> Ehepartner, die Verwandten bis zum<br />
dritten Grad und die Gleichgestellten bis<br />
zum zweiten Grad mitarbeiten. Es ist kein<br />
Familienbetrieb, wenn zwischen den Familienmitglie<strong>der</strong>n<br />
eine Gesellschaft gegründet<br />
o<strong>der</strong> ein Arbeitsverhältnis eingegangen<br />
wurde.<br />
1.2.3. Arbeitnehmer, Gesellschafter<br />
des Betriebes<br />
Gesellschafter von Personengesellschaften<br />
(einfache Personengesellschaft, offene<br />
Handelsgesellschaft OHG) können<br />
mit dem eigenen Betrieb ein Arbeitsverhältnis<br />
eingehen, außer sie nehmen<br />
Geschäftsführungsaufgaben als Einzelpersonen<br />
wahr.<br />
Bei Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaft,<br />
Gesellschaft mit beschränkter<br />
Haftung GmbH, Kommanditgesellschaft<br />
auf Aktien) kann <strong>der</strong> Gesellschafter auch<br />
Arbeitnehmer sein, vorausgesetzt er ist<br />
nicht alleiniger Geschäftsführer. <strong>Die</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
des Aufsichtsrates dürfen nicht<br />
im Rahmen des Betriebes beschäftigt<br />
werden (Art. 2399 BGB). Bei Arbeitergenossenschaften<br />
ist die Teilnahme <strong>der</strong><br />
Genossenschaftsmitglie<strong>der</strong> am Arbeitsprozess<br />
verpflichtend und wird aus dem<br />
Gründungsakt abgeleitet. <strong>Die</strong> Genossenschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
und Verwalter sind an<br />
und für sich nicht Arbeitnehmer, aber sie<br />
sind diesen in Bezug auf Sozialversicherung,<br />
Arbeitszeit, Entlohnung, Anwendung<br />
des Kollektivvertrages gleichgestellt.<br />
1.3. Weisungsgebundenheit des<br />
Arbeitnehmers<br />
Der Arbeitnehmer ist an die Weisungen<br />
des Arbeitgebers gebunden, verrichtet<br />
seine Arbeit in persönlicher und wirtschaftlicher<br />
Abhängigkeit und ist in<br />
den Betrieb o<strong>der</strong> Haushalt des Arbeitgebers<br />
kontinuierlich eingeglie<strong>der</strong>t. <strong>Die</strong><br />
Selbständigen sind dem so genannten<br />
Unternehmerwagnis unterworfen und<br />
müssen nur für den Erfolg <strong>der</strong> Arbeit<br />
einstehen. Demzufolge ist für den Erfolg<br />
<strong>der</strong> Arbeit des Arbeitnehmers auch <strong>der</strong><br />
Unternehmer zuständig. <strong>Die</strong> Weisungsgebundenheit<br />
des Arbeitnehmers ist je<br />
nach Art des Arbeitsverhältnisses und<br />
<strong>der</strong> Stellung verschieden intensiv ausgeprägt.<br />
1.4. Pflichten des Arbeitnehmers<br />
<strong>Die</strong> wichtigste Pflicht ist die Erbringung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsleistung. Grundsätzlich muss<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer seinen <strong>Die</strong>nst in eigener<br />
Person leisten. Er muss seine Arbeit<br />
mit <strong>der</strong> Sorgfalt, die von <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> ge-<br />
19
Arbeitsrecht<br />
schuldeten Arbeitsleistung gefor<strong>der</strong>t<br />
wird, im Interesse des Betriebes und <strong>der</strong><br />
nationalen Produktion (sic!) (Art. 2104<br />
BGB) leisten. Er muss dabei die Anleitungen<br />
des Arbeitgebers befolgen. <strong>Die</strong>s bedeutet,<br />
dass <strong>der</strong> abhängig Beschäftigte<br />
im Unterschied zum Selbständigen <strong>der</strong><br />
Gehorsamspflicht unterliegt. <strong>Die</strong> Gehorsamspflicht<br />
hat ihre Grenze in gesetzeswidrigen<br />
o<strong>der</strong> unmoralischen Anordnungen,<br />
die über die Arbeitsaufgaben<br />
des Arbeitnehmers hinausgehen. Der Arbeitgeber<br />
kann seine Weisungsbefugnis<br />
teilweise o<strong>der</strong> gänzlich seinen leitenden<br />
Mitarbeitern übertragen.<br />
Zur Durchsetzung <strong>der</strong> Gehorsamspflicht<br />
hat <strong>der</strong> Arbeitgeber das Instrument <strong>der</strong><br />
Disziplinarstrafen zur Verfügung, wobei<br />
das Prinzip vorherrscht, dass die Strafe<br />
dem Vergehen angemessen zu sein<br />
hat (Art. 2106 BGB). Es darf keine Strafe<br />
ausgesprochen werden, ohne dass <strong>der</strong><br />
Betroffene zur Verteidigung gehört wird<br />
(rechtsstaatliches Prinzip). Ferner muss<br />
<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstnehmer über die Gründe und<br />
die Art <strong>der</strong> Disziplinarstrafen in Kenntnis<br />
gesetzt worden sein. Das Arbeitnehmerstatut<br />
(Gesetz 300/1970) sieht auch vor,<br />
dass die Disziplinarmaßnahmen keine<br />
Rückstufungen bei <strong>der</strong> Eingruppierung<br />
beinhalten, die Geldstrafe nicht mehr<br />
als 4 Stundenlöhne betragen und keine<br />
Suspendierungen von <strong>der</strong> Arbeit von<br />
mehr als 10 Tagen verhängt werden<br />
dürfen. <strong>Die</strong> Treuepflicht, so wie sie im<br />
Art. 2105 BGB vorgesehen ist, bürdet<br />
dem Beschäftigten zwei Verbote auf; es<br />
sind dies ein Wettbewerbsverbot und<br />
die Wahrung des Betriebsgeheimnisses<br />
(keine Auskünfte über Organisation und<br />
Produktionsmethoden). <strong>Die</strong>se beiden<br />
Auflagen sind sehr ernst zu nehmen.<br />
Tipp<br />
Konkurrenzverbot<br />
Der Arbeitnehmer darf nichts<br />
unternehmen, was in Konkurrenz zum<br />
eigenen Betrieb steht. Das wäre beispielsweise<br />
bei einem Tischler <strong>der</strong> Fall,<br />
<strong>der</strong> nach Feierabend bei einem an<strong>der</strong>en<br />
Tischlereibetrieb aushilft. An<strong>der</strong>s sieht<br />
es aus, wenn <strong>der</strong>selbe Tischler einem<br />
Freund hilft, <strong>der</strong> ein Metzger ist: Eine<br />
Nebenerwerbstätigkeit, die nicht in Konkurrenz<br />
zum eigenen Betrieb steht, ist<br />
erlaubt, solange sie mit den Verpflichtungen<br />
aus dem Hauptarbeitsverhältnis<br />
vereinbar ist (d. h. beispielsweise dass jemand<br />
infolge stetiger Nebenerwerbstätigkeit<br />
nicht schon müde zur Arbeit kommen<br />
darf). Bei Teilzeitarbeit hingegen<br />
gilt das Konkurrenzverbot im Normalfall<br />
nicht – außer es wird eigens schriftlich<br />
vereinbart – denn <strong>der</strong> Arbeitgeber muss<br />
ohnehin damit rechnen, dass <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
eine weitere Stelle annimmt. Ein<br />
Verstoß gegen das Konkurrenzverbot<br />
kann unter Umständen ein Grund für<br />
eine fristlose Entlassung sein. Das Konkurrenzverbot<br />
greift nur während des<br />
Arbeitsverhältnisses, außer die beiden<br />
Partner des Arbeitsvertrages vereinbaren<br />
einen Konkurrenzverbotspakt (Art.<br />
2125 BGB). In diesem Falle können <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber und -nehmer vereinbaren,<br />
dass nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer (auch die<br />
Führungskraft) für eine bestimmte Zeit<br />
nicht selbständig o<strong>der</strong> abhängig im Sektor<br />
beschäftigt sein darf. Der Pakt muss<br />
20
Arbeitsrecht<br />
schriftlich abgeschlossen werden, für den<br />
Arbeitnehmer eine Entschädigung vorsehen<br />
und zeitlich und räumlich begrenzt<br />
sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen,<br />
dann ist <strong>der</strong> Pakt nichtig. Ein Konkurrenzverbot<br />
nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
erschwert den Stellenwechsel<br />
und bringt damit dem Arbeitnehmer eine<br />
beträchtliche Einschränkung des beruflichen<br />
Weiterkommens.<br />
1.5. Pflichten und <strong>Rechte</strong> des<br />
Arbeitgebers<br />
Zu den wichtigsten Pflichten des Arbeitgebers<br />
zählen die Fürsorgepflicht im<br />
Sinne des Schutzes <strong>der</strong> Gesundheit und<br />
<strong>der</strong> Würde <strong>der</strong> Arbeitnehmer und die<br />
Pflicht zur Leistung des Entgelts (Lohnes).<br />
Unter Entgelt ist jede Art von Leistung<br />
zu verstehen, die <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
dem Arbeitnehmer für ordnungsgemäß<br />
gebotene Leistung schuldet. <strong>Die</strong> Entlohnung<br />
muss <strong>der</strong> Quantität und Qualität<br />
seiner Arbeit entsprechen und in jedem<br />
Fall ausreichen, um dem Arbeitnehmer<br />
und seiner Familie ein freies und würdiges<br />
Dasein zu gewährleisten (Art. 36 <strong>der</strong><br />
Verfassung). <strong>Die</strong> Bedürftigkeit des Arbeitnehmers<br />
erstreckt sich nicht nur auf<br />
die Gegenwart (Art. 38 <strong>der</strong> Verfassung),<br />
son<strong>der</strong>n auch auf die Zukunft und somit<br />
ist die Sozialversicherung als Teil <strong>der</strong> so<br />
genannten angemessenen Entlohnung<br />
anzusehen. Der Art. 2099 des BGB sieht<br />
vor, dass das Ausmaß <strong>der</strong> Entlohnung<br />
von den Kollektivverträgen festgelegt<br />
wird. Näheres dazu im Kapitel über die<br />
Entlohnung und zu den Kollektivverträgen.<br />
Weiters unterliegt <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
<strong>der</strong> Informationspflicht gegenüber dem<br />
Arbeitnehmer, was seine Arbeitsbedingungen<br />
betrifft, und gegenüber den<br />
Gewerkschaftsorganisationen, was die<br />
Gesamtsituation des Betriebes betrifft.<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten <strong>Rechte</strong> des Arbeitgebers<br />
umfassen das Recht auf Leitung<br />
und Unterweisung, das Recht, <strong>der</strong> Aufsicht<br />
und Kontrolle sowie das Recht,<br />
Disziplinarstrafen zu verhängen. Das<br />
Recht auf Leitung und Unterweisung<br />
steht in engem Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Pflicht des Arbeitnehmers zu Gehorsam<br />
und Gewissenhaftigkeit. Das Recht auf<br />
Leitung umfasst die Möglichkeit, alle<br />
organisatorischen Vorkehrungen zu<br />
treffen, damit die Tätigkeiten <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
den Notwendigkeiten des<br />
Betriebes zu gute kommen. Somit liegt<br />
es im Ermessen des Arbeitgebers, welche<br />
Anleitungen befolgt werden müssen.<br />
Was den öffentlichen Arbeitgeber<br />
betrifft, so ist, infolge <strong>der</strong> Privatisierung<br />
des Arbeitsverhältnisses, die Regelung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsorganisation und <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Aspekte <strong>der</strong> kollektiven<br />
Vertragstätigkeit unterworfen.<br />
2. Eingehen des<br />
Arbeitsverhältnisses<br />
2.1. Arbeitsmarkt<br />
Am Arbeitsmarkt werden die verschiedenen<br />
Arbeitsplätze angeboten und<br />
nachgefragt. <strong>Die</strong> weltweite Wirtschaftskrise<br />
war auf Südtirols Arbeitsmarkt nur<br />
in einigen Sektoren spürbar, etwa im<br />
verarbeitenden Gewerbe und im Bauwesen.<br />
<strong>Die</strong>s zeigen die Daten, die die<br />
21
Arbeitsrecht<br />
Landesbeobachtungsstelle für den Arbeitsmarkt<br />
im Sommer und Herbst letzten<br />
Jahres erhoben hat. <strong>Die</strong> Beschäftigungsentwicklung<br />
von Mai bis Oktober<br />
2009 ist im Vergleich zum Jahr zuvor mit<br />
einem Plus von einem Prozent sogar positiv<br />
ausgefallen. Allerdings ist die Entwicklung<br />
deutlich hinter den Zuwachsraten<br />
<strong>der</strong> Jahre davor zurückgeblieben.<br />
In diesen Jahren ist die unselbstständige<br />
Beschäftigung durchschnittlich um<br />
zwei bis drei Prozent gewachsen. Dass<br />
trotz <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Krise noch ein Plus<br />
herausgeschaut hat, ist auf entsprechende<br />
Maßnahmen zur Abfe<strong>der</strong>ung<br />
zurückzuführen. Am schwersten von<br />
<strong>der</strong> Krise getroffen wurden das verarbeitende<br />
Gewerbe und das Bauwesen.<br />
Das Bau- und Baunebengewerbe stecken<br />
allerdings schon seit 2007 in <strong>der</strong><br />
Krise und haben von Anfang 2008 bis<br />
Ende 2009 rund 1.200 Arbeitsplätze<br />
verloren. <strong>Die</strong>s entspricht etwa sechs bis<br />
sieben Prozent <strong>der</strong> abhängig Beschäftigten<br />
in diesem Sektor. Im verarbeitenden<br />
Gewerbe begann <strong>der</strong> Rückgang<br />
zwar erst Ende 2008, führte aber innerhalb<br />
nur eines Jahres dazu, dass 1.000<br />
Arbeitnehmer weniger beschäftigt waren,<br />
was einem Rückgang von mehr als<br />
drei Prozent entspricht. Das Gastgewerbe<br />
und beson<strong>der</strong>s die Landwirtschaft<br />
wiesen im Sommer und Herbst 2009<br />
dagegen eine positive Entwicklung<br />
auf. Im Hotel- und Gastgewerbe hatte<br />
die Sommersaison 2009 zwar unter<br />
negativen Vorzeichen begonnen, letztendlich<br />
aber Zuwachsraten zwischen<br />
drei und fünf Prozent verzeichnet. Damit<br />
reicht man an die Entwicklung <strong>der</strong><br />
vergangenen Jahre heran und hat die<br />
Wintersaison, was den Beschäftigungsstand<br />
betrifft, unter einem positiven<br />
Vorzeichen begonnen. Der Handel hat<br />
sich nach anfänglichen Schwierigkeiten<br />
etwas erholt und auch die so genannten<br />
an<strong>der</strong>en <strong>Die</strong>nstleistungen weisen<br />
tendenziell eine positive Entwicklung<br />
auf. Was die Krisenopfer betrifft, so sind<br />
dies hauptsächlich Männer mit ausländischer<br />
Staatsbürgerschaft.<br />
Arbeitslos ist demnach:<br />
|- wer keine Beschäftigung hat und we<strong>der</strong><br />
arbeitsunfähig ist noch den Militärdienst<br />
leistet,<br />
|- wer keine einzige Stunde in <strong>der</strong> betreffenden<br />
Woche gearbeitet hat,<br />
|- wer auf Arbeitssuche ist,<br />
|- wer in den letzten 30 Tagen zumindest<br />
ein Mal Arbeit gesucht hat,<br />
|- wer ab sofort (innerhalb 2 Wochen)<br />
ein Arbeitsverhältnis antreten kann.<br />
Infolge <strong>der</strong> Wichtigkeit dieses „Marktes“<br />
wurde mit <strong>der</strong> Zeit eine Regulierung eingeführt,<br />
die immer wie<strong>der</strong> dafür verantwortlich<br />
gemacht wird, dass es zu wenig<br />
Arbeitsplätze gibt. Es stehen sich bei diesen<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung zwei Überzeugungen<br />
gegenüber. Einerseits die Verfechter<br />
des Marktes, die jede Regulierung<br />
als „Jobkiller“ abtun, und an<strong>der</strong>erseits<br />
diejenigen, die gegen das unkomplizierte<br />
„Heuern und Feuern“ von Mitarbeitern<br />
auftreten, weil sie meinen, dass dieses vor<br />
allem in angelsächsischen Län<strong>der</strong>n angewandte<br />
Modell zu einer nachhaltigen<br />
Schwächung <strong>der</strong> Gewerkschaften und<br />
demzufolge zu einem Abbau <strong>der</strong> sozialen<br />
<strong>Rechte</strong> aller Arbeitnehmer führt. Denn<br />
mit <strong>der</strong> Drohung auf Verlust des Arbeitsplatzes<br />
könnten in einem <strong>der</strong>egulierten<br />
Arbeitsmarkt (ohne Kündigungsschutz)<br />
nahezu fast alle <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
zur Disposition gestellt werden.<br />
22
Arbeitsrecht<br />
Tipp<br />
So bewerben Sie sich richtig!<br />
<strong>Die</strong> erste Kontaktaufnahme<br />
erfolgt meist über ein Bewerbungsschreiben.<br />
<strong>Die</strong>ses sollte alle wesentlichen<br />
Merkmale eines Geschäftsbriefes haben<br />
(genauer Absen<strong>der</strong> mit Telefonnummer<br />
und Empfänger, Datum, Betreff, Anrede,<br />
Unterschrift). Erklären Sie, woher sie von<br />
<strong>der</strong> Stelle wissen, weshalb Sie sich für<br />
die betreffende Arbeitsstelle interessieren<br />
und welche beson<strong>der</strong>en Qualitäten<br />
in Bezug auf die Stelle Sie aufweisen. Zu<br />
den Bewerbungsunterlagen gehört auch<br />
ein unterschriebener Lebenslauf, <strong>der</strong><br />
über Ihre Ausbildung und Ihre berufliche<br />
Laufbahn erschöpfend Auskunft gibt.<br />
Vermeiden Sie beim Lebenslauf Lücken;<br />
sie sind verdächtig. Solche Lücken können<br />
durch Mutterschaft o<strong>der</strong> Auslandsaufenthalt<br />
entstanden sein; weisen Sie<br />
darauf hin. Der Lebenslauf sollte knapp,<br />
in Tabellenform und chronologisch von<br />
heute rückwärts abgefasst sein. Auch Fotokopien<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeugnisse sollten <strong>der</strong><br />
Bewerbung beigelegt werden. <strong>Die</strong> letzten<br />
sind die wichtigsten. Während des Vorstellungsgesprächs<br />
sollten Sie sich als interessierter<br />
und offener Gesprächspartner<br />
zeigen. Sie können ruhig eine eigene Meinung<br />
haben. Besserwisserei ist zu vermeiden.<br />
Auch müssen Stellenbewerber nicht<br />
ihr ganzes Privatleben ausbreiten. Es ist<br />
nicht notwendig, dass beispielsweise eine<br />
eventuelle Schwangerschaft mitgeteilt<br />
werden muss, außer Sie bewerben sich als<br />
Mannequin. Auch über frühere Krankheiten<br />
muss man nichts erzählen, außer Sie<br />
sind für die betreffende Arbeit ungeeignet<br />
(beispielsweise ist ein schweres Rückenleiden<br />
für einen Möbeltransporteur<br />
von Belang). Auch eine Straftat darf unerwähnt<br />
bleiben, wenn sie mit <strong>der</strong> Tätigkeit<br />
in keinerlei Zusammenhang steht. Grundsätzlich<br />
gilt: Fragen in engem Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> Arbeit sind zu beantworten.<br />
Unzulässige Fragen o<strong>der</strong> Fragen über das<br />
Privatleben brauchen Sie nicht zu beantworten.<br />
Sie dürfen ausnahmsweise sogar<br />
mit einer Notlüge antworten (etwa Religionszugehörigkeit,<br />
sexuelle Veranlagung,<br />
Gewerkschafts- o<strong>der</strong> Parteizugehörigkeit).<br />
Der Betrieb kann eine Bewerbung ohne<br />
Angabe von Gründen ablehnen, da das<br />
Arbeitsverhältnis vom Grundsatz <strong>der</strong><br />
Vertragsfreiheit geprägt ist. Allein wenn<br />
Beweise für eine Diskriminierung bezüglich<br />
<strong>der</strong> Gleichstellung von Mann/<br />
Frau vorliegen, könnte etwas dagegen<br />
unternommen werden. Laut dem Datenschutzgesetz<br />
(Nr. 675/1996) dürfen Erkundigungen<br />
und Referenzen nur mehr mit<br />
ausdrücklicher Zustimmung des Betroffenen<br />
eingeholt und erteilt werden. Arbeitgeber<br />
und Personalchefs müssen also um<br />
Referenzadressen anfragen, wollen sie<br />
mit Rückfragen ihr Bild über den Stellenbewerber<br />
abrunden. Frühere Arbeitgeber<br />
die im Lebenslauf auftauchen, in <strong>der</strong> Referenzliste<br />
aber fehlen, dürfen nicht befragt<br />
werden. Auch <strong>der</strong> Ex-Betrieb darf sich nur<br />
äußern, wenn <strong>der</strong> ehemalige Beschäftigte<br />
dies will. Und: er muss sich an das halten,<br />
was im Arbeitszeugnis steht. Ein gutes<br />
Arbeitszeugnis ausstellen und dann im<br />
Nachhinein schlecht über die Person reden<br />
geht nicht. Trotz Datenschutzgesetz:<br />
unzulässige Informationsauskünfte sind<br />
praktisch nur schwer beweisbar.<br />
23
Arbeitsrecht<br />
2.2. Arbeitsvermittlung<br />
<strong>Die</strong> Regelung <strong>der</strong> italienischen Arbeitsvermittlung<br />
war in den letzten Jahren<br />
von einschneidenden Verän<strong>der</strong>ungen<br />
gekennzeichnet. Der Arbeitsmarkt sollte<br />
durch eine Liberalisierung und durch eine<br />
bessere Koordinierung von Angebot und<br />
Nachfrage effizienter gestaltet werden<br />
(Gesetz Nr. 608/96). Dabei ist das Monopol<br />
<strong>der</strong> Arbeitsvermittlung durch die öffentliche<br />
Hand gefallen. <strong>Die</strong> Arbeitsvermittlung<br />
kann auch durch eigens dafür zugelassene<br />
Betriebe vorgenommen werden. In Südtirol<br />
ist auf die im Autonomiestatut vorgesehene<br />
Beson<strong>der</strong>heit hinzuweisen, dass bei<br />
Anstellungen je<strong>der</strong> Art, die ortsansässigen<br />
Personen den Vorrang bei <strong>der</strong> Einstellung<br />
haben. <strong>Die</strong>se Bestimmung hat aber in <strong>der</strong><br />
Praxis fast keine Auswirkungen mehr, da<br />
die meisten Anstellungen nur mehr dem<br />
Amt für Arbeitsmarktbeobachtung mitgeteilt<br />
werden müssen.<br />
Anerkennung des Arbeitslosenstatus<br />
Gemäß D.LH. Nr. 1/2005 muss <strong>der</strong> arbeitslose<br />
Arbeiternehmer, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Suche<br />
nach Arbeit ist, seinen Arbeitslosenstatus<br />
im örtlich zuständigen Arbeitsvermittlungszentrum<br />
feststellen lassen. <strong>Die</strong>s bedeutet,<br />
dass die Person Arbeitslosigkeit<br />
nachweist und gleichzeitig sofortige Bereitschaft<br />
erklärt, ein angemessenes Arbeitsangebot<br />
anzunehmen.<br />
Aberkennung des Arbeitslosenstatus<br />
Falls <strong>der</strong> Arbeitnehmer ohne gerechtfertigten<br />
Grund ein angemessenes Arbeitsangebot<br />
ausschlägt, wird ihm <strong>der</strong> Arbeitslosenstatus<br />
aberkannt. <strong>Die</strong> Aberkennung<br />
des Arbeitslosenstatus bewirkt, dass die<br />
Person auch das Anrecht auf Erhalt des<br />
Arbeitslosengeldes verliert, sofern sie einen<br />
Anspruch darauf hatte. Der Arbeitslosenstatus<br />
wird auch aberkannt, wenn die<br />
Person eine Maßnahme nicht befolgt, die<br />
im individuellen Aktionsplan mit dem Arbeitsvermittlungszentrum<br />
vereinbart wurde<br />
o<strong>der</strong> eine Einladung des Arbeitsservice<br />
zu einem Beratungsgespräch missachtet.<br />
<strong>Die</strong> Meldung <strong>der</strong> Arbeitsverhältnisse<br />
Am 01. Dezember 2008 ist das Ministerialdekret<br />
vom 30. Oktober 2007 in Südtirol in<br />
Kraft getreten, wonach die verpflichtende<br />
Meldung von Arbeitsverhältnissen eingeführt<br />
wurde. Demnach wird über eine<br />
einzige Meldung an das Amt für Arbeitsmarktbeobachtung<br />
die Mitteilungspflicht<br />
sowohl gegenüber <strong>der</strong> Abteilung Arbeit<br />
als auch gegenüber dem NISF/INPS sowie<br />
dem INAIL und gegenüber <strong>der</strong> Polizeibehörde<br />
erfüllt.<br />
|- die Pflichteinstellungen;<br />
|- die Lehrlinge;<br />
|- die Arbeits- und Ausbildungsverträge;<br />
|- die direkten Anstellungen und Übergänge<br />
von einem Betrieb zum an<strong>der</strong>en.<br />
<strong>Die</strong> wegen Personalreduzierung Entlassenen<br />
haben bei Anstellungen im selben Betrieb<br />
innerhalb eines Jahres das Vorzugsrecht.<br />
Dasselbe gilt für Teilzeitbeschäftigte,<br />
die wie<strong>der</strong> die volle Zeit arbeiten möchten.<br />
Bei Verstoß gegen diese Minimalregeln<br />
drohen Strafen von 258,22 Euro bis<br />
1.549,37 Euro je Arbeitnehmer.<br />
2.3. Pflichteinstellungen<br />
Mit Gesetz Nr. 68 vom 12.3.1999 ist die<br />
neue Regelung in Kraft getreten, welche<br />
das Recht auf Arbeit <strong>der</strong> Invaliden regelt.<br />
<strong>Die</strong>ses Gesetz ist seit 18. Jänner 2000 vollständig<br />
in Kraft und das Gesetz Nr. 482<br />
vom 2.4.1968, das die Pflichtvermittlung<br />
regelte, sowie an<strong>der</strong>e Regelungen, die mit<br />
24
Arbeitsrecht<br />
diesem zusammenhängen und die im Artikel<br />
21 aufgezählt sind, sind abgeschafft.<br />
<strong>Die</strong>ses Gesetz weitet die Verpflichtung,<br />
Personen mit Beeinträchtigung aufzunehmen,<br />
auf weitere Firmen aus, nämlich auf<br />
Betriebe, die mehr als 15 Arbeitnehmer<br />
beschäftigen. Das gesamte Gesetz stellt<br />
für Personen mit Beeinträchtigung einen<br />
größeren Vorteil dar, indem es anstelle des<br />
subjektiven <strong>Rechte</strong>s <strong>der</strong> Pflichtvermittlung<br />
für Personen mit Beeinträchtigung die “gezielte<br />
Vermittlung” einführt. Artikel 2 beschreibt<br />
diesen Begriff im Zusammenhang<br />
mit den technischen Möglichkeiten und<br />
Hilfsmitteln, die es ermöglichen sollen,<br />
den Invaliden in seinen Arbeitsfertigkeiten<br />
angemessen einzuschätzen und ihn über<br />
folgende Maßnahmen am geeigneten<br />
Platz einglie<strong>der</strong>n: Arbeitsplatzanalyse, Unterstützungsmaßnahmen,<br />
positive Handlungen<br />
und Lösungen <strong>der</strong> Probleme, unter<br />
Berücksichtigung des Umfeldes, <strong>der</strong> Methoden<br />
und <strong>der</strong> zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen am täglichen Arbeitsplatz.<br />
Begünstigte<br />
Das Gesetz för<strong>der</strong>t und bezweckt die<br />
Einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Personen mit Beeinträchtigung<br />
im berufsfähigen Alter in die<br />
Arbeitswelt. Um in den Genuss <strong>der</strong> Arbeitseinglie<strong>der</strong>ung<br />
gelangen zu können, müssen<br />
die Personen arbeitslos sein.<br />
Für die Anwendung dieses Gesetzes gelten<br />
folgende Personen als Begünstigte:<br />
|- Zivilinvaliden mit einer Invalidität von<br />
über 45 %;<br />
|- Arbeitsinvaliden mit einer Invalidität<br />
von über 33 %;<br />
|- Blinde und Taubstumme;<br />
|- Kriegsinvaliden, Zivilkriegsinvaliden und<br />
<strong>Die</strong>nstinvaliden mit Behin<strong>der</strong>ungen von<br />
<strong>der</strong> 1. bis zur 8. Kategorie.<br />
Verzeichnisse und Rangordnungen<br />
<strong>Die</strong> im Sinne dieses Gesetzes berechtigten<br />
Invaliden, schreiben sich in eine entsprechende<br />
Rangordnung ein. In Bezug<br />
auf die Position in <strong>der</strong> Rangordnung, <strong>der</strong><br />
restlichen Arbeitsfähigkeit, sowie unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> eigenen Qualifizierung<br />
werden die Personen mit Beeinträchtigung<br />
den Betrieben zugewiesen.<br />
Arbeitgeber – Pflichtquote für<br />
Menschen mit Beeinträchtigung<br />
Alle öffentlichen und privaten Arbeitgeber,<br />
die mindestens 15 Arbeitnehmer beschäftigen,<br />
sind verpflichtet in folgendem<br />
Ausmaß vorhin genannte Personen aufzunehmen:<br />
|- 15 bis zu 35 Arbeitnehmer: 1 Invalide<br />
(und für private Arbeitgeber nur im Falle<br />
von einer Neuaufnahme nach dem<br />
18/01/2000);<br />
|- 36 bis 50 Arbeitnehmer: 2 Invaliden;<br />
|- über 50 Arbeitnehmer: 7 % des beschäftigten<br />
Personals.<br />
Außerdem ist für Betriebe über 50 Arbeitnehmer<br />
1 % des beschäftigten Personal<br />
für Flüchtlinge, Witwen und Waisen und<br />
Gleichgestellte zu reservieren.<br />
Zu den Arbeitnehmern, auf dessen Grundlage<br />
die Anzahl <strong>der</strong> Personen mit Beeinträchtigung<br />
berechnet wird, die den Arbeitgebern<br />
zugewiesen werden müssen,<br />
sind folgende Personen nicht zu zählen:<br />
Arbeitnehmer, die Angehörige <strong>der</strong> geschützten<br />
Kategorien sind und pflichtmäßig<br />
aufgenommen o<strong>der</strong> als solche<br />
anerkannt worden sind, jene, die einen<br />
Arbeitsvertrag von nicht mehr als 9 Monaten<br />
pro Jahr nicht überschreiten, die Mitglie<strong>der</strong><br />
von Produktions- und Arbeitergenossenschaften,<br />
sowie die Führungskräfte.<br />
Außerdem sind von <strong>der</strong> Berechnung auch<br />
25
Arbeitsrecht<br />
Arbeitnehmer mit Lehrlings- o<strong>der</strong> Ausbildungsvertrag<br />
sowie Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag<br />
ausgeschlossen. Teilzeitarbeitskräfte<br />
sind im Verhältnis zu den Stunden, die<br />
vom gesamtstaatlichen Kollektivvertrag<br />
für Vollzeitarbeitskräfte vorgesehen sind,<br />
zu berechnen.<br />
<strong>Die</strong>nste für die Pflichtvermittlung<br />
<strong>Die</strong> Zuständigkeiten im Bereich Pflichtvermittlung<br />
sind mit Gesetzesdekret vom<br />
23. Dezember 1997, Nr. 469 auf nationaler<br />
Ebene den zuständigen Ämtern übertragen<br />
worden, die von je<strong>der</strong> Region bestimmt<br />
worden sind. In <strong>der</strong> Autonomen<br />
Provinz Bozen ist diese Übertragung im<br />
Jahr 1996 erfolgt und die diesbezüglichen<br />
Aufgaben werden von den 7 Arbeitsvermittlungszentren<br />
wahrgenommen.<br />
Vorgangsweise bei Pflichtaufnahmen<br />
<strong>Die</strong> privaten Arbeitgeber nehmen die Begünstigten<br />
<strong>der</strong> Pflichtvermittlung auf, indem<br />
sie ein Ansuchen an die zuständigen<br />
Ämter richten. Sie haben auch die Möglichkeit,<br />
ein entsprechendes Abkommen<br />
im Rahmen eines Programms abzuschließen,<br />
das auf die Erfüllung <strong>der</strong> Beschäftigungspflichten<br />
abzielt, die sich aus dem<br />
vorliegenden Gesetz ergeben. <strong>Die</strong> Anfragen<br />
von Seiten <strong>der</strong> privaten Arbeitgeber<br />
können namentlich sein. Für die Pflichtzuweisung<br />
in Privatbetrieben, die 15 bis<br />
35 Arbeitnehmer beschäftigen, ist immer<br />
die namentliche Anfrage vorgesehen. Für<br />
private Arbeitgeber, die 36 bis 50 Arbeitnehmer<br />
beschäftigen, kann die Aufnahme<br />
bis zu 50 %, und bis zu 60 % für Betriebe<br />
mit mehr als 50 Arbeitnehmern namentlich<br />
erfolgen. <strong>Die</strong> öffentlichen Arbeitgeber<br />
nehmen die Pflichtaufnahmen im Sinne<br />
von Art. 36, Absatz 2 des Gesetzesdekretes<br />
Nr. 29 vom 3.2.1993 vor, welches, wie in Artikel<br />
22, Absatz 1 des Gesetzesdekretes Nr.<br />
80 vom 31.3.1998 angegeben, abgeän<strong>der</strong>t<br />
worden ist. Es ist auch im Artikel 11 des<br />
neuen Gesetzes die Möglichkeit vorgesehen,<br />
Pflichtaufnahmen in <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Verwaltung namentlich vorzunehmen.<br />
Personen mit Beeinträchtigung können<br />
an jedem Wettbewerb für die öffentliche<br />
Verwaltung teilnehmen. <strong>Die</strong> Wettbewerbsausschreibungen<br />
müssen beson<strong>der</strong>e<br />
Vorgangsweisen zur Durchführung<br />
vorsehen, um es den Personen mit Beeinträchtigung<br />
zu ermöglichen, zu gleichen<br />
Bedingungen wie alle an<strong>der</strong>en am Wettbewerb<br />
teilnehmen zu können. Personen<br />
mit Beeinträchtigung, die für geeignet<br />
befunden werden, können zur Besetzung<br />
<strong>der</strong> Pflichtquoten herangezogen werden,<br />
auch wenn sie nicht arbeitslos sind. Vorrang<br />
haben allerdings jene Personen, die<br />
in <strong>der</strong> Rangordnung für die Pflichtvermittlung<br />
eingetragen sind. Für öffentliche Körperschaften<br />
mit Gewinnabsicht wird die<br />
gleiche Regelung angewandt, wie sie für<br />
die privaten Arbeitgeber vorgesehen ist.<br />
Meldung des Personals<br />
<strong>Die</strong> zur Einhaltung des betreffenden Gesetzes<br />
verpflichteten Arbeitgeber müssen<br />
den zuständigen Ämtern jährlich elektronisch<br />
eine Übersicht zukommen lassen,<br />
auf <strong>der</strong> die Gesamtzahl <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
und die Namen <strong>der</strong> pflichtmäßig aufgenommenen<br />
Arbeitnehmer o<strong>der</strong> die als<br />
solche anerkannt worden sind, aufscheinen.<br />
Außerdem ist vorgesehen, die Verfügbarkeit<br />
von Arbeitsstellen und Aufgaben<br />
für geschützte Arbeitnehmer anzugeben.<br />
<strong>Die</strong>se Verpflichtung entfällt, falls sich in<br />
Bezug auf die letzte Meldung die Situation<br />
des Personalstandes und die Pflichtquote<br />
26
Arbeitsrecht<br />
für Menschen mit Beeinträchtigung nicht<br />
geän<strong>der</strong>t haben.<br />
Weigerung <strong>der</strong> Aufnahme<br />
geschützter Arbeitnehmer<br />
Im Falle <strong>der</strong> Weigerung einer Aufnahme<br />
von pflichtmäßig zugewiesenen Arbeitnehmern<br />
stellt die Direktion des Landesarbeitsamtes<br />
ein Protokoll aus, welches<br />
an die zuständigen Ämter und an die Gerichtsbehörde<br />
weitergeleitet wird.<br />
Arbeitsverhältnis des pflichtmäßig<br />
aufgenommenen Invaliden<br />
Dem aufgenommenen Invaliden muss<br />
die finanzielle und gesetzliche Behandlung,<br />
wie vom Gesetz und vom gesamtstaatlichen<br />
Kollektivvertrag vorgesehen,<br />
gewährt werden. Einer Person mit Beeinträchtigung<br />
darf keine größere Leistung<br />
abverlangt werden, als mit ihrer Beeinträchtigung<br />
vereinbar ist. Beeinträchtigte<br />
Arbeitnehmer können auch in Heimarbeit<br />
o<strong>der</strong> in Telearbeit arbeiten, sofern <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
denselben eine Arbeit zuweist,<br />
die dem normalen Arbeitsstundenplan<br />
entspricht. Es ist außerdem die Möglichkeit<br />
vorgesehen, dass die pflichtmäßig<br />
aufgenommenen Personen mit Beeinträchtigung<br />
vorübergehend über dafür<br />
vorgesehene Abkommen bei Sozialgenossenschaften<br />
o<strong>der</strong> Beeinträchtigung<br />
Freiberuflern angestellt werden können,<br />
wobei sich <strong>der</strong> Arbeitgeber verpflichtet,<br />
ihnen Arbeiten zuzuweisen. Jene Arbeitnehmer,<br />
die während des Arbeitsverhältnisses<br />
wegen eines Unfalles o<strong>der</strong> wegen<br />
einer Krankheit zu Invaliden wurden, können<br />
bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Pflichtquote<br />
berücksichtigt werden, sofern sie eine Zivilinvalidität<br />
von mehr als 60 % o<strong>der</strong> eine<br />
Arbeitsinvalidität von mehr als 33% aufweisen.<br />
Für die genannten Arbeitnehmer<br />
kann die erworbene Invalidität nicht als<br />
gerechtfertigter Grund angesehen werden,<br />
sie zu entlassen, falls sie gleichartige<br />
o<strong>der</strong> eventuell an<strong>der</strong>e Tätigkeiten im selben<br />
Betrieb ausüben können.<br />
Abkommen<br />
Mit dem Ziel, die Arbeitseinglie<strong>der</strong>ung<br />
von Personen mit Beeinträchtigung zu<br />
för<strong>der</strong>n, können die zuständigen Ämter<br />
mit dem Arbeitgeber einzelne Abkommen<br />
o<strong>der</strong> Programme abschließen um<br />
die Anstellungspflichten zu erfüllen,<br />
die sich aus <strong>der</strong> Anwendung des neuen<br />
Gesetzes über die Vermittlung <strong>der</strong> geschützten<br />
Arbeitnehmer ergibt.<br />
Es besteht die Möglichkeit, solche Abkommen<br />
auch mit Betrieben abzuschließen,<br />
die nicht <strong>der</strong> Pflicht <strong>der</strong> Pflichtaufnahme<br />
unterworfen sind. Befreiungen,<br />
teilweise.<br />
Befreiungen und Beiträge<br />
zur Befreiung<br />
Für die öffentlichen Verwaltungen sind mit<br />
Dekret des Ministerpräsidenten die Tätigkeiten<br />
festzulegen, welche nicht o<strong>der</strong> nur<br />
eingeschränkt die Beschäftigung von Personen<br />
mit Beeinträchtigung zulassen. Für<br />
private Arbeitgeber und die öffentlichen<br />
Körperschaften mit Gewinnabsicht ist es<br />
vorgesehen, dass, falls sie aufgrund <strong>der</strong> Art<br />
<strong>der</strong> zu erledigenden Tätigkeiten nicht die<br />
gesamte Quote <strong>der</strong> beeinträgtigen Personen<br />
beschäftigen können, sie teilweise<br />
von dieser Pflicht befreit werden können.<br />
Dafür müssen sie in den Landesfonds einen<br />
Befreiungsbeitrag von 30,64 Euro für<br />
jeden nicht beschäftigten Invaliden und<br />
für jeden von diesem nicht geleisteten<br />
Arbeitstag einzahlen. Betriebe, die ihre<br />
27
Arbeitsrecht<br />
Tätigkeit wegen außerordentlicher Lohnausgleichskasse,<br />
sowie während des Verfahrens<br />
<strong>der</strong> Mobilität (Gesetz Nr. 223 vom<br />
23.7.1991) ausgesetzt haben, sind von <strong>der</strong><br />
Pflichtvermittlung befreit. <strong>Die</strong> Kündigung<br />
laut Artikel 4 des Gesetzes Nr. 223 vom<br />
23.7.1991 bzw. die Kündigung in Bezug<br />
auf die pflichtmäßig aufgenommenen Personen<br />
wegen Personalreduzierung o<strong>der</strong><br />
wegen eines gerechtfertigten Grundes<br />
kann annulliert werden, wenn die Pflichtquote<br />
an geschützten Arbeitnehmer unterschritten<br />
wird.<br />
Begünstigungen für die Aufnahmen<br />
<strong>Die</strong> Abteilung Arbeit <strong>der</strong> Landesverwaltung<br />
kann den privaten Arbeitgebern spezielle<br />
Begünstigungen gewähren.<br />
Im Einzelnen sind dies:<br />
|- die gänzliche Befreiung von <strong>der</strong> Besteuerung<br />
<strong>der</strong> Fürsorge- und Versicherungsbeiträge<br />
für eine Dauer von acht Jahren<br />
für jeden aufgenommen Invaliden, <strong>der</strong><br />
unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Gesetzesreform<br />
eine Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit<br />
von über 79 % aufweist o<strong>der</strong> für<br />
Personen mit geistiger und psychischer<br />
Beeinträchtigung, unabhängig vom<br />
Prozentsatz an Invalidität;<br />
|- Befreiung von <strong>der</strong> Besteuerung im Ausmaß<br />
von 50 % für die Höchstdauer von<br />
5 Versicherungs- und Fürsorgejahren für<br />
jeden Arbeitnehmer, <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
des neuen Gesetzes aufgenommen<br />
worden ist, und <strong>der</strong> eine Vermin<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit zwischen 67 % und<br />
79 % aufweist;<br />
|- die Rückvergütung des Pauschalbetrages<br />
<strong>der</strong> nötigen Spesen zur Anpassung<br />
des Arbeitsplatzes an die Arbeitsbedingungen<br />
des beeinträchtigten Arbeitnehmers,<br />
<strong>der</strong> eine Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Arbeitsfähigkeit von über 50 % aufweist;<br />
|- die teilweise Rückvergütung <strong>der</strong> Kosten<br />
zur Verwirklichung eines Telearbeitsplatzes<br />
für Personen mit Beeinträchtigung<br />
o<strong>der</strong> zum Abbau von<br />
architektonischen Barrieren, die die<br />
Arbeitseinglie<strong>der</strong>ung mit Beeinträchtigung<br />
verhin<strong>der</strong>n.<br />
<strong>Die</strong>se Begünstigungen sind durch ein Landesgesetz<br />
vorgesehen und gelten nur für<br />
die Autonome Provinz Bozen.<br />
Strafen<br />
<strong>Die</strong> Nichteinhaltung des Gesetzes sieht<br />
folgende Verwaltungsstrafen vor:<br />
|- nach Verstreichen von 60 Tagen ab dem<br />
Datum <strong>der</strong> Verpflichtung zur Aufnahme<br />
von Personen mit Beeinträchtigung<br />
muss <strong>der</strong> Arbeitgeber für jeden Arbeitstag<br />
und im Verhältnis zur Anzahl <strong>der</strong> beeinträchtigten<br />
Personen, die nicht am<br />
selben Tag als beschäftigt aufscheinen,<br />
einen Betrag von 57,17 Euro entrichten;<br />
|- im Falle von verspäteter Einreichung <strong>der</strong><br />
Jahresmeldung des Personals muss <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber den Betrag von 578,43 Euro<br />
entrichten, <strong>der</strong> für jeden verspäteten<br />
Tag um 28,02 Euro erhöht wird. <strong>Die</strong>se<br />
Strafen werden vom Arbeitsinspektorat<br />
verhängt und sind für den Fonds <strong>der</strong> Beschäftigung<br />
beeinträchtigter Personen<br />
bestimmt.<br />
Übergangsbestimmung<br />
Es ist ein Übergangszeitraum vorgesehen<br />
bis die Regelung des <strong>Rechte</strong>s auf Arbeit<br />
für die Waisen und Witwen erlassen wird,<br />
in welchem für diese Personen eine Quote<br />
von 1 % ausschließlich bei einer Anzahl<br />
von über 50 Arbeitnehmern sowohl für<br />
private als auch für öffentliche Arbeitgeber<br />
vorgesehen ist.<br />
28
Arbeitsrecht<br />
Tipp<br />
Vorlage für einen Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit<br />
Zwischen dem Betrieb......................................................vertreten durch Herrn/Frau..................................................... und<br />
dem/<strong>der</strong> Arbeitnehmer/in................................. Adresse, geb. am..................................in......................Ausweis..............<br />
Nr. .......................ausgestellt von............................... am.................................... Steuernummer....................................................<br />
wird ein Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit zu folgenden Bedingungen abgeschlossen:<br />
Herr/Frau....................... wird eingestellt als...................... und es werden ihm/ihr folgende Arbeitsaufgaben<br />
zugewiesen.................. <strong>Die</strong> Einstufung erfolgt in die.................... Stufe/Lohnebene/Kategorie..........................<br />
(Arbeiter, Angestellte, Führungskräfte) des Nationalen Arbeitskollektivvertrages für den Sektor ................<br />
Arbeitsbeginn ist...............................................................................................................<br />
Der/die Arbeitnehmer/in erhält die Matrikelnummer........................................<br />
Arbeitsort ist.......................................................................................................................<br />
<strong>Die</strong> monatliche Entlohnung setzt sich wie folgt zusammen:<br />
Grundlohn...........................................................................................................................<br />
Kontingenzzulage.............................................................................................................<br />
Drittes Lohnelement........................................................................................................<br />
persönl. Zulage..................................................................................................................<br />
BRUTTOLOHN<br />
Euro...................................................................<br />
<strong>Die</strong> Entlohnung wird jeweils am..................... ausbezahlt.<br />
<strong>Die</strong> Probezeit beträgt.......................................... Tage.<br />
Was die Ferien, die Arbeitszeit und die Kündigungsfrist betrifft, so gelten die Bestimmungen des NAKV<br />
Sektor........................................................................ (die Arbeitszeit wird wie folgt vereinbart: Montag-Freitag<br />
von.................................. bis ………………………… und von................................ bis................................... ).<br />
Im Sinne des Datenschutzgesetzes (Art. 10 des Gesetzes Nr. 675/96) informiert <strong>der</strong> Betrieb, dass zur<br />
Durchführung des Arbeitsverhältnisses sowie zur Einhaltung <strong>der</strong> Sozialversicherungs- und <strong>der</strong> weiteren<br />
gesetzlichen Verpflichtungen persönliche Daten erhoben werden, die vom Betrieb und von<br />
Dritten (Lohn- und Arbeitsberater, Bankinstitute, Aufsichtsorgane usw.) ausschließlich für die oben<br />
angeführten Zwecke wie Ausarbeitung <strong>der</strong> Lohnstreifen, Überweisung des Lohnes, Abwicklung <strong>der</strong><br />
Sozialversicherungsbeziehungen usw. verwendet werden. <strong>Die</strong> persönlichen Daten, in <strong>der</strong>en Besitz<br />
<strong>der</strong> Betrieb gelangt, werden manuell sowie mit informatischen und/o<strong>der</strong> telematischen Mitteln, unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> Geheimhaltungspflicht, weiterverarbeitet. Der Betroffene kann die im Art.<br />
13 des Datenschutzgesetzes vorgesehenen <strong>Rechte</strong> beanspruchen (Einsichtnahme, Richtigstellung,<br />
Löschung und Blockierung <strong>der</strong> irregulären Daten). Mit <strong>der</strong> Unterschrift zu diesem Vertrag erteilt <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer dem Betrieb sowie Dritten (Lohn- o<strong>der</strong> Arbeitsberater, Bankinstitute, Sozialversicherungsinstitute<br />
usw.) seine ausdrückliche Zustimmung zur Verarbeitung <strong>der</strong> persönlichen und auch<br />
<strong>der</strong> sensiblen Daten (Genehmigung des Datenschutzbeauftragten Nr. 1/97 und folgende), die zur korrekten<br />
Abwicklung des Arbeitsverhältnisses erfor<strong>der</strong>lich sind.<br />
Ort, Datum Unterschrift des Betriebsvertreters Unterschrift des Arbeitnehmers<br />
29
Arbeitsrecht<br />
2.4. (Individueller) arbeitsvertrag<br />
Arbeitsverträge werden meist schriftlich<br />
abgeschlossen, aber auch mündliche<br />
sind gültig. Ein Element des Arbeitsvertrages<br />
ist die Willenseinigung <strong>der</strong> Parteien,<br />
wozu es keine Regel gibt, außer dass<br />
sie eben mit dem Arbeitsvertrag zustande<br />
kommt.<br />
Oft wird auch auf innerbetriebliche Abkommen<br />
verwiesen; bevor man unterschreibt,<br />
sollte man sie sich aushändigen<br />
lassen. Es ist empfehlenswert auf einen<br />
schriftlichen Arbeitsvertrag zu pochen,<br />
denn nur so ist das Vereinbarte beweisbar.<br />
Bestimmte Vertragsbestimmungen<br />
sind überhaupt nur gültig, wenn sie<br />
schriftlich vereinbart sind, zum Beispiel<br />
die Probezeit. Einzelarbeitsverträge dürfen<br />
kollektivvertragliche und gesetzliche<br />
Mindestansprüche <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
nur erweitern und verbessern, nicht aber<br />
aufheben o<strong>der</strong> einschränken, auch nicht<br />
mit Zustimmung <strong>der</strong> Arbeitnehmer. Ein<br />
Verzicht auf kollektivvertragliche Mindestansprüche<br />
ist – sowohl beim Abschluss<br />
des Vertrages als auch während<br />
<strong>der</strong> ganzen Dauer des Arbeitsverhältnisses<br />
– unwirksam. <strong>Die</strong> Ansprüche bleiben<br />
einklagbar und können nur nach erfolgter<br />
Auflösung des Arbeitsverhältnisses<br />
infolge Verzichtserklärung rechtsgültig<br />
erlöschen (bis 6 Monate nach <strong>der</strong> Kündigung<br />
noch Einspruchsmöglichkeit).<br />
Ob eine Son<strong>der</strong>vereinbarung gegenüber<br />
dem Kollektivvertrag eine günstigere<br />
o<strong>der</strong> schlechtere Regelung darstellt, ist<br />
mit einem Günstigkeitsvergleich <strong>der</strong> gesamten<br />
Vereinbarung zu beurteilen.<br />
2.4.1. Informationspflicht<br />
Mit dem GVD (Gesetzesvertretendes Dekret)<br />
Nr. 152/97 wurde auch in Italien eine<br />
europäische Richtlinie umgesetzt, welche<br />
die öffentlichen und privaten Arbeitgeber<br />
innerhalb 30 Tagen ab Anstellung<br />
verpflichtet, folgende Informationen den<br />
Arbeitnehmern auszuhändigen:<br />
Identität des Vertragspartners, Arbeitsort,<br />
Beginn und Dauer des Arbeits-verhältnisses,<br />
Dauer <strong>der</strong> Probezeit (*), Einstufung,<br />
Lohnebene und zugesprochene Arbeitsaufgaben,<br />
Anfangsgehalt und Zahlungsperiode,<br />
Dauer des bezahlten Urlaubs<br />
und organisatorische Abwicklung (*), Arbeitszeit<br />
(*), Kündigungsfrist (*).<br />
(*) = <strong>Die</strong>se Angaben können auch in Form<br />
eines Hinweises auf den zuständigen Kollektivvertrag<br />
gegeben werden.<br />
Der Informationspflicht kann durch einen<br />
schriftlichen Arbeitsvertrag, ein Anstellungsschreiben<br />
o<strong>der</strong> eine Erklärung<br />
seitens des Arbeitgebers nachgekommen<br />
werden. Der Arbeitgeber teilt auch<br />
innerhalb von 30 Tagen jegliche Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> vorgenannten Angaben, die<br />
nicht durch Gesetz o<strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
festgelegt sind, mit. Bei Verstößen gegen<br />
die Informationspflicht kann sich <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
an das Arbeitsamt wenden.<br />
Liefert <strong>der</strong> Arbeitgeber dann immer<br />
noch nicht die Angaben, so sind Verwaltungsstrafen<br />
von bis zu 1.549,37 Euro<br />
vorgesehen. Bereits Beschäftigte können<br />
um die betreffenden Informationen ansuchen.<br />
Der Arbeitgeber hat 30 Tage Zeit<br />
zu antworten. Ein weiteres Gesetz (Nr.<br />
608/96) sieht vor, dass <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
dem Arbeitnehmer die Matrikelnummer<br />
bekannt gibt.<br />
2.4.2. Anstellung<br />
Bei <strong>der</strong> Anstellung muss <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
folgende Unterlagen bringen:<br />
|- die Identitätskarte (Gültigkeit 5 Jahre),<br />
30
Arbeitsrecht<br />
Unterlagen um das Familiengeld zu<br />
beanspruchen, o<strong>der</strong> Kopie des Studientitels,<br />
|- die Steuernummer. Für ausländische<br />
Arbeitnehmer: Eu-Bürger den Ausweis<br />
welcher zur Einreise notwendig war<br />
(damit können diese eine Aufenthaltsgenehmigung<br />
aus Arbeitsgründen<br />
beantragen), Nicht-EU-Bürger die Aufenthaltsgenehmigung,<br />
und mit dieser<br />
wird ein eigenes Gesuch um Arbeitsgenehmigung<br />
beim Arbeitsamt gemacht.<br />
Seit 1. Dezember 2008 gilt gemäß Ministerialdekret<br />
vom 30/10/2007 die vereinheitlichte<br />
Pflichtmitteilung bereits<br />
mindestens 1 Tag vor Arbeitsbeginn von<br />
Arbeitsverhältnissen. Über eine einzige<br />
Meldung an das Amt für Arbeitsmarktbeobachtung<br />
wird die Mitteilungspflicht<br />
sowohl gegenüber <strong>der</strong> Landeverwaltung<br />
als auch gegenüber den Versicherungsinstituten<br />
wie NISF/INPS o<strong>der</strong> INAIL sowie<br />
<strong>der</strong> Polizeibehörde erfüllt.<br />
2.5. Gesundheitsuntersuchungen<br />
Auch private Arbeitgeber können den<br />
Arbeitnehmer vor dessen Anstellung auf<br />
dessen physische Eignung für die Arbeit<br />
untersuchen lassen, in öffentlichen Betrieben<br />
wird diese Untersuchung immer<br />
verlangt. <strong>Die</strong> Untersuchungen müssen<br />
von öffentlichen Strukturen des Gesundheitsdienstes<br />
(siehe Art. 5 des Arbeitnehmerstatuts)<br />
vorgenommen werden.<br />
2.6. Probezeit<br />
Bei Abschluss des Arbeitsvertrages kann<br />
eine Probezeit vereinbart werden. <strong>Die</strong>s<br />
hat schriftlich zu erfolgen, ansonsten<br />
ist <strong>der</strong> Arbeitsvertrag gleich auf unbestimmte<br />
Zeit gültig. Während <strong>der</strong> Probezeit<br />
können beide Vertragsparteien das<br />
Arbeitsverhältnis ohne Einhalten einer<br />
Kündigungsfrist auflösen. <strong>Die</strong> Probezeit<br />
ist dazu da, die berufliche Eignung des<br />
Arbeitnehmers festzustellen. Aufgrund<br />
einer Entscheidung des Kassationsgerichtshofes<br />
muss die eventuelle Auflösung<br />
des Arbeitsverhältnisses während<br />
<strong>der</strong> Probezeit in direktem Zusammenhang<br />
mit den beruflichen Erfor<strong>der</strong>nissen<br />
des Arbeitsverhältnisses stehen.<br />
Das Höchstausmaß <strong>der</strong> Probezeit ist von<br />
den Kollektivverträgen vorgesehen, das<br />
Gesetz sieht als oberste Grenze 6 Monate<br />
vor.<br />
Allgemein gelten folgende Höchstgrenzen:<br />
|- 6 Monate für Führungskräfte und Angestellte<br />
<strong>der</strong> 1. Kategorie;<br />
|- 3 Monate für an<strong>der</strong>e Angestellte und<br />
Reisende;<br />
|- 1 Monat für Son<strong>der</strong>kategorien;<br />
|- 15 Tage für Arbeiter, die von den Kollektivverträgen<br />
auf 3 Wochen bzw. 1<br />
Monat ausgedehnt werden können;<br />
|- 2 Monate für Lehrlinge.<br />
Während <strong>der</strong> Probezeit greifen alle arbeits-<br />
und lohnrechtlichen Bestimmungen.<br />
Eine Probezeit kann für alle verschiedenen<br />
Arbeitsverträge vereinbart werden.<br />
In Bezug auf die Pflichteinstellung <strong>der</strong><br />
Invaliden (Gesetz 482/68) hat <strong>der</strong> Verfassungsgerichtshof<br />
eine Probezeit zugelassen,<br />
sofern die Probe Arbeitsaufgaben<br />
umfasst, die mit <strong>der</strong> Invalidität vereinbar<br />
sind und das Ergebnis <strong>der</strong> Probe nicht<br />
durch eine geringere Leistungsfähigkeit<br />
im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Invalidität<br />
beeinflusst wird. <strong>Die</strong> Kündigung aufgrund<br />
von Schwangerschaft o<strong>der</strong> Krank-<br />
31
Arbeitsrecht<br />
heit während <strong>der</strong> Probezeit ist nicht<br />
zulässig (Urteile des Kassationsgerichtshofes<br />
Nr. 4747/1993 und 6988/1991).<br />
2.7. Befristete Arbeitsverträge<br />
Das Gesetzesdekret Nr. 368/2001 hat die<br />
Bestimmungen in Bezug auf diese Art<br />
von Arbeitsverhältnissen weitgehend abgeän<strong>der</strong>t.<br />
Es gilt nun eine gewisse Liberalisierung,<br />
obwohl das Gesetz weiterhin<br />
Bedingungen für ein befristetes Arbeitsverhältnis<br />
vorsieht.<br />
Es sind dies:<br />
|- technische Voraussetzungen;<br />
|- produktive und organisatorische Voraussetzungen;<br />
|- Ersatz (als Ersatz für abwesende Arbeitnehmer<br />
mit Recht auf Beibehaltung des<br />
Arbeitsplatzes);<br />
|- Einstellung von Führungskräften;<br />
|- Einstellung von Arbeitnehmern, welche<br />
in <strong>der</strong> Mobilitätsliste eingetragen sind;<br />
|- Einstellung von Arbeitnehmern, welche<br />
die Pensionierung aufgeschoben haben;<br />
|- Einstellungen im Gastgewerbe.<br />
<strong>Die</strong> Dauer <strong>der</strong> befristeten Arbeitsverträge<br />
wird unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Bedürfnisse<br />
<strong>der</strong> Betriebe und <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
vereinbart. Das Gesetz sieht im Allgemeinen<br />
keine Höchstdauer für diese Art von<br />
Arbeitsverträgen vor.<br />
Das Gesetz verbietet ausdrücklich die<br />
Aufnahme von Beschäftigten auf Zeit als<br />
Ersatz für streikende Arbeitnehmer. Ein<br />
Arbeitsvertrag auf Zeit ist nur gültig, wenn<br />
er schriftlich abgeschlossen wurde. Sollte<br />
kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegen,<br />
so gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet.<br />
Innerhalb <strong>der</strong> ersten 5 Arbeitstage<br />
muss dem Arbeitnehmer eine Kopie des<br />
Arbeitsvertrages ausgehändigt werden.<br />
<strong>Die</strong> Beschäftigten auf Zeit haben wie die<br />
übrigen Arbeitnehmer Anrecht auf Urlaub,<br />
13. Monatslohn, Abfertigung sowie<br />
auf alle übrigen Lohnanteile, die <strong>der</strong> entsprechende<br />
Kollektivvertrag vorsieht.<br />
Am Ende des festgelegten Termins löst<br />
sich das Arbeitsverhältnis automatisch<br />
auf, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist<br />
bzw. ohne jegliche Mitteilung. Das<br />
Arbeitsverhältnis auf Zeit kann nur verlängert<br />
werden und zwar wenn es die<br />
Umstände erfor<strong>der</strong>n und für die gleiche<br />
Tätigkeit, für welche <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
ursprünglich eingestellt worden ist. <strong>Die</strong><br />
Gesamtdauer darf allerdings drei Jahre<br />
nicht überschreiten. Sollte das Arbeitsverhältnis<br />
über den ursprünglich festgelegten<br />
Zeitraum und über die Verlängerung<br />
weitergeführt werden, so steht dem Arbeitnehmer<br />
für die ersten 10 Arbeitstage<br />
ein Aufschlag von 20 % bzw. für die weiteren<br />
Arbeitstage ein Aufschlag von 40<br />
% zu (bis höchstens 20 Tage, wenn <strong>der</strong><br />
ursprüngliche Arbeitsvertrag weniger als<br />
6 Monate betrug; bis höchstens 30 Tage,<br />
wenn <strong>der</strong> ursprüngliche Arbeitsvertrag<br />
für einen Zeitraum von mehr als 6 Monate<br />
abgeschlossen wurde). Sollte das Arbeitsverhältnis<br />
über die genannten Zeiträume<br />
von 20 bzw. 30 Tagen weitergeführt werden,<br />
gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet.<br />
Es gibt aber auch die Möglichkeit,<br />
einen Arbeitsvertrag auf Zeit zu erneuern,<br />
d. h. eine Wie<strong>der</strong>einstellung auf Zeit für<br />
denselben Arbeitnehmer vorzunehmen,<br />
wenn zwischen beiden Arbeitsverträgen<br />
mindestens 10 bzw. 20 Tage liegen. <strong>Die</strong><br />
Zeit richtet sich nach <strong>der</strong> Dauer des ursprünglichen<br />
ersten Vertrages (unter o<strong>der</strong><br />
über 6 Monate).<strong>Die</strong> vorzeitige Kündigung<br />
des befristeten Arbeitsvertrages wird im<br />
32
Arbeitsrecht<br />
Kapitel „Kündigung des Arbeitsverhältnisses“<br />
behandelt.<br />
2.8. Wichtige Arbeitsdokumente<br />
Verschiedene Gesetze verpflichten den<br />
Arbeitgeber, folgende Arbeitsdokumente<br />
zu führen o<strong>der</strong> aufzubewahren:<br />
a) libro unico di lavoro (Einheitslohnbuch)<br />
b) Unfallregister<br />
c) Register <strong>der</strong> periodischen Pflichtuntersuchungen<br />
(für die dazu verpflichteten<br />
Betriebe).<br />
d) Anmeldung beim Arbeitsamt<br />
e) Kopien <strong>der</strong> Lohnstreifen und Unterlagen<br />
über die Einzahlung <strong>der</strong> Sozialabgaben<br />
und <strong>der</strong> Einkommenssteuern.<br />
Ferner muss <strong>der</strong> Arbeitgeber an gut zugänglicher<br />
Stelle anschlagen:<br />
a) die Arbeitszeit<br />
b) die Unfallverhütungsvorschriften<br />
c) Hinweis, an welche Ärzte und Krankenhäuser<br />
man sich bei einem Arbeitsunfall<br />
zu wenden hat (D.P.R. Nr. 1124 vom<br />
30.6.1965)<br />
d) bei gesundheitsschädlichen Arbeiten<br />
die genauen Adressen <strong>der</strong> Ärzte und<br />
<strong>der</strong> Erste-Hilfe-Station<br />
e) eine Kopie des Arbeitskollektivvertrages<br />
(Gesetz Nr. 562 vom 18.3.1926) und<br />
<strong>der</strong> Bestimmungen über die Disziplinarmaßnahmen<br />
(Gesetz Nr. 300, Art. 7 vom<br />
20.5.1970).<br />
<strong>Die</strong> Dokumente, die dem Arbeitnehmer<br />
gehören, müssen ihm spätestens am<br />
folgenden Tag nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses<br />
ausgehändigt werden<br />
(Gesetz Nr. 112/1935). Bei verspäteter Aushändigung<br />
hat <strong>der</strong> Arbeitnehmer Anrecht<br />
auf Schadensersatz (Urteil des Kassationsgerichtshofes<br />
Nr. 7541/1990).<br />
2.9. Beson<strong>der</strong>e Arbeitsverträge<br />
2.9.1. Jugendschutzgesetz<br />
(Nr. 977/1967 und GVD Nr.<br />
345/1999)<br />
Der Zugang zum Arbeitsmarkt steht den<br />
Jugendlichen ab dem 16. Lebensjahr und<br />
nach Erfüllung <strong>der</strong> Schulpflicht offen.<br />
Gemäß Art. 1, Abs. 622 des Gesetzes Nr.<br />
296/2006 gilt für Lehrlinge eine Ausnahme:<br />
diese können bereits mit 15 Jahren<br />
eingestellt werden. <strong>Die</strong> Schulpflicht beträgt<br />
nunmehr 9 Jahre. <strong>Die</strong> Arbeitszeit beträgt<br />
für Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr<br />
höchstens 8 Stunden täglich und 40<br />
wöchentlich, für Kin<strong>der</strong> (nur für die Ausnahmen<br />
für den Bereich Schauspiel und<br />
Kultur, Hausangestellte, Familienbetriebe)<br />
7 Stunden täglich und 35 wöchentlich.<br />
Durchgehend dürfen die Jugendlichen<br />
nicht mehr als 4,5 Stunden arbeiten. Dann<br />
ist gesetzlich eine Pause von einer Stunde<br />
vorgesehen. <strong>Die</strong> Kollektivverträge können<br />
die Pause auf eine halbe Stunde verkürzen.<br />
Nacht-, Sonntags- und Überstundenarbeit<br />
ist für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche nicht zulässig<br />
(außer mit eigener Genehmigung für<br />
Jugendliche über 16 Jahren bei höherer<br />
Gewalt). Nachtarbeit ist die Zeit zwischen<br />
22 und 6 o<strong>der</strong> 23 und 7 Uhr. Sonntagsarbeit<br />
ist im Gastgewerbe zulässig. <strong>Die</strong> wöchentliche<br />
Ruhezeit muss mindestens 2<br />
Tage umfassen, nur aus nachweisbaren<br />
technischen o<strong>der</strong> organisatorischen Gründen<br />
ist eine Verkürzung auf 36 Stunden<br />
Ruhezeit möglich. Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
dürfen nicht zu gefährlichen, schweren<br />
und gesundheitsschädigenden Arbeiten<br />
herangezogen werden, so wie sie im Anhang<br />
zum Jugendschutzgesetz angeführt<br />
sind. Eine Ausnahme, die genehmigt werden<br />
muss, gibt es nur aus Gründen <strong>der</strong><br />
33
Arbeitsrecht<br />
Berufsausbildung. Im Sinne des Jugendschutzgesetzes<br />
gelten als Kin<strong>der</strong> jene bis<br />
zum vollendeten 15. Lebensjahr und als<br />
Jugendliche jene vom 15. bis zum 18. Lebensjahr.<br />
<strong>Die</strong> Informationen über die Arbeitssicherheitsvorschriften<br />
müssen auch<br />
den Eltern mitgeteilt werden.<br />
Mit einer Verordnung sind die Strafen<br />
bei Verletzung <strong>der</strong> Vorschriften des Jugendschutzgesetzes<br />
verschärft worden.<br />
Bei Nichtbeachtung <strong>der</strong> entsprechenden<br />
Bestimmungen über die Verrichtung von<br />
gefährlichen, schweren und ungesunden<br />
Arbeiten ist eine Haftstrafe für den Arbeitgeber<br />
von 1 bis 4 Monaten o<strong>der</strong> eine<br />
Geldstrafe von 1.032,91 bis 5.164,00 Euro<br />
vorgesehen. Eine Haftstrafe von bis zu 3<br />
Monaten o<strong>der</strong> eine Geldstrafe von 516,46<br />
bis 2.582,28 Euro droht bei Nichtbeachtung<br />
<strong>der</strong> Bestimmungen zur Anstellung<br />
von Jugendlichen unter 16 Jahren im<br />
Wan<strong>der</strong>handel sowie bei Verletzung mehrerer<br />
an<strong>der</strong>er Obliegenheiten (ärztliche<br />
Vorsorgeuntersuchung, periodische Gesundheitskontrollen,<br />
Arbeitszeitregelung<br />
und Einhaltung <strong>der</strong> wöchentlichen Ruhepause).<br />
Strafen von 516,45 bis 2.582,28<br />
Euro können verhängt werden, wenn das<br />
Verbot zum Ausschank von alkoholischen<br />
Getränken durch Jugendliche nicht eingehalten<br />
wird o<strong>der</strong> wenn Jugendliche zu<br />
schwere Lasten tragen müssen o<strong>der</strong> die<br />
Arbeitspausen nicht einhalten.<br />
2.9.2. Lehrvertrag<br />
Mit dem Landesgesetz Nr. 2 vom 20. März<br />
2006 hat das Land Südtirol das Lehrlingswesen<br />
an die Grundsatzbestimmungen<br />
<strong>der</strong> staatlichen Schul- und Arbeitsmarktreformen<br />
und somit auch an die europäischen<br />
<strong>Stand</strong>ards angepasst. <strong>Die</strong> duale<br />
Ausbildung in Schule und Betrieb bleibt<br />
als Grundpfeiler <strong>der</strong> traditionellen Lehre<br />
erhalten, die Lehrzeit wurde aber generell<br />
auf drei Jahre verkürzt. Bei beson<strong>der</strong>s<br />
komplexen Berufen kann auch eine längere<br />
Lehrzeit festgelegt werden. Auch<br />
eine Verkürzung <strong>der</strong> Lehrzeit ist unter bestimmten<br />
Voraussetzungen möglich. Das<br />
genannte Gesetz hat auch die Liste <strong>der</strong><br />
Lehrberufe neu geordnet und aktualisiert<br />
und drei verschiedene Formen <strong>der</strong> Lehre<br />
eingeführt:<br />
|- <strong>Die</strong> traditionelle Lehre, nach dem Abschluss<br />
<strong>der</strong> geltenden Schulpflicht (Gesetz<br />
Nr. 296/2006) von 10 Jahren. <strong>Die</strong><br />
Lehre führt zu einer beruflichen Erstqualifikation,<br />
über welche die Bildungspflicht<br />
erfüllt wird. <strong>Die</strong>se Form <strong>der</strong> Lehre<br />
dauert in <strong>der</strong> Regel 3 Jahre und ist zur<br />
Zeit in 107 Lehrberufen möglich. <strong>Die</strong><br />
verlängerte Schulpflicht kann entwe<strong>der</strong><br />
an einer Oberschule o<strong>der</strong> an einer Berufsschule<br />
o<strong>der</strong> - bezogen nur auf das<br />
10. Pflichtschuljahr - in Form <strong>der</strong> Lehrlingsausbildung<br />
absolviert werden. Vor<br />
Beginn einer Lehre im 10. Pflichtschuljahr<br />
muss <strong>der</strong> Jugendliche das 9. Pflichtschuljahr<br />
positiv abgeschlossen haben.<br />
Der Mittelschulabschluss ist für schulpflichtige<br />
Jugendliche eine weitere<br />
Voraussetzung für den Abschluss eines<br />
Lehrvertrages. Jugendliche, die das 10.<br />
Jahr <strong>der</strong> Schulpflicht in Form <strong>der</strong> Lehre<br />
absolvieren, müssen allerdings bereits<br />
vor dem 1. September einen Lehrvertrag<br />
haben (Art. 15 des Landesgesetzes<br />
Nr. 2/2006, „Ordnung <strong>der</strong> Lehrlingsausbildung“<br />
ist dahingehend abgeän<strong>der</strong>t<br />
worden).<br />
|- <strong>Die</strong> Höhere Lehre, die zu einer Zusatzqualifikation<br />
o<strong>der</strong> Spezialisierung nach<br />
einer Erstausbildung (Abschluss einer<br />
Oberschule, einer Fachschule o<strong>der</strong> einer<br />
34
Arbeitsrecht<br />
Lehre) führt. <strong>Die</strong>se Form <strong>der</strong> Lehre dauert<br />
zwischen 1,5 und 3 Jahre und ist zur<br />
Zeit in 17 Lehrberufen möglich.<br />
|- <strong>Die</strong> Diplomlehre, über die u.a. ein Universitätsdiplom<br />
erreicht werden kann.<br />
<strong>Die</strong>se Form <strong>der</strong> Lehre dauert in <strong>der</strong> Regel<br />
ein Jahr länger als die reguläre Studienzeit<br />
und ist zur Zeit in zwei Berufen<br />
möglich.<br />
Ein Lehrvertrag kann in <strong>der</strong> Regel nur bis<br />
zur Vollendung des 25. Lebensjahres abgeschlossen<br />
werden, in Ausnahmefällen<br />
bis zur Vollendung des 29. Lebensjahres.<br />
Wenn <strong>der</strong> Lehrling min<strong>der</strong>jährig ist, müssen<br />
auch die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten<br />
den Lehrvertrag unterschreiben.<br />
Der Betrieb muss innerhalb von 30<br />
Tagen eine Kopie des Vertrags dem Landesamt<br />
für Lehrlingswesen und Meisterausbildung<br />
übermitteln. Eine Kopie ist zu<br />
Beginn <strong>der</strong> Arbeitstätigkeit dem Lehrling<br />
auszuhändigen.<br />
Der Lehrvertrag sieht auch eine Probezeit<br />
vor, die zwischen dem Arbeitgeber und<br />
dem Lehrling vereinbart wird (in <strong>der</strong> Regel<br />
4 bis 6 Wochen, aber nicht länger als<br />
vom Kollektivvertrag vorgesehen). Während<br />
dieser Zeit können sowohl <strong>der</strong> Lehrbetrieb<br />
als auch <strong>der</strong> Lehrling den Vertrag<br />
ohne Angabe von Gründen und fristlos<br />
auflösen. Der pflichtgemäße Besuch <strong>der</strong><br />
Berufsschule – wöchentlich o<strong>der</strong> in Blockkursen<br />
– gilt in jedem Sinne als Arbeitszeit<br />
und muss entsprechend entlohnt werden.<br />
<strong>Die</strong> Abschnitte <strong>der</strong> im selben Lehrberuf<br />
in verschiedenen Betrieben abgeleisteten<br />
Lehrzeit werden zusammengezählt,<br />
auch wenn die Lehre unterbrochen wird.<br />
Um die praktische Ausbildung im Betrieb<br />
zu ergänzen und die Lehrlinge mit neuen<br />
Technologien vertraut zu machen,<br />
ermöglicht das neue Landesgesetz zur<br />
Lehrlingsausbildung im Rahmen des<br />
Lehrverhältnisses auch überbetriebliche<br />
Ausbildungsphasen.<br />
Während <strong>der</strong> Lehrzeit sind Lehrlinge wie<br />
alle an<strong>der</strong>en <strong>ArbeitnehmerInnen</strong> kranken-,<br />
unfall- und renten-, nicht aber arbeitslosenversichert;<br />
das gilt auch für die<br />
Zeit des Besuches <strong>der</strong> Berufsschule. Es<br />
gelten die allgemeinen arbeits- und sozialrechtlichen<br />
Bestimmungen sowie <strong>der</strong><br />
Jugendarbeitsschutz. Akkordarbeit ist im<br />
Rahmen des Lehrverhältnisses verboten.<br />
Der Lehrvertrag kann bei groben Verletzungen<br />
<strong>der</strong> Pflichten von einer <strong>der</strong> beiden<br />
Seiten vorzeitig gekündigt werden. Auch<br />
an<strong>der</strong>e Gründe können zur Auflösung des<br />
Lehrverhältnisses führen (Verlegung des<br />
Arbeitsplatzes, Wohnsitzwechsel, Gefährdung<br />
<strong>der</strong> Gesundheit durch die ausgeübte<br />
Tätigkeit usw.). Normalerweise endet<br />
das Lehrverhältnis mit <strong>der</strong> bestandenen<br />
Lehrabschlussprüfung bzw. mit dem Auslaufen<br />
<strong>der</strong> Lehrzeit.<br />
Pflichten des Arbeitgebers:<br />
|- den Arbeitskollektivvertrag einzuhalten;<br />
|- den Lehrling keine Schwerarbeiten o<strong>der</strong><br />
Arbeiten verrichten lassen, für die er<br />
nicht angestellt wurde;<br />
|- dem Lehrling keine Akkordarbeiten<br />
und/o<strong>der</strong> ähnliches zuzuteilen;<br />
|- dem Lehrling bezahlte Freistellungen<br />
einzuräumen für den Besuch <strong>der</strong> Berufsschule<br />
und <strong>der</strong> Prüfungen, sowie<br />
dessen Anwesenheiten zu kontrollieren;<br />
|- dem Lehrling nicht Hilfsarbeiten zu<br />
übertragen;<br />
Pflichten des Lehrlings:<br />
|- die Anweisungen des Arbeitgebers o<strong>der</strong><br />
Vorgesetzten befolgen;<br />
35
Arbeitsrecht<br />
|- die Ausbildung verfolgen;<br />
|- die Arbeiten mit Gewissenhaftigkeit<br />
durchführen;<br />
|- die Berufsschule besuchen.<br />
Zur För<strong>der</strong>ung des Lehrlingswesens sind<br />
die Sozialabgaben äußerst gering. Gemäß<br />
Art. 1, Absatz 773 des Gesetzes vom<br />
27/12/2006 Nr. 296 betragen die Sozialabgaben<br />
für Betriebe mit bis zu 9 Beschäftigten<br />
im ersten Lehrjahr 1,5% des besteuerbaren<br />
Einkommens, 3% im zweiten Jahr<br />
und 10 % in den folgenden Jahren. Für Betriebe<br />
mit über 9 Beschäftigten betragen<br />
die Sozialbeiträge 10% für die gesamte<br />
Dauer des Lehrlingsvertrages. <strong>Die</strong> Beiträge<br />
zu Lasten <strong>der</strong> Lehrlinge betragen 5,84 %.<br />
Wird ein Lehrvertrag am Ende des Lehrzeit<br />
in einen Vertrag auf unbestimmte Zeit<br />
umgewandelt (erfolgt automatisch, wenn<br />
weitergearbeitet wird), zahlt <strong>der</strong> Betrieb<br />
noch für 12 Monate die reduzierten Sozialabgaben<br />
wie für Lehrlinge.<br />
Krankengeld für Lehrlinge<br />
Mit 01/01/2007 wurden die gesetzlichen<br />
Bestimmungen, welche für lohnabhängig<br />
Beschäftigte im Krankheitsfall gelten,<br />
auch auf die Lehrlinge ausgeweitet. Somit<br />
haben Lehrlinge bei Krankheitsdauer von<br />
mehr als 3 Tagen Anrecht auf das Krankengeld<br />
des NISF/INPS für max. 180 Tage<br />
im Kalen<strong>der</strong>jahr. <strong>Die</strong>ses wird ab dem 4.<br />
Krankheitstag bezahlt und beträgt bis zum<br />
20. Krankheitstag 50 % <strong>der</strong> normalen Entlohnung<br />
des Lehrlings, vom 21. bis zum<br />
180. Krankheitstag beträgt es 66,66 %. Das<br />
Krankengeld des NISF/INPS wird in <strong>der</strong> Regel<br />
vom Arbeitgeber über den Lohnstreifen<br />
ausbezahlt. Einige Kollektivverträge<br />
sehen auch eine Ergänzung des Krankengeldes<br />
von Seiten des Arbeitgebers vor.<br />
Gleichzeitig sind die Lehrlinge ab<br />
01/01/2007 im Falle von Krankheit über<br />
drei Tagen verpflichtet, den Krankenschein<br />
innerhalb des 2. Tages ab Ausstellung auch<br />
an das NISF/INPS zu schicken und nicht<br />
mehr nur an den Betrieb.<br />
2.9.3. Heimarbeit<br />
<strong>Die</strong> Heimarbeit wird mit dem Gesetz Nr.<br />
877 von 1973 geregelt. Heimarbeiter sind<br />
jene Arbeitnehmer, die unter Anleitung des<br />
Unternehmers, was das Ergebnis <strong>der</strong> Arbeit<br />
und die Art <strong>der</strong> Fertigung betrifft, und ohne<br />
Zuhilfenahme von bezahlten Arbeitskräften,<br />
in den eigenen Räumlichkeiten Arbeiten<br />
des auftraggebenden Unternehmens<br />
durchführen. Gefährliche Arbeiten dürfen<br />
nicht verrichtet werden. Heimarbeit kann<br />
auch mit Werkverträgen durchgeführt<br />
werden; diese unterliegen nicht dieser Regelung<br />
und unterscheiden sich dadurch,<br />
dass <strong>der</strong> selbstständige Heimarbeiter mit<br />
eigenen Mitteln und eigener Arbeitsorganisation<br />
die Leistung vollbringt und nur<br />
für das Ergebnis <strong>der</strong> Leistung gegenüber<br />
dem Auftraggeber verantwortlich ist und<br />
somit jeglicher Kontrolle und Anweisung<br />
durch den Auftraggeber entzogen ist. Unternehmen,<br />
die Heimarbeit vergeben wollen,<br />
müssen sich in ein eigenes Verzeichnis<br />
beim Arbeitsamt eintragen, welches von<br />
einer Kommission verwaltet wird. <strong>Die</strong> Entlohnung<br />
<strong>der</strong> Heimarbeiter hat auf <strong>der</strong> Basis<br />
des vollen Akkordlohnes des Kollektivvertrages<br />
zu erfolgen.<br />
Sieht <strong>der</strong> Kollektivvertrag diesbezüglich<br />
nichts vor, dann wird <strong>der</strong> volle Akkordlohn<br />
(einschließlich <strong>der</strong> Entschädigungen<br />
für Maschinenbenutzung, Miete, Energie<br />
sowie Feiertagsarbeit, Urlaub, 13. Monatslohn<br />
und <strong>Die</strong>nstalterszulage) von einer eigenen<br />
Kommission beim Arbeitsamt festgelegt.<br />
36
Arbeitsrecht<br />
<strong>Die</strong> Auflösung des Vertrages kann im bei<strong>der</strong>seitigen<br />
Einvernehmen erfolgen. Das<br />
Gesetz sieht keine Kündigungsfrist vor. Es<br />
wird aber empfohlen, eine angemessene<br />
Kündigungsfrist einzuhalten. <strong>Die</strong> Sozialbeiträge<br />
zu Lasten des Arbeitnehmers und<br />
zu Lasten des Arbeitgebers sind dieselben<br />
wie für die Allgemeinheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer.<br />
Der beitragspflichtige Lohn besteht<br />
aus dem effektiv ausbezahlten Lohn. Bei<br />
Krankheit erfolgt die Berechnung des<br />
Krankengeldes auf Grund des durchschnittlichen<br />
Tageslohnes, <strong>der</strong> vor <strong>der</strong><br />
Krankheit ausbezahlt wurde (Zuschlag für<br />
Urlaub, Feiertage usw. inbegriffen). Außerdem<br />
besteht Anrecht auf Mutterschaftsgeld,<br />
Hochzeitsurlaub, Familiengeld sowie<br />
Mobilitätsgeld.<br />
2.9.4. Hausangestellte<br />
<strong>Die</strong> Mitarbeit im Haushalt ist durch beson<strong>der</strong>e<br />
Gesetze (Gesetz Nr. 339/1958, Art.<br />
2240 BGB und D.P.R. Nr. 1403/1971) und<br />
auch durch den Kollektivvertrag geregelt.<br />
Es gibt eine Einstufung in 4 Kategorien mit<br />
Angestellten- o<strong>der</strong> Arbeiteraufgaben. Der<br />
Arbeitgeber muss bei Beginn des Arbeitsverhältnisses<br />
die Anmeldung beim INPS/<br />
NISF vornehmen. Laut Kollektivvertrag<br />
muss <strong>der</strong> Arbeitsgeber den Beschäftigten<br />
bei Anstellung ein Anstellungsschreiben<br />
aushändigen, woraus die wichtigsten Elemente<br />
des Arbeitsvertrages hervorgehen.<br />
Bei einer Vollzeitbeschäftigung darf die<br />
normale Arbeitszeit 54 Stunden bei mit<br />
<strong>der</strong> Familie zusammenlebenden Hausangestellten<br />
und 40 Stunden bei auswärts<br />
schlafenden Hausangestellten nicht übersteigen.<br />
Ausschlaggebend ist die vereinbarte<br />
Arbeitszeit. Der Arbeitgeber ist kein<br />
Steuersubstitut und somit müssen die<br />
Hausangestellten selbst die Steuer anlässlich<br />
<strong>der</strong> Einkommenssteuererklärung<br />
zahlen.<br />
2.9.5. Der Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag<br />
Der Art. 54 <strong>der</strong> gesetzesvertr. Verordnung<br />
Nr. 276/2003 bezeichnet als Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag<br />
jenes Arbeitsverhältnis welches<br />
darauf abzielt, die Einglie<strong>der</strong>ung bzw.<br />
Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung in den Arbeitsmarkt<br />
bestimmter Kategorien von Personen zu<br />
gewährleisten. Der Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag<br />
ersetzt den Arbeits- und Ausbildungsvertrag,<br />
da sich <strong>der</strong> Gesetzgeber dafür ausgesprochen<br />
hat, für Ausbildungszwecke<br />
auch gehobener Art den Lehrvertrag zu<br />
bevorzugen. In jedem Fall behalten die<br />
Arbeits- und Ausbildungsverträge die zum<br />
Datum des Inkrafttretens <strong>der</strong> gesetzesvertr.<br />
Verordung 276/2003 bestehen, ihre Gültigkeit<br />
bis zum natürlichen Ablauf bei.<br />
Zielgruppe des Einglie<strong>der</strong>ungsvertrages<br />
sind Jugendliche zwischen 18 und 29 Jahren,<br />
Langzeitarbeitslose zwischen 29 und<br />
32 Jahren, arbeitslose Arbeitnehmer mit<br />
mehr als 50 Jahren, Arbeitnehmer welche<br />
nach einer Unterbrechung von mindestens<br />
zwei Jahren in den Arbeitsmarkt<br />
wie<strong>der</strong> einsteigen, Personen mit schwerwiegen<strong>der</strong><br />
körperlichen, geistigen o<strong>der</strong><br />
psychischen Beeinträchtigungen.<br />
Der Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag kann von Arbeitgebern<br />
abgeschlossen werden, welche<br />
mindestens 60 % <strong>der</strong> Personen, <strong>der</strong>en<br />
Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag in den 18 vorausgehenden<br />
Monaten ausgelaufen ist, weiter<br />
beschäftigen. Der Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag<br />
ist schriftlich abzuschließen und muss die<br />
Angabe des individuellen Einglie<strong>der</strong>ungsprojektes<br />
enthalten. Fehlt die schriftliche<br />
Form, ist <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag nichtig<br />
und die betreffende Einstellung gilt<br />
auf unbefristete Zeit. Der Einglie<strong>der</strong>ungs-<br />
37
Arbeitsrecht<br />
vertrag hat eine Dauer von mindestens 9<br />
Monaten und höchstens 18 Monaten.<br />
Für einen Teil <strong>der</strong> mit Einstellungsvertrag<br />
beschäftigten Arbeitnehmer sind reduzierte<br />
Sozialbeiträge vorgesehen, diese betragen<br />
25 %; weitere Beitragsreduzierungen<br />
bis zu insgesamt 50 % o<strong>der</strong> 60 % stehen für<br />
die Beschäftigung von beson<strong>der</strong>s benachteiligten<br />
Arbeitnehmergruppen zu.<br />
2.9.6. Arbeitsplatzteilung<br />
„Job Sharing“<br />
Der Art. 41 <strong>der</strong> gesetzesv. Verordnung<br />
276/2003 bezeichnet den sog. „job<br />
sharing“-Vertrag als einen beson<strong>der</strong>en Arbeitsvertrag,<br />
mit dem sich zwei Arbeitnehmer<br />
solidarisch verpflichten, ein und dieselbe<br />
Arbeitsleistung wahrzunehmen. Im<br />
Gegensatz zu dem, was vor Inkrafttreten<br />
<strong>der</strong> oben erwähnten Verordnung gegolten<br />
hat, (das „job sharing“ konnte zwei o<strong>der</strong><br />
mehrere Arbeitnehmer betreffen) kann<br />
jetzt <strong>der</strong> sog. „job sharing“-Vertrag also<br />
nur zwischen dem Betrieb und zwei mithaftenden<br />
Arbeitnehmern unterzeichnet<br />
werden. Unbeschadet <strong>der</strong> solidarischen<br />
Verpflichtung und vorbehaltlich an<strong>der</strong>s<br />
lauten<strong>der</strong> Absprachen zwischen den Parteien,<br />
ist je<strong>der</strong> <strong>der</strong> beiden Arbeitnehmer<br />
für die Erfüllung <strong>der</strong> gesamten zu erbringenden<br />
Arbeitsleistung persönlich und<br />
unmittelbar verantwortlich. Kann einer<br />
<strong>der</strong> beiden Arbeitnehmer den <strong>Die</strong>nst nicht<br />
erbringen, muss die an<strong>der</strong>e mithaftende<br />
Person ihn ersetzen. <strong>Die</strong> Kündigung o<strong>der</strong><br />
Selbstkündigung eines <strong>der</strong> beiden mithaftenden<br />
Arbeitnehmer bewirkt die Auflösung<br />
<strong>der</strong> gesamten vertraglichen Bindung.<br />
<strong>Die</strong>s bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis<br />
auch mit dem an<strong>der</strong>en Arbeitnehmer aufgelöst<br />
wird. Ist jedoch <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mithaftende<br />
auf Antrag des Arbeitgebers bereit,<br />
die vertragliche Arbeitsleistung im vollen<br />
Umfang o<strong>der</strong> zum Teil wahrzunehmen,<br />
wird <strong>der</strong> sog. „job sharing“-Vertrag in einen<br />
normalen Arbeitsvertrag (Vollzeit o<strong>der</strong><br />
Teilzeit) umgewandelt.<br />
2.9.7. Berufspraktika<br />
<strong>Die</strong> Betriebs- und Orientierungspraktika,<br />
die vom Art. 18 des Gesetzes Nr. 196/1997<br />
und vom Dekret Nr. 142/1998 geregelt<br />
werden, stellen eine interessante Möglichkeit<br />
dar, um Jugendlichen die Berufswahl<br />
zu erleichtern, da sie in direkten Kontakt<br />
zur Arbeitswelt treten und abwechselnd<br />
ihrem Studium nachgehen und arbeiten<br />
können. Das Betriebspraktikum stellt kein<br />
Arbeitsverhältnis dar, deshalb wird es<br />
auch in keiner Weise entlohnt. Der Betrieb<br />
kann von sich aus dem Praktikanten eine<br />
Studien/Ausbildungsbeihilfe o<strong>der</strong> eine<br />
Spesenvergütung gewähren, die jedoch<br />
nicht zu einem Arbeitsverhältnis führen<br />
können, auch wenn es sich in steuerlicher<br />
Hinsicht um Einkünfte handelt. Was die Sicherheit<br />
am Arbeitsplatz anlangt, wird <strong>der</strong><br />
Praktikant gemäß Art. 3 <strong>der</strong> gesetzesvertr.<br />
Verordnung 626/1994 dem untergeordneten<br />
Arbeitnehmer gleichgestellt. Sowohl<br />
<strong>der</strong> praktizierende Jugendliche als auch<br />
<strong>der</strong> aufnehmende Betrieb können das<br />
Verhältnis je<strong>der</strong>zeit ohne Verpflichtungen<br />
zuwischen den Parteien beenden, vorbehaltlich<br />
<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Vereinbarung getroffenen<br />
Abmachungen und Vorgaben. Am<br />
Ende des Praktikums muss <strong>der</strong> Betrieb die<br />
Arbeitserfahrung bescheinigen.<br />
2.9.8. Sommerpraktikum<br />
(Ausbildungs- und<br />
Orientierungspraktikum)<br />
Das Ausbildungs- und Orientierungspraktikum<br />
bietet SchülerInnen und Studen-<br />
38
Arbeitsrecht<br />
tInnen die Möglichkeit, Erfahrungen in<br />
<strong>der</strong> Arbeitswelt zu sammeln. Den Schwerpunkt<br />
bilden die Orientierung und die<br />
Ausbildung am Arbeitsplatz, wobei die<br />
Arbeitsleistung im Hintergrund steht. Es<br />
handelt sich dabei um kein Arbeitsverhältnis.<br />
<strong>Die</strong> Zielgruppe für ein Ausbildungsund<br />
Orientierungspraktikum sind Schüler/<br />
innen und Studentinnen/Studenten sowie<br />
Schul- und Universitätsabsolventen,<br />
die die Ausbildung vor nicht mehr als 12<br />
Monaten bzw. 18 Monaten (Universität)<br />
abgeschlossen haben. Voraussetzung ist<br />
die Vollendung des 15. Lebensjahres. Es<br />
ist nicht möglich ein Sommerpraktikum<br />
durchzuführen, wenn:<br />
a) in <strong>der</strong> Vergangenheit ein Arbeitsverhältnis<br />
mit gleichartigen Aufgaben durchgeführt<br />
wurde;<br />
b) bereits Praktika von einer Gesamtdauer<br />
von mehr als 6 Monaten geleistet wurden.<br />
Zwischen dem Betrieb und dem Praktikanten<br />
kann ein monatliches Taschengeld<br />
festgelegt werden, das zwischen 400,00<br />
und 600,00 Euro beträgt. Das Praktikum<br />
dauert zwischen 2 Wochen und 3 Monaten;<br />
für Universitätsstudenten bzw. Absolventen<br />
beträgt die Höchstdauer 6 Monate.<br />
Der Beginn des Praktikums muss dem Amt<br />
für Arbeitsmarktbeobachtung auf telematischem<br />
Weg mitgeteilt werden.<br />
2.9.9. Sommerarbeitsverträge<br />
für Jugendliche durch<br />
Sektorenabkommen<br />
Hier handelt es sich um befristete Arbeitsverträge<br />
für Jugendliche die das 16. Lebensjahr<br />
erreicht haben müssen, um die<br />
in <strong>der</strong> Schule erworbenen theoretischen<br />
Kenntnisse in <strong>der</strong> Arbeitswelt umzusetzen.<br />
<strong>Die</strong>/<strong>der</strong> Jugendliche hat, im Gegensatz<br />
zum Praktikum, Anrecht auf eine (vermin<strong>der</strong>te)<br />
Entlohnung. <strong>Die</strong> Tätigkeit muss in<br />
<strong>der</strong> Regel mit dem besuchten Schultyp zusammenhängen.<br />
2.9.10. Teilzeitarbeit<br />
Der Teilzeitvertrag wird von <strong>der</strong> gesetzesv.<br />
Verordnung 61/2000 geregelt und zwar<br />
in <strong>der</strong> durch die gesetzesv. Verordnungen<br />
100/2001 und 276/2003 abgeän<strong>der</strong>ten<br />
und nun gültigen Fassung. Im Gegensatz<br />
zu an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n ist die<br />
Teilzeitbeschäftigung in Italien noch geringer<br />
verbreitet. Das liegt sicher auch<br />
daran, dass die bisherigen Bestimmungen<br />
für die Teilzeitarbeit ziemlich starr<br />
und einschränkend waren. Durch flexible<br />
(Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Einteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit)<br />
und elastische Handhabung (Än<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Arbeitsstunden) ist die Anwendung<br />
<strong>der</strong> Teilzeitverträge erleichtert<br />
worden. Allerdings werden mit den neuen<br />
Bestimmungen die individuellen <strong>Rechte</strong><br />
<strong>der</strong> Teilzeitbeschäftigten stark getroffen.<br />
Eine <strong>der</strong> bürokratischen Regelungen die<br />
abgeschafft wurde, ist die Mitteilung über<br />
die Aufnahme eines Teilzeitbeschäftigten<br />
sowie die Zustellung einer Abschrift des<br />
Teilzeitvertrages an das Arbeitsinspektorat.<br />
Im Wesentlichen unverän<strong>der</strong>t bleiben<br />
die verschiedenen Arten <strong>der</strong> Teilzeitarbeit:<br />
|- horizontale Teilzeitarbeit: Mit einer täglichen<br />
Arbeitszeit, welche unter <strong>der</strong> normalen,<br />
vom Kollektivvertrag vorgesehenen<br />
liegt;<br />
|- vertikale Teilzeitarbeit: Der Arbeitnehmer<br />
arbeitet in bestimmten Zeiträumen<br />
<strong>der</strong> Woche, des Monats o<strong>der</strong> des Jahres<br />
ganztägig;<br />
|- gemischte Teilzeitarbeit: Kombination<br />
<strong>der</strong> horizontalen und vertikalen Teilzeitverträge.<br />
39
Arbeitsrecht<br />
Gleich bleibt die Form des Teilzeitvertrages.<br />
<strong>Die</strong>ser muss schriftlich abgefasst<br />
werden, um ein Teilzeitarbeitsverhältnis<br />
nachweise zu können. Der schriftliche Vertrag<br />
muss die Dauer <strong>der</strong> Arbeitsleistung<br />
angeben und den genauen Zeitrahmen<br />
<strong>der</strong> stündlichen Arbeitsleistung, wobei die<br />
Möglichkeit besteht, zu bestimmten Bedingungen<br />
flexible und elastische Klauseln<br />
zu vereinbaren (s. Art. 7, gesetzesv. Verordnung<br />
61/2000). <strong>Die</strong> (nationalen, territorialen<br />
und betrieblichen) Kollektivverträge<br />
können Folgendes festsetzen:<br />
|- Bedingungen und Modalitäten, in Bezug<br />
auf die <strong>der</strong> Arbeitgeber die Einteilung<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeit än<strong>der</strong>n kann;<br />
|- Bedingungen und Modalitäten, in Bezug<br />
auf die <strong>der</strong> Arbeitgeber die Dauer<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeit verlängern kann;<br />
|- den Höchstrahmen, innerhalb welchem<br />
die Dauer <strong>der</strong> Arbeitszeit verlängert<br />
werden kann.<br />
In Ermangelung einer kollektivvertraglichen<br />
Regelung können Arbeitgeber und<br />
Arbeitnehmer die Inanspruchnahme von<br />
elastischen o<strong>der</strong> flexiblen Klauseln frei<br />
vereinbaren. Der Arbeitgeber kann die<br />
erwähnten Klauseln mit Vorankündigung<br />
an den Arbeitnehmer von zwei Tagen vorbehaltlich<br />
<strong>der</strong> Vereinbarungen zwischen<br />
den Parteien anwenden. Der Arbeitnehmer<br />
muss seine Zustimmungen schriftlich<br />
mitteilen.<br />
Mehrarbeit: Gemäß Art. 3 <strong>der</strong> gesetzesvertr.<br />
Verordnung 61/2000 kann vom Arbeitnehmer<br />
mit horizontaler Teilzeitarbeit<br />
Mehrarbeit verlangt werden, welche über<br />
die im Arbeitsvertrag festgelegten Arbeitsstunden<br />
hinausgeht und im Rahmen <strong>der</strong><br />
von den Kollektivverträgen vorgegebenen<br />
Höchstgrenzen liegt.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e muss die Mehrarbeit:<br />
|- innerhalb des von den Kollektivverträgen<br />
festgesetzten Rahmens bleiben;<br />
|- aus den in den Kollektivverträgen angeführten<br />
Gründen erbracht werden.<br />
<strong>Die</strong> Kollektivverträge setzen auch die Folgen<br />
fest, die sich aus <strong>der</strong> Überschreitung<br />
<strong>der</strong> zulässigen Mehrarbeitsstunden ergeben.<br />
<strong>Die</strong> Mehrarbeit setzt die Zustimmung<br />
des Arbeitnehmers voraus, falls sie nicht<br />
vom Kollektivvertrag vorgesehen und geregelt<br />
ist. <strong>Die</strong> Verweigerung von Seiten des<br />
Arbeitnehmers stellt keinesfalls einen berechtigten<br />
Kündigungsgrund dar.<br />
2.9.11. Arbeit auf Abruf<br />
<strong>Die</strong> Arbeit auf Abruf ist ein Vertrag, mit<br />
dem <strong>der</strong> Arbeitnehmer sich für einen bestimmten<br />
o<strong>der</strong> unbestimmten Zeitraum<br />
zur Verfügung des Arbeitgebers stellt. Bei<br />
Abruf <strong>der</strong> Arbeitsleistung muss <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
die im individuellen Arbeitsvertrag<br />
festgesetzte Vorankündigungsfrist einhalten,<br />
die auf jeden Fall mindestens einen<br />
Tag betragen muss (Art. 35 gesetzesv. Verordnung<br />
276/2003).<br />
Auf Grund <strong>der</strong> Pflicht, dem Abruf Folgen<br />
zu leisten, ergeben sich zwei verschiedene<br />
Arten <strong>der</strong> Arbeit auf Abruf:<br />
a) Arbeit auf Abruf mit Bereitschaftsgarantie;<br />
diese gibt dem untergeordneten<br />
Arbeitnehmer Anrecht auf die entsprechende<br />
Entschädigung für die gesamte<br />
Zeit <strong>der</strong> Bereitschaft in Erwartung des<br />
Abrufes;<br />
b) Arbeit auf Abruf ohne Bereitschaftsgarantie<br />
und ohne Bereitschaftszulage für<br />
den Zeitraum <strong>der</strong> Verfügbarkeit;<br />
Das Gesetz sieht für die Gültigkeit des Vertrages<br />
auf Abruf keine beson<strong>der</strong>e Form vor.<br />
Allerdings ist es ratsam, einen schriftlichen<br />
Vertrag mit Angabe <strong>der</strong> Dauer, <strong>der</strong> Modalitäten<br />
bezüglich Bereitschaft, wirtschaftli-<br />
40
Arbeitsrecht<br />
cher Behandlung usw. abzuschließen.<br />
Der Arbeitsvertrag auf Abruf hat dieselbe<br />
Behandlung bezüglich Vor- und Fürsorge,<br />
wie sie für die normalen Arbeitsverträge<br />
vorgesehen ist.<br />
2.9.12. Entlohnungsgutscheine<br />
In Italien ist die Schwarzarbeit stark verbreitet.<br />
Das ist auch auf die komplizierten<br />
Arbeitsvorschriften und die hohen Lohnnebenkosten<br />
zurückzuführen. Für die Gelegenheitsarbeiten<br />
(lavoro accessorio occasionale)<br />
gibt es jedoch seit einiger Zeit<br />
eine wesentliche Vereinfachung durch die<br />
Einführung <strong>der</strong> Entlohnungsgutscheine<br />
(Ermächtigungsverordnung Nr. 276/2003).<br />
Um die Verwendung <strong>der</strong> Gutscheine (vouchers)<br />
zu för<strong>der</strong>n, ist diese einfache Entlohnungsmöglichkeit<br />
heuer noch erweitert<br />
worden. Für diese Gelegenheitsarbeiten ist<br />
kein schriftlicher Arbeitsvertrag erfor<strong>der</strong>lich,<br />
und es ist auch keine Meldung beim<br />
Arbeitsamt vorgesehen. <strong>Die</strong> Entlohnung<br />
erfolgt mit Entlohnungsgutscheinen, die<br />
vom Arbeitgeber beim Sozialversicherungsinstitut<br />
NISF/INPS o<strong>der</strong> über das Internet<br />
erworben werden können.<br />
Von <strong>der</strong> Entlohnung werden bei <strong>der</strong> Einlösung<br />
<strong>der</strong> Gutscheine die Sozialversicherungsbeiträge<br />
(INPS und INAIL) sowie das<br />
Bearbeitungsentgelt einbehalten. Das sind<br />
insgesamt 25 Prozent vom Nennwert des<br />
Gutscheins. Das ausbezahlte Entgelt für<br />
Gelegenheitsarbeit wird nicht besteuert<br />
und hat auch keinen Einfluss auf das eventuell<br />
bezogene Arbeitslosengeld. Pro Jahr<br />
dürfen die Entlohnungsgutscheine einen<br />
Gesamtbetrag von höchstens 5.000,00<br />
Euro je Auftraggeber ausmachen.<br />
<strong>Die</strong> Entlohnungsgutscheine können für<br />
Gelegenheitsarbeiten in folgenden Fällen<br />
verwendet werden:<br />
|- für Jugendliche, die eine Schule besuchen,<br />
wenn die Arbeiten während <strong>der</strong><br />
Ferien o<strong>der</strong> Wochenenden stattfinden;<br />
|- für Universitätsstudenten, während des<br />
ganzen Jahres;<br />
|- für Pensionisten;<br />
|- für Hausarbeiten und zur Betreuung von<br />
Kin<strong>der</strong>n und alter Personen;<br />
|- für Nachhilfeunterricht;<br />
|- für einfache Garten- o<strong>der</strong> Putzarbeiten;<br />
|- für Arbeiten in Notfällen (Überschwemmungen);<br />
|- für die Ernte von Pensionisten, Hausfrauen<br />
und Studenten bis zu 24 Jahren;<br />
|- für die Verteilung von Zeitungen;<br />
|- für Arbeitnehmer in Teilzeitbeschäftigung.<br />
2.9.13. Berggesetz – Art. 18<br />
Selbstständige Landwirte und <strong>der</strong>en mitarbeitende<br />
Familienmitglie<strong>der</strong> können<br />
laut Berggesetz Nr. 97 vom 31/01/1994<br />
eingestellt werden. Das heißt, diese müssen<br />
in <strong>der</strong> Bauernversicherung als Landwirte<br />
o<strong>der</strong> mitarbeitende Familienmitglie<strong>der</strong><br />
eingetragen und versichert sein und<br />
ihre Haupttätigkeit muss vorwiegend auf<br />
dem selbst bewirtschafteten Hof bleiben.<br />
Sie können von den Betrieben als Saisonarbeiter<br />
o<strong>der</strong> mit Teilzeitvertrag eingestellt<br />
werden ohne Sozialabgaben entrichten zu<br />
müssen.<br />
2.9.14. Atypische Arbeitsverhältnisse<br />
Job, Geld, Leben – nichts ist mehr<br />
sicher: Das Prekariat<br />
Uns steht das Wasser bis zum Hals: Mehr<br />
Botschaft kennen die Arbeitsproteste des<br />
neuen Jahrhun<strong>der</strong>ts auf Anhieb nicht. Der<br />
Protest formiert sich als Reaktion auf die<br />
Entsicherung des sozialen Lebens durch<br />
befristete Beschäftigung, Minijobs, Dau-<br />
41
Arbeitsrecht<br />
erpraktika, mo<strong>der</strong>nes Tagelöhnerwesen.<br />
Aus prekären Arbeitsverhältnissen folgen<br />
prekäre Existenzweisen, in Analogie zum<br />
Proletariat wurde deshalb schon <strong>der</strong> Begriff<br />
Prekariat für die neue Form einer ausgebeuteten<br />
Klasse vorgeschlagen.<br />
Ein Schutzpatron ist in Italien auch schon<br />
ausgerufen worden: <strong>der</strong> San Precario.<br />
San Precario ist ein seltsamer und großzügiger<br />
Heiliger, ein Tröster für viele Lebenslagen.<br />
Ob er für einen zuständig ist, lässt<br />
sich durch simple Selbstbefragung herausfinden.<br />
Woher kommt morgen mein<br />
Geld Wie sicher ist mein Arbeitsplatz<br />
Reicht das Geld für den KiTa-Platz Was ist,<br />
wenn ich krank werde Wie will ich wohnen<br />
Wie finanziere ich mein Studium,<br />
was mache ich danach Warum denke<br />
ich ständig an Arbeit Wie will ich leben<br />
Was können kollektive Garantien für ein<br />
besseres Leben heute sein Wer in einem<br />
o<strong>der</strong> mehreren Punkten betroffen ist, darf<br />
sich mit <strong>der</strong> Diagnose anfreunden, prekarisiert<br />
zu sein. Doch so einheitlich, wie es<br />
scheint, ist die Interessenlage <strong>der</strong> Unzufriedenen<br />
auf den zweiten Blick nicht.<br />
Zunächst einmal ist die Rede von <strong>der</strong> Prekarisierung<br />
alles an<strong>der</strong>e als neu. Bereits<br />
Anfang <strong>der</strong> 1980er taucht <strong>der</strong> Begriff als<br />
Bezeichnung für saisonale o<strong>der</strong> temporäre<br />
Beschäftigungen. Auch hat es prekäre<br />
Arbeitsformen immer gegeben, im globalen<br />
Maßstab waren und sind sie bis heute<br />
die Regel. Neu an <strong>der</strong> Debatte sind also<br />
nicht ihre Sachverhalte, neu ist die Tatsache,<br />
dass diese die urbanen Mittelschichten<br />
ergriffen haben.<br />
Der weite Weg, den die gefühlte Prekarität<br />
dabei von den Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
her zurücklegen musste, hat seinen<br />
Grund ironischerweise in <strong>der</strong> Erfolgsgeschichte<br />
des europäischen Sozialstaats:<br />
Vom Verlust ihrer Arbeitsplätze bedroht,<br />
das waren jahrzehntelang immer die an<strong>der</strong>en.<br />
Erst seit <strong>der</strong> Finanznot diskutiert<br />
auch die Mittelschicht über Proletarisierung,<br />
Existenzängste o<strong>der</strong> „stilvolles Verarmen“.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsmarktreform des Jahres 2003,<br />
besser bekannt als „Biagi-Reform“, hat<br />
zahlreiche Än<strong>der</strong>ungen für die Arbeitswelt<br />
gebracht und neue Formen <strong>der</strong><br />
atypischen Arbeitsverhältnisse und <strong>der</strong><br />
koordinierten und fortwährenden freien<br />
Mitarbeit eingeführt. Hier eine Übersicht<br />
zur besseren Orientierung.<br />
Was sind atypische Arbeitsverhältnisse<br />
Darunter werden alle vom typischen unbefristeten<br />
Vollzeitarbeitsverhältnis abweichenden<br />
Vertragsformen zusammengefasst.<br />
Verstärkt wird dieser Begriff auf<br />
die neuen Formen von Arbeitsverträgen<br />
angewandt, wie sie im Folgenden angeführt<br />
und beschrieben werden:<br />
a) <strong>Die</strong> Projektarbeit<br />
Sie ersetzt seit dem 23. Oktober 2004 die<br />
ehemalige koordinierte und fortwährende<br />
freie Mitarbeit (Co.Co.Co.). Kennzeichnend<br />
für die Projektarbeit ist, dass sie strikt an<br />
ein Projekt, ein Arbeitsprogramm o<strong>der</strong><br />
eine Phase davon gebunden ist und die<br />
selbstständige Gestaltung <strong>der</strong> Arbeitsleistung<br />
vorsieht. <strong>Die</strong> Einkünfte aus diesen<br />
Arbeitsverhältnissen sind jenen aus<br />
abhängiger Arbeit gleichgestellt. <strong>Die</strong> Beitragsleistung<br />
erfolgt über eine getrennte<br />
Son<strong>der</strong>verwaltung beim NISF/INPS. Der<br />
Arbeitsvertrag für die Projektarbeit muss<br />
schriftlich abgeschlossen werden. <strong>Die</strong> wesentlichen<br />
Vertragspunkte sind:<br />
|- die Gesamtdauer <strong>der</strong> Arbeitsleistung,<br />
die auch unbefristet sein kann;<br />
|- das Entgelt einschließlich Zahlungsfris-<br />
42
Arbeitsrecht<br />
ten und Zahlungsart sowie die Regelung<br />
für den Spesenersatz;<br />
|- die Koordinierung <strong>der</strong> Arbeitsleistung<br />
mit dem Auftraggeber;<br />
|- etwaige Maßnahmen zum Schutz <strong>der</strong><br />
Gesundheit und <strong>der</strong> Sicherheit des Projektmitarbeiters.<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung im Vertrag hat<br />
das Arbeitsprojekt o<strong>der</strong> Arbeitsprogramm<br />
für die freie Mitarbeit. Denn ohne Projekt<br />
o<strong>der</strong> Programm gilt das Vertragsverhältnis<br />
zwischen freiem Mitarbeiter und Auftraggeber<br />
als unbefristetes Arbeitsverhältnis<br />
vom Beginn des Vertragsverhältnisses an.<br />
b) <strong>Die</strong> koordinierte und fortwährende<br />
freie Mitarbeit (Co.Co.Co.-Verträge)<br />
Mit 24. Oktober 2003 ist das Verbot für<br />
neue Co.Co.Co.-Verträge in Kraft getreten.<br />
<strong>Die</strong> frühere koordinierte und fortwährende<br />
(nicht projektbezogene) freie Mitarbeit<br />
bleibt weiterhin aufrecht für:<br />
|- die Mitarbeit in Kommissionen, Kollegien,<br />
Verwaltungs- und Kontrollorganen;<br />
|- die Mitarbeit in Amateursportvereinen;<br />
|- Personen, die eine Altersrente beziehen.<br />
<strong>Die</strong> Einkünfte sind jenen aus abhängiger<br />
Arbeit gleichgestellt. <strong>Die</strong> Beitragsleistung<br />
erfolgt über eine getrennte Son<strong>der</strong>verwaltung<br />
beim NISF/INPS.<br />
c) <strong>Die</strong> gelegentliche Mitarbeit<br />
Hier werden zwei Formen unterschieden,<br />
die sich steuerlich und beitragsmäßig jeweils<br />
an<strong>der</strong>s auswirken:<br />
|- die gelegentliche koordinierte und fortwährende<br />
Mitarbeit:<br />
Sie fällt nicht in den Anwendungsbereich<br />
<strong>der</strong> Projektarbeit, son<strong>der</strong>n ist ein<br />
Arbeitsverhältnis mit einer Höchstdauer<br />
von 30 Tagen pro Kalen<strong>der</strong>jahr und<br />
pro Auftraggeber. <strong>Die</strong> Vergütung darf<br />
5.000,00 Euro pro Kalen<strong>der</strong>jahr bezogen<br />
auf denselben Auftraggeber nicht<br />
überschreiten. <strong>Die</strong> Einkünfte aus diesen<br />
Arbeitsverhältnissen sind jenen aus abhängiger<br />
Arbeit gleichgestellt. <strong>Die</strong> Beitragsleistung<br />
erfolgt über eine getrennte<br />
Son<strong>der</strong>verwaltung beim NISF/INPS.<br />
|- <strong>Die</strong> gelegentliche freie Mitarbeit:<br />
<strong>Die</strong>se Arbeitsform sieht keine Einschränkungen<br />
bei <strong>der</strong> Ausführung des Arbeitsauftrages<br />
vor und unterliegt auch nicht<br />
<strong>der</strong> Koordinierung seitens des Auftraggebers.<br />
<strong>Die</strong> Vergütung bis zu 5.000,00<br />
Euro jährlich ist nicht beitragspflichtig.<br />
Für jenen Teil, <strong>der</strong> diesen Betrag übersteigt,<br />
müssen allerdings Sozialbeiträge<br />
in die getrennte Son<strong>der</strong>verwaltung<br />
beim NISF/INPS eingezahlt werden. <strong>Die</strong><br />
Einkünfte sind nicht jenen aus abhängiger<br />
Arbeit gleichgestellt, sie unterliegen<br />
jedoch einer Vorsteuer von 20 % und<br />
zählen zu den so genannten an<strong>der</strong>en<br />
steuerpflichtigen Einkünften.<br />
d) <strong>Die</strong> geringfügige freie Mitarbeit<br />
Sie zählt nicht zur koordinierten und fortwährenden<br />
freien Mitarbeit. Es handelt<br />
sich um eine gelegentliche Arbeitsleistung,<br />
die von folgenden Personengruppen<br />
ausgeführt werden kann:<br />
|- Langzeitarbeitslosen,<br />
|- Hausfrauen, Studenten und Rentnern,<br />
|- Körperlich o<strong>der</strong> geistig Behin<strong>der</strong>ten,<br />
|- Personen in Entziehungsgemeinschaften,<br />
|- Arbeitskräften aus Nicht-EU-Län<strong>der</strong>n für<br />
sechs Monate nach Verlust des Arbeitsplatzes.<br />
<strong>Die</strong> geringfügige freie Mitarbeit darf die<br />
Höchstdauer von 30 Tagen und eine Vergütung<br />
von 3.000,00 Euro pro Kalen<strong>der</strong>jahr<br />
bezogen auf den einzelnen Mitarbeiter<br />
nicht überschreiten. <strong>Die</strong> Einkünfte aus<br />
43
Arbeitsrecht<br />
diesen Arbeitsverhältnissen sind, falls diese<br />
jährlich insgesamt 3.000,00 Euro nicht<br />
überschreiten, gänzlich von <strong>der</strong> direkten<br />
Besteuerung befreit. Es besteht Sozial- und<br />
Unfallversicherungspflicht. Als geringfügige<br />
freie Mitarbeit gelten folgende Tätigkeiten:<br />
|- leichte Hausarbeiten,<br />
|- zusätzlicher Privatunterricht,<br />
|- leichte Garten-, Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten,<br />
|- Abhaltung von Veranstaltungen (für<br />
sportliche, kulturelle o<strong>der</strong> wohltätige<br />
Zwecke),<br />
|- Zusammenarbeit mit öffentlichen Ämtern<br />
und ehrenamtlichen Organisationen<br />
in Notfällen o<strong>der</strong> für gemeinnützige<br />
Zwecke.<br />
Tipp<br />
<strong>Die</strong> Grenzen zwischen Arbeitnehmer-<br />
und Selbstständigenstatus<br />
sind fließend (siehe auch Kapitel<br />
Arbeitsverhältnis). Oft ist unklar, ob<br />
ein Arbeitsvertrag vorliegt. Schwierigkeiten<br />
können somit an <strong>der</strong> Tagesordnung<br />
sein. Um Zweifel zu vermeiden, kommt es<br />
auf die Abfassung <strong>der</strong> Verträge an. Selbst<br />
wenn jedoch <strong>der</strong> Vertrag formell klar als<br />
„Auftrag“ bezeichnet ist, so kann es rein<br />
rechtlich sehr wohl ein Arbeitsverhältnis<br />
geben. Denn auf die Bezeichnung allein<br />
kommt es nicht an. <strong>Die</strong> Gerichte gehen<br />
immer dann von einem Arbeitsvertrag<br />
aus, wenn <strong>der</strong> Arbeitnehmer über eine<br />
längere Zeit in die Arbeitsorganisation<br />
des Betriebes eingeglie<strong>der</strong>t ist und wenn<br />
er seine Arbeit nach den Vorgaben des<br />
Arbeitgebers zu verrichten hat. Konkret:<br />
Wenn ein Arbeitgeber die Arbeitszeiten<br />
und den Arbeitsplatz bestimmt, wenn er<br />
auch das Arbeitsmaterial zur Verfügung<br />
stellt und zudem noch Weisungen erteilt,<br />
wie die Aufgaben zu erledigen sind,<br />
so liegt in <strong>der</strong> Regel ein Arbeitsverhältnis<br />
vor. Unterordnungsverhältnis und Weisungsrecht<br />
sind nämlich typische Kennzeichen<br />
des Arbeitsvertrages. Manchmal<br />
ist diese Abgrenzung in <strong>der</strong> Praxis allerdings<br />
recht schwierig vorzunehmen.<br />
3. Abwicklung des<br />
Arbeitsverhältnisses<br />
3.1. Aufgaben und Einstufung des<br />
Arbeitnehmers (Eingruppierung)<br />
Zuweisung <strong>der</strong> Arbeitsaufgaben und<br />
<strong>der</strong> Einstufung<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsleistung konkretisiert sich in<br />
<strong>der</strong> Zuweisung <strong>der</strong> Einstufung und <strong>der</strong><br />
Arbeitsaufgaben an den Arbeitnehmer.<br />
Aufgrund dieser Zuweisung ist erst die<br />
Positionierung und die Tätigkeit des Arbeitnehmers<br />
ableitbar und dessen wirtschaftliche<br />
und rechtliche Behandlung<br />
festgelegt. <strong>Die</strong> Arbeitsaufgaben müssen<br />
bei <strong>der</strong> Anstellung festgelegt werden.<br />
<strong>Die</strong> verschiedenen Aufgabenbereiche<br />
werden zusammengefasst und ergeben<br />
die Einstufung. <strong>Die</strong> Einstufung wie<strong>der</strong>um<br />
ergibt die Berufsgruppe. Grundsätzlich<br />
ist festzuhalten:<br />
44
Arbeitsrecht<br />
|- Es ist verboten dem Arbeitnehmer<br />
niedrigere Aufgaben zuzuweisen als<br />
jene, für die er angestellt wurde; neue<br />
Aufgaben müssen gleichwertig sein, d.<br />
h. die Beibehaltung des Lohnes und <strong>der</strong><br />
Einstufungsebene gewährleisten, sowie<br />
den Gebrauch und die Entfaltung<br />
<strong>der</strong> Ausbildung und <strong>der</strong> angeeigneten<br />
Fertigkeiten des Arbeitnehmers ermöglichen.<br />
Über die angeführten Fälle<br />
hinaus kann sich <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
weigern, an<strong>der</strong>e Aufgaben zu übernehmen<br />
(wegen Vertragsverstoßes ex<br />
Art. 1460 des BGB bzw. Urteil des Kassationsgerichtshofes<br />
Nr. 2166/84).Mit<br />
Urteil Nr. 1175/1996 hat <strong>der</strong> Kassationsgerichtshof<br />
allerdings festgestellt, dass<br />
bei Wechsel <strong>der</strong> Arbeitsaufgaben, die<br />
zu keiner Dequalifizierung des Arbeitnehmers<br />
führen, es wohl zu einer Lohnreduzierung<br />
kommen kann, wenn eine<br />
quantitative Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeit<br />
vorkommt.<br />
<strong>Die</strong> Rechtssprechung hat letzthin im<br />
Falle einer gesundheitlichen Verhin<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Fortführung <strong>der</strong> Arbeitsaufgaben<br />
eine Vereinbarung zur Zuweisung<br />
von niedrigeren Aufgaben als<br />
zulässig erklärt. Weiters hat auch das<br />
Gesetz Nr. 223/1991 eine Ausnahme<br />
vom Prinzip <strong>der</strong> Gleichwertigkeit <strong>der</strong><br />
Arbeitsaufgaben vorgesehen; im Falle<br />
von Personalüberschüssen können Gewerkschaftsabkommen<br />
im Rahmen <strong>der</strong><br />
Mobilitätsverfahren (siehe eigenes Kapitel)<br />
eine Wie<strong>der</strong>anstellung mit niedrigeren<br />
Arbeitsaufgaben vorsehen;<br />
|- <strong>Die</strong> zeitliche Zuweisung von höheren<br />
Arbeitsaufgaben gibt Anrecht auf die<br />
entsprechende höhere Entlohnung.<br />
<strong>Die</strong> Zuteilung <strong>der</strong> höheren Aufgaben<br />
von mehr als 3 Monaten gibt Anrecht<br />
auf die höhere Einstufung. Das Anrecht<br />
auf die höhere Einstufung entsteht<br />
auch bei mehrfachen kürzeren<br />
Zuweisungen von höheren Arbeitsaufgaben,<br />
wenn diese eine bestimmte<br />
Systematik aufweisen (Urteile des Kassationsgerichtshofes<br />
Nr. 2234/84 und<br />
Nr. 3135/84).<br />
Eine Ausnahme vom Anrecht auf die<br />
höhere Einstufung gibt es nur, wenn<br />
jemand ersetzt wird (auch indirekterweise),<br />
<strong>der</strong> Anrecht auf Erhalt des Arbeitsplatzes<br />
hat (bei Krankheit und Unfall,<br />
Militärdienst, Mutterschaft, auch<br />
bei Urlaub);<br />
|- Der Arbeitnehmer darf nicht von einer<br />
Produktionseinheit in eine an<strong>der</strong>e versetzt<br />
werden, außer es liegen erwiesene<br />
technische, organisatorische o<strong>der</strong><br />
produktive Gründe vor (wohl aber in<br />
ein an<strong>der</strong>es Büro o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Abteilung).<br />
Der Arbeitgeber muss auf Anfrage<br />
des Arbeitnehmers die Gründe<br />
für die Versetzung mitteilen (Urteil des<br />
Kassationsgerichtshofes Nr. 9011/91).<br />
<strong>Die</strong> Versetzung eines Gewerkschaftsvertreters<br />
o<strong>der</strong> eines Betriebsrates<br />
bedarf <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> Gewerkschaftsorganisation.<br />
Jede Versetzung<br />
aus religiösen, gewerkschaftlichen, politischen,<br />
rassischen o<strong>der</strong> geschlechtlichen<br />
Gründen ist verboten.<br />
|- Jedwede Diskriminierung zwischen<br />
Mann und Frau bei <strong>der</strong> Karriere ist verboten.<br />
Den Arbeitnehmern dürfen nur Aufgaben<br />
(o<strong>der</strong> gleichwertige) zugeteilt<br />
werden, die <strong>der</strong> Betrieb bei <strong>der</strong> Anfrage<br />
(-meldung) beim Arbeitsamt angegeben<br />
hat (Gesetz Nr. 223/1991). <strong>Die</strong><br />
Zuteilung <strong>der</strong> Einstufung obliegt dem<br />
Unternehmer im Rahmen seiner freien<br />
45
Arbeitsrecht<br />
Entscheidung wie er die Arbeit organisieren<br />
möchte. <strong>Die</strong> einzige Begrenzung<br />
dieses Rechts besteht darin, dass<br />
dem Arbeitnehmer im Sinne des Art.<br />
13 des Arbeitnehmerstatuts die Aufgaben<br />
und die Einstufung übertragen<br />
werden müssen, für die er angestellt<br />
wurde. Somit gilt auch, dass ein Arbeitnehmer<br />
vom Unternehmer wohl höher<br />
eingestuft werden kann, als es die<br />
Arbeitsaufgaben vorsehen. Eine Reduzierung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsaufgaben, die zu<br />
einer beruflichen Unterfor<strong>der</strong>ung und<br />
Dequalifizierung des Arbeitnehmers<br />
führt, ist ausgeschlossen (Urteil Kassationsgerichtshof<br />
Nr. 10405/1995).<br />
Einstufung <strong>der</strong> abhängig<br />
Beschäftigten<br />
Aufgrund des Art. 2095 BGB werden 4<br />
verschiedene Kategorien von Arbeitnehmern<br />
unterschieden:<br />
1. Höhere Führungskräfte, leitende Angestellte<br />
(Dirigenti); diese haben einen<br />
eigenen Kollektivvertrag und eigene<br />
gewerkschaftliche Organisationen.<br />
Sie sind von <strong>der</strong> Regelung über die<br />
Arbeitzeit, die Entlassungen und die<br />
Arbeitsverträge auf bestimmte Zeit<br />
ausgenommen. <strong>Die</strong> wirtschaftliche<br />
und sozialversicherungsmäßige Behandlung<br />
ist besser.<br />
2. Mittlere Führungskräfte (Quadri); diese<br />
sind zwischen den höheren Führungskräften<br />
und den Angestellten<br />
mit Führungsaufgaben angesiedelt<br />
(Gesetz Nr. 190 vom 13.5.1985).<br />
3. Angestellte (Impiegati); das sind jene,<br />
die am technisch-verwaltungsmäßigen<br />
Organisationsprozess eines<br />
Betriebes teilnehmen o<strong>der</strong> dem Unternehmer<br />
zur Seite stehen (Kassationsgerichtshof<br />
3.3.1979, Nr. 1340).<br />
4. Arbeiter (Operai); das sind jene, die Arbeitsaufgaben<br />
(nicht nur händischer<br />
Art) wahrnehmen, die ausschließlich<br />
den Produktionsprozess betreffen Kassationsgerichtshof<br />
3.3.1979, Nr. 1340).<br />
An diese Einteilung halten sich auch die<br />
Kollektivverträge, welche auch bei so<br />
genannten Son<strong>der</strong>- o<strong>der</strong> Zwischenkategorien<br />
vorsehen, dass diese rechtlich<br />
gesehen Arbeiter sind. Unter den Angestellten<br />
und den Arbeitern gibt es dann<br />
zusätzliche Abstufungen: gehobener<br />
Angestellter (impiegato di concetto)<br />
o<strong>der</strong> einfacher Angestellter (impiegato<br />
d‘ordine) bzw. spezialisierter, qualifizierter,<br />
einfacher o<strong>der</strong> Hilfsarbeiter.<br />
Einheitliche Einstufung<br />
(Eingruppierung)<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten Kollektivverträge sehen<br />
die so genannte einheitliche Einstufung<br />
vor, das bedeutet, dass Arbeiter,<br />
Zwischenkategorien und Angestellte in<br />
einem Einstufungssystem zusammengefasst<br />
sind. <strong>Die</strong>ses Eingruppierungssystem<br />
besteht aus allgemeinen<br />
Tätigkeitsbeschreibungen und aus beispielgebenden<br />
Berufsbil<strong>der</strong>n mit den<br />
dazugehörenden Arbeitsaufgaben. Damit<br />
wurden die großen Unterschiede<br />
zwischen Arbeitern und Angestellten<br />
abgebaut und die Anzahl <strong>der</strong> Kategorien<br />
auf 7 bis 10 Lohnebenen reduziert. <strong>Die</strong><br />
Lohnebenen entsprechen meistens einer<br />
Werteskala (Parameter) welche von<br />
100 (niedrigste Lohnebene) bis 200, 220<br />
o<strong>der</strong> 250 (höchste Lohnebene) gehen.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> allgemeinen Formulierungen<br />
ist eine stete Überwachung <strong>der</strong><br />
Einstufung angebracht. In den größeren<br />
Betrieben übernimmt diese Aufgabe<br />
46
Arbeitsrecht<br />
sehr oft <strong>der</strong> Betriebsrat. <strong>Die</strong> richtige Einstufung<br />
ergibt sich aufgrund des Arbeitsvertrages<br />
und <strong>der</strong> effektiv ausgeführten<br />
Arbeitsaufgaben. Da die Einstufung<br />
auch einer bestimmten Lohnebene entspricht,<br />
kann mit <strong>der</strong> Lohnabrechnung<br />
auch die Einstufung ermittelt werden.<br />
Streitfälle, was die Einstufung betrifft,<br />
können durch eine gewerkschaftliche<br />
Schlichtung, durch das Arbeitsinspektorat<br />
o<strong>der</strong> vor dem Arbeitsgericht gelöst<br />
werden. Was die öffentlich Bediensteten<br />
betrifft, so wurden im Verlauf des letzten<br />
Jahrzehnts im Rahmen <strong>der</strong> Privatisierung<br />
des Arbeitsverhältnisses die so genannten<br />
Funktionsebenen geschaffen. <strong>Die</strong>ses<br />
Einstufungssystem basiert auf den<br />
Funktionen und den Aufgaben, die dem<br />
Arbeitnehmer zugewiesen werden, und<br />
weist meistens 8 Ebenen auf.<br />
3.2. Entlohnung<br />
<strong>Die</strong> wichtigste Pflicht des Arbeitgebers<br />
ist die Entrichtung <strong>der</strong> Entlohnung. <strong>Die</strong><br />
Entlohnung muss aufgrund des Art. 36<br />
<strong>der</strong> italienischen Verfassung „dem Ausmaß<br />
und <strong>der</strong> Qualität <strong>der</strong> Arbeit entsprechen<br />
und jedenfalls ausreichend<br />
sein, um dem Arbeitnehmer und seiner<br />
Familie eine freie und würdige Existenz<br />
zu sichern“. Der Art. 2099 des BGB stellt<br />
fest, dass die Entlohnung von den Kollektivverträgen<br />
festgelegt wird bzw. bei<br />
Fehlen eines solchen o<strong>der</strong> einer Vereinbarung<br />
entscheidet <strong>der</strong> Richter. Mit <strong>der</strong><br />
Festlegung <strong>der</strong> so genannten „gerechten<br />
Entlohnung“ geht man in <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />
davon aus, dass in indirekter<br />
Weise die Kollektivverträge (die im Grunde<br />
nur die den Verbänden angeschlossenen<br />
Mitglie<strong>der</strong> verpflichten) verbindlich<br />
auf alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
ausgedehnt wurden (Erweiterung erga<br />
omnes). <strong>Die</strong>s ergibt sich auch daraus,<br />
dass <strong>der</strong> Arbeitsrichter, welcher den<br />
„gerechten Lohn“ in Abweichung von<br />
den Kollektivverträgen festlegen möchte,<br />
dies eigens begründen muss (siehe<br />
Urteile des Kassationsgerichtshofes Nr.<br />
7563/1987, Nr. 7131/1987, Nr. 7132/1987<br />
und Nr. 4324/1992). Näheres dazu auch<br />
im Kapitel über den Kollektivvertrag.<br />
Weiters ist noch festzuhalten, dass das<br />
Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“<br />
aufgrund <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitigen Rechtsprechung<br />
nur bei <strong>der</strong> Mindestbehandlung<br />
zutrifft (Urteile des Kassationsgerichtshofes<br />
Nr. 2853/1987, 4011/1988, 1888/1990,<br />
5590/1991, 6030/1993 und 2527/1998).<br />
Hingegen gilt dieser Grundsatz in Bezug<br />
auf das Verbot von Diskriminierungen (z.<br />
B. Art. 37 <strong>der</strong> Verfassung, welcher Lohnunterschiede<br />
aufgrund des Geschlechtes<br />
–Mann/Frau – o<strong>der</strong> Alters– min<strong>der</strong>jährig/<br />
volljährig – verbietet).<br />
Wird die Entlohnung nach <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />
Arbeitsleistung berechnet, so ist dies<br />
Zeitlohn, erfolgt eine Bewertung <strong>der</strong> Arbeitsleistung<br />
durch Zeitnehmung o<strong>der</strong><br />
ist ein Arbeitstakt vorgesehen, so muss<br />
Akkordlohn bezahlt werden. <strong>Die</strong> Entlohnung<br />
wird oftmals beim Arbeiter Lohn<br />
(Stundenlohn) und beim Angestellten<br />
Gehalt (Monatsgehalt) genannt.<br />
<strong>Die</strong> Entlohnung muss zum Zeitpunkt <strong>der</strong><br />
Fälligkeit am Arbeitsort des Betriebes,<br />
wo <strong>der</strong> Arbeitnehmer seine Tätigkeit verrichtet,<br />
ausbezahlt werden. <strong>Die</strong> Fälligkeit<br />
richtet sich nach den kollektivvertraglichen<br />
o<strong>der</strong> einzelvertraglichen Abmachungen.<br />
<strong>Die</strong> Entlohnung wird jedenfalls<br />
erst nach <strong>der</strong> Tätigkeit fällig.<br />
Bei Verstoß gegen diese o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
vertraglichen Abmachungen kann <strong>der</strong><br />
47
Arbeitsrecht<br />
Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis<br />
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist<br />
auflösen. Zur Beweissicherung ist eine<br />
vorhergehende Mahnung von Vorteil.<br />
<strong>Die</strong> Unterschrift des Arbeitnehmers auf<br />
dem Lohnstreifen ist kein Beweis <strong>der</strong><br />
Bezahlung des betreffenden Betrages,<br />
außer es steht ausdrücklich darauf geschrieben<br />
(zur Quittung o<strong>der</strong> Betrag als<br />
vollen Ausgleich erhalten – a quietanza,<br />
a saldo), vgl. Urteil des Kassationsgerichtshofes<br />
Nr. 1563/1994).<br />
Man versteht unter Entlohnung jede Art<br />
von Leistung; den laufenden Lohn (mit<br />
<strong>der</strong> konkreten Arbeitsleistung zusammenhängend),<br />
die übrigen regelmäßigen<br />
(Ferien, Feiertage, 13. Monatslohn<br />
und weitere, Abfertigung) und außerordentlichen<br />
(Prämien) Leistungen, einschließlich<br />
<strong>der</strong> Naturalbezüge, auch Fringe<br />
Benefits genannt (<strong>Die</strong>nstwohnung,<br />
Verpflegung, Kleidung, Auto, Darlehen,<br />
Waren o<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungen).<br />
Jedwede Auszahlung (außer bei Fehlern)<br />
von Seiten des Arbeitgebers wird als Teil<br />
<strong>der</strong> Entlohnung angesehen, vorausgesetzt,<br />
sie erfüllt folgende Voraussetzungen<br />
(Art. 2121 BGB):<br />
|- kontinuierliche Entrichtung (mindestens<br />
2-3 Mal);<br />
|- es ist ein bestimmter o<strong>der</strong> bestimmbarer<br />
Betrag;<br />
|- sie ist als Pflichtentschädigung anzusehen.<br />
Es ist nicht wesentlich wie die Auszahlung<br />
genannt wird (ein Spesenersatz<br />
muss effektiv für Spesen verwendet werden,<br />
ansonsten wird er Teil <strong>der</strong> Entlohnung).<br />
<strong>Die</strong>se Gesamtentlohnung gilt in <strong>der</strong> Regel<br />
auch als Basis für die Berechnung aller<br />
Vertragslohnelemente und als Grundlage<br />
für die Sozialversicherung, außer<br />
es ist etwas an<strong>der</strong>es ausdrücklich vorgesehen.<br />
Nicht <strong>der</strong> Gesamtentlohnung<br />
zuzurechnen sind: Spesenvergütungen,<br />
einmalige, freiwillige Auszahlungen die<br />
nicht mit <strong>der</strong> Arbeitsleistung des Arbeitnehmers<br />
o<strong>der</strong> den Ergebnissen des<br />
Betriebes zusammenhängen bzw. Naturalien<br />
o<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nste von geringem Wert<br />
(bis 258, 22 jährlich), Abfertigung (Art. 4<br />
Gesetz Nr. 291/1988), Anreizzulagen bei<br />
Personalreduzierungen o<strong>der</strong> Einzelkündigungen,<br />
Schlichtungsentschädigungen<br />
(Rundschreiben des Arbeitsministeriums<br />
24.4.1989, Nr. 39), die Beiträge<br />
des Arbeitgebers für Ferienkolonien, Betriebskin<strong>der</strong>gärten<br />
(Art. 2 des Gesetzes<br />
Nr. 335/ 1995) und für Studienstipendien<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Beschäftigten, die Beträge,<br />
die <strong>der</strong> Arbeitgeber für die Sozialversicherungsinstitute<br />
auszahlt.<br />
3.2.1. Lohnstreifen<br />
Der Lohnstreifen ist eine Aufstellung des<br />
Entgelts, das <strong>der</strong> Arbeitnehmer für seine<br />
Arbeit für eine bestimmte Zeit (meistens<br />
monatlich) erhält. Laut Gesetz ist<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber verpflichtet, zusammen<br />
mit <strong>der</strong> Entlohnung den Lohnstreifen<br />
auszuhändigen, <strong>der</strong> in klarer Weise alle<br />
notwendigen Angaben über den Arbeitgeber,<br />
den Arbeitnehmer und die<br />
Zusammensetzung <strong>der</strong> Entlohnung enthalten<br />
muss. Im Lohnstreifen sind alle<br />
Bruttobezüge anzuführen. Ferner scheinen<br />
darauf auch die Abzüge in Form von<br />
Sozialabgaben (an das Sozialversicherungsinstitut)<br />
und Lohnsteuer (an den<br />
Fiskus) auf. Da die Sozialabgaben steuerfrei<br />
sind, wird die Entlohnung, vereinfacht<br />
ausgedrückt, wie folgt berechnet:<br />
Bruttobezüge – Sozialabgaben =<br />
48
Arbeitsrecht<br />
Besteuerbares Einkommen<br />
Besteuerbares Einkommen –<br />
Nettosteuer (= Bruttosteuer –<br />
Steuerfreibeträge) = Nettolohn<br />
Für Lohnvorschüsse ist kein Lohnstreifen<br />
notwendig. Das Datenschutzgesetz Nr.<br />
675/1996 sieht vor, dass vom Lohnstreifen<br />
jene persönlichen Daten gestrichen<br />
werden, die nicht unbedingt nötig sind.<br />
Für die an<strong>der</strong>en Daten (Krankheit, Gewerkschaftsmitgliedschaft<br />
usw.) muss<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber die notwendigen Vorkehrungen<br />
zum Schutz <strong>der</strong>selben treffen<br />
(den Lohnstreifen zusammenfalten<br />
und -klammern und in einem Umschlag<br />
aushändigen o<strong>der</strong> die wichtigsten Teile<br />
abdecken, beim Verteilen die Vertraulichkeit<br />
wahren).<br />
3.2.2. Zusammensetzung <strong>der</strong><br />
Bruttoentlohnung<br />
<strong>Die</strong> laufende Entlohnung setzt sich zusammen<br />
aus:<br />
a) Grundlohn (paga base)<br />
<strong>Die</strong>ser wird vom gesamtstaatlichen Kollektivvertrag<br />
für die verschiedenen Einstufungen<br />
festgelegt. Er wird im Lohnstreifen<br />
eigens ausgewiesen und kann<br />
bei Fehlen <strong>der</strong> Angabe <strong>der</strong> Einstufung<br />
Auskunft geben, wie jemand eingestuft<br />
ist.<br />
b) Betriebliche Zulage (Superminimo)<br />
Es ist jener Teil <strong>der</strong> Entlohnung, <strong>der</strong> den<br />
Grundlohn anheben soll und sie wird<br />
einzeln o<strong>der</strong> kollektiv auf Betriebsebene<br />
vereinbart o<strong>der</strong> kann auch vom Betrieb<br />
einseitig vergeben werden. <strong>Die</strong> individuellen<br />
o<strong>der</strong> auch kollektiven „Superminimi“<br />
können durch nachfolgende<br />
kollektivvertragliche Lohnerhöhungen<br />
aufgesaugt werden, außer es wird etwas<br />
Gegensätzliches vereinbart o<strong>der</strong><br />
sie werden aufgrund von Verdiensten<br />
des Arbeitnehmers o<strong>der</strong> von beson<strong>der</strong>en<br />
Arbeitsbelastungen zugestanden<br />
(Kassationsgericht Nr. 2058/1996). <strong>Die</strong><br />
Beweislast <strong>der</strong> Nichtaufsaugbarkeit liegt<br />
beim Arbeitnehmer (Urteil Kassationsgerichtshof<br />
Nr. 7868/1986).<br />
c) Kontingenzzulage (im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst Son<strong>der</strong>ergänzungszulage)<br />
Mit dem Abkommen über die Arbeitskosten<br />
vom 3. Juli 1993 ist die Kontingenzzulage<br />
in <strong>der</strong> bis dahin üblichen<br />
Form abgeschafft worden. Lediglich die<br />
bis dahin angereiften Beträge blieben<br />
aufrecht. Somit ist heute die Kontingenzzulage<br />
ein fixes Lohnelement. Einige<br />
Kollektivverträge haben die Kontingenzzulage<br />
in den Grundlohn integriert. Eine<br />
automatische Lohnanpassung zwischen<br />
30% bzw. 50% <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Regierung<br />
vorprogrammierten Inflation erfolgt nur<br />
noch, wenn ein gesamtstaatlicher Kollektivvertrag<br />
ab dem Verfallszeitpunkt<br />
nicht nach spätestens 3 Monaten bzw.<br />
6 Monaten erneuert wird. Ansonsten<br />
müssen die Lohnanpassungen mit dem<br />
Kollektivvertrag vereinbart werden. <strong>Die</strong><br />
Kontingenzzulage o<strong>der</strong> gleitende Lohnskala<br />
(scala mobile) war eine europaweit<br />
vorbildliche Einrichtung, um den Realwert<br />
<strong>der</strong> Löhne und Gehälter automatisch<br />
zu sichern. Eine Preissteigerung hat<br />
nämlich zur Folge, dass die Löhne und<br />
Gehälter, wenn sie nur nach Nominalwert<br />
bezahlt werden, an Kaufkraft verlieren.<br />
d) <strong>Die</strong>nstalterszulage<br />
(scatti di anzianità)<br />
49
Arbeitsrecht<br />
<strong>Die</strong> <strong>Die</strong>nstalterszulage ist ein Teil <strong>der</strong> Entlohnung,<br />
<strong>der</strong> vom Verbleib des Beschäftigten<br />
im selben Betrieb (und meistens<br />
auch in <strong>der</strong>selben Einstufung) abhängig<br />
ist. <strong>Die</strong> Lohnvorrückungen werden<br />
als fixer Betrag o<strong>der</strong> als Prozentsatz des<br />
Grundlohnes berechnet und alle 2 bis<br />
3 Jahre vorgenommen. <strong>Die</strong>nstalterszulagen<br />
können nicht mit an<strong>der</strong>en Lohnerhöhungen<br />
aufgesaugt werden. Für<br />
die Berechnung des <strong>Die</strong>nstalters zählen<br />
auch die Abwesenheiten wegen Krankheit,<br />
Mutterschaft (Pflichtenthaltung),<br />
Arbeitsunfall und Militärdienst. Der Kollektivvertrag<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Kategorie<br />
regelt die <strong>Die</strong>nstalterszulage.<br />
e) Akkord<br />
Unter Akkord versteht man eine Entlohnungsform,<br />
welche direkt mit <strong>der</strong><br />
erbrachten Arbeitsleistung im Zusammenhang<br />
steht. Man unterscheidet<br />
Zeit- und Stückakkord, gemischten o<strong>der</strong><br />
vollen. <strong>Die</strong> Kollektivverträge regeln die<br />
Akkordarbeit. Grundsätzlich darf auch<br />
mit Akkord <strong>der</strong> Mindestlohn nicht unterschritten<br />
werden. Lehrlinge dürfen keine<br />
Akkordarbeit verrichten (Art. 2131 BGB).<br />
f) Produktionsprämie<br />
Viele gesamtstaatliche Kollektivverträge<br />
sehen vor, dass auf Betriebsebene o<strong>der</strong><br />
auf territorialer Ebene über eine Zulage,<br />
die Produktionsprämie, verhandelt<br />
werden soll. <strong>Die</strong>se Prämie betrifft alle<br />
Beschäftigten und soll eher als indirekter<br />
Leistungsanreiz gelten und sich an <strong>der</strong><br />
Gesamtproduktivität orientieren.<br />
g) Leistungsorientierte<br />
Lohnbestandteile (betrieblich und<br />
territorial) – Produktivitätsprämie<br />
Aufgrund <strong>der</strong> technologischen Entwicklung<br />
und <strong>der</strong> Weiterentwicklung <strong>der</strong><br />
Arbeitsorganisation fällt <strong>der</strong> Akkord zunehmend<br />
als Leistungsanreiz weg und<br />
wird mit individuellen o<strong>der</strong> kollektiven<br />
Leistungsanreizsystemen ersetzt. <strong>Die</strong><br />
leistungsorientierten Entlohnungen, die<br />
meistens in Form von Monats- o<strong>der</strong> Jahresprämien<br />
ausbezahlt werden, können<br />
dabei folgende Kriterien berücksichtigen:<br />
|- die Anwesenheiten bzw. Abwesenhei<br />
ten des Arbeitnehmers;<br />
|- die Wertschöpfung o<strong>der</strong> Produktivität<br />
des Betriebes o<strong>der</strong> einzelner Abteilungen;<br />
|- bestimmte Bilanzposten des Betriebes;<br />
|- die Maschinenlaufzeiten;<br />
|- das Ausmaß und die Qualität <strong>der</strong> Produktion;<br />
usw.<br />
Produktivitätsprämien sind im Ausmaß<br />
von 3 % <strong>der</strong> Gesamtentlohnung von<br />
den Sozialabgaben befreit (außer einer<br />
Solidaritätsabgabe von 10%). Auch die<br />
letztere Abgabe fällt weg, wenn sie für<br />
Zusatzrentenfonds Verwendung findet<br />
(Gesetz Nr. 135/1997).<br />
h) Mensa(ersatz)zulage<br />
Vor allem im Industriesektor wird diese<br />
Zulage, meist als fixer Betrag, ausbezahlt.<br />
Sie zählt bei <strong>der</strong> Berechnung <strong>der</strong> Abfertigung,<br />
<strong>der</strong> Feiertagsentlohnung, des<br />
Urlaubes und des 13. Monatslohnes und<br />
ist bis zum täglichen Betrag von 5,2885<br />
Euro von den Sozialabgaben und von<br />
<strong>der</strong> Einkommenssteuer befreit.<br />
Von den Sozialabgaben befreit sind auch<br />
Essensgutscheine bis 5,2885 Euro pro Essen.<br />
i) An<strong>der</strong>e Zulagen<br />
<strong>Die</strong> Kollektivverträge sehen verschie-<br />
50
Arbeitsrecht<br />
dene weitere Zulagen vor, so z. B. die<br />
Kassazulage, die Schichtzulage, Entschädigungen<br />
für gefährliche o<strong>der</strong> gesundheitsschädliche<br />
Arbeiten, für Bereitschaftsdienste,<br />
für Untertagearbeit usw.<br />
<strong>Die</strong>se werden, was die Sozialabgaben<br />
o<strong>der</strong> die Steuern betrifft, wie normale<br />
Lohnbestandteile behandelt. Lediglich<br />
ihre Auswirkungen auf die an<strong>der</strong>en Vertragsbestandteile<br />
(Urlaub, 13. Monatslohn,<br />
Feiertagsentschädigung usw.) wird<br />
durch die Kollektivverträge geregelt.<br />
Grundsätzlich gilt, dass alle Zulagen<br />
steuerlich und sozialrechtlich gleichgestellt<br />
wurden, das bedeutet, dass die<br />
Zulagen von <strong>der</strong> Einkommenssteuer und<br />
von den Sozialabgaben im selben Maße<br />
entwe<strong>der</strong> gänzlich befreit sind, teilweise<br />
befreit sind o<strong>der</strong> beiden Abgaben ganz<br />
unterliegen.<br />
j) Außendienstzulagen<br />
Mitarbeiter, die im Außendienst arbeiten,<br />
haben grundsätzlich nur auf dieselbe<br />
Entlohnung Anrecht, wie sie für die Arbeitsleistung<br />
am Firmensitz bezahlt wird.<br />
Den Mitarbeitern im Außendienst sind<br />
allerdings die Spesen zu vergüten, die für<br />
Fahrt, Verpflegung und Unterkunft entstehen.<br />
Eine Vergütung für Fahrtkosten<br />
erübrigt sich natürlich, wenn Mitarbeiter<br />
im Außendienst mit dem Firmenauto<br />
unterwegs sind. Für Fahrten mit dem<br />
Privatauto gelten häufig betriebsinterne<br />
Abmachungen, die eine Kilometervergütung<br />
beinhalten. Eine solche Fahrtspesenvergütung<br />
im Ausmaß <strong>der</strong> ACI-Tarife<br />
ist durchaus zulässig und auch gerechtfertigt.<br />
<strong>Die</strong> Landesbediensteten <strong>der</strong> Autonomen<br />
Provinz Bozen z.B. erhalten<br />
<strong>der</strong>zeit pro gefahrenen Kilometer 30 %<br />
vom Preis eines Liters Benzin vergütet<br />
(etwa 0,40 € pro km). <strong>Die</strong> Beträge <strong>der</strong> Vergütungen<br />
für Verpflegung (Mittagessen,<br />
Abendessen) und Unterkunft sind in den<br />
einzelnen Kollektivverträgen zu finden.<br />
Dort ist aber oft auch verankert, dass zwischen<br />
dem Mitarbeiter und dem Betrieb<br />
Pauschalbeträge vereinbart werden können.<br />
Solche Entschädigungen unterliegen<br />
we<strong>der</strong> den Sozialabgaben noch <strong>der</strong><br />
Einkommenssteuer. Vom Staat bzw. vom<br />
NISF/INPS wurden allerdings Obergrenzen<br />
festgelegt, die <strong>der</strong>zeit bis zu 46,48 €<br />
pro Tag (für Außendienst im Inland) bei<br />
voller Unterkunft und Verpflegung betragen<br />
können. Wird die Verpflegung o<strong>der</strong><br />
die Unterkunft vom Betrieb direkt vergütet,<br />
reduziert sich die Obergrenze um 1/3;<br />
wird vom Betrieb beides direkt vergütet,<br />
reduziert sich die Obergrenze um 2/3.<br />
k) Familiengeld<br />
<strong>Die</strong>ses wird, nach Einreichen des diesbezüglichen<br />
Gesuches, meistens vom<br />
Arbeitgeber, <strong>der</strong> es mit dem INPS/NISF<br />
verrechnet, o<strong>der</strong> für bestimmte Berufsgruppen<br />
(Taglöhner in <strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />
Hausangestellte usw.) auch vom<br />
INPS/NISF direkt ausbezahlt. Dabei muss<br />
beachtet werden, dass das Familieneinkommen<br />
mindestens zu 70% aus einem<br />
abhängigen Arbeitsverhältnis o<strong>der</strong> Rente<br />
stammt. Das Familiengeld wird den<br />
abhängig Beschäftigten und den Pensionisten<br />
aufgrund des Familieneinkommens<br />
und <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Familienmitglie<strong>der</strong><br />
(Antragsteller, Ehepartner (nicht<br />
getrennt), min<strong>der</strong>jährige Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />
gleichgestellte, volljährige Kin<strong>der</strong> mit<br />
vollständiger Arbeitsunfähigkeit, min<strong>der</strong>jährige<br />
bzw. vollständig arbeitsunfähige<br />
Geschwister, Enkel und Neffen des<br />
Antragstellers).<br />
51
Arbeitsrecht<br />
<strong>Die</strong> Einkommensgrenzen für Antragsteller<br />
die verwitwet, geschieden, gesetzlich<br />
getrennt, ledig o<strong>der</strong> alleinstehend sind,<br />
sind um ca. 16 % höher, für Familien mit<br />
Arbeitsunfähigen gibt es je nach Situation<br />
umso höhere Einkommensgrenzen.<br />
Das Familiengeld ist sozialabgaben- und<br />
steuerfrei.<br />
l) Dreizehnter Monatslohn<br />
(Weihnachtsgeld)<br />
In Anlehnung an das interkonfö<strong>der</strong>ale Abkommen<br />
vom 27. Oktober 1946 sehen die<br />
Kollektivverträge vor, dass den Beschäftigten<br />
vor Weihnachten ein 13. Monatslohn<br />
(Angestellte) o<strong>der</strong> eine Weihnachtsgratifikation<br />
(Arbeiter) auszuzahlen ist.<br />
Der 13. Monatslohn entspricht meistens<br />
einem Monatslohn (einige Kollektivverträge<br />
sehen mehr vor). Es stehen entsprechend<br />
viele Zwölftel zu, wie Monate im<br />
Jahr gearbeitet wurden (mehr als 15 Tage<br />
werden als voller Monat berechnet). Für<br />
die Beschäftigten im Gastgewerbe wird<br />
in Südtirol seit dem 1. Jänner 2002 die Berechnung<br />
des 13. und 14. Monatslohnes<br />
anstatt in 12tel, in 26tel vorgenommen.<br />
Bei Abwesenheiten wegen Krankheit und<br />
Unfall (während <strong>der</strong> Arbeitsplatzbeibehaltung),<br />
Pflichtenthaltung wegen Mutterschaft,<br />
Hochzeitsurlaub, Urlaub und<br />
Kündigungsfrist reift <strong>der</strong> 13. Monatslohn<br />
an. Keinen 13. gibt es für Abwesenheiten<br />
ohne Bezahlung, nicht bestandener Probezeit<br />
(außer <strong>der</strong> Kollektivvertrag sieht<br />
etwas an<strong>der</strong>es vor), freiwilligen Mutterschaftsurlaub<br />
und Abwesenheiten bei<br />
Krankheit des Kindes. Bei Streik wird auch<br />
<strong>der</strong> Anteil am 13. Monatslohn abgezogen<br />
(praktisch wird <strong>der</strong> Lohneinbehalt bei<br />
Streik um 8,33 % erhöht).<br />
Stundenkürzungen infolge von Lohnausgleichskasse<br />
haben keine Auswirkungen,<br />
wird hingegen die Tätigkeit vollends<br />
eingestellt, so zahlt die Lohnausgleichskasse<br />
den Anteil an 13. Monatslohn im<br />
Ausmaß von 80 % aus, was dann aber zu<br />
einem Abzug beim 13. Monatslohn führt.<br />
Der 13. Monatslohn wird wie je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Lohn, also im Moment <strong>der</strong> Fälligkeit,<br />
sozialversichert. Was die Einkommenssteuer<br />
betrifft, so werden die gleichen<br />
Kriterien wie für einen Normallohn angewendet<br />
(Umrechnung <strong>der</strong> Steuerabstufungen<br />
auf Monatsbasis), außer dass<br />
keine Steuerfreibeträge (weil diese nur<br />
in 12 Monatsraten beansprucht werden<br />
können) abgezogen werden.<br />
m) 14. Monatslohn o<strong>der</strong> zusätzliche<br />
Monatslöhne<br />
<strong>Die</strong>sbezüglich gibt es keine allgemein<br />
gültige Regeln. Einige Kollektivverträge<br />
o<strong>der</strong> Betriebsabkommen sehen diese<br />
vor. In einigen Betrieben gibt es freiwillige<br />
Auszahlungen. Was die sozialabgaben-<br />
und steuermäßige Behandlung<br />
betrifft, so gelten dieselben Vorschriften<br />
wie für den 13. Monatslohn.<br />
n) Kündigungsfristersatz-<br />
Entschädigung<br />
<strong>Die</strong>se Entschädigung ist sozialabgabenfrei,<br />
wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses<br />
im Konsens erfolgt. Sie wird dann als<br />
Ergänzung <strong>der</strong> Abfertigung gezählt.<br />
3.2.3. Lohngleichheit<br />
Aufgrund des Art. 2 des Gesetzes 903/<br />
1977 haben die Arbeitnehmerinnen das<br />
Recht auf Lohngleichheit, wenn die gefor<strong>der</strong>ten<br />
Leistungen gleich o<strong>der</strong> gleichwertig<br />
sind. Somit mussten, was die Einstufung<br />
betrifft, alle Unterscheidungen<br />
52
Arbeitsrecht<br />
zwischen typisch weiblichen o<strong>der</strong> männlichen<br />
Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen aus den<br />
Kollektivverträgen entfernt werden.<br />
3.2.4. Sozialabgaben<br />
<strong>Die</strong> Sozialabgaben werden zum größten<br />
Teil vom Arbeitgeber und zu einem<br />
kleineren Teil von den Beschäftigten<br />
bezahlt. Der Anteil <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
an den Sozialabgaben scheint auf dem<br />
Lohnstreifen auf. Seit dem 1. Jänner 2007<br />
werden an das INPS/NISF folgende Sozialabgaben<br />
entrichtet:<br />
Industriebetrieb mit zwischen 15 und<br />
50 Beschäftigten:<br />
Pensionsfonds.....................................33,00%<br />
Arbeitslosenversicherung.................1,61%<br />
Mobilitätsbeitrag.................................0,30%<br />
Beiträge CUAF.......................................0,68%<br />
Fonds für Lohnausgleichskasse......1,90%<br />
Fonds für Son<strong>der</strong>lohnausgleich.....0,90%<br />
Garantiefonds für Abfertigung.......0,20%<br />
Krankheit.................................................2,22%<br />
Mutterschaft..........................................0,46%<br />
Insgesamt Beiträge............................41,27%<br />
Anmerkungen<br />
|- Reisende haben zusätzlich einen geringeren<br />
Beitrag zum Mutterschaftsgeldfonds<br />
(-0,22%). Führungskräfte<br />
(dirigenti) sind nicht allen Pflichtversicherungen<br />
unterworfen.<br />
|- Industriebetriebe mit bis zu 15 Beschäftigten<br />
zahlen keinen Mobilitätsbeitrag<br />
(-0,30%) und keinen Beitrag zur Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse<br />
(-0,90% bzw. -<br />
0,30% zu Lasten <strong>der</strong> Beschäftigten).<br />
|- Industriebetriebe mit mehr als 50<br />
Beschäftigten zahlen einen höheren<br />
Beitrag zum Fonds <strong>der</strong> ordentlichen<br />
Lohnausgleichskasse (+ 0,30%).<br />
|- Für spezifische Sektoren gibt es noch<br />
weitere, kleinere Abweichungen, für<br />
die Landwirtschaft gibt es markantere<br />
Reduzierungen.<br />
Für Lehrlinge betragen die Sozialabgaben<br />
laut Art. 1, Absatz 773 des Gesetzes<br />
vom 27/12/2006 Nr. 296 zu Lasten <strong>der</strong><br />
Betriebe mit bis zu 9 Beschäftigten im<br />
ersten Lehrjahr 1,5 % des besteuerbaren<br />
Einkommens, 3% im zweiten Jahr<br />
und 10% in den folgenden Jahren. Für<br />
Betriebe mit über 9 Beschäftigten betragen<br />
die Sozialbeiträge 10 % für die<br />
gesamte Dauer des Lehrlingsvertrages.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge zu Lasten <strong>der</strong> Lehrlinge betragen<br />
5,84%. Wird ein Lehrvertrag am<br />
Ende des Lehrzeit in einen Vertrag auf<br />
unbestimmte Zeit umgewandelt (erfolgt<br />
automatisch, wenn weitergearbeitet<br />
wird), zahlt <strong>der</strong> Betrieb noch für 12<br />
Monate die reduzierten Sozialabgaben<br />
wie für Lehrlinge.<br />
Mit dem Gesetzesvertretenden Dekret<br />
Nr. 446/1997 wurden die Beiträge<br />
zum Gesundheitsdienst (etwas über 10<br />
%) abgeschafft (auch an<strong>der</strong>e Steuern<br />
für die Betriebe) und durch die so genannte<br />
Regionalsteuer auf die Produktionstätigkeit<br />
(IRAP) ersetzt. <strong>Die</strong> „IRAP“<br />
muss von den privaten und öffentlichen<br />
Betrieben bezahlt werden und<br />
wird auf den vom Betrieb produzierten<br />
Mehrwert (Nettoproduktion) berechnet.<br />
Gewisse Lohnkosten sind von <strong>der</strong><br />
IRAP ausgeschlossen. Zu den Sozialabgaben<br />
wären auch die Beiträge für die<br />
Arbeitsunfallversicherung zu rechnen.<br />
Das Ausmaß <strong>der</strong>selben findet man in<br />
Abschnitt 6.<br />
Son<strong>der</strong>verwaltung beim NISF/INPS<br />
Bekanntlich besteht beim NISF/INPS für<br />
53
Arbeitsrecht<br />
alle Formen <strong>der</strong> koordinierten Mitarbeit<br />
(auch für Mini-Co-Co-Co und Projektarbeit),<br />
für die Freiberufler ohne eigene<br />
obligatorische Altersversicherung, für<br />
die Von-Tür-zu-Tür-Verkäufer und für<br />
die „stillen Teilhaber“ eine eigene Abteilung<br />
(„gestione separata“) für die Sozialversicherung.<br />
<strong>Die</strong>se Versicherung ist im<br />
Jahr 1995 mit dem relativ geringen Beitragssatz<br />
von 10% <strong>der</strong> gezahlten Entgelte<br />
eingeführt worden; <strong>der</strong> Beitragssatz<br />
ist dann Jahr für Jahr gesteigert worden,<br />
bis er im Vorjahr bei 25,72% angelangt<br />
ist. Es ist seit einigen Jahren auch eine<br />
Zweiteilung <strong>der</strong> Beitragssätze verfügt<br />
worden, da für jene Personen, welche<br />
bereits eine an<strong>der</strong>e Pflichtversicherung<br />
haben o<strong>der</strong> bereits in Pension sind, ein<br />
geringerer Beitragssatz galt bzw. gilt.<br />
Für <strong>2010</strong> ist nun <strong>der</strong> allgemeine Beitragssatz<br />
noch einmal um einen Prozentpunkt<br />
auf nunmehr 26,72% angehoben<br />
worden, während <strong>der</strong> Satz für<br />
die an<strong>der</strong>weitig schon Pflichtversicherten<br />
weiterhin 17% beträgt. Unverän<strong>der</strong>t<br />
geblieben ist die Lastenverteilung: zwei<br />
Drittel <strong>der</strong> Beiträge gehen zu Lasten<br />
<strong>der</strong> auftraggebenden Firmen und ein<br />
Drittel ist zu Lasten <strong>der</strong> Mitarbeiter. Nur<br />
bei <strong>der</strong> stillen Teilhaberschaft ist diese<br />
Aufteilung an<strong>der</strong>s: 55% zulasten <strong>der</strong> Firmeninhaber,<br />
45% zulasten <strong>der</strong> „Stillen“.<br />
Sozialversicherter Lohn<br />
Für die Berechnung <strong>der</strong> Sozialabgaben<br />
und damit auch für die Berechnung <strong>der</strong><br />
Leistungen (z. B. Krankengeld, Rente,<br />
Lohnausgleichskasse usw.) wird alles<br />
herangezogen, was <strong>der</strong> Arbeitnehmer in<br />
Geld o<strong>der</strong> Naturalien erhält.<br />
Ausgenommen sind nur:<br />
|- Außendienstzulagen im Ausmaß von<br />
50% des Betrages;<br />
|- Spesenersatz (z. B. Fahrt- o<strong>der</strong> Essensspesen<br />
mit entsprechenden Belegen);<br />
|- Kassazulagen;<br />
|- Sozialversicherungsleistungen z. B.<br />
Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Unfallgeld<br />
usw.;<br />
|- Abfertigung (es wird ein minimaler<br />
Anteil (0,5%) bei <strong>der</strong> Endberechnung<br />
in Abzug gebracht), auch Prämien als<br />
Anreiz zur Kündigung;<br />
|- Einmalige, freiwillige Zulagen, die<br />
ausnahmsweise bezahlt werden und<br />
nicht mit <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer o<strong>der</strong> des Betriebes zusammenhängen;<br />
|- Familiengeld;<br />
|- Kündigungsfristentschädigung.<br />
Einzahlung <strong>der</strong> Sozialabgaben<br />
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Sozialabgaben<br />
des Monats innerhalb 15. des<br />
darauf folgenden Monats mittels eines<br />
Sammeleinzahlungsscheins an das INPS/<br />
NISF einzuzahlen.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitgeber stellen für die Arbeitnehmer<br />
die Sammelbestätigung CUD<br />
(Certificazione Unica redditi di lavoro<br />
Dipendente) innerhalb Februar jeden<br />
Jahres o<strong>der</strong> 12 Tagen ab Entlassung aus.<br />
Es lohnt sich unbedingt die CUD-Bestätigung<br />
sowie die Lohnstreifen aufzubewahren<br />
und periodisch vom Sozialversicherungsinstitut<br />
(ev. über ein Patronat)<br />
einen Auszug <strong>der</strong> Sozial- bzw.<br />
Rentenversicherungszeiten zu verlangen<br />
und zu kontrollieren, ob die Eintragungen<br />
sowohl im CUD wie im Versicherungsauszug<br />
stimmen.<br />
<strong>Die</strong> Verjährung für die Einzahlung <strong>der</strong><br />
Sozialversicherungsbeiträge beträgt<br />
nämlich für die Arbeitgeber 5 Jahre,<br />
54
Arbeitsrecht<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer kann aber bis zum<br />
10. Jahr die Beiträge beim Sozialversicherungsinstitut<br />
reklamieren. Falls<br />
sich dann trotzdem eine Beitragslücke<br />
ergibt, so könnte die Rente schmäler<br />
ausfallen. Weitere Angaben zu den Sozialabgaben<br />
sind im Kapitel Sozialversicherung<br />
nachzulesen.<br />
3.2.5. Lohnsteuer o<strong>der</strong><br />
Einkommenssteuer <strong>der</strong><br />
Physischen Personen<br />
(Irpef-Imposta sui Redditi<br />
delle Persone Fisiche)<br />
Was die Besteuerung <strong>der</strong> Einkommen<br />
aus Arbeit betrifft, so werden diese unterschieden<br />
in:<br />
|- Einkommen, die <strong>der</strong> laufenden Steuerperiode<br />
zuzurechnen sind (Einkommen,<br />
die im Kalen<strong>der</strong>jahr <strong>der</strong> Steuerperiode<br />
für Leistungen o<strong>der</strong> angereifte<br />
<strong>Rechte</strong> des Jahres ausbezahlt wurden);<br />
|- Einkommen, die <strong>der</strong> separaten Besteuerung<br />
unterliegen (Abfertigung, Kündigungsfristentschädigung<br />
und Nachzahlungen<br />
für vergangene Jahre).<br />
Einkommen <strong>der</strong> laufenden<br />
Steuerperiode (ordentliche<br />
Einkommen)<br />
<strong>Die</strong> Arbeitgeber behalten monatlich die<br />
auf den Lohn zu bezahlende Einkommenssteuer<br />
ein und überweisen sie<br />
bis zum 16. des darauf folgenden Monats<br />
über die Sammelerklärung dem<br />
Fiskus. Am Jahresende wird <strong>der</strong> Steuerausgleich<br />
gemacht, sodass für den<br />
Arbeitnehmer, sofern er keine an<strong>der</strong>en<br />
Einkommen zu erklären hat, die Einkommenssteuer<br />
bereits in vollem Umfang<br />
vom Arbeitgeber als Steuersubstitut<br />
bezahlt ist.<br />
<strong>Die</strong> Steuer wird, wie schon gesagt, auf<br />
das besteuerbare Einkommen (Bruttolohn-Sozialabgaben)<br />
berechnet und ist<br />
progressiv, d. h. je mehr man verdient<br />
desto mehr zahlt man Steuer.<br />
Zur Berechnung <strong>der</strong> Bruttosteuer wird<br />
das besteuerbare Einkommen mit den<br />
vorgesehenen fünf Steuersätzen progressiv<br />
besteuert. Von <strong>der</strong> Bruttosteuer<br />
werden dann die Steuerfreibeträge abgezogen,<br />
um die Nettosteuer zu errechnen.<br />
<strong>Die</strong> Freibeträge sind keine Fixbeträge,<br />
son<strong>der</strong>n werden anhand <strong>der</strong> unten angeführten<br />
Formeln ermittelt.<br />
Schließlich wird vom besteuerbaren<br />
Einkommen die Nettosteuer abgezogen<br />
und man erhält das Nettoeinkommen.<br />
Steuersätze:<br />
Einkommen bis € 15.000 23%<br />
€ 15.001 – € 28.000 27%<br />
€ 28.001 – € 55.000 38%<br />
€ 55.001 – € 75.000 41%<br />
€ ab 75.001 43%<br />
55
Arbeitsrecht<br />
Freibeträge: (werden von <strong>der</strong> Bruttosteuer abgezogen)<br />
1. Familienangehörige zu Lasten:<br />
a) Ehepartner zu Lasten:<br />
bis € 15.000: € 800 - 110 x (GE : 15.000)<br />
€ 15.001 – € 40.000: € 690<br />
€ 40.001 – € 80.000: € 690 x (80.000 – GE) : 40.000<br />
Zusätzliche Erhöhung:<br />
€ 29.000 – 29.200: € 10<br />
€ 29.201 – 34.700: € 20<br />
€ 34.701 – 35.000: € 30<br />
€ 35.001 – 35.100: € 20<br />
€ 35.101 – 35.200: € 10<br />
b) Kin<strong>der</strong>:<br />
Pro Kind für 1 - 3 Kin<strong>der</strong>:<br />
€ 800 (bzw. € 900 für Kin<strong>der</strong> unter 3 Jahren) x (95.000 – GE):95.000<br />
Mit Behin<strong>der</strong>ung:<br />
€ 1020 (bzw. € 1120 für Kin<strong>der</strong> unter 3 Jahren) x (95.000 – GE) : 95.000<br />
Pro Kind ab 4 Kin<strong>der</strong>:<br />
€ 1.000 (bzw. € 1.100 für Kin<strong>der</strong> unter 3 Jahren) x (95.000 – GE):95.000<br />
Mit Behin<strong>der</strong>ung:<br />
€ 1.220 (bzw. € 1.320 für Kin<strong>der</strong> unter 3 Jahren) x (95.000 – GE) : 95.000<br />
Ab dem 2. Kind gilt grundsätzlich <strong>der</strong> Faktor 95.000 + 15.000 pro Kind. Freibeträge<br />
werden 50/50 zwischen Eltern aufgeteilt, o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Elternteil mit dem höheren Einkommen<br />
kann 100 % beanspruchen. Ist ein Elternteil zu Lasten des an<strong>der</strong>en lebend,<br />
so kann <strong>der</strong> letztere die 100% beanspruchen. Bei Fehlen des an<strong>der</strong>en Elternteils kann<br />
für das erste Kind <strong>der</strong> Freibetrag für den Ehepartner zu Lasten angewandt werden.<br />
c) An<strong>der</strong>e Personen:<br />
€ 750 x (80.000 – GE) : 80.000<br />
2. Freibetrag für Einkommen:<br />
a) Lohn:<br />
bis € 8.000: € 1.840<br />
€ 8.001 – € 15.000: € 1.338 + 502 x(15.000 – GE) : 7.000<br />
€ 15.001 – € 55.000: € 1.338 x (55.000 – GE) : 40.000<br />
Über € 55.000:<br />
kein Freibetrag<br />
Zusätzliche Erhöhung:<br />
€ 23.001 – 24.000: € 10<br />
€ 24.001 – 25.000: € 20<br />
€ 25.001 – 26.000: € 30<br />
€ 26.001 – 27.700: € 40<br />
56
Arbeitsrecht<br />
€ 27.701 – 28.000: € 25<br />
b) Rentner bis 75 Jahre:<br />
bis € 7.500: € 1.725<br />
€ 7.501 – € 15.000: € 1.255 + 470 x (15.000 – GE) : 7.500<br />
€ 15.001 – € 55.000: € 1.255 x (55.000 – GE): 40.000<br />
Über € 55.000:<br />
kein Freibetrag<br />
c) Rentner über 75 Jahre:<br />
bis € 7.750: € 1.738<br />
€ 7.751 – € 15.000: € 1.297 + 486 x (15.000 – GE) : 7.250<br />
€ 15.001 – € 55.000: € 1.297 x (55.000 – GE): 40.000<br />
Über € 55.000:<br />
kein Freibetrag<br />
d) Selbständige:<br />
bis € 4.800: € 1.104<br />
€ 4.801 – € 55.000: € 1.104 x (55.000 – GE) : 50.200<br />
Über € 55.000:<br />
k e i n<br />
Freibetrag<br />
Es gibt 2 Möglichkeiten, die Steuererklärung<br />
abzufassen:<br />
a) Einreichen des Formblattes UNICO PF<br />
bei <strong>der</strong> Agentur <strong>der</strong> Einnahmen, über<br />
ein Steuerbeistandszentrum (C.A.F.),<br />
einen Steuerberater o<strong>der</strong> direkt über<br />
das Internet. In diesem Fall ist die Steuerschuld<br />
gleich zu bezahlen und Steuerguthaben<br />
können entwe<strong>der</strong> von <strong>der</strong><br />
Steuerschuld im nächsten Jahr abgezogen<br />
werden o<strong>der</strong> werden in einigen<br />
Jahren von <strong>der</strong> Steuerbehörde rückvergütet.<br />
b) Seit im Jahr 1993 die „vereinfachte<br />
Steuererklärung“, also das Modell 730<br />
eingeführt wurde, haben sich jedes<br />
Jahr mehr Arbeiter, Angestellte und<br />
Rentner dafür entschieden, diese Steuererklärung<br />
abzufassen.<br />
Das Modell 730 bietet im Gegensatz<br />
zum UNICO mehrere Vorteile, kann<br />
aber nicht von allen Steuerzahlern<br />
abgefasst werden. <strong>Die</strong> Grundvoraussetzung<br />
besteht darin, dass ein fixes<br />
Arbeitsverhältnis bzw. <strong>der</strong> Bezug einer<br />
Rente in den Monaten März bis<br />
August desjenigen Jahres besteht, in<br />
dem die Steuererklärung abgefasst<br />
wird. <strong>Die</strong> Verrechnung <strong>der</strong> Steuer erfolgt<br />
über die Gehaltsabrechnung im<br />
Juli, bzw. über die Rente im August.<br />
<strong>Die</strong>s lässt erkennen, dass selbstständig<br />
Beschäftigte, also jene, welche<br />
eine Buchhaltung führen und keinen<br />
Lohn beziehen das Modell 730 nicht<br />
abfassen können. Der große Vorteil<br />
gegenüber dem UNICO besteht darin,<br />
dass ein eventuelles Steuerguthaben<br />
noch im selben Jahr im Juli/August<br />
über Lohn, bzw. Pension ausbezahlt<br />
wird. Das Modell 730 kann entwe<strong>der</strong><br />
direkt über den Arbeitgeber (o<strong>der</strong> das<br />
Renteninstitut) gemacht werden o<strong>der</strong><br />
man kann sich an eines <strong>der</strong> autorisierten<br />
Steuerbeistandszentrum (C.A.F.)<br />
wenden. Zentren gibt es bei den Ge-<br />
57
Arbeitsrecht<br />
werkschaften, dem KVW und einigen<br />
Berufsverbänden. Entschließt sich<br />
jemand, das Modell 730 über seinen<br />
Arbeitgeber abzufassen, so muss er<br />
in <strong>der</strong> Regel innerhalb 15. Jänner des<br />
Jahres, in dem die Erklärung abgefasst<br />
wird, dies dem Arbeitgeber mitteilen.<br />
<strong>Die</strong> Unterlagen müssen dann in den<br />
Monaten März und April abgegeben<br />
werden. Zu beachten ist jedoch, dass<br />
die Arbeitgeber bzw. Renteninstitute<br />
nicht mehr verpflichtet sind, den<br />
<strong>Die</strong>nst anzubieten.<br />
Bei den Steuerbeistandszentren gibt es<br />
keine gesetzliche Frist für die Anmeldung<br />
zum Abfassen <strong>der</strong> Steuererklärung.<br />
Einige Zentren jedoch arbeiten<br />
mit Terminvereinbarung. Grundsätzlich<br />
werden dort die Modelle 730 von<br />
Anfang März bis 31.Mai abgefasst. Ein<br />
weiterer nicht unerheblicher Unterschied<br />
zwischen den beiden Möglichkeiten<br />
besteht darin, dass die Steuerbeistandszentren<br />
im Gegensatz zu den<br />
Arbeitgebern dazu verpflichtet sind,<br />
eine Konformitätsbescheinigung auszustellen<br />
(„visto di conformità“). Das<br />
bedeutet, dass alle Unterlagen, welche<br />
für die Steuererklärung verwendet werden,<br />
auf ihre Richtigkeit geprüft werden,<br />
soweit dies im Rahmen <strong>der</strong> Möglichkeit<br />
des Zentrums liegt. Wird die<br />
Steuererklärung über den Arbeitgeber<br />
gemacht, so haftet nur <strong>der</strong> Erklärer für<br />
die Richtigkeit <strong>der</strong> Angaben. Beim Zentrum<br />
haftet auch das Zentrum selbst.<br />
Akontozahlungen<br />
Wer das Formblatt UNICO ausfüllt, muss<br />
je nach Höhe <strong>der</strong> Steuerschuld bereits<br />
im <strong>Juni</strong> und/o<strong>der</strong> im November des Jahres<br />
ein Akonto leisten. Beim Formblatt<br />
730 wird das Akonto bereits im Frühjahr<br />
berechnet und <strong>der</strong> Arbeitgeber wird die<br />
Überweisung im November durchführen<br />
(wird eine geringere Steuerbelastung erwartet,<br />
so muss innerhalb 30. September<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber o<strong>der</strong> das Pensionsversicherungsinstitut<br />
davon informiert werden).<br />
Absetzbeträge<br />
Anlässlich <strong>der</strong> Steuererklärung können<br />
eine Reihe von Son<strong>der</strong>ausgaben geltend<br />
gemacht werden, was bedeutet,<br />
dass sie steuermin<strong>der</strong>nd sind. Dabei unterscheidet<br />
man zwischen Spesen, welche<br />
vom Gesamteinkommen abziehbar<br />
sind und jenen, welche nur prozentuell<br />
von <strong>der</strong> Steuer in Abzug gebracht werden<br />
können. Letztere ergeben somit in<br />
<strong>der</strong> Regel eine geringere Steuerersparnis.<br />
Bindend für die Abzugsfähigkeit<br />
von Son<strong>der</strong>ausgaben ist das Zahlungsdatum<br />
(Kassaprinzip).<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten Spesen sind: Ausgaben<br />
für ärztliche Leistungen, Hypothekarzinsen,<br />
Bestattungskosten, Ausgaben<br />
für den Schulbesuch, Ausgaben für<br />
Unterhaltszahlungen an die Kin<strong>der</strong>, gesetzlich<br />
vorgeschriebene Vor- und Fürsorgebeiträge,<br />
Prämien für Lebens- und<br />
Unfallversicherungen, diverse Spenden<br />
wie z. B. freiwillige Geldzuwendungen<br />
an Parteien und politische Vereinigungen,<br />
an gemeinnützige Vereinigungen<br />
(ONLUS), an Schauspielorganisationen,<br />
Beiträge zu Gunsten des Zentralen Institutes<br />
<strong>der</strong> Katholischen Kirche für den<br />
Unterhalt des Klerus bzw. Spenden für<br />
die Katholische Kirche für denkmalgeschützte<br />
Gebäude. Weiters können<br />
Ausgaben für Sanierungsarbeiten und<br />
sonstige bauliche Wie<strong>der</strong>gewinnungs-<br />
58
Arbeitsrecht<br />
maßnahmen von <strong>der</strong> Steuer in Höhe<br />
von 36% abgezogen werden. Aufwendungen<br />
für die energetische Sanierung<br />
von Gebäuden können im Ausmaß von<br />
55% von <strong>der</strong> Steuer abgezogen werden<br />
Wie für alle steuerlichen Belange gilt<br />
auch für die absetzbaren Spesen, dass<br />
sich aufgrund des jährlichen Finanzgesetzes<br />
Än<strong>der</strong>ungen ergeben. <strong>Die</strong>s<br />
bedeutet, dass abschreibbare Spesen<br />
hinzukommen, bzw. wegfallen können.<br />
Genauere Informationen sind deshalb<br />
von Jahr zu Jahr wie<strong>der</strong> einzuholen.<br />
Lohnsteuerreduzierung<br />
Lohnsteuerreduzierung auf 10% nur für<br />
Leistungsprämien auch für <strong>2010</strong>.<br />
Mit dem Dekret Nr. 124 vom 28. Mai<br />
2008 wurde – wohl zum Zweck <strong>der</strong> Erhöhung<br />
<strong>der</strong> Netto-Entlohnungen bei relativ<br />
geringen Einkommen – eine Lohnsteuerreduzierung<br />
von <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Progressionsstufe auf 10% für geleistete<br />
Überstunden und auszuzahlende Leistungs-<br />
o<strong>der</strong> (im Originaltext) Produktivitätsprämien<br />
probeweise bis zum 31. Dezember<br />
2009 verfügt. <strong>Die</strong>se Bestimmung<br />
ist nun unter Ausschluss <strong>der</strong> Überstunden<br />
und <strong>der</strong> Begrenzung, dass sie nur für<br />
die Bezieher von Arbeitnehmereinkommen<br />
bis zur Bruttohöhe von 35.000,00 €<br />
gilt, für das Jahr <strong>2010</strong> verlängert worden.<br />
Durch die Einführung dieser „Ersatzsteuer“<br />
von 10% auf die erwähnten Einkommensteile<br />
gelten auch die regionalen<br />
und kommunalen Zusatzsteuern als abgegolten.<br />
Auch gilt die weitere Begrenzung,<br />
dass die Produktivitätsprämien, für<br />
welche die Steuerermäßigung infrage<br />
kommt, nicht höher als 6.000,00 € im<br />
Jahr sein dürfen.<br />
3.2.7. <strong>Die</strong> Isee-Erklärung<br />
Das „ISEE“ ist eine Erklärung mit <strong>der</strong> die<br />
Einkommens- und Vermögenssituation einer<br />
Familie festgestellt werden kann. <strong>Die</strong>se<br />
Erklärung dient dazu, die effektive Bedürftigkeit<br />
festzustellen und geht über die<br />
reine Einkommenserklärung (Mod. 730,<br />
Mod. UNICO) hinaus. Das Vermögen, bestehend<br />
aus Grund- und Gebäudebesitz,<br />
aber auch Bankeinlagen und Wertpapiere<br />
müssen erklärt werden. <strong>Die</strong> Erklärung gibt<br />
es bereits seit vielen Jahren in Italien. In<br />
Südtirol war sie bis vor kurzem nur von<br />
jenen Personen zu machen, welche an<br />
italienischen Universitäten um eine Begünstigung<br />
ansuchten. Weiters haben die<br />
Gemeinden Bozen und Meran für die Reduzierung<br />
von Kin<strong>der</strong>gartenbeitrag und<br />
die Kostenbeteiligung an <strong>der</strong> Mensa die<br />
Vorlage des ISEE verlangt. Seit mit Staatsgesetz<br />
die Vergünstigung für Strom- und<br />
Gaskunden aufgrund von <strong>der</strong>en wirtschaftlichen<br />
Situation eingeführt wurde,<br />
ist das ISEE aber verstärkt auch in Südtirol<br />
zum Thema geworden. Ermächtigt zur<br />
Abfassung des ISEE sind alle Steuerbeistandszentren<br />
(C.A.F.) welche bei den Gewerkschaften<br />
und Verbänden angesiedelt<br />
sind. Um einen ungefähren Richtwert des<br />
ISEE zu erlangen, muss man das Gesamteinkommen<br />
<strong>der</strong> Familie mit folgende Koeffizienten<br />
dividieren:<br />
1 Person..........................................................1,00<br />
2 Personen.....................................................1,57<br />
3 Personen.....................................................2,04<br />
4 Personen.....................................................2,46<br />
5 Personen.....................................................2,85<br />
Für jede weitere Person wird <strong>der</strong> Koeffizient<br />
um 0,35 erhöht. Für Son<strong>der</strong>fälle (Behin<strong>der</strong>ung,<br />
Fehlen eines Elternteiles) gibt<br />
es weitere Erhöhungen des Koeffizienten.<br />
In Südtirol ist mit Dekret des Landeshaupt-<br />
59
Arbeitsrecht<br />
mannes im <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong> eine Durchfürungsverordnung<br />
zur einheitlichen Erhebung<br />
von Einkommen und Vermögen erlassen<br />
worden, die zunächst für die Leistungen<br />
im Sozial- und Gesundheitswesen Anwendung<br />
findet. <strong>Die</strong> Erklärung ist ähnlich<br />
strukturiert wie das gesamtstaatliche ISEE,<br />
die Bewertung von Einkommen und Vermögen<br />
kein aber je nach Art des Gesuches<br />
und Familienzusammensetzung unterschiedlich<br />
gehandhabt werden.<br />
3.2.8. Pfändung <strong>der</strong> Entlohnung<br />
Hat jemand Schulden, so können diese<br />
auch über den Arbeitgeber eingetrieben<br />
werden. <strong>Die</strong> Entlohnung und die Abfertigung<br />
können für Unterhaltszahlungen<br />
in dem vom Bezirksrichter festgelegten<br />
Ausmaß gepfändet werden. Für alle an<strong>der</strong>en<br />
Schulden beträgt die Pfändung<br />
höchstens 20 %. Zusammen dürfen nicht<br />
mehr als 50 % des Lohnes und <strong>der</strong> Abfertigung<br />
einer Pfändung unterworfen werden.<br />
Das gilt auch, mit Einschränkungen,<br />
für Renten und Entlohnungen öffentlicher<br />
Körperschaften.<br />
3.3. Arbeitszeit<br />
Ein wesentlicher Bestandteil jedes Arbeitsverhältnisses<br />
ist die Arbeitszeit, also<br />
jener Zeitabschnitt, währenddessen <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft<br />
zur Verfügung stellt. Der Arbeitnehmer<br />
schuldet nicht die Erbringung von<br />
einzelnen Tätigkeiten o<strong>der</strong> Arbeitsergebnissen,<br />
seine vertragliche Leistungspflicht<br />
ist die Arbeitszeit. Das gilt auch für die Leistungslohnsysteme<br />
und die Akkordarbeit.<br />
Grund für eine gesetzliche Regelung <strong>der</strong><br />
Arbeitszeit war die Absicht, vor allem einer<br />
großen gewerkschaftlichen Bewegung<br />
Ende des letzten, Anfang dieses Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />
einer gesundheitlichen und moralischen<br />
Überfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
durch überlange Arbeitszeiten vorzubeugen<br />
und Arbeitsplätze zu schaffen.<br />
Als Arbeitszeit gilt gemeinhin die effektiv<br />
gearbeitete Zeit, also nicht die Pausen,<br />
<strong>der</strong> Weg zur Arbeit (außer die Kollektivverträge<br />
sehen etwas an<strong>der</strong>es vor). Einmütig<br />
wird dem Arbeitgeber die Befugnis zugestanden,<br />
die Einteilung <strong>der</strong> täglichen und<br />
wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen; zu<br />
berücksichtigen hat er dabei aber die Regeln,<br />
die durch Gesetze, Kollektivverträge<br />
und individuelle Vereinbarungen festgelegt<br />
wurden.<br />
<strong>Die</strong> Rechtsprechung entzweit sich hingegen,<br />
wenn keine gesetzlichen o<strong>der</strong><br />
vertraglichen Klauseln hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Verteilung <strong>der</strong> Arbeitszeit bestehen; zum<br />
einen sprechen einige Gerichtsurteile <strong>der</strong><br />
Weisungsbefugnis des Arbeitgebers diese<br />
Möglichkeit zu, zum an<strong>der</strong>en gibt es die<br />
Interpretation, dass die zeitliche Festlegung<br />
<strong>der</strong> Arbeitszeit Teil einer (ausdrücklichen<br />
o<strong>der</strong> stillschweigenden) Abmachung<br />
zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />
darstellt, welche nicht einseitig verän<strong>der</strong>t<br />
werden kann. Das italienische Arbeitsministerium<br />
hat mit Rundschreiben Nr. 8<br />
vom 3. März 2005 einige Aspekte <strong>der</strong> Dekrete<br />
Nr. 66/ 2003 und Nr. 213/2004 zur<br />
Neuregelung <strong>der</strong> Arbeitszeit erläutert. <strong>Die</strong><br />
Bestimmungen betreffen die normale und<br />
maximale Arbeitszeit, die Überstundenarbeit,<br />
die Nachtarbeit, die Pausen, den<br />
Ruhetag und den Urlaub. Bei Nichtbeachtung<br />
o<strong>der</strong> Übertretung <strong>der</strong> neuen Arbeitszeitregelungen<br />
seitens des Arbeitgebers<br />
sehen die genannten Dekrete je nach Art<br />
und Grad des Verstoßes Verwaltungsstrafen<br />
zwischen 25,00 Euro und 4.131,00 Euro<br />
vor.<br />
60
Arbeitsrecht<br />
3.3.1. Normalarbeitszeit<br />
<strong>Die</strong> normale wöchentliche Arbeitszeit<br />
beträgt 40 Stunden. <strong>Die</strong> Kollektivverträge<br />
können eine geringere Arbeitszeit pro<br />
Woche o<strong>der</strong> eine durchschnittliche Arbeitszeit<br />
pro Woche für einen Zeitraum<br />
von höchstens einem Jahr festlegen.<br />
3.3.2. Höchstarbeitszeit<br />
Um die Flexibilisierung <strong>der</strong> Arbeitszeiten<br />
zum Schutz <strong>der</strong> Gesundheit und <strong>der</strong><br />
Sicherheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer zu begrenzen,<br />
wurde die maximale wöchentliche<br />
Arbeitszeit inklusive Überstunden auf<br />
durchschnittlich 48 Stunden für einen<br />
Bezugszeitraum von vier Monaten festgesetzt.<br />
<strong>Die</strong> Kollektivverträge können einen<br />
niedrigeren Durchschnittswert festlegen.<br />
In Ausnahmefällen kann <strong>der</strong> Bezugszeitraum<br />
kollektivvertraglich von vier auf<br />
sechs bzw. 12 Monate ausgeweitet werden.<br />
<strong>Die</strong> Höchstgrenze für die tägliche<br />
Arbeitszeit wurde abgeschafft. Das Dekret<br />
Nr. 66/2003 spricht stattdessen von<br />
einer zusammenhängenden täglichen<br />
Ruhezeit von mindestens elf Stunden.<br />
Hinzu kommen die Pausen während <strong>der</strong><br />
Arbeitszeit. <strong>Die</strong> Regelung <strong>der</strong> wöchentlichen<br />
Höchstarbeitszeit gilt auch für<br />
volljährige Lehrlinge. Für min<strong>der</strong>jährige<br />
Arbeitnehmer bleibt die maximale Arbeitszeit<br />
von wöchentlich 40 Stunden<br />
und täglich acht Stunden aufrecht.<br />
3.3.3. Überstundenarbeit<br />
Als Überstunden werden vom Gesetz<br />
alle Arbeitsstunden bezeichnet, die über<br />
die normale Arbeitszeit hinaus geleistet<br />
werden. Überstundenarbeit muss nach<br />
wie vor Ausnhmecharakter haben. <strong>Die</strong><br />
tägliche Grenze für Überstundenarbeit<br />
wurde aufgehoben. Allerdings darf die<br />
wöchentliche Gesamtarbeitszeit inklusive<br />
Überstunden durchschnittlich 48 Stunden<br />
im Bezugszeitraum von vier Monaten<br />
250 Überstunden festgeschrieben. <strong>Die</strong>se<br />
dürfen nur überschritten werden:<br />
|- im Falle von Naturkatastrophen;<br />
|- bei außerordentlichen technisch-produktiven<br />
Erfor<strong>der</strong>nissen und <strong>der</strong> gleichzeitigen<br />
Unmöglichkeit, zusätzliches<br />
Personal einzustellen;<br />
|- im Falle <strong>der</strong> notwendigen Durchführung<br />
von Arbeiten, wenn Gefahr von<br />
Schäden an Personen o<strong>der</strong> Sachen besteht;<br />
|- bei beson<strong>der</strong>en Ereignissen wie Messen,<br />
Ausstellungen, usw.<br />
Tipp<br />
Überstunden ja – Überstunden<br />
nein, Überstunden in Freizeit<br />
o<strong>der</strong> Geld, es tauchen für die Arbeitnehmer<br />
einfach viele Fragen dazu auf.<br />
Achten Sie auf diese Punkte, wenn Sie<br />
Überstunden machen:<br />
|- Überstunden müssen vom Arbeitgeber<br />
angeordnet sein. Sie können<br />
also nicht selbstherrlich Überstunden<br />
„sammeln“.<br />
|- Werden Überstunden in Freizeit abgegolten,<br />
so steht Ihnen <strong>der</strong> Zuschlag<br />
entwe<strong>der</strong> in Freizeit o<strong>der</strong> Geld auch<br />
zu.<br />
|- Wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber Kenntnis von<br />
ihren Überstunden hat o<strong>der</strong> diese for<strong>der</strong>t,<br />
so kann er sich nicht mehr darauf<br />
berufen, die Überstunden seien nicht<br />
angeordnet und nicht notwendig gewesen.<br />
61
Arbeitsrecht<br />
|- Überstunden müssen beweisbar sein.<br />
Am besten ist es, wenn Ihr Vorgesetzter<br />
Arbeitsrapporte o<strong>der</strong> Stempelkarten<br />
regelmäßig gegenzeichnet.<br />
|- Können Sie bloß auf eigene Aufzeichnungen<br />
zurückgreifen, werden Sie<br />
häufig auf zusätzliche Beweismittel<br />
wie etwa Zeugen angewiesen sein. Auf<br />
Arbeitskollegen als Zeugen zu zählen<br />
ist aber riskant: Wer will schon gegen<br />
seinen eigenen Chef aussagen<br />
|- Wer nicht einmal genaue Aufzeichnungen<br />
über die geleisteten Überstunden<br />
hat, wird in einem Prozess<br />
größte Schwierigkeiten haben, seine<br />
For<strong>der</strong>ungen durchzusetzen.<br />
|- Warten Sie nicht zu lange, bis Sie die<br />
Überstundenentschädigung geltend<br />
machen. An sich verjähren Überstunden<br />
1 Jahr ab Leistung, wobei die<br />
Verjährungsfrist bei so genannten stabilen<br />
Arbeitsverhältnissen (wo zumindest<br />
ein ähnlicher Schutz wie durch<br />
das Arbeiterstatut gewährleistet wird)<br />
ab dem betreffenden Monatslohn<br />
o<strong>der</strong> bei unstabilen ab Auflösung des<br />
Arbeitsverhältnisses läuft (Kassationsgerichtsurteile<br />
Nr. 12665 und 9137/<br />
1997). Melden Sie also Ihre For<strong>der</strong>ungen<br />
rechtzeitig an, und zwar schriftlich<br />
(mit Abgabebestätigung).<br />
3.3.4. Pausen<br />
Dauert die tägliche Arbeitszeit länger als<br />
sechs Stunden, hat <strong>der</strong> Arbeitnehmer bei<br />
Fehlen einer kollektivvertraglichen Regelung<br />
Anrecht auf eine Pause von zehn<br />
Minuten. <strong>Die</strong> Pause zählt nicht als Arbeitszeit<br />
und wird daher nicht entlohnt,<br />
außer <strong>der</strong> Kollektivvertrag sieht etwas<br />
an<strong>der</strong>es vor. <strong>Die</strong> Pause darf auch nicht<br />
durch eine Vergütung ersetzt werden,<br />
da sie zur Erholung dient. Sie kann am<br />
Arbeitsplatz o<strong>der</strong> außerhalb davon genossen<br />
werden. Der Zeitpunkt <strong>der</strong> Pause<br />
wird vom Arbeitgeber festgelegt und<br />
kann bei einem getrennten Stundenplan<br />
mit <strong>der</strong> Mittagspause zusammenfallen.<br />
Eine Ausnahme bildet die Arbeit am<br />
Bildschirm, wenn diese für mindestens<br />
20 Stunden wöchentlich und für mindestens<br />
vier zusammenhängende Stunden<br />
verrichtet wird. In diesem Falle steht,<br />
wenn <strong>der</strong> Kollektivvertrag keine Regelung<br />
vorsieht, nach jeweils zwei Stunden<br />
Arbeit am Bildschirm eine fünfzehnminütige<br />
Pause zu. <strong>Die</strong>se Pause ist bezahlt<br />
und saugt die oben erwähnte Pause von<br />
zehn Minuten auf.<br />
3.3.5. Wöchentlicher Ruhetag<br />
Je<strong>der</strong> Arbeitnehmer hat Anrecht auf einen<br />
vollen wöchentlichen Ruhetag, <strong>der</strong><br />
– soweit möglich – auf den Sonntag fallen<br />
muss. Das Dekret Nr. 66/2003 sieht<br />
vor, dass <strong>der</strong> wöchentliche Ruhetag mit<br />
<strong>der</strong> täglichen Ruhezeit von elf Stunden<br />
zusammenfallen muss, sodass sich eine<br />
Ruhezeit von 35 zusammenhängenden<br />
Stunden ergibt. Verschiedene Gesetze<br />
und Dekrete regeln die Ausnahmefälle für<br />
beson<strong>der</strong>e Sektoren und Kategorien.<br />
3.3.6. Urlaub<br />
Je<strong>der</strong> Arbeitnehmer hat Anrecht auf vier<br />
Wochen Urlaub pro Jahr, welcher, außer<br />
bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses,<br />
nicht ausbezahlt werden darf. <strong>Die</strong> Kollek-<br />
62
Arbeitsrecht<br />
tivverträge können längere Urlaubszeiten<br />
vorsehen. Zwei zusammenhängende<br />
Urlaubswochen müssen auf Anfrage des<br />
Arbeitnehmers innerhalb des Jahres <strong>der</strong><br />
Anreifung gewährt werden. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en<br />
beiden Wochen müssen innerhalb von 18<br />
Monaten ab dem Ende des Jahres <strong>der</strong> Anreifung<br />
genossen werden. <strong>Die</strong>se müssen<br />
nicht zusammenhängend sein. Der restliche<br />
Urlaub muss innerhalb <strong>der</strong> kollektivvertraglich<br />
vorgesehenen o<strong>der</strong> individuell<br />
vereinbarten Frist gewährt werden,<br />
kann aber auch ausbezahlt werden.<br />
3.3.7. Nachtarbeit<br />
<strong>Die</strong> Nachtarbeit beträgt mindestens sieben<br />
zusammenhängende Stunden und<br />
umfasst den Zeitraum zwischen 24 Uhr<br />
und fünf Uhr. Als Nachtarbeiter gilt, wer<br />
mindestens drei Stunden seiner täglichen<br />
Arbeitszeit im Nachtzeitraum zwischen<br />
24 Uhr und fünf Uhr leistet o<strong>der</strong><br />
wer einen vom Kollektivvertrag festgelegten<br />
Teil seiner Arbeitszeit in diesem<br />
Zeitraum leistet. Sieht <strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
keine Regelung vor, so gilt auch als<br />
Nachtarbeiter, wer für mindestens 80 Arbeitstage<br />
im Jahr einen Teil seiner täglichen<br />
Arbeitszeit während des Nachtzeitraumes<br />
leistet. <strong>Die</strong>se Personen gelten<br />
hingegen nicht als Nachtarbeiter, wenn<br />
die 80-Tage-Grenze wegen außerordentlicher<br />
Ereignisse (Naturkatastrophen,<br />
Schadensfälle an den betrieblichen Anlagen<br />
o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Durchführung beson<strong>der</strong>er<br />
<strong>Die</strong>nste) überschritten wird. <strong>Die</strong><br />
Nachtarbeit darf im Wochendurchschnitt<br />
acht Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum<br />
nicht überschreiten. Für die Nachtarbeit<br />
ist eine ärztliche Eignungsbescheinigung<br />
erfor<strong>der</strong>lich, <strong>der</strong>en Kosten <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
trägt. Wird Nachtarbeit über<br />
einen längeren Zeitraum geleistet, muss<br />
alle zwei Jahre eine ärztliche Kontrolle<br />
durchgeführt werden. <strong>Die</strong>se Kontrollen<br />
müssen in kürzeren Abständen stattfinden,<br />
wenn sich die Arbeitsbedingungen<br />
än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> wenn dies <strong>der</strong> Arzt als notwendig<br />
erachtet. Frauen dürfen von <strong>der</strong><br />
Feststellung <strong>der</strong> Schwangerschaft bis<br />
zum vollendeten ersten Lebensjahr des<br />
Kindes von 24 Uhr bis sechs Uhr nicht zur<br />
Arbeit herangezogen werden. Folgende<br />
Arbeitnehmer können die Nachtarbeit<br />
verweigern:<br />
|- Mütter von Kin<strong>der</strong>n im Alter von bis zu<br />
drei Jahren;<br />
|- Väter mit denselben Voraussetzungen,<br />
falls die Mutter vom Verweigerungsrecht<br />
nicht Gebrauch macht;<br />
|- Einziger Elternteil mit einem Kind unter<br />
12 Jahren;<br />
|- Arbeitnehmer, die einen Person mit Benachteiligung<br />
zu ihren Lasten haben.<br />
3.3.8. Feiertage<br />
<strong>Die</strong> Feiertage sind gesetzlich festgelegt.<br />
An folgenden Tagen ruht die Arbeit:<br />
Neujahr, 6. Jänner (Dreikönig), Ostermontag,<br />
25. April (Tag <strong>der</strong> Befreiung),<br />
1. Mai (Tag <strong>der</strong> Arbeit), 2. <strong>Juni</strong> (Staatsfeiertag),<br />
15. August (Maria Himmelfahrt),<br />
1. November (Allerheiligen), 8.<br />
Dezember (Maria Empfängnis), 25. Dezember<br />
(Weihnachten), 26. Dezember<br />
(Stephanstag), Tag des Schutzpatrons (in<br />
Südtirol <strong>der</strong> Pfingstmontag). <strong>Die</strong> Feiertage<br />
werden entlohnt (beim Monatsgehalt<br />
sind sie bereits inbegriffen). Fällt ein<br />
Feiertag auf einen Sonntag (bei einigen<br />
Kollektivverträgen auch am Samstag)<br />
wird <strong>der</strong> Feiertag zusätzlich entlohnt.<br />
Bei Abwesenheiten wegen Krankheit,<br />
Unfall, Mutterschaft (Pflichtenthaltung<br />
63
Arbeitsrecht<br />
und Freiwillige) und an<strong>der</strong>en gerechtfertigten<br />
Abwesenheiten ist <strong>der</strong> Feiertag zu<br />
zahlen. Bei Urlaub o<strong>der</strong> Hochzeitsurlaub<br />
kann <strong>der</strong> Feiertag extra bezahlt o<strong>der</strong> ein<br />
zusätzlicher freier Tag gewährt werden.<br />
3.3.9. Abgeschaffte Feiertage<br />
Mit dem Gesetz Nr. 54/1977 wurden einige<br />
Feiertage abgeschafft. <strong>Die</strong> Kollektivverträge<br />
befassen sich eingehend mit<br />
diesem Thema (manchmal etwas abweichend<br />
voneinan<strong>der</strong>). Grundsätzlich werden<br />
4 (religiöse) Feiertage mit bezahlten<br />
Freistellungen zu 4 o<strong>der</strong> 8 Stunden o<strong>der</strong><br />
als Arbeitszeitverkürzung (insgesamt 32<br />
Stunden) genossen. Der 4. November<br />
(ziviler Feiertag) wurde auf den nächsten<br />
Sonntag verlegt und wird zusätzlich ausbezahlt.<br />
3.3.10. Arbeitszeitverkürzung<br />
<strong>Die</strong> Verkürzung <strong>der</strong> Arbeitszeit war und<br />
ist ein vorrangiges Ziel <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung.<br />
Dabei wurde und<br />
wird sowohl eine Verkürzung <strong>der</strong> Tages-,<br />
<strong>der</strong> Wochen-, <strong>der</strong> Jahres- und <strong>der</strong><br />
Lebensarbeitszeit ins Auge gefasst. Bedeutende<br />
Fortschritte wurden bereits<br />
gemacht (vor hun<strong>der</strong>t Jahren lag z. B.<br />
die Wochenarbeitszeit durchwegs noch<br />
bei 70 bis 80 Stunden). Verbesserungen<br />
müssen natürlich immer von beiden<br />
Sozialpartnern unterschrieben werden.<br />
<strong>Die</strong> Gewerkschaften gehen in ihrer Argumentation<br />
immer davon aus, dass<br />
Arbeitszeitverkürzungen (wenn möglich<br />
mit Lohnausgleich) Arbeitsplätze schaffen<br />
bzw. Arbeitszeiten entstehen lassen,<br />
die den Beschäftigten eine stärkere<br />
Teilnahme am sozialen und kulturellen<br />
Leben ermöglichen (Leitspruch für die<br />
5-Tage-Woche: „Samstags gehört Vati<br />
mir.“). Der Europäische Gewerkschaftsbund<br />
ist gegen die neue EU-Richtlinie<br />
zur Arbeitszeit von 2008, da darin ein<br />
Rückschritt im Bemühen um die Arbeitszeitverkürzung<br />
gesehen wird.<br />
3.3.11. Solidaritätsverträge<br />
Mit Solidaritätsverträgen wird im Betrieb<br />
unter den Mitarbeitern ein Lohnverzicht<br />
vereinbart (deshalb Solidarität), um teilweise<br />
o<strong>der</strong> gänzlich Entlassungen zu<br />
verhin<strong>der</strong>n.<br />
„Verteidigende“ Verträge:<br />
Solidaritätsverträge im Sinne vom Gesetz<br />
Nr. 863/84 sind grundsätzlich in all<br />
jenen Betrieben möglich, wo es auch<br />
die außerordentliche Lohnausgleichskasse<br />
gibt (mehr als 15 Beschäftigte). Bei<br />
Auftragsbeendigung (Arbeitsende), <strong>der</strong><br />
Beendigung von Baustellen o<strong>der</strong> für Arbeitsverhältnisse<br />
auf Zeit sind keine Solidaritätsverträge<br />
möglich. Lohnausgleich<br />
und Solidaritätsverträge sind bei Arbeitern,<br />
Angestellten und Führungskräften<br />
(„Quadri“) möglich. Lehrlinge, Bedienstete<br />
mit Einglie<strong>der</strong>ungsverträgen, Heimarbeiter,<br />
Chauffeure, leitende Funktionäre<br />
(„Dirigenti“) und Beschäftigte mit einer<br />
kurzen <strong>Die</strong>nstzeit (weniger als 90 Tage)<br />
können nicht in den Genuss von Lohnausgleich<br />
und/o<strong>der</strong> Solidaritätsverträgen<br />
kommen. Auch für Teilzeit-Arbeitskräfte<br />
ist eine weitere Reduzierung <strong>der</strong><br />
Arbeitszeit möglich. <strong>Die</strong> Lohneinbußen,<br />
die mit <strong>der</strong> Reduzierung <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />
gegeben sind, werden teilweise mit<br />
Lohnausgleich kompensiert. Als Ausgleich<br />
wird (seit 14.06.1995) 60% vom<br />
Lohn vergütet. <strong>Die</strong> Berechnung erfolgt<br />
auf den gesamten Lohn, <strong>der</strong> durch die<br />
Arbeitszeitreduzierung verloren geht,<br />
64
Arbeitsrecht<br />
mit Ausnahme sämtlicher Lohnerhöhungen<br />
vorangegangenen sechs Monaten.<br />
Auf den Lohnausgleich entfallen Sozialbeiträge<br />
(5,84%), wie bei <strong>der</strong> Entlohnung<br />
<strong>der</strong> Lehrlinge. Der Lohnausgleich bei den<br />
Solidaritätsverträgen unterliegt nicht <strong>der</strong><br />
monatlichen Höchstgrenze, die sonst bei<br />
<strong>der</strong> Lohnausgleichskasse vorgesehen ist.<br />
Der Zeitraum für Solidaritätsverträge ist<br />
auf höchstens 24 Monate beschränkt.<br />
Um die Anwendung von Solidaritätsverträgen<br />
anzuregen und leichter zu<br />
ermöglichen, ist in den Bestimmungen<br />
vorgesehen, dass Betriebe Beitragsermäßigungen<br />
erhalten können. Wenn<br />
die vereinbarte Arbeitszeitreduzierung<br />
(täglich, wöchentlich o<strong>der</strong> auch monatlich)<br />
größer als 20% <strong>der</strong> vertraglichen<br />
Arbeitszeit ist, erhalten die Betriebe 25%<br />
Beitragsermäßigung. Wird die Arbeitszeit<br />
um mehr als 30% gekürzt, sind 35%<br />
Beitragsermäßigung vorgesehen. Bei Solidaritätsverträgen<br />
ist eine vorgezogene<br />
Pensionierung (Altersrente) um bis zu<br />
24 Monaten möglich. <strong>Die</strong> Struktur <strong>der</strong><br />
Arbeitszeit wird im Voraus genau festgelegt<br />
und bleibt streng geregelt. Ein neuer<br />
Solidaritätsvertrag ist erst nach zwölf<br />
Monaten wie<strong>der</strong> möglich. Bei Krankheit,<br />
Mutterschaft und Arbeitsunfall während<br />
<strong>der</strong> Zeitspanne von Solidaritätsverträgen<br />
reduziert sich die wirtschaftliche<br />
Behandlung ebenso jeweils im Verhältnis<br />
(verkürzte Arbeitszeit und Arbeitszeit<br />
mit Lohnausgleich). Auch <strong>der</strong> Urlaub<br />
und die Abfertigung werden jeweils im<br />
Verhältnis gerechnet und anteilsmäßig<br />
mit Lohnausgleich verrechnet.<br />
„Expansive“ Verträge:<br />
Solidaritätsverträge, die sich auf die Arbeitsmarktlage<br />
außerhalb des Betriebes<br />
beziehen und Neuanstellungen bewirken<br />
sind auch möglich. Betriebe können<br />
mit den Gewerkschaften entsprechende<br />
Abkommen schließen. Für jeden Monatslohn<br />
eines neu aufgenommenen Beschäftigten<br />
wird ein Beitrag auf den Mindestlohn<br />
vom Kollektivvertrag gewährt:<br />
• 15% für die ersten zwölf Monate,<br />
• 10% für die folgenden zwölf Monate<br />
und<br />
• 5% für weitere zwölf Monate.<br />
Alternativ dazu könnte die Anstellung<br />
von Jugendlichen sein (zwischen 15<br />
und 29 Jahren), wobei die Betriebe bis<br />
zu höchstens drei Jahren (bzw. bis zum<br />
29. Lebensjahr) nur jene Sozialbeiträge<br />
entrichten brauchen, die für Lehrlinge<br />
vorgesehen sind.<br />
3.4. Datenschutz<br />
Das Datenschutzgesetz (Nr. 675/1996)<br />
sieht für die Arbeitnehmer nichts ausdrücklich<br />
vor, jedoch legen die allgemeinen<br />
Bestimmungen Regeln fest, die auch<br />
vor den Betriebstoren nicht Halt machen.<br />
Dazu muss <strong>der</strong> Arbeitgeber den Arbeitnehmer<br />
informieren über die Art <strong>der</strong> Daten,<br />
die erhoben werden, über den ev.<br />
Verantwortlichen, über die Zwecke, die<br />
mit <strong>der</strong> Datenerhebung verfolgt werden<br />
und über die <strong>Rechte</strong> des Betroffenen.<br />
Weiters muss <strong>der</strong> Arbeitgeber beim Betroffenen<br />
die Zustimmung für die Datenerhebung,<br />
Sammlung, Weiterverarbeitung<br />
und Weitergabe einholen. Weiters<br />
muss <strong>der</strong> Arbeitgeber sicherstellen, dass<br />
die erhobenen Daten nur für die Zwecke<br />
Gebrauch finden, für die die Zustimmung<br />
vorliegt, und die Sicherheit <strong>der</strong> Daten<br />
gewährleisten. Für die Behandlung <strong>der</strong><br />
sensiblen Daten (ethnische Zugehörigkeit,<br />
Gesundheitszustand, politische,<br />
65
Arbeitsrecht<br />
religiöse und gewerkschaftliche Zugehörigkeit)<br />
bedarf es einer ausdrücklichen<br />
Zustimmung <strong>der</strong> Arbeitnehmer und <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber muss sich strikt an die Vorgaben<br />
<strong>der</strong> generellen Bewilligung <strong>der</strong><br />
Datenaufsichtsbehörde halten o<strong>der</strong> um<br />
eine eigene Bewilligung ansuchen. In<br />
den Kapiteln Bewerbung, Arbeitsvertrag,<br />
Entlohnung, Arbeitszeit und Mutterschutz<br />
gibt es noch weitere spezifische<br />
Informationen. Verstöße gegen das Datenschutzgesetz<br />
werden auch mit dem<br />
Strafrecht verfolgt.<br />
3.5. Aussendienste<br />
Der Außendienst unterscheidet sich von<br />
<strong>der</strong> Versetzung dadurch, dass er nur ein<br />
zeitweises Verlassen des Arbeitssitzes bewirkt.<br />
Der Arbeitnehmer kann sich, ohne<br />
rechtfertigenden Grund nicht weigern,<br />
einen Außendienst durchzuführen. Was<br />
die wirtschaftliche Behandlung betrifft, so<br />
siehe unter Punkt „Außendienstzulagen“.<br />
3.6. Erfindungen des Arbeitnehmers<br />
In <strong>der</strong> Rechtsprechung wird mittlerweile<br />
zwischen 3 Arten von Erfindungen unterschieden:<br />
den Erfindungen im <strong>Die</strong>nst,<br />
den freien Erfindungen und den Erfindungen<br />
des Betriebes. In die erste Gruppe<br />
fallen Erfindungen, die mit den Arbeitsaufgaben,<br />
wie vom Kollektivvertrag<br />
vorgesehen, direkt zusammenhängen<br />
(1. Untergruppe) und Erfindungen, die<br />
einen direkten Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Tätigkeit des Arbeitnehmers aufweisen<br />
(2. Untergruppe). In die zweite Gruppe<br />
fallen Erfindungen, die für den Arbeitgeber<br />
interessant sind, nicht aber in den<br />
Aufgabenbereich des Arbeitnehmers<br />
fallen und die von diesem in <strong>der</strong> Freizeit<br />
gemacht wurden, wobei Mittel des Betriebes<br />
o<strong>der</strong> keine solchen verwendet<br />
wurden. In die dritte Gruppe fallen Entdeckungen,<br />
die durch das Zusammenwirken<br />
von mehreren Bereichen eines<br />
Betriebes gemacht wurden, wobei nicht<br />
feststellbar ist, welchen Beitrag die Beschäftigten<br />
und <strong>der</strong> Betrieb geleistet haben.<br />
<strong>Die</strong> Zuteilung <strong>der</strong> Patentrechte, die<br />
von den Erfindungen herrühren, an den<br />
Arbeitgeber und einer „Prämie“ durch<br />
ein Schiedsgericht an den Arbeitnehmer<br />
betrifft nur die 2. Untergruppe in Gruppe<br />
eins. In den an<strong>der</strong>en Fällen sind die Patentrechte<br />
entwe<strong>der</strong> vom Arbeitnehmer<br />
mit Vorkaufsrecht für den Arbeitgeber (2.<br />
Gruppe) o<strong>der</strong> vom Arbeitgeber (1. Untergruppe<br />
von Gruppe 1 und 3. Gruppe).<br />
4. Unterbrechungen des<br />
Arbeitsverhältnisses<br />
4.1. Abwesenheiten von <strong>der</strong> Arbeit<br />
<strong>Die</strong> Kollektivverträge sehen im Allgemeinen<br />
vor, dass Abwesenheiten von <strong>der</strong><br />
Arbeit innerhalb 24 Stunden zu rechtfertigen<br />
sind. Demzufolge kann daraus<br />
geschlossen werden, dass die Rechtfertigung<br />
innerhalb von 24 Stunden beim Arbeitgeber<br />
einzutreffen hat. Offensichtlich<br />
kann also die Rechtfertigung auch verbal<br />
(mittels Telefon o<strong>der</strong> durch Dritte) erfolgen.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> meisten Kollektivverträge<br />
kann nach 5 Tagen ungerechtfertigter<br />
Abwesenheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer fristlos<br />
und unter Einbehalt <strong>der</strong> Kündigungsfristentschädigung<br />
entlassen werden.<br />
4.2. Behandlung im Krankheitsfalle<br />
Wird ein Arbeitnehmer krank, so wird<br />
ihm <strong>der</strong> Arbeitsplatz für eine bestimmte<br />
Zeitspanne (wird vom Kollektivvertrag<br />
66
Arbeitsrecht<br />
festgelegt, meistens mindestens 180<br />
Tage) garantiert und er erhält das Krankengeld.<br />
<strong>Die</strong> Krankheit muss bescheinigt<br />
werden und es werden Krankenkontrollen<br />
durchgeführt. Interessant erscheint<br />
auch das Urteil des Kassationsgerichtshofes<br />
Nr. 6399/1995 mit welchem die<br />
Richter feststellten, dass bei Ausübung<br />
an<strong>der</strong>er Arbeitstätigkeiten während <strong>der</strong><br />
Krankheit <strong>der</strong> Arbeitgeber aufgrund<br />
<strong>der</strong> fehlenden Korrektheit und Gutgläubigkeit<br />
sowie wegen Verletzung <strong>der</strong><br />
Vertragspflichten den Arbeitsvertrag<br />
auflösen kann. Weiters hat <strong>der</strong> Kassationsgerichtshof<br />
(Urteil Nr. 704/1997) entschieden,<br />
dass <strong>der</strong> Urlaub auch während<br />
<strong>der</strong> Krankenzeit anreift, auch wenn es<br />
<strong>der</strong> Kollektivvertrag nicht vorsieht.<br />
|- Krankenschein<br />
<strong>Die</strong> Krankheit des Arbeitnehmers muss<br />
so schnell wie möglich vom Hausarzt bescheinigt<br />
werden (bei Abwesenheit von<br />
seinem Wohnort von einem Arzt, <strong>der</strong><br />
mit einer Sanitätseinheit konventioniert<br />
ist). Der Krankenschein wird zweifach<br />
ausgefertigt und enthält die Diagnose<br />
und die Tage <strong>der</strong> voraussichtlichen Heilungsdauer<br />
(Prognose), was gleichzeitig<br />
die gerechtfertigten Abwesenheitstage<br />
sind. <strong>Die</strong> Kopie mit <strong>der</strong> Diagnose ist<br />
dem INPS/NISF innerhalb von 2 Tagen<br />
ab Ausstellungsdatum (also spätestens<br />
am 3. Tag) zuzuschicken, die Kopie für<br />
den Arbeitgeber (mit <strong>der</strong> Prognose) ist<br />
innerhalb 2 Tagen ab Beginn <strong>der</strong> Abwesenheit<br />
abzugeben o<strong>der</strong> mit Einschreiben<br />
mit Rückantwort zu übermitteln.<br />
Zu berücksichtigen ist auch, dass einige<br />
Kollektivverträge vorschreiben, dass <strong>der</strong><br />
Betrieb bereits früher von <strong>der</strong> Abwesenheit<br />
informiert werden muss (z. B. Kollektivvertrag<br />
Metallindustrie: Mitteilung innerhalb<br />
von 2 Tagen, Übermittlung des<br />
Krankenscheins innerhalb von 3 Tagen).<br />
|- Kontrollvisiten<br />
<strong>Die</strong> Kontrollvisiten dürfen nur von den eigens<br />
dafür von den Sozialversicherungsinstituten<br />
beauftragten Ärzten o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>em<br />
Sanitätspersonal durchgeführt<br />
werden. <strong>Die</strong> Kontrollvisiten werden in<br />
den Zeitspannen von 10 bis 12 Uhr und<br />
von 17 bis 19 Uhr durchgeführt. In dieser<br />
Zeit müssen die Kranken an dem auf<br />
dem Krankenschein angeführten Aufenthaltsort<br />
anwesend sein. Wird jemand<br />
nicht angetroffen, so wird er für den<br />
nächsten Tag zu einer Kontrollvisite vorgeladen,<br />
um die Abwesenheit zu rechtfertigen.<br />
Wird die Abwesenheit bei <strong>der</strong><br />
Kontrollvisite festgestellt, so werden folgende<br />
Sanktionen ergriffen: Streichung<br />
des gesamten Krankengeldes des INPS/<br />
NISF von bis zu 10 Tagen und bei Abwesenheit<br />
bei einer 2. Kontrollvisite die<br />
Streichung von 50 % des Krankengeldes<br />
für die restliche Zeit. Eine Abwesenheit<br />
bei <strong>der</strong> Kontrollvisite war bisher nur bei<br />
Krankenhausaufenthalt und aufgrund<br />
von höherer Gewalt gerechtfertigt. Inzwischen<br />
hat es aufgrund von Urteilen des<br />
Kassationsgerichtshofes eine bestimmte<br />
Lockerung gegeben. Beispielsweise sind<br />
folgende Abwesenheiten gerechtfertigt,<br />
vorausgesetzt es bestand eine dringende<br />
Notwendigkeit und die Belege können<br />
beigebracht werden:<br />
|- dringende Untersuchungen in Einrichtungen<br />
des öffentlichen Gesundheitsdienstes;<br />
|- dringende Visiten beim Hausarzt o<strong>der</strong><br />
Spezialisten;<br />
|- Abwesenheiten aus schwerwiegenden<br />
67
Arbeitsrecht<br />
familiären Gründen (Spitalsaufenthalten,<br />
schweren Unfällen, Begräbnisse);<br />
|- Abwesenheit, um seine Interessen zu<br />
schützen (Vorsprachen bei Behörden,<br />
Teilnahme an Prüfungen).<br />
<strong>Die</strong> Kontrollvisiten können auch von den<br />
Betrieben beantragt werden. Umstritten<br />
ist <strong>der</strong>zeit noch, ob eine ungerechtfertigte<br />
Abwesenheit auch vom Betrieb sanktioniert<br />
werden kann. <strong>Die</strong>sbezüglich gibt<br />
es aber ein Urteil des Kassationsgerichtshofes<br />
(Nr. 3915/1996), welches bei einem<br />
schweren Fall auch die Kündigung durch<br />
den Arbeitgeber zuließ. Gemäß Dekret<br />
vom 18. Dezember 2009 Nr. 206 können<br />
für die Bediensteten im Staatsdienst sowie<br />
für Volks- Mittel- und Oberschullehrer<br />
zwischen 09.00 und 13.00 Uhr sowie<br />
zwischen 15.00 und 18.00 Uhr Kontrollvisiten<br />
durchgeführt werden. <strong>Die</strong>s gilt<br />
auch für arbeitsfreie Tage bzw. Feiertage.<br />
<strong>Die</strong> vorhin genannte Anwesenheitspflicht<br />
gilt nur für den Zeitraum bis zur<br />
eventuellen Kontrollvisite. Sollte diese<br />
den Zeitraum des Krankenstandes bestätigen,<br />
wird die Anwesenheitspflicht für<br />
diesen Krankenschein aufgehoben.<br />
|- Krankengeld<br />
<strong>Die</strong> wirtschaftliche Behandlung im<br />
Krankheitsfalle wird von Kollektivvertrag<br />
zu Kollektivvertrag verschieden geregelt.<br />
Es ist festzuhalten, dass <strong>der</strong> Betrieb einen<br />
Teil des Krankengeldes mit dem INPS/<br />
NISF verrechnen kann (50 % vom 4. bis<br />
20. Tag, 66,66 % vom 21. bis 180 Tag, außer<br />
Gastbetriebe – pubblici esercizi – 80<br />
%). Für den Bereich Industrie ist folgende<br />
Integrierung des Krankengeldes durch<br />
den Arbeitgeber vorgesehen: Bezahlung<br />
<strong>der</strong> ersten 3 Tage an Karenzzeit und<br />
Aufstockung des Krankengeldes auf den<br />
normalen Lohn bis zum 180. Tag (manche<br />
darüber). Für die Angestellten muss<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber das ganze Krankengeld<br />
selbst bezahlen. Im Bereich Handel wird<br />
das Krankengeld für die ersten 3 Tage<br />
vom Arbeitgeber bezahlt, vom 4. bis 20.<br />
Tag auf 75 % <strong>der</strong> normalen Entlohnung<br />
durch den Arbeitgeber integriert und<br />
vom 21. bis zum 180. Tag durch den Arbeitgeber<br />
auf 100 % integriert.<br />
|- Beibehaltung des Arbeitsplatzes<br />
<strong>Die</strong> Kollektivverträge regeln, wie lange<br />
<strong>der</strong> Zeitraum <strong>der</strong> Abwesenheit wegen<br />
Krankheit sein darf (meistens mindestens<br />
180 Tage pro Jahr und bei längerer<br />
Betriebszugehörigkeit etwas mehr).<br />
Für diese Zeit gilt die Beibehaltung des<br />
Arbeitsplatzes. Erst nachher kann <strong>der</strong><br />
Betrieb eine gerechtfertigte Kündigung,<br />
unter Einhaltung <strong>der</strong> Kündigungsfrist,<br />
aussprechen. <strong>Die</strong> Kündigung wirkt dann<br />
ab dem Genesungsdatum (Kassationsgericht<br />
Nr. 4643/1980).<br />
|- Krankheit während des Urlaubes<br />
Im Krankheitsfalle während des Urlaubes<br />
unterbricht diese den Urlaub und dieser<br />
kann im Anschluss nachgeholt werden.<br />
Erkrankt ein Arbeitnehmer während o<strong>der</strong><br />
schon vor Beginn des kollektiven Urlaubes<br />
eines Betriebes, wird <strong>der</strong> Urlaub<br />
ebenfalls unterbrochen. Einzige Pflicht<br />
des Arbeitnehmers ist es, den Krankenschein<br />
ordnungsgemäß dem Arbeitgeber<br />
und dem NISF/INPS zukommen zu lassen.<br />
4.3. Arbeitsunfall<br />
Wenn die Vorsorge versagt hat und im<br />
Betrieb o<strong>der</strong> im direkten Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> Arbeit ein Unfall passiert,<br />
dann liegt ein Arbeitsunfall vor. Der Ar-<br />
68
Arbeitsrecht<br />
beitgeber muss jeden Arbeitsunfall mit<br />
einer Unfalldauer von mehr als 3 Tagen<br />
melden. Arbeitsunfälle, die zu einer Arbeitsunfähigkeit<br />
von mehr als 30 Tagen<br />
führen, werden an das Amt für Arbeitssicherheit<br />
weitergegeben, welches die<br />
Umstände des Arbeitsunfalles klären<br />
muss. Je<strong>der</strong> Arbeitsunfall muss vom<br />
Arbeitnehmer dem Arbeitgeber umgehendst<br />
gemeldet werden. Der Arbeitgeber<br />
muss die Unfallmeldung innerhalb<br />
von 2 Tagen dem Arbeitsunfallinstitut<br />
(INAIL) sowie eine Kopie <strong>der</strong> lokalen Sicherheitsbehörde<br />
zukommen lassen (Polizei<br />
o<strong>der</strong> Bürgermeister). Tödliche Unfälle<br />
sind innerhalb von 24 Stunden per<br />
Telegramm/Telegraf zu melden. Auch<br />
die Berufskrankheiten müssen gemeldet<br />
werden. Erfolgt keine Meldung, so kann<br />
auch <strong>der</strong> Arbeitnehmer dem INAIL eine<br />
entsprechende Mitteilung machen.<br />
<strong>Die</strong> wirtschaftliche Behandlung:<br />
Unfallgeld<br />
<strong>Die</strong>ses wird vom jeweiligen Kollektivvertrag<br />
geregelt und wird wie folgt gehandhabt:<br />
|- Tag des Unfalles: Arbeitgeber bezahlt<br />
den Normallohn;<br />
|- 3 Tage nach Unfall: Arbeitgeber bezahlt<br />
60 % des Lohnes (außer <strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
sieht bessere Bedingungen<br />
vor);<br />
|- vom 4. bis 90. Tag: INAIL (Arbeitsunfallinstitut)<br />
bezahlt 60 % des Lohnes (Kollektivvertrag<br />
kann Aufstockung bis auf 100<br />
% durch den Arbeitgeber vorsehen);<br />
|- vom 91. Tag bis zur Genesung: INAIL<br />
bezahlt 75 % des Lohnes (Kollektivvertrag<br />
kann Aufstockung bis auf 100%<br />
durch den Arbeitgeber vorsehen).<br />
Unfallrente<br />
Bleibt ein ständiger gesundheitlicher<br />
Schaden zurück, <strong>der</strong> eine Vermin<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit von mehr als 10 %<br />
verursacht, so hat <strong>der</strong> Betroffene Anrecht<br />
auf eine Unfallrente, die dem Grad <strong>der</strong><br />
erlittenen Invalidität in Bezug auf den<br />
Jahreslohn vor dem Unfall entspricht. Bei<br />
beson<strong>der</strong>s schweren Fällen (100 %) gibt<br />
es auch ein Begleitgeld. Weitere Ausführungen<br />
bezüglich <strong>der</strong> Arbeitsunfälle sind<br />
im Kapitel über die Arbeitsunfallversicherung<br />
zu finden.<br />
4.4. Berufskrankheiten<br />
Für die Berufskrankheiten ist das Arbeitsunfallinstitut<br />
INAIL zuständig. Für<br />
Krankheiten, die im Verzeichnis <strong>der</strong><br />
Berufskrankheiten aufscheinen, ist die<br />
Anerkennung einfach. Jedoch kann<br />
jede Krankheit als Berufskrankheit anerkannt<br />
werden, vorausgesetzt, es wird<br />
<strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Krankheit<br />
und Belastungen durch den Arbeitsplatz<br />
glaubhaft bewiesen (Urteil des<br />
Verfassungsgerichtshofes Nr. 179/1988<br />
und des Kassationsgerichtshofes Nr.<br />
10798/1991).<br />
Bei einer Berufskrankheit muss <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
innerhalb von 15 Tagen<br />
diese dem Arbeitgeber mitteilen, an<strong>der</strong>nfalls<br />
verliert er das Recht auf das<br />
Unfallgeld für die Tage vor dessen Bekanntgabe.<br />
Auch nach Beendigung <strong>der</strong><br />
Tätigkeit können Berufskrankheiten<br />
noch entschädigt werden.<br />
Dabei ist für jede Krankheit ein bestimmtes<br />
Limit vorgesehen. Nur für die<br />
Silikose und die Asbestose gibt es keine<br />
Zeitgrenze. Näher wird darauf im Kapitel<br />
Arbeitsunfallversicherung eingegangen.<br />
69
Arbeitsrecht<br />
4.5. Schwanger-und<br />
Mutterschaftsurlaub<br />
(Elternurlaub)<br />
Das Gesetz Nr. 1204/1971 und die diesbezügliche<br />
Durchführungsverordnung<br />
D.P.R. Nr. 1026/1976 sieht einen umfassenden<br />
Schutz <strong>der</strong> arbeitenden Mütter<br />
vor. Ganz wichtig ist dabei <strong>der</strong> Entlassungsschutz,<br />
den die (werdenden)<br />
Mütter genießen. <strong>Die</strong>ser geht vom Ausstellungsdatum<br />
des Schwangerschaftszeugnisses<br />
bis zum Erreichen des ersten<br />
Lebensjahres des Kindes. Das Schwangerschaftszeugnis,<br />
auf dem <strong>der</strong> voraussichtliche<br />
Geburtstermin aufscheint,<br />
muss beim Arbeitgeber abgegeben<br />
werden. Das Gesetz 1204/1971 wurde<br />
durch die Bestimmungen des Gesetzes<br />
Nr. 53/2000 ergänzt. <strong>Die</strong> wichtigste Neuerung<br />
dabei ist, dass beide Elternteile die<br />
Möglichkeit des Elternurlaubes nutzen<br />
können.<br />
|- Bezahlte Freistellungen für Schwangerenuntersuchungen<br />
Der Arbeitnehmerin stehen bezahlte<br />
Freistellung für Schwangerenuntersuchungen<br />
zu, falls diese während <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />
durchgeführt werden müssen.<br />
|- Pflichtenthaltung von <strong>der</strong> Arbeit<br />
<strong>Die</strong>se gilt für 2 Monate vor <strong>der</strong> Geburt<br />
(3 Monate bei beson<strong>der</strong>s schweren Arbeiten,<br />
dazu muss beim Arbeitsamt angesucht<br />
werden z. B. Gastgewerbe), für<br />
die Zeit zwischen vorgesehenem und<br />
effektivem Geburtstermin und für 3 Monate<br />
nach <strong>der</strong> Geburt. <strong>Die</strong>se Pflichtenthaltung<br />
kann nach dem Artikel 12 des<br />
Gesetzes Nr. 53/2000 flexibler gestaltet<br />
werden. Unter bestimmten Voraussetzungen<br />
besteht die Möglichkeit 1 Monat<br />
vor dem festgelegten Geburtstermin<br />
den Pflichturlaub anzutreten und die<br />
verbleibenden 4 Monate an die Geburt<br />
anzuhängen. <strong>Die</strong>s jedoch nur, wenn im<br />
7. Schwangerschaftsmonat durch ein<br />
Gutachten eines Facharztes <strong>der</strong> zuständigen<br />
Sanitätseinheit bzw. eines konventionierten<br />
Facharztes o<strong>der</strong> eines Arztes<br />
für den Arbeitsschutz bestätigt wird,<br />
dass eine verlängerte Arbeitstätigkeit für<br />
die Mutter und das ungeborene Kind keine<br />
gesundheitlichen Nachteile mit sich<br />
bringt (Rundschreiben des Arbeitsministeriums<br />
Nr. 43/2000).<br />
Während dieser Zeit steht den abwesenden<br />
Müttern ein Schwanger- bzw.<br />
Mutterschaftsgeld im Ausmaß von 80<br />
% des Lohnes zu, welches vom INPS/<br />
NISF bezahlt wird (meistens verrechnet<br />
es <strong>der</strong> Arbeitgeber). Einige Kategorien<br />
erhalten über ihren Kollektivertrag vom<br />
privaten o<strong>der</strong> öffentlichen Arbeitgeber<br />
eine Anhebung des Mutterschaftsgeldes<br />
auf 100% und für eine längere Zeitdauer.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitgeber zahlen für die Zeit <strong>der</strong><br />
Pflichtenthaltung die Feiertage und 20%<br />
des 13. Monatslohnes als Integrierung<br />
des Mutterschaftsgeldes. Aufgrund eines<br />
Urteils des Verfassungsgerichtshofes<br />
zählt bei Frühgeburten erst <strong>der</strong> Eintritt<br />
des Neugeborenen in die Familie o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> vorgesehene Geburtstermin für den<br />
Ablauf <strong>der</strong> dreimonatigen Pflichtarbeitsenthaltung.<br />
Jedwede Unterbrechung<br />
<strong>der</strong> Schwangerschaft vor dem 180. Tag<br />
seit Beginn <strong>der</strong> Schwangerschaft wird als<br />
Krankheit betrachtet, nachher gilt es als<br />
Geburt.<br />
<strong>Die</strong> Zeit <strong>der</strong> Pflichtenthaltung zählt voll<br />
für das Anreifen des Urlaubes, des 13.<br />
Monatslohns, für das <strong>Die</strong>nstalter und<br />
was <strong>der</strong> Kollektivvertrag zusätzlich vor-<br />
70
Arbeitsrecht<br />
sieht. In Ausnahmefällen kann <strong>der</strong> Vater<br />
anstelle <strong>der</strong> Mutter um die Pflichtenthaltung<br />
von 3 Monaten nach Geburt des<br />
Kindes ansuchen:<br />
- beim Todesfall <strong>der</strong> Mutter,<br />
- bei schwerer Erkrankung <strong>der</strong> Mutter,<br />
- wenn <strong>der</strong> Vater Alleinerzieher ist, da<br />
die Mutter die Familie verlassen hat.<br />
|- Elternurlaub<br />
<strong>Die</strong> Elternzeit beträgt insgesamt 10 bzw.<br />
11 Monate, wobei je<strong>der</strong> Elternteil maximal<br />
6 Monate für sich beanspruchen<br />
kann. <strong>Die</strong>se Arbeitsenthaltung kann aufgeteilt<br />
bis zum 8. Lebensjahr des Kindes<br />
in Anspruch genommen werden. Dabei<br />
gelten folgende Kriterien:<br />
- <strong>Die</strong> lohnabhängige Mutter kann maximal<br />
6 Monate für sich beanspruchen.<br />
- Dem lohnabhängigen Vater stehen 6<br />
Monate zu. Sollte <strong>der</strong> Vater einen Wartestand<br />
von mindestens 3 Monaten<br />
beanspruchen, kann er ein weiteres<br />
Monat anhängen. In diesem Fall hat er<br />
Anrecht auf insgesamt 7 Monate. Bei<br />
einem 7-monatigen Wartestand des<br />
Vaters kann die Mutter nur mehr 4 Monate<br />
beantragen, damit die 11 Monate<br />
nicht überschritten werden.<br />
- AlleinerzieherInnen steht ein maximaler<br />
Wartestand von 10 Monaten zu.<br />
Als Alleinerzieher gilt man jedoch nur,<br />
wenn<br />
- ein Elternteil verstirbt,<br />
- einem Elternteil das Sorgerecht aberkannt<br />
wird,<br />
- die Familie von einem Elternteil verlassen<br />
wird.<br />
Um Elternurlaub muss mit einem eigenen<br />
Formblatt angesucht werden. Allgemein<br />
gilt eine Vorankündigungszeit von<br />
15 Tagen, wobei je<strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
eine eigene Zeitspanne angeben kann.<br />
Nach Art. 3 des Gesetzes Nr. 53/2000<br />
werden die ersten 6 Monate <strong>der</strong> Elternzeit<br />
innerhalb des 3. Lebensjahres des<br />
Kindes mit 30% entlohnt. <strong>Die</strong> verbleibende<br />
Elternzeit bis zur Vollendung des<br />
8. Lebensjahres wird nur dann entlohnt,<br />
wenn das persönliche Einkommen des<br />
Elternteiles das 2,5fache des jährlich festgelegten<br />
Jahresmindestrentenbetrages<br />
nicht überschreitet (Mindestrente 2002<br />
5.104,97 Euro). Ansonsten handelt es<br />
sich um einen unbezahlten Wartestand.<br />
<strong>Die</strong>se Zeit gilt für das <strong>Die</strong>nstalter und für<br />
die Abfertigung (Kassationsgerichtshof<br />
Nr. 2114/1993), jedoch reifen kein Urlaub<br />
und kein 13. Monatslohn an.<br />
|- Elternurlaube im<br />
öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
Der bereichsübergreifende Kollektivvertrag<br />
Nr. 3288/1999 sieht im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst in Südtirol folgende Möglichkeiten<br />
vor:<br />
- Elternzeit von insgesamt 11 Monaten<br />
bis zum 8. Lebensjahr des Kindes mit<br />
folgen<strong>der</strong> Aufteilung (Art. 5 und 6 des<br />
Vertrages):<br />
- 3 Monate <strong>der</strong> Mutter<br />
- 3 Monate dem Vater<br />
- 5 Monate <strong>der</strong> Mutter o<strong>der</strong> dem Vater<br />
<strong>Die</strong> Entlohnung beträgt für die ersten<br />
8 Monate 30 %, alle weiteren Zeiträume<br />
werden zu 20 % entlohnt.<br />
- Wartestand für Personal mit Kin<strong>der</strong>n<br />
(Art. 13). <strong>Die</strong>ser beträgt höchstens 2<br />
Jahre für jedes Kind, maximal aufteilbar<br />
auf 2 Abschnitte bis zum 8. Lebensjahr<br />
des Kindes. Der Wartestand<br />
wird nicht entlohnt, zählt we<strong>der</strong> für<br />
den Aufstieg in <strong>der</strong> dienstrechtlichen<br />
Stellung und <strong>der</strong> Besoldung, noch<br />
71
Arbeitsrecht<br />
für Urlaub und Abfertigung, die Pensionsbeiträge<br />
werden aber von <strong>der</strong><br />
Verwaltung eingezahlt. Als Alternative<br />
zur Elternzeit und zum unbezahlten<br />
Wartestand gibt es die Möglichkeit <strong>der</strong><br />
Freistellung aus Erziehungsgründen<br />
unmittelbar nach <strong>der</strong> obligatorischen<br />
Mutterschaft/Vaterschaft. <strong>Die</strong> Freistellung<br />
beträgt 24 Monate, wobei die<br />
Wahl <strong>der</strong> Freistellung aus Erziehungsgründen<br />
unwi<strong>der</strong>ruflich ist und eine<br />
Unterbrechung nur bei einer erneut<br />
eingetretenen Mutterschaft möglich<br />
ist. Für die gesamte Dauer <strong>der</strong> Freistellung<br />
stehen 30% <strong>der</strong> Entlohnung zu,<br />
wobei die Pensionsbeiträge auch zu<br />
30% eingezahlt werden.<br />
|- Datenschutz für Mütter<br />
Um in den Genuss des Mutterschutzgesetzes<br />
zu kommen, müsste <strong>der</strong> Geburtsschein<br />
dem Arbeitgeber übermittelt werden.<br />
Im Lichte des Datenschutzgesetzes<br />
können nunmehr die persönlichen Daten<br />
außer dem Namen <strong>der</strong> Mutter und<br />
dem Geburtsdatum des Kindes vom Geburtsscheins<br />
gelöscht werden. Auch die<br />
Vorlage eines Familienbogens ist nicht<br />
notwendig; dieser kann durch eine Verantwortlichkeitserklärung<br />
mit beglaubigter<br />
Unterschrift ersetzt werden.<br />
|- Beson<strong>der</strong>e Bestimmungen für die<br />
Eltern mit behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong>n in<br />
schwerwiegenden Situationen<br />
(Gesetz Nr. 104/1992)<br />
Stellt die bei <strong>der</strong> Sanitätseinheit untergebrachte<br />
Kommission die schwerwiegende<br />
Situation fest, dann kann einer <strong>der</strong><br />
Elternteile:<br />
- den freiwilligen Mutterschaftsurlaub<br />
auf bis zu 3 Jahre verlängern;<br />
- anstatt <strong>der</strong> oben genannten Verlängerung<br />
täglich 2 bezahlte Freistunden<br />
beanspruchen;<br />
- ab dem 3. und bis zum Erreichen des<br />
18. Lebensjahres des behin<strong>der</strong>ten Kindes<br />
können die Eltern monatlich 3 freie<br />
Tage in Anspruch nehmen (können<br />
auch zusammengelegt werden). <strong>Die</strong>se<br />
Regelung gilt auch für Adoptiveltern;<br />
es gilt ein Nachtarbeitsverbot (bis zum<br />
3. Lebensjahr für einen Elternteil o<strong>der</strong><br />
bis zum 12. Lebensjahr für AlleinerzieherInnen).<br />
|- Tägliche Ruhepausen<br />
Bis zum ersten Lebensjahr des Kindes<br />
kann die Mutter o<strong>der</strong> in bestimmten Fällen<br />
<strong>der</strong> Vater bis zu 2 bezahlte Stunden<br />
als Ruhepausen nutzen. <strong>Die</strong> Verteilung<br />
dieser 2 Stunden muss mit dem Betrieb<br />
vereinbart werden. <strong>Die</strong> Betriebe verrechnen<br />
die entsprechende Entlohnung mit<br />
<strong>der</strong> Sozialversicherung. Bei Mehrlingsgeburten<br />
werden die täglichen Ruhepausen<br />
verdoppelt und zwischen den<br />
Elternteilen, auch zu ungleichen Teilen,<br />
aufgeteilt.<br />
|- Abwesenheit bei Krankheit<br />
des Kindes<br />
<strong>Die</strong> Mutter o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vater können bei<br />
Krankheit des Kindes bis zu seinem 3.<br />
Lebensjahr unbezahlte Freistellungen<br />
beanspruchen. Ab dem 3. Lebensjahr bis<br />
zum 8. Lebensjahr stehen beiden Elternteilen<br />
je 5 Arbeitstage pro Jahr als unbezahlter<br />
Wartestand wegen Krankheit des<br />
Kindes zu.<br />
|- Nachtarbeitsverbot<br />
Ab Feststellung <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />
und bis zum 1. Lebensjahr des Kindes<br />
72
Arbeitsrecht<br />
ist es untersagt, die Arbeitnehmerinnen<br />
in <strong>der</strong> Zeit zwischen 24 und 6 Uhr zu beschäftigen,<br />
dies gilt nunmehr auch für<br />
den öffentlichen <strong>Die</strong>nst. Weiters darf<br />
Nachtarbeit für Mütter bis zum 3. Lebensjahr<br />
des Kindes nicht verpflichtend<br />
sein, auch <strong>der</strong> Vater kann alternativ dieses<br />
Verbot für sich beanspruchen. Bei<br />
Alleinerziehern ist diese Möglichkeit bis<br />
zum 12. Lebensjahr des Kindes ausgedehnt.<br />
|- Verbot von schweren Arbeiten<br />
Der Mutter darf während <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />
und bis 7 Monaten nach Geburt<br />
keine schwere Arbeit zugewiesen werden.<br />
<strong>Die</strong> Strafbestimmungen bei Verstößen<br />
gegen das Mutterschutzgesetz sind<br />
verschärft worden. Eine Haftstrafe für<br />
den Arbeitgeber von bis zu 6 Monaten<br />
droht, wenn gegen das Verbot zum Heben<br />
von Lasten o<strong>der</strong> gegen das Verbot<br />
zur Verrichtung von gefährlichen, anstrengenden<br />
und ungesunden Arbeiten<br />
während <strong>der</strong> Schwangerschaft und im<br />
Zeitraum <strong>der</strong> ersten sieben Monate nach<br />
<strong>der</strong> Geburt verstoßen wird. Gleiches gilt<br />
für die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsenthaltung.<br />
Mit dem Finanzgesetz<br />
2000 wurde auch ein Geburtengeld für<br />
Nichtversicherte bzw. mit geringerem<br />
Anspruch von 774,69 bzw. 1.549,37 Euro<br />
festgelegt (siehe auch regionales Geburtengeld).<br />
<strong>Die</strong>ses wird vom INPS/NISF verwaltet.<br />
4.7. Freistellungen bei Adoption<br />
Wer ein Kind (bis zu 6 Jahren) adoptiert,<br />
kann ab Eintritt des Kindes in die Familie<br />
für 3 Monate eine bezahlte Freistellung<br />
von <strong>der</strong> Arbeit mit entsprechen<strong>der</strong> Entschädigung<br />
(80 %) beanspruchen (Gesetz<br />
903/1977). Wenn das Kind vor dem 6. Lebensjahr<br />
adoptiert wird, haben die Eltern<br />
das Anrecht auf Elternzeiten nach den<br />
allgemeinen Bestimmungen. Wird das<br />
Kind zwischen dem 6. und 12. Lebensjahr<br />
adoptiert, haben die Eltern bis zu 3 Jahre<br />
nach Aufnahme des Kindes in die Familiengemeinschaft<br />
Anrecht auf maximal 6<br />
Monate Elternzeit je Elternteil.<br />
4.8. Freistellungen für<br />
Beeinträchtigte Arbeitnehmer<br />
o<strong>der</strong> Arbeit-Nehmer, die eine<br />
Person mit Beeinträchtigung<br />
betreuen<br />
Der volljährige, einträchtigte Arbeitnehmer<br />
hat in schwerwiegenden Fällen<br />
Anspruch auf Freistellungen (2 Stunden<br />
pro Tag o<strong>der</strong> 3 bezahlte Tage pro Monat)<br />
und genießt Versetzungsschutz.<br />
Der Versetzungsschutz trifft auch auf<br />
Arbeitnehmer zu, die Personen mit Beeinträchtigung<br />
betreuen, die in Wohngemeinschaft<br />
zusammenleben und bis<br />
zum 3. Grad verwandt sind. <strong>Die</strong>se haben<br />
Anspruch auf bezahlte Freistellungen<br />
im Ausmaß von 3 Tagen im Monat (Gesetz<br />
Nr. 104/1992 und 423/ 1993).<br />
4.6. Hochzeitsurlaub<br />
Für die Angestellten sieht das Gesetz einen<br />
bezahlten Hochzeitsurlaub von mindestens<br />
15 Kalen<strong>der</strong>tagen vor. Näheres<br />
regeln die Kollektivverträge, auch was die<br />
Arbeiter betrifft.<br />
4.9. Freistellungen für Blutspen<strong>der</strong><br />
Blutspen<strong>der</strong> erhalten für den betreffenden<br />
Tag eine ganztägige bezahlte Freistellung<br />
bzw. jene Stunden die sie von<br />
<strong>der</strong> Arbeit fernbleiben. Der Arbeitgeber<br />
kann die diesbezügliche Entlohnung<br />
73
Arbeitsrecht<br />
mit dem INPS/NISF über die Beitragserklärungen<br />
verrechnen. <strong>Die</strong> Arbeitnehmer<br />
müssen die Abwesenheit bescheinigen.<br />
Für die Pensionsversicherung<br />
besteht das Recht auf figurative Beiträge<br />
(Art. 13 Gesetz Nr. 107/1990).<br />
4.10. Verschiedene Freistellungen<br />
|- Volontariatsarbeit:<br />
Flexibilität bei Arbeitszeit und Turnusarbeit<br />
laut Bestimmungen <strong>der</strong> Kollektivverträge<br />
(Gesetz Nr. 266/1991);<br />
|- Drogenabhängige:<br />
Recht auf unbezahlte Freistellungen für<br />
die Zeit <strong>der</strong> Entzugstherapie bis höchstens<br />
3 Jahre (Gesetz 162/1990 und DPR<br />
309/1990); die Arbeitgeber können für<br />
Ersatzarbeitnehmer Arbeitsverträge auf<br />
Zeit abschließen;<br />
|- Freistellungen für die Teilnahme an<br />
Wahlen:<br />
<strong>Die</strong> Wahlkommissionsmitglie<strong>der</strong> und<br />
auch die Listenvertreter haben Anrecht<br />
auf bezahlte Freistellung für die Zeitdauer<br />
<strong>der</strong> Wahlvorgänge. Fallen diese<br />
auf einen arbeitsfreien Tag o<strong>der</strong> einen<br />
Feiertag, so entsteht das Recht auf Ausgleichsruhetage,<br />
die unmittelbar anschließend<br />
beansprucht werden können<br />
o<strong>der</strong> auf eine entsprechende Entschädigung<br />
(Gesetz Nr. 69/1992 und Urteil des<br />
Verfassungsgerichtshofes Nr. 452/1991).<br />
|- Arbeitnehmer/innen in den<br />
Gemeindestuben<br />
Für die Tätigkeit in den Gemeindestuben<br />
haben die Arbeitnehmer laut Art. 79 des<br />
G.v.D. Nr. 267 vom 18/08/2000 Anrecht<br />
auf folgende Freistellungen:<br />
- Gemein<strong>der</strong>at: ganztägige bezahlte<br />
Freistellung am Tag, an dem die Sitzung<br />
stattfindet; zusätzliche unbezahlte<br />
Freistellung im Ausmaß von 24<br />
Arbeitsstunden pro Monat;<br />
- Bürgermeister: 48 bezahlte Arbeitsstunden<br />
pro Monat, 24 unbezahlte<br />
Stunden;<br />
- Gemein<strong>der</strong>eferent: 24 bezahlte Arbeitsstunden<br />
pro Monat, 24 unbezahlte<br />
Arbeisstunden;<br />
Findet die Sitzung am Abend statt, haben<br />
die Arbeitnehmer das Recht, die Arbeit<br />
am nächsten Tag nicht vor 8.00 Uhr<br />
aufzunehmen. Geht die Sitzung über<br />
Mitternacht hinaus, haben die Arbeitnehmer<br />
das Recht, auch am nächsten<br />
Tag von <strong>der</strong> Arbeit fern zu bleiben. Der<br />
Arbeitgeber hat Anrecht auf die entsprechenden<br />
Bestätigungen. Er bezahlt<br />
den Lohn, kann aber den Betrag von <strong>der</strong><br />
Gemeinde zurückverlangen. Ohne Zustimmung<br />
darf ein in den Gemein<strong>der</strong>at<br />
gewählter Arbeitnehmer nicht von seinem<br />
Arbeitsplatz versetzt werden. Darüber<br />
hinaus kann je<strong>der</strong> für die Zeit <strong>der</strong><br />
Ausübung seines Mandates in den unbezahlten<br />
Wartestand versetzt werden.<br />
Den Lohn bezahlt dann die entsprechende<br />
Gemeinde.<br />
|- Recht auf Studium:<br />
Siehe Arbeiterstatut Art. 10<br />
|- Gewerkschaftsfreistellungen:<br />
Siehe Arbeiterstatut Art. 23, 24, 30 und 31;<br />
|- Wartestand:<br />
Ein solcher ist von einigen Kollektivverträgen<br />
vorgesehen. Ist nichts geregelt,<br />
so scheint eine diesbezügliche Vereinbarung<br />
<strong>der</strong> beiden Seiten des Arbeits-<br />
74
Arbeitsrecht<br />
vertrages in Ordnung. In diesem Falle<br />
ruhen dann alle Wirkungen des Arbeitsvertrages;<br />
|- Freistellung wegen beson<strong>der</strong>er<br />
Umstände<br />
Laut Artikel 4 des Gesetzes Nr. 53/2000<br />
können Arbeitnehmer aus folgenden<br />
Gründen 3 Arbeitstage pro Jahr um bezahlte<br />
Freistellung ansuchen:<br />
- Tod o<strong>der</strong> schwere Erkrankung des<br />
Ehepartners o<strong>der</strong> Lebenspartners,<br />
- Tod o<strong>der</strong> schwere Erkrankung eines<br />
Verwandten bis zum 2. Grad,<br />
- Tod o<strong>der</strong> schwere Erkrankung eines<br />
Mitgliedes <strong>der</strong> effektiven Familiengemeinschaft.<br />
Einzelne Verträge, z.B. <strong>der</strong> Bereichsübergreifende<br />
Kollektivvertrag (BÜKV) im<br />
lokalen öffentlichen <strong>Die</strong>nst können Besserstellungen<br />
vorsehen. Weiters kann<br />
aus schwerwiegenden familiären Gründen<br />
(Artikel 2 des D.M. Nr. 278/2000) um<br />
eine unbezahlte Freistellung von bis zu<br />
2 Jahren, zusammenhängend o<strong>der</strong> aufgeteilt,<br />
angesucht werden.<br />
<strong>Die</strong>ser Wartestand gilt für folgende Personen:<br />
- Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Familie laut Familienbogen<br />
- Alle Personen, die im Artikel 433 des<br />
Zivilgesetzbuches genannt werden,<br />
auch wenn sie nicht in <strong>der</strong> selben Familiengemeinschaft<br />
leben (Ehepartner,<br />
Kin<strong>der</strong>, Schwägerin, Schwager,<br />
Schwester, Bru<strong>der</strong>)<br />
- Verwandte bis zum 3. Grad, die eine<br />
Beeinträchtigung aufweisen.<br />
|- Bildungsurlaub<br />
<strong>ArbeitnehmerInnen</strong>, die seit mindestens<br />
5 Jahren im selben Betrieb beschäftigt<br />
sind, steht ein Bildungsurlaub von<br />
maximal 11 Monaten zu. <strong>Die</strong>ser kann<br />
auch aufgeteilt genutzt werden. <strong>Die</strong>se<br />
unbezahlte Freistellung kann für den<br />
Abschluss <strong>der</strong> Pflichtschule, <strong>der</strong> Matura<br />
und eines Universitätsstudiums genutzt<br />
werden, sowie für Weiterbildungskurse,<br />
die nicht vom Arbeitgeber angeboten<br />
bzw. finanziert werden.<br />
4.11. Freiwilliger Militär-und<br />
Zivildienst<br />
Seit <strong>der</strong> Aufhebung des obligatorischen<br />
Militärdienstes mit 1. Jänner 2005 ist<br />
es möglich ein freiwilliges Jahr beim<br />
italienischen Heer zu absolvieren. Wer<br />
in Zukunft einen Arbeitsplatz bei den<br />
verschiedenen Militärkräften anstrebt,<br />
muss beachten, dass er vorher ein freiwilliges<br />
Jahr beim Berufsheer machen<br />
muss. Während dem freiwilligen Jahr erhält<br />
man einen Monatslohn von 750,00<br />
Euro.<br />
4.11.1. Freiwilliger Zivildienst im<br />
In-und Ausland<br />
Der freiwillige Zivildienst (Gesetz Nr.<br />
64/2001) bietet Jugendlichen die Möglichkeit,<br />
ein Jahr ihres Lebens in den<br />
<strong>Die</strong>nst von Kin<strong>der</strong>n, Jugendlichen und<br />
älteren Menschen zu stellen o<strong>der</strong> sich<br />
für Tätigkeiten im Sozial-, Kultur- und<br />
Umweltbereit zu engagieren, die eine<br />
wertvolle Berufs- und Arbeitserfahrung<br />
darstellen können.<br />
<strong>Die</strong> freiwilligen Zivildienstleistenden<br />
erhalten vom Staatlichen Amt für Zivildienst<br />
ein monatliches Entgelt von<br />
433,80 Euro und das Zivildienstjahr<br />
kann als Bildungsguthaben an den Universitäten<br />
anerkannt werden. Der freiwillige<br />
Zivildienst kann in Italien und<br />
75
Arbeitsrecht<br />
im Ausland geleistet werden und hat<br />
eine Dauer von 12 Monaten (im Ausland<br />
erhöht sich das Entgelt zusätzlich<br />
um 15,00 € pro Tag). Laut Landesgesetz<br />
Nr. 7 vom 19/10/2004 steht den Jugendlichen<br />
zusätzlich zu den 433,80 €<br />
die Zweisprachigkeitszulage zu, sofern<br />
<strong>der</strong>/die Freiwillige den entsprechenden<br />
Nachweis vor Beginn des <strong>Die</strong>nstes erlangt<br />
hat.<br />
- Wer kann den freiwilligen Zivildienst<br />
leisten<br />
Alle Jugendlichen im Alter von 18 bis<br />
28 Jahren.<br />
- Wie kann man teilnehmen<br />
Nach Veröffentlichung einer Ausschreibung<br />
zur Auswahl von freiwilligen<br />
Zivildienstleistenden können<br />
interessierte Jugendliche aus einer<br />
Vielzahl von angebotenen Zivildienstprojekten<br />
ihren Einsatzbereich und<br />
den Einsatzort auswählen und um<br />
eine ausgeschriebene Stelle ansuchen.<br />
- Was ist ein Zivildienstprojekt<br />
Jedes Projekt trägt einen Titel und<br />
siedelt sich in einem Einsatzbereich<br />
an. <strong>Die</strong> Projekte müssen Tätigkeiten<br />
in den Breichen Pflege und Rehabilitation,<br />
soziale Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung,<br />
Erziehung, Betreuung, Prävention,<br />
Kulturför<strong>der</strong>ung, Zivilschutz, Entwicklungszusammenarbeit,<br />
Ausbildung<br />
mit Bezug auf Außenhandel, Umweltschutz,<br />
Schutz und Nutzung <strong>der</strong><br />
Kunst- und Umweltschätze, Schutz<br />
<strong>der</strong> Forstbestände und <strong>der</strong> Aufforstung<br />
betreffen.<br />
Der Arbeitgeber hat die Pflicht den Beschäftigten,<br />
<strong>der</strong> sich zum freiwilligen Zivildienst<br />
verpflichtet, den Arbeitsplatz<br />
für die betreffende Zeit zu erhalten.<br />
<strong>Die</strong>se Verpflichtung erlischt, wenn <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer nicht spätestens 30 Tage<br />
nach Beendigung wie<strong>der</strong> seinen <strong>Die</strong>nst<br />
antritt. <strong>Die</strong> Zeit des Zivildienstes zählt<br />
für die Rentenversicherung.<br />
4.12. Betriebskrisen<br />
Ist ein Betrieb nicht mehr imstande, den<br />
Beschäftigtenstand zu halten, so gibt es<br />
ein diesbezügliches soziales Netz, welches<br />
die Beschäftigten und die Betriebe<br />
auffängt und ihnen vor allem finanziell<br />
und sozialpolitisch unter die Arme<br />
greift. <strong>Die</strong> Unterstützungen werden<br />
über die Sozialversicherung (INPS/NISF)<br />
finanziert (siehe dazu auch das Kapitel<br />
Sozialversicherung). Dabei gibt es aufgrund<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Krisensituationen<br />
<strong>der</strong> Betriebe auch verschiedene<br />
Maßnahmen.<br />
<strong>Die</strong>se sind:<br />
|- im Falle, dass <strong>der</strong> Betrieb von einer<br />
zeitlich begrenzten o<strong>der</strong> strukturellen<br />
Krise betroffen ist, die es erlaubt den<br />
Beschäftigtenstand zu halten, kann<br />
<strong>der</strong> Betrieb um die ordentliche o<strong>der</strong><br />
außerordentliche Lohnausgleichskassa<br />
ansuchen. <strong>Die</strong>se wird auch Kurzarbeit<br />
genannt;<br />
|- im Falle, dass <strong>der</strong> Betrieb Beschäftigte<br />
abbauen will (während <strong>der</strong> Lohnausgleichskasse<br />
o<strong>der</strong> auch nicht), wird<br />
das Verfahren für kollektive Entlassungen<br />
eingeleitet und die Arbeitnehmer<br />
werden in die Mobilität überstellt<br />
(siehe Seite 85). Als Alternative<br />
dazu gibt es die Solidaritätsverträge<br />
(siehe Seite 64), die Frühpensionierung<br />
o<strong>der</strong> Anreize, damit die Arbeitnehmer<br />
von selbst kündigen.<br />
76
Arbeitsrecht<br />
4.12.1. Lohnausgleichskasse (Cassa<br />
Integrazione Guadagni =<br />
Cig)<br />
<strong>Die</strong> Lohnausgleichskasse kann für die<br />
volle Arbeitszeit o<strong>der</strong> Teile davon einstehen.<br />
Es gibt zwei Arten von Lohnausgleichskasse;<br />
die ordentliche und<br />
die außerordentliche. <strong>Die</strong> Dauer <strong>der</strong><br />
Lohnausgleichskasse ist auf 13 Wochen<br />
beschränkt und kann jeweils für weitere<br />
3 Monate verlängert werden, höchstens<br />
12 Monate in einem Zweijahresabschnitt.<br />
In Son<strong>der</strong>fällen auf 24 Monate<br />
verlängerbar.<br />
|- Ordentliche Lohnausgleichskasse<br />
In diese können die Arbeiter, die Angestellten<br />
und die mittleren Führungskräfte<br />
überstellt werden. Als Grund für die<br />
Inanspruchnahme gilt eine Einstellung<br />
o<strong>der</strong> Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Produktionstätigkeit<br />
wegen<br />
a) vorübergehen<strong>der</strong> Schwierigkeiten,<br />
die we<strong>der</strong> dem Arbeitgeber noch den<br />
Arbeitnehmern anzulasten sind (z. B.<br />
Stromausfall) o<strong>der</strong><br />
b) die durch die zeitlich begrenzte<br />
Marktsituationen (z. B. Auftragsmangel)<br />
hervorgerufen wurden. Sie dauert<br />
max. 13 Wochen hintereinan<strong>der</strong><br />
und kann bis zu 52 Wochen (1 Jahr)<br />
im Zweijahreszeitraum gehen. Ausgenommen<br />
von dieser Zeitbegrenzung<br />
sind Arbeitsunterbrechungen wegen<br />
höherer Gewalt o<strong>der</strong> dem Betrieb<br />
nicht anlastbares Verschulden. <strong>Die</strong><br />
Gewerkschaftsorganisationen bzw.<br />
die Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
müssen von <strong>der</strong> Absicht des Betriebes,<br />
die Lohnausgleichskasse zu beanspruchen,<br />
informiert werden.<br />
Ausmaß des ordentlichen<br />
Lohnausgleichs<br />
Der ordentliche Lohnausgleich beträgt<br />
80% <strong>der</strong> zustehenden Normalentlohnung<br />
für die Stunden <strong>der</strong> Überstellung.<br />
<strong>Die</strong> Sozialabgaben betragen 5,54%. Es<br />
gelten folgende Höchstgrenzen pro<br />
Monat (<strong>2010</strong>): 892,96 Euro brutto. Beträgt<br />
die <strong>der</strong> Berechnung zugrunde liegende<br />
Entlohnung mehr als 1.931,86<br />
Euro, dann ist die Höchstgrenze bei<br />
1.0736,25 Euro brutto. Im Bausektor<br />
sind die Höchstgrenzen bei witterungsbedingten<br />
Ausfällen um 20% höher. <strong>Die</strong><br />
Lohnausgleichskasse zahlt auch die Anteile<br />
des 13. Monatslohnes aus.<br />
|- Außerordentliche<br />
Lohnausgleichskasse<br />
Zugelassen sind Industriebetriebe mit<br />
mehr als 15 und Handelsbetriebe mit<br />
mehr als 200 Beschäftigten. Auch Handwerksbetriebe,<br />
die Zulieferer von Betrieben<br />
in <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse<br />
sind, können ansuchen. Begründungen<br />
für die Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse sind:<br />
Umstrukturierungen, Reorganisation<br />
und Produktionsumstellung des Betriebes,<br />
Betriebskrise, Konkurs des Betriebes.<br />
Verfahren<br />
<strong>Die</strong> Gesuche mit dem vorgesehenen<br />
Programm müssen beim regionalen<br />
Arbeitsamt eingereicht werden. <strong>Die</strong><br />
Höchstdauer ist je nach Begründung<br />
<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse unterschiedlich,<br />
sie darf (mit Ausnahmen)<br />
aber nicht mehr als 36 Monate im Fünf-<br />
Jahreszeitraum betragen.<br />
<strong>Die</strong> Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse wird<br />
mit einem Dekret des Arbeitsminis-<br />
77
Arbeitsrecht<br />
ters nach Gutachten des regionalen<br />
Arbeitsamtes und Genehmigung des<br />
Programms durch das CIPI für 6 Monate<br />
gewährt. Für die weiteren Verlängerungen<br />
um jeweils 6 Monate genügt eine<br />
Genehmigung des Arbeitsministers.<br />
In Ausnahmefällen beträgt die Höchstdauer<br />
24 Monate. Welche Beschäftigten<br />
in die Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse<br />
überstellt werden und ob eine Rotation<br />
stattfindet, kann Gegenstand eines<br />
vom Gesetz vorgesehenen Treffens zwischen<br />
Arbeitgebervertretern und Gewerkschaften<br />
sein. Betriebe, die ohne<br />
Grund keine Rotation unter den Arbeitnehmern<br />
zulassen, müssen einen doppelten<br />
Zusatzsozialversicherungsbeitrag<br />
für die Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse<br />
leisten.<br />
<strong>Die</strong>ser beträgt 4,5 % des Lohnausgleichs<br />
(3 % für Betriebe bis 50 Beschäftigte).Der<br />
Arbeitsminister kann auch<br />
verfügen, dass in Fällen von finanziellen<br />
Schwierigkeiten des Betriebes <strong>der</strong><br />
Lohnausgleich direkt vom INPS/NISF<br />
ausbezahlt wird.<br />
<strong>Die</strong> Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse kann<br />
auch Beschäftigten von Betrieben, die<br />
ein Konkursverfahren anhängig haben<br />
o<strong>der</strong> unter kontrollierter Verwaltung<br />
stehen, gewährt werden.<br />
<strong>Die</strong> Höchstdauer beträgt in diesen Fällen<br />
12 Monate, die um 6 Monate verlängert<br />
werden können, wenn Aussichten<br />
auf eine Weiterbeschäftigung bestehen.<br />
<strong>Die</strong> überschüssigen Arbeitnehmer<br />
können in die Mobilität überstellt (entlassen)<br />
werden, ohne dass zusätzliche<br />
Kosten für den Betrieb entstehen.<br />
Ausmaß des Son<strong>der</strong>lohnausgleichs<br />
Der Son<strong>der</strong>lohnausgleich beträgt 80%<br />
<strong>der</strong> Normalentlohnung. <strong>Die</strong> Sozialabgaben<br />
betragen 5,54%. Folgen<strong>der</strong> Betrag<br />
darf im Monat jedoch nicht überschritten<br />
werden (gilt für <strong>2010</strong>): 892,96 Euro<br />
brutto. Beträgt die <strong>der</strong> Berechnung zu<br />
Grunde liegende Entlohnung mehr als<br />
1.931,86 Euro dann ist die Höchstgrenze<br />
bei 1.073,25 Euro brutto.<br />
Arbeiten während <strong>der</strong><br />
Lohnausgleichskasse<br />
Der Arbeitnehmer, <strong>der</strong> während <strong>der</strong><br />
Lohnausgleichskasse einer an<strong>der</strong>en Arbeit<br />
auch nur für einen Tag nachgeht,<br />
muss dies dem INPS/NISF melden, ansonsten<br />
verliert er das Anrecht auf den<br />
Lohnausgleich für die gesamte Zeitspanne,<br />
genau festgelegt durch das<br />
Rundschreiben NISF/INPS Nr. 75/2007.<br />
Wird dem Arbeitnehmer in Son<strong>der</strong>lohnausgleich<br />
ein Arbeitsplatz im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst angeboten (aufgrund <strong>der</strong><br />
vom Gesetz Nr. 223/1991 vorgesehenen<br />
Reserve) und nimmt er nicht an, dann<br />
verliert er den Anspruch auf Lohnausgleich<br />
(außer sein Wohnort ist mehr<br />
als 50 km vom neuen Arbeitsplatz entfernt).<br />
<strong>Die</strong> Anstellung von Arbeitnehmern, die<br />
in die Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse überstellt<br />
sind, wird mit Einstellungsprämien<br />
geför<strong>der</strong>t. <strong>Die</strong>se sind im Kapitel über<br />
die Mobilität näher beschrieben.<br />
Sozialversicherung während des<br />
Lohnausgleichs<br />
<strong>Die</strong> Zeiten <strong>der</strong> Lohnausgleichskasse (ordentliche<br />
und außerordentliche) zählen<br />
für die Sozialversicherung (im Beson<strong>der</strong>en<br />
für die Rentenversicherung) als ob<br />
<strong>der</strong> Beschäftigte ganz normal seiner Arbeit<br />
nachgegangen wäre.<br />
78
Arbeitsrecht<br />
5. Auflösung des<br />
Arbeitsverhältnisses<br />
5.1. Kündigung des<br />
Arbeitsverhältnisses (Rücktritt)<br />
Ein Arbeitsvertrag auf bestimmte Zeit<br />
verfällt automatisch mit Ende <strong>der</strong> Laufzeit.<br />
Er kann nur ausnahmsweise vor<br />
Ablauf gekündigt werden, wenn folgende<br />
Voraussetzungen erfüllt werden:<br />
|- bei einem einseitigen Rücktritt hat<br />
die an<strong>der</strong>e Seite das Recht auf entsprechenden<br />
Schadenersatz (im Ausmaß<br />
<strong>der</strong> noch ausstehenden Entlohnungen);<br />
|- <strong>der</strong> Rücktritt erfolgt im Einvernehmen<br />
(Art. 2113 BGB);<br />
|- <strong>der</strong> Rücktritt erfolgt wegen höherer<br />
Gewalt;<br />
|- <strong>der</strong> Rücktritt erfolgt wegen eines gerechtfertigten<br />
Grundes (giusta causa),<br />
also fristlos o<strong>der</strong> einer rechtfertigenden<br />
Begründung (giustificato motivo),<br />
Art. 2119 BGB und Gesetz Nr.<br />
604/1966; auch in diesem Fall ist ein<br />
Schadenersatz fällig.<br />
Der Beschäftigte mit einem Arbeitsvertrag<br />
auf unbestimmte Zeit kann je<strong>der</strong>zeit,<br />
unter Berücksichtigung <strong>der</strong> vom<br />
Arbeitskollektivvertrag vorgesehenen<br />
Kündigungsfrist, sein Arbeitsverhältnis<br />
auflösen. Bei Nichtbeachtung <strong>der</strong> Kündigungsfrist<br />
ist eine Entschädigung im<br />
Ausmaß des Lohnes für die nicht gearbeiteten<br />
Kündigungstage fällig. <strong>Die</strong><br />
Kündigung muss schriftlich erfolgen<br />
(zu empfehlen ist ein Einschreiben mit<br />
Rückantwort). Ein fristloser Rücktritt<br />
vom Arbeitsverhältnis ist dann möglich,<br />
wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber gegen den<br />
Arbeitsvertrag verstößt (z. B. er bezahlt<br />
den Lohn nicht aus). Für die Einhaltung<br />
<strong>der</strong> Kündigungsfrist ist entscheidend,<br />
wann <strong>der</strong> Arbeitgeber die Mitteilung<br />
seitens des Arbeitnehmers erhält. D. h.<br />
sieht <strong>der</strong> Kollektivvertrag vor, dass die<br />
Kündigungsfrist mit 1. o<strong>der</strong> mit 16. eines<br />
Monats beginnt, muss <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
innerhalb Letzten des vorhergehenden<br />
Monats bzw. innerhalb 15. des Monats<br />
über die Kündigung unterrichtet sein.<br />
Eine einmal ausgesprochene Kündigung<br />
kann nur rückgängig gemacht<br />
werden, bevor <strong>der</strong> Arbeitgeber davon<br />
erfährt. In folgenden zwei Fällen muss<br />
die Kündigung <strong>der</strong> Arbeitnehmerin vom<br />
Arbeitsinspektorat genehmigt werden:<br />
|- bei Kündigung einer Arbeitnehmerin<br />
in <strong>der</strong> Zeit von <strong>der</strong> Bekanntgabe des<br />
Aufgebotes bis ein Jahr nach <strong>der</strong><br />
Heirat. <strong>Die</strong>se Kündigung muss spätestens<br />
einen Monat später vom Arbeitsinspektorat<br />
bestätigt werden. Im<br />
gegenteiligen Falle ist die Kündigung<br />
ungültig;<br />
|- bei Kündigung einer Mutter in <strong>der</strong><br />
Zeit <strong>der</strong> Pflichtenthaltung wegen<br />
Schwangerschaft (2 bzw. 3 Monate<br />
vor <strong>der</strong> Geburt des Kindes) bis zum<br />
ersten Lebensjahr des Kindes. <strong>Die</strong><br />
Arbeitnehmerin muss die Kündigung<br />
auch dem Arbeitsinspektorat schicken,<br />
welches die Kündigung bestätigt.<br />
Während <strong>der</strong> Probezeit kann das Arbeitsverhältnis<br />
von beiden Seiten ohne<br />
Angabe eines Grundes fristlos beendet<br />
werden. Da die Kündigung ein einseitiges<br />
Rechtsgeschäft ist, ist sie erst bei<br />
Eintreffen beim Arbeitgeber rechtskräftig<br />
(bestätigte Übergabe o<strong>der</strong> Einschreiben<br />
mit Ruckantwort). Beim Postweg ist<br />
die Kündigung frühzeitig abzuschicken,<br />
damit sie rechtzeitig beim Empfänger<br />
79
Arbeitsrecht<br />
eintrifft. Allerdings kann <strong>der</strong> Empfänger<br />
eine Kündigung nicht dadurch ignorieren,<br />
dass er einfach die Post nicht<br />
abholt. <strong>Die</strong> Kündigung gilt trotzdem<br />
als zugestellt (Rückantwortkarte ausschlaggebend).<br />
Tipp<br />
Musterbrief für ein Kündigungsschreiben des Arbeitnehmers<br />
(Absen<strong>der</strong>)<br />
(Ort, Datum)<br />
Einschreiben mit Rückantwort<br />
(Adresse <strong>der</strong> Firma)<br />
Kündigung<br />
(Anrede)<br />
Hiermit kündige ich das Arbeitsverhältnis mit Ihrem Betrieb unter Einhaltung <strong>der</strong> vom<br />
Kollektivvertrag vorgesehenen Kündigungsfrist.<br />
Der letzte Arbeitstag ist somit <strong>der</strong>................................................<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
(Unterschrift)<br />
5.2. Kündigungsschutz für die<br />
Arbeitnehmer<br />
Der Kündigungsschutz ist eines <strong>der</strong><br />
grundlegenden <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
und hat deshalb diesen Stellenwert,<br />
weil erst durch die relative Sicherheit des<br />
Arbeitsplatzes <strong>der</strong> Arbeitnehmer auch<br />
seine an<strong>der</strong>en <strong>Rechte</strong> in Anspruch nehmen<br />
kann. Gerade mit <strong>der</strong> Drohung des<br />
Arbeitsplatzverlustes wurden in Kleinbetrieben<br />
Arbeits- und Sozialrechte den<br />
Arbeitnehmern vorenthalten. Mit dem<br />
Gesetz Nr. 108 von 1990 wurde <strong>der</strong> Entlassungsschutz<br />
auch für diese Arbeitnehmer<br />
erweitert. Mit dem betreffenden Gesetz<br />
wurde fast für die gesamte Arbeitnehmerschaft<br />
die Möglichkeit für den Arbeitgeber,<br />
das Arbeitsverhältnis „ad nutum“,<br />
also sogar mündlich und ohne Angabe<br />
von Gründen aufzulösen, abgeschafft. Als<br />
weiteres Prinzip wurde eingeführt, dass<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber (in Betrieben mit mehr<br />
als 15 Beschäftigten) bei einer ungerechtfertigten<br />
Entlassung den Arbeitnehmer<br />
wie<strong>der</strong> anstellen o<strong>der</strong> eine angemessene<br />
Entschädigung zahlen muss; die Entscheidung<br />
liegt beim Arbeitnehmer. Im<br />
Falle einer ungerechtfertigten Entlassung<br />
in Kleinbetrieben entscheidet <strong>der</strong> Betrieb<br />
zwischen einer Wie<strong>der</strong>einstellung und<br />
80
Arbeitsrecht<br />
einem Schadenersatz zwischen 2,5 und 6<br />
Monatsgehältern.<br />
Form <strong>der</strong> Kündigung o<strong>der</strong> Entlassung<br />
Jede Kündigung muss schriftlich mitgeteilt<br />
werden (Urteil des Erfassungsgerichts<br />
Nr. 398/1994 und 1444/1999). Wird<br />
eine vermeintliche Entlassung mündlich<br />
ausgesprochen, so ist es empfehlenswert,<br />
trotzdem zur Arbeit zu gehen. Der<br />
Arbeitgeber muss nicht gleich die Gründe<br />
für eine Entlassung anführen. Der Arbeitnehmer<br />
kann innerhalb von 15 Tagen<br />
diese anfor<strong>der</strong>n und <strong>der</strong> Arbeitgeber hat<br />
dann 7 Tage Zeit, die Gründe mitzuteilen<br />
(in Kleinbetrieben), sonst hat <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
laut Gesetz Nr. 604/1966 8 Tage<br />
ab Mitteilung Zeit die Begründung zu erfragen<br />
und <strong>der</strong> Betrieb 5 Tage um zu antworten.<br />
<strong>Die</strong> Kündigung o<strong>der</strong> Entlassung<br />
ohne Einhaltung dieser Termine ist nicht<br />
wirksam.<br />
Kündigungsfrist (Entschädigung)<br />
Der Kollektivvertrag legt die Kündigungsfrist<br />
fest. Bei Nichtbeachtung <strong>der</strong>selben<br />
entsteht beim Vertragspartner das Recht<br />
auf die Kündigungsfristentschädigung.<br />
<strong>Die</strong>se umfasst den Lohn und alle Lohnelemente,<br />
die bei regulärer Arbeit angereift<br />
wären. <strong>Die</strong> Kündigungsfristentschädigung<br />
steht dem Arbeitnehmer auch<br />
zu, wenn dieser von <strong>der</strong> Arbeitsleistung<br />
während <strong>der</strong> Kündigungsfrist befreit<br />
wird o<strong>der</strong> wenn <strong>der</strong> Betrieb in Konkurs<br />
geht (Konkurs ist keine rechtfertigende<br />
Begründung zur Vertragsauflösung). <strong>Die</strong><br />
Kündigungsfrist läuft, wenn <strong>der</strong> entsprechende<br />
Kollektivvertrag nichts Gegenteiliges<br />
vorsieht, ab dem Moment, wo<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer die Kündigung erhält.<br />
Während <strong>der</strong> Kündigungsfrist reifen alle<br />
vom <strong>Die</strong>nstalter abhängigen <strong>Rechte</strong> des<br />
Arbeitnehmers an. Tritt eine Krankheit<br />
o<strong>der</strong> ein Arbeitsunfall auf, dann wird die<br />
Kündigungsfrist unterbrochen und läuft<br />
nach Beendigung <strong>der</strong>selben weiter. Der<br />
Urlaub kann nie als Kündigungszeit gerechnet<br />
werden (Art. 2109 BGB) (außer bei<br />
bei<strong>der</strong>seitigem Einverständnis).<br />
Weiterbeschäftigung von<br />
pensionsberechtigten Arbeitnehmern<br />
Für pensionsberechtigte Arbeitnehmer<br />
fällt mit dem Anreifen <strong>der</strong> Voraussetzungen<br />
für die Pension <strong>der</strong> Kündigungsschutz<br />
weg. Wenn jemand trotz Pensionsanspruch<br />
weiter arbeiten möchte kann<br />
dies tun. Entwe<strong>der</strong> er kündigt und beantragt<br />
die Rente und arbeitet nach Erstauszahlung<br />
<strong>der</strong> Rente wie<strong>der</strong> (seit dem 01.<br />
Jänner 2009 gilt die volle Vereinbarkeit<br />
zwischen Rente und Arbeitseinkommen<br />
– siehe Arbeitsrecht) o<strong>der</strong> beansprucht<br />
die Rente zu einem späteren Zeitpunkt.<br />
Das Rentenanlaufsdatum beginnt jedoch<br />
erst mit dem Ersten des auf die Abmeldung<br />
folgenden Monats.<br />
5.3. Einzelentlassung<br />
Eine Entlassung des Arbeitnehmers ist<br />
nur rechtens, wenn sie wegen eines gerechten<br />
Grundes (giusta causa) o<strong>der</strong> einer<br />
rechtfertigenden Begründung (giustificato<br />
motivo) erfolgt (gilt im Großen<br />
und Ganzen auch für den öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst):<br />
|- Gerechter Grund (giusta causa, Art.<br />
2118 BGB)<br />
<strong>Die</strong>ser Begriff besteht darin, dass die<br />
Fortführung des Arbeitsverhältnisses<br />
auch nicht für eine kurze Zeit zumutbar<br />
ist. Beispielsweise könnte dies in folgen-<br />
81
Arbeitsrecht<br />
den Fällen bestehen: Verhalten, welches<br />
rechtlich als Verbrechen angesehen<br />
wird, Zufügen von großem wirtschaftlichem<br />
o<strong>der</strong> moralischem Schaden, <strong>Die</strong>bstahl<br />
im Betrieb, Unterschlagung von<br />
Unterlagen usw. Eine Entlassung mit<br />
gerechtem Grund ist fristlos, also ohne<br />
Einhaltung <strong>der</strong> Kündigungsfrist. Der Kollektivvertrag<br />
legt Näheres fest.<br />
|- Rechtfertigende Begründung (Art.<br />
3, Gesetz Nr. 604/1966)<br />
<strong>Die</strong>se besteht dagegen in einer schwerwiegenden<br />
Nichterfüllung <strong>der</strong> vertraglichen<br />
Pflichten des Arbeitnehmers<br />
(subjektive Gründe) o<strong>der</strong> in Erfor<strong>der</strong>nissen,<br />
welche mit <strong>der</strong> Arbeitsorganisation<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Produktionstätigkeit des<br />
Betriebes zusammenhängen (objektive<br />
Gründe).Letztere sind schwer festzustellen,<br />
da es keine einheitliche Rechtsprechung<br />
gibt. Wichtig ist festzustellen,<br />
ob <strong>der</strong> Arbeitnehmer im Betrieb<br />
mit an<strong>der</strong>en Aufgaben weiterbeschäftigt<br />
werden könnte, ob ein Missverhältnis<br />
zwischen <strong>der</strong> Entlassung und<br />
den arbeitsorganisatorischen o<strong>der</strong> produktionstechnischen<br />
Entscheidungen<br />
des Betriebes besteht, o<strong>der</strong> ob an<strong>der</strong>e<br />
Arbeitnehmer von den Maßnahmen direkter<br />
betroffen wären.<br />
Entlassung wegen Verfehlungen<br />
Der Verstoß gegen vertragliche Pflichten<br />
(Kollektivvertrag), das Zufügen von<br />
großem moralischem o<strong>der</strong> materiellem<br />
Schaden zu Lasten des Betriebes, grobe<br />
Verstöße gegen die Sorgfalt o<strong>der</strong> auch<br />
schuldhaftes Verhalten, was eine fristlose<br />
Kündigung mit sich ziehen würde (Urteil<br />
Kassationsgerichtshof Nr. 3965/1994)<br />
sind den Entlassungen aus Disziplinargründen<br />
gleichgestellt und dabei muss<br />
folgendes beachtet werden:<br />
|- Der Arbeitnehmer muss über die Disziplinarstrafen<br />
informiert (mittels Anschlag<br />
o<strong>der</strong> Ähnlichem) worden sein;<br />
|- <strong>Die</strong> Verstöße müssen dem Arbeitnehmer<br />
schriftlich mitgeteilt werden;<br />
|- Der Arbeitnehmer muss zu seiner Verteidigung<br />
im Beisein eines Gewerkschaftsvertreters<br />
angehört werden.<br />
<strong>Die</strong>se drei Voraussetzungen müssen<br />
auf jeden Fall angewendet werden (<strong>der</strong><br />
Verfassungsgerichtshof hat eine Entlassung<br />
in einem Betrieb mit weniger als<br />
16 Beschäftigten wegen fehlen<strong>der</strong> Anwendung<br />
des Art. 7 Gesetz Nr. 300/70<br />
für nichtig erklärt – siehe Urteil Nr.<br />
2596/1992). Das Anschlagen <strong>der</strong> Disziplinarstrafen<br />
ist für Verstöße gegen Gesetze<br />
und grundlegende Pflichten <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer nicht notwendig (Urteil<br />
Kassationsgerichtshof Nr. 1434/1996).<br />
Anfechtung <strong>der</strong> Entlassung<br />
<strong>Die</strong> Anfechtung <strong>der</strong> Entlassung muss<br />
innerhalb von 60 Tagen mit Einschreibebrief<br />
mit Rückantwort beim Arbeitgeber<br />
erfolgen. Nach <strong>der</strong> Anfechtung<br />
ist ein Schlichtungsversuch vor <strong>der</strong><br />
Schlichtungskommission des Arbeitsamts<br />
verpflichtend vorgesehen, bevor<br />
die Gerichtsbehörde eingeschaltet wird.<br />
Feiwilligerweise kann <strong>der</strong> Fall auch einem<br />
Schiedskollegium überantwortet<br />
werden. <strong>Die</strong> Anrufung <strong>der</strong> Schlichtungskommission<br />
beim Arbeitsamt ist gleichbedeutend<br />
zur Anfechtung beim Arbeitgeber.<br />
Schlichtungskommission des<br />
Arbeitsamtes<br />
Bevor eine Entlassung vor dem Arbeits-<br />
82
Arbeitsrecht<br />
gericht angefochten werden kann, ist<br />
<strong>der</strong> Gang zur Schlichtungskommission<br />
des Arbeitsamtes verpflichtend. <strong>Die</strong>se<br />
besteht aus zumindest einem Vertreter<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer, einem Vertreter <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber und dem Direktor o<strong>der</strong> einem<br />
Beauftragten des Arbeitsamtes. Erst<br />
wenn diese Schlichtung nicht gelingt, ist<br />
<strong>der</strong> Gang zum Gericht offen bzw. kann<br />
innerhalb von 20 Tagen eine <strong>der</strong> beiden<br />
Seiten die Einberufung des Schiedskollegiums,<br />
wie vom Kollektivvertrag vorgesehen,<br />
veranlassen. Sieht <strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
kein solches Kollegium vor,<br />
dann kann jede <strong>der</strong> beiden Seiten einen<br />
Vertreter namhaft machen. Gemeinsam<br />
wird <strong>der</strong> Vorsitzende ermittelt. Kommt<br />
es diesbezüglich zu keiner Einigung, so<br />
ist <strong>der</strong> Direktor des Arbeitsamtes Vorsitzen<strong>der</strong>.<br />
Das Schiedskollegium fällt innerhalb<br />
von 30 Tagen eine Entscheidung,<br />
die im Sinne des Art. 411 des Zivilverfahrensgesetzbuches<br />
Rechtskraft erhält. Bei<br />
einem Gerichtsverfahren berücksichtigt<br />
<strong>der</strong> Arbeitsrichter das Verhalten <strong>der</strong> Parteien<br />
während des Verfahrens hinsichtlich<br />
<strong>der</strong> Bezahlung <strong>der</strong> Gerichtskosten<br />
und Verfahrensspesen.<br />
Ungerechtfertigte Entlassung<br />
(Gesetze Nr. 108/1990, Nr. 300/1970,<br />
Nr. 604/1966)<br />
Wird eine ungerechtfertigte Entlassung<br />
festgestellt, so ergibt sich aufgrund <strong>der</strong><br />
Betriebsgröße folgen<strong>der</strong> Schutz:<br />
|- Beschäftigte von Arbeitgebern mit<br />
mehr als 15 Beschäftigten in <strong>der</strong> Produktionseinheit<br />
(Betriebssitz, Außenstelle,<br />
selbständige Abteilung) bzw.<br />
mehr als 5 Beschäftigten bei landwirtschaftlichem<br />
Arbeitgeber, in <strong>der</strong> die<br />
Entlassung stattfand, o<strong>der</strong><br />
|- Beschäftigte von Arbeitgebern mit<br />
mehr als 15 Beschäftigten (5 Beschäftigten<br />
in <strong>der</strong> Landwirtschaft) im Gemeindegebiet<br />
o<strong>der</strong><br />
|- Beschäftigte von Arbeitgebern mit<br />
insgesamt mehr als 60 Beschäftigten<br />
haben das Recht auf Wie<strong>der</strong>einstellung<br />
und <strong>der</strong> Arbeitgeber muss einen<br />
Schadenersatz im Ausmaß des Lohnes<br />
(mit Sozialversicherung) vom Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Entlassung bis zur Wie<strong>der</strong>einstellung<br />
in Höhe von mindestens 5<br />
Monatslöhnen leisten.<br />
Der Arbeitnehmer kann aber auf die<br />
Wie<strong>der</strong>einstellung verzichten und als<br />
Ersatz 15 Monatslöhne verlangen (innerhalb<br />
30 Tagen). Für die Berechnung <strong>der</strong><br />
Betriebsgröße werden die Beschäftigten<br />
mit Ausbildungs- und Teilzeitvertrag gezählt.<br />
Nicht gezählt werden die Lehrlinge.<br />
Entlassungsschutz in Kleinbetrieben<br />
Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer<br />
innerhalb von 3 Tagen wie<strong>der</strong>einstellen<br />
o<strong>der</strong> er kann dem Arbeitnehmer<br />
eine Entschädigung zahlen. <strong>Die</strong>se Entschädigung<br />
beträgt zwischen 2,5 und 6<br />
Monatslöhnen. <strong>Die</strong>sbezüglich wird die<br />
Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten, die Größe des<br />
Betriebes und das <strong>Die</strong>nstalter, sowie das<br />
Verhalten im Verfahren berücksichtigt.<br />
Mit einem Urteil hat <strong>der</strong> Kassationsgerichtshof<br />
1999 festgestellt, dass dem<br />
Arbeitnehmer bei einer Kündigung in<br />
einem Kleinbetrieb ohne Angabe <strong>der</strong><br />
Begründung (also Vertragsverletzung)<br />
nicht die vorgesehenen Monatslöhne<br />
son<strong>der</strong>n nur ein Schadenersatz zusteht.<br />
Nur wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber mehr als 15<br />
Beschäftigte aufweist (aber trotzdem<br />
nicht <strong>der</strong> stärkere Kündigungsschutz des<br />
83
Arbeitsrecht<br />
Arbeiterstatuts Anwendung findet) kann<br />
die Entschädigung folgen<strong>der</strong>maßen angehoben<br />
werden:<br />
kann. Diskriminierende Entlassungen<br />
sind nichtig (als ob nicht ausgesprochen).<br />
<strong>Die</strong> Beweislast liegt beim Arbeitnehmer.<br />
Tipp<br />
<strong>Die</strong>nstalter Ausmaß<br />
0 bis 10 Jahre 2,5 bis 6 Monatslöhne<br />
10 bis 20 Jahre bis 10 ”<br />
über 20 Jahre bis 14 ”<br />
<strong>Die</strong>sen Kündigungsschutz haben auch<br />
Beschäftigte von öffentlichen Körperschaften,<br />
die kein fixes Arbeitsverhältnis<br />
haben und von Arbeitgebern, die nicht<br />
Unternehmer sind (z. B. politische Parteien,<br />
Gewerkschaften, Kultur- und Bildungsvereine,<br />
religiöse Vereinigungen usw.).<br />
Ausgenommen vom Entlassungsschutz<br />
sind die Hausangestellten, die Führungskräfte<br />
(dirigenti) und pensionsberechtigte<br />
Arbeitnehmer (siehe dazu das Kapitel<br />
über die Weiterbeschäftigung von pensionsberechtigten<br />
Arbeitnehmern).<br />
5.4. Schutz gegen diskriminierende<br />
Entlassungen<br />
Alle Beschäftigten (auch Führungskräfte)<br />
sind gegen Entlassungen, die auf eine<br />
Diskriminierung wegen politischer, religiöser,<br />
rassischer, sprachlicher und geschlechtlicher<br />
Gründe hinauslaufen, geschützt.<br />
Auch eine Entlassung aufgrund<br />
<strong>der</strong> Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft<br />
o<strong>der</strong> Ausübung einer Gewerkschaftstätigkeit<br />
ist verboten. In diesem Falle kann<br />
auch <strong>der</strong> Art. 28 des Arbeitnehmerstatuts<br />
zu Hilfe genommen werden, mit welchem<br />
im Eilverfahren jedwedes gewerkschaftsfeindliches<br />
Verhalten eingestellt werden<br />
5.5. Kollektive Entlassungen wegen<br />
Personalreduzierung<br />
<strong>Die</strong> kollektiven Entlassungen wurden<br />
von zwei interkonfö<strong>der</strong>alen Abkommen<br />
(vom 20.12.1950, welches mit D.P.R. Nr.<br />
1019 vom 14.7.1960, mit Wirksamkeit<br />
erga omnes versehen worden ist, sowie<br />
vom Abkommen vom 5.5.1965) geregelt.<br />
Das Gesetz Nr. 223/1991 schafft Klarheit,<br />
ob es bei Entlassungen um Einzelentlassungen<br />
o<strong>der</strong> um kollektive Entlassungen<br />
wegen Personalreduzierung geht. Kollektive<br />
Entlassungen sind es, wenn ein<br />
Betrieb mit mehr als 15 Beschäftigten<br />
innerhalb von 120 Tagen im Provinzgebiet<br />
mindestens 5 Beschäftigte entlässt,<br />
mit <strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Reduzierung<br />
o<strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Tätigkeit o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeit bzw. <strong>der</strong> Schließung des Betriebes.<br />
Bei kollektiven Entlassungen kommt<br />
den Gewerkschaftsorganisationen eine<br />
beson<strong>der</strong>e Rolle <strong>der</strong> Verhandlung und<br />
Information zu. Weiters ist eine eigene<br />
Prozedur für die Durchführung <strong>der</strong> Personalreduzierung<br />
vorgesehen.<br />
5.5.1. Personalüberschüsse im<br />
öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
Auch im öffentlichen <strong>Die</strong>nst kann es Personalüberschüsse<br />
geben und diese können<br />
abgebaut werden: bei Überschüssen<br />
bis zu 10 Beschäftigten werden die<br />
Betroffenen in den Wartestand versetzt.<br />
Sie beziehen für höchstens 2 Jahre 80<br />
% von Grundgehalt und Son<strong>der</strong>ergänzungszulage<br />
zuzüglich des eventuell zustehenden<br />
Familiengeldes.<br />
84
Arbeitsrecht<br />
Beträgt <strong>der</strong> Personalüberschuss hingegen<br />
ab 10 Beschäftigte, so ist ein eigens<br />
Verfahren abzuwickeln. <strong>Die</strong>ses sieht die<br />
Einschaltung <strong>der</strong> Gewerkschaften vor und<br />
führt, bei keiner an<strong>der</strong>en Lösung – interne<br />
Versetzung, Wechsel zu an<strong>der</strong>er Körperschaft,<br />
an<strong>der</strong>e Arbeitsaufgaben, o.ä. -, zur<br />
Überstellung <strong>der</strong> Beschäftigten für 24 Monate<br />
in einen sogenannten Verfügungswartestand.<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Behandlung gilt dasselbe wie oben.<br />
<strong>Die</strong> gesetzliche Basis ist <strong>der</strong> gesamtstaatliche<br />
ET GVD Nr. 165/2001 Art. 33. <strong>Die</strong><br />
Personalordnungen <strong>der</strong> Gemeinden und<br />
des Landes haben diese Bestimmungen<br />
übernommen. Der Unterschied zur Mobilität<br />
in <strong>der</strong> Privatwirtschaft besteht darin,<br />
dass das Arbeitsverhältnis erst am Ende<br />
<strong>der</strong> Mobilität aufgelöst wird, während in<br />
<strong>der</strong> Privatwirtschaft dies am Anfang geschieht.<br />
Bei Neuanstellungen im Rahmen<br />
<strong>der</strong>selben öffentlichen Verwaltung haben<br />
die Entlassenen Vorrang.<br />
5.6. Mobilität<br />
Das Mobilitätsgeld wurde mit Gesetz Nr.<br />
223/1991 eingeführt als Ersatz <strong>der</strong> außerordentlichen<br />
Arbeitslosenunterstützung.<br />
Zweck ist, entlassenen Bedienstete<br />
eine neue Arbeit zu vermitteln, durch<br />
Beitragsbegünstigungen für Betriebe,<br />
die Beschäftigte aus <strong>der</strong> Mobilität einstellen.<br />
Wenn <strong>der</strong> Betrieb in Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse<br />
Personal reduzieren<br />
muss o<strong>der</strong> kollektive Entlassungen wegen<br />
Personalreduzierung vornehmen<br />
muss, muss <strong>der</strong> Betrieb das Verfahren für<br />
die Anwendung <strong>der</strong> Mobilität einleiten.<br />
<strong>Die</strong>sbezüglich muss er:<br />
|- den betrieblichen Gewerkschaftsvertretern<br />
den genauen Umfang <strong>der</strong> Personalreduzierung<br />
mitteilen;<br />
|- das Arbeitsamt in Kenntnis setzen;<br />
|- als Anzahlung, für jeden zu Entlassenden<br />
einen Monatsbetrag <strong>der</strong> Lohnausgleichskasse<br />
an das INPS/NISF überweisen;<br />
Bezüglich <strong>der</strong> überschüssigen Beschäftigten<br />
sind Verhandlungen mit den Gewerkschaften<br />
vorgesehen. Wenn es zu<br />
keiner Einigung kommt, unternimmt das<br />
Arbeitsamt einen Schlichtungsversuch.<br />
<strong>Die</strong> gewerkschaftlichen Abkommen können<br />
auch eine an<strong>der</strong>e Verwendung <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer (auch mit niedrigeren Arbeitsaufgaben)<br />
vorsehen. Das ist somit<br />
eine Ausnahme vom so genannten Verwendungsschutz.<br />
Wenn das Verfahren (mit o<strong>der</strong> ohne<br />
gewerkschaftlichem Abkommen) abgeschlossen<br />
ist, erstellt <strong>der</strong> Betrieb die<br />
Mobilitätsliste mit Angabe <strong>der</strong> Kriterien,<br />
die für die Erstellung verwendet wurden.<br />
<strong>Die</strong> Liste muss dem Arbeitsamt,<br />
<strong>der</strong> Landesarbeitskommission und den<br />
Fachgewerkschaften übermittelt werden.<br />
Auswahl <strong>der</strong> Arbeitnehmer, die in<br />
die Mobilität überstellt (entlassen)<br />
werden sollen<br />
<strong>Die</strong> Auswahl <strong>der</strong> Arbeitnehmer hat unter<br />
technisch-produktionsmäßigen und<br />
organisatorischen Gesichtspunkten des<br />
Betriebes zu erfolgen, wobei auch die<br />
von den Kollektivverträgen vorgesehenen<br />
Kriterien zu beachten sind. Gibt es<br />
keine solchen Kriterien so sind, gleichwertig,<br />
zu beachten:<br />
|- die Familienlasten;<br />
|- das <strong>Die</strong>nstalter;<br />
|- technisch-produktionsmäßige und organisatorische<br />
Notwendigkeiten;<br />
Was die Invaliden betrifft, so dürfen sie<br />
85
Arbeitsrecht<br />
im Allgemeinen nur im Verhältnis zu den<br />
zu Entlassenden in die Mobilität überstellt<br />
werden.<br />
<strong>Die</strong> Lasten für die Betriebe<br />
Mit dem neuen Gesetz über die Mobilität<br />
wurde versucht, die Betriebe an den Kosten<br />
für die Personalreduzierungen zu beteiligen<br />
(als Abschreckung gedacht) und<br />
sie für Anstellungen zu belohnen. Für<br />
jeden in Mobilität überstellten Arbeitnehmer<br />
müssen 6 + 3 Monatsbeträge<br />
des Mobilitätsgeldes, in 30 Monatsraten<br />
aufgeteilt, vom Betrieb an das INPS/NISF<br />
überwiesen werden. <strong>Die</strong>ser Betrag reduziert<br />
sich um 50%, wenn ein Gewerkschaftsabkommen<br />
erzielt wird. Findet<br />
<strong>der</strong> Betrieb einen an<strong>der</strong>en Arbeitsplatz<br />
für einen Entlassenen, so sind ihm die<br />
restlichen Monatsraten (von den 30) ab<br />
dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>anstellung<br />
des Betroffenen erlassen.<br />
Mobilitätsliste<br />
In die von <strong>der</strong> Landesarbeitskommission<br />
überwachte Liste werden entlassene<br />
Arbeitnehmer von Betrieben eingetragen,<br />
die zur Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse<br />
zugelassen sind, über die ein Konkursverfahren<br />
verhängt wurde o<strong>der</strong> die in<br />
Zulieferbetrieben von Krisenbetrieben<br />
tätig waren.<br />
För<strong>der</strong>ung für Anstellungen aus <strong>der</strong><br />
Mobilitätsliste<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmer <strong>der</strong> Mobilitätsliste<br />
haben bei Anstellungen des Herkunftsbetriebes<br />
innerhalb eines Jahres den<br />
Vorrang. Stellt ein an<strong>der</strong>er Arbeitgeber<br />
jemanden aus <strong>der</strong> Mobilitätsliste an, so<br />
werden folgende Beihilfen gewährt:<br />
|- bei Anstellungen auf unbestimmte<br />
Zeit wird ein Beitrag von 50% des Mobilitätsgeldes<br />
des Arbeitnehmers für<br />
max. 12 Monate (24 Monate bei über<br />
50-jährigen) ausbezahlt. Für die ersten<br />
18 Monate <strong>der</strong> Anstellung werden nur<br />
die Sozialabgaben für die Lehrlinge<br />
(praktisch gesehen sehr geringe) berechnet.<br />
|- befristeten Anstellungen (bis zu 12<br />
Monate) zahlt <strong>der</strong> Arbeitgeber nur die<br />
Sozialabgaben für die Lehrlinge, was<br />
bei einer anschließenden Fixanstellung<br />
für weitere 12 Monate möglich<br />
ist. Bei Anstellung eines Arbeitnehmers/einer<br />
Arbeitnehmerin über 50,<br />
sind für den Arbeitgeber für 24 Monate<br />
Beitragsbegünstigungen vorgesehen.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmer in <strong>der</strong> Mobilitätsliste<br />
bekommen folgende För<strong>der</strong>ungen:<br />
|- Der Zeitraum <strong>der</strong> staatlichen Mobilität<br />
wird voll für den Anspruch auf eine<br />
Rentenleistung mitgezählt.<br />
|- Arbeitnehmer <strong>der</strong> Mobilitätsliste können<br />
zur Gründung einer selbstständigen<br />
Tätigkeit o<strong>der</strong> einer Genossenschaft<br />
das Mobilitätsgeld im Voraus<br />
ausbezahlt bekommen.<br />
Mobilitätsgeld<br />
<strong>Die</strong>ses muss innerhalb von 68 Tagen<br />
beim zuständigen Arbeitsamt beantragt<br />
werden.<br />
In den ersten 12 Monaten beträgt das<br />
Mobilitätsgeld 100% des Betrages <strong>der</strong><br />
Lohnausgleichskasse, anschließend<br />
80%. <strong>Die</strong> Dauer des Anrechts auf Mobilitätsgeld:<br />
|- Arbeitnehmer bis zum 40. Lebensjahr<br />
bis zu 12 Monate<br />
|- Arbeitnehmer vom 40. bis zum 50. Lebensjahr<br />
bis zu 24 Monate<br />
86
Arbeitsrecht<br />
|- Arbeitnehmer über 50 bis zu 36 Monate<br />
das Mobilitätsgeld.<br />
In den ersten 12 Monaten beträgt es 80%<br />
<strong>der</strong> Normalentlohnung, später 64%. Es<br />
müssen Sozialabgaben wie für Lehrlinge<br />
bezahlt werden (5,54%). Das Mobilitätsgeld<br />
kann nicht für längere Zeiträume<br />
ausbezahlt werden, als die Anstellung<br />
beim Betrieb gedauert hat.<br />
In Industrie- und Handwerksbetrieben ist<br />
die Mobilität mit mehr als 15 Bediensteten<br />
möglich- Ausnahme Baugewerbe – in<br />
Handel- und Tourismusbetrieben müssenes<br />
mehr als 50 Beschäftigte sein. Wenn<br />
kein Anrecht auf die staatliche Mobilität<br />
besteht, kann um die regionale Mobilität<br />
angesucht werden (siehe Sozialrecht).<br />
Das Mobilitätsgeld verfällt mit dem Anrecht<br />
auf die Rente. <strong>Die</strong> Zeit, in <strong>der</strong> Mobilitätsgeld<br />
bezogen wird, gibt Anrecht<br />
auf die Gutschrift von figurativen Pensionsbeiträgen,<br />
so als ob voll gearbeitet<br />
worden wäre. Auch die Familienzulagen<br />
können während dieser Zeit bezogen<br />
werden.<br />
Streichung aus <strong>der</strong> Mobilitätsliste<br />
Der Arbeitnehmer wird aus <strong>der</strong> Liste gestrichen<br />
wenn er:<br />
|- sich weigert, an vom Land genehmigten<br />
Berufsausbildungskursen teilzunehmen;<br />
|- eine gleichwertige Arbeit ablehnt (mit<br />
einem Lohnabschlag von weniger als<br />
10 %);<br />
|- nicht an <strong>Die</strong>nsten von öffentlichem<br />
Nutzen teilnehmen will;<br />
|- bei Anstellung mit Vollzeitvertrag auf<br />
unbestimmte Zeit;<br />
|- falls <strong>der</strong> Antragsteller eine vorzeitige<br />
Auszahlung <strong>der</strong> vollen Mobilitätszulage<br />
in Anspruch nimmt;<br />
|- falls <strong>der</strong> Zeitraum des Anrechtes auf<br />
Eintragung abgelaufen ist;<br />
|- falls ein Arbeitsvertrag auf bestimmte<br />
Zeit länger als 12 Monate dauert;<br />
Wie<strong>der</strong>eintragung in die<br />
Mobilitätsliste<br />
|- Arbeitnehmer, welche auf bestimmte<br />
Zeit für die Dauer von nicht mehr als<br />
12 Monaten angestellt werden;<br />
|- Arbeitnehmer, welche mit Vollzeitvertrag<br />
auf unbestimmte Zeit angestellt<br />
worden sind und höchstens 2 Mal die<br />
Probezeit nicht bestehen. In Ausnahmefällen<br />
kann die Landesarbeitskommission<br />
die Eintragung für das 3. Mal<br />
genehmigen;<br />
|- Arbeitnehmer, welche für eine ihnen<br />
zugewiesene Arbeit nicht geeignet<br />
sind und dies durch ein ärztliches<br />
Zeugnis nachweisen können.<br />
Arbeitstätigkeit während <strong>der</strong><br />
Eintragung in die Mobilitätsliste<br />
Teilzeitarbeit und Arbeit auf bestimmte<br />
Zeit ist möglich, muss aber dem INPS/<br />
NISF mitgeteilt werden, damit für die betreffenden<br />
Tage keine Sozialleistungen<br />
ausbezahlt werden.<br />
5.7. Abfertigung (Trattamento di fine<br />
rapporto TFR)<br />
<strong>Die</strong> Abfertigung ist mittlerweile zu einer<br />
Art Beteiligungslohn geworden, den <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer im Betrieb belässt (belassen<br />
muss) und am Ende des Arbeitsverhältnisses<br />
mit einer entsprechenden<br />
Aufwertung ausbezahlt bekommt bzw.<br />
verstärkt als Vorsorgeinstrument angesehen<br />
wird. Laut BGB hat je<strong>der</strong> mit<br />
einem Vertrag auf unbestimmte Zeit<br />
Beschäftigte bei Entlassung Anrecht auf<br />
87
Arbeitsrecht<br />
eine Abfertigung. <strong>Die</strong> Kollektivverträge<br />
dehnen dieses Recht auf jede Art <strong>der</strong><br />
Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus.<br />
Seit 1. Juli 1982 ist die Berechnung <strong>der</strong><br />
Abfertigung gänzlich geän<strong>der</strong>t worden:<br />
Jedes Jahr wird ein Betrag hinterlegt (die<br />
Hinterlegung ist nur rechnerisch vom<br />
Betrieb zu machen, die Verwendung des<br />
Hinterlegungsgeldes ist dem Betrieb<br />
überlassen), <strong>der</strong> sich aus <strong>der</strong> Teilung des<br />
Jahreslohnes durch 13,5 ergibt. Zum<br />
Jahreslohn zählt alles was <strong>der</strong> Beschäftigte<br />
an laufenden Lohn hatte. Also zählen<br />
dazu Grundlohn, Kontingenzzulage,<br />
Übertarif, <strong>Die</strong>nstalterszulage, 13. und 14.<br />
Monatslohn, regelmäßige Überstunden,<br />
Lohnausgleichskasse, Funktionszulage,<br />
Mensazulage, Unterkunft, regelmäßige<br />
Prämien, Kassazulage, Zuschlag für<br />
Nachtarbeit, ausbezahlte (auch abgeschaffte)<br />
Feiertage, Kündigungsfristentschädigung,<br />
freiwillige Zahlungen und<br />
Besserstellungen durch den Betrieb.<br />
Von <strong>der</strong> Berechnung sind hingegen ausgeschlossen:<br />
Zuschlag für Feiertagsarbeit,<br />
einmalige Zahlungen (una tantum),<br />
Entschädigung für nicht genossenen<br />
Urlaub, Kilometergeld, teilweise Außendienstzulage,<br />
gelegentliche Überstunden,<br />
Spesenrückvergütungen.<br />
<strong>Die</strong> Berechnung <strong>der</strong> Abfertigung ist<br />
jedoch erst seit 1. Jänner 1990 für alle<br />
gleich. <strong>Die</strong> im Gesetz von 1982 vorgesehene<br />
Übergangslösung hat die Arbeiter<br />
und die Angestellten gleichgestellt.<br />
Früher hatten die Arbeiter viel weniger<br />
Abfertigung als die Angestellten.<br />
Für Beschäftigte mit 13 Monatslöhnen<br />
ergibt sich also etwas weniger als ein<br />
Monatslohn an Abfertigung pro Jahr,<br />
für Beschäftigte mit 14 o<strong>der</strong> mehr Monatslöhnen<br />
mehr. Wichtig ist darauf<br />
hinzuweisen, dass die Berechnung <strong>der</strong><br />
Abfertigung für die Jahre vor 1982 bzw.<br />
vor 1990 noch nach den von den jeweiligen<br />
Kollektivverträgen vorgesehenen<br />
Anteilen zu erfolgen hat (für die Jahre<br />
vor 1982 wird z. B. die Kontingenzzulage<br />
nicht berechnet).<br />
Neben <strong>der</strong> jährlichen Berechnung des<br />
Hinterlegungsgeldes wird die Abfertigung<br />
auch jährlich (mit Dezember)<br />
aufgewertet. Dabei wird ein fixer Satz<br />
von 1,5 % angewendet, zu dem noch als<br />
variabler Verzinsungssatz 75 % <strong>der</strong> vom<br />
ISTAT festgestellten Erhöhung <strong>der</strong> Lebenskosten<br />
(Inflation) kommt. Dadurch<br />
ergibt sich ein kleiner Vorteil bei einer<br />
Inflation von weniger als 6 %. Laut einem<br />
Urteil des Kassationsgerichtshofes<br />
(Nr. 2736/1987) ist die Einbeziehung <strong>der</strong><br />
Abfertigung in den Monatslohn nicht<br />
zulässig. <strong>Die</strong> Zeit des Militärdienstes<br />
kann bei <strong>der</strong> Berechnung ausgeschlossen<br />
werden (Urteile des Verfassungsgerichtshofes<br />
Nr. 5660/1990).<br />
<strong>Die</strong> Abfertigung reift hingegen für die<br />
Abwesenheitszeit des freiwilligen Mutterschaftsurlaubes<br />
und für figurative<br />
Beitragszeiten an (Urteil Kassationsgerichtshof<br />
Nr. 2114/1993).<br />
Der Arbeitnehmer kann eine Richtigstellung<br />
seiner Abfertigung auch während<br />
des Arbeitsverhältnisses vorantreiben<br />
(Urteile des Kassationsgerichtshofes,<br />
Vereinigte Senate Nr. 11945/1990, und<br />
Nr. 2714/1993).<br />
Garantiefonds für Abfertigung<br />
Mit dem Abfertigungsgesetz Nr. 297/82<br />
wurde ein Garantiefonds für die Abfertigungen<br />
eingerichtet. <strong>Die</strong>ser Garantiefonds<br />
wird vom INPS/NISF verwaltet<br />
und wird mit Beiträgen (0,20 %) <strong>der</strong> Ar-<br />
88
Arbeitsrecht<br />
beitgeber gespeist. Er springt dann ein,<br />
wenn ein Betrieb die Abfertigungen und<br />
die letzten drei Monatslöhne nicht mehr<br />
auszahlen kann (z. B. bei Konkurs).<br />
Vorschuss auf die Abfertigung<br />
Da mittlerweile die Abfertigung eine ansehnliche<br />
Summe darstellt, wird immer<br />
öfter um einen Vorschuss angesucht.<br />
Laut Abfertigungsgesetz kann darum<br />
ansuchen, wer:<br />
|- mindestens 8 <strong>Die</strong>nstjahre aufweist;<br />
|- Ausgaben für die Wie<strong>der</strong>herstellung<br />
<strong>der</strong> Gesundheit, die vom öffentlichen<br />
Gesundheitsdienst anerkannt sind,<br />
hatte o<strong>der</strong><br />
|- eine Erstwohnung für sich o<strong>der</strong> seine<br />
Kin<strong>der</strong> kauft o<strong>der</strong> baut.<br />
Alle Ausgaben müssen ausreichend<br />
dokumentiert werden. Im Verlauf des<br />
Arbeitsverhältnisses kann nur 1 Mal um<br />
einen Vorschuss angesucht werden. Der<br />
Vorschuss kann höchstens 70 % <strong>der</strong> bis<br />
dahin angereiften Abfertigung ausmachen.<br />
Höchstens 10 % <strong>der</strong> Anspruchsberechtigten<br />
und 4 % <strong>der</strong> Belegschaft eines<br />
Betriebes können um den Vorschuss<br />
ansuchen. Das Ausmaß <strong>der</strong> angereiften<br />
Abfertigung konnte zur jeweiligen Fälligkeit<br />
vom Formblatt 01/M abgelesen<br />
werden (bis 1997). Nunmehr sollte <strong>der</strong><br />
Betrieb um eine diesbezügliche Erklärung<br />
ersucht werden. Beschäftigte von<br />
Betrieben mit weniger als 25 Beschäftigten<br />
haben laut Rechtsprechung<br />
(Urteil des Kassationsgerichtshofs Nr.<br />
2749/1992), keinen Anspruch auf ein<br />
Akonto <strong>der</strong> Abfertigung.<br />
Tipp<br />
Abfertigungsvorschuss<br />
für Autokauf<br />
<strong>Die</strong> Fragen: Ein Beschäftigter mit 3 Jahren<br />
Betriebszugehörigkeit hat um einen<br />
Vorschuss auf die Abfertigung zum Ankauf<br />
eines neuen Wagens angefragt. Ist<br />
die Firma einverstanden, kann sie dann<br />
trotz fehlen<strong>der</strong> Voraussetzungen einen<br />
Vorschuss gewähren, kann sie mehrere<br />
Vorschüsse im Verlauf des Arbeitsvertrages<br />
gewähren, kann sie ev. jährlich die<br />
Abfertigung auszahlen <strong>Die</strong> Antwort auf<br />
alle drei Fragen lautet eindeutig ja. Es ist<br />
nämlich im Art. 2120 des BGB vorgesehen,<br />
dass die Kollektivverträge o<strong>der</strong> individuelle<br />
Abmachungen, sofern sie vorteilhafter<br />
für die Arbeitnehmer sind, die<br />
Abfertigungszahlungen regeln können.<br />
Somit kann die Abfertigung – wenn es<br />
die Zustimmung des Arbeitgebers gibt<br />
– je<strong>der</strong>zeit, auch jährlich und aus jedem<br />
Grunde ausbezahlt werden.<br />
Besteuerung <strong>der</strong> Abfertigung<br />
Was die Besteuerung <strong>der</strong> Abfertigung<br />
betrifft, so muss gesagt werden, dass diese<br />
nicht wie oft fälschlicherweise angenommen,<br />
zum Einkommen dazu gezählt<br />
wird. <strong>Die</strong> Abfertigung unterliegt <strong>der</strong> so<br />
genannten separaten Besteuerung.<br />
<strong>Die</strong> Besteuerung <strong>der</strong> Abfertigung ist<br />
fast zu einer eigenen Wissenschaft geworden.<br />
Grundsätzlich sind die Betriebe<br />
89
Arbeitsrecht<br />
verpflichtet, eine gewissermaßen provisorische<br />
Besteuerung <strong>der</strong> Abfertigung<br />
vorzunehmen. Das Steueramt hat dann<br />
die Aufgabe, die endgültige Steuer auf<br />
die Abfertigung zu berechnen (bezogen<br />
auf das Gesamteinkommen <strong>der</strong> vorangegangenen<br />
fünf Jahre) und den Ausgleich<br />
vorzunehmen, falls sich ein Unterschied<br />
von mehr als 100,00 € ergibt.<br />
Um die Besteuerung <strong>der</strong> Abfertigung<br />
im Betrieb vornehmen zu können, sind<br />
mehrere Beträge in <strong>der</strong> gesamten Abfertigung<br />
einzeln heraus zu rechnen:<br />
a) die Abfertigung, die sich für die Zeit<br />
bis 31/12/2000 ergibt, denn hier ist ein<br />
steuerfreier Betrag pro Jahr von 309,87<br />
€ zu berücksichtigen;<br />
b) die Abfertigung, die sich für die Zeit<br />
ab 01/01/2001 ergibt, denn hier sind<br />
die Abfertigung und die jährliche Aufwertung<br />
zu trennen. <strong>Die</strong> jährlichen<br />
Aufwertung für die Zeit ab 01/01/2001<br />
sind ja bereits <strong>der</strong> Ersatzsteuer von 11<br />
% unterworfen worden. Für die Zeit ab<br />
01/01/2001 sind ansonsten keinerlei<br />
steuerfreie Beträge für diesen Teil <strong>der</strong><br />
Abfertigung mehr vorgesehen (* siehe<br />
Anmerkung weiter unten);<br />
c) die Teile <strong>der</strong> Abfertigung, die den Zusatzrentenfonds<br />
zugeführt wurden<br />
sind ebenfalls zu ermitteln. <strong>Die</strong>se Beträge<br />
werden zwar nicht besteuert, für<br />
die Ermittlung des Steuersatzes werden<br />
jedoch auch diese Beträge mitgezählt.<br />
Mit <strong>der</strong> gesamten Abfertigung (ohne den<br />
Teil <strong>der</strong> jährlichen Aufwertungen, <strong>der</strong><br />
bereits <strong>der</strong> Ersatzsteuer von 11% unterworfen<br />
worden ist) wird im Verhältnis zur<br />
Dauer <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstzeit ein durchschnittliches<br />
Einkommen ermittelt. <strong>Die</strong>ses Bezugseinkommen<br />
dient dann dazu, den<br />
Steuersatz zu berechnen, <strong>der</strong> vom Betrieb<br />
anzuwenden ist. <strong>Die</strong>ser Steuersatz<br />
wird auf die zu entrichtende Abfertigung<br />
einheitlich angewandt (Abfertigung bis<br />
31/12/2000 bereinigt mit den steuerfreien<br />
Beträgen von 309,87 € pro Jahr und<br />
Abfertigung ab 01/01/2001 ohne die Beträge<br />
<strong>der</strong> jährlichen Aufwertungen und<br />
ohne die Teile <strong>der</strong> Abfertigung, die den<br />
Zusatzrentenfonds zugeführt wurden).<br />
* Anmerkung zu den Freibeträgen<br />
bei <strong>der</strong> Abfertigung für die Zeit ab<br />
01/01/2001: Bei Abfertigungen, die<br />
sich auf befristete Arbeitsverhältnisse<br />
von nicht mehr als zwei Jahren beziehen,<br />
ist auf die Steuer bei <strong>der</strong> Abfertigung<br />
ein Steuerabzug von 61,97 €<br />
pro Jahr vorgesehen. Sobald hier die<br />
Steuer berechnet ist, wird die effektiv<br />
einzubehaltende Steuer um diesen<br />
Steuerabzug vermin<strong>der</strong>t.<br />
Mit dem Haushaltsgesetz von 2008<br />
wurde ein neuer Steuerabzug für die<br />
Steuer auf die Abfertigung eingeführt.<br />
Es handelt sich um eine einmalige und<br />
bescheidene Steuerreduzierung von bis<br />
zu 70,00 € für Arbeitsverhältnisse, die<br />
nach dem 31/03/2008 aufgelöst werden.<br />
<strong>Die</strong>ser Steuerabzug, <strong>der</strong> gestaffelt<br />
ermittelt wird, ist nicht pro <strong>Die</strong>nstjahr<br />
vorgesehen, son<strong>der</strong>n nur einmalig, und<br />
ist zudem nur möglich, wenn das Durchschnittseinkommen<br />
(Bezugseinkommen<br />
für die Ermittlung des Steuersatzes) unter<br />
30.000,00 € liegt.<br />
Abfertigungs- und<br />
Zusatzrentenreform<br />
Am 24. November 2005 wurde die Abfertigungs-<br />
und Zusatzrentenreform<br />
endgültig verabschiedet. <strong>Die</strong>se trat mit<br />
1. Jänner 2007 in Kraft. Bis zum 30. <strong>Juni</strong><br />
90
Arbeitsrecht<br />
2007 mussten alle <strong>ArbeitnehmerInnen</strong><br />
in <strong>der</strong> Privatwirtschaft entscheiden, ob<br />
ihre anreifende Abfertigung einem offenen<br />
o<strong>der</strong> einem geschlossenen, kollektivvertraglichen<br />
Rentenzusatzfond<br />
überwiesen werden soll o<strong>der</strong> ob <strong>der</strong><br />
entsprechende Betrag weiterhin im<br />
Betrieb bleiben und am Ende des Arbeitsverhältnisses<br />
– wie bisher – direkt<br />
ausbezahlt werden soll. Hat sich <strong>der</strong>/die<br />
ArbeitnehmerIn einmal für einen Zusatzrentenfonds<br />
entschieden, so kann diese<br />
Entscheidung nicht mehr rückgängig<br />
gemacht werden; er/sie kann höchstens<br />
nach zwei Jahren den Fonds wechseln.<br />
Sollte die/<strong>der</strong> ArbeitnehmerIn sich dafür<br />
entschieden haben, die Abfertigung im<br />
Betrieb zu lassen, so kann diese Entscheidung<br />
je<strong>der</strong>zeit rückgängig gemacht<br />
werden.<br />
<strong>Die</strong> Zusatzrente ist ein wichtiges Vorsorgeinstrument<br />
für <strong>ArbeitnehmerInnen</strong><br />
in <strong>der</strong> Privatwirtschaft und im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst, um die zukünftige Verringerung<br />
des öffentlichen Rentenanteils<br />
bestmöglich auszugleichen. Das Prinzip<br />
<strong>der</strong> Zusatzrente basiert auf <strong>der</strong> individuellen<br />
Kapitalanhäufung, wie bei einem<br />
Sparbuch. Sämtliche Beiträge befinden<br />
sich auf dem persönlichen Konto des<br />
Rentensparers, welches mit <strong>der</strong> vom<br />
jeweiligen Rentenfonds erwirtschafteten<br />
Rendite aufgewertet wird. <strong>Die</strong> Zusatzrente<br />
eines kollektivvertraglichen,<br />
geschlossenen Fonds setzt sich zusammen<br />
aus dem Arbeitgeberbeitrag (<strong>der</strong><br />
vom Kollektivvertrag festgelegt ist), aus<br />
dem Arbeitnehmerbeitrag (<strong>der</strong> vom/<br />
von <strong>der</strong> ArbeitnehmerIn bestimmt wird),<br />
aus dem Anteil <strong>der</strong> Abfertigung, aus zusätzlichen<br />
freiwilligen Beiträgen des/<strong>der</strong><br />
Beschäftigten und aus <strong>der</strong> Rendite des<br />
Fonds. <strong>Die</strong> vom/von <strong>der</strong> Bediensteten<br />
eingezahlten Beiträge können steuerlich<br />
abgesetzt werden. Unter bestimmten<br />
Voraussetzungen gibt es auch die<br />
Möglichkeit in bestimmten Momenten<br />
die Auszahlung eines Vorschusses zu<br />
beanspruchen. <strong>Die</strong>se Art von Auszahlung<br />
kann zu einem späteren Zeitpunkt<br />
wie<strong>der</strong> eingezahlt werden. Dabei unterscheidet<br />
man zwischen Bediensteten im<br />
Privatsektor und Bediensteten im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst.<br />
Für Bedienstete im Privatsektor gibt es<br />
für folgende Situationen Vorschüsse:<br />
|- für Ausgaben im Gesundheitsbereich<br />
75% <strong>der</strong> angereiften individuellen Position;<br />
|- nach 8 Jahren Mitgliedschaft bis zu<br />
75% für Kauf o<strong>der</strong> Bau bzw. Renovierung<br />
<strong>der</strong> Erstwohnung für sich o<strong>der</strong> für<br />
die Kin<strong>der</strong>;<br />
|- für sonstige Notwendigkeiten nach 8<br />
Mitgliedsjahren einen Vorschuss bis zu<br />
30%.<br />
Für Bedienstete im Öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
kann um einen Vorschuss angesucht<br />
werden:<br />
|- für Ausgaben im Gesundheitsbereich<br />
nach 8 Jahren Mitgliedschaft bis zu<br />
100%;<br />
|- nach 8 Jahren Mitgliedschaft bis zu<br />
100% für Bau, Kauf bzw. Renovierung<br />
<strong>der</strong> Erstwohnung für sich o<strong>der</strong> die Kin<strong>der</strong>;<br />
|- nach 8 Jahren Mitgliedschaft bis zu<br />
100% <strong>der</strong> angereiften Position für<br />
Ausgaben bei Beurlaubung für Fortbildung.<br />
Je nachdem welcher Vorschuss ausbezahlt<br />
wird, wird die Besteuerung <strong>der</strong> Vorschüsse<br />
vorgenommen.<br />
91
Arbeitsrecht<br />
5.8. Abfertigung im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst<br />
Im öffentlichen <strong>Die</strong>nst wurde mit dem<br />
Haushaltsgesetz Nr. 1/1999 <strong>der</strong> privatrechtliche<br />
Berechnungsmodus (Staatsgesetz<br />
Nr. 297/82) für die Abfertigung<br />
eingeführt.<br />
Mit Stichtag 1. Juli 1999 wird diese<br />
staatliche Bestimmung im Rahmen des<br />
öffentlichen <strong>Die</strong>nstes in Südtirol angewendet,<br />
denn sie war eine wichtige<br />
Voraussetzung für die Aktivierung <strong>der</strong><br />
Zusatzrentenfonds, ohne die <strong>der</strong> Beitritt<br />
<strong>der</strong> Bediensteten im öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
nicht möglich gewesen wäre.<br />
Bis zum 30. <strong>Juni</strong> 1999 bleiben den Bediensteten<br />
die erworbenen <strong>Rechte</strong>, d.h.<br />
<strong>der</strong> Berechnungsmodus <strong>der</strong> Abfertigung<br />
für die <strong>Die</strong>nstzeit vor dem 1. Juli<br />
1999 unterliegt <strong>der</strong> alten Regelung. Im<br />
Bereich <strong>der</strong> Staatsbediensteten gibt es<br />
wegen <strong>der</strong> fehlenden Aktivierung <strong>der</strong><br />
Zusatzrentenfonds noch Unklarheiten<br />
bezüglich <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> Abfertigungsbestimmungen.<br />
5.9. Entschädigung bei Tod des<br />
Arbeitnehmers<br />
Bei Tod des Arbeitnehmers haben die<br />
Hinterbliebenen Anrecht auf die Abfertigung<br />
und die Kündigungsfristentschädigung,<br />
so als ob <strong>der</strong> Arbeitnehmer am<br />
Tag des Todes gekündigt worden wäre.<br />
Es gibt immer noch einen Disput darüber,<br />
wer genau die Entschädigung erhalten<br />
muss.<br />
Es kann davon ausgegangen werden,<br />
dass sie dem Ehepartner und den Kin<strong>der</strong>n,<br />
sowie den Verwandten innerhalb<br />
des 3. Grades, sofern diese zu Lasten leben,<br />
zusteht. An<strong>der</strong>nfalls wird die rechtliche<br />
Erbfolge angewandt.<br />
6. Verjährung beim<br />
Arbeitsverhältnis<br />
<strong>Die</strong> längerfristige Nichtausübung eines<br />
Rechts kann zu dessen Verlust führen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer sind lei<strong>der</strong><br />
nicht unverfügbare <strong>Rechte</strong> und können<br />
deshalb auch verjähren, obwohl ihre Unverzichtbarkeit<br />
festgeschrieben ist. Das<br />
Bürgerliche Gesetzbuch sieht mehrere<br />
Verjährungsfristen vor. Wenn keine Verjährungsfrist<br />
ausdrücklich vorgesehen ist,<br />
dann wird die sogenannte ordentliche<br />
Verjährungsfrist von 10 Jahren wirksam.<br />
Unter diese Frist fallen alle jene <strong>Rechte</strong>,<br />
die mit <strong>der</strong> Bezahlung nichts zu tun<br />
haben, mit dem Arbeitsverhältnis aber<br />
in Zusammenhang stehen wie z. B. das<br />
Recht auf Sozialversicherung o<strong>der</strong> auf<br />
Schadenersatz im Zusammenhang mit<br />
<strong>der</strong> Arbeitsleistung. Unter die fünfjährige<br />
Verjährungsfrist fallen die periodischen<br />
Zahlungen und die Abfertigung. <strong>Die</strong> Auszahlung<br />
von Geldsummen für geringere<br />
Zeitspannen als ein Jahr, also die Monatslöhne,<br />
unterliegen <strong>der</strong> 3-jährigen Verjährung.<br />
Erfolgen die Zahlungen für kürzere<br />
Zeitspannen (z. B. Wochenlohn), beträgt<br />
die Verjährungsfrist 1 Jahr.<br />
Wichtig ist festzustellen, ab welchem<br />
Zeitpunkt die Verjährungsfrist einsetzt.<br />
Es kann aufgrund <strong>der</strong> Rechtsprechung<br />
davon ausgegangen werden, dass bei<br />
Arbeitsverhältnissen, die als „stabil“ bezeichnet<br />
werden, also einem bestimmten<br />
Schutz unterliegen, die Verjährungsfrist<br />
ab Fälligkeit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung anläuft. <strong>Die</strong>s<br />
trifft für Betriebe zu, die zum Beispiel das<br />
Arbeitnehmerstatut anwenden bzw. ähnlichen<br />
Schutz wie im öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
gewähren. Laut einer Einschätzung des<br />
Verfassers hat das Gesetz über den Kün-<br />
92
Arbeitsrecht<br />
digungsschutz in den Kleinbetrieben Nr.<br />
108/1990 diesbezüglich keine Än<strong>der</strong>ung<br />
gebracht, da ein effizienter Kündigungsschutz,<br />
wie er zum Beispiel durch das<br />
Arbeiterstatut garantiert ist, nicht festgelegt<br />
wurde. In allen an<strong>der</strong>en Betrieben<br />
läuft die Verjährungsfrist ab dem Datum<br />
<strong>der</strong> Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
(Kassationsgerichtsurteile Nr. 12665 und<br />
9137/1997).Auf jeden Fall kann die Verjährung<br />
mit einem Einschreibebrief mit<br />
Rückantwort gestoppt werden. <strong>Die</strong> Verjährungsfrist<br />
läuft dann ab dem Datum<br />
dieser Willensäußerung an.<br />
7. Verzichte und Vergleiche<br />
Es ist ausgeschlossen, dass Arbeitnehmer<br />
auf <strong>Rechte</strong>, die ihnen Kraft Gesetz und Kollektivvertrag<br />
zustehen, verzichten o<strong>der</strong><br />
Vergleiche über <strong>Rechte</strong> eingehen, die von<br />
zwingendem Gesetzesrecht vorgesehen<br />
sind. Der Art. 2113 BGB stellt fest, dass je<strong>der</strong><br />
Verzicht o<strong>der</strong> Vergleich zwischen Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber nichtig ist.<br />
<strong>Die</strong> Nichtigkeit kann <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
innerhalb von 6 Monaten ab Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses o<strong>der</strong> ab Eingehen<br />
des Verzichts o<strong>der</strong> Vergleichs, wenn<br />
dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
gemacht wird, aussprechen.<br />
Ausgenommen davon sind Verzichte und<br />
Vergleiche, die mit Beistand <strong>der</strong> Gewerkschaft<br />
abgeschlossen wurden.<br />
8. Konkurs des Betriebes<br />
– Vorrang <strong>der</strong> Lohnfor<strong>der</strong>ungen<br />
Das italienische Konkursrecht räumt den<br />
For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitnehmer eine Reihe<br />
von „Privilegien“ gegenüber an<strong>der</strong>en<br />
For<strong>der</strong>ungen ein. Nach <strong>der</strong> Konkurseröffnung<br />
darf auf Sachen, die vom Konkurs<br />
erfasst sind, keine Zwangsvollstreckung<br />
mehr durchgeführt werden. Auf bewegliche<br />
Güter haben die For<strong>der</strong>ungen aus Arbeitstätigkeit<br />
(auch die Versicherungsbeiträge)<br />
ein allgemeines Privileg 2. Grades<br />
(Art. 2751/bis BGB), was bedeutet, dass<br />
diese For<strong>der</strong>ungen gleich nach den For<strong>der</strong>ungen<br />
für Gerichtsspesen zusammen<br />
mit an<strong>der</strong>en privilegierten For<strong>der</strong>ungen<br />
befriedigt werden. Werden sie nicht voll<br />
befriedigt, so beteiligen sie sich mit dem,<br />
was noch geschuldet wird, zusammen<br />
mit den nicht bevorrechtigten Gläubigern<br />
an <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> restlichen<br />
Konkursmasse. Auf unbewegliche Güter<br />
(Immobilien) gibt es kein Vorrecht.<br />
<strong>Die</strong> Zinsen bis zum Tag des Konkurses<br />
fallen noch unter die privilegierten For<strong>der</strong>ungen,<br />
die Zinsen ab Eröffnung des<br />
Konkurses haben kein Privileg. <strong>Die</strong> Abfertigung<br />
ist auf jeden Fall durch den Garantiefonds<br />
des INPS/NISF abgesichert.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Anpassung an eine europäische<br />
Richtlinie garantiert <strong>der</strong> vorhin<br />
genannte Garantiefonds auch die letzten<br />
drei Monatsentlohnungen vor <strong>der</strong> Eröffnung<br />
des Verfahrens zum Konkurs, zum<br />
Zwangsausgleich, zur Zwangsliquidierung<br />
o<strong>der</strong> zur Zwangsverwaltung.<br />
9. Eigentumswechsel Eines<br />
Betriebes<br />
Bei einem Wechsel <strong>der</strong> Eigentumsverhältnisse<br />
des Betriebes muss <strong>der</strong> Verkäufer die<br />
Arbeitsverhältnisse mit seinen Beschäftigten<br />
rechtzeitig aufgelöst haben, ansonsten<br />
gehen die Arbeitsverträge mit allen<br />
93
Arbeitsrecht<br />
Pflichten (<strong>Die</strong>nstalter, Lohnfor<strong>der</strong>ungen<br />
usw.) auf den Käufer über (Art. 2112 BGB).<br />
Somit wird eine Schlechterstellung <strong>der</strong><br />
Beschäftigten verhin<strong>der</strong>t. Bei Betriebskrisen<br />
ist jedoch aufgrund des Gesetzes Nr.<br />
428/1990 eine Nichtanwendung des Art.<br />
2112 des BGB möglich.<br />
10. Kollektivvertragsrecht<br />
10.1. Gesamtstaatlicher<br />
Arbeitskollektivvertrag<br />
(Contratto Collettivo<br />
Nazionale di Lavoro – Ccnl<br />
Was ist ein Kollektivvertrag<br />
Kollektivverträge sind, wie sich aus dem<br />
Namen ergibt, Verträge – also übereinstimmende<br />
Willenserklärungen von<br />
zumindest zwei Partnern des Arbeitsmarktes<br />
(Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter)<br />
- die zur Regelung von<br />
Arbeits- und Lohnbedingungen für eine<br />
größere Anzahl von Arbeitnehmern abgeschlossen<br />
werden. In an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />
werden solche Verträge auch Tarif-,<br />
Flächentarif- o<strong>der</strong> Gesamtverträge<br />
genannt. In Italien ist die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Kollektivverträge sehr groß, da viele<br />
Fragen nicht über Gesetzesnormen<br />
geregelt sind, son<strong>der</strong>n dem freien Spiel<br />
<strong>der</strong> Kräfte, also <strong>der</strong> tariflichen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
überlassen werden. Bei <strong>der</strong><br />
Entstehung dieser Vorschriften sind die<br />
Arbeitnehmer unmittelbar und gleichberechtigt<br />
beteiligt. <strong>Die</strong> Gewerkschaften<br />
lehnen aus diesem Grund auch eine<br />
Verrechtlichung <strong>der</strong> Arbeitsbeziehungen<br />
ab, da die Gesetzgebung und die<br />
Rechtsprechung als neutrale Schlichter<br />
erscheinen und deshalb gewerkschaftliche<br />
For<strong>der</strong>ungen und Verbesserungen<br />
eher verhin<strong>der</strong>n.<br />
Zweck des Kollektivvertrages<br />
Kollektivverträge haben mehrere Funktionen<br />
zu erfüllen. Einmal setzen sie an<br />
die Stelle des unter wirtschaftlichem<br />
Druck stehenden und daher nicht freien<br />
Willens des einzelnen Arbeitnehmers<br />
den stärkeren Verbandswillen. Sie haben<br />
damit eine soziale Schutzfunktion zu<br />
erfüllen. Des Weiteren sind sie ein System<br />
<strong>der</strong> Festlegung von Arbeits- und<br />
Lohnbedingungen im Bereich größerer<br />
Wirtschaftsgruppen; damit tragen sie zur<br />
Vereinheitlichung bei und schaffen auch<br />
wirtschaftlich gleiche Konkurrenzverhältnisse<br />
auf <strong>der</strong> Arbeitgeberseite.<br />
Schließlich haben die Kollektivverträge<br />
noch eine wichtige Ordnungsfunktion,<br />
weil durch sie viele Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
auf Betriebsebene vermieden werden.<br />
Verhältnis zu an<strong>der</strong>en Rechtsquellen<br />
Für das Verhältnis zwischen Kollektivvertrag<br />
und Gesetz ist die Rechtsnatur<br />
<strong>der</strong> gesetzlichen Normen maßgebend:<br />
Von absolut zwingendem Gesetzesrecht<br />
darf <strong>der</strong> Kollektivvertrag bei sonstiger<br />
Nichtigkeit überhaupt nicht, von relativ<br />
zwingendem Gesetzesrecht nur zugunsten<br />
des Arbeitnehmers und von dispositiven<br />
Gesetzesrecht in je<strong>der</strong> Richtung<br />
abweichen. Im Verhältnis gleichrangiger<br />
Rechtsquellen gilt <strong>der</strong> Grundsatz, dass<br />
ein späterer Kollektivvertrag einen früheren<br />
ablöst, gleichgültig, ob er für den<br />
Arbeitnehmer günstiger ist o<strong>der</strong> nicht (so<br />
genanntes Ordnungsprinzip); es sei denn,<br />
dass <strong>der</strong> spätere Kollektivvertrag günstigere<br />
Regelungen des von ihm abgelösten<br />
94
Arbeitsrecht<br />
früheren Kollektivvertrages ausdrücklich<br />
weiterhin in Geltung lässt. Im Verhältnis<br />
des Kollektivvertrages zum Betriebsabkommen<br />
und zum Einzelarbeitsvertrag<br />
gilt – außer wenn <strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
abweichende Vereinbarungen im Einzelfall<br />
ausschließt – das Günstigkeitsprinzip.<br />
Betriebsabkommen und Einzelvereinbarungen<br />
zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber<br />
können kollektivvertragliche<br />
Mindestansprüche <strong>der</strong> Arbeitnehmer nur<br />
erweitern und verbessern, nicht aber aufheben<br />
o<strong>der</strong> einschränken. Darin kommt<br />
die Unabdingbarkeit <strong>der</strong> Kollektivvertragsbestimmungen<br />
und <strong>der</strong>en Charakter<br />
als Mindestbedingungen zugunsten<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer zum Ausdruck. <strong>Die</strong>se<br />
Mindestbedingungen dürfen auch mit<br />
Zustimmung des Arbeitnehmers nicht<br />
unterschritten werden; ein Verzicht auf<br />
kollektivvertragliche Mindestansprüche<br />
ist – sowohl beim Abschluss des Arbeitsvertrages<br />
als auch während <strong>der</strong> ganzen<br />
Dauer des Arbeitsverhältnisses – unwirksam.<br />
Solche Ansprüche bleiben trotz des<br />
allfälliges Verzichts weiterhin einklagbar.<br />
Sie können erst nach erfolgter Auflösung<br />
des Arbeitsverhältnisses infolge Verzichtserklärung<br />
rechtsgültig erlöschen.<br />
Ob eine Son<strong>der</strong>vereinbarung gegenüber<br />
dem Kollektivvertrag eine günstigere Regelung<br />
darstellt, ist mit einem Günstigkeitsvergleich<br />
zu beurteilen. Dabei können<br />
nicht einzelne Bestimmungen isoliert<br />
betrachtet, son<strong>der</strong>n nur sachlich und<br />
rechtlich zusammenhängende Bestimmungen<br />
miteinan<strong>der</strong> verglichen werden.<br />
Rechtswirkungen des Kollektivvertrages<br />
Seitdem das faschistische Arbeitsrecht<br />
durch ein Gesetz (Nr. 369 vom 23.11.1944)<br />
beseitigt wurde, ist bis heute keine umfassende<br />
gesetzliche Neuregelung des<br />
kollektiven Arbeitsrechts erfolgt. <strong>Die</strong><br />
Verfassung (Art. 39) sieht vor, dass die gesetzlich<br />
eingetragenen Gewerkschaften<br />
Kollektivverträge aushandeln können, die<br />
für alle Arbeitsverhältnisse und Betriebe,<br />
die in <strong>der</strong>en Geltungsbereich fallen, allgemein<br />
verbindlich sind (Ausdehnung erga<br />
omnes), ohne Rücksicht auf ihre Organisationszugehörigkeit.<br />
<strong>Die</strong>ser Verfassungsartikel<br />
ist aber bis heute noch nicht durchgeführt<br />
worden.<br />
Somit ergibt sich folgende Situation:<br />
|- Der Arbeitgeber, <strong>der</strong> <strong>der</strong> kollektivvertragsschließenden<br />
Organisation angehört,<br />
ist gegenüber den Mitglie<strong>der</strong>n<br />
<strong>der</strong> vertragsschließenden Arbeitnehmerorganisation<br />
zur Anwendung des<br />
Kollektivvertrages unmittelbar verpflichtet;<br />
diese Verpflichtung ist durch<br />
die Rechtsprechung auch auf die unorganisierten<br />
Arbeitnehmer ausgedehnt<br />
worden. Zwischen den Angehörigen<br />
<strong>der</strong> vertragsschließenden Parteien hat<br />
<strong>der</strong> Kollektivvertrag Gesetzeskraft (Art.<br />
1372 BGB).<br />
|- Der Arbeitgeber ohne Bindung kann<br />
grundsätzlich mit den Arbeitnehmern<br />
„freie“ Einzelarbeitsverträge abschließen,<br />
jedoch kann je<strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
das Arbeitsgericht zur Festsetzung<br />
einer angemessenen Entlohnung (Behandlung)<br />
anrufen, was in <strong>der</strong> Regel<br />
dazu führt, dass <strong>der</strong> Kollektivvertrag als<br />
Mindestnorm auch vom betreffenden<br />
Arbeitgeber eingehalten werden muss.<br />
Kollektivvertragliche Mindestlöhne<br />
und Prinzip <strong>der</strong> angemessenen<br />
Entlohnung<br />
Das Problem <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> kollektivvertraglichen<br />
Mindestlöhne ist<br />
95
Arbeitsrecht<br />
sehr vielschichtig. <strong>Die</strong> Arbeitgeber, die<br />
<strong>der</strong> vertragsschließenden Arbeitgeberorganisation<br />
angehören (Kollektivvertragsangehörigkeit)<br />
haben den Vertrag<br />
und damit auch die Mindestlöhne einzuhalten.<br />
Nicht so unmittelbar gilt das<br />
für Betriebe, die nicht ihrer Arbeitgeberorganisation<br />
angehören. Hier tritt <strong>der</strong><br />
Art. 36 <strong>der</strong> ital. Verfassung in Kraft, <strong>der</strong><br />
besagt, dass <strong>der</strong> Arbeitnehmer jedenfalls<br />
Anspruch auf eine angemessene<br />
Entlohnung hat, um sich und seiner Familie<br />
eine freie und würdige Existenz zu<br />
gewährleisten. Gesetzliche Regelungen<br />
und die Rechtsprechung sehen aber vor,<br />
dass sich <strong>der</strong> Arbeitnehmer bei einem<br />
geringeren Lohn an das Arbeitsgericht<br />
wenden kann, um die Anpassung seines<br />
Lohnes an den kollektivvertraglichen<br />
Mindestlohn zu erzwingen, im Sinne <strong>der</strong><br />
von <strong>der</strong> Verfassung garantierten angemessenen<br />
Entlohnung. Der Kassationsgerichtshof<br />
hat wie<strong>der</strong>holt bekräftigt,<br />
dass unter angemessener Entlohnung<br />
neben dem kollektivvertraglichen Mindestlohn<br />
auch die Kontingenzzulage<br />
und alle an<strong>der</strong>en von Gesetzen vorgesehenen<br />
Lohnbestandteile (Abfertigung,<br />
Urlaub, Krankengeld usw.) sowie solche,<br />
die eine breite Anwendung finden<br />
(13. Monatslohn), zu verstehen sind.<br />
Weiters wird darauf hingewiesen, dass<br />
verschiedene Gesetze die Arbeitgeber<br />
verpflichten - und damit sind vor allem<br />
die Betriebe ohne Kollektivvertragszugehörigkeit<br />
angesprochen - gegenüber<br />
ihren Beschäftigten die Kollektivverträge<br />
einzuhalten. Als Beispiel dazu können<br />
die För<strong>der</strong>ungsgesetze des Landes und<br />
die Gesetze über die Sozialversicherung<br />
(Mindestbeiträge aufgrund <strong>der</strong> Mindestlöhne)<br />
genannt werden. Auch das Arbeiterstatut<br />
zwingt die öffentlichen Verwaltungen,<br />
bei Aufträgen die Einhaltung<br />
des Kollektivvertrages von Seiten des<br />
Auftragnehmers zu verlangen.<br />
Tipp<br />
Erkundigen Sie sich vor Abschluss<br />
des individuellen Arbeitsvertrages,<br />
welcher Kollektivvertrag<br />
zur Anwendung kommt. Falls Sie nicht<br />
wissen, welcher Kollektivvertrag für Sie zur<br />
Anwendung kommt, erhalten Sie Auskunft<br />
bei den Gewerkschaften. Nachdem die<br />
Kollektivverträge oft nicht so leicht erhältlich<br />
sind (ev. auch in Buchhandlungen), ein<br />
abschließen<strong>der</strong> Tipp: Im Internet finden<br />
Sie über die Homepage www.cnel.it alle in<br />
Italien gültigen Kollektivverträge.<br />
10.2. Betriebsabkommen o<strong>der</strong><br />
überbetriebliche Abkommen<br />
<strong>Die</strong> betrieblichen Vereinbarungen mit<br />
normativer Wirkung spielen eine immer<br />
wichtigere Rolle. Es fehlt eine umfassende<br />
Aufarbeitung. <strong>Die</strong> Rechtsprechung geht<br />
davon aus, dass die Betriebsabkommen<br />
dem kollektiven Arbeitsrecht zuzuzählen<br />
sind und nicht eine Gemeinschaftsregelung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsverhältnisse <strong>der</strong> einzelnen<br />
Arbeitnehmer darstellen. Nachdem<br />
dem Betriebsabkommen also zuerkannt<br />
wird, dass es sich um einen „Kollektivvertrag<br />
auf Betriebsebene“ handelt, ist<br />
96
Arbeitsrecht<br />
es auch wichtig, wer einen solchen abschließen<br />
darf. <strong>Die</strong>se Rolle fällt den Betriebsgewerkschaftsvertretungen<br />
bzw.<br />
einheitlichen Gewerkschaftsvertretungen<br />
(EGV) zu, welche bei uns oft als Betriebsrat<br />
bezeichnet werden, allerdings nicht über<br />
dieselben Mitbestimmungsrechte verfügen<br />
wie die Betriebsräte in Österreich<br />
o<strong>der</strong> in Deutschland. In Italien stehen den<br />
EGV im wesentlichen Informations- und<br />
Anhörungsrechte zu, sie üben jedoch<br />
keinen direkten Einfluss auf betriebliche<br />
Entscheidung aus. Weiß man wie die betrieblichen<br />
Gewerkschaftsvertretungen<br />
zustande kommen (siehe dazu eigenes<br />
Kapitel), so ist die Absicht des Gesetzgebers<br />
klar erkennbar, das Entstehen von<br />
reinen Betriebsgewerkschaften zu erschweren<br />
(was aber aufgrund des Art. 39<br />
<strong>der</strong> Verfassung und Art. 14 des Arbeiterstatuts<br />
nicht ausgeschlossen ist).<br />
<strong>Die</strong> Betriebsabkommen sind als spezifische<br />
Rechtsquelle des Arbeitsrechts mit<br />
dem allgemeinen Abkommen (accordo<br />
interconfe<strong>der</strong>ale) vom 23/07/1993 geregelt.<br />
<strong>Die</strong> Betriebsabkommen o<strong>der</strong> überbetrieblichen<br />
Abkommen gelten demnach<br />
4 Jahre. Sie bieten die Möglichkeit,<br />
die Arbeitnehmer am Betriebsergebnis zu<br />
beteiligen. <strong>Die</strong> Verhandlungen müssen<br />
folgenden Elementen Rechnung tragen:<br />
Bilanzsituation, Marktlage, Produktivität<br />
und Qualität. Eine steuerliche För<strong>der</strong>ung<br />
von Beteiligungsmodellen ist mit einer<br />
geson<strong>der</strong>ten Gesetzesregelung vorgesehen.<br />
Ein Problem stellt nach wie vor die<br />
Ungewissheit dar, ob das Betriebsabkommen<br />
auch für die Nichtgewerkschaftsmitglie<strong>der</strong><br />
des Betriebes bindend ist. Es gibt<br />
diesbezüglich 2 gegensätzliche Orientierungen:<br />
das Betriebsabkommen mit<br />
Besserstellungen gilt für alle Betriebsbeschäftigten<br />
(Urteil Kassationsgerichtshof<br />
Nr. 1438/1993) o<strong>der</strong> es gilt nicht für die<br />
Nichtmitglie<strong>der</strong> und die Gegner (Urteil<br />
Kassationsgerichtshof Nr. 4802/1993).<br />
10.3. Betriebsordnung<br />
<strong>Die</strong> Betriebsordnung kann nicht als arbeitsrechtliche<br />
Regelung angesehen<br />
werden, da sie einseitig vom Arbeitgeber<br />
aufgestellte Regeln enthält. Wird sie<br />
jedoch vom Arbeitnehmer ausdrücklich<br />
gebilligt, so gründet sie ein Vertragsverhältnis<br />
privatrechtlicher Natur.<br />
11. Gewerkschaftsrecht<br />
11.1. Arbeiterstatut gesetz<br />
nr. 300 vom 20.5.1970<br />
(Normen über den Schutz von Freiheit<br />
und Würde <strong>der</strong> Arbeitnehmer, <strong>der</strong> Koalitionsfreiheit<br />
und <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />
Betätigung am Arbeitsplatz und Normen<br />
über die Arbeitsvermittlung) <strong>Die</strong> große<br />
Bedeutung dieses Gesetzes erfor<strong>der</strong>t<br />
eine etwas gründlichere Auseinan<strong>der</strong>setzung.<br />
Teil 1<br />
Freiheit und Würde des<br />
Arbeitnehmers<br />
Im Art. 1 wird die in <strong>der</strong> Verfassung verankerte<br />
Meinungsfreiheit auf die Arbeitsstätten<br />
ausgedehnt.<br />
Der Art. 2 befasst sich mit dem vereidigten<br />
Werkschutz. Es geht darum, dass<br />
<strong>der</strong> Werkschutz nicht zur Kontrolle <strong>der</strong><br />
Arbeitenden, son<strong>der</strong>n zum Schutz des<br />
Betriebseigentums verwendet wird. So<br />
darf <strong>der</strong> Werkschutz nicht die Produktionsstätten<br />
betreten, wenn diese in Funktion<br />
sind.<br />
97
Arbeitsrecht<br />
<strong>Die</strong> zuständigen Personen und die Aufgaben<br />
des Wachpersonals im Zusammenhang<br />
mit den Arbeitstätigkeiten<br />
müssen den betroffenen Arbeitnehmern<br />
laut Art. 3 mitgeteilt werden. Kontrollen<br />
durch nicht identifizierbares Personal<br />
und solche außerhalb <strong>der</strong> Arbeit werden<br />
als Eingriff in die Würde und Privatsphäre<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer gewertet und sind daher<br />
verboten. Das Verwenden audiovisueller<br />
Anlagen und an<strong>der</strong>er Einrichtungen<br />
zur Überwachung <strong>der</strong> Arbeitstätigkeit<br />
aus <strong>der</strong> Ferne ist verboten (Art. 4), außer<br />
sie sind unbedingt notwendig. In diesem<br />
Falle bedürfen sie <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong><br />
Belegschaftsvertretung o<strong>der</strong> bei Nichtzustandekommen<br />
einer Einigung des Arbeitsinspektorates.<br />
Ergeben sich daraus<br />
trotzdem Daten über die Leistungen <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer, so dürfen diese nicht verwendet<br />
werden.<br />
Der Art. 5 verbietet Untersuchungen<br />
von Seiten des Arbeitgebers über die<br />
Tauglichkeit sowie die krankheits- o<strong>der</strong><br />
unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit des<br />
Arbeitnehmers. <strong>Die</strong> Kontrollvisiten bei<br />
Krankheit werden von den Ärzten <strong>der</strong><br />
Sanitätseinheiten o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sozialversicherungsinstitute<br />
vorgenommen. In<br />
Südtirol muss sich <strong>der</strong> kranke Arbeitnehmer<br />
in <strong>der</strong> Zeit von 10 bis 12 und von 17<br />
bis 19 Uhr für eventuelle Kontrollvisiten<br />
zu Hause bereithalten. Der Arbeitgeber<br />
kann die körperliche Eignung zur Arbeit<br />
durch öffentlich-rechtliche Körperschaften<br />
überprüfen lassen.<br />
Der Verlust <strong>der</strong> Eignung für die vereinbarte<br />
Arbeit ist ein Entlassungsgrund.<br />
Leibesvisitationen sind grundsätzlich<br />
verboten (Art. 6), außer sie dienen dem<br />
Schutz des Betriebseigentums. In diesem<br />
Fall sind sie am Ausgang des Betriebsgeländes<br />
vorzunehmen und müssen mit<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaftsvertretung vereinbart<br />
werden o<strong>der</strong> in Ermangelung einer solchen<br />
schreitet das Arbeitsinspektorat<br />
ein.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmer haben laut Art. 7 das<br />
Recht, über die Disziplinarstrafen, die<br />
angewendet werden, durch Aushang an<br />
zugänglicher Stelle informiert zu werden.<br />
Wird dies nicht berücksichtigt, so<br />
ist jede Disziplinarmaßnahme ungültig,<br />
denn mit dem Aushang teilt <strong>der</strong> Unternehmer<br />
seine Absicht mit, inwieweit er<br />
von Disziplinarmaßnahmen überhaupt<br />
Gebrauch machen will.<br />
Weiters kann <strong>der</strong> Arbeitgeber keine Disziplinarmaßnahme<br />
verhängen, ohne<br />
vorher dem Arbeitnehmer den Verstoß<br />
vorgehalten und ihn zu seiner Verteidigung<br />
gehört zu haben.<br />
Der Arbeitnehmer kann als Beistand einen<br />
Vertreter <strong>der</strong> Gewerkschaft zuziehen.<br />
Unbeschadet <strong>der</strong> Bestimmungen<br />
des Gesetzes Nr. 604 vom 15.7.1966 dürfen<br />
keine Disziplinarmaßnahmen verhängt<br />
werden, die endgültige Än<strong>der</strong>ungen<br />
des Arbeitsverhältnisses zur Folge<br />
haben; die Geldstrafe darf nicht mehr als<br />
<strong>der</strong> Grundlohn für 4 Stunden betragen<br />
und die Suspendierung von <strong>Die</strong>nst und<br />
Entgelt nicht mehr als für 10 Tage ausgesprochen<br />
werden.<br />
<strong>Die</strong> Disziplinarmaßnahmen dürfen frühestens<br />
5 Tage nach <strong>der</strong> schriftlichen Vorhaltung<br />
verhängt werden. Innerhalb von<br />
20 Tagen kann <strong>der</strong> Arbeitnehmer auch<br />
mittels <strong>der</strong> Gewerkschaftsvereinigung,<br />
<strong>der</strong> er angehört, die Bildung einer Einigungs-<br />
und Schlichtungsstelle beim Arbeitsamt<br />
veranlassen. <strong>Die</strong> Vollstreckung<br />
wird bis zum Spruch des Kollegiums ausgesetzt.<br />
Jede Disziplinarmaßnahme ist<br />
98
Arbeitsrecht<br />
nach 2 Jahren verjährt. Dem Arbeitgeber<br />
ist es untersagt, Nachforschungen über<br />
die politischen, religiösen o<strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />
Anschauungen des Arbeitnehmers<br />
anzustellen (Art. 8). Gegen diesen<br />
Gesetzesartikel verstößt auch jener<br />
Arbeitgeber, <strong>der</strong> bei Anstellungen den<br />
Bewerbern einen Fragebogen mit Angaben<br />
über persönliche Einstellungen und<br />
Vorlieben vorlegt. Auch die Frage nach<br />
den Hobbys fällt darunter, da sie für eine<br />
Bewertung <strong>der</strong> beruflichen Fähigkeiten<br />
keine Aussagekraft besitzt.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmer können über ihre Vertretungen<br />
die Anwendung <strong>der</strong> Vorschriften<br />
über die Verhütung von Unfällen<br />
und Berufskrankheiten überwachen und<br />
geeignete Gegenmaßnahmen erarbeiten<br />
(Art. 9). Lei<strong>der</strong> wird von dieser Möglichkeit<br />
viel zu wenig Gebrauch gemacht.<br />
Das Recht auf Studium <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
sieht <strong>der</strong> Art. 10 vor. <strong>Die</strong>ses Recht gilt neben<br />
über die Pflicht- und Oberschulen<br />
hinaus auch für die Universitäten und für<br />
bestimmte Arten von Berufsausbildung.<br />
Dabei wird unter an<strong>der</strong>em das Recht eingeräumt,<br />
für die Prüfungstage bezahlte<br />
freie Tage zu erhalten. Weiters räumen<br />
die Kollektivverträge auch bezahlte und<br />
unbezahlte Freistellungen für die Vorbereitung<br />
ein (150 Stunden).<br />
Der Art. 11 sieht vor, dass betriebliche<br />
Bildungs-, Erholungs- und Sozialeinrichtungen<br />
durch mehrheitlich von Arbeitnehmern<br />
besetzte Gremien verwaltet<br />
werden. Auch die Mensen fallen darunter.<br />
Mit dem Art. 12 wird den Patronaten<br />
<strong>der</strong> Zugang zu den Betrieben erleichtert.<br />
Der Art. 13 än<strong>der</strong>t den Art. 2103<br />
des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)<br />
ab. Es geht dabei um die Aufgaben des<br />
Arbeitnehmers; dieser muss für jene Arbeitsaufgaben<br />
verwendet werden, für<br />
die er eingestellt worden ist, o<strong>der</strong> für Arbeitsaufgaben,<br />
die <strong>der</strong> höheren Kategorie<br />
entsprechen, die er im Laufe <strong>der</strong> Zeit<br />
erreicht. Eine wirtschaftliche Zurückstufung<br />
ist nicht zulässig. Wird ihm ein höherwertiger<br />
Arbeitsbereich zugewiesen,<br />
so wird seine höhere Einstufung nach<br />
spätestens 3 Monaten fällig. Damit eine<br />
Versetzung des Arbeitnehmers rechtmäßig<br />
ist, muss <strong>der</strong> Arbeitgeber nicht nur<br />
nachweisen, dass es technische, organisatorische<br />
und produktionsbedingte<br />
Gründe dafür gibt, son<strong>der</strong>n auch, dass<br />
die Arbeitsaufgaben am neuen Arbeitsplatz<br />
gleichwertig sind.<br />
<strong>Die</strong>ser Artikel gilt auch für die leitenden<br />
Angestellten.<br />
Teil 2<br />
Von <strong>der</strong> Koalitionsfreiheit<br />
Das Recht, am Arbeitsplatz gewerkschaftliche<br />
Vereinigungen zu bilden, ihnen beizutreten<br />
und gewerkschaftlich tätig zu<br />
sein, ist allen Arbeitnehmern gewährleistet<br />
(Art. 14). <strong>Die</strong>ser Artikel findet an jedem<br />
Arbeitsplatz Anwendung und nimmt keine<br />
Rücksicht auf den Art. 35. Auch <strong>der</strong> öffentliche<br />
<strong>Die</strong>nst ist davon betroffen.<br />
<strong>Die</strong> Art. 15 und 16 befassen sich mit diskriminierenden<br />
Maßnahmen. Demnach sind<br />
alle Abreden o<strong>der</strong> Maßnahmen nichtig,<br />
die darauf gerichtet sind:<br />
a) die Einstellung eines Arbeitnehmers<br />
von <strong>der</strong> Bedingung abhängig zu machen,<br />
dass er einer Gewerkschaft beitritt,<br />
nicht beitritt o<strong>der</strong> aus einer Gewerkschaft<br />
austritt;<br />
b) einen Arbeitnehmer wegen seiner<br />
Gewerkschaftszugehörigkeit o<strong>der</strong><br />
Streikteilnahme zu entlassen o<strong>der</strong> ihn<br />
zu diskriminieren, auch was seine politi-<br />
99
Arbeitsrecht<br />
schen und religiösen Ideen, seine Rasse,<br />
Sprache o<strong>der</strong> Geschlecht betrifft.<br />
Umgekehrt ist auch eine wirtschaftliche<br />
Bevorteilung mit diskriminierendem<br />
Charakter verboten.<br />
Der Art. 15 gilt auch für Streikbrecher, die<br />
von außen geholt werden. <strong>Die</strong>se werden<br />
diskriminiert. Gegen diskriminierendes<br />
Verhalten kann auch die Gewerkschaft<br />
nach dem Verfahren laut Art. 28 klagen.<br />
Das im Art. 17 ausgesprochene Verbot<br />
von unternehmerabhängigen Arbeitnehmergewerkschaften<br />
findet nicht nur<br />
auf Unterstützungen <strong>der</strong> Verbandsstrukturen<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaften Anwendung,<br />
son<strong>der</strong>n auch was die Unterstützung<br />
und den Unterhalt von je<strong>der</strong> Form von<br />
„Betriebsgewerkschaften“ o<strong>der</strong> vom Arbeitgeber<br />
abhängigen Arbeitnehmervertretungen<br />
betrifft.<br />
Der Art. 18 befasst sich mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einstellung<br />
bei ungerechtfertigter Entlassung.<br />
Ein Gesamtbild <strong>der</strong> Regelungen<br />
über individuelle und kollektive Entlassungen<br />
finden Sie im diesbezüglichen<br />
Kapitel. Unbeschadet <strong>der</strong> Möglichkeit,<br />
das Verfahren laut Art. 7 des Gesetzes<br />
Nr. 604 vom 15.7.1966 durchzuführen,<br />
ordnet <strong>der</strong> Richter, <strong>der</strong> die Entlassung für<br />
unwirksam erklärt hat, dem Arbeitgeber,<br />
<strong>der</strong> im jeweiligen Betriebssitz, in <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lassung<br />
o<strong>der</strong> autonomen Abteilung<br />
mehr als 15 Beschäftigte aufweist (in<br />
<strong>der</strong> Landwirtschaft bei mehr als 5), die<br />
Wie<strong>der</strong>einstellung an. <strong>Die</strong>s betrifft auch<br />
Betriebe mit mehr als 15 Beschäftigten<br />
im selben Gemeindegebiet (5 bei landwirtschaftlichen<br />
Betrieben) und jene,<br />
die insgesamt mehr als 60 Beschäftigte<br />
aufweisen. Der Richter verurteilt den Arbeitgeber<br />
auch zu einer Schadenersatzleistung<br />
an den Arbeitnehmer ab dem<br />
ersten Entlassungstag bis zur Wie<strong>der</strong>einstellung<br />
und zur Zahlung <strong>der</strong> diesbezüglichen<br />
Sozialbeiträge. Der Schadenersatz<br />
darf jedenfalls nicht unter 5 Monatslöhnen<br />
liegen. Der Arbeitnehmer kann die<br />
Wie<strong>der</strong>einstellung ablehnen und hat in<br />
diesem Falle Anspruch auf eine Schadenersatzleistung<br />
von 15 Monatslöhnen.<br />
Teil 3<br />
Von <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />
Betätigung im Betrieb<br />
In je<strong>der</strong> Produktionseinheit mit mindestens<br />
16 Beschäftigten kann eine betriebliche<br />
Gewerkschaftsvertretung gebildet<br />
werden (Art. 19). <strong>Die</strong>se kann aber nur im<br />
Rahmen von Gewerkschaftsorganisationen<br />
errichtet werden, die Kollektivverträge<br />
für die betreffenden Produktionseinheiten<br />
unterzeichnet haben.<br />
<strong>Die</strong> betriebliche Gewerkschaftsvertretung<br />
kann mit Einverständnis <strong>der</strong> betreffenden<br />
Gewerkschaften auch zu<br />
einem einheitlichen Vertretungsorgan<br />
zusammengelegt werden. Mit den Betrieben<br />
kann auch eine Erweiterung<br />
<strong>der</strong> Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
vereinbart werden, erst in diesem Falle<br />
kann man dann vom Betriebsrat sprechen.<br />
Einige Kollektivverträge sehen den<br />
Betriebsrat allerdings schon vor. Am 1.<br />
Dezember 1993 wurde auf nationaler<br />
Ebene ein diesbezügliches Abkommen<br />
abgeschlossen (siehe Einheitliche Gewerkschaftsvertretung).<br />
Was die Anzahl <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> betriebliche<br />
Gewerkschaftsvertretung betrifft,<br />
so wird auf den folgenden Art. 35<br />
verwiesen. Der Artikel 19 des Arbeiterstatuts<br />
über die Errichtung <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Gewerkschaftsvertretungen ist<br />
sehr umstritten. Es wurde eine Volksab-<br />
100
Arbeitsrecht<br />
stimmung darüber abgehalten, die diesen<br />
Artikel in einigen wichtigen Teilen<br />
abgeän<strong>der</strong>t hat. Ein weiteres, wichtiges<br />
Recht für die Arbeitnehmer wird im Art.<br />
20 behandelt. Demnach haben die Arbeitnehmer<br />
das Recht, sich am Arbeitsplatz<br />
außerhalb <strong>der</strong> Arbeitszeit und auch<br />
während <strong>der</strong> Arbeitszeit bis zu 10 Stunden<br />
pro Jahr zu versammeln. <strong>Die</strong>se Stunden<br />
werden bezahlt.<br />
<strong>Die</strong> Versammlungen werden von <strong>der</strong><br />
Betriebsgewerkschaftsvertretung einberufen.<br />
<strong>Die</strong>ses Recht haben einige<br />
Kollektivverträge auch auf die örtlichen<br />
Vertretungen <strong>der</strong> Gewerkschaften ausgedehnt.<br />
Gegenstand <strong>der</strong> Tagesordnung<br />
können Angelegenheiten gewerkschaftlichen<br />
Interesses o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeit sein.<br />
An den Versammlungen können auch<br />
außenstehende Gewerkschafter teilnehmen.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitgeber dürfen an diesen<br />
Versammlungen nicht teilnehmen.<br />
Das Instrument zur Abhaltung von Referenden<br />
(so wie jenes <strong>der</strong> Versammlung)<br />
unter den Arbeitnehmern über Themen<br />
von gewerkschaftlichem Interesse o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Arbeit, so wie im Art. 21 vorgesehen,<br />
gehört zu den wohlgehüteten <strong>Rechte</strong>n<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmerorganisationen. An<strong>der</strong>s<br />
als bei den Versammlungen, können<br />
die Referenden aber nur von allen<br />
Betriebsgewerkschaftsvertretungen gemeinsam<br />
einberufen werden.<br />
Der Schutz <strong>der</strong> Funktionäre <strong>der</strong> betrieblichen<br />
Gewerkschaftsvertretungen und<br />
<strong>der</strong> Betriebsräte vor willkürlichen Versetzungen<br />
wird im Art. 22 geregelt. Bei<br />
Verstoß gegen diese Regelung kann die<br />
Gewerkschaft das Verfahren zur Vereitelung<br />
gewerkschaftsfeindlichen Verhaltens<br />
laut Art. 28 einleiten.<br />
Bezahlte Freistellungen für die Betriebsgewerkschaftsvertreter<br />
werden in Art. 23<br />
behandelt. Unbeschadet günstigerer Kollektivvertragsbestimmungen<br />
haben Anspruch<br />
auf eine bezahlte Freistellung:<br />
a) ein Funktionär für jede Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
in Betrieben<br />
mit bis zu 200 Beschäftigten;<br />
b) ein Funktionär je 300 o<strong>der</strong> Teilen von<br />
300 Beschäftigten für jede Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
in Betrieben<br />
mit bis zu 3000 Beschäftigten;<br />
c) ein Funktionär je 500 o<strong>der</strong> Teilen von<br />
500 Beschäftigten für jede Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
in Betrieben<br />
die größer sind.<br />
<strong>Die</strong> bezahlten Freistellungen dürfen in<br />
Betrieben laut Buchstabe a) nicht unter<br />
einer Stunde je Beschäftigten pro Jahr<br />
liegen, in den Betrieben laut Buchstaben<br />
b) und c) nicht unter 8 Stunden monatlich.<br />
Der Artikel 24 sieht zusätzlich vor,<br />
dass mindestens 8 unbezahlte Tage jährlich<br />
zur Teilnahme an Verhandlungen<br />
und Kongressen für die Betriebsgewerkschaftsvertreter<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Im Art. 25 ist das Anschlagsrecht von<br />
Veröffentlichungen und Mitteilungen<br />
<strong>der</strong> Betriebsgewerkschaftsvertretungen<br />
vorgesehen. <strong>Die</strong> Anschlagtafel wird auch<br />
„schwarzes Brett“ genannt. Im Art. 26 war<br />
verankert, dass die Arbeitnehmer am Arbeitsplatz<br />
für ihre gewerkschaftlichen<br />
Organisationen werben und Beiträge<br />
sammeln können. <strong>Die</strong>ser Artikel wurde<br />
bei <strong>der</strong> Volksabstimmung vom 11. <strong>Juni</strong><br />
1995 abgeschafft. In Betrieben mit mehr<br />
als 200 Beschäftigten muss ein ständiger<br />
Raum für die Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
zur Verfügung stehen (Art. 27). In<br />
kleineren Betrieben muss ein geeigneter<br />
Raum auf Antrag zur Verfügung gestellt<br />
werden.<br />
101
Arbeitsrecht<br />
Teil 4<br />
Allgemeine und verschiedene<br />
Bestimmungen<br />
Verhin<strong>der</strong>ung gewerkschaftsfeindlichen<br />
Verhaltens (Art. 28)<br />
Wenn <strong>der</strong> Arbeitgeber Handlungen<br />
setzt, die die Ausübung <strong>der</strong> Koalitionsfreiheit,<br />
<strong>der</strong> gewerkschaftlichen Betätigung<br />
sowie des Streikrechtes verhin<strong>der</strong>n<br />
o<strong>der</strong> einschränken, ordnet <strong>der</strong> Bezirksrichter<br />
(Arbeitsrichter) über Einspruch<br />
einer örtlichen, gesamtstaatlichen Gewerkschaftsorganisation<br />
(in Südtirol<br />
Gleichstellung des ASGB), eine sofortige<br />
Unterlassung <strong>der</strong> gewerkschaftsfeindlichen<br />
Handlungen an. <strong>Die</strong>s betrifft nicht<br />
nur Verstöße gegen Gesetzesnormen,<br />
son<strong>der</strong>n auch Verstöße gegen kollektivvertragliche<br />
Gewerkschaftsrechte.<br />
Um das Eilverfahren laut vorliegendem<br />
Artikel in Gang zu setzen, müssen das<br />
gewerkschaftsfeindliche Verhalten bzw.<br />
dessen Auswirkungen noch im Gange<br />
sein.<br />
Mit dem Art. 29 ist die Bildung einheitlicher<br />
Betriebsgewerkschaftsvertretungen<br />
geregelt. <strong>Die</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> provinzialen<br />
und nationalen leitenden Organe<br />
(wie z. B. Vorstände) <strong>der</strong> Gewerkschaftsvereinigungen<br />
im Sinne von Art. 19 haben<br />
Anspruch auf bezahlte Freistellung<br />
zur Teilnahme an <strong>der</strong>en Versammlungen<br />
(Art. 30). <strong>Die</strong> Kollektivverträge legen die<br />
Regeln fest.<br />
Den Wartestand <strong>der</strong> zu öffentlichen<br />
Wahlämtern o<strong>der</strong> zu Gewerkschaftsämtern<br />
berufenen Arbeitnehmern regelt<br />
Art. 31. <strong>Die</strong> Arbeitnehmer, die zu Mitglie<strong>der</strong>n<br />
des Parlaments o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Regionalparlamente<br />
gewählt o<strong>der</strong> zur Bekleidung<br />
an<strong>der</strong>er öffentlicher Wahlämter berufen<br />
worden sind, können auf Antrag für die<br />
gesamte Dauer ihres Amtes in den unbezahlten<br />
Wartestand versetzt werden.<br />
Gleiches gilt auch für Gewerkschaftsämter<br />
auf Landes- o<strong>der</strong> gesamtstaatlicher<br />
Ebene. Jene Arbeitnehmer, die zu<br />
Mitglie<strong>der</strong>n des Gemein<strong>der</strong>ates o<strong>der</strong><br />
Landtages gewählt worden sind und<br />
nicht Anspruch auf Versetzung in den<br />
Wartestand erheben, sind berechtigt,<br />
für die unbedingt notwendige Zeit ohne<br />
jede Min<strong>der</strong>ung des Arbeitsentgelts den<br />
<strong>Die</strong>nst zu verlassen. Bürgermeister, Gemeindeassessoren,<br />
Landeshauptmann<br />
o<strong>der</strong> Landesräte haben darüber hinaus<br />
Anspruch auf unbezahlte Freistellung für<br />
mindestens 30 Stunden monatlich.<br />
Teil 5<br />
Arbeitsvermittlung<br />
Mittlerweile hat eine Reihe von Gesetzesneuregelungen<br />
die Arbeitsvermittlung<br />
grundlegend verän<strong>der</strong>t. Im betreffenden<br />
Kapitel wird dazu informiert.<br />
Teil 6<br />
Schluss- und Strafbestimmungen<br />
Der Anwendungsbereich (Art. 35) des<br />
3. Teiles (gewerkschaftliche Betätigung)<br />
erstreckt sich nur auf Industrie- und Handelsbetriebe<br />
mit mehr als 15 Beschäftigten<br />
(landwirtschaftliche Betriebe mit<br />
mehr als 5 Beschäftigten) im Gemeindegebiet.<br />
<strong>Die</strong>ser Begrenzung <strong>der</strong> Anwendbarkeit<br />
stehen jedoch die Regelungen<br />
vieler Kollektivverträge gegenüber, die<br />
die <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> gewerkschaftlichen Betätigung<br />
auch auf an<strong>der</strong>e Bereiche (Handwerk)<br />
ausdehnen. Der Art. 36 sieht vor,<br />
dass Betriebe, die För<strong>der</strong>ungen (Subventionen)<br />
o<strong>der</strong> öffentliche Aufträge erhalten,<br />
verpflichtet werden, gegenüber<br />
ihren Arbeitnehmern keine schlechteren<br />
102
Arbeitsrecht<br />
Bedingungen als den Arbeitskollektivvertrag<br />
<strong>der</strong> betreffenden Kategorie anzuwenden.<br />
Der Art. 37 regelt die Anwendung<br />
dieses Gesetzes auf die öffentlich<br />
Bediensteten. <strong>Die</strong>ser Artikel ist überholt,<br />
da das Rahmengesetz für den öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst bereits die Anwendung des<br />
Arbeitnehmerstatuts regelt.<br />
Strafbestimmungen (Art. 38)<br />
<strong>Die</strong> Strafen bei Verstößen sind sehr hoch<br />
und gehen von Geldbußen bis hin zu<br />
Haftstrafen.<br />
11.2. Gewerkschaften<br />
Das italienische Rechtssystem anerkennt<br />
und unterstützt mit eigenen Normen<br />
die gewerkschaftliche Organisation <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer. Geprägt ist <strong>der</strong> Zusammenschluss<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer von <strong>der</strong><br />
so genannten Gewerkschaftsfreiheit,<br />
welche sich vor allem darin ausdrückt,<br />
dass es freigestellt ist, Gewerkschaften<br />
zu gründen und sich gewerkschaftlich zu<br />
betätigen. <strong>Die</strong> Gewerkschaftsorganisationen<br />
stellen in <strong>der</strong> heutigen Rechtslage<br />
nicht anerkannte Vereinigungen dar<br />
und fallen somit unter das Vereinsrecht.<br />
Maßgebend ist dabei nur das Statut, welches<br />
sich <strong>der</strong> Verein gegeben hat. <strong>Die</strong><br />
Beiträge <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> und die damit<br />
erworbenen Güter stellen den gemeinsamen,<br />
unteilbaren Fond des Vereins dar<br />
(Art. 36 und 37 BGB). Verboten hingegen<br />
ist die Gründung so genannter „gelber“<br />
Gewerkschaften, d. h. von Arbeitgebern<br />
gegründete und/o<strong>der</strong> unterstützte Arbeitnehmervereinigungen<br />
(Art. 17 Arbeiterstatut<br />
und Art. 2 Konvention <strong>der</strong><br />
internationalen Arbeitsorganisation ILO<br />
Nr. 98/1949). Der bis heute nicht durchgeführte<br />
Verfassungsartikel (Art. 39)<br />
sieht hingegen vor, dass die Gewerkschaftsorganisation<br />
frei ist und ihr keine<br />
an<strong>der</strong>e Pflicht auferlegt werden kann, als<br />
sich bei Amtsstellen zu registrieren, wie<br />
vom Gesetz vorgesehen. Bis heute gibt<br />
es aber kein solches Gesetz. Voraussetzung<br />
für die Registrierung ist, dass die<br />
Statuten <strong>der</strong> Gewerkschaften auf demokratischer<br />
Basis aufgebaut sind. <strong>Die</strong><br />
registrierten Gewerkschaften besitzen<br />
Rechtspersönlichkeit und können die<br />
Arbeitnehmer einheitlich, in Proportion<br />
ihrer Mitglie<strong>der</strong>, vertreten. Sie können<br />
auch Kollektivverträge abschließen, die<br />
verpflichtende Gültigkeit für alle Beschäftigten<br />
einer bestimmten Branche<br />
besitzen.<br />
<strong>Die</strong> Gewerkschaften Italiens sind nach<br />
dem Industriegruppenprinzip strukturiert,<br />
d. h. dass die Beschäftigten eines<br />
Betriebes (außer die Führungskräfte) alle<br />
in <strong>der</strong>selben Fachgewerkschaft Mitglied<br />
werden können, unabhängig davon,<br />
welche Art von Tätigkeit sie im zur Kategorie<br />
zählenden Betrieb durchführen.<br />
<strong>Die</strong> Struktur <strong>der</strong> Gewerkschaften ist außerdem<br />
vertikal und horizontal entfaltet.<br />
<strong>Die</strong> vertikale Organisation gründet auf<br />
den Wirtschaftssektoren (wie beispielsweise<br />
Fachgewerkschaften <strong>der</strong> Bereiche<br />
Metallindustrie, Landwirtschaft, Banken,<br />
aber auch Fachgewerkschaften für die<br />
öffentlich Bediensteten wie die Staatsbediensteten,<br />
Lokalkörperschaften usw.).<br />
<strong>Die</strong> Fachgewerkschaften sind in einem<br />
Gewerkschaftsbund zusammengefasst.<br />
Horizontal hat dann je<strong>der</strong> Bund o<strong>der</strong><br />
auch die Fachgewerkschaften des Bundes<br />
mehrere Ebenen wie beispielsweise<br />
die betrieblichen, territorialen (Landeso<strong>der</strong><br />
Bezirksebene) o<strong>der</strong> die nationalen<br />
Gewerkschaftsvertreter.<br />
103
Arbeitsrecht<br />
Von autonomen Gewerkschaften spricht<br />
man dann, wenn eine Fachgewerkschaft<br />
keinem Gewerkschaftsbund angehört. In<br />
Südtirol ist die Gewerkschaftslandschaft<br />
vor allem durch vier Gewerkschaftsbünde<br />
gekennzeichnet. Es sind dies die drei<br />
gesamtstaatlichen Gewerkschaftsbünde<br />
CGIL (Confe<strong>der</strong>azione Generale Italiana<br />
del Lavoro), CISL (Confe<strong>der</strong>azione<br />
Italiana Sindacati dei Lavoratori) und<br />
UIL (Unione Italiana del Lavoro) mit ihren<br />
deutschsprachigen Bezeichnungen<br />
AGB (Allgemeiner Südtiroler Gewerkschaftsbund<br />
<strong>der</strong> CGIL angeschlossen),<br />
SGB (Südtiroler Gewerkschaftsbund<br />
<strong>der</strong> CISL angeschlossen) und SGK (Südtiroler<br />
Gewerkschaftskammer <strong>der</strong> UIL<br />
angeschlossen). Mit einer Durchführungsbestimmung<br />
zum Autonomiestatut<br />
ist in Südtirol <strong>der</strong> repräsentativste<br />
Gewerkschaftsbund deutsch- und ladinischsprachiger<br />
Arbeitnehmer den<br />
drei gesamtstaatlichen Gewerkschaftsbünden<br />
gleichgestellt. Durch Beschluss<br />
des Landtages ist <strong>der</strong> ASGB (Autonomer<br />
Südtiroler Gewerkschaftsbund) die<br />
gleichgestellte Gewerkschaft. Der ASGB<br />
ist damit jedoch keine so genannte autonome<br />
Gewerkschaft, son<strong>der</strong>n eine Gewerkschaft<br />
einer ethnischen Min<strong>der</strong>heit.<br />
<strong>Die</strong> Freiheit sich zu organisieren besteht<br />
auch für Arbeitgeber. In <strong>der</strong> Tat haben<br />
sie ihre eigenen Vertretungsorganisationen<br />
im Sinne <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />
Freiheit gegründet. <strong>Die</strong> wichtigsten in<br />
Südtirol sind <strong>der</strong> Unternehmerverband,<br />
<strong>der</strong> Landesverband <strong>der</strong> Handwerker, die<br />
Südtiroler Handwerkervereinigung, <strong>der</strong><br />
Verband für Kaufleute und <strong>Die</strong>nstleister,<br />
<strong>der</strong> Verband <strong>der</strong> Selbständigen, <strong>der</strong> Hotelier-<br />
und Gastwirteverband, <strong>der</strong> Südtiroler<br />
Bauernbund.<br />
11.3. Betriebliche<br />
gewerkschaftsvertretung<br />
Im Sinne <strong>der</strong> gewerkschaftlichen Freiheit<br />
ist es dem Gesetzgeber aber auch den<br />
Gewerkschaften das wichtigste Anliegen,<br />
auf betrieblicher Ebene die gewerkschaftliche<br />
Tätigkeit entfalten zu können.<br />
Voraussetzungen für diese Entfaltung ist,<br />
dass sich die Arbeitnehmer im Betrieb<br />
zusammenschließen können, Zeit und<br />
Strukturen zur Verfügung haben, um die<br />
gewerkschaftliche Arbeit vereinbaren<br />
und voranbringen zu können, Beiträge<br />
für die Gewerkschaften einsammeln zu<br />
können, in Anspruch nehmen können,<br />
sich von <strong>der</strong> Arbeit ein interne o<strong>der</strong> externe<br />
Gewerkschaftsarbeit freizustellen.<br />
Koalitionsrecht<br />
Das generelle Recht, sich gewerkschaftlich<br />
zu betätigen und sich gewerkschaftlich<br />
zusammenzuschließen, betrifft alle<br />
Arbeitnehmer, unabhängig, wie groß ein<br />
Betrieb ist (Art. 14, Gesetz Nr. 300/1970-<br />
Arbeitnehmerstatut).<br />
Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
<strong>Die</strong> gesetzliche Interessensvertretung auf<br />
Betriebsebene (in Betrieben mit mehr als<br />
15 Beschäftigten) mit einem umfassenden<br />
Vertretungsrecht auf betrieblicher<br />
Ebene ist die Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
(rappresentanza sindacale aziendale<br />
RSA). Sie kommt im Sinne des Art. 19<br />
des Arbeitnehmerstatuts (siehe dort) zustande.<br />
<strong>Die</strong> Betriebsgewerkschaftsvertretung<br />
wird über die im Art. 19 genannten,<br />
kollektivvertragsschließenen Gewerkschaften<br />
rechtlich eingesetzt. Eine Wahl<br />
<strong>der</strong> Betriebsgewerkschaftsvertreter durch<br />
die Belegschaft ist lt. diesem Artikel nicht<br />
unbedingt vorgesehen, wird aber durch-<br />
104
Arbeitsrecht<br />
wegs durchgeführt. Als Erweiterung bzw.<br />
Zusammenschluss <strong>der</strong> den einzelnen<br />
Gewerkschaften vorbehaltenen Betriebsgewerkschaftsvertretungen<br />
wurde auf<br />
nationaler Ebene am 20. Dezember 1993<br />
ein Abkommen über die Errichtung von<br />
einheitlichen Gewerkschaftsvertretungen<br />
(RSU rappresentanze sindacali unitarie)<br />
von Seiten <strong>der</strong> Gewerkschaften und <strong>der</strong><br />
Arbeitgeberverbände unterzeichnet. <strong>Die</strong>se<br />
Betriebsräte ersetzen die Betriebsgewerkschaftsvertretungen<br />
und übernehmen<br />
ihre <strong>Rechte</strong>.<br />
Demnach werden in Betrieben mit mehr<br />
als 15 Beschäftigten auf Initiative <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />
einheitliche Gewerkschaftsvertretungen<br />
(Betriebsräte) mit folgenden<br />
Voraussetzungen eingerichtet:<br />
|- Wahl <strong>der</strong> Betriebsräte<br />
Alle Mitglie<strong>der</strong> des Betriebsrates bzw. <strong>der</strong><br />
einheitlichen Gewerkschaftsvertretung<br />
werden in geheimer Wahl von den Mitarbeitern<br />
unter den konkurrierenden Listen<br />
gewählt. <strong>Die</strong> Zuteilung <strong>der</strong> Mandate<br />
erfolgt im Ausmaß von 2/3 entsprechend<br />
dem Wahlergebnis und im Ausmaß von<br />
1/3 für jene Listen, die Kollektivvertragsunterzeichner<br />
sind. In <strong>der</strong> Praxis ergibt<br />
das 1/3 eine Min<strong>der</strong>heitenvertretung für<br />
jene Gewerkschaftslisten, die mit den 2/3<br />
nicht zum Zug kommen.<br />
Auf Südtirol bezogen gilt ein Abkommen<br />
unter den Gewerkschaften, dass 1/3 <strong>der</strong><br />
Mandate jene Gewerkschaftsorganisation<br />
für sich beanspruchen kann, die mit <strong>der</strong><br />
2/3 Aufteilung leer ausging, bei <strong>der</strong> Wahl<br />
aber ein Mindestergebnis erzielt hat.<br />
<strong>Die</strong>ses Abkommen, unterzeichnet vom<br />
ASGB, von CGIL/AGB, von SGBCISL und<br />
von UILSGK, hat in etwa folgenden Inhalt:<br />
Das restliche Drittel <strong>der</strong> Betriebsratsmandate<br />
ist den Gewerkschaften vorbehalten.<br />
In Betrieben mit bis zu 100 Beschäftigten<br />
gilt <strong>der</strong> meistgewählte Kandidat jener Liste<br />
als gewählt, die bei <strong>der</strong> Zuteilung <strong>der</strong><br />
2/3 <strong>der</strong> Mandate kein eigenes Vollmandat<br />
errungen hat und geknüpft an die Bedingung,<br />
dass die betreffende Liste mindestens<br />
10 % <strong>der</strong> Stimmen, jedenfalls nicht<br />
weniger als fünf Stimmen erhalten hat. In<br />
Betrieben ab 100 Beschäftigten gilt/gelten<br />
<strong>der</strong>/die meistgewählte/n Kandidat/en<br />
jener Liste/n als gewählt, die bei <strong>der</strong> Zuteilung<br />
<strong>der</strong> 2/3 <strong>der</strong> Mandate kein Vollmandat<br />
errungen hat/haben und geknüpft<br />
an die Bedingung, dass die betreffende/n<br />
Liste/n mindestens 8 % <strong>der</strong> abgegebenen<br />
Stimmen erhalten hat/haben.<br />
Zur Vorbereitung für die Betriebsratswahl<br />
sollte festgehalten werden, dass jede Gewerkschaftsorganisation<br />
initiativ werden<br />
kann, die Wahl ist offiziell anzukündigen<br />
(mittels Aushang im Betrieb), eine Wahl-<br />
Tipp<br />
|- Anzahl <strong>der</strong> Betriebsräte:<br />
Betriebe bis 200 Beschäftigte:<br />
Betriebe von 200 bis 3.000 Beschäftigte:<br />
Betriebe über 3.000 Beschäftigte:<br />
3 Betriebsräte<br />
3 Betriebsräte je 300 Beschäftigte<br />
3 Betriebsräte je 500 Beschäftigte<br />
105
Arbeitsrecht<br />
kommission ist zu bestellen o<strong>der</strong> zu ernennen,<br />
jede Gewerkschaftsorganisation,<br />
die sich an <strong>der</strong> Wahl beteiligen will, hat<br />
15 Tage Zeit, eine Kandidatenliste einzureichen,<br />
die eingereichten Listen sind<br />
mindestens für acht Tage vor <strong>der</strong> Wahl im<br />
Betrieb zu veröffentlichen (ebenso mittels<br />
Aushang im Betrieb) und die Wahlkommission<br />
hat die Aufgabe, die Wahl durchzuführen.<br />
Der Betrieb hat die Pflicht, <strong>der</strong><br />
Wahlkommission eine Namensliste <strong>der</strong><br />
wahlberechtigten Mitarbeiter zu geben.<br />
Bei <strong>der</strong> Wahl darf nur eine Vorzugsstimme<br />
abgegeben werden. Der Betriebsrat bzw.<br />
die einheitliche Gewerkschaftsvertretung<br />
bleibt 3 Jahre im Amt und ist verhandlungs-<br />
und zeichnungsberechtigt für Betriebsabkommen.<br />
11.4. Informationsrechte und<br />
Mitbestimmung<br />
Was die Interessensvertretung betrifft, so<br />
ist das Verlangen nach Mitbestimmung<br />
und nach einem besseren Einfluss auf<br />
die Arbeitsbedingungen so alt wie die<br />
Arbeitnehmerbewegung selbst. In Italien<br />
ist man auch aufgrund <strong>der</strong> verschiedenen<br />
Voraussetzungen einen an<strong>der</strong>en<br />
Weg gegangen. Währenddessen z. B. in<br />
Deutschland die Mitbestimmung in vor<br />
allem großen Unternehmen sehr entwickelt<br />
ist und eine direkte Beeinflussung<br />
betrieblicher Entscheidungsprozesse ermöglicht,<br />
erstreckt sich die Mitwirkung<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmerinteressensvertretung<br />
in Italien lediglich auf den Erhalt von<br />
Informationen durch die Unternehmen.<br />
<strong>Die</strong>se Informationsrechte sind in den<br />
verschiedenen Kollektivverträgen verschieden<br />
stark ausgeprägt.<br />
11.5. Gewerkschaftliche<br />
Interessensvertretung gegenüber<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Hand<br />
<strong>Die</strong> öffentliche Verwaltung greift immer<br />
mehr in die Gestaltung <strong>der</strong> Wirtschaft<br />
und des Sozialen ein, und somit müssen<br />
die Gewerkschaften die ihnen übertragene<br />
Interessensvertretung <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
nicht nur gegenüber den Arbeitgebern,<br />
son<strong>der</strong>n auch gegenüber <strong>der</strong><br />
öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.<br />
<strong>Die</strong> Steuer,- Finanz-, Subventions- und<br />
Sozialpolitik, um nur einige zu nennen,<br />
beeinflussen maßgeblich das Arbeitnehmerdasein<br />
und müssen deshalb in<br />
die Strategie <strong>der</strong> Erhaltung und Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Arbeits- und Wirtschaftsvoraussetzungen<br />
eingehen. In Italien und in<br />
Südtirol hat sich diesbezüglich das Ritual<br />
<strong>der</strong> Aussprachen und Verhandlungen<br />
eingespielt. <strong>Die</strong>sem Zweck dienen auch<br />
öffentliche Erklärungen. <strong>Die</strong> Gewerkschaften<br />
repräsentieren die vielfältigen<br />
Interessen einer wesentlichen gesellschaftlichen<br />
Gruppe und deshalb sind<br />
sie auch in einer Reihe von Gremien auf<br />
<strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Landesverwaltung bzw.<br />
<strong>der</strong> staatlichen Körperschaften präsent,<br />
die sich mit vielfältigen Aspekten <strong>der</strong><br />
Lebens- und Arbeitsbedingungen auseinan<strong>der</strong>setzen.<br />
11.6. Mitwirkung in <strong>der</strong><br />
Selbstverwaltung<br />
<strong>Die</strong> in den Sozialversicherungsinstituten<br />
tätigen Planungs- und Kontrollgremien<br />
werden mit Vertretern <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber beschickt. <strong>Die</strong> Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />
dieser Gremien<br />
sind eher beschränkt, da die wichtigen<br />
Entscheidungen auf politischer<br />
Ebene fallen. Zunehmende Bedeutung<br />
106
Arbeitsrecht<br />
erhalten die von verschiedenen Kategorien<br />
ins Leben gerufenen bilateralen<br />
Körperschaften, die aufgrund von Kollektivvertragsvereinbarungen<br />
gewisse<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen für die Betriebe und<br />
die Arbeitnehmer vollbringen (z. B. Bauarbeiterkasse,<br />
Tourismuskasse, bilaterale<br />
Körperschaft des Handwerks, usw.).<br />
11.7. Patronate<br />
<strong>Die</strong> Patronate haben private Rechtspersönlichkeit<br />
und werden durch das Arbeitsministerium<br />
genehmigt und kontrolliert.<br />
<strong>Die</strong> Patronate haben die Aufgabe, den<br />
Beschäftigten Beistand und Schutz zu gewähren<br />
und sie vor allem in verwaltungstechnischer<br />
Hinsicht bei <strong>der</strong> Erreichung<br />
<strong>der</strong> Leistungen <strong>der</strong> Sozialversicherung zu<br />
unterstützen.<br />
<strong>Die</strong> Leistungen <strong>der</strong> Patronate sind für die<br />
Beschäftigten kostenlos. Teilweise gewähren<br />
sie auch Rechtsschutz.<br />
<strong>Die</strong> Patronate finanzieren sich durch öffentliche<br />
Beiträge und durch Beiträge <strong>der</strong><br />
Gewerkschaftsorganisationen, die sie gegründet<br />
haben. <strong>Die</strong> wichtigsten Patronate<br />
in Südtirol sind: Sozialer Beratungsring<br />
(ASGB), KVW/ACLI Patronat, INCA (AGB/<br />
CGIL), INAS (SGBCISL), ITAL (SGKUIL),<br />
ENASCO (Verband <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleister und<br />
Kaufleute), EPACA (Bauernbund), INAPA<br />
(Landesverband <strong>der</strong> Handwerker), EPASA<br />
(Handwerkervereinigung);<br />
11.8. Streikrecht und Aussperrung<br />
Vor <strong>der</strong> Anerkennung des Streiks als<br />
Recht <strong>der</strong> Arbeitnehmer durch die Verfassung<br />
<strong>der</strong> italienischen Republik, war<br />
<strong>der</strong> Streik verboten und unter Strafe gestellt.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Verfassung (Art. 40)<br />
ist <strong>der</strong> Streik nicht nur allgemein zugelassen,<br />
son<strong>der</strong>n ein subjektives Recht. Er<br />
stellt somit keine Verletzung des Arbeitsvertrages<br />
dar, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Arbeitsvertrag<br />
wird momentan unterbrochen. Daraus<br />
folgt, dass die Arbeitsleistung von Seiten<br />
des Arbeitnehmers und die Entgeltleistung<br />
von Seiten des Arbeitgebers ruhen.<br />
Das Streikrecht wird laut Verfassung<br />
durch eigene Gesetze geregelt. Derzeit<br />
gibt es noch kein diesbezügliches Gesetz<br />
(außer für den öffentlichen <strong>Die</strong>nst) und<br />
somit kann das Streikrecht unter Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en grundsätzlichen<br />
Normen zum Schutz <strong>der</strong> Interessen und<br />
Güter, so wie in <strong>der</strong> Verfassung verankert,<br />
frei ausgeübt werden. Da eine Regelung<br />
aussteht, ist auch die Abwicklung eines<br />
Streiks frei. Grundsätzlich ist er zum<br />
Schutz kollektiver Interessen <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
da und kann auch nur kollektiv<br />
ausgerufen werden. Somit können auch<br />
„wilde“ Streiks, also ohne Zustimmung<br />
<strong>der</strong> Gewerkschaften, ausgerufen werden.<br />
Eine Ankündigung ist nur notwendig,<br />
wenn durch den Streik Gefahren für Personen<br />
und Betriebsanlagen entstehen.<br />
<strong>Die</strong> Teilnahme an einem Streik ist frei,<br />
auch das „Streikbrechen“ ist frei. Jedoch<br />
darf <strong>der</strong> Arbeitgeber keine externen Beschäftigten<br />
anstelle <strong>der</strong> Streikenden anstellen.<br />
<strong>Die</strong>s ist ungesetzlich und gewerkschaftsfeindliches<br />
Verhalten (Urteil des<br />
Kassationsgerichtshof Nr. 8401/1987).<br />
Der politische Streik ist nicht verboten,<br />
sofern er nicht auf einen Umsturz <strong>der</strong><br />
Verfassung hinzielt. Auch <strong>der</strong> Warnstreik<br />
und <strong>der</strong> Stotterstreik sind zulässig. Das<br />
Aufstellen von Streikposten (picchetti) ist<br />
nicht untersagt, sofern keine Gewalt angewendet<br />
wird. Eine Betriebsbesetzung<br />
ist nur rechtens, wenn <strong>der</strong> Betrieb seine<br />
Produktionstätigkeit eingestellt hat.<br />
107
Arbeitsrecht<br />
<strong>Die</strong> Aussperrung ist das Kampfmittel<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber. Sie besteht im Einstellen<br />
<strong>der</strong> Produktionstätigkeit eines o<strong>der</strong><br />
mehrerer Arbeitgeber. Da davon ausgegangen<br />
wird, dass in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
zwischen Kapital und Arbeit <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer <strong>der</strong> Schwächere ist, ist sie<br />
in Italien verboten, fällt aber nicht unter<br />
das Strafgesetzbuch. <strong>Die</strong> Aussperrung<br />
wird vielmehr als Verstoß gegen den Arbeitsvertrag<br />
gewertet. Demzufolge hat<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer bei einer Aussperrung<br />
trotzdem das Recht auf die Entlohnung<br />
und kann vom Arbeitsvertrag wegen gerechtfertigter<br />
Gründe zurücktreten.<br />
11.9. Streikrecht im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst<br />
Das Streikrecht im öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
wird durch das Staatsgesetz Nr. 146 vom<br />
12.6.1990 geregelt, wobei vor allem die<br />
unerlässlichen <strong>Die</strong>nste bestimmt werden,<br />
die auf je<strong>der</strong> Fall gewährleistet werden<br />
müssen. Dazu gehören jene <strong>Die</strong>nste,<br />
die die Ausübung <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Verfassung<br />
vorgesehenen <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> Personen auf<br />
Leben, Gesundheit, Freiheit, Sicherheit,<br />
Bewegungsfreiheit, Sozialhilfe und Sozialvorsorge<br />
sowie auf Bildung und Kommunikationsfreiheit<br />
ermöglichen.<br />
Das Staatsgesetz Nr. 83 vom 11.4.2000<br />
lässt die Ausübung des Streikrechtes<br />
sowie die Aufrechterhaltung <strong>der</strong> unerlässlichen<br />
<strong>Die</strong>nste weiterhin vertraglich<br />
regeln, än<strong>der</strong>t aber in Bezug auf das<br />
Streikrecht einige wichtige Rahmenbedingungen,<br />
die vor allem im Vorfeld eines<br />
Streikes Schlichtungsmaßnahmen<br />
ermöglichen, eine Stärkung <strong>der</strong> staatlichen<br />
Schlichtungskommission bewirken,<br />
die Interessen <strong>der</strong> Verbraucher<br />
schützen, die Bestimmungen des Gesetzes<br />
Nr. 140/1990 auch auf Freiberufler<br />
und Kleinunternehmer ausdehnen sowie<br />
die Strafen im Zusammenhang mit<br />
dem Streikrecht anpassen.<br />
12. Arbeitsstreitfall<br />
Das Arbeitsverhältnis wird durch gesetzliche<br />
und vertragliche Normen geregelt.<br />
Wird eine dieser Normen (z. B. zu geringe<br />
Entlohnung, Verletzung <strong>der</strong> gewerkschaftlichen<br />
Freiheiten, falsche Einstufung,<br />
nicht bezahlte Überstundenarbeit<br />
usw.) vom Arbeitgeber nicht o<strong>der</strong> nur<br />
teilweise eingehalten, so entsteht auf<br />
Antrag des Arbeitnehmers ein Arbeitsstreitfall.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> schwächeren Position des<br />
Arbeitnehmers o<strong>der</strong> aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen<br />
üben viele Arbeitnehmer<br />
ihre <strong>Rechte</strong> nicht aus o<strong>der</strong> sie<br />
verzichten sogar darauf. Deshalb sieht<br />
<strong>der</strong> Art. 2113 des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)<br />
vor, dass Verzichts- und Vergleichserklärungen<br />
die gesetzliche o<strong>der</strong><br />
vertragliche <strong>Rechte</strong> des Arbeitnehmers<br />
betreffen, innerhalb von 6 Monaten angefochten<br />
werden können. <strong>Die</strong> Ausstellung<br />
einer Quittung und <strong>der</strong> Erklärung,<br />
alles Zustehende erhalten zu haben und<br />
deshalb keine For<strong>der</strong>ungen mehr zu<br />
stellen, stellt keine Verzichts- bzw. Vergleichserklärung<br />
dar und hat in <strong>der</strong> Regel<br />
nur den Charakter <strong>der</strong> Bestätigung<br />
<strong>der</strong> erfolgten Bezahlung. Der Arbeitnehmer<br />
kann dann immer noch innerhalb<br />
<strong>der</strong> Verjährungsfrist seine <strong>Rechte</strong> einfor<strong>der</strong>n.<br />
Nicht angefochten werden können<br />
Verzichts- und Ausgleichserklärungen,<br />
die beim Arbeitsamt, auf Gewerkschaft-<br />
108
Arbeitsrecht<br />
sebene o<strong>der</strong> vor dem Arbeitsrichter zustande<br />
kommen. <strong>Die</strong> Verjährungsfristen<br />
sind im Punkt 6 angeführt.<br />
12.1. Individuelle Arbeitsstreitfälle<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsstreitfälle können individuell<br />
o<strong>der</strong> kollektiv sein. Es werden jene als individuelle<br />
Arbeitsstreitfälle bezeichnet,<br />
die zwischen einem einzelnen Arbeitgeber<br />
und einem einzelnen Arbeitnehmer<br />
in Bezug auf die konkrete Anwendung<br />
von gesetzlichen und vertraglichen<br />
Bestimmungen entstehen. Als Arbeitsstreitfälle<br />
gelten auch jene, bei denen<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber kein Unternehmer ist<br />
(z. B. bei Beschäftigten im Haushalt).<br />
Was die öffentlich Bediensteten betrifft,<br />
so fallen alle jene unter die ordentliche<br />
Gerichtsbarkeit, die nicht ausdrücklich<br />
in die Verwaltungsgerichtsbarkeit fallen,<br />
also die übergroße Mehrzahl.<br />
<strong>Die</strong> Beilegung <strong>der</strong> individuellen<br />
Arbeitsstreitfälle<br />
Eine Beilegung <strong>der</strong> Streitfälle kann erfolgen:<br />
|- durch Schlichtung<br />
|- durch einen Schiedsspruch so wie im<br />
anwendbaren Kollektivvertrag vorgesehen<br />
|- durch richterliche Entscheidung;<br />
Am häufigsten wird eine Schlichtung<br />
<strong>der</strong> individuellen Arbeitsstreitfälle vorgenommen.<br />
Sie ist auch am einfachsten<br />
und schnellsten. Eine Schlichtung kann<br />
entwe<strong>der</strong> gerichtlich o<strong>der</strong> außergerichtlich<br />
erfolgen. <strong>Die</strong> außergerichtliche<br />
findet vor <strong>der</strong> Schlichtungskommission<br />
beim Arbeitsamt (Art. 410, 411 u. 412 <strong>der</strong><br />
Zivilprozessordnung) o<strong>der</strong> auf Gewerkschaftsebene<br />
statt.<br />
Schlichtungskommission beim<br />
Arbeitsamt<br />
Bei Auseinan<strong>der</strong>setzungen im Arbeitsrecht<br />
muss eine Schlichtung versucht<br />
werden, bevor das Arbeitsgericht angerufen<br />
werden kann. Wichtig ist dabei,<br />
zwischen Streitigkeiten in privaten Arbeitsverhältnissen<br />
und Konflikten im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst zu unterscheiden. Bei<br />
privaten Arbeitsverhältnissen muss <strong>der</strong><br />
/die betroffene Arbeitnehmer/in einen<br />
Antrag an die Schlichtungskommission<br />
für Arbeitsstreitfälle beim Arbeitsamt<br />
richten. <strong>Die</strong> Kommission besteht aus<br />
dem Vorsitzenden (<strong>der</strong> Direktor des Arbeitsamtes<br />
o<strong>der</strong> ein von ihm beauftragter<br />
Beamter), aus einem Vertreter <strong>der</strong><br />
Gewerkschaften und einem Vertreter<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeberverbände. Der Vorsitzende<br />
<strong>der</strong> Kommission lädt die Parteien<br />
zum Schlichtungsversuch ein. Im Verlauf<br />
<strong>der</strong> Diskussion wird versucht, eine<br />
einvernehmliche Lösung des Streitfalles<br />
zu finden. Sollte dies möglich sein, wird<br />
ein Einigungsprotokoll verfasst, das die<br />
Parteien unterzeichnen. <strong>Die</strong>ses Protokoll<br />
wird bei Gericht hinterlegt und vom<br />
Richter auf Antrag als vollstreckbar erklärt,<br />
ohne dass ein weiteres Verfahren<br />
notwendig ist.<br />
Wenn keine Einigung erzielt wird, wird<br />
dies ebenfalls in einer Nie<strong>der</strong>schrift festgehalten,<br />
die dem Arbeitsrichter vorgelegt<br />
werden muss, falls <strong>der</strong> Streitfall vor<br />
Gericht gelangt. Der Richter berücksichtigt<br />
das Verhalten <strong>der</strong> Streitparteien vor<br />
<strong>der</strong> Schlichtungskommission bei <strong>der</strong><br />
Aufteilung <strong>der</strong> Verfahrenskosten.<br />
Ein spezielles Verfahren ist für die Anfechtung<br />
von Disziplinarmaßnahmen<br />
vorgesehen. Artikel 7 des Gesetzes Nr.<br />
300 vom 20.5.1970 bestimmt, welche<br />
109
Arbeitsrecht<br />
Disziplinarstrafen <strong>der</strong> Arbeitgeber verhängen<br />
kann. Falls <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
diese anfechten will, kann er innerhalb<br />
von zwanzig Tagen das Schlichtungsund<br />
Schiedskollegium anrufen. <strong>Die</strong>ses<br />
Kollegium besteht aus dem Vorsitzenden,<br />
aus einem Mitglied, das vom Arbeitgeber<br />
ernannt wird, und einem Mitglied,<br />
das <strong>der</strong> Arbeitnehmer ernennt. Im Unterschied<br />
zur Schlichtungskommission<br />
(die eine mehr vermittelnde Rolle hat)<br />
entscheidet das Kollegium, ob die Disziplinarmaßnahme<br />
gerechtfertigt ist. <strong>Die</strong>se<br />
Entscheidung ist endgültig und kann<br />
nur mehr wegen Nichtigkeit angefochten<br />
werden. Bei Streitigkeiten im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst richtet <strong>der</strong>/die betroffene<br />
Arbeitnehmer/in an das Schlichtungskollegium<br />
ein Gesuch, in dem er ein Mitglied<br />
des Kollegiums ernennt. Der/die<br />
Arbeitnehmer/in muss dieses Gesuch<br />
auch an die Verwaltung schicken, gegen<br />
die <strong>der</strong> Streitfall gerichtet ist. Innerhalb<br />
von dreißig Tagen antwortet die Verwaltung<br />
darauf und ernennt ihrerseits ein<br />
Mitglied. Der Vorsitzende wird im Sinne<br />
des Dekretes des Landeshauptmannes<br />
vom 29. Dezember 1998, Nr. 41 unter<br />
den Personen ausgewählt, die in das Verzeichnis<br />
<strong>der</strong> Arbeitsrechtsberater eingetragen<br />
sind. Vor dem Kollegium müssen<br />
die Parteien erscheinen und auch hier<br />
wird ein Protokoll angefertigt, das im<br />
Falle einer Einigung die Gültigkeit eines<br />
Vollstreckungstitels hat.<br />
Gewerkschaftliche Schlichtung<br />
Eine Schlichtung <strong>der</strong> Streitfälle auf gewerkschaftlicher<br />
Ebene, also durch Mitwirkung<br />
und Beistand <strong>der</strong> Arbeitnehmerund<br />
Arbeitgeberverbände, ist freiwillig.<br />
Ein Abkommen hat den gleichen Wert<br />
einer Schlichtung vor <strong>der</strong> Schlichtungskommission<br />
beim Arbeitsamt und kann<br />
demzufolge nicht angefochten werden<br />
(außer wegen formaler Fehler innerhalb<br />
von 6 Monaten). Es muss dem Arbeitsamt<br />
übermittelt werden, welches es an<br />
das Gericht weiterleitet.<br />
Gerichtliche Schlichtung<br />
Der für Arbeitsstreitfälle zuständige Richter<br />
hat die Pflicht, in je<strong>der</strong> Phase des Gerichtsfalles<br />
auf eine Schlichtung hinzuarbeiten.<br />
Kommt es zur Schlichtung, dann<br />
ist diese unanfechtbar. Lei<strong>der</strong> dauert <strong>der</strong><br />
Gerichtsweg so lange, dass es oft besser<br />
erscheint, vorher eine Schlichtung einzugehen.<br />
Schiedsspruch<br />
Eine Beilegung <strong>der</strong> Arbeitsstreitfälle kann<br />
auch über einen Schiedsspruch erfolgen,<br />
im Sinne, dass die Parteien im Einvernehmen<br />
an Dritte die Aufgabe <strong>der</strong> Beilegung<br />
des Streits übertragen. <strong>Die</strong> Kollektivverträge<br />
o<strong>der</strong> Gesetze enthalten solche<br />
Klauseln (z. B. Art. 7 des Gesetzes Nr.<br />
604/1966 über die Einzelentlassungen<br />
und <strong>der</strong> Art. 7 des Gesetzes Nr. 300/1970<br />
über die Disziplinarmaßnahmen). Neben<br />
dem freiwilligen Schiedsspruch ist auch<br />
von <strong>der</strong> Zivilprozessordnung ein diesbezügliches<br />
Verfahren vorgesehen. <strong>Die</strong>ser<br />
Schiedsspruch ist unanfechtbar, während<br />
je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Schiedsspruch den<br />
Charakter eines Vertrages hat.<br />
12.2. Kollektive Arbeitsstreitfälle<br />
Bei solchen gilt das Verfahren, dass<br />
zunächst die lokale und eventuell die<br />
gesamtstaatliche Ebene <strong>der</strong> kollektivvertragsschließenden<br />
Parteien eine<br />
Streitbeilegung bzw. eine Auslegung<br />
110
Arbeitsrecht<br />
des Streitpunktes versuchen. Später ist<br />
eine Schlichtung beim Arbeitsamt, durch<br />
Schiedsspruch o<strong>der</strong> eine Befassung <strong>der</strong><br />
Gerichtsbarkeit möglich.<br />
12.3. Arbeitsprozess<br />
Arbeitsstreitfälle können außer durch<br />
Schlichtungskommissionen o<strong>der</strong> in Kollektivverträgen<br />
verankerten Schiedsstellen,<br />
auch durch Richterspruch gelöst<br />
werden. Recht haben und Recht<br />
bekommen, das muss immer wie<strong>der</strong><br />
unterstrichen werden, sind zwei verschiedene<br />
Paar Schuhe. Zur besseren<br />
Veranschaulichung des Funktionierens<br />
unseres Rechtsstaates ein kleines Beispiel:<br />
Jemand stiehlt einem an<strong>der</strong>en einen<br />
Bleistift. Der „<strong>Die</strong>b“ wird angezeigt.<br />
Wird <strong>der</strong> <strong>Die</strong>b vom ehemaligen Bleistiftbesitzer<br />
als solcher bezeichnet bevor<br />
dieser verurteilt ist, so kann <strong>der</strong> <strong>Die</strong>b auf<br />
Verleumdung klagen. Der „<strong>Die</strong>b“ wird,<br />
bei genügen<strong>der</strong> Beweislage, nach dem<br />
Strafgesetzbuch verurteilt und die Rückgabe<br />
des <strong>Die</strong>besgutes wird verfügt (was<br />
aber eine Sache des Zivilrechts ist). Der<br />
mo<strong>der</strong>ne Rechtsstaat hat also bestimmte<br />
Verfahren notwendig, damit Recht gesprochen<br />
werden kann. Der Arbeitsprozess<br />
gehört zu den Zivilverfahren.<br />
Zuständig für die Arbeitsstreitfälle ist ab<br />
2. <strong>Juni</strong> 1999 mit Abschaffung des Bezirksrichters<br />
im ersten Grad <strong>der</strong> Arbeitsrichter<br />
(Giudice unico), also <strong>der</strong> zuständige<br />
Richter des Landesgerichts. Räumlich zuständig<br />
ist jenes Landesgericht in dessen<br />
Einzugsgebiet <strong>der</strong> Arbeitsvertrag abgeschlossen<br />
wurde bzw. <strong>der</strong> Betrieb seinen<br />
Sitz o<strong>der</strong> eine Zweigstelle hat.<br />
Bei allen Arbeitsstreitverfahren ist ein<br />
außergerichtlicher Schlichtungsversuch<br />
beim Arbeitsamt o<strong>der</strong> auf Gewerkschaftsebene<br />
verpflichtend. <strong>Die</strong> Urteile sowohl<br />
zugunsten des Arbeitnehmers als auch<br />
zugunsten des Arbeitgebers sind unmittelbar<br />
vollstreckbar. Gegen das Urteil<br />
kann beim zuständigen Appellationsgerichtshof<br />
appelliert werden und ein weiterer<br />
Rekurs kann eventuell beim Kassationsgerichtshof<br />
eingereicht werden.<br />
12.4. Verzinsung <strong>der</strong><br />
Lohnfor<strong>der</strong>ungen<br />
Unterlässt <strong>der</strong> Arbeitgeber, aus welchem<br />
Grund auch immer, die Zahlung<br />
<strong>der</strong> ganzen o<strong>der</strong> von Teilen <strong>der</strong> Entlohnung,<br />
so entsteht eine Lohnfor<strong>der</strong>ung.<br />
<strong>Die</strong> Lohnfor<strong>der</strong>ungen sind bei Insolvenz<br />
des Arbeitgebers durch einen Garantiefonds<br />
geschützt. <strong>Die</strong> Lohnfor<strong>der</strong>ungen<br />
verjähren normalerweise nach 5 Jahren,<br />
außer es wird eine vermutete, vorzeitige<br />
Verjährung (siehe Verjährung) angenommen.<br />
Der Arbeitsrichter verurteilt den Arbeitgeber<br />
bei Lohnfor<strong>der</strong>ungen zur Zahlung<br />
<strong>der</strong> gesetzlichen Zinsen und zur monetären<br />
Aufwertung (laut ISTAT-Index für<br />
die Verbraucherpreise <strong>der</strong> Arbeiter- und<br />
Angestelltenfamilien) <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung. Ab<br />
1. Jänner 1995 ist mit Gesetz festgelegt<br />
(Gesetz Nr. 724/1994, Art. 22), dass nicht<br />
mehr Zinsen und Aufwertung zustehen,<br />
ausgenommen <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> Aufwertung<br />
<strong>der</strong> über den Zinsen liegt.<br />
<strong>Die</strong> gesetzlichen Zinsen betragen 5 %<br />
bis 15. Dezember 1990, und dann 10 %<br />
bis 31. Dezember 1996, 5 % ab 1. Jänner<br />
1997 und 2,5 % ab 1. Jänner 1999 (Art.<br />
1284 BGB).<br />
111
Arbeitsrecht<br />
13. Gesundheitsschutz am<br />
Arbeitsplatz-Arbeitsschutz<br />
Der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz<br />
erschöpft sich nicht im Schutz vor den<br />
betrieblichen Gefahren, vielmehr gehört<br />
auch die Anpassung <strong>der</strong> Arbeit an den<br />
Menschen – und nicht umgekehrt – dazu.<br />
Der technische und wissenschaftliche<br />
Fortschritt <strong>der</strong> Medizin (verstanden als<br />
Kunst des Heilens) allein kann die Gesundheit<br />
<strong>der</strong> Bürger nicht mehr gewährleisten.<br />
Dazu bedarf es sozialer Entwicklungen<br />
und Verbesserungen bei den<br />
Lebens- und Arbeitsbedingungen, die<br />
von allen Teilen <strong>der</strong> Gesellschaft getragen<br />
werden müssen.<br />
<strong>Die</strong> Gesundheit für alle kann nur angestrebt<br />
werden, wenn mehr Informationen<br />
zur Verfügung stehen, und alle sich aktiv<br />
an <strong>der</strong> Erreichung dieses Ziels beteiligen.<br />
<strong>Die</strong>s gilt ganz beson<strong>der</strong>s auch für den<br />
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Der<br />
Schutz <strong>der</strong> Gesundheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
kann nur zu einem Teil durch die vorgesehenen<br />
Einrichtungen und Vorschriften<br />
gesichert werden. Von wesentlicher Bedeutung<br />
ist auch die „Selbsthilfe“ in dem<br />
Sinne, dass die Betroffenen bewusst und<br />
aktiv die Risiken ausschalten.<br />
Der Art. 9 des Arbeitnehmerstatuts und<br />
die kollektivvertraglichen Regelungen sehen<br />
vor, dass die Arbeitnehmer mittels ihrer<br />
Vertretungen Nachforschungen über<br />
die Arbeitsbedingungen anstellen können,<br />
um zu einer umfassenden Vorbeugung<br />
zu gelangen. In diesem Sinne muss<br />
die Vorbeugung als Zusammenspiel von<br />
Organisation, Mitbestimmung, Information,<br />
Ausbildung, technischen Maßnahmen<br />
und Kontrolle verstanden werden.<br />
Zur einfacheren Darstellung <strong>der</strong> Bestimmungen<br />
können wir diese in 5 Gruppen<br />
einteilen:<br />
1. Allgemeine Schutzbestimmungen<br />
2. Pflichten <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
3. Pflichten und <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
und <strong>der</strong>en Vertretungen<br />
4. <strong>Die</strong> öffentlichen Einrichtungen, die sich<br />
mit dem Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz<br />
befassen<br />
5. Bestimmungen über die Arbeitsumwelt<br />
und die Betriebsanlagen<br />
13.1. Bestimmungen über die<br />
allgemeinen <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong><br />
Staatsbürger<br />
Der Art. 32 <strong>der</strong> italienischen Verfassung<br />
liest sich so (schön): „<strong>Die</strong> Republik<br />
schützt die Gesundheit als grundlegendes<br />
Recht des Individuums und im Interesse<br />
des Gemeinwesens.“ <strong>Die</strong>se Aussage<br />
ist sehr wichtig, weil <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Gesundheit<br />
(also <strong>der</strong>en Beibehaltung und<br />
nicht nur <strong>der</strong>en Verlust bei Krankheit) ein<br />
Recht des Bürgers ist und dazu noch im<br />
Interesse des Gemeinwesens liegt, also<br />
zur Verpflichtung für die öffentliche Verwaltung<br />
wird.<br />
Umgesetzt wurde diese Aussage <strong>der</strong> Verfassung<br />
mit zwei Dekreten des Präsidenten<br />
<strong>der</strong> Republik (D.P.R.), dem D.P.R. Nr.<br />
547 von 1955 und dem D.P.R. Nr. 303 von<br />
1956. <strong>Die</strong>se beiden Gesetzesmaßnahmen<br />
sind bis heute erhalten geblieben,<br />
obwohl eine Anpassung an die neuen<br />
Arbeitsbedingungen dringend erfor<strong>der</strong>lich<br />
wäre. Teilweise wurde immer wie<strong>der</strong><br />
mit einzelnen Maßnahmen eine Anpassung<br />
versucht. Das Ergebnis ist, dass die<br />
Bestimmungen über den Gesundheitsschutz<br />
am Arbeitsplatz einen Fleckerlteppich<br />
abgeben.<br />
112
Arbeitsrecht<br />
Im Gesundheitsreformgesetz von 1978<br />
(Gesetz Nr. 833) wurde die Regierung<br />
beauftragt innerhalb eines Jahres einen<br />
Einheitstext über Arbeitshygiene und<br />
-sicherheit zu erlassen. <strong>Die</strong>s ist bis heute<br />
nicht erfolgt, sodass die beiden Dekrete<br />
immer noch als Basis <strong>der</strong> Arbeitshygiene<br />
und Arbeitssicherheit gelten. Ergänzt<br />
wurden sie in jüngster Zeit mit den Gesetzesvertretenden<br />
Dekreten (GVD) Nr.<br />
626/1994 und 242/1996, welche ein –<br />
von <strong>der</strong> Europäischen Union angeregtes<br />
– generelles System <strong>der</strong> Arbeitssicherheit<br />
definieren. Weiters von Belang sind<br />
noch das GVD Nr. 277/1991, das D.P.R.<br />
Nr. 164/1956 und das als Maschinenrichtlinie<br />
bekannte D.P.R. Nr. 459/1996.<br />
Dekret Nr. 547 vom 27.4.1955 über<br />
die Unfallverhütung<br />
Es ist in 12 Abschnitte unterteilt. Der 1.<br />
Abschnitt hält in den „Allgemeinen Bestimmungen“<br />
fest, welche Tätigkeiten<br />
unter dieses Gesetz fallen und welche<br />
Arbeitnehmer davon betroffen sind<br />
(Heimarbeiter sind z. B. ausgenommen).<br />
<strong>Die</strong>ser Abschnitt befasst sich auch mit<br />
den Pflichten <strong>der</strong> Arbeitgeber und Arbeitnehmer,<br />
aber davon später. Interessant<br />
ist auch das Verbot des Herstellens<br />
und Handelns von und mit Maschinen<br />
und Betriebsanlagen, die nicht den Bestimmungen<br />
dieses Dekretes entsprechen.<br />
Der 2. Abschnitt beschäftigt sich<br />
mit den Arbeitsräumen (Arbeitsumwelt)<br />
und den Arbeitsplätzen (Böden, Oberdecken,<br />
Ausgänge, Stiegen, Gerüste, Beleuchtung,<br />
usw.). Der 3. Abschnitt betrifft<br />
„allgemeine Bestimmungen des Maschinenschutzes“<br />
und enthält generelle Aussagen<br />
(wenn z. B. Teile von Maschinen<br />
eine Gefahr darstellen, so müssen sie<br />
geschützt o<strong>der</strong> mit einer Sicherheitsvorrichtung<br />
versehen werden) sowie spezifische<br />
Aussagen über Motoren, Getriebe<br />
usw.<br />
Im 4. Abschnitt werden die Schutzbestimmungen<br />
bestimmter Maschinen<br />
angeführt (Pressen, Holz- und Metallverarbeitungsmaschinen<br />
usw.). Mit<br />
Hebewinden, Kränen, Transport- und<br />
Stapelvorrichtungen befasst sich <strong>der</strong> 5.<br />
Abschnitt. Der Abschnitt 6 legt Bestimmungen<br />
über verschiedene Anlagen<br />
und Geräte fest. Der 7. Teil betrifft die<br />
Vorschriften für elektrische Anlagen und<br />
Maschinen zu <strong>der</strong>en Isolierung, Erdung,<br />
usw. Im 8. Teil werden die gefährlichen<br />
und schädlichen Stoffe und Produkte<br />
behandelt. Der 9. Teil sieht die Pflicht<br />
zur ständigen Instandhaltung und Reparatur<br />
<strong>der</strong> Arbeitsräume und -plätze vor.<br />
<strong>Die</strong>s ist von großer Bedeutung, zumal<br />
auch die Sicherheitsvorrichtungen sehr<br />
oft ausfallen.<br />
<strong>Die</strong> persönlichen Schutzmittel und die<br />
erste Hilfe sind vom Abschnitt 10 vorgeschrieben.<br />
Gerade dieser Punkt führt<br />
oft zu Auseinan<strong>der</strong>setzungen zwischen<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Oftmals<br />
verweigern die Arbeitnehmer die<br />
Schutzausrüstungen weil sie lästig sind<br />
o<strong>der</strong> behin<strong>der</strong>n, währenddessen viele<br />
Arbeitgeber die persönlichen Schutzmittel<br />
als Alternative zu technischen<br />
und umweltmäßigen Eingriffen an den<br />
Anlagen und Maschinen sehen. Aber <strong>der</strong><br />
Art. 377 spricht eine klare Sprache: <strong>Die</strong><br />
persönlichen Schutzmittel müssen vom<br />
Arbeitgeber in Bezug auf das Risiko dem<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer ausgesetzt ist, zur Verfügung<br />
gestellt werden, jedoch muss <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber alles technisch Mögliche unternehmen,<br />
um das Risiko auszuschalten<br />
113
Arbeitsrecht<br />
o<strong>der</strong> zu vermin<strong>der</strong>n. <strong>Die</strong> Arbeitnehmer<br />
müssen dann die Schutzmittel tragen.<br />
<strong>Die</strong> letzten 2 Abschnitte befassen sich<br />
mit strafrechtlichen Bestimmungen und<br />
mit Übergangsbestimmungen.<br />
Das D.P.R. Nr. 303 vom 19.3.1956 ist mit<br />
<strong>der</strong> Überschrift: „Allgemeine Bestimmungen<br />
über die Arbeitshygiene“ versehen.<br />
Es enthält Vorschriften über die<br />
Anwendung, die Pflichten <strong>der</strong> Arbeitgeber,<br />
<strong>der</strong>en Beauftragte und die Arbeitnehmer,<br />
über die Arbeitsräumlichkeiten<br />
(Höhe, Luft, Licht, Temperatur usw.),<br />
über den Schutz vor schädlichen Stoffen,<br />
über die gesundheitlichen Kontrollvisiten,<br />
über die hygienischen Anlagen<br />
und über die Mitteilung neuer Anlagen.<br />
In Bezug auf den Art. 33 (periodische<br />
ärztliche Vorsorgeuntersuchungen, denen<br />
sich die Arbeitnehmer, die gefährliche<br />
Arbeiten verrichten, unterziehen<br />
müssen) liegt dem D.P.R. eine Liste bei,<br />
für welche Tätigkeiten diese Vorsorgeuntersuchungen<br />
Pflicht sind. <strong>Die</strong> Kosten<br />
für diese Untersuchungen sind von<br />
den Arbeitgebern zu entrichten. <strong>Die</strong><br />
gesundheitlichen Vorsorgeuntersuchungen<br />
sind sehr nützlich und es gilt<br />
darauf aufzupassen, dass sie rechtzeitig<br />
und sorgfältig durchgeführt werden. Sie<br />
geben wichtige Erkenntnisse über den<br />
Gesundheitszustand des einzelnen und<br />
den epidemiologischen Zustand (welche<br />
Risikofaktoren Krankheiten o<strong>der</strong> Unfälle<br />
verursachen) einer Abteilung o<strong>der</strong> eines<br />
Betriebes. Jedenfalls stellen die ärztlichen<br />
Untersuchungen nur einen Teil <strong>der</strong><br />
Vorbeugung und Vorsorge dar. In erster<br />
Linie sollten bereits vorher Verbesserungen<br />
an den Maschinen, Anlagen, <strong>der</strong><br />
Arbeitsumwelt und <strong>der</strong> Arbeitsorganisation<br />
vorgenommen werden.<br />
Der neue Arbeitsschutz<br />
Mit dem gesetzesvertretenden Dekret<br />
(decreto legislativo) Nr. 626 vom 19. September<br />
1994 wurden acht wesentliche<br />
europäische Richtlinien im Bereich des<br />
Arbeitsschutzes übernommen, wobei<br />
die wichtigste die Rahmenrichtlinie Nr.<br />
391/93 war. <strong>Die</strong> wichtigste Verän<strong>der</strong>ung,<br />
die sich aus <strong>der</strong> neuen Gesetzeslage ergibt,<br />
ist <strong>der</strong> verstärkte Ansatz zur Vorbeugung<br />
vor Arbeitsrisiken. Nach wie vor sind<br />
jedoch für den Arbeitsschutz im Betrieb<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber, seine gesetzlichen Vertreter<br />
und die von ihm zur Leitung und<br />
Beaufsichtigung im Betrieb bestellten<br />
Personen zuständig. An dieser Verantwortung<br />
än<strong>der</strong>t sich auch durch die Bestellung<br />
<strong>der</strong> Fachkraft für Arbeitssicherheit<br />
und den Sicherheitsbeauftragten <strong>der</strong><br />
Belegschaft nichts. <strong>Die</strong>se „Berater“ sollen<br />
dazu beitragen, die Nachhaltigkeit des<br />
betrieblichen Arbeitsschutzes zu verbessern.<br />
Es wird verstärkt das Verursacherprinzip<br />
angewendet, was dazu führt, dass<br />
auch Arbeitnehmer bei Verstößen und<br />
Verschulden mit Strafen belangt werden<br />
können.<br />
Im Juli 1996 wurden auch am Bau neue<br />
Arbeitsschutzbestimmungen erlassen<br />
(es wurde die europäische Richtlinie über<br />
die „Mindestsicherheitsvorschriften“ auf<br />
Baustellen Nr. 57/1992 übernommen).<br />
Erstmals wird auch dem Bauherrn eine<br />
verantwortliche Rolle bei <strong>der</strong> Risikobewertung<br />
und bei <strong>der</strong> Erstellung des Sicherheitsplanes<br />
zugesprochen.<br />
Allgemeine Arbeitsschutzvorschriften<br />
<strong>Die</strong>se werden vom Art. 3 des GVD<br />
Nr.626/1994 neu definiert und es wird<br />
nach dem Prinzip vorgegangen:<br />
a) Bewerten<br />
114
Arbeitsrecht<br />
b) Ausschalten<br />
c) Vermin<strong>der</strong>n.<br />
Jedenfalls sind folgende Arbeitsschutzvorschriften<br />
vorgesehen (wobei die Aufzählung<br />
gleichzeitig auch als Prioritätenlisten<br />
fungiert):<br />
a) Gesundheits- und Sicherheitsrisiken<br />
abschätzen,<br />
b) Beseitigung <strong>der</strong> Risiken o<strong>der</strong> Minimierung<br />
<strong>der</strong>selben,<br />
c) Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Risiken an <strong>der</strong><br />
Quelle,<br />
d) Ganzheitliche und kohärente Programmierung<br />
<strong>der</strong> Vorsorge,<br />
e) Starke Gefährdungen durch geringere<br />
vermin<strong>der</strong>n,<br />
f) Befolgung <strong>der</strong> Ergonomie,<br />
g) Vorrang <strong>der</strong> kollektiven Schutzmittel<br />
gegenüber persönlichen,<br />
h) Begrenzung <strong>der</strong> dem Risiko ausgesetzten<br />
Arbeitnehmer,<br />
i) Begrenzung <strong>der</strong> Gefahrenstoffe,<br />
j) Gesundheitliche Kontrollen,<br />
k) Entfernung des Arbeitnehmers von<br />
gefährlichen Arbeitsplätzen,<br />
l) Hygienemaßnahmen,<br />
m) kollektive und persönliche Schutzmaßnahmen,<br />
n) Notfallmaßnahmen,<br />
o) Information und Bildung <strong>der</strong> Arbeitnehmer,<br />
p) Angemessene Anleitungen für die Arbeitnehmer,<br />
q) Gebrauch von Sicherheits- und Hinweisschil<strong>der</strong>n,<br />
r) regelmäßige Instandhaltung.<br />
13.2. Pflichten <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
Der Arbeitgeber ist <strong>der</strong> Hauptdarsteller<br />
auf dem Parkett <strong>der</strong> Arbeitshygiene und<br />
-sicherheit. Seine diesbezügliche Verantwortung<br />
ist sehr weit und umfassend. Er<br />
ist ein „Sicherheitsschuldner“ gegenüber<br />
seinen Beschäftigten und <strong>der</strong> Umwelt.<br />
Der Art. 2050 des BGB sieht vor: „Je<strong>der</strong>,<br />
<strong>der</strong> infolge einer gefährlichen Tätigkeit<br />
einen Schaden verursacht, ist schadenersatzpflichtig,<br />
wenn er nicht nachweisen<br />
kann, alles unternommen zu haben, um<br />
den Schaden zu vermeiden. Der Art. 2087<br />
BGB sieht weiters vor, dass <strong>der</strong> Unternehmer<br />
verpflichtet ist, alle Vorkehrungen<br />
zu treffen, die notwendig sind, um die<br />
körperliche Unversehrtheit und die moralische<br />
Integrität <strong>der</strong> Beschäftigten zu<br />
gewährleisten. Das Strafgesetzbuch (Art.<br />
437 und 451) sieht bei Unterlassungen<br />
<strong>der</strong> gebotenen Vorsorge zum Schutz <strong>der</strong><br />
Gesundheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer und <strong>der</strong><br />
Umwelt auch Gefängnisstrafen vor. Aufgrund<br />
<strong>der</strong> Bestimmungen ergeben sich<br />
für die Arbeitgeber folgende Hauptverpflichtungen:<br />
1. Sie müssen mit allen technologisch<br />
möglichen Vorkehrungen verhin<strong>der</strong>n,<br />
dass die Arbeitnehmer bei <strong>der</strong> Arbeit<br />
gesundheitsschädigenden Umwelteinflüssen<br />
o<strong>der</strong> Unfallrisiken ausgesetzt<br />
sind.<br />
2. Sie haben die Arbeitnehmer über die<br />
am Arbeitsplatz vorhandenen Risikofaktoren<br />
und <strong>der</strong>en Vorbeugung zu informieren.<br />
3. Bei Notwendigkeit sind den Arbeitnehmern<br />
die persönlichen Schutz-mittel<br />
auszuhändigen und es ist auf <strong>der</strong>en regelmäßige<br />
und korrekte Verwendung<br />
zu achten.<br />
4. Bei Neuansiedelungen und Umstrukturierungen<br />
sind die zuständigen Stellen<br />
zu informieren.<br />
5. <strong>Die</strong> periodischen ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen<br />
sind durch den <strong>Die</strong>nst für<br />
Arbeitsmedizin durchführen zu lassen.<br />
115
Arbeitsrecht<br />
6. Das Unfallregister des Betriebes ist zu<br />
führen.<br />
<strong>Die</strong> neuen Bestimmungen weiten die<br />
Aufgaben des Unternehmers aus. Der<br />
Arbeitgeber muss unter Beachtung <strong>der</strong><br />
allgemeinen Arbeitsschutzvorschriften<br />
eine eingehende Bewertung aller Arbeitsabläufe<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> vorhandenen Gefahren<br />
vornehmen. Daraufhin muss <strong>der</strong><br />
Arbeitgeber einen Maßnahmenkatalog<br />
erarbeiten, welcher Folgendes beinhaltet:<br />
|- die verwendeten Kriterien müssen festgehalten,<br />
|- die gewählten Vorbeugemaßnahmen<br />
angeführt,<br />
|- ein Durchführungsprogramm <strong>der</strong> Maßnahmen<br />
muss beschlossen werden.<br />
Für die Erarbeitung des Maßnahmenkataloges<br />
ist ein bestimmtes Vorgehen<br />
vorgeschrieben. Der Arbeitgeber muss<br />
eventuell den zuständigen Arzt und den<br />
Leiter des betrieblichen Arbeitssicherheitsdienstes<br />
informieren und ihre Bewertungen<br />
und Ratschläge einholen. Weiters<br />
muss <strong>der</strong> Arbeitssicherheitsbeauftragte<br />
(<strong>der</strong> Belegschaft) konsultiert werden. Das<br />
Dokument wird im Betrieb aufbewahrt.<br />
13.2.1. Arbeitssicherheitsdienst<br />
<strong>Die</strong>ser kann internem o<strong>der</strong> externem Personal<br />
anvertraut werden. Ein interner Arbeitssicherheitsdienst<br />
ist vorgeschrieben<br />
für:<br />
a) als gefährlich eingestufte Betriebe,<br />
b) Stromkraftwerke,<br />
c) Atomanlagen,<br />
d) Herstellung und Lagerung von Sprengstoffen,<br />
-pulver und Munition,<br />
e) Industriebetriebe mit mehr als 200 Beschäftigten,<br />
f) Bergwerke mit mehr als 50 Beschäftigten.<br />
Der Arbeitgeber kann direkt die Aufgabe<br />
des Leiters des Arbeitssicherheitsdienstes<br />
übernehmen in:<br />
a) Industrie- und Handwerksbetrieben<br />
mit bis zu 30 Beschäftigten,<br />
b) landwirtschaftlichen Betrieben mit bis<br />
zu 10 Beschäftigten,<br />
c) Fischereibetrieben mit bis zu 20 Beschäftigten,<br />
d) an<strong>der</strong>en Betrieben mit bis zu 200 Beschäftigten.<br />
13.2.2. Zuständiger Arzt<br />
Dort, wo vom Gesetz eine gesundheitliche<br />
Überwachung vorgesehen ist, tritt<br />
<strong>der</strong> zuständige Arzt in Aktion. <strong>Die</strong>ser kann<br />
sein:<br />
a) ein bediensteter Arzt, <strong>der</strong> einer externen<br />
öffentlichen o<strong>der</strong> privaten Einrichtung<br />
angehört,<br />
b) ein selbständiger Arzt,<br />
c) ein Beschäftigter des Betriebes.<br />
Jedenfalls muss <strong>der</strong> zuständige Arzt eine<br />
diesbezügliche Spezialisierung aufweisen.<br />
Der zuständige Arzt hat die Pflicht,<br />
die Arbeitsräume zusammen mit dem<br />
Leiter des Arbeitssicherheitsdienstes<br />
mindestens 2 Mal im Jahr zu besuchen.<br />
Er muss auch die Arbeitnehmergesundheitskartei<br />
führen und die Arbeitnehmer<br />
über die durchgeführten Erhebungen unterrichten.<br />
13.3. Pflichten und <strong>Rechte</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer und <strong>der</strong>en<br />
Vertretungen<br />
Beim Schutz <strong>der</strong> Arbeitnehmer vor gesundheitlichen<br />
Beeinträchtigungen und<br />
Unfallgefahren gilt vor allem das Prinzip<br />
des „Selbstschutzes“. <strong>Die</strong>ses Ziel sollte<br />
von allen Arbeitnehmern und beson<strong>der</strong>s<br />
von <strong>der</strong>en Vertretungen angestrebt<br />
116
Arbeitsrecht<br />
werden. Es geht dabei darum, dass <strong>der</strong><br />
Gesundheitsschutz nicht nur eine Pflicht<br />
des Arbeitgebers gegenüber dem Gesetz<br />
ist, son<strong>der</strong>n dass die Betroffenen selbst<br />
aktiv und autonom Untersuchungen und<br />
Bewertungen <strong>der</strong> Gesundheitsgefahren<br />
am Arbeitsplatz vornehmen. <strong>Die</strong>se neue<br />
Einschätzung <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
wurde mit dem Art. 9 des Arbeitnehmerstatuts<br />
eingeführt. Darin werden die Aufgaben<br />
des „Selbstschutzes“ den gewerkschaftlichen<br />
Vertretungen übertragen.<br />
Es kommt darin zum Ausdruck, dass die<br />
Arbeitnehmer nicht nur von den Betrieben<br />
und dem Gesetz geschützt werden,<br />
sie können auch selbst Untersuchungen,<br />
Forschungen und Initiativen durchführen<br />
o<strong>der</strong> durchführen lassen.<br />
Folgende Pflichten ergeben sich für die<br />
Arbeitnehmer:<br />
1. <strong>Die</strong> Arbeitnehmer müssen die Sicherheitsvorschriften<br />
und Anordnungen<br />
des Arbeitgebers hinsichtlich <strong>der</strong> Arbeitshygiene<br />
befolgen.<br />
2. Mit den Sicherheits- und Schutzvorkehrungen<br />
ist gewissenhaft umzugehen.<br />
3. Mängel o<strong>der</strong> Ausfälle von Sicherheitsund<br />
Schutzvorkehrungen bzw. das<br />
Auftreten von Gesundheitsrisiken sind<br />
umgehend dem Arbeitgeber mitzuteilen<br />
und in Dringlichkeitsfällen ist im<br />
Rahmen <strong>der</strong> eigenen Zuständigkeiten<br />
eine Verringerung <strong>der</strong> Gefahren o<strong>der</strong><br />
Risiken anzustreben.<br />
4. Keine Sicherheits- o<strong>der</strong> Schutzeinrichtungen<br />
sind eigenmächtig zu entfernen<br />
o<strong>der</strong> zu verän<strong>der</strong>n.<br />
5. Es sind keine Handlungen zu setzen, die<br />
nicht im eigenen Kompetenzbereich<br />
liegen und die eigene Sicherheit o<strong>der</strong><br />
die an<strong>der</strong>er in Gefahr bringen.<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten <strong>Rechte</strong> sind folgende:<br />
1. Recht auf Gesundheit und Sicherheit im<br />
Allgemeinen,<br />
2. Recht auf Information,<br />
3. Recht auf persönliche und kollektive<br />
Schutzmittel,<br />
4. Recht auf die Pflichtversicherung gegen<br />
Arbeitsunfall und Berufskrankheiten,<br />
5. Recht auf vorbeugende und periodische<br />
gesundheitliche Untersuchungen,<br />
6. Recht auf Einsichtnahme ins Unfallregister<br />
über ihre Gewerkschaftsvertretungen.<br />
Für die Gewerkschaftsvertretungen ist<br />
<strong>der</strong> Art. 9 - Arbeitnehmerstatut – wie<br />
schon erwähnt – eine wichtige Grundlage<br />
für ihre Tätigkeit in diesem Bereich.<br />
Dabei müssen die im Art. 9 angeführten<br />
Gewerkschaftsvertreter keineswegs nur<br />
Betriebsangehörige sein, auch externe<br />
Gewerkschafter sind zugelassen. Jedoch<br />
ist die Rolle <strong>der</strong> internen Gewerkschaftsvertreter<br />
von größerer Bedeutung, da sie<br />
in ständigem Kontakt mit den Schwierigkeiten<br />
im Betrieb stehen. Eine gründliche<br />
Ausbildung <strong>der</strong>selben ist dabei eine Voraussetzung<br />
für eine angemessene Tätigkeit.<br />
13.3.1. Kontrolle Der Schädlichkeit<br />
des Arbeitsplatzes<br />
Um einen Arbeitsplatz beurteilen zu können,<br />
müssen die Beschäftigten folgende<br />
Informationen sammeln:<br />
a) Qualitative Informationen: welche<br />
schädlichen Faktoren sind vorhanden<br />
b) Quantitative Informationen: in welcher<br />
Menge treten die schädlichen Faktoren<br />
auf (Messungen)<br />
c) Informationen über die Auswirkungen:<br />
Sammeln aller möglichen An-gaben<br />
bezüglich <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen im Ge-<br />
117
Arbeitsrecht<br />
sundheitszustand <strong>der</strong> Beschäftigten z.<br />
B. Krankheiten, Unfälle, Abwesenheiten<br />
usw.<br />
13.3.2. Sicherheitssprecher <strong>der</strong><br />
Belegschaft<br />
Der Sicherheitssprecher (o<strong>der</strong> Arbeitnehmervertreter<br />
für Arbeitssicherheit)<br />
wird von den Arbeitnehmern gewählt<br />
o<strong>der</strong> durch die Gewerkschaften namhaft<br />
gemacht und hat eine Reihe von<br />
<strong>Rechte</strong>n, so z. B. hat er Zugang zu den<br />
diesbezüglichen Dokumenten und zu<br />
den Arbeitsstätten, Anrecht auf gezielte<br />
Information und Ausbildung, bezahlte<br />
Zeit für die Ausübung seiner Tätigkeit.<br />
<strong>Die</strong> genauen Einzelheiten regeln die<br />
jeweiligen Kollektivverträge. Er ist Ansprechpartner<br />
aller Arbeitnehmer. Es<br />
ist eine Mindestanzahl vorgesehen und<br />
zwar:<br />
1 für Betriebe bis 200 Beschäftigten<br />
3 für Betriebe zwischen 201 und 1.000<br />
Beschäftigten<br />
6 für Betriebe mit über 1.000 Beschäftigten.<br />
Für Kleinbetriebe unter 15 Beschäftigten<br />
kann ein so genannter Orts- o<strong>der</strong> bereichsübergreifen<strong>der</strong><br />
Vertreter namhaft<br />
gemacht werden.<br />
13.3.3. Notfallpläne<br />
In jedem Betrieb müssen Notfallpläne<br />
angefertigt werden. <strong>Die</strong> Arbeitnehmer<br />
haben dabei in Falle von unmittelbaren<br />
und schweren Gefahren das Recht auf<br />
rechtzeitige Information sowie auch das<br />
Recht, den Gefahrenort zu verlassen und<br />
können auch initiativ werden.<br />
13.3.4. Information und Ausbildung<br />
Der Arbeitgeber informiert die Arbeitnehmer<br />
und <strong>der</strong>en Vertreter über die<br />
mit <strong>der</strong> Arbeitstätigkeit verbundenen<br />
Risiken und über diesbezügliche Vorbeuge-<br />
und Schutzmaßnahmen. Weiters<br />
werden den Arbeitnehmern alle Maßnahmen<br />
zur Ersten Hilfe, zu Brandschutz<br />
und Betriebsevakuierung zur Kenntnis<br />
gebracht. <strong>Die</strong> Ausbildung aller Beschäftigten<br />
und <strong>der</strong>en Sicherheitssprecher<br />
in Bezug auf Sicherheit und Gesundheit<br />
am Arbeitsplatz ist Pflicht jedes Arbeitgebers<br />
und hat während <strong>der</strong> Arbeitszeit<br />
zu erfolgen. <strong>Die</strong> Inhalte werden von eigens<br />
dafür vom Gesetz vorgesehenen<br />
paritätischen Kommissionen erarbeitet.<br />
13.3.5. Gerichtliche Ahndung von<br />
Verstössen<br />
Schlägt die Vorsorge in <strong>der</strong> Arbeitshygiene<br />
und -sicherheit fehl, so kommt es oft<br />
vor, dass bei Gesetzesübertretungen die<br />
Gerichtsbehörde eingeschaltet wird. Der<br />
Richter muss dann entscheiden, ob ein<br />
Gesetzesverstoß vorliegt und wer gesetzeswidrig<br />
gehandelt hat. <strong>Die</strong> Einschaltung<br />
<strong>der</strong> Gerichtsbehörde erfolgt über<br />
Meldungen von Seiten des Arbeitsunfallinstituts<br />
(INAIL), <strong>der</strong> Arbeitsinspektoren<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ärzte bzw. über Anzeigen. Auch<br />
von sich aus kann die Gerichtsbehörde<br />
tätig werden. Natürlich hat sie eine wichtige<br />
Funktion, <strong>der</strong> sie auch nachkommt.<br />
Es braucht aber auch ein Gegengewicht,<br />
das in einer genügenden Vorbeugung<br />
zu suchen und zu finden ist und somit<br />
auch gegen Verurteilungen durch das<br />
Gericht vorbeugt. Ein kürzlich erlassenes<br />
Kassationsgerichtsurteil sieht vor, dass<br />
alle Verstöße gegen die Bestimmungen<br />
zur Arbeitssicherheit sofort dem Staatsanwalt<br />
gemeldet und strafrechtlich verfolgt<br />
werden müssen.<br />
118
Arbeitsrecht<br />
13.4. Öffentliche Einrichtungen des<br />
Arbeitsschutzes<br />
In Südtirol sind im Gegensatz zum restlichen<br />
Italien die Aufgaben und Zuständigkeiten<br />
an<strong>der</strong>s verteilt. <strong>Die</strong> folgende<br />
Aufstellung gibt eine diesbezügliche<br />
Übersicht:<br />
Tipp<br />
Aufgaben und Zuständigkeit<br />
Amt für Arbeitssicherheit<br />
Amt für Sicherheitstechnik<br />
Amt für Luft und Lärm<br />
Inspektion von Arbeitsstätten und Arbeitsstellen zur Überprüfung<br />
<strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong> Arbeitsschutzbestimmungen,<br />
<strong>der</strong> Sicherheit von Maschinen, Anlagen und Geräten;<br />
Untersuchung von Arbeitsunfällen;<br />
Information und Beratung über Bestimmungen und Regeln<br />
<strong>der</strong> Arbeitssicherheit und Arbeitshygiene; Ausbildung<br />
und Bescheinigung von Sachverständigen für Sicherheitsprüfungen;<br />
Sicherheit von Maschinen, Anlagen und Geräten, im beson<strong>der</strong>en<br />
Aufzüge, Lastenaufzüge, Kräne, Hebebühnen,<br />
Hebemittel, Freiluftleitern, Schleu<strong>der</strong>n, Elektroanlagen<br />
und Blitzschutzanlagen, Druckanlagen und -geräte: Abnahme,<br />
Überprüfung, technische Überwachung und amtliche<br />
Zulassung;<br />
Aufsicht über die Einhaltung <strong>der</strong> Bestimmungen im Bereich<br />
Arbeitssicherheit und Arbeitshygiene, mit Ausnahme<br />
<strong>der</strong> Bereiche Bergwerke, Gruben und Torfstiche, <strong>der</strong> Transporte<br />
zu Land, Wasser und Luft (wohl aber die Eisenbahnen);<br />
Sicherheitsbescheinigungen für Maschinen, Anlagen und<br />
Produkte;<br />
Aufklärung und Beratung über Sicherheitstechnik;<br />
Genehmigungen, Gutachten und Bauabnahmen für Luftemissionen,<br />
Arbeitsräume, Heizanlagen und Ammoniakanlagen;<br />
Genehmigungen und Überwachung im Bereich Lärmschutz;<br />
Genehmigung <strong>der</strong> Arbeitspläne für Asbestsanierungen;<br />
Ermächtigung zur Verwendung, Lagerung und zum Transport<br />
von Giftgasen;<br />
Überwachung von Heizanlagen und von Asbestbelastungen;<br />
Immissionsschutz, Erarbeitung und Aktualisierung des Smogalarmplanes<br />
und des Landesasbestplanes;<br />
Erarbeitung von Richtlinien, spezifischen <strong>Stand</strong>ards und Normen,<br />
Weiterbildung und Information;<br />
119
Arbeitsrecht<br />
Labor für Luft und<br />
Lärmanalysen<br />
Landesweiter <strong>Die</strong>nst<br />
für Arbeitsmedizin<br />
(organisiert durch den<br />
Sanitätsbetrieb Bozen)<br />
Arbeitsinspektorat<br />
Probeentnahmen, Messungen, Analysen, Abnahmen, Bescheinigungen,<br />
Gutachten und Forschung in den Bereichen<br />
Emissionen von Industrieanlagen und Abgasreinigungen;<br />
Feststellung <strong>der</strong> berufsbedingten Gefährdungen<br />
(Gefährdungseinstufung) und amtliche Verfügung <strong>der</strong> Verhütungsmaßnahmen;<br />
Vorsorge und Überwachungsuntersuchungen <strong>der</strong> Arbeitnehmer;<br />
Epidemiologische Untersuchungen über die berufsbedingten<br />
Erkrankungen;<br />
Wahrnehmung <strong>der</strong> Aufgaben und Befugnisse im Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> Aufsicht über die Anwendung <strong>der</strong><br />
Vorschriften <strong>der</strong> Arbeitsmedizin, einschließlich jener, die<br />
ehemals vom regionalen und Arbeitsinspektorat wahrgenommen<br />
wurden.<br />
Sozialer Arbeitsschutz, Schutz erwerbstätiger Mütter und<br />
Jugendlicher;<br />
Genehmigung und Kontrolle beson<strong>der</strong>er Arbeitsverträge;<br />
Überwachung <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Kurse des europäischen<br />
Sozialfonds;<br />
Arbeitsvermittlungskontrolle;<br />
Beratung und Information in arbeits- und sozialrechtlichen<br />
Angelegenheiten;<br />
Überwachung <strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong> arbeitsrechtlichen Bestimmungen;<br />
Verwaltungsstrafen;<br />
Arbeitsbücher, Berufsgruppen und berufliche Qualifikation<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer;<br />
Aufgaben in Zusammenhang mit <strong>der</strong> Berufsbefähigung für<br />
Arbeitsberater;<br />
Arbeitsauszeichnungen; Aufsicht über die Patronate.<br />
13.5. Bestimmungen über die Arbeitsumwelt<br />
und die Betriebsanlagen<br />
<strong>Die</strong>sbezüglich sind die beiden bereits<br />
angesprochenen Dekrete (D.P.R.) (547/<br />
1955 und 303/1956) aus dem Grund<br />
maßgebend, insofern sie Prinzipien<br />
technischer und gesundheitlicher Natur<br />
festlegen, wovon bei <strong>der</strong> Arbeit<br />
nicht abgegangen werden darf. Was<br />
die technischen Bestimmungen betrifft,<br />
so können hier nur einige als Beispiele<br />
angeführt werden. Es sind dies Bestimmungen<br />
über folgende Risiken: Spritzmittel,<br />
Druckbehälter, Aufzüge, Gerüste,<br />
Zündhölzer, Brände, Telefonanlagen, ionisierende<br />
Strahlung, Lärm, Benzol, Blei,<br />
Staub, Asbest.<br />
Das Gesetzesvertretende Dekret (GVD)<br />
Nr. 626/94 hat auch einige wichtige europäische<br />
Richtlinien in nationales Recht<br />
umgewandelt. So die Richtlinien über<br />
die Arbeitsplatzgestaltung (654/89),<br />
120
Arbeitsrecht<br />
die persönlichen Schutzausrüstungen<br />
(656/89), die Handhabung von Lasten<br />
(269/90), krebserregende Stoffe (394/90)<br />
und schädliche Umwelteinwirkungen<br />
(679/90). In Anwendung einer europäischen<br />
Richtlinie befasst sich das GVD Nr.<br />
277/91 mit Bestimmungen zum „Schutz<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer gegen die Gefährdung<br />
durch chemische Substanzen, physikalische<br />
Kräfte und biologische Einflüsse am<br />
Arbeitsplatz“. Spezifische Schutzmaßnahmen<br />
werden für Blei, Asbest und Lärm<br />
vorgeschrieben. Beispielsweise müssen<br />
im Falle von Lärm folgende Maßnahmen<br />
getroffen werden: Der Betrieb beauftragt<br />
ein spezialisiertes Unternehmen mit <strong>der</strong><br />
Erhebung des Lärmpegels und unternimmt<br />
alles (Verringerung <strong>der</strong> Lärmquellen,<br />
persönliche Schutzausrüstungen,<br />
Information und Ausbildung <strong>der</strong> Arbeitnehmer)<br />
zur Ausschaltung <strong>der</strong> Gefahren.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmer können an den Maßnahmen<br />
aktiv mitwirken.<br />
Dabei ist folgendes zu beachten:<br />
|- bei Lärmpegeln über 80 Dezibel muss<br />
ein eigenes Register für die Messungen<br />
eingerichtet werden und <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
muss technische und organisatorische<br />
Maßnahmen zur Gefährdungsbegrenzung<br />
treffen. Es ist für alle<br />
Arbeitnehmer, die es beantragen, eine<br />
Kontrolluntersuchung vorgesehen, sofern<br />
dies medizinisch bestätigt wird.<br />
|- bei Lärmpegeln über 85 Dezibel besteht<br />
zusätzlich zu den vorhergehenden<br />
Maßnahmen die Pflicht zu<br />
regelmäßigen ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen<br />
(alle 2 Jahre). Der Arbeitgeber<br />
muss angepasste, persönliche<br />
Schutzmittel zur Verfügung stellen, die<br />
gemeinsam mit den Arbeitnehmern<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Vertretungen ausgewählt<br />
werden. Zur Risikobegrenzung ist eine<br />
strengere Informationspflicht von Seiten<br />
des Arbeitgebers vorgesehen.<br />
|- bei Lärmpegeln über 90 Dezibel muss<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber den zuständigen Überwachungsorganen<br />
die getroffenen<br />
Maßnahmen bekannt geben und die<br />
Beschäftigten (o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Vertreter)<br />
informieren. <strong>Die</strong> lauten Arbeitsplätze<br />
werden gekennzeichnet, und <strong>der</strong> Zugang<br />
wird beschränkt. <strong>Die</strong> Vorsorgeuntersuchungen<br />
müssen einmal jährlich<br />
durchgeführt werden. Für die Beschäftigten<br />
gilt die Pflicht zur Verwendung<br />
<strong>der</strong> persönlichen Schutzmittel.<br />
<strong>Die</strong> Strafen sind folgende:<br />
|- bei Verstößen durch den Arbeitgeber<br />
o<strong>der</strong> von Führungskräften von 1.032,91<br />
Euro 25.822,84 Euro;<br />
|- bei Verstößen von Vorgesetzten, Vorarbeitern<br />
von 516,46 Euro bis 5.164,57<br />
Euro;<br />
|- bei Verstößen durch Arbeitnehmer von<br />
154,94 Euro bis 1.032,91Euro;<br />
|- bei Verstößen durch die Hersteller und<br />
Vertreiber von Maschinen und Geräten<br />
von 7.746,85 Euro bis 20.658,28 Euro;<br />
|- bei Verstößen <strong>der</strong> Ärzte von 206,58 bis<br />
3.098,74 Euro.<br />
Erste Hilfe<br />
Der Arbeitgeber hat dafür Sorge zu tragen,<br />
dass den Unfallverletzten, auch bei<br />
kleinen Verletzungen, unmittelbar Hilfe<br />
geleistet wird.<br />
13.6. Risikofaktoren Bei <strong>der</strong> Arbeit<br />
Vereinfacht können 4 Gruppen von Risiken<br />
unterschieden werden:<br />
1. Belastungen durch die Arbeitsumwelt<br />
(Temperatur, Feuchtigkeit, Beleuchtung,<br />
Lärm usw.); Bei diesen Faktoren<br />
121
Arbeitsrecht<br />
gibt es jeweils einen Bereich optimaler<br />
Werte, die für die Menschen verträgliche<br />
Verhältnisse bieten.<br />
2. Verschmutzungen <strong>der</strong> Arbeitsumwelt<br />
durch verschiedene Faktoren, die<br />
mit dem Produktionsablauf im Zusammenhang<br />
stehen (Gase, Dämpfe,<br />
Staub, Giftstoffe usw.); <strong>Die</strong> Konzentration<br />
gefährlicher Arbeitsstoffe am<br />
Arbeitsplatz sollte gleich Null sein. Jedenfalls<br />
sollten die MAK-Werte (Maximale<br />
Arbeitsplatzkonzentration) nicht<br />
überschritten werden. <strong>Die</strong> Schädlichkeit<br />
eines Stoffes hängt neben verschiedenen<br />
Faktoren vor allem von<br />
<strong>der</strong> Konzentration und von <strong>der</strong> Aussetzungsdauer<br />
ab.<br />
3. Körperliche Belastungen; Bei zu hoher<br />
Intensität <strong>der</strong> körperlichen Arbeit treten<br />
mit Sicherheit Schäden auf. <strong>Die</strong> körperlichen<br />
Belastungen sind aufgrund<br />
<strong>der</strong> technologischen Entwicklung eher<br />
im Abnehmen begriffen.<br />
4. Geistige Belastungen; Schlechte Arbeitsorganisation,<br />
zu lange Arbeitsdauer,<br />
keine gute Pausenregelung, Verantwortung,<br />
Leistungsdruck, Angst um den<br />
Arbeitsplatz, Frustration, unpassendes<br />
Arbeitstempo und unnatürliche Körperhaltungen<br />
führen sehr oft zu Stress,<br />
innerer Spannung, Ermüdung und Zermürbung.<br />
Geistige Störungen können<br />
sehr leicht zu Krankheiten führen.<br />
Das Arbeitsklima unserer mo<strong>der</strong>nen Industrie-<br />
und <strong>Die</strong>nstleistungsgesellschaft<br />
ist zunehmend durch innere Anspannung<br />
gekennzeichnet.<br />
Gesundheitliche Folgeschäden durch<br />
Belastungen<br />
Wir unterscheiden zwischen drei Arten<br />
von Schäden: Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten<br />
und allgemeine Krankheiten, die<br />
von <strong>der</strong> Arbeit mit verursacht wurden. Für<br />
die ersteren beiden gibt es eine sozialversicherungsmäßige<br />
Abdeckung, die im Teil<br />
über die Arbeitunfallversicherung näher<br />
behandelt wird.<br />
Menschengerechte<br />
Arbeitsplatzgestaltung<br />
Der gesetzliche Arbeitsschutz hat eine<br />
eher defensive Stoßrichtung im Sinne<br />
<strong>der</strong> Verhin<strong>der</strong>ung von Arbeitsunfällen,<br />
Berufskrankheiten und sonstigen arbeitsbedingten<br />
Gesundheitsschäden. Dem<br />
gegenüber ist die menschengerechte<br />
Arbeitsplatzgestaltung (Ergonomie) im<br />
Sinne offensiver Maßnahmen auf die<br />
Herstellung möglichst positiver, die Menschenwürde<br />
und die Persönlichkeitsentfaltung<br />
för<strong>der</strong>nde Arbeitsbedingungen<br />
gerichtet. <strong>Die</strong>se wird vor allem von Gewerkschaften,<br />
Arbeitswissenschaftlern<br />
und aufgeschlossenen Betrieben vorangetrieben,<br />
liegt aber oft noch in den Anfängen.<br />
Positiv ist, dass mit dem GDV Nr.<br />
626/94 erstmals ausdrücklich die Ergonomie<br />
als Ziel des Arbeitsschutzes genannt<br />
wurde.<br />
14. Gleichstellung von Mann<br />
und Frau<br />
Bereits die Verfassung sieht die Gleichheit<br />
<strong>der</strong> Bürger vor dem Gesetz vor (Art.<br />
3). Daraus ergibt sich auch für die Betriebe<br />
die Pflicht, die berufliche Gleichheit<br />
einzuhalten. Auch internationale Vereinbarungen,<br />
die für Italien bindend sind,<br />
sehen die Gleichstellung vor. So die<br />
Konvention <strong>der</strong> Internationalen Arbeitsorganisation<br />
(ILO) Nr. 100 über die Lohngleichheit,<br />
die Europäische Richtlinie<br />
122
Arbeitsrecht<br />
1976/207 über die Gleichbehandlung<br />
von Mann und Frau was den Zugang<br />
zum Arbeitsmarkt, zur Ausbildung und<br />
Berufsför<strong>der</strong>ung betrifft, sowie über die<br />
Arbeitsbedingungen, die Europäische<br />
Richtlinie vom 19. Dezember 1978 zur<br />
stufenweisen Angleichung <strong>der</strong> sozialversicherungsbedingten<br />
Gleichstellung<br />
zwischen Mann und Frau, die Empfehlungen<br />
des Europäischen Rates vom 13.<br />
Dezember 1984 und Nr. 131/1992 zur<br />
Durchführung so genannter „positiver<br />
Aktionen“ zugunsten <strong>der</strong> Frauen und<br />
zum Schutz <strong>der</strong> Würde <strong>der</strong> arbeitenden<br />
Frauen und Männer. <strong>Die</strong>se Regelungen<br />
wurden vor allem mit den Gesetzen Nr.<br />
903/1977 und Nr. 125/1991 umgesetzt.<br />
Mit dem Gesetz Nr. 903/1977 wurden<br />
alle Formen <strong>der</strong> Diskriminierung wegen<br />
des Geschlechtes auf allen Ebenen<br />
<strong>der</strong> beruflichen Skala und in allen Arbeitsbereichen<br />
im privaten und öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst verboten. Das Gesetz Nr.<br />
125/1991 sieht 2 Arten positiver Aktionen<br />
vor:<br />
|- die verpflichtenden positiven Aktionen<br />
zu Lasten <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung<br />
und als Wie<strong>der</strong>gutmachung<br />
durch den Richter bei einem Diskriminierungsverstoß<br />
und die<br />
|- freiwilligen positiven Aktionen die von<br />
verschiedenen Subjekten eingeleitet<br />
werden können.<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten Einrichtungen für Maßnahmen<br />
in Richtung Gleichbehandlung<br />
sind die Gleichstellungsrätin (die bei <strong>der</strong><br />
Landesverwaltung ihren Sitz hat) und<br />
die Gewerkschaften. Betriebe mit mehr<br />
als 100 Beschäftigten müssen einen<br />
jährlichen Bericht über die Situation des<br />
weiblichen und männlichen Personals<br />
<strong>der</strong> Gleichstellungsrätin übermitteln.<br />
15. Strafen für Verstösse gegen<br />
das Arbeitsrecht<br />
Generell ist das Arbeitsinspektorat für die<br />
Überwachung <strong>der</strong> Einhaltung des engeren<br />
Arbeitsrechts zuständig. Eine genaue<br />
Aufgabenbeschreibung desselben findet<br />
sich in Kapitel 13.4.<br />
Am 26. April 1995 ist im Sinne des gesetzesvertretenden<br />
Gesetzes Nr. 758 vom<br />
19.12.1994 eine neue Strafordnung in<br />
Kraft getreten.<br />
Dabei ist zu bemerken, dass nur mehr bei<br />
Vergehen gegen die Sicherheit und die<br />
Gesundheit <strong>der</strong> Arbeitnehmer eine strafbare<br />
Handlung vorliegt, die durch das<br />
Strafgesetzbuch bestraft wird. Alle an<strong>der</strong>en<br />
Vergehen gelten als Verwaltungsstrafen<br />
und werden mit einer Geldstrafe<br />
geahndet. Zuständig für das Verhängen<br />
<strong>der</strong> Strafen sind die Arbeitsinspektoren<br />
(Arbeitsinspektorat, Amt für Unfallverhütung<br />
usw.).<br />
Flexible Arbeitsorganisation wird<br />
geför<strong>der</strong>t<br />
Laut Art. 9 des Gesetzes Nr. 53/2000 sind<br />
zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf in <strong>der</strong> Privatwirtschaft<br />
Finanzierungsmöglichkeiten für die Flexibilisierung<br />
<strong>der</strong> betrieblichen Arbeitsorganisation<br />
bzw. für die Umsetzung von<br />
Bildungsprogrammen zur Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ung<br />
von Arbeitnehmerinnen nach<br />
dem Mutterschaftsurlaub vorgesehen.<br />
Voraussetzung hierfür sind entsprechende<br />
Vereinbarungen zwischen dem Betrieb<br />
und den repräsentativen Gewerkschaftsvertretungen.<br />
123
Sozialrecht<br />
1. Soziale Sicherheit<br />
Zum Sozialrecht zählen alle jene Regelungen,<br />
die die soziale Sicherheit anstreben.<br />
Unter sozialer Sicherheit werden<br />
in erster Linie Bereiche sozialpolitischer<br />
Maßnahmen verstanden, die nicht unmittelbar<br />
<strong>der</strong> Hebung, son<strong>der</strong>n dem<br />
Schutz <strong>der</strong> Lebenslage vor bestimmten<br />
Gefahren dienen. Dabei wird an Gefahren<br />
gedacht, die aus eigener Kraft abzuwenden<br />
dem/<strong>der</strong> Gefährdeten nicht<br />
o<strong>der</strong> nicht ohne weiteres möglich ist.<br />
Es muss gleich zu Beginn jedoch eine<br />
wichtige Unterscheidung zwischen <strong>der</strong><br />
Vorsorge einerseits und <strong>der</strong> Fürsorge<br />
(Versorgung) an<strong>der</strong>erseits getroffen<br />
werden. <strong>Die</strong> Sozialversicherung bzw. die<br />
Privatversicherung ist ein Instrument <strong>der</strong><br />
Vorsorge, das heißt, es müssen vorher<br />
Beiträge entrichtet werden, während<br />
sich die Fürsorge (Versorgung) dadurch<br />
unterscheidet, dass ihre Leistungen<br />
ohne vorausgehende Beitragsentrichtungen<br />
gewährt und die Kosten aus allgemeinen<br />
Steuermitteln aufgebracht<br />
werden. Während auf die Leistungen <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung ein Rechtsanspruch<br />
besteht, gibt es diesen nicht für Fürsorgeleistungen.<br />
Anhand <strong>der</strong> folgenden<br />
Grafik sollte ein besserer Überblick gewährleistet<br />
werden:<br />
Tipp<br />
Soziale Sicherheit<br />
Vorsorge<br />
Fürsorge<br />
Versorgung<br />
Sozialversicherung<br />
Rentenversicherung Lebensminimum Verbrechensopferversorgung<br />
Krankenversicherung Zivilinvalidenfürsorge Verkehrsopferversorgung<br />
Arbeitsunfallversicherung Behin<strong>der</strong>tenfürsorge Kriegs- und<br />
Heeresopferversorgung<br />
Privatversicherung Blindenfürsorge<br />
Sozialgeld<br />
2. Sozialversicherung<br />
<strong>Die</strong> Sozialversicherung ist eine mit öffentlich-rechtlichem<br />
Zwangscharakter<br />
ausgestattete Solidareinrichtung zur<br />
Absicherung vor Gefahren, die <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Existenz des einzelnen und<br />
seiner Familie bei Eintritt bestimmter Ereignisse,<br />
wie Krankheit, Unfall, Erwerbsunfähigkeit,<br />
Alter und Tod, drohen. <strong>Die</strong><br />
Einrichtung <strong>der</strong> Sozialversicherung verwirklicht<br />
den Gedanken des sozialen<br />
Ausgleichs, indem jene Personenkreise,<br />
die von gleichartigen Gefahren (wie vorhin)<br />
bedroht werden, zu einer öffentlich<br />
rechtlichen Risikogemeinschaft zusammen<br />
gefasst werden. <strong>Die</strong> Zugehörigkeit<br />
des einzelnen Versicherten zu den verschiedenen<br />
Risikogemeinschaften ist<br />
durch Gesetz genau festgelegt. <strong>Die</strong> Mit-<br />
124
Sozialrecht<br />
tel zur Deckung <strong>der</strong> Leistungen für die<br />
von einem Schaden betroffenen Mitglie<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Risikogemeinschaften werden<br />
durch Beiträge aufgebracht.<br />
Im Gegensatz zur Privatversicherung ist<br />
die Sozialversicherung nicht vom Prinzip<br />
<strong>der</strong> Verhältnismäßigkeit zwischen Beiträgen<br />
einerseits und Risiko bzw. Leistungen<br />
an<strong>der</strong>erseits beherrscht, son<strong>der</strong>n<br />
alle haben gleiche Beiträge, die sich am<br />
Einkommen orientieren, zu leisten. <strong>Die</strong><br />
Finanzierung erfolgt durch Beiträge <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer, <strong>der</strong> Unternehmer und<br />
zum Teil durch staatliche Zuschüsse. Zusammenfassend<br />
können drei Merkmale<br />
<strong>der</strong> Sozialversicherung festgehalten<br />
werden:<br />
1. Zwangscharakter (Versicherungspflicht<br />
kraft Gesetz)<br />
2. Rechtsanspruch auf Leistungen (Unterschied<br />
zur Fürsorge)<br />
3. Inniger Zusammenhang <strong>Die</strong>nstverhältnis-Sozialversicherung<br />
<strong>Die</strong> drei wichtigsten Funktionen <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung sind:<br />
1. Schutz des/<strong>der</strong> Einzelnen<br />
2. Vorbeugeaufgaben (z. B. Gesundheitsschutz,<br />
Mutterschutz)<br />
3. Festlegung <strong>der</strong> gesetzlichen Leistung.<br />
2.1. Geschichtliche Entwicklung <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung in Italien<br />
Geschichtlich gesehen waren die ersten<br />
sozialpolitischen Schritte des Staates<br />
darauf ausgerichtet, die private und öffentliche<br />
Wohlfahrt anzuregen. Jedenfalls<br />
waren die Mittel für die Wohlfahrt<br />
unzureichend, es bestand kein Rechtsanspruch<br />
auf die Leistungen und die<br />
Arbeitnehmer waren jedem an<strong>der</strong>en<br />
Staatsbürger gleichgestellt. <strong>Die</strong> Verän<strong>der</strong>ungen<br />
durch die Industrialisierung<br />
Italiens brachten die Unzulänglichkeiten<br />
eines auf die freiwillige Wohlfahrt gestützten<br />
sozialen Schutzes für die arbeitende<br />
Bevölkerung zutage. <strong>Die</strong>s auch,<br />
weil oft politisch-religiöse Überzeugungen<br />
ausschlaggebend für Hilfen waren.<br />
Es setzte sich immer mehr die Überzeugung<br />
durch, dass <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong><br />
Lebenslage <strong>der</strong> Arbeitnehmer vor bestimmten<br />
Gefahren (Krankheit, Unfall,<br />
Alter, Arbeitslosigkeit) durch frühzeitige<br />
Bereitstellung von Finanzmitteln begegnet<br />
werden sollte. Zunächst wurde ein<br />
individualistisches Versicherungssystem<br />
eingeführt. Auf dieser Basis entstanden<br />
Ende des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts die ersten<br />
Sozialversicherungen auf freiwilliger<br />
Basis. Zunächst die Versicherung gegen<br />
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten<br />
(1883) und dann die Alters- und Invalidenversicherung<br />
(1898). Jedoch waren<br />
diese Versicherungen unweigerlich ein<br />
Fehlschlag. Sie setzten nämlich voraus,<br />
dass die Betroffenen über einen hohen<br />
Vorsorgesinn und mehr Geldmittel als<br />
zum Leben notwendig verfügten.<br />
Durch die Kämpfe <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />
und <strong>der</strong> politischen Vertreter <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
musste schließlich <strong>der</strong> aus<br />
<strong>der</strong> französischen Revolution hervorgegangene<br />
Staat liberalistischer Ausrichtung<br />
in die Beziehungen zwischen<br />
Kapital und Arbeit mit sozialpolitischen<br />
Regelungen eingreifen. Am Ende des<br />
langen Weges <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
stand dann die öffentlichrechtliche<br />
Sozialversicherung mit <strong>der</strong> Pflichtmitgliedschaft.<br />
<strong>Die</strong> erste Form <strong>der</strong> verpflichtenden<br />
Sozialversicherung in Italien gab<br />
es 1898 mit <strong>der</strong> Arbeitsunfallversicherung<br />
für die Industriearbeiter. Es folgen<br />
die Invaliditäts- und Altersversicherung<br />
125
Sozialrecht<br />
(1919), die Arbeitslosenversicherung<br />
(1919), die Tuberkulosenversicherung<br />
(1927) und die Krankenversicherung<br />
(1943). <strong>Die</strong> <strong>der</strong>zeit geltende Verfassung<br />
<strong>der</strong> italienischen Republik hat die öffentlich-rechtliche<br />
Sozialversicherung auf<br />
eine neue Ebene gestellt. Infolgedessen<br />
wurden beim INPS/NISF mit Gesetzesmaßnahmen<br />
folgende Versicherungsformen<br />
eingeführt:<br />
|- <strong>der</strong> Bauernpensionsfonds (1957),<br />
|- <strong>der</strong> Handwerkerpensionsfonds (1959),<br />
|- <strong>der</strong> Kaufleutepensionsfonds (1966),<br />
|- <strong>der</strong> Pensionsfonds <strong>der</strong> freien Mitarbeiter<br />
(1995).<br />
2.2. INPS/NISF<br />
Das Istituto nazionale della previdenza<br />
sociale = Nationalinstitut für soziale Fürsorge<br />
INPS/NISF (müsste Vorsorge heißen)<br />
bietet folgende Leistungen an:<br />
|- Auszahlung <strong>der</strong> Renten:<br />
Altersrente, <strong>Die</strong>nstaltersrente, Invalidengeld,<br />
Arbeitsunfähigkeitsrente, Sozialgeld,<br />
Auslandsrente.<br />
|-Rentenberechnung, Neufestlegungen<br />
und Zuschläge:<br />
Für Versicherungsbeiträge, die bei <strong>der</strong><br />
Erstliquidierung nicht berücksichtigt<br />
wurden, für Neuzusammensetzung <strong>der</strong><br />
Familie o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einkommen, für Versicherungsbeiträge,<br />
die nach <strong>der</strong> Erstliquidierung<br />
eingezahlt wurden, usw.<br />
|- Zahlung des Familiengeldes und <strong>der</strong><br />
-zulagen,<br />
|- Zahlung des Arbeitslosengeldes,<br />
|- Zahlung <strong>der</strong> Lohnausgleichskasse,<br />
|- Zahlung des Kranken- und Mutterschaftsgeldes,<br />
|- Zahlung des Tuberkulosengeldes,<br />
|- ärztliche Untersuchungen zur Feststellung<br />
<strong>der</strong> Invalidität /Arbeitsunfähigkeit,<br />
|- Gewährung von Thermalkuren,<br />
|- Einschreibung <strong>der</strong> Betriebe,<br />
|- Führung <strong>der</strong> Versicherungspositionen<br />
<strong>der</strong> abhängigen und unabhängig Beschäftigten,<br />
|- Anmeldung <strong>der</strong> Hausangestellten,<br />
|- Ausstellung des Versicherungsauszuges,<br />
|- Zulassung zur freiwilligen Weiterversicherung,<br />
|- Ausstellung <strong>der</strong> Steuerunterlagen,<br />
|- Behandlung <strong>der</strong> Gesuche um Zusammenlegung<br />
<strong>der</strong> Versicherungszeiten<br />
o<strong>der</strong> Nachkauf <strong>der</strong>selben.<br />
2.3. Beiträge und Leistungen <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung<br />
Das Versicherungsverhältnis ist ein<br />
schwieriges Rechtsverhältnis. Es wird<br />
zwischen meistens drei verschiedenen<br />
Subjekten eingegangen. Daran<br />
beteiligt sind das Sozialversicherungsinstitut,<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber als Versicherungsnehmer<br />
und <strong>der</strong> Arbeitnehmer als<br />
Versicherter. Bei Selbständigen ist das<br />
Rechtsverhältnis nur zwischen diesem<br />
und dem Sozialversicherungsinstitut.<br />
Das Sozialversicherungsinstitut hat<br />
die öffentliche Aufgabe, das Versicherungsverhältnis<br />
zu begründen und<br />
die Leistungen auszuzahlen, wenn die<br />
gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt<br />
werden. Gleichzeitig hat es das Recht<br />
zur Einhebung <strong>der</strong> Beiträge gegenüber<br />
dem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber hat<br />
die Beitragspflicht für sich und für die<br />
Beiträge des Arbeitnehmers, die er bei<br />
<strong>der</strong> Lohnabrechnung einbehält. Der<br />
Arbeitnehmer hat das Recht auf die<br />
Leistungen. Damit dieses auch gewährleistet<br />
wird, gibt es die sogenannte Automatik<br />
<strong>der</strong> Versicherungsleistungen,<br />
126
Sozialrecht<br />
d. h. dass <strong>der</strong> Arbeitnehmer auf jeden<br />
Fall Anrecht auf die Leistungen aus<br />
<strong>der</strong> Sozialversicherung hat, auch wenn<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber die Beiträge nicht eingezahlt<br />
hat. Bei <strong>der</strong> Alters- und Invalidenrente<br />
ist jedoch auf die 10-jährige<br />
Verfallsfrist für den Arbeitnehmer und<br />
die 5-jährige Verfallsfrist für den Arbeitgeber<br />
aufzupassen, welche ab dem Tag,<br />
an welchem die Beiträge eingezahlt<br />
werden müssten, anläuft. Werden die<br />
Versicherungsbeiträge definitiv nicht<br />
eingezahlt, dann verliert <strong>der</strong> Beschäftigte<br />
das Recht auf die Leistungen und<br />
kann den Arbeitgeber aufgrund des Art.<br />
2116 BGB auf Schadenersatz klagen. Ein<br />
Gesetz aus dem Jahre 1962 (Nr. 1338)<br />
jedoch ermöglicht es dem Arbeitgeber<br />
und an seiner Stelle dem Arbeitnehmer,<br />
durch freiwillige Beitragsleistung (mathematische<br />
Reserve) eine Rente o<strong>der</strong><br />
entsprechende Rentenquote im Ausmaß<br />
<strong>der</strong> verlorenen Versicherungszeit<br />
zu erwerben. <strong>Die</strong>sbezüglich muss das<br />
Bestehen des Arbeitsverhältnisses mit<br />
Originalbelegen nachgewiesen werden<br />
(keine nachträgliche Erklärung).<br />
Für einige Sozialversicherungen (Arbeitsunfall,<br />
Berufskrankheiten, Arbeitslosigkeit,<br />
Tuberkulose, Lohnausgleichskasse,<br />
Familienzulagen, Krankenversicherung<br />
usw.) sind die Beiträge gänzlich zu Lasten<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber, für an<strong>der</strong>e (Altersund<br />
Invaliditätsversicherung) erfolgt die<br />
Beitragsleistung von Seiten <strong>der</strong> Arbeitgeber<br />
und -nehmer.<br />
Insgesamt werden für die lohnabhängig<br />
Beschäftigten 33,00 % an Sozialabgaben<br />
eingezahlt, wobei 9,19 % vom<br />
Arbeitnehmer über dem Lohnstreifen<br />
für die Pensionsversicherung eingezahlt<br />
werden. Folgende Beiträge fließen<br />
auf den Fonds für temporäre Leistungen<br />
beim INPS/NISF: Arbeitslosen,<br />
Garantiefonds Abfertigung, Tuberkulose,<br />
ordentliche und außerordentliche<br />
Lohnausgleichskasse, Lohnausgleich in<br />
<strong>der</strong> Landwirtschaft, Krankengeld, Mutterschaft<br />
und Familiengeld. Als einziger<br />
Beitrag ist die Prämie zur Arbeitsunfallversicherung<br />
in etwa einer Prämie einer<br />
Privatversicherung gleichzustellen.<br />
In <strong>der</strong> Tat sind die Prämien des INAIL<br />
von <strong>der</strong> vorherigen Festlegung des Risikos<br />
abhängig und müssen im Voraus<br />
bezahlt werden.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge zur Sozialversicherung<br />
sind als Teil des angemessenen Lohnes<br />
im Sinne des Art. 36 <strong>der</strong> Verfassung<br />
anzusehen. Sie sind we<strong>der</strong> als<br />
Steuern (allgemeiner Pflichtbeitrag<br />
zum Gemeinwesen) noch als Gebühr<br />
(freiwillige Beteiligung für gefor<strong>der</strong>te<br />
<strong>Die</strong>nstleistung) anzusehen. <strong>Die</strong> Beiträge<br />
zur Sozialversicherung sind von <strong>der</strong><br />
Einkommenssteuer befreit. <strong>Die</strong> Beiträge<br />
werden mittels EMENS-Meldung online<br />
an das NISF/INPS überwiesen.<br />
Dabei werden die Beiträge auf die gesamten<br />
Bruttoentlohnungen <strong>der</strong> Beschäftigten<br />
angewendet. Derzeit ist es<br />
nicht Pflicht <strong>der</strong> Arbeitgeber, einmal im<br />
Jahr eine Bestätigung über die erfolgte<br />
Einzahlung <strong>der</strong> Sozialabgaben und <strong>der</strong><br />
versicherten Wochen auszustellen.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitgeber müssen nur das Mod.<br />
CUD ausstellen (siehe dazu Kapitel Arbeitsrecht<br />
-Sozialabgaben). Für Lehrlinge<br />
(und Gleichgestellte) werden nie<strong>der</strong>ere<br />
Prozentsätze eingezahlt. Für die<br />
Selbstständigenfonds und die Hausangestellten<br />
gibt es eigene Beitragsmodalitäten.<br />
127
Sozialrecht<br />
2.4. Finanzierungssysteme:<br />
Kapitalisierungs- und<br />
Umlageverfahren<br />
<strong>Die</strong> Anwendung des richtigen Finanzierungssystems<br />
für periodische Geldleistungen<br />
gerät immer wie<strong>der</strong> ins<br />
Zentrum <strong>der</strong> Diskussion. Im Grunde<br />
können alle Systeme auf zwei zurückgeführt<br />
werden: das Umlageverfahren<br />
(Generationenvertrag) und das Kapitalisierungsverfahren.<br />
Das Kapitalisierungsverfahren<br />
mit konstantem<br />
Durchschnittsbeitrag ist durch zwei<br />
technische Reserven gekennzeichnet:<br />
den Reservefonds <strong>der</strong> Versicherten, im<br />
welchem fortlaufend die Beträge eingefroren<br />
werden, um die zukünftigen<br />
Leistungserwartungen zu befriedigen<br />
und den Reservefonds <strong>der</strong> Rentenbezieher,<br />
welcher das gesamte angereifte<br />
Kapital beinhaltet, das zur Auszahlung<br />
<strong>der</strong> gesamten Lebensrente notwendig<br />
ist. Das Umlageverfahren hat keinen<br />
Reservefonds notwendig (eventuell<br />
kann ein gesetzlicher Reservefonds vorgeschrieben<br />
sein), da <strong>der</strong> Beitrag ausreichend<br />
sein muss, um die jährlichen<br />
Rentenraten auszuzahlen. Es gibt auch<br />
ein Mischsystem, das Kapitaldeckungsverfahren.<br />
Dabei gibt es nur einen Reservefonds,<br />
den Reservefonds für die<br />
laufenden Renten. Der Beitrag wird so<br />
festgelegt, dass er ausreicht um den<br />
Fonds für die laufenden Rentenleistungen<br />
voll abzudecken.<br />
Beim Kapitalisierungsverfahren entspricht<br />
<strong>der</strong> Beitragszahler dem Begünstigten<br />
(private Rentenversicherungen),<br />
beim Umlageverfahren (öffentliche<br />
Pflichtversicherung für Renten) und<br />
Kapitaldeckungsverfahren (italienisches<br />
Rentensystem bis 1970) sind<br />
diese verschieden, weil <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige<br />
Arbeitnehmer die im betreffenden<br />
Jahr angereiften Renten bezahlt. Das<br />
Kapitalisierungssystem wäre sicherlich<br />
das stabilste Verfahren, weil ein Gleichgewicht<br />
zwischen Verpflichtungen<br />
gegenüber den Versicherten, den bezahlten<br />
Beiträgen und den angehäuften<br />
Reserven entsteht. Aber das nur in<br />
<strong>der</strong> Theorie, denn <strong>der</strong> Geldwert und die<br />
Rendite sind im Verlauf <strong>der</strong> Generationen<br />
großen Schwankungen unterworfen<br />
und führen damit – das hat sich in<br />
<strong>der</strong> Geschichte immer wie<strong>der</strong> gezeigt –<br />
zu einer Zerstörung <strong>der</strong> Reserven.<br />
Infolgedessen wird heute in <strong>der</strong> Sozialversicherung<br />
und beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Rentenversicherung<br />
das Umlageverfahren<br />
angewendet. Es ist dies ein Generationenvertrag,<br />
das heißt: <strong>Die</strong> Beiträge, die<br />
heute von den Versicherten vom Arbeitseinkommen<br />
abgegeben werden,<br />
werden sofort für die Zahlung <strong>der</strong> Renten<br />
und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Leistungen <strong>der</strong><br />
Rentenversicherung verwendet. <strong>Die</strong><br />
beitragszahlende, junge Generation finanziert<br />
also die Renten <strong>der</strong> Älteren –<br />
daher <strong>der</strong> Begriff Generationenvertrag.<br />
<strong>Die</strong> Rente <strong>der</strong> heute jüngeren Generation<br />
wird dann wie<strong>der</strong>um von den Beiträgen<br />
<strong>der</strong> folgenden Generation finanziert.<br />
Dadurch werden keine Reserven<br />
angehäuft und es gibt kein Risiko, dass<br />
diese sich entwerten, unrentabel werden<br />
o<strong>der</strong> verschwinden. In diesem System<br />
sind die Beiträge am Anfang geringer,<br />
steigen dann aber tendenziell, da<br />
immer mehr Renten von immer älteren<br />
Menschen finanziert werden müssen.<br />
2.5. Hilfestellung durch Patronate<br />
Zur Erreichung <strong>der</strong> Leistungen <strong>der</strong> So-<br />
128
Sozialrecht<br />
zialversicherung und für etwaige Kontrollen<br />
bezüglich <strong>der</strong> Beitragspflicht stehen<br />
die Patronate allen Arbeitnehmern<br />
mit Rat und Tat zur Seite (siehe auch<br />
Kapitel Patronate).<br />
3. Rentenversicherung<br />
Eine <strong>der</strong> wesentlichen Säulen <strong>der</strong> Sozialversicherung<br />
ist die öffentlich-rechtliche<br />
Pensionsversicherung. Das Durchschnittsalter<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung steigt<br />
fortwährend. Je mehr Menschen nun<br />
das Pensionsalter rüstig und gesund erreichen,<br />
um so mehr steigt die Bedeutung<br />
<strong>der</strong> Altersversorgung. Den älteren<br />
Erwerbstätigen sollen die Einkommen<br />
aus eigener Arbeit durch Leistungen<br />
aus <strong>der</strong> Pensionsversicherung ersetzt<br />
werden, um ihnen einen sorgenfreieren<br />
Lebensabend zu gewähren. <strong>Die</strong>se gesellschaftliche<br />
Aufgabe nimmt in zivilisierten<br />
Gesellschaften einen wichtigen<br />
Raum im Leben <strong>der</strong> Erwerbstätigen und<br />
<strong>der</strong> Rentner ein. <strong>Die</strong> allgemeine Pflichtversicherung<br />
für Invaliditäts-, Altersund<br />
Hinterbliebenenrenten (assicurazione<br />
generale obbligatoria – AGO), wird<br />
vom INPS/NISF verwaltet. Der größte<br />
Pensionsfonds ist <strong>der</strong> Pensionsfonds<br />
<strong>der</strong> abhängig Beschäftigten (fondo<br />
pensione lavoratori dipendenti – FPLD).<br />
In diesem Fonds sind alle jene Bediensteten<br />
<strong>der</strong> Privatwirtschaft versichert,<br />
welche keinem Son<strong>der</strong>pensionsfonds<br />
(Flugpersonal, ex Zollbeamte, Beschäftigter<br />
öffentlicher Personentransportbetriebe),<br />
o<strong>der</strong> Zusatzpensionsfonds<br />
(Steuereinhebungsbedienstete, Bergarbeiter,<br />
Gaswerker, Seeleute, Eisenbahnbedienstete)<br />
angehören. Ferner<br />
verwaltet das INPS/NISF auch die Pensionsfonds<br />
<strong>der</strong> Selbständigen (Handwerker,<br />
Kaufleute, Bauern). <strong>Die</strong> öffentlich<br />
Bediensteten gehören sogenannten<br />
ausschließenden Rentenfonds an. Alle<br />
Pensionsfonds und Sozialversicherungseinrichtungen<br />
<strong>der</strong> öffentlich Bediensteten<br />
sind mittlerweile in einer<br />
Körperschaft öffentlichen Rechts zusammengefasst<br />
worden. <strong>Die</strong>se heißt<br />
„Istituto nazionale di previdenza per i<br />
dipendenti dell‘amministrazione pubblica<br />
(INPDAP). Weiters gibt es noch<br />
eine Reihe von Son<strong>der</strong>fonds (Schauspieler,<br />
Journalisten, Zeitungsdrucker),<br />
die nicht vom INPS/NISF verwaltet werden.<br />
Das INPS/NISF, eine Körperschaft<br />
öffentlichen Rechts, hat seine Wurzeln<br />
in <strong>der</strong> auf freiwilliger Basis aufgebauten<br />
„Cassa nazionale di previdenza per<br />
l‘invalidità e la vecchiaia degli operai“.<br />
<strong>Die</strong>se Pflichtversicherung besteht<br />
seit 1920. Mit <strong>der</strong> Pensionsreform von<br />
1995 (Gesetz Nr. 335 vom 8.8.1995)<br />
wurde nach jener von 1992 (Gesetz Nr.<br />
503 vom 30.12.1992) eine weitere einschneidende<br />
Verän<strong>der</strong>ung im Rentensystem<br />
vorgenommen.<br />
Im Mittelpunkt <strong>der</strong>selben steht die Harmonisierung<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Rentensysteme.<br />
3.1. Beiträge zur<br />
Rentenversicherung<br />
<strong>Die</strong> verschiedenen Beitragsarten sind:<br />
3.1.1. Pflichtbeiträge<br />
<strong>Die</strong> Beiträge fallen in <strong>der</strong> Regel aufgrund<br />
<strong>der</strong> Einzahlungen während eines<br />
Arbeitsverhältnisses an. Bis 1984 waren<br />
keine Mindestbeiträge vorgesehen, um<br />
das Anrecht auf eine Rentenleistung zu<br />
129
Sozialrecht<br />
erlangen. Inzwischen wurde <strong>der</strong> kollektivvertragliche<br />
Mindestlohn als Mindestbeitragsgrundlage<br />
zur Gutschrift<br />
von Versicherungswochen festgelegt.<br />
Als Untergrenze gilt dabei eine Wochenbeitragsbemessungsgrundlage<br />
von 40 % <strong>der</strong> Mindestrente (das sind<br />
184,39 Euro = 40 % von 460,97 Euro<br />
Monatsrente für <strong>2010</strong>).<br />
Um ein volles Jahr gutgeschrieben zu<br />
bekommen, müssen also mindestens<br />
9.588,28 Euro (für <strong>2010</strong>) als Bemessungsgrundlage<br />
aufscheinen. Verdient<br />
jemand trotz <strong>der</strong> Anstellung (durch<br />
Teilzeitarbeit z. B.) nur 6.000,00 brutto,<br />
so würden dem Betreffenden nur 33<br />
Wochenbeiträge gutgeschrieben (also<br />
6.000,00 : 184,39).<br />
Der sozialversicherte Lohn (alle Bruttoentlohnungen,<br />
die <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
erhält, siehe auch Kapitel Entlohnung<br />
–Sozialabgaben) bzw. beim beitragsorientierten<br />
System die effektiven Beiträge,<br />
werden für die Berechnung <strong>der</strong><br />
Leistungen herangezogen. Das Ausmaß<br />
<strong>der</strong> Beiträge ist im Kapitel Sozialabgaben<br />
angeführt. Für die Bediensteten<br />
des Staates werden ab 1996 erstmals<br />
effektive Beiträge beim INPDAP bezahlt<br />
(32 % davon 8,20 zu Lasten <strong>der</strong> Beschäftigten).<br />
<strong>Die</strong> Beiträge verjähren 5 Jahre<br />
nach Fälligkeit.<br />
Darum sind in Bezug auf den Automatismus<br />
<strong>der</strong> Versicherungsleistungen<br />
diese Verjährungsfristen zu beachten.<br />
3.1.2. Anrechnungszeiten<br />
(figurative Beiträge)<br />
Für bestimmte Zeiten wird durch gesetzliche<br />
Regelungen festgelegt, dass<br />
sie als Versicherungszeit gelten. <strong>Die</strong>se<br />
Beiträge werden als Anrechnungszeiten<br />
o<strong>der</strong> figurative Beiträge bezeichnet.<br />
<strong>Die</strong> Gutschrift <strong>der</strong> Anrechnungszeiten<br />
kann auch als Ergänzung von<br />
Zeiten reduzierter Beitragsleistung aufgrund<br />
von geringerer Entlohnung (z.<br />
B. Lohnausgleichskasse, Integrierung<br />
des Kranken- und Arbeitsunfallgeldes)<br />
beantragt werden (außer Zeiten des<br />
Bezuges des Arbeitslosengeldes und<br />
<strong>der</strong> Tuberkulosenfürsorge). Als Anrechnungszeiten<br />
gelten und werden somit<br />
für das Anrecht und die Berechnung<br />
<strong>der</strong> Rente herangezogen:<br />
|- Zeiten des Militärdienstes;<br />
|- Krankenzeiten und Unfallzeiten im<br />
Höchstausmaß von 12 Monaten für<br />
Krankheits- und Unfallzeiten bis<br />
31.12.1996. Ab 1997 können zusätzlich<br />
9 Wochen alle 3 Jahre angerechnet<br />
werden bis zu einem Maximum<br />
von 96 Wochen;<br />
|- Wartezeiten aufgrund <strong>der</strong> Übernahme<br />
von Gewerkschafts- und politischen<br />
Ämtern;<br />
|- Zeiten <strong>der</strong> Schwanger- und <strong>der</strong> Mutterschaft<br />
(Pflichtenthaltung und freiwillige);<br />
|- Zeiten des Bezuges des Arbeitslosengeldes;<br />
|- Zeiten <strong>der</strong> Lohnausgleichskasse und<br />
des Bezuges des Mobilitätsgeldes.<br />
Für das Erreichen <strong>der</strong> 35 Versicherungsjahre<br />
zählen nicht (während sie aber<br />
für die Rentenberechnung verwendet<br />
werden):<br />
|- die Kranken- und Arbeitsunfallzeiten<br />
|- Zeiten des Bezuges des Arbeitslosengeldes.<br />
Wer am 31. Dezember 1992 noch keine<br />
Versicherungszeit aufwies, kann für den<br />
Anspruch auf die <strong>Die</strong>nstaltersrente nur<br />
noch höchstens 5 figurative Beitrags-<br />
130
Sozialrecht<br />
jahre heranziehen. Durch das Legislativdekret<br />
151/2001 werden auch die<br />
Zeiten <strong>der</strong> Pflichtenthaltung bei Mutterschaft,<br />
auch wenn sie nicht während<br />
<strong>der</strong> Beschäftigungszeit anfallen und<br />
mindestens 5 lohnabhängige Versicherungsjahre<br />
vorliegen, als figurative Versicherungsbeiträge<br />
anerkannt. <strong>Die</strong> Pensionsreform<br />
von 1995 sieht für Renten,<br />
die nach dem beitragsbezogenen System<br />
berechnet werden, die Gutschrift<br />
folgen<strong>der</strong> zusätzlicher Ersatzzeiten vor:<br />
a) 160 Tage je Kind für Abwesenheiten<br />
zur Pflege o<strong>der</strong> Erziehung von Kin<strong>der</strong>n<br />
bis zum 6. Lebensjahr;<br />
b) 25 Tage pro Jahr als Pflegefreistellung<br />
zur Betreuung von Kin<strong>der</strong>n über<br />
6 Jahren o<strong>der</strong> des Ehegatten bzw. <strong>der</strong><br />
Eltern, die arbeitsunfähig sind und im<br />
selben Haushalt wohnen (höchstens<br />
24 Monate insgesamt);<br />
c) die Verringerung des zur Altersrente<br />
notwendigen Lebensalters von 4 Monaten<br />
pro Kind (höchstens 12 Monate).<br />
Alternativ dazu kann die Arbeitnehmerin<br />
beim Beitragsmultiplikator<br />
in Bezug auf das Lebensalter für dessen<br />
Anhebung um 1 Jahr bei einem<br />
o<strong>der</strong> zwei Kin<strong>der</strong>n und von 2 Jahren<br />
bei drei o<strong>der</strong> mehr Kin<strong>der</strong>n optieren.<br />
3.1.3. Nachkauf von<br />
Versicherungszeiten<br />
Folgende Zeiten können nachgekauft<br />
werden:<br />
|- Zeiten des Studiums (ordentliche<br />
Dauer). Es ist günstiger, das Gesuch<br />
gleich am Anfang <strong>der</strong> Versicherungszeit<br />
einzureichen. Mit dem Gesetz Nr.<br />
247/2007 wurden neue Bestimmungen<br />
zum Nachkauf des Hochschulstudiums<br />
eingeführt. Anträge zum<br />
Nachkauf des Hochschulstudiums,<br />
die ab 01. Jänner 2008 eingereicht<br />
werden, können in 120 Monatsraten<br />
ohne Zuschlag von Zinsen bezahlt<br />
werden. Weiters wird für Antragsteller,<br />
die noch keine sozialversicherte<br />
Tätigkeit ausgeübt haben, <strong>der</strong> zu zahlende<br />
Betrag des Nachkaufes anhand<br />
<strong>der</strong> Mindestsozialbeiträge des Fonds<br />
<strong>der</strong> Handwerker und Kaufleute berechnet.<br />
Der Betrag des nachgekauften<br />
Hochschulstudiums ist steuerlich<br />
absetzbar.<br />
|- Zeiten <strong>der</strong> Beschäftigung, lohnabhängig<br />
o<strong>der</strong> als selbstständiger Mitarbeiter,<br />
wenn dafür keine o<strong>der</strong> nur<br />
reduzierte Versicherungsbeiträge von<br />
Seiten des Arbeitgebers bezahlt wurden.<br />
Dabei ist jedoch zu beachten,<br />
dass, sollte die Verjährungsfrist von<br />
10 Jahren (s. a. Kapitel 3.1.1.) noch<br />
nicht eingesetzt haben, es nur einer<br />
Meldung beim INPS/NISF bedarf,<br />
hingegen wenn mehr als 5 Jahre verstrichen<br />
sind, <strong>der</strong> Nachkauf nur vom<br />
Versicherten selbst vorgenommen<br />
werden kann (da das INPS/NISF nicht<br />
mehr die Beiträge vom Arbeitgeber<br />
verlangen kann). <strong>Die</strong>sbezüglich müssen<br />
die Beschäftigungszeiten mit<br />
Originalbelegen (z. B. Lohnstreifen,<br />
Abfertigung usw.) belegt werden. Der<br />
Versicherte kann dann von seinem<br />
Arbeitgeber im Wege des Schadenersatzes<br />
die entsprechenden Summen<br />
verlangen.<br />
|- Zeiten als mitarbeitendes Familienmitglied<br />
von Kaufleuten, Handwerkern<br />
und Bauern. Der Nachkauf ist nur<br />
möglich, wenn Originaldokumente<br />
vorgelegt werden, aus denen das<br />
Vorhandensein eines Arbeitsverhält-<br />
131
Sozialrecht<br />
nisses abgeleitet werden kann. <strong>Die</strong><br />
Dauer des Arbeitsverhältnisses kann<br />
auch durch Zeugen belegt werden.<br />
|- Arbeitszeiten in Staaten mit denen<br />
Italien kein Sozialversicherungsabkommen<br />
unterhält.<br />
|- Rückkauf von ungedeckten Versicherungszeiten<br />
<strong>der</strong> Berufsausbildung,<br />
von Arbeitsunterbrechungen, Part<br />
Time und Saisons- o<strong>der</strong> Zeitarbeit.<br />
Arbeitnehmer mit mehr als 5 Versicherungsjahren<br />
können ab 1. Jänner 1994,<br />
auf Antrag, bis zu 5 Jahre an ungedeckten<br />
Versicherungszeiten wegen freiwilligen<br />
zur Betreuung von behin<strong>der</strong>ten<br />
Familienmitglie<strong>der</strong>n (Invalidität von<br />
mindestens 80%) nachkaufen. <strong>Die</strong>ser<br />
Nachkauf und jener für die Studienzeit<br />
sind nicht vereinbar.<br />
Laut Pensionsreform von 1995 sind<br />
auch Zeiten <strong>der</strong> Berufsausbildung nachkaufbar.<br />
Laut DL 151/2001 kann auch <strong>der</strong> fakultative<br />
Mutterschaftsurlaub nachgekauft<br />
werden, wenn zu diesem Zeitpunkt kein<br />
Arbeitsverhältnis bestand. Laut Gesetz<br />
Nr. 296/2007 sind auch Nachkäufe für<br />
Wartestände aus schweren Familiengründen<br />
möglich. Genaueres ist im<br />
Rundschreiben Nr. 26/2008 des NISF/<br />
INPS festgelegt.<br />
3.1.4. Freiwillige<br />
Weiterversicherung<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmer, die infolge einer<br />
Unterbrechung o<strong>der</strong> Auflösung des<br />
Arbeitsverhältnisses nicht mehr <strong>der</strong><br />
Sozialversicherungspflicht unterliegen,<br />
können um die freiwillige Weiterversicherung<br />
in <strong>der</strong> Invaliditäts-, Alters- und<br />
Hinterbliebenenrentenversicherung<br />
ansuchen. Sie werden zur Entrichtung<br />
von nach Beitragsklassen gestaffelten<br />
Versicherungsbeiträgen zugelassen,<br />
wenn <strong>der</strong> Versicherte:<br />
|- mindestens 5 Versicherungsjahre<br />
nachweisen kann o<strong>der</strong><br />
|- in den letzten 5 Jahren mindestens 3<br />
Versicherungsjahre enthalten sind.<br />
<strong>Die</strong> Einzahlungen erfolgen trimestral<br />
und sind nur für Zeiten möglich, während<br />
<strong>der</strong>en keine Sozialversicherungspflicht<br />
jeglicher Art besteht.<br />
3.1.5. Zusammenlegung von<br />
Versicherungszeiten<br />
Aufgrund <strong>der</strong> vielen verschiedenen Sozialversicherungseinrichtungen<br />
besteht<br />
die Möglichkeit, die Versicherungszeiten<br />
zusammenzulegen. Um Kosten zu<br />
sparen, ist meistens eine Zusammenlegung<br />
in jungen Jahren zu empfehlen.<br />
Alle Beiträge können jedoch je<strong>der</strong>zeit<br />
beim INPS/NISF zusammengezogen<br />
werden, um in den Genuß einer Rente<br />
zu kommen. <strong>Die</strong> zusammengelegten<br />
Versicherungszeiten gelten sowohl für<br />
das Anrecht wie für das Ausmaß <strong>der</strong><br />
Rente, also wie normale Beiträge.<br />
3.1.6. Schwerarbeitsbonus<br />
Aufgrund des Gesetzesvertretenden<br />
Dekretes (GVD) Nr. 374/1993, sowie <strong>der</strong><br />
Pensionsreformen GVG Nr. 502/1992<br />
und Gesetz Nr. 335/1995 können<br />
Schwerarbeiter eine frühere Pensionierung<br />
beantragen.<br />
Innerhalb Ende März 2008 hätte die<br />
Regierung genaue Bestimmungen erlassen<br />
müssen, die den Schwerarbeiterbonus<br />
neu regeln, was nicht gescheken<br />
ist. Allerdings wurden die Grenzen genau<br />
festgelegt: Der Bonus kann höchstens<br />
3 Jahre des Lebensalters betragen<br />
132
Sozialrecht<br />
(also mindestens 57 Jahre alt bei 35 Beitragsjahren),<br />
für all jene, die Pensionsvoraussetzungen<br />
ab 01. Jänner 2008<br />
erreichen. <strong>Die</strong> Schwerarbeit muss nicht<br />
nur im gesamten letzten Jahr vor Pensionierung,<br />
son<strong>der</strong>n auch mindestens in<br />
<strong>der</strong> Hälfte des Arbeitslebens durchgeführt<br />
worden sein. Für die Übergangszeit<br />
2008 bis 2013 gilt die Bestimmung:<br />
<strong>Die</strong> Schwerarbeit muss für mindestens 7<br />
Jahre in den letzten 10 Jahren vor Pensionierung<br />
durchgeführt worden sein. Als<br />
Schwerarbeit galt bisher:<br />
|- kontinuierliche Nachtarbeit,<br />
|- Tunnel-, Gruben- und Bergbauarbeiten,<br />
|- Arbeiten in eingeengten Räumen wie<br />
Rohrleitungen, Schächten, Brunnen,<br />
Kanalisation, Tanks und Heizräumen,<br />
|- Hocharbeiten: auf Hängeleitern, mit<br />
Seilen o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Wand, usw., solchen<br />
Arbeiten sind auch die <strong>der</strong> Kranführer,<br />
<strong>der</strong> Kaminbauer und <strong>der</strong> Dachdecker<br />
gleichgestellt,<br />
|- Arbeiten in Kisten mit Druckluft,<br />
|- Taucherarbeiten,<br />
|- Arbeiten in Kühlzellen o<strong>der</strong> in Räumen<br />
mit einer Temperatur von weniger<br />
als 6 Grad,<br />
|- Arbeiten bei hohen Temperaturen:<br />
Hochofenarbeiter und Gießer in <strong>der</strong><br />
metallurgischen Industrie und Glasbläser,<br />
|- Fahrer von rollenden Oberflächenfahrzeugen,<br />
|- Seeleute,<br />
|- Personal <strong>der</strong> Ersten Hilfe, <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>belebungs-<br />
und Unfallchirurgiestationen,<br />
|- Fahrer von großen Traktoren.<br />
|- Beschäftigte in Gewächshäusern und<br />
in Pilzzüchtungen<br />
|- Asbestsanierungsarbeiten.<br />
Bei den nach dem beitragsbezogenen<br />
System berechneten Renten kann <strong>der</strong><br />
Arbeiter für die Herabsetzung <strong>der</strong> Lebensaltersgrenze<br />
um 1 Jahr o<strong>der</strong> für die<br />
Anwendung einer Erhöhung des Rentenberechnungskoeffizienten<br />
um 1 Jahr<br />
pro 6 Jahre Schwerarbeit optieren.<br />
Tipp<br />
Überprüfen Sie Ihren<br />
Versicherungsverlauf<br />
Ähnlich einem Bankkonto führen die Rentenversicherungsträger<br />
für jeden Versicherten<br />
ein Versicherungskonto. Unter<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Versicherungsnummer<br />
sind – wie die Umsätze auf einem Bankkonto<br />
– alle Zeiträume gespeichert, die<br />
dem Versicherten für seine Altersvorsorge<br />
angerechnet werden. Wer überprüfen<br />
will, ob sein Rentenkonto vollständig<br />
ist, kann bei seinem Versicherungsträger<br />
einen so genannten Versicherungskontoauszug<br />
(estratto conto assicurativo)<br />
anfor<strong>der</strong>n. <strong>Die</strong> Patronate helfen dabei.<br />
Der Versicherungsverlauf gibt in chronologischer<br />
Reihenfolge alle Daten wie<strong>der</strong>,<br />
die auf Ihrem Versicherungskonto gespeichert<br />
sind, und umfasst, je nach Verlauf<br />
und Länge eines Berufslebens, oft mehrere<br />
Seiten. Auch wenn es mit Sicherheit<br />
spannen<strong>der</strong>e Zeitvertreibe gibt: Überprüfen<br />
sie alle im Versicherungskontoauszug<br />
gespeicherten Daten auf Ihre Richtigkeit.<br />
Seien Sie beim Vergleich mit Ihren eigenen<br />
Unterlagen ganz genau, denn auch<br />
133
Sozialrecht<br />
in Zeiten <strong>der</strong> elektronischen Datenverarbeitung<br />
schleichen sich immer wie<strong>der</strong><br />
Fehler ein, die Auswirkungen auf<br />
die Berechnung Ihrer Rente haben können.<br />
Bei Fehlern klären Sie diese (mit<br />
Unterstützung eines Patronats). Und<br />
noch ein wichtiger Hinweis: Klären Sie<br />
Ihren Versicherungsverlauf in regelmäßigen<br />
Abständen. Beachten Sie die 10<br />
bzw. 5-jährige Verjährungsfrist.<br />
3.1.7 Arbeitszeiten im Ausland<br />
Versicherungszeiten innerhalb <strong>der</strong><br />
Staaten <strong>der</strong> Europäischen Union, <strong>der</strong><br />
Schweiz und Liechtenstein, sowie all<br />
jener Staaten, mit denen ein bilaterales<br />
Abkommen besteht, können für das<br />
Erreichen <strong>der</strong> Rentenvoraussetzungen<br />
angerechnet werden. <strong>Die</strong> Berechnung<br />
<strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Rente erfolgt nach dem<br />
sogenannten „Pro-Rata-System“. Beispiel:<br />
wenn jemand 30 Versicherungsjahre<br />
in Italien und 10 Versicherungsjahre<br />
in Deutschland nachweisen kann,<br />
so ist er in Italien rentenberechtigt, da<br />
er 40 Versicherungsjahre nachweisen<br />
kann.<br />
Italien zahlt aber nur die Rente berechnet<br />
mit den italienischen Versicherungszeiten,<br />
mit Erreichen <strong>der</strong> Altersvoraussetzungen<br />
in Deutschland wird<br />
eine separate deutsche Rente ausbezahlt.<br />
3.2 Leistungen <strong>der</strong><br />
Rentenversicherung<br />
<strong>Die</strong> Rentenreformen von 1992 und<br />
1995 haben die Leistungen <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Rentenversicherung wesentlich<br />
abgeän<strong>der</strong>t. Laut Übergangsbestimmungen<br />
<strong>der</strong> letzten Reform gelten für<br />
die Versicherten mit mehr als 18 Beitragsjahren<br />
zum 31. Dezember 1995<br />
die bisherigen Bestimmungen. Für<br />
Versicherte mit weniger als 18 Beitragsjahren<br />
erfolgt die Berechnung bis 1995<br />
nach den damaligen, ab 1996 nach den<br />
neuen Bestimmungen. Für jene Versicherten,<br />
die erst ab 1996 ein Arbeitsverhältnis<br />
eingegangen sind, gelten die<br />
neuen Bestimmungen.<br />
3.2.1. Altersrente<br />
Ab 1993 gelten neue Anspruchsvoraussetzungen<br />
für die Altersrente. Folgende<br />
Voraussetzungen müssen gegeben<br />
sein:<br />
|- Lebensalter des Versicherten: 60 Jahre<br />
für Frauen, 65 für Männer und eine<br />
Versicherungszeit von mindestens 20<br />
Jahren.<br />
<strong>Die</strong> Pensionsreform von 1995 sieht vor,<br />
dass mit dem beitragsbezogenen System<br />
das Anrecht auf die Altersrente besteht,<br />
wenn:<br />
|- ein Lebensalter von 57 Jahren erreicht<br />
wird,<br />
|- mindestens 5 effektive <strong>Die</strong>nstjahre<br />
aufscheinen und damit<br />
|- eine Rente von mindestens 20 % über<br />
dem Sozialgeld erreicht wird.<br />
Ab dem 1. Jänner 2008 gelten auch für<br />
den Bezug einer Altersrente Einstiegsfenster.<br />
Für Altersrenten mit reinen Arbeitnehmerzeiten<br />
gilt bis 31. Dezember<br />
<strong>2010</strong>:<br />
Wer innerhalb des ersten Trimesters<br />
des Jahres die Voraussetzungen an<br />
Lebens- und Beitragsalter erreicht, bezieht<br />
die Rente ab 1. Juli des Jahres. Wer<br />
innerhalb des zweiten Trimesters die<br />
genannten Voraussetzungen erreicht,<br />
kann die Rente mit 1. Oktober des Jahres<br />
beziehen.<br />
134
Sozialrecht<br />
Wer innerhalb des dritten Trimesters<br />
die Voraussetzungen erreicht, geht mit<br />
1. Jänner des folgenden Jahres in Rente.<br />
Wer die Voraussetzungen im vierten<br />
Trimester erreicht, geht mit 1. April des<br />
folgenden Jahres in Rente.<br />
Für Altersrenten mit selbständigen<br />
Versicherungszeiten gelten semestrale<br />
Einstiegsfenster bis 31 Dezember<br />
<strong>2010</strong>: Wer innerhalb des ersten<br />
Trimesters die Voraussetzungen an<br />
Lebens- und Beitragsalter erreicht,<br />
geht mit 1. Oktober in Rente. Wer<br />
innerhalb des zweiten Trimesters die<br />
Voraussetzungen erreicht, geht mit 1.<br />
Jänner des folgenden Jahres In Rente.<br />
Wer innerhalb des dritten Trimesters<br />
die Voraussetzungen erreicht, geht mit<br />
1. April des Folgejahres in Rente.<br />
Wer innerhalb des vierten Trimesters<br />
die Voraussetzungen erreicht, geht mit<br />
1. Juli des folgenden Jahres in Rente.<br />
Ab 1. Jänner <strong>2010</strong> erhöht sich das notwendige<br />
Lebensalter zum Bezug einer<br />
Altersrente für Frauen im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst. Im Jahr <strong>2010</strong>/2011 beträgt das<br />
notwendige Lebensalter 61.<br />
Bemessungsgrundlage<br />
<strong>Die</strong> Bemessungsgrundlage ist jener Betrag,<br />
auf den die Rente berechnet wird.<br />
Lohnbezogenes System<br />
<strong>Die</strong> Bemessungsgrundlage für die Pension<br />
war früher die um die Inflation aufgewertete<br />
den Sozialbeiträgen unterworfene<br />
Jahresentlohnung <strong>der</strong> letzten<br />
5 Jahre.<br />
Mit <strong>der</strong> Pensionsreform von 1995 wurde<br />
<strong>der</strong> Zeitraum von 5 Jahren stufenweise<br />
auf 10 ausgedehnt (seit 31. Dezember<br />
2001 endgültig in Kraft).<br />
Aufwertung <strong>der</strong><br />
Bemessungsgrundlage beim<br />
lohnbezogenen System<br />
Um die Auswirkungen <strong>der</strong> Preissteigerung<br />
aufzufangen, werden die jährlichen<br />
sozialversicherten Lohnsummen aufgewertet.<br />
Bis 1992 wurde die Aufwertung aufgrund<br />
des Lebenshaltungkostenindex für die<br />
Kontingenzzulage vorgenommen.<br />
Ab 1993 werden für die Aufwertung die<br />
auch vom ISTAT berechneten Verbraucherpreise<br />
für Familien von Arbeitern<br />
und Angestellten herangezogen (also<br />
<strong>der</strong> Index für die Inflation).<br />
<strong>Die</strong> Erhöhung fällt einen Prozentpunkt<br />
höher aus als <strong>der</strong> Index. Wird Mobilitätsgeld<br />
für länger als ein Jahr gezahlt,<br />
so wird dieses auch um die kollektivvertraglichen<br />
Erhöhungen des Sektors<br />
aufgewertet. Für das Jahr des Rentenbeginns<br />
und des Vorjahres gibt es keine<br />
Aufwertung.<br />
Beitragsbezogenes System<br />
Bei dem von <strong>der</strong> Pensionsreform 1995<br />
eingeführten neuen „beitragsbezogenen“<br />
System werden die effektiv eingezahlten<br />
Beiträge des gesamten Arbeitslebens,<br />
die um die Steigerung des<br />
Bruttoinlandsprodukts aufgewertet sind,<br />
für die Berechnung herangezogen.<br />
Betroffene:<br />
1. Arbeitnehmer, die ab 1. Jänner 1996<br />
erstmals beschäftigt sind, fallen unter<br />
das beitragsbezogene System;<br />
2. Arbeitnehmer, die bis 31. Dezember<br />
1995 mehr als 18 Versicherungsjahre<br />
aufweisen, gehen noch mit dem lohnbezogenen<br />
System in Rente;<br />
3. Arbeitnehmern, die bis 31. Dezember<br />
1995 weniger als 18 Versicherungs-<br />
135
Sozialrecht<br />
jahre aufweisen, wird die Rente folgen<strong>der</strong>maßen<br />
berechnet:<br />
a) Für die Zeit bis 31. Dezember 1995<br />
wird <strong>der</strong> Rententeil nach dem lohnbezogenen<br />
System berechnet;<br />
b) für die Zeit ab 31. Dezember 1995<br />
wird das beitragsbezogene System<br />
herangezogen.<br />
Beim beitragsbezogenen System könnte<br />
leicht <strong>der</strong> Eindruck entstehen, man<br />
habe aufgrund <strong>der</strong> jährlichen Auszüge<br />
aus seinem Rentenkonto bereits<br />
Anrecht auf eine fix definierte Rente.<br />
Es stimmt, die eingezahlten Beiträge<br />
(32,7% <strong>der</strong> Entlohnung, sollen 33% werden)<br />
werden jährlich zusammengezählt<br />
und aufgewertet und ergeben so das<br />
Gesamtguthaben, auf welches die Rente<br />
berechnet wird.<br />
Entscheidend wird aber <strong>der</strong> Berechnungskoeffizient,<br />
<strong>der</strong> alle 10 Jahre verän<strong>der</strong>t<br />
werden kann.<br />
Somit kann die Höhe <strong>der</strong> Rente nicht<br />
vorhergesehen werden (weil Umlageverfahren),<br />
wie z. B. bei den Zusatzpensionsfonds<br />
o<strong>der</strong> Privatversicherungen<br />
(weil Kapitalisierungsverfahren).<br />
Einkommensvoraussetzung für die<br />
Integrierung auf die Mindestrente<br />
(Rentensozialausgleich)<br />
Kommt bei <strong>der</strong> Rentenberechnung<br />
(meistens bei wenigen Versicherungsjahren)<br />
ein Rentenbetrag von weniger<br />
als die Mindestrente zustande (460,97<br />
Euro für <strong>2010</strong>), so haben die betroffenen<br />
Versicherten <strong>der</strong> allgemeinen<br />
Pflichtversicherung für die Invaliden-,<br />
Alters- und Hinterbliebenenrenten <strong>der</strong><br />
Lohnabhängigen und Selbständigen,<br />
sowie für die ersetzenden und ausschließenden<br />
Rentenfonds (INPDAP,<br />
Son<strong>der</strong>fonds, usw.) Anrecht auf einen<br />
vom Staat gewährten Rentensozialausgleich<br />
zur Erreichung <strong>der</strong> Mindestrente<br />
(im Ausland auch Ausgleichszulagen<br />
genannt).<br />
Dabei müssen folgende Einkommensgrenzen<br />
berücksichtigt werden, bei<br />
<strong>der</strong>en Überschreitung <strong>der</strong> Rentensozialausgleich<br />
wegfällt:<br />
a) bei Ledigen o<strong>der</strong> Geschiedenen <strong>der</strong><br />
doppelte Betrag <strong>der</strong> jährlichen Mindestrente<br />
(<strong>2010</strong> liegt dieser Betrag<br />
bei 11.985,22 Euro).<br />
b) bei Verheirateten Eigeneinkommen<br />
laut Punkt a) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> dreifache Betrag<br />
<strong>der</strong> Mindestrente am Anfang des<br />
jeweiligen Jahres (<strong>2010</strong> = 17.977,83<br />
Euro).<br />
Zum Einkommen zählen nicht die Abfertigungen,<br />
<strong>der</strong> Ertrag <strong>der</strong> Erstwohnung,<br />
die Nachzahlungen mit separater<br />
Besteuerung und <strong>der</strong> Betrag <strong>der</strong> zu integrierenden<br />
Rente.<br />
Hingegen zählen seit 1. Jänner 1996<br />
auch Renten, die von ausländischen<br />
Versicherungsinstituten bezahlt werden,<br />
mit welchem Italien kein Sozialversicherungsabkommen<br />
unterhält, zum<br />
Einkommen.<br />
<strong>Die</strong> Integrierung kann auch teilweise<br />
gewährt werden, insofern die Einkommensgrenzen<br />
nicht überschritten werden.<br />
Für die Rentner mit einer Anlaufzeit <strong>der</strong><br />
Rente vor 1993 bleiben die früheren<br />
Bestimmungen in Kraft (nur das eigene<br />
Einkommen zählt).<br />
Vereinbarkeit von Einkommen<br />
und Rente<br />
Seit dem 1. Jänner 2009 gilt für Bezieher<br />
von <strong>Die</strong>nstalters- und Altersrenten<br />
136
Sozialrecht<br />
die volle Vereinbarkeit von Rente und<br />
Arbeitseinkommen, egal ob es sich um<br />
Einkommen aus lohnabhängiger o<strong>der</strong><br />
selbständiger Tätigkeit handelt.<br />
Weiterhin aufrecht ist aber die Regelung,<br />
dass die lohnabhängige Tätigkeit<br />
beendet werden muss, um Anspruch<br />
auf eine Alters- o<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstaltersrente<br />
zu haben.<br />
Bevor ein Rentner aber ein Arbeitsverhältnis<br />
eingeht, sollte er sich informieren,<br />
ob seine Rente nicht einkommensgebunden<br />
ist (Integrierung<br />
Mindestrente, Sozialzuschlag usw.).<br />
Für die Renten, die ausschließlich<br />
nach dem beitragsbezogenen System<br />
errechnet werden gilt folgende<br />
Regelung: Vollständig vereinbar mit<br />
Einkommen aus lohnabhängiger/Selbständiger<br />
Tätigkeit sind jene Renten,<br />
welche mit 40 Beitragsjahren errechnet<br />
worden sind. Weiters vollständig<br />
mit je<strong>der</strong> Art von Arbeitseinkommen<br />
vereinbar sind Renten von Frauen, die<br />
beim Pensionierungszeitpunkt mindestens<br />
60 Jahre alt waren und von<br />
Männern, die mindestens 65 Jahre alt<br />
waren.<br />
Ausmaß <strong>der</strong> Rente<br />
(Rentenberechnung)<br />
Bisher wurde die Rente wie folgt berechnet<br />
(lohnbezogenes System). Für<br />
jedes Beitragsjahr erhält <strong>der</strong> Versicherte<br />
2% <strong>der</strong> Bemessungsgrundlage als<br />
Rente bis zum Höchstausmaß von 40<br />
Beitragsjahren und 80% an Rente.<br />
Bei Überschreiten des Sockelbetrages<br />
von 42.364,00 in Jahr <strong>2010</strong> (wird jährlich<br />
an die Inflation angepasst) verringert<br />
sich das Ausmaß <strong>der</strong> Rentenquote<br />
laut <strong>der</strong> folgenden Tabelle:<br />
Stufe <strong>der</strong> Jahresentlohnung<br />
Rentenquote<br />
für jedes<br />
bis 1992<br />
Beitragsjahr<br />
ab 1993<br />
bis zu 42.364,00 Euro 2,00% 2,00%,<br />
von 42.364,00 bis 56.344,12 Euro 1,50% 1,60%,<br />
über 56.344,12 bis 70.324,24 Euro 1,25% 1,35%,<br />
über 70.324,24 bis 80.491,60 Euro 1,10%<br />
über 80.491,60 Euro 0,90%.<br />
137
Sozialrecht<br />
Mit dem Rentenreformgesetz von 1992<br />
wurde es auch ermöglicht, dass <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
über das 40. Beitragsjahr hinaus<br />
weiterarbeiten kann (also nicht um die<br />
Rente ansucht) und trotzdem die zusätzlichen<br />
Versicherungsjahre in Form eines<br />
Rentenzuschlages erhält. Das neue Rentenberechnungssystem<br />
aufgrund des beitragsbezogenen<br />
Systems (Pensionsreform<br />
1995) funktioniert wie folgt. <strong>Die</strong> Bemessungsgrundlage<br />
(die Gesamtsumme <strong>der</strong><br />
aufgewerteten Beiträge) wird mit einem<br />
Koeffizienten <strong>der</strong> folgenden Tabelle multipliziert<br />
und dies ergibt die Jahresrente:<br />
Rentenberechnungskoeffizienten<br />
Seit 1. Jänner <strong>2010</strong> gelten folgende Koeffizienten:<br />
Lebensalter Koeffizient Lebensalter Koeffizient<br />
57 4,419% 62 5,093%<br />
58 4,538% 63 5,257%<br />
59 4,664% 64 5,432%<br />
60 4,798% 65 5,620%<br />
61 4,940%<br />
<strong>Die</strong> Koeffizienten werden alle 10 Jahre<br />
neu bestimmt, abhängig von <strong>der</strong> demographischen<br />
und wirtschaftlichen Entwicklung.<br />
Als Alternative zu einer Gutschrift<br />
von Versicherungszeiten können<br />
Mütter von 1 bis 2 Kin<strong>der</strong>n den nächst<br />
höheren Koeffizienten, Mütter von 3 und<br />
mehr Kin<strong>der</strong>n den um zwei Stufen günstigeren<br />
Koeffizienten in Anspruch nehmen.<br />
Anpassung <strong>der</strong> Renten<br />
Früher wurden die Renten nach <strong>der</strong> programmierten<br />
Inflation angehoben. Ab<br />
1994 wurde festgelegt, dass die jährliche<br />
Anpassung gemäß <strong>der</strong> effektiven<br />
Inflationsrate vorzunehmen ist. Unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> wirtschaftlichen<br />
Entwicklung könnten mit dem Finanzgesetz<br />
weitere Erhöhungen festgelegt<br />
werden.<br />
Zusatzrente<br />
Der Versicherte im Rahmen <strong>der</strong> allgemeinen<br />
Rentenpflichtversicherung, <strong>der</strong><br />
nicht ausreichende Beiträge für eine eigene<br />
Rente angereift hat, kann um eine<br />
Zusatzrente ansuchen, sofern er eine<br />
Rente von einem ausschließenden o<strong>der</strong><br />
Son<strong>der</strong>pensionsfonds erworben hat.<br />
3.2.2. <strong>Die</strong>nstaltersrente<br />
<strong>Die</strong> Rentenreform hat auch in Bezug auf<br />
138
Sozialrecht<br />
die <strong>Die</strong>nstaltersrente (DAR) große Verän<strong>der</strong>ungen<br />
gebracht. Berechnet wird die<br />
DAR wie die Altersrente.<br />
Während man früher mit mindestens 35<br />
effektiven Beitragsjahren und einem Lebensalter<br />
von 57 in Rente gehen konnte,<br />
ist es nunmehr folgen<strong>der</strong>maßen geregelt:<br />
Seit 1. Juli 2009 gilt das sogenannte Quotensystem.<br />
<strong>Die</strong> Quote setzt sich aus entsprechendem<br />
Beitrags- und Lebensalter<br />
zusammen.<br />
Für Lohnabhängige gilt:<br />
Kalen<strong>der</strong>jahr Beitrags- und Lebensalter Quote<br />
01.07.2009 bis 31.12.<strong>2010</strong> 59 Jahre und 36 Beitragsjahre o<strong>der</strong><br />
60 Jahre und 35 Beitragsjahre<br />
95<br />
01.01.2011 bis 31.12.2012 60 Jahre und 36 Beitraqsjahre o<strong>der</strong><br />
61 Jahre und 35 Beitragsjahre<br />
01.01.2013 bis 31.12.2014 61 Jahre und 36 Beitragsjahre o<strong>der</strong><br />
62 Jahre und 35 Beitragsjahre<br />
96<br />
97<br />
Für Selbständige bzw. Lohnabhängige mit selbständigen Versicherungszeiten gilt:<br />
Kalen<strong>der</strong>jahr Beitrags- und Lebensalter Quote<br />
01.07.2009 bis 31.12.<strong>2010</strong> 60 Jahre und 36 Beitragsjahre o<strong>der</strong><br />
61 Jahre und 35 Beitragsjahre<br />
96<br />
01.01.2011 bis 31.12.2012 61 Jahre und 36 Beitragsjahre o<strong>der</strong><br />
62 Jahre und 35 Beitragsjahre<br />
01.01.2013 bis 31.12.2014 62 Jahre und 36 Beitragsjahre o<strong>der</strong><br />
63 Jahre und 35 Beitragsjahre<br />
97<br />
98<br />
Ab dem Jahr 2015 müssen die Rentenbestimmungen<br />
neu überarbeitet werden.<br />
Unabhängig vom Lebensalter kann man<br />
nur mehr in Rente gehen, wenn 40 Beitragsjahre<br />
aufscheinen.<br />
Für das Anlaufdatum <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstaltersrente<br />
gelten sogenannte Einstiegsfenster,<br />
die, je nach Beitragszeiten (lohnabhängig<br />
o<strong>der</strong> selbständig) halbjährlich o<strong>der</strong> jährlich<br />
vorgesehen sind.<br />
139
Sozialrecht<br />
Für Lohnabhängige gilt bis 31. Dezember <strong>2010</strong>:<br />
Erreichen <strong>der</strong> Voraussetzungen<br />
innerhalb 31. Dezember<br />
Erreichen <strong>der</strong> Voraussetzungen<br />
innerhalb 30. <strong>Juni</strong><br />
Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit 01. Juli<br />
Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. Jänner des Folgejahres<br />
Für Selbständige bzw. Lohnabhängige mit selbständigen Versicherungszeiten gilt:<br />
Errechen <strong>der</strong> Voraussetzungen<br />
innerhalb Dezember<br />
Erreichen <strong>der</strong> Voraussetzungen<br />
innerhalb <strong>Juni</strong><br />
Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit 01. Jänner<br />
von zwei darauffolgenden Jahren<br />
Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit 01. Juli<br />
des Folgejahres<br />
Unabhängig vom Lebensalter kann man weiterhin mit 40 Beitragsjahren in Rente gehen.<br />
Dabei gelten folgende Einstiegsfenster bis 31. Dezember <strong>2010</strong>:<br />
Für Lohnabhängige<br />
40 Beitragsjahre innerhalb 31 März und<br />
Lebensalter von 57 innerhalb 30. <strong>Juni</strong><br />
40 Beitragsjahre innerhalb 30. <strong>Juni</strong> und<br />
Lebensalter von 57 innerhalb 30. September<br />
Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente ab 01. Juli<br />
Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. Oktober<br />
40 Beitragsjahre innerhalb 30. September Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. Jänner des Folgejahres<br />
40 Beitragsjahre innerhalb 31. Dezember Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. April des Folgejahres<br />
Für Selbständige bzw. Lohnabhängige mit selbständigen Versicherungszeiten gilt:<br />
40 Beitragsjahre innerhalb 31. März Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. Oktober<br />
40 Beitragsjahre innerhalb 30. <strong>Juni</strong> Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. Jänner des Folgejahres<br />
40 Beitragsjahre innerhalb 30. September Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. April des Folgejahres<br />
40 Beitragsjahre innerhalb 31. Dezember Anlaufdatum <strong>der</strong> Rente mit<br />
01. Juli des Folgejahres<br />
140
Sozialrecht<br />
Tipp<br />
Überschlägige<br />
Rentenberechnung –<br />
Absicherung im Alter<br />
Wer die Höhe <strong>der</strong> Rente erfahren möchte<br />
kann dies über die Homepage des INPS/<br />
NISF (www.inps.it) o<strong>der</strong> bei einem Patronat<br />
bewerkstelligen. Durch die Rentenschätzung<br />
kann dann leichter <strong>der</strong> Geldbedarf<br />
für das Alter im Hinblick auf den<br />
angestrebten Lebensstil berechnet werden.<br />
Was sich je<strong>der</strong> als Ziel setzen sollte, ist<br />
eine eigene schuldenfreie Wohnung fürs<br />
Alter als zusätzliche Altersversorgung. <strong>Die</strong><br />
Miete, die man dann im Alter nicht mehr<br />
zu zahlen braucht, gleicht in etwa den Einkommensverlust<br />
aus, den man als Rentner<br />
gegenüber seinem früheren Einkommen<br />
hinnehmen muss. Wer so im Alter seine<br />
laufenden Ausgaben verringern will, muss<br />
sich beizeiten ein Haus o<strong>der</strong> eine Eigentumswohnung<br />
anschaffen und die Finanzierung<br />
so gestalten, dass das Wohneigentum<br />
bis zum Ende <strong>der</strong> Erwerbstätigkeit<br />
schuldenfrei ist. Er wohnt dann im Alter<br />
„mietfrei“ in den eigenen vier Wänden<br />
und braucht monatlich 500 bis 1.000 Euro<br />
weniger Alterseinkommen. Viele kommen<br />
aber nicht zur eigenen Wohnung, weil ihnen<br />
Geldhaie beizeiten – in jungen Jahren<br />
– das Geld abnehmen, welches dann zum<br />
richtigen Zeitpunkt als Eigenkapital zum<br />
Wohnungskauf o<strong>der</strong> -bau fehlt. Weitere<br />
Infos bei <strong>der</strong> Verbraucherzentrale (www.<br />
verbraucherzentrale.it).<br />
<strong>Die</strong>nstaltersrente im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst<br />
Das Recht auf <strong>Die</strong>nstaltersrente erreichen<br />
die Beitragszahler <strong>der</strong> sogenannten<br />
ausschließenden Formen <strong>der</strong><br />
Rentenpflichtversicherung gleichzeitig<br />
mit den Versicherten in <strong>der</strong> Privatwirtschaft.<br />
3.2.3. Invalidenrente<br />
Bei einer Invalidität, die von <strong>der</strong> Arbeit<br />
herrührt, zahlt das INAIL eine Unfallrente<br />
(ab 16 % Arbeitsunfähigkeit). Bei<br />
je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Invalidität, von <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
Arbeitnehmer betroffen ist, tritt die<br />
Pflichtversicherung für Invaliditäts-, Alters-<br />
und Hinterbliebenenrente auf den<br />
Plan. Voraussetzung für jede Invalidenrente<br />
sind mindestens 5 Beitragsjahre,<br />
wovon 3 Jahre in den letzten 5 Kalen<strong>der</strong>jahren<br />
liegen müssen. Dabei gibt es<br />
2 Formen <strong>der</strong> Invalidenrente von Seiten<br />
des INPS/NISF:<br />
|- das Invalidengeld. <strong>Die</strong>ses wird bei<br />
einer Reduzierung <strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit<br />
um mehr als 2/3 (66,66 %) gewährt.<br />
Dabei wird das Invalidengeld<br />
wie die Altersrente aufgrund <strong>der</strong> bis<br />
dahin versicherten Zeiten berechnet.<br />
Alle 3 Jahre wird das Invalidengeld<br />
überprüft. Erst nach dreimaliger<br />
Bestätigung wird es endgültig.<br />
<strong>Die</strong> Pensionsreform von 1995 hat für<br />
das Invalidengeld eine Einkommenshöchstgrenze<br />
eingeführt, bei dessen<br />
Überschreiten das Invalidengeld<br />
gekürzt wird. Eventuelle <strong>der</strong>zeitige<br />
Besserstellungen werden mit zukünftigen<br />
Erhöhungen aufgesaugt.<br />
|- die Arbeitsunfähigkeitsrente. <strong>Die</strong>se<br />
wird bei gänzlicher und andauern<strong>der</strong><br />
Arbeitsunfähigkeit gewährt. <strong>Die</strong><br />
141
Sozialrecht<br />
Arbeitsunfähigkeitsrente wird so berechnet,<br />
als ob bis zum Erreichen <strong>der</strong><br />
40 Versicherungsjahre weitergearbeitet<br />
worden wäre.<br />
Mit <strong>der</strong> Pensionsreform gilt auch für den<br />
öffentlichen <strong>Die</strong>nst, dass bei Arbeitsunfähigkeit,<br />
welche nicht aus dem <strong>Die</strong>nst<br />
herrührt, die Rente so berechnet wird,<br />
als ob das Rentenalter erreicht würde<br />
(höchstens 40 <strong>Die</strong>nstjahre).<br />
<strong>Die</strong> Rente darf 80% <strong>der</strong> Rentenbemessungsgrundlage<br />
nicht übersteigen.<br />
Reduzierung des Invalidengeldes bei Zusatzeinkommen<br />
Einkommen<br />
Reduzierung<br />
höhere Einkommen als 4 x die Mindestrente 25%<br />
höhere Einkommen als 5 x die Mindestrente 50%<br />
<strong>Die</strong> Begleitzulage<br />
Invaliden können, sofern sie eine ständige<br />
Betreuung durch an<strong>der</strong>e Personen<br />
benötigen, auch die Begleitzulage<br />
erhalten. <strong>Die</strong> Begleitzulage kann auch<br />
beim Land (etwas höher) als Zivilinvalidenversorgung<br />
beantragt werden. Das<br />
monatliche Begleitgeld für Bezieher einer<br />
Arbeitsunfähigkeitsrente des NISF/<br />
INPS beträgt ab 01.07.2009 472,45 Euro.<br />
3.2.4. Hinterbliebenenrente<br />
<strong>Die</strong> Regelung <strong>der</strong> Hinterbliebenenrente<br />
gilt für alle Pflichtversicherungsformen.<br />
Das Recht auf die Hinterbliebenenrente<br />
erwächst wie jenes für die Invalidenrente<br />
(mindestens 5 Versicherungsjahre,<br />
davon 3 in den letzten 5). <strong>Die</strong> Rente<br />
steht bei Tod des Pensionisten den im<br />
Gesetz angegebenen Hinterbliebenen<br />
zu. Dasselbe gilt für Arbeitnehmer, die<br />
schon das Anrecht auf die Rente erreicht<br />
haben.<br />
Hinterbliebene im Sinne des Gesetzes<br />
sind:<br />
|- die/<strong>der</strong> Witwe/r (Rente entfällt bei<br />
Wie<strong>der</strong>verheiratung)<br />
|- die Kin<strong>der</strong> (solange min<strong>der</strong>jährig bzw.<br />
Studenten) o<strong>der</strong> bei Fehlen <strong>der</strong>selben<br />
die zu Lasten lebenden Eltern über<br />
65 Jahre ohne eigene Rente o<strong>der</strong> bei<br />
Fehlen dieser, die unverheirateten zu<br />
Lasten lebenden Brü<strong>der</strong> und Schwestern,<br />
die ohne eigene Pension und arbeitsunfähig<br />
sind.<br />
Der Betrag <strong>der</strong> Hinterbliebenenrente ist<br />
folgen<strong>der</strong>:<br />
|- 60% für den Ehepartner<br />
|- 20% je Kind o<strong>der</strong> 40% wenn kein Ehepartner<br />
vorhanden,<br />
|- 15% je Verwandter (Eltern, Geschwister)<br />
<strong>Die</strong> Hinterbliebenenrente muss insgesamt<br />
mindestens 60% und kann höchstens<br />
100% <strong>der</strong> effektiven Rente des Verstorbenen<br />
ausmachen.<br />
142
Sozialrecht<br />
Tipp<br />
<strong>Die</strong> Begriffe Invalidität und Arbeitsunfähigkeit<br />
unterscheiden<br />
sich wesentlich. Während die Invalidität<br />
eine Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Einkommensfähigkeit<br />
in Beschäftigungen darstellt,<br />
die den Fähigkeiten des Versicherten<br />
entsprechen, ist Arbeitsunfähigkeit als<br />
gänzliche und andauernde Unmöglichkeit<br />
zu verstehen, sich einer fruchtbringenden<br />
Arbeit zu widmen.<br />
Tipp<br />
Vereinbarkeit Hinterbliebenenrente - Persönliches Einkommen<br />
Einkommen<br />
Ausmaß <strong>der</strong> Vereinbarkeit<br />
Einkommen, welches die Mindestrente<br />
75 % <strong>der</strong> Hinterbliebenenrente<br />
3 mal übersteigt<br />
Einkommen, welches die Mindestrente<br />
4 mal übersteigt<br />
Einkommen, welches die Mindestrente<br />
5 mal übersteigt<br />
60 % <strong>der</strong> Hinterbliebenenrente<br />
50 % <strong>der</strong> Hinterbliebenenrente<br />
Mit Inkrafttreten <strong>der</strong> Pensionsreform<br />
von 1995 erhalten bei Vorhandensein<br />
von ausschließlich min<strong>der</strong>jährigen Hinterbliebenen<br />
dieselben 70 % <strong>der</strong> Rente<br />
des Verstorbenen. Ferner wurden Einkommensgrenzen<br />
eingeführt, bei <strong>der</strong>en<br />
Überschreiten die Hinterbliebenenrente<br />
gekürzt wird (gilt nicht für Min<strong>der</strong>jährige,<br />
Studenten und Arbeitsunfähige):<br />
Abfertigung bei Heirat und Todesfall<br />
Witwer/n, die sich wie<strong>der</strong>verheiraten<br />
und dadurch das Anrecht auf die Hinterbliebenenrente<br />
verlieren, erhalten<br />
als einmalige Abfindung den doppelten<br />
Jahresbetrag <strong>der</strong> Hinterbliebenenrente<br />
ausbezahlt.<br />
Bei Todesfall des Versicherten ist eine<br />
Abfertigung vorgesehen, sofern die<br />
Hinterbliebenen keinen Anspruch auf<br />
Hinterbliebenenrente haben.<br />
3.2.5. Son<strong>der</strong>fonds <strong>der</strong><br />
Selbständigen (Bauern,<br />
Handwerker, Kaufleute)<br />
<strong>Die</strong> Notwendigkeit zur Absicherung<br />
gegen Alter und Invalidität von anzahlmäßig<br />
starken und einkommensmäßig<br />
schwachen sozialen Gruppen hat zur<br />
Ausdehnung <strong>der</strong> Pflichtsozialversicherung<br />
für Bauern, Halbpächter und<br />
Pächter, auf die Handwerker, auf die<br />
Kaufleute und ihre mitarbeitenden Familienmitglie<strong>der</strong><br />
geführt. Für sie wurden<br />
jeweils Son<strong>der</strong>fonds mit getrennter<br />
Verwaltung geschaffen, jedoch gelten<br />
143
Sozialrecht<br />
auch für sie die allgemeinen Regeln <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung. Folgende Leistungen<br />
werden ausbezahlt:<br />
|- die Altersrente (wie von <strong>der</strong> Pensionsreform<br />
vorgesehen),<br />
|- die <strong>Die</strong>nstaltersrente (wie von <strong>der</strong><br />
Pensionsreform vorgesehen),<br />
|- die Invalidenrente (wie für Arbeitnehmer),<br />
|- die Hinterbliebenenrente (wie für Arbeitnehmer).<br />
Bei Versicherungszeiten in verschiedenen<br />
Fonds besteht nur Anspruch auf<br />
eine Rente.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge<br />
<strong>Die</strong> Beiträge werden von den jeweiligen<br />
Betriebsinhabern alle drei Monate mittels<br />
Sammelformular F 24 überwiesen<br />
Derzeit liegen die Beiträge <strong>der</strong> Kaufleute<br />
bei 20,09% und bei höheren Einkommen<br />
bei 21,09%, die Beiträge <strong>der</strong> Handwerker<br />
sind auf 20% und bei höheren<br />
Einkommen auf 21% festgelegt worden.<br />
4. Weitere<br />
Sozialversicherungen des<br />
Inps/Nisf<br />
4.1. Arbeitslosenversicherung<br />
Gegenstand <strong>der</strong> Arbeitslosenversicherung<br />
ist das Risiko <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />
aufgrund fehlen<strong>der</strong> Arbeitsplätze am<br />
Arbeitsmarkt. Das Risiko ist nicht allein<br />
individuell bedingt, son<strong>der</strong>n wird durch<br />
die Wirtschaftsentwicklung beeinflusst.<br />
Daher sollten nicht die Versicherten<br />
dafür aufkommen, son<strong>der</strong>n die Mittel<br />
sollten aus dem allgemeinen Steueraufkommen<br />
bzw. durch die Wirtschaft<br />
in Form eines Arbeitsmarktbeitrages<br />
aufgebracht werden. In Italien hat man<br />
sich für das letztere entschieden. <strong>Die</strong><br />
Arbeitslosenversicherung wurde 1919<br />
eingeführt. Versichert sind all jene Personen,<br />
die <strong>der</strong> allgemeinen Pflichtversicherung<br />
für die Alters-, Invaliden- und<br />
Hinterbliebenenrente unterliegen,<br />
jedoch mit einigen Ausnahmen. <strong>Die</strong><br />
öffentlich Bediensteten, die fast eine<br />
Arbeitsplatzgarantie besitzen, sind ausgenommen.<br />
Weiters ausgenommen<br />
sind die Lehrlinge, das Personal des<br />
Schauspielwesens, die Arbeitnehmer,<br />
die nur durch Gewinnbeteiligung entlohnt<br />
werden. Folgende Leistungen<br />
werden vom INPS/NISF geboten:<br />
|- ordentliches Arbeitslosengeld,<br />
|- Weihnachtszuschlag,<br />
|- Arbeitslosengeld mit verringerten Voraussetzungen,<br />
|- ordentliche und Son<strong>der</strong>arbeitslosenunterstützung<br />
für die landwirtschaftlichen<br />
Arbeiter,<br />
|- Son<strong>der</strong>arbeitslosengeld für die Bauarbeiter.<br />
Weiters kann das Mobilitätsgeld (auch<br />
die Regionalzulage) als Arbeitslosenunterstützung<br />
gesehen werden (siehe jeweils<br />
unter diesen Stichworten). Weiters<br />
gibt es für die Südtiroler Grenzpendler<br />
in die Schweiz noch eine regionale Arbeitslosenunterstützung.<br />
Während <strong>der</strong><br />
Zeit des Bezuges des Arbeitslosengeldes<br />
wird auch die Familienzulage (falls<br />
sie zusteht) ausbezahlt und diese Zeiten<br />
werden als sogenannte Ersatzzeit (figurative<br />
Beiträge) anerkannt.<br />
Sie zählen für das Anrecht auf eine Altersrente,<br />
nicht aber, um die 35 Versicherungsjahre<br />
<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstaltersrente zu<br />
erreichen (also: um beispielsweise 20<br />
Jahre bei <strong>der</strong> Altersrente zu erreichen,<br />
144
Sozialrecht<br />
werden sie mitgerechnet, nicht aber die<br />
35 Versicherungsjahre <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstaltersrente).<br />
Das ordentliche Arbeitslosengeld<br />
Voraussetzungen für den Bezug des Arbeitslosengeldes<br />
sind:<br />
|- Arbeitslosigkeit des Arbeitnehmers,<br />
hervorgerufen durch eine Entlassung<br />
(nicht Eigenkündigung) - Ausnahme<br />
bei Eigenkündigung: nach dem Elternurlaub<br />
innerhalb des ersten Lebensjahres<br />
des Kindes);<br />
|- Eigenkündigung aus gerechtfertigtem<br />
Grund („giusta causa“). Nach<br />
einem Urteil des Verfassungsgerichtshofes<br />
Nr. 26/2002 ist die Eigenkündigung<br />
aus gerechtfertigtem<br />
Grund gleichzusetzen mit einer Entlassung,<br />
zum Beispiel bei:<br />
Nichtbezahlung <strong>der</strong> Entlohnung, sexueller<br />
Belästigung, Mobbing;<br />
|- Einschreibung in die Arbeitsvermittlungslisten<br />
beim Arbeitsamt;<br />
|- Mindestens 2 Versicherungsjahre<br />
und mindestens 1 Versicherungsjahr<br />
in den letzten 2 Jahren vor Beginn<br />
<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit. Es gibt kein Arbeitslosengeld<br />
bei Selbstkündigung,<br />
bei Auflösung des Arbeitsvertrages<br />
im gegenseitigen Einverständnis, für<br />
Arbeitsverträge auf Zeit, saisonale<br />
Nicht-EU-Bürger mit einer befristeten<br />
Arbeitsgenehmigung, bei längerem<br />
Urlaubsaufenthalt im Ausland (für die<br />
betreffende Zeit laut Reisepass). Hingegen<br />
bekommen die Saisonarbeiter,<br />
welche vom Arbeitgeber am Saisonsende<br />
entlassen werden, das Arbeitslosengeld.<br />
Ausmaß und Laufzeit<br />
Seit 1. Jänner 2008 gelten neue Bestimmungen<br />
bezüglich <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />
Leistung. Personen, die jünger sind als<br />
50, erhalten maximal 8 Monate das Arbeitslosengeld,<br />
jene, die 50 Jahre o<strong>der</strong><br />
älter sind, 12 Monate.<br />
Für die ersten sechs Monate beträgt das<br />
Arbeitslosengeld 60% <strong>der</strong> effektiven<br />
Durchschnittsentlohnung <strong>der</strong> letzten<br />
3 Monate, die nächsten 3 Monate 50%<br />
und zum Schluss 40%. Es wird ausbezahlt:<br />
|- ab dem 8. Tag nach Beendigung des<br />
Arbeitsverhältnisses, wenn innerhalb<br />
7 Tagen die Einschreibung in die Arbeitslosenlisten<br />
erfolgt und das Gesuch<br />
eingereicht wird (eventuelle<br />
Beilagen können auch später nachgereicht<br />
werden);<br />
|- ab dem 5. Tag nach Gesuchstellung,<br />
wenn das Gesuch nach mehr als 7<br />
Tagen ab Beginn <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit<br />
gestellt wird. Spätestens am 68. Tag<br />
nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
ist die letzte Möglichkeit zur<br />
Gesuchstellung.<br />
Aussetzen und Verfall des<br />
Arbeitslosengeldes<br />
Das Arbeitslosengeld wird für bestimmte<br />
Zeiten ausgesetzt und später werden<br />
die bis zum Erreichen des 180. Tagessatzes<br />
fehlenden Beträge weiterbezahlt<br />
wenn:<br />
|- <strong>der</strong> Arbeitnehmer auf an<strong>der</strong>e Sozialleistungen<br />
Anrecht hat (z. B. bei<br />
Krankheit innerhalb des 60. Tages ab<br />
Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
- in diesem Falle erhält <strong>der</strong> Arbeitslose<br />
das Krankengeld - o<strong>der</strong> bei Mutterschaftsgeld);<br />
|- bei bis zu 5 Arbeitstagen in Gelegenheitsarbeiten<br />
o<strong>der</strong> als Ersatz von Be-<br />
145
Sozialrecht<br />
schäftigten, die den wöchentlichen<br />
Ruhetag genießen.<br />
Das Arbeitslosengeld verfällt bei Wie<strong>der</strong>anstellung<br />
bzw. wenn die Streichung<br />
aus den Arbeitslosenlisten erfolgt. Eine<br />
Streichung des Arbeitslosen wird vorgenommen,<br />
falls hintereinan<strong>der</strong> ein seinen<br />
beruflichen Fähigkeiten angemessener<br />
Arbeitsplatz o<strong>der</strong> die Teilnahme<br />
an Berufsbildungskursen für Arbeitslose<br />
abgelehnt wird. Das Recht auf Arbeitslosengeld<br />
bleibt hingegen aufrecht, wenn<br />
innerhalb des 68. Tages <strong>der</strong> Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> Gesuchstellung eine Anstellung von<br />
weniger als 15 Tagen erfolgt. Später führt<br />
jede Anstellung von mehr als 5 Tagen zu<br />
einem Verfall des Arbeitslosengeldes; es<br />
kann natürlich später wie<strong>der</strong> darum angesucht<br />
werden. Der Bezug des Arbeitslosengeldes<br />
und einer Altersrente sind<br />
unvereinbar. Ebenso sind Arbeitnehmer,<br />
die das Rentenalter erreicht haben vom<br />
Arbeitslosengeld ausgeschlossen.<br />
Einsatz von Arbeitslosen für sozial<br />
nützliche Zwecke<br />
Arbeitnehmer in <strong>der</strong> Lohnausgleichskassa<br />
Bzw. die Mobilitäts- o<strong>der</strong> Arbeitslosengeld<br />
erhalten, können durch<br />
öffentliche Körperschaften für sozial<br />
nützliche Arbeiten herangezogen werden,<br />
wobei ihnen für die tatsächlich<br />
geleisteten Arbeitstage eine zusätzliche<br />
Vergütung zu garantieren ist. Wer<br />
ablehnt, <strong>der</strong> verwirkt das Recht auf die<br />
Unterstützung.<br />
Weihnachtsgeld<br />
Wer zwischen 18. und 24. Dezember auch<br />
nur einen Tag das Arbeitslosengeld bezieht,<br />
hat Anspruch auf ein Weihnachtsgeld<br />
im Ausmaß von 6 Tagessätzen.<br />
Arbeitslosengeld mit verringerten<br />
Voraussetzungen<br />
Um den Kreis <strong>der</strong> Bezieher des Arbeitslosengeldes<br />
auf Beschäftigte auf bestimmte<br />
Zeit auszudehnen, die meistens<br />
nicht ein volles Versicherungsjahr in den<br />
letzten zwei Jahren erreichen konnten,<br />
wurden 1988 die Bestimmungen etwas<br />
gelockert.<br />
Solche Personengruppen müssen:<br />
|- um die vorgesehenen 2 Versicherungsjahre<br />
zu erreichen, bis zum Ende<br />
des Jahres in dem die Arbeitslosenzeiten<br />
anfallen, wenigstens einen Wochenbeitrag<br />
aufweisen, <strong>der</strong> mehr als 2<br />
Jahre zurückliegt;<br />
|- im Jahr vor jenem <strong>der</strong> Gesuchstellung<br />
mindestens 78 sozialversicherte Arbeitstage<br />
aufscheinen haben.<br />
Ausmaß und Gesuchstellung<br />
Das Arbeitslosengeld wird für so viele<br />
Tage gewährt wie im Jahr vorher gearbeitet<br />
wurden bzw. welche auf den Tagparameter<br />
312 fehlen, abzüglich bereits<br />
bezahlter Tagessätze, wobei 35% <strong>der</strong><br />
effektiven Durchschnittsentlohnung als<br />
Rechenbasis herangezogen werden. Das<br />
Gesuch muss bis zum 31. März des auf<br />
die Zeiten <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit folgenden<br />
Jahres beim Arbeitsamt eingereicht<br />
werden.<br />
Ordentliche und<br />
Son<strong>der</strong>arbeitslosenunterstützung für<br />
die landwirtschaftlichen Arbeiter<br />
<strong>Die</strong> landwirtschaftlichen Arbeiter haben<br />
(im Gegensatz zu den Angestellten)<br />
eine eigene Arbeitslosenregelung. Dabei<br />
müssen zunächst zwei Gruppen unterschieden<br />
werden:<br />
|- Landwirtschaftliche Fixarbeiter (mit<br />
146
Sozialrecht<br />
Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit),<br />
welchen <strong>der</strong> Betrieb eine Mindestanstellung<br />
von 181 Tagschichten gewährleistet;<br />
|- Landwirtschaftliche Taglöhner (mit Arbeitsvertrag<br />
auf Zeit).<br />
Voraussetzung für die landwirtschaftliche<br />
Arbeitslosenunterstützung sind:<br />
|- Einschreibung in die Namensverzeichnisse<br />
<strong>der</strong> landwirtschaftlichen Arbeiter,<br />
|- 2 Versicherungsjahre,<br />
|- im Jahr <strong>der</strong> Gesuchstellung und im<br />
Jahr davor vorwiegende Arbeitstätigkeit<br />
in <strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />
|- mindestens 51 Tagschichten im Jahr<br />
<strong>der</strong> Gesuchstellung und insgesamt<br />
102 Tagschichten im Zweijahreszeitraum.<br />
Ordentliches Arbeitslosengeld<br />
<strong>Die</strong>ses wird für so viele Tage gewährt,<br />
wie im Jahr vorher gearbeitet wurden<br />
bzw. welche auf 365 noch fehlen, unter<br />
Berücksichtigung <strong>der</strong> Arbeitstage und<br />
aller an<strong>der</strong>en entgoltenen Tage. Auch<br />
die Sonntage und Feiertage, die auf einen<br />
Wochentag fallen, werden abgezogen.<br />
<strong>Die</strong> Fixangestellten erhalten nur das<br />
ordentliche Arbeitslosengeld.<br />
Son<strong>der</strong>arbeitslosengeld für die landwirtschaftlichen<br />
Taglöhner<br />
Taglöhner mit mindestens 151 Tagschichten<br />
erhalten für höchstens 90 Tage<br />
das Son<strong>der</strong>arbeitslosengeld im Ausmaß<br />
von 66 % des Konventionallohnes und<br />
für 29 Tage das ordentliche Arbeitslosengeld<br />
im früher gültigen Ausmaß. <strong>Die</strong><br />
Taglöhner mit 101 bis 150 Tagschichten<br />
erhalten das Son<strong>der</strong>arbeitslosengeld im<br />
Ausmaß von 40 % des Konventionallohnes<br />
für höchstens 79 Tage (bis zum Erreichen<br />
von 270 Parametertagen) und die<br />
ordentliche Arbeitslosenunterstützung<br />
im früher gültigen Ausmaß.<br />
Son<strong>der</strong>arbeitslosengeld für die<br />
Bauarbeiter<br />
Das Son<strong>der</strong>arbeitslosengeld erhalten Arbeiter<br />
und Angestellte von Baubetrieben<br />
(auch Handwerk) wenn;<br />
1. die Betriebstätigkeit eingestellt wird;<br />
2. Personal reduziert wird;<br />
3. die Baustelle o<strong>der</strong> ein bestimmter Arbeitsvorgang<br />
beendet wird;<br />
4. <strong>der</strong> Betrieb Konkurs anmeldet;<br />
5. das Arbeitsverhältnis wegen <strong>der</strong> Weigerung<br />
des Beschäftigten, auf einer<br />
unzumutbar weit entfernten Baustelle<br />
zu arbeiten, aufgelöst wird.<br />
Weiters müssen 10 Versicherungsmonate<br />
bzw. 43 Versicherungswochen im<br />
Baugewerbe in den letzten 2 Jahren<br />
aufscheinen und die Eintragung in den<br />
Arbeitslosenlisten gemacht worden sein.<br />
Das Ansuchen muss innerhalb von 2<br />
Jahren eingereicht werden und das Arbeitslosengeld<br />
läuft ab dem ersten Tag<br />
<strong>der</strong> Arbeitslosigkeit sofern innerhalb von<br />
8 Tagen angesucht wurde o<strong>der</strong> ab dem<br />
Gesuchsdatum bei späterem Ansuchen.<br />
Ausmaß und Dauer<br />
Der monatliche Betrag <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>arbeitslosenunterstützung<br />
beträgt zwischen<br />
100 % und 80 % des Monatslohnes.<br />
<strong>Die</strong> Höchstdauer beträgt 90 Tage im<br />
Verlauf eines Jahres und kann bei Sektorenkrise<br />
o<strong>der</strong> Krise auf lokaler Ebene auf<br />
180 Tage ausgedehnt werden. Weitere<br />
Verlängerungen sind mit Dekret des Arbeitsministers<br />
möglich. Nach 90 Tagen<br />
in <strong>der</strong> Son<strong>der</strong>arbeitslosenunterstützung<br />
147
Sozialrecht<br />
können noch 90 Tage ordentliche Arbeitslosenunterstützung<br />
bezogen werden.<br />
4.2. Lohnausgleichskasse<br />
<strong>Die</strong> Bestimmungen über die Lohnausgleichskasse<br />
wurden bereits im arbeitsrechtlichen<br />
Teil behandelt (siehe ebenda).<br />
Es bleibt aber festzuhalten, dass<br />
die ordentliche Lohnausgleichskasse<br />
eine Einrichtung <strong>der</strong> Sozialversicherung<br />
darstellt, für die Beiträge bezahlt<br />
werden (je nachdem von 1,90 % bis<br />
5,20 %). <strong>Die</strong> Son<strong>der</strong>lohnausgleichskasse<br />
wurde hingegen vorwiegend über<br />
Steuermittel des Staates finanziert,<br />
wobei aber mittlerweile eine Eigenfinanzierung<br />
<strong>der</strong> betreffenden Betriebe<br />
und Arbeitnehmer (0,90 % davon 0,30<br />
% zu Lasten <strong>der</strong> Beschäftigten) eingeführt<br />
wurde.<br />
Zweck <strong>der</strong> Lohnausgleichskasse ist es,<br />
den Arbeitern von Industriebetrieben,<br />
die eine kürzere Zeit pro Woche arbeiten<br />
(müssen) als vom Kollektivvertrag vorgesehen,<br />
einen Lohnausgleich in Höhe<br />
von 80 % zu gewährleisten (Kurzarbeit).<br />
Mittlerweile wurde dieser Schutz auch<br />
auf die Angestellten <strong>der</strong> Industriebetriebe<br />
ausgedehnt. <strong>Die</strong> Kurzarbeit kann<br />
bis zur Einstellung <strong>der</strong> Tätigkeit für eine<br />
bestimmte Zeitspanne gehen (höchstens<br />
13 Wochen hintereinan<strong>der</strong>).<br />
Über die Überstellung in die Lohnausgleichskasse<br />
entscheidet in erster Linie<br />
<strong>der</strong> Betrieb, da er es ja ist, <strong>der</strong> die Verpflichtung<br />
eingegangen ist, den Arbeitnehmern<br />
Arbeit zu geben. Kann er das<br />
für einen zeitlich begrenzten Zeitraum<br />
nicht, so kann auf die Lohnausgleichskasse<br />
zurückgegriffen werden. Es ist dabei<br />
unbedeutend ob <strong>der</strong> Grund für das<br />
Fehlen <strong>der</strong> Arbeit dem Betrieb selbst<br />
zuzuschreiben ist o<strong>der</strong> nicht. Lediglich<br />
müssen die Betriebe mit Eigenverschulden<br />
einen zusätzlichen Beitrag bei Inanspruchnahme<br />
<strong>der</strong> Lohnausgleichskasse<br />
bezahlen. <strong>Die</strong> Inanspruchnahme <strong>der</strong><br />
Lohnausgleichskasse wird durch eine<br />
eigene Kommission, die paritätisch besetzt<br />
ist, genehmigt. Für die Landwirtschaft<br />
und den Bausektor gibt es eigene<br />
Formen <strong>der</strong> Lohnausgleichskasse.<br />
4.3. Mobilitätsfonds<br />
Über diesen Fonds wird die Mobilität<br />
(siehe Arbeitsrecht Kapitel 5.6.) finanziert.<br />
Der Beitrag beträgt 0,30 % für alle<br />
jene Betriebe, <strong>der</strong>en Beschäftigten in<br />
den Genuss des Mobilitätsgeldes kommen<br />
können.<br />
4.4. Garantiefonds für<br />
Abfertigungen<br />
Mit einem Beitrag von 0,20 % für alle Betriebe<br />
werden die Abfertigungen über<br />
diesen Fonds garantiert, falls <strong>der</strong> Betrieb<br />
nicht mehr in <strong>der</strong> Lage ist, diese auszuzahlen<br />
(bei Konkurs, Zwangsausgleich,<br />
Zwangsliquidierung o<strong>der</strong> Zwangsverwaltung).<br />
Dasselbe gilt auch aufgrund<br />
<strong>der</strong> Anpassung an eine europäische<br />
Richtlinie für die letzten 3 Monatsentlohnungen<br />
vor den vorhin aufgezählten<br />
Ereignissen.<br />
4.5. Tuberkuloseversicherung<br />
Eingeführt wurde sie zusammen mit jener<br />
über die Berufskrankheiten im Jahre<br />
1927. Vorgesehen sind verschiedene<br />
Leistungen:<br />
|- unentgeltlicher Aufenthalt in Heilan-<br />
148
Sozialrecht<br />
stalten während <strong>der</strong> akuten Phase <strong>der</strong><br />
Krankheit,<br />
|- bei Notwendigkeit Einlieferung in Sanatorien,<br />
|- Abdeckung <strong>der</strong> Heilbehandlungszeiten<br />
mit eigener Entschädigung,<br />
|- Tagegeld für 180 Tage im Ausmaß des<br />
Krankengeldes.<br />
4.6. Familienzulagenfonds<br />
(Cassa unica degli Assegni<br />
Familiari – Cuaf)<br />
Dem Sinn nach ist die Familienzulagenversicherung<br />
keine richtige Versicherung,<br />
da das Risiko fehlt. Jedoch wurden<br />
in Italien die Familienzulagen aus geschichtlichen<br />
und sozialen Gründen ins<br />
Sozialversicherungssystem integriert.<br />
Der Beitragssatz zu dieser Versicherung<br />
war relativ hoch. <strong>Die</strong> im Verhältnis dazu<br />
relativ geringen Auszahlungen haben<br />
zu einem deutlichen Überschuss in <strong>der</strong><br />
Fondsverwaltung geführt. <strong>Die</strong> Beiträge<br />
wurden nunmehr gekürzt. Mittlerweile<br />
werden den Arbeitnehmern keine richtigen<br />
Famlienzulagen mehr ausbezahlt<br />
(also einen bestimmten Betrag für jedes<br />
zu Lasten lebende Familienmitglied),<br />
son<strong>der</strong>n es gibt das Familiengeld, d. h.<br />
aufgrund <strong>der</strong> Familiengröße und des<br />
Familieneinkommens ist ein bestimmter<br />
Betrag festgelegt. Das Familiengeld<br />
wird für die meisten Arbeitnehmer direkt<br />
vom Arbeitgeber ausbezahlt, welcher es<br />
mit dem INPS/NISF verrechnet. Einige<br />
Berufsgruppen, z. B. die landwirtschaftlichen<br />
Taglöhner, die Rentner und weitere,<br />
erhalten das Familiengeld direkt vom<br />
INPS/NISF. Es hat eine Verjährungsfrist<br />
von 5 Jahren.<br />
Näheres im Kapitel Entlohnung.<br />
4.7. Arbeitswaisenfonds (Ente<br />
Nazionale Orfani dei<br />
Lavoratori Italiani – Enaoli)<br />
<strong>Die</strong> Leistungen zugunsten von Waisen<br />
wegen eines Arbeitsunfalles verstorbener<br />
Arbeitnehmer o<strong>der</strong> Gleichgestellter<br />
(Kin<strong>der</strong> von Vollinvaliden) werden durch<br />
das Ministerialdekret vom 10. Mai 1975<br />
geregelt und bestehen in:<br />
|- Unterhalt und Erziehung <strong>der</strong> Waisen in<br />
eigenen vom INPS/NISF geführten Instituten<br />
o<strong>der</strong> bei Familien;<br />
|- Gesundheitliche und pharmazeutische<br />
Betreuung;<br />
|- Berufliche Ausbildung und Arbeitsvermittlung.<br />
5. Krankenversicherung<br />
Mit 1. Jänner 1980 ist die Sanitätsreform<br />
in Kraft getreten, die das System <strong>der</strong><br />
Krankenkassen (INAM, ENPAS, INADEL,<br />
ENPALS, ENPDEDP) abgeschafft und die<br />
Aufgaben dem gesamtstaatlichen Gesundheitsdienst<br />
übertragen hat, <strong>der</strong> sie<br />
über die Sanitätseinheiten ausübt. <strong>Die</strong><br />
Sanitätseinheiten gewähren die Vorsorge-,<br />
Therapie- und Rehabilitationsleistungen<br />
im Sinne des in <strong>der</strong> Verfassung<br />
verankerten Grundrechtes <strong>der</strong> Bürger auf<br />
Schutz <strong>der</strong> Gesundheit. <strong>Die</strong> Regionen und<br />
autonomen Provinzen haben aufgrund<br />
<strong>der</strong> Vorgaben des gesamtstaatlichen Gesundheitsplanes<br />
die gesetzgeberischen<br />
und verwaltungsmäßigen Zuständigkeiten<br />
in Bezug auf die Gesundheits- und<br />
Krankenhausversorgung. In Südtirol sind<br />
die ehemaligen 4 Sanitätsbetriebe in einen<br />
zusammengeschlossen worden und<br />
in 4 Sanitätsbezirke aufgeteilt, die wie<strong>der</strong>um<br />
in Sanitätssprengel unterteilt sind.<br />
149
Sozialrecht<br />
5.1. Beiträge Zur<br />
Krankenversicherung<br />
Um Anrecht auf die Leistungen <strong>der</strong> Krankenversicherung<br />
zu haben, ist eine Eintragung<br />
im Gesundheitsdienst notwendig.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmer und die zu Lasten<br />
lebenden Familienmitglie<strong>der</strong> sind aufgrund<br />
<strong>der</strong> Arbeitstätigkeit krankenversichert.<br />
Auch bei Arbeitslosigkeit besteht<br />
das Recht auf Eintragung in den Gesundheitsdienst.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge werden vom Arbeitgeber<br />
über die IRAP-Steuer im Ausmaß<br />
von normalerweise 4,25 % auf die<br />
Nettowertschöpfung des Betriebes (siehe<br />
auch Kapitel Entlohnung) entrichtet.<br />
<strong>Die</strong> Regionen und autonomen Provinzen<br />
können zusätzlich Finanzmittel zur Verfügung<br />
stellen, um bessere Leistungen<br />
gewähren zu können.<br />
5.2. Leistungen Der<br />
Krankenversicherung<br />
<strong>Die</strong> Leistungen des Gesundheitsdienstes<br />
sind nicht mehr alle kostenlos, es wurde<br />
bereits seit geraumer Zeit eine Selbstbeteiligung<br />
(Ticket) eingeführt, welche für<br />
Arzneien, ambulatorische Facharztleistungen<br />
und Laboruntersuchungen usw.<br />
zu zahlen ist. Es wird auch eine Rezeptgebühr<br />
für Medikamente eingehoben.<br />
<strong>Die</strong> allgemeine Ticketbefreiung nach<br />
Einkommen gilt nicht mehr. Ausgenommen<br />
vom Ticket sind die Bürger/innen<br />
bis 14 Jahren, wenn das Gesamteinkommen<br />
<strong>der</strong> Familie unter 36.151,98 Euro<br />
liegt und Bürger über 65 Jahren mit einem<br />
Familieneinkommen bis 36.151,98<br />
Euro; weiters alle Arbeitslosen, die in die<br />
Arbeitslosenlisten eingetragen sind und<br />
Bezieher einer Mindestrente, für beide<br />
Kategorien gelten auch bestimmte Einkommensgrenzen<br />
(siehe Tabelle).<br />
Familiengemeinschaften, die aufgrund<br />
ihrer wirtschaftlichen Lage die 1,5 Quote<br />
des sozialen Mindesteinkommens nicht<br />
übersteigen, sind auch befreit.<br />
Grundsätzlich kann man die direkte Betreuung<br />
(durch die <strong>Die</strong>nste <strong>der</strong> Sanitätseinheiten)<br />
von <strong>der</strong> indirekten Betreuung<br />
(durch konventionierte außenstehende<br />
<strong>Die</strong>nste wie z. B. Privatkliniken und Fachärzte)<br />
unterscheiden.<br />
Alle Bürger haben das Anrecht, in begründeten<br />
und dringlichen Fällen o<strong>der</strong><br />
bei vorübergehendem Aufenthalt außerhalb<br />
des Wohnsitzes die Gesundheitsdienste<br />
einer an<strong>der</strong>en Sanitätseinheit<br />
zu beanspruchen. Auch im Ausland<br />
(EU-Staaten, usw.) ist das möglich. <strong>Die</strong>sbezüglich<br />
braucht es aber eine eigene<br />
Bescheinigung <strong>der</strong> Sanitätseinheit. Im<br />
Falle, dass es in Italien keine geeigneten<br />
Strukturen gibt o<strong>der</strong> zu lange Wartezeiten<br />
vorliegen, ist gegen vorherige<br />
Genehmigung auch eine Behandlung<br />
im Ausland möglich. Gerade das Land<br />
Südtirol hat mit einigen österreichischen<br />
Krankenhäusern diesbezügliche Konventionen<br />
abgeschlossen.<br />
<strong>Die</strong> Leistungen <strong>der</strong> Sanitätseinheiten<br />
sind unter an<strong>der</strong>em:<br />
|- Grundversorgung durch Ärzte und<br />
Krankenpfleger<br />
|- Notfallmedizinischer <strong>Die</strong>nst<br />
|- Pharmazeutische Betreuung<br />
|- Fachärztliche Betreuung<br />
|- Krankenhausbetreuung<br />
|- Ergänzende Leistungen<br />
|- Hydrothermalkuren<br />
|- Betreuung <strong>der</strong> Invaliden<br />
|- Arbeitsmedizin<br />
|- Dialysedienst<br />
|- Nuklearmedizin<br />
|- Pharmazeutischer <strong>Die</strong>nstag<br />
150
Sozialrecht<br />
|- Physische Rehabilitation<br />
|- Pneumologischer <strong>Die</strong>nst<br />
|- Öffentliche Hygiene<br />
|- Schutz <strong>der</strong> psychischen Gesundheit<br />
auf dem Territorium<br />
|- Psychologische Betreuung<br />
|- Genetische Beratung<br />
|- Betreuung <strong>der</strong> Drogenabhängigen<br />
|- Vorbeugung, Behandlung, Rehabilitation<br />
<strong>der</strong> Alkoholabhängigkeit<br />
|- Vorbeugung <strong>der</strong> Tumorerkrankungen<br />
bei Frauen<br />
|- Vorbeugung, Diagnostik und Therapie<br />
<strong>der</strong> Lungenkrankheiten<br />
|- Medizinische psychopädagogische<br />
Rehabilitation von Behin<strong>der</strong>ten<br />
|- Vorbeugung und Behandlung <strong>der</strong> Geschlechtskrankheiten<br />
|- Vorbeugung und Behandlung von<br />
AIDS<br />
|- Vorbeugung und Behandlung des Diabetes<br />
|- Diätetische Beratung<br />
|- Schutz <strong>der</strong> sportlichen Betätigung<br />
|- Arbeitsmedizin<br />
|- Bluttransfusionen<br />
|- Tierärztliche Betreuung<br />
Grundversorgung durch Ärzte und<br />
Krankenpfleger<br />
Mit <strong>der</strong> Eintragung in den Gesundheitsdienst<br />
muss <strong>der</strong> Bürger seinen Vertraueinsarzt<br />
(praktischer Arzt) o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>arzt<br />
(für Kin<strong>der</strong> von 0 bis 14 Jahren)<br />
wählen. <strong>Die</strong> Visiten und Behandlungen<br />
dieses Vertrauensarztes (Basisarzt) sind<br />
für die Patienten kostenlos, denn <strong>der</strong><br />
Arzt wird über eine Pro-Kopf-Quote<br />
durch die Sanitätseinheit bezahlt. Der<br />
allgemeinpraktische Arzt führt im Wesentlichen<br />
folgende Leistungen durch:<br />
|- Hausvisiten und Untersuchungen im<br />
Ambulatorium für die Diagnose, Therapie<br />
und Vorsorge;<br />
|- Verschreibung von Arzneimitteln;<br />
|- Anträge auf fachärztliche und instrumentaldiagnostische<br />
Untersuchungen<br />
und Proben, für Krankenhausaufnahmen,<br />
für Thermalkuren und Therapien<br />
im Ambulatorium;<br />
|- Ausstellung von Bescheinigungen<br />
betreffend Krankheiten, Wie<strong>der</strong>zulassung<br />
zur Schule, Eignung für die sportliche<br />
Betätigung.<br />
Notfallmedizinische <strong>Die</strong>nste.<br />
Dazu zählen <strong>der</strong> ärztliche Bereitschaftsdienst<br />
in <strong>der</strong> Nacht und an Feiertagen,<br />
<strong>der</strong> Erste-Hilfe-<strong>Die</strong>nst in den Krankenhäusern<br />
und <strong>der</strong> Rettungsdienst. Für<br />
diesen <strong>Die</strong>nst wurde eine Selbstbeteiligungsquote<br />
eingeführt.<br />
Pharmazeutische Betreuung<br />
Zur Beanspruchung <strong>der</strong>selben ist eine<br />
Verschreibung des Hausarztes o<strong>der</strong> eines<br />
(konventionierten) Facharztes notwendig.<br />
Mittlerweile sind fast alle Medikamente<br />
einer gesetzlich festgelegten<br />
Selbstbeteiligungsquote (Ticket) unterworfen<br />
(siehe Tabelle auf nächster Seite).<br />
Fachärztliche Betreuung<br />
<strong>Die</strong> Versicherten haben Anrecht auf<br />
fachärztliche Untersuchungen. Für den<br />
Zutritt zu den fachärztlichen Ambulatorien<br />
sind die Vormerkung und <strong>der</strong> Antrag<br />
eines Basisarztes o<strong>der</strong> eines (konventionierten)<br />
Facharztes notwendig. Mit <strong>der</strong><br />
Bewilligung kann man sich an jedes öffentliche<br />
o<strong>der</strong> konventionierte Ambulatorium<br />
im Lande wenden. <strong>Die</strong> Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> Wahl des Facharztes ist nur für<br />
Privatvisiten vorgesehen, die dann auch<br />
151
Sozialrecht<br />
LEISTUNG TICKET BEFREIUNGEN<br />
Medikamente 1 Euro pro Rezept Gefängnisinsassen, Impf- und Transfusionsgeschädigte, Schmerztherapiepatienten, Zivilinvaliden<br />
(100 %), Blinde, Kriegsinvaliden, große <strong>Die</strong>nst- und Arbeitsinvaliden, min<strong>der</strong>jährige Zivilinvaliden<br />
mit Begleitzulage, Betreute unter 14 Jahre (Familieneinkommen bis 36.151,98 Euro),<br />
Bedürftige *Inhaber einer Sozialrente und zu Lasten lebende Familienangehöriger *.<br />
2 Euro pro Medikament **<br />
4 Euro für zwei o<strong>der</strong> mehr Medikamente **<br />
Siehe oben + zusätzlich Medikamente für spezifische Krankheitsbil<strong>der</strong>, an<strong>der</strong>e Invaliden als oben<br />
definiert, Inhaber einer Sozialrente und <strong>der</strong>en Angehörige zu Lasten, Betreute über 65 Jahre (Familieneinkommen<br />
bis 36.151,98 Euro), Betreute über 60 Jahre und Arbeitslose (Einkommen bis<br />
8.263,31 Euro bzw. 11.362,05 Euro wenn verheiratet + 516,46 Euro für jedes Kind zu Lasten).<br />
Bodenrettung Kostenlos bei gerechtfertigtem Transport<br />
Kosten des Transportes bis 100,00 Euro<br />
bei nicht gerechtfertigtem Transport!<br />
Bei nicht gerechtfertigtem Transport keine Befreiung vorgesehen!<br />
Programmierte<br />
Transporte<br />
25 Euro pro Einsatz **<br />
max. 250 Euro pro Jahr **<br />
Strahlen- und Chemotherapie, Dialyse, Frauen bei Schwangerschaft, Transporte aus Gesundheitsgründen,<br />
Betreute über 60 Jahre und Arbeitslose (Einkommen bis 8.263,31 bzw.<br />
11.362,05 Euro wenn verheiratet + 516,46 Euro für jedes Kind zu Lasten), Betreute unter 14<br />
Jahre und über 65 Jahre (Familieneinkommen bis 36.151,98 Euro), Bedürftige *.<br />
Flugrettung 100 Euro pro gerechtfertigten Einsatz ** Frauen bei Schwangerschaft, Betreute über 60 Jahre und Arbeitslose (Einkommen bis<br />
8.263,31 bzw. 11.362,05 Euro wenn verheiratet + 516,46 Euro für jedes Kind zu Lasten) Betreute<br />
unter 14 Jahre und über 65 Jahre (Familieneinkommen bis 36.151,98 Euro), Bedürftige<br />
*. Bei nicht gerechtfertigtem Einsatz keine Befreiung vorgesehen!<br />
Erste Hilfe Kostenlos bei nachfolgen<strong>der</strong> stationärer<br />
Aufnahme<br />
Für alle!<br />
15 Euro gerechtfertigte Fälle ** Gefängnisinsassen, Impf- und Transfusionsgeschädigte, Schmerztherapiepatienten, Zivilinvaliden<br />
(100 %), Blinde, Kriegsinvaliden, große <strong>Die</strong>nst- und Arbeitsinvaliden, min<strong>der</strong>jährige Zivilinvaliden<br />
mit Begleitzulage, an<strong>der</strong>e Invaliden als oben definiert, Arbeitsunfallopfer, spezifische<br />
Krankheitsbil<strong>der</strong>, Inhaber einer Sozialrente und <strong>der</strong>en Angehörige zu Lasten, Mindestrentner<br />
über 60 Jahre und Arbeitslose (Einkommen bis 8.263,31 bzw. 11.362,05 Euro wenn verheiratet<br />
+ 516,46 Euro für jedes Kind zu Lasten) Betreute unter 14 Jahre und über 65 Jahre (Familieneinkommen<br />
bis 36.151,98 Euro), Frauen bei Schwangerschaft, Bedürftige *.<br />
50 Euro plus Tarif für jede Einzelleistung<br />
bis max. 100 Euro bei nicht gerechtfertigten<br />
Fällen!<br />
<strong>Die</strong> Ticketbefreiung gilt nicht für den Ticketbetrag von 50,00 Euro <strong>der</strong> von allen zu bezahlen ist!<br />
152
Sozialrecht<br />
Tagesklinik Kostenlos Für alle!<br />
Begleitpersonen 15 Euro (vorher 23,50 Euro ) Gefängnisinsassen, Impf- und Transfusionsgeschädigte, Zivilinvaliden (100 %), Blinde,<br />
Kriegsinvaliden, große <strong>Die</strong>nst- und Arbeitsinvaliden, min<strong>der</strong>jährige Zivilinvaliden mit Begleitzulage,<br />
an<strong>der</strong>e Invaliden als oben definiert, spezifische Krankheitsbil<strong>der</strong>, Inhaber einer<br />
Sozialrente und <strong>der</strong>en Angehörige zu Lasten, Betreute unter 14 Jahre und über 65 Jahre<br />
(Familieneinkommen bis 36.151,98 Euro), Betreute über 60 Jahre und Arbeitslose (Einkommen<br />
bis 8.263,31 bzw. 11.362,05 Euro wenn verheiratet + 516,46 Euro für jedes Kind zu<br />
Lasten), Frauen bei Schwangerschaft, Neugeborene, Suchtpatienten und psychisch Kranke<br />
in stationärer Therapie, Bedürftige *.<br />
Klassepatienten 200 Euro pro Tag Keine Befreiung vorgesehen!<br />
Privatvisiten 20% Erhöhung des <strong>der</strong>zeitigen Tarifes Keine Befreiung vorgesehen!<br />
Diagnostik<br />
Laborleistungen<br />
Facharztvisiten<br />
Tarifkosten bis max. 36,15 Euro pro Rezept<br />
(mit bis zu 8 Verschreibungen) und 18,10<br />
Euro für jede Erstvisite beim Facharzt<br />
(11,90 Euro für nachfolgende Visiten) **<br />
Gefängnisinsassen, Impf- und Transfusionsgeschädigte, Zivilinvaliden (100 %), Blinde, min<strong>der</strong>jährige<br />
Zivilinvaliden mit Begleitzulage, große <strong>Die</strong>nst- und Arbeitsinvaliden, Kriegsinvaliden,<br />
Inhaber <strong>der</strong> Sozialrente und <strong>der</strong>en Angehörige zu Lasten, Betreute unter 14 Jahre<br />
und über 65 Jahre (Familieneinkommen bis zu 36.151,98 Euro), Betreute über 60 Jahre und<br />
Arbeitslose (Einkommen bis 8.263,31 bzw. 11.362,05 Euro wenn verheiratet + 516,46 Euro<br />
für jedes Kind zu Lasten), alle an<strong>der</strong>en Invaliden für Krankheiten im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Invalidität, spezifische Krankheitsbil<strong>der</strong>, Bedürftige *.<br />
* Als Bedürftige gelten Betreute, welche 1,5 <strong>der</strong> Quote des sozialen Mindesteinkommens nicht erreichen! |<br />
** Herabsetzung des Tickets um 50% für alle zu Lasten lebenden Kin<strong>der</strong>!<br />
153
Sozialrecht<br />
vollends selbst bezahlt werden müssen.<br />
<strong>Die</strong> Landesregierung legt jeweils die<br />
unterversorgten Fachbereiche fest; für<br />
diese ist die indirekte Betreuung vorgesehen<br />
und folglich die tarifgemäße Vergütung<br />
<strong>der</strong> bestrittenen Ausgaben. Für<br />
Facharztvisiten ist die Bezahlung eines<br />
Tickets vorgesehen. Auch für Laboruntersuchungen,<br />
diagnostische Untersuchungen,<br />
Instrumentaldiagnostik und<br />
für Thermalkuren ist ein Kostenbeitrag<br />
eingeführt. Kriegs- und Schwerinvaliden<br />
sowie bedürftige Personen sind ausgenommen.<br />
Krankenhausbetreuung<br />
Bestimmte Leistungen des Sanitätsweswns<br />
Sind nicht kostenlos. (siehe Tabelle<br />
152-153) <strong>Die</strong> ordentliche Aufnahme<br />
wird vom Basisarzt o<strong>der</strong> von einem an<strong>der</strong>en<br />
Arzt vorgeschlagen. Der Aufnahmedienst<br />
entscheidet über die Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> stationären Aufnahme. <strong>Die</strong><br />
Erste Hilfe kann eine Dringlichkeitsaufnahme<br />
von verunfallten o<strong>der</strong> schwerkranken<br />
Patienten verfügen.<br />
Ergänzende Leistungen <strong>der</strong><br />
Krankenversicherung<br />
<strong>Die</strong>se Leistungen bestehen in einer Beteiligung<br />
an <strong>der</strong> vom Betreuten direkt<br />
bestrittenen Ausgaben und betreffen:<br />
|- orthopädische Prothesen;<br />
|- therapeutische Stützungs- und<br />
Schutzbehelfe;<br />
|- Brillen, kieferorthopädische Behandlungen,<br />
Hörapparate (nur für Min<strong>der</strong>jährige).<br />
Vom Einkommen abhängig werden folgende<br />
ergänzende Leistungen geboten:<br />
|- Zahnprothesen;<br />
|- Schuheinlagen, orthopädische Schuhe;<br />
|- Bruchbinden;<br />
|- elastische Strümpfe und Binden;<br />
|- verschiedene an<strong>der</strong>e Leistungen.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge für Zahnbehandlungen,<br />
Zahnprothesen und Zahnspangen gehen<br />
in Südtirol erheblich über das auf<br />
nationaler Ebene vorgesehene Maß hinaus.<br />
5.3. Krankengeldversicherung<br />
Während die Kollektivverträge das<br />
Ausmaß des Krankengeldes regeln,<br />
welches die Arbeitnehmer insgesamt<br />
vom Arbeitgeber zu erhalten haben, so<br />
wird ein Teil desselben über die Krankenversicherung<br />
abgewickelt. Anrecht<br />
auf das Krankengeld aus <strong>der</strong> Sozialversicherung<br />
haben alle Beschäftigten außer<br />
die Lehrlinge, die Hausangestellten,<br />
die Portiere, die Reisenden. Das Ausmaß<br />
des Krankengeldes beträgt 50 % des<br />
durchschnittlichen Tageslohnes vom 4.<br />
bis zum 20. Tag und 66,66 % ab dem 21.<br />
Tag <strong>der</strong> Krankheit. Höchstens können<br />
pro Kalen<strong>der</strong>jahr 180 Tage bezahlt werden.<br />
Vergütet werden nur die Arbeitstage<br />
(Samstag inklusiv).<br />
Für die Beschäftigten <strong>der</strong> öffentlichen<br />
Lokale (pubblici esercizi) beträgt das<br />
Krankengeld ab dem 4. Tag bereits 80%.<br />
<strong>Die</strong> Krankengeldversicherung geht bis<br />
60 Tage nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.<br />
Somit erhalten auch Arbeitslose<br />
noch das Krankengeld, wenn<br />
die Krankheit innerhalb von 60 Tagen<br />
auftritt. In diesem Falle wird das Krankengeld<br />
um 2/3 gekürzt. Das Krankengeld<br />
wird für die Zeit des Krankenhausaufenthaltes<br />
um 3/5 reduziert, wenn<br />
<strong>der</strong> Kranke keine Familienlasten hat. In<br />
154
Sozialrecht<br />
<strong>der</strong> Regel streckt <strong>der</strong> Arbeitgeber die<br />
Krankengel<strong>der</strong> vor und verrechnet sie<br />
dann.<br />
5.4. Schwangerschafts- und<br />
Mutterschaftsgeld<br />
Für das Mutterschaftsgeld gibt es eine<br />
eigene Versicherung.<br />
<strong>Die</strong>se zahlt:<br />
|- für die Zeit <strong>der</strong> Pflichtenthaltung (2<br />
Monate vor <strong>der</strong> angenommenen Geburt,<br />
die Zeit zwischen angenommener<br />
und effektiver Geburt und für die<br />
3 Monate danach) 80% des im vorhergehenden<br />
Monat erhaltenen Gesamtlohnes<br />
(außer die Sonntage und<br />
die Feiertage, die vom Arbeitgeber zu<br />
zahlen sind)<br />
|- für die Zeit <strong>der</strong> freiwilligen Arbeitsenthaltung<br />
von 6 Monaten je Elternteil,<br />
mit einer Höchstgrenze von 10<br />
bzw. 11 Monaten gelten folgende Bestimmungen:<br />
<strong>Die</strong> ersten 6 Monate innerhalb des<br />
3. Lebensjahres des Kindes werden<br />
mit 30% des Gesamtlohnes vergütet.<br />
<strong>Die</strong> restlichen Monate werden nur<br />
bezahlt, wenn das jährliche Gesamteinkommen<br />
des Antragstellers nicht<br />
1,5mal den Mindestrentenbetrag<br />
übersteigt. Von dieser Möglichkeit<br />
können laut Gesetz die Mutter, <strong>der</strong><br />
Vater o<strong>der</strong> auch die Adoptiveltern Gebrauch<br />
machen. Im Normalfall streckt<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber die Gel<strong>der</strong> vor und<br />
verrechnet sie dann mit dem Sozialversicherungsinstitut.<br />
Näheres zum ganzen Thema im Kapitel<br />
Elternurlaub.<br />
Das Recht auf die Leistungen dieser<br />
Versicherung geht bis 60 Tage nach<br />
Beendigung des Arbeitsverhältnisses.<br />
5.5. Neuerungen im Pensionsrecht<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Sparmassnahmen<br />
<strong>der</strong> Regierung – juni <strong>2010</strong><br />
Mit dem gesetzesvertretenden Dekret<br />
Nr. 78 vom 31. Mai <strong>2010</strong> hat die Regierung<br />
in Rom drastische Einschnitte im<br />
Pensionsrecht beschlossen und mit 1.<br />
Jänner 2011 in Kraft treten werden.<br />
<strong>Die</strong> Pensionsbedingungen wurden<br />
nicht abgeän<strong>der</strong>t (40 Beitragsjahre, Alterslimit,<br />
Quote), allerdings werden die<br />
Rentenantrittsfenster in Zukunft von<br />
einem „allgemeinen Antrittsfenster“ zu<br />
einem „persönlichen Antrittsfenster“.<br />
|- Für Arbeitnehmer gilt ab 1. Jänner<br />
2011: Antrittsfenster 12 Monate nach<br />
Erreichen <strong>der</strong> Rentenvoraussetzungen;<br />
|- Für Selbständige bzw. Arbeitnehmer<br />
mit selbständigen Versicherungszeiten<br />
gilt ab 01. Jänner 2011: Antrittsfenster<br />
18 Monate nach Erreichen<br />
<strong>der</strong> Rentenvoraussetzungen.<br />
Beispiel: Ein Arbeitnehmer erreicht<br />
mit 25. Februar 2011 40 Beitragsjahre.<br />
Nach den geltenden Bestimmungen<br />
(gültig bis 31. Dezember <strong>2010</strong>) wäre<br />
sein Rentenantrittsfenster <strong>der</strong> 01. Juli<br />
2011 gewesen. Nach den neuen Bestimmungen<br />
(ab 01. Jänner 2011) wird<br />
sein persönliches Rentenantrittsfenster<br />
<strong>der</strong> 01. März 2012 sein. Somit verschiebt<br />
sich sein Rentenbeginn um 8<br />
Monate.<br />
Nicht betroffen sind:<br />
|- Staatliche Mobilität: für alle jene, die<br />
aufgrund von Gewerkschaftsabkommen,<br />
abgeschlossen innerhalb 30.<br />
April <strong>2010</strong>, in Mobilität sind und die<br />
Pensionsvoraussetzungen innerhalb<br />
des Zeitraumes <strong>der</strong> Mobilität erreichen.<br />
155
Sozialrecht<br />
Neues Rentenanlaufdatum für Arbeitnehmer (privat/öffentlich) = Quote – 40 Jahre<br />
Rentenvoraussetzungen<br />
2011<br />
<strong>Die</strong>nstaltersrente: <strong>Die</strong>nstaltersrente:<br />
<strong>der</strong>zeitige Antrittsfenster neues System ab 2011<br />
Januar Januar 2012 Februar 2012 1<br />
Februar Januar 2012 März 2012 2<br />
März Januar 2012 April 2012 3<br />
April Januar 2012 Mai 2012 4<br />
Mai Januar 2012 <strong>Juni</strong> 2012 5<br />
<strong>Juni</strong> Januar 2012 Juli 2012 6<br />
Juli Juli 2012 August 2012 1<br />
August Juli 2012 September 2012 2<br />
September Juli 2012 Oktober 2012 3<br />
Oktober Juli 2012 November 2012 4<br />
November Juli 2012 Dezember 2012 5<br />
Dezember Juli 2012 Januar 2013 6<br />
Quelle: IL SOLE 24 ORE<br />
Neus Rentenanlaufdatum für Arbeitnehmer (privat) - Altersrente<br />
Altersrente:<br />
<strong>der</strong>zeitige Antrittsfenster<br />
Altersrente:<br />
neues System ab 2011<br />
Juli 2011 Februar 2012 7<br />
Juli 2011 März 2012 8<br />
Juli 2011 April 2012 9<br />
Oktober 2011 Mai 2012 7<br />
Oktober 2011 <strong>Juni</strong> 2012 8<br />
Oktober 2011 Juli 2012 9<br />
Januar 2012 August 2012 7<br />
Januar 2012 September 2012 8<br />
Januar2012 Oktober 2012 9<br />
April 2012 November 2012 7<br />
April 2012 Dezember 2012 8<br />
April 2012 Januar 2013 9<br />
Quelle: IL SOLE 24 ORE<br />
Verschiebung<br />
in Monaten<br />
Verschiebung<br />
in Monaten<br />
156
Sozialrecht<br />
Neues Rentenanlaufdatum für Selbständige bzw. Arbeitnehmer mit<br />
selbständigen Versicherungszeiten = Quote – 40 Jahre<br />
Rentenvoraussetzungen<br />
2011<br />
<strong>Die</strong>nstaltersrente:<br />
<strong>der</strong>zeitige Antrittsfenster<br />
<strong>Die</strong>nstaltersrente:<br />
neues System ab 2011<br />
Januar Juli 2012 August 2012 1<br />
Februar Juli 2012 September 2012 2<br />
März Juli 2012 Oktober 2012 3<br />
April Juli 2012 November 2012 4<br />
Mai Juli 2012 Dezember 2012 5<br />
<strong>Juni</strong> Juli 2012 Januar 2013 6<br />
Juli Januar 2013 Februar 2013 1<br />
August Januar 2013 März 2013 2<br />
September Januar 2013 April 2013 3<br />
Oktober Januar 2013 Mai 2013 4<br />
November Januar 2013 <strong>Juni</strong> 2013 5<br />
Dezember Januar 2013 Juli 2013 6<br />
Quelle: IL SOLE 24 ORE<br />
Neues Rentenanlaufdatum für Selbständige - Altersrente<br />
Altersrente:<br />
<strong>der</strong>zeitige Antrittsfenster<br />
Altersrente:<br />
neues System ab 2011<br />
Oktober 2011 August 2012 10<br />
Oktober 2011 September 2012 11<br />
Oktober 2011 Oktober 2012 12<br />
Januar 2012 November 2012 10<br />
Januar 2012 Dezember 2012 11<br />
Januar 2012 Januar 2013 12<br />
April 2012 Februar 2013 10<br />
April 2012 März 2013 11<br />
April 2012 April 2013 12<br />
Juli 2012 Mai 2013 10<br />
Juli 2012 <strong>Juni</strong> 2013 11<br />
Juli 2012 Juli 2013 12<br />
QUELLE: IL SOLE 24 ORE<br />
Verschiebung<br />
in Monaten<br />
Verschiebung<br />
in Monaten<br />
157
Sozialrecht<br />
Altersrente <strong>der</strong> Frauen im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst<br />
Mit Umwandlung des gesetzesvertretenden<br />
Dekretes in ein Gesetz die Altersgrenze<br />
für Frauen im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst von heute 61 Lebensjahren ab<br />
01. Jänner 2012 auf 65 Lebensjahre erhöht<br />
(gilt nur für die Alterspension).<br />
Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Abfertigungsberechnung<br />
im öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
Ab 01. Januar 2011 wird für alle öffentlich<br />
Bediensteten das sog. TFR eingeführt<br />
(bis 31. Dezember <strong>2010</strong> TFS). Für<br />
die Bediensteten <strong>der</strong> öffentlichen Körperschaften<br />
des bereichsübergreifenden<br />
Vertrages gilt diese Bestimmung<br />
durch ein Landesgesetz bereits seit<br />
1999.<br />
Folgen: niedrigere Abfertigung, höhere<br />
Besteuerung <strong>der</strong> Abfertigung.<br />
<strong>Die</strong> Auszahlung <strong>der</strong> Abfertigung wird<br />
in bis zu drei Raten erfolgen, wenn<br />
eine bestimmte Obergrenze ( 90.000,00<br />
Euro) erreicht wird.<br />
Beispiel: Abfertigungsbetrag für Pensionierungen<br />
mit neuer Regelung:<br />
110.000,00 Euro brutto -<br />
1. Zahlung innerhalb 105 Tagen nach<br />
<strong>Die</strong>nstbeendigung – 90.000,00 Euro<br />
2. Zahlung nach 12 Monaten –<br />
20.000,00 Euro<br />
Än<strong>der</strong>ung des Prozentsatzes für den<br />
Bezug einer Zivilinvalidenrente<br />
Bereits mit 01. <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong> wird <strong>der</strong> Prozentsatz<br />
für den Bezug einer Teilzivilinvalidenrente<br />
von 74 Prozent auf 85<br />
Prozent erhöht. <strong>Die</strong>s gilt nur für alle, die<br />
ab 01. <strong>Juni</strong> <strong>2010</strong> den Erstantrag stellen.<br />
6. Arbeitsunfallversicherung<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsunfallversicherung ist die älteste<br />
Form <strong>der</strong> Sozialversicherung. Sie<br />
geht auf die Zeit <strong>der</strong> Industrialisierung<br />
Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts zurück (1883).<br />
<strong>Die</strong>se Versicherung wurde geschaffen,<br />
um dem Arbeitnehmer bei einem Arbeitsunfall<br />
o<strong>der</strong> einer Berufskrankheit<br />
seine Beeinträchtigung finanziell auszugleichen,<br />
im Hinblick auf eine medizinische<br />
Rehabilitation und eine wirtschaftliche<br />
Absicherung. Grundlage dabei ist<br />
die sogenannte Theorie des Tätigkeitsrisikos.<br />
Demzufolge hat jede Tätigkeit<br />
ihren eigenen Gefahrengrad. Nachdem<br />
<strong>der</strong> Betrieb Vorteile aus den – auch mit<br />
Gefahren ausgestatteten – Produktionssystemen<br />
zieht, muss er auch für die<br />
Schaffung von Fonds zur Finanzierung<br />
<strong>der</strong> Schadenersatzleistungen aufkommen.<br />
Für die Arbeitsunfallversicherung<br />
ist das INAIL – Istituto Nazionale per<br />
l‘Assicurazione contro gli Infortuni sul Lavoro<br />
e le malattie professionali – zuständig.<br />
Zur Versicherung verpflichtet sind<br />
alle jene Arbeitgeber aller Wirtschaftssparten,<br />
die Personen beschäftigen, die<br />
Maschinen, Geräte o<strong>der</strong> Anlagen bedienen<br />
bzw. in einem organisierten Umfeld<br />
arbeiten. Das Ausmaß <strong>der</strong> Beiträge (in<br />
<strong>der</strong> Arbeitsunfallversicherung Prämien<br />
genannt) hängt vom Gefahrengrad <strong>der</strong><br />
Tätigkeiten ab und wird auf den Bruttolohn<br />
berechnet.<br />
Zivilrechtliche Verantwortung<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsunfallversicherung entbindet<br />
den Arbeitgeber von <strong>der</strong> zivilrechtlichen<br />
Verantwortung für die Arbeitsunfälle.<br />
Wird jedoch ein strafrechtlich<br />
relevantes, schuldhaftes Verhalten von<br />
158
Sozialrecht<br />
Seiten des Arbeitgebers festgestellt (indem<br />
z. B. Unfallverhütungsvorschriften<br />
nicht eingehalten wurden, Art. 437 und<br />
451 STGB), bleibt die Verantwortlichkeit<br />
erhalten und das INAIL zahlt die Sozialleistungen<br />
aus und meldet Regressansprüche<br />
beim Verantwortlichen an.<br />
<strong>Die</strong>s gilt auch dann, wenn <strong>der</strong> Verantwortliche<br />
ein Arbeitnehmer ist (z. B. bei<br />
vorsätzlicher Körperverletzung o<strong>der</strong> bei<br />
Selbstverstümmelung).<br />
6.1. Prämien zur<br />
Arbeitsunfallversicherung<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsunfallversicherung ähnelt<br />
von den Sozialversicherungen am meisten<br />
<strong>der</strong> Privatversicherung. Der Arbeitgeber<br />
zahlt am Anfang des Jahres für<br />
die versicherten Arbeitnehmer die Prämie.<br />
<strong>Die</strong>se ist abhängig vom Tätigkeitsrisiko.<br />
<strong>Die</strong> Prämie variiert (Bonus/Malus)<br />
zwischen +15 %/-15% je nachdem ob<br />
im Betrieb Unfälle passieren o<strong>der</strong> nicht.<br />
Wenn <strong>der</strong> Betrieb beson<strong>der</strong>e Unfallverhütungsmaßnahmen<br />
ergreift, so kann<br />
er bis zu 35 % an Prämie einsparen. Für<br />
die ersten zwei Jahre <strong>der</strong> Betriebstätigkeit<br />
kann eine Reduzierung <strong>der</strong> Beiträge<br />
um 15 % in Bezug auf die Einhaltung<br />
<strong>der</strong> Sicherheitsanfor<strong>der</strong>ungen angewendet<br />
werden. Am Anfang des Jahres<br />
wird ein Prämienakonto entrichtet, im<br />
darauffolgenden Jahr wird aufgrund<br />
<strong>der</strong> effektiven Lohnsummen dann <strong>der</strong><br />
Ausgleich vorgenommen.<br />
6.2. Leistungen <strong>der</strong><br />
Arbeitsunfallversicherung<br />
Arbeitsunfall: Ein Arbeitsunfall liegt<br />
vor, wenn bei einer mit <strong>der</strong> Arbeit in<br />
direktem Zusammenhang stehenden<br />
Tätigkeit durch Gewalteinwirkung <strong>der</strong><br />
Tod, eine bleibende Verletzung o<strong>der</strong><br />
eine zeitweilige Arbeitsunfähigkeit von<br />
mehr als 3 Tagen eintritt. Auch die sogenannten<br />
Wegeunfälle (ital. infortunio<br />
in itinere) von und zur Arbeit sind inzwischen<br />
durch Gerichtsurteile geschützt,<br />
sofern jedoch zum normalen Straßenrisiko<br />
<strong>der</strong> Arbeitnehmer ein erhöhtes Risiko<br />
eingehen muss, beispielsweise wenn<br />
eine gefährlichere Straße genommen<br />
o<strong>der</strong> ein spezifisches – von den an<strong>der</strong>en<br />
Bürgern nicht benutztes – Fahrmittel<br />
verwendet werden muss.<br />
Folgende Leistungen werden geboten:<br />
|- medizinische Versorgung<br />
|- Unfallgeld<br />
|- Unfallrente<br />
|- Zusatzquoten zur Rente<br />
|- Begleitzulage<br />
|- Vermittlungszulage<br />
|- Übergangsrente für die an Silikose<br />
und Asbestose Erkrankten<br />
|- Hinterbliebenenrente<br />
|- Begräbniszulage<br />
|- monatliche Son<strong>der</strong>zahlung für Hinterbliebene<br />
|- Zusatzleistungen (Prothesen usw.).<br />
Das Anrecht auf die Leistungen besteht<br />
für die Arbeitnehmer auch, wenn<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber mit den Prämienzahlungen<br />
nicht in Ordnung ist o<strong>der</strong> den<br />
Unfall o<strong>der</strong> die Berufskrankheit selbst<br />
verschuldet (außer bei Vorsätzlichkeit).<br />
Um die Leistungen zu erlangen, können<br />
sich die Arbeitnehmer kostenlos an die<br />
Patronate wenden. Das Recht auf die<br />
Leistungen erlischt nach 3 Jahren o<strong>der</strong><br />
bei einem Verwaltungsrekurs nach 150<br />
Tagen. Wie schon gesagt, die Arbeitsunfallversicherung<br />
entbindet den Arbeitgeber<br />
von <strong>der</strong> Schadenersatzpflicht gegenüber<br />
dem Arbeitnehmer. Nur wenn<br />
159
Sozialrecht<br />
<strong>der</strong> Arbeitgeber für sein wi<strong>der</strong>rechtliches<br />
Handeln nach dem Strafgesetzbuch<br />
bestraft wird, so muss dieser dem<br />
Verletzten o<strong>der</strong> dessen Hinterbliebenen<br />
(zusätzlichen) Schadenersatz leisten.<br />
6.2.1. Medizinische Versorgung bei<br />
einem Arbeitsunfall<br />
<strong>Die</strong> Arbeitsunfallverletzten o<strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />
mit Berufskrankheit haben<br />
kostenlosen Anspruch auf alle Behandlungen,<br />
die zur Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong><br />
Gesundheit und auch <strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit<br />
notwendig sind. Eine berufliche<br />
Rehabilitation gibt es aber fast nur auf<br />
dem Papier. <strong>Die</strong> medizinische Versorgung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsunfallverletzten wird<br />
mittlerweile durch die Sanitätseinheiten<br />
wahrgenommen. Dafür zahlt das INAIL<br />
dem Gesundheitsdienst die Kosten. <strong>Die</strong><br />
Ärzte des INAIL nehmen fast ausschließlich<br />
rechtsmedizinische Aufgaben (Überprüfung<br />
<strong>der</strong> Invalidität usw.) wahr. Da in<br />
Südtirol viele Unfallverletzte nach Nordtirol<br />
zur Heilbehandlung o<strong>der</strong> Rehabilitation<br />
geschickt werden, entstehen oft<br />
hohe Fahrtkosten. <strong>Die</strong>se werden we<strong>der</strong><br />
vom INAIL noch vom Landesgesundheitsdienst<br />
übernommen. Das INAIL<br />
zahlt lediglich Fahrtspesen für die von<br />
den eigenen Ärzten verordneten Kontrollvisiten.<br />
6.2.2. Entschädigung für absolute<br />
zeitweilige Arbeitsunfähigkeit<br />
(Unfallgeld)<br />
Bei einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund<br />
eines Arbeitsunfalles stehen dem Arbeitnehmer<br />
folgende Beträge zu:<br />
|- vom Arbeitgeber: <strong>der</strong> volle Lohn für<br />
den Unfalltag und 60% des Lohnes für<br />
die 3 folgenden Tage (außer <strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
sieht etwas an<strong>der</strong>es vor);<br />
|- vom INAIL: ein Tagegeld ab dem 4.<br />
Tag im Ausmaß von 60% des Bruttolohnes;<br />
dieses steigt ab dem 91. Tag<br />
auf 75%. Das INAIL kann bei Arbeitnehmern<br />
ohne Familienlasten im Falle<br />
eines Krankenhausaufenthaltes das<br />
Tagegeld um 1/3 kürzen. <strong>Die</strong> Bezahlung<br />
des Tagegeldes von Seiten des<br />
INAIL muss innerhalb 30 Tagen ab Genesung<br />
erfolgen. <strong>Die</strong> Zeit, in welcher<br />
<strong>der</strong> Beschäftigte im Unfall war, wird<br />
für die Anrechnung <strong>der</strong> Rentenbeiträge<br />
berücksichtigt. Viele Arbeitgeber<br />
haben ein Abkommen mit dem INAIL,<br />
wonach sie das Unfallgeld vorschießen<br />
und es dann vom INAIL ersetzt bekommen.<br />
Das Unfallgeld wird bis zur<br />
Genesung bezahlt (auch für Feiertage).<br />
6.2.3. Unfallrente<br />
Voraussetzung für eine Unfallrente ist<br />
eine bleibende Invalidität aufgrund eines<br />
Arbeitsunfalles bzw. einer Berufskrankheit<br />
von mehr als 16%, von 6 bis<br />
16% wird eine einmalige Entschädigung<br />
ausbezahlt. <strong>Die</strong> Bewertung <strong>der</strong> Invalidität<br />
erfolgt mit einer eigenen Tabelle (z.<br />
B. ist <strong>der</strong> Verlust <strong>der</strong> Sehfähigkeit eines<br />
Auges mit 35 % festgesetzt). Kann die Tabelle<br />
nicht verwendet werden, wird <strong>der</strong><br />
Invaliditätsgrad rechtsmedizinisch festgelegt.<br />
Innerhalb von 120 Tagen nach<br />
Festlegung des Invaliditätsgrades muss<br />
die Unfallrente ausbezahlt werden.<br />
<strong>Die</strong> Rente wird aufgrund <strong>der</strong> Entlohnung<br />
<strong>der</strong> letzten 12 Monate im Verhältnis zum<br />
Invaliditätsgrad bemessen (es gibt dabei<br />
eine Mindest- und eine Höchstgrenze,<br />
13.899,90 bzw. 25.814,10 <strong>der</strong> jährlichen,<br />
entlohnungsmäßigen Bemessungsgrundlage).<br />
Sie wird ab dem Zeitpunkt<br />
160
Sozialrecht<br />
<strong>der</strong> Festlegung des Invaliditätsgrades<br />
gewährt. <strong>Die</strong> Unfallrenten werden alle 2<br />
Jahre aufgrund <strong>der</strong> Lohnentwicklung <strong>der</strong><br />
Arbeitsunfallversicherten aufgewertet<br />
(nicht automatisch). Der Arbeitnehmer<br />
kann eine Revision <strong>der</strong> Unfallrente verlangen,<br />
wenn eine Verschlechterung <strong>der</strong> Invalidität<br />
eintritt. Auch das INAIL kann eine<br />
Revision vornehmen, wenn es glaubt,<br />
dass eine Verbesserung vorliegt. Revisionen<br />
sind nur innerhalb von 10 Jahren<br />
nach Beginn <strong>der</strong> Rente, wenn es sich um<br />
einen Unfall handelte, bzw. innerhalb 15<br />
Jahren bei einer Berufskrankheit möglich.<br />
Gegen die Entscheidung des INAIL ist innerhalb<br />
von 60 Tagen ein Rekurs möglich.<br />
Auch kann sich <strong>der</strong> Arbeitnehmer direkt<br />
an den Bezirksrichter wenden. Bei Abwesenheiten<br />
von <strong>der</strong> Arbeit infolge von<br />
ärztlichen Behandlungen o<strong>der</strong> Kuren zur<br />
Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit<br />
wird die Rente im Ausmaß von 75% des<br />
Tageslohnes integriert.<br />
Zusatzquoten zur Rente<br />
<strong>Die</strong>se Zusatzquoten im Ausmaß von<br />
1/20 <strong>der</strong> Rente werden für den Ehepartner<br />
und für jedes Kind bis zum 18. Lebensjahr<br />
(für Arbeitslose bis zum 21. und<br />
für Studenten bis zum 26.) gewährt.<br />
Übergangsrente für die an Silikose<br />
und Asbestose Erkrankten<br />
<strong>Die</strong> Übergangsrente wird für höchstens<br />
12 Monate an jene Arbeitnehmer mit<br />
Silikose o<strong>der</strong> Asbestose gewährt, die<br />
eine Invalidität von weniger als 80 %<br />
aufweisen und die den verursachenden<br />
Arbeitsplatz verlassen.<br />
6.2.4. Begleitzulage<br />
<strong>Die</strong>se erhalten solche Arbeitnehmer, die<br />
infolge ihrer von einem Arbeitsunfall<br />
o<strong>der</strong> einer Berufskrankheit herrührenden<br />
100%igen Arbeitsunfähigkeit eine dauernde<br />
persönliche Betreuung benötigen.<br />
6.2.5. Vermittlungszulage<br />
<strong>Die</strong> Vermittlungszulage wird jenen Arbeitsinvaliden<br />
gewährt, die bei einer Arbeitsfähigkeit<br />
von mindestens 34% und<br />
weniger als 80% keinen Anspruch auf die<br />
Pflichtvermittlung haben. Sie müssen<br />
auch weniger als 55 Jahre alt sein.<br />
6.2.6. Hinterbliebenenrente<br />
Bei Tod durch einen Arbeitsunfall o<strong>der</strong><br />
eine Berufskrankheit wird die Hinterbliebenenrente<br />
gewährt:<br />
|- für den Ehepartner bis zu dessen Tod<br />
o<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>verheiratung im Ausmaß<br />
von 50%<br />
|- für die Kin<strong>der</strong> bis zum 18. Lebensjahr<br />
(bis zum 21. bei zu Lasten lebenden<br />
und Oberschülern und bis zum 26. bei<br />
Studenten) im Ausmaß von 20%<br />
|- bei Fehlen von Ehepartner und Kin<strong>der</strong>n<br />
auch für die zu Lasten lebenden Eltern,<br />
Großeltern, Urgroßeltern und Geschwister<br />
im Ausmaß von 20%. Insgesamt dürfen<br />
nicht mehr als 100% <strong>der</strong> Rente des<br />
Verstorbenen bezahlt werden.<br />
Monatliche Son<strong>der</strong>zahlung an<br />
Hinterbliebene<br />
Stirbt ein Rentenbezieher mit einer<br />
Mindestinvalidität von 65% infolge von<br />
Gründen, die mit dem Arbeitsunfall o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Berufskrankheit nichts zu tun haben,<br />
und die Hinterbliebenen haben kein<br />
Einkommen, so erhalten sie eine monatliche<br />
Son<strong>der</strong>zahlung im Ausmaß und in<br />
etwa zu den Bedingungen <strong>der</strong> Hinterbliebenenrente.<br />
161
Sozialrecht<br />
6.2.7. Begräbniszulage „Una<br />
Tantum“<br />
<strong>Die</strong> Begräbniszulage (1.833,81 Euro) erhalten<br />
die Verwandten, bzw. jene Personen,<br />
welche die Kosten getragen haben.<br />
6.2.8. Son<strong>der</strong>leistungen<br />
Das INAIL gewährt den Schwerinvaliden<br />
(mindestens 80%) und auch den an<strong>der</strong>en<br />
Versicherten Son<strong>der</strong>leistungen. <strong>Die</strong>se<br />
sind ein Sozialassistentendienst, Thermalkuren,<br />
Klimaaufenthalte, Prothesen und<br />
an<strong>der</strong>e Hilfsgeräte. <strong>Die</strong>sbezüglich werden<br />
auch Reisespesen, Begleitung, Hotel, Rentenzulagen<br />
und Tagegel<strong>der</strong> gewährt.<br />
6.2.9. Berufskrankheiten<br />
Unter Berufskrankheit versteht man eine<br />
Pathologie, die aufgrund <strong>der</strong> Ausübung<br />
<strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit aufgetreten<br />
ist. Mit dem Legislativdekret Nr. 38/2000<br />
wurde die Gesetzeslage vollständig geän<strong>der</strong>t.<br />
Mit dem DM vom 27/04/2004<br />
wurde die Liste <strong>der</strong> Berufskrankheiten<br />
abgeän<strong>der</strong>t, die <strong>der</strong> Arzt dem INAIL sofort<br />
melden muss (neubearbeitet durch<br />
das DM vom 09/04/2008).<br />
6.2.10 Der biologische Schaden<br />
„danno biologico“<br />
Der sog. Biologische Schaden wurde ab<br />
dem 25/07/2000 neu eingeführt und bezieht<br />
sich nicht nur auf Beeinträchtigungen<br />
bei <strong>der</strong> Arbeitstätigkeit, son<strong>der</strong>n inkludiert<br />
auch weitere Lebensbereiche. Darunter<br />
versteht man eine „Schädigung <strong>der</strong> psychophysischen<br />
Integrität <strong>der</strong> Person“ auch<br />
wenn diese Schädigung überhaupt keine<br />
Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit<br />
hat. Das durch die Verfassung garantierte<br />
subjektive Recht auf Gesundheit gilt dabei<br />
als Grundlage.<br />
7. Unfallversicherung für<br />
Hausfrauen<br />
Nachdem in den italienischen Haushalten<br />
jährlich 3 Mio. Unfälle mit 8.400 Toten passieren,<br />
wurde mit dem Gesetz Nr. 493/1999<br />
im Rahmen des INAIL für die Hausfrauen<br />
(nicht für die Hausangestellten) zwischen<br />
18 und 65 Jahren eine verpflichtende Unfallversicherung<br />
eingeführt. Der Beitrag<br />
zur Versicherung beträgt 12,91 Euro pro<br />
Jahr. Eine Leistung wird bei bleibenden<br />
Invaliditätsschäden von mehr als 27 %<br />
erreicht. Bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit<br />
wird eine Rente von 185,92 Euro bis<br />
826,33 Euro ausbezahlt.<br />
Für Hausfrauen mit einem eigenen Einkommen<br />
von weniger als 4.648,11 Euro<br />
bzw. einem Familieneinkommen unter<br />
9.296,22 Euro übernimmt <strong>der</strong> Staat den<br />
Versicherungsbeitrag.<br />
8. Privatversicherung<br />
Der Abschluss einer Privatversicherung<br />
ist freiwillig (außer bei <strong>der</strong> gesetzlichen<br />
Autohaftpflichtversicherung).<br />
<strong>Die</strong> Prämien sind individuell auf jeden<br />
Versicherungsnehmer abgestimmt, je<br />
nachdem welches „Risiko“ er für die<br />
Versicherungsgesellschaft darstellt. <strong>Die</strong><br />
Privatversicherungen nehmen auch<br />
eine Risikoauslese vor. Sie beruhen auf<br />
dem Äquivalenzprinzip (Gleichwertigkeit).<br />
Aufgrund <strong>der</strong> tendenziell rückläufigen<br />
Abdeckung durch die Pflichtpensionsversicherung<br />
wird es zur Wahrung<br />
des Lebensstandards im Alter immer<br />
wichtiger, Zusatzpensionsversicherungen<br />
abzuschließen, wobei jedoch zu<br />
berücksichtigen ist, dass die herkömm-<br />
162
Sozialrecht<br />
lichen Kapitallebensversicherungen<br />
diesem Anspruch nicht immer gerecht<br />
werden. Da von vielen Versicherten<br />
bezweifelt wird (auch die Werbung tut<br />
ihres dazu), ob die Sicherheit <strong>der</strong> Rente<br />
auch in Zukunft gewährleistet ist, wird<br />
immer mehr die Möglichkeit <strong>der</strong> privaten<br />
Altersvorsorge genutzt. Zum Beispiel<br />
durch die vorhin angesprochenen<br />
Lebensversicherungen aber auch durch<br />
Sparverträge, Wertpapiere, Fonds usw.<br />
Eine interessante Alternative entwickelt<br />
sich im „Regionalen Zusatzrentenfonds<br />
für Arbeitnehmer“.<br />
8.1. Zusatzrentenfonds<br />
In den 90er Jahren wurde das Zusatzrentensystem<br />
reformiert, insbeson<strong>der</strong>e<br />
durch die Abschaffung <strong>der</strong> Besteuerung<br />
auf die Beiträge.<br />
Damit wurde die sogenannte „zweite Säule“<br />
im Pensionssystem geschaffen. Demnach<br />
ist die Rentenpflichtversicherung<br />
die erste Säule (Generationenvertrag), die<br />
vor allem auf <strong>der</strong> Abfertigung und weitere<br />
Beiträge basierende Zusatzrentenversicherung<br />
die zweite (Kapitalisierungsverfahren),<br />
und eine eventuelle private<br />
Rentenvorsorge eine zusätzliche Absicherung,<br />
die als dritte Säule gelten könnte.<br />
Betroffene<br />
Zusatzpensionsfonds können eingerichtet<br />
werden für:<br />
- Private o<strong>der</strong> öffentliche Arbeitnehmer<br />
auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einem<br />
bestimmten Sektor, einer Kategorie<br />
o<strong>der</strong> Gruppe, auch auf ein begrenztes<br />
Gebiet bezogen. Sie können weiters<br />
unterschieden werden aufgrund ihrer<br />
Tipp<br />
<strong>Die</strong> Zusatzvorsorge und speziell<br />
die Zusatzrente hat sich seit den<br />
90er Jahren zu einem wichtigen sozialpolitischen<br />
Thema entwickelt. <strong>Die</strong> Sozialpartner<br />
haben seit <strong>der</strong> ersten Stende von<br />
“Laborfonds” seine Mitglie<strong>der</strong>, aber auch<br />
die Arbeitnehmerschaft im allgemeinen<br />
in vielen Informationsveranstaltungen<br />
und Betriebsversammlungen zu diesel<br />
Thema informiert und beraten.<br />
In Zusammenarbeit mit PensPlan und mit<br />
Untersützung <strong>der</strong> Region wurden viele<br />
Infopoints eingerichtet. <strong>Die</strong> Infopoints<br />
ermöglichen es je<strong>der</strong> interessierten Person,<br />
sich vor Ort und kostenlos über ihre<br />
persönliche zu lassen. Das Beratungsgespräch<br />
soll als Entscheidungshilfe dienen,<br />
die geeignete Vorsorge für das Rentenalter<br />
zu treffen und die Menschen objektiv<br />
von <strong>der</strong> Notwendigkeit einer Zusatzrente<br />
überzeugen. Anschließend steht es dem<br />
Betroffenen frei, sich für eine Zusatzrente<br />
zu entscheiden.<br />
Wer eine Infopoint Beratung in Anspruch<br />
nehmen möchte, kann sich für eine Terminvereinbarung<br />
an eines <strong>der</strong> Büros<br />
wenden. In einem etwa halbstündigen<br />
Beratungsgespräch werden:<br />
- die individuelle Versicherungssituation<br />
analysiert<br />
- die in Frage kommenden Vorsorgemodelle<br />
erläutert<br />
- eventuelle Beitragszahlungen und Rendite<br />
errechnet<br />
163
Sozialrecht<br />
Kollektivvertragskategorie und des Kriteriums<br />
<strong>der</strong> Zugehörigkeit zu einem<br />
bestimmten Betrieb, einer Verwaltung<br />
o<strong>der</strong> Konzern o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Wirtschaftsorganisationen.<br />
Für Südtirol und<br />
das Trentino hat man einen Regionalen<br />
Zusatzrentenfonds für alle privaten und<br />
öffentlichen Beschäftigten geschaffen,<br />
weiters gibt es eigene Fonds auch für<br />
die Selbstständigen und die Freiberufler.<br />
Einführung <strong>der</strong> Zusatzrentenfonds<br />
<strong>Die</strong>se können für die Arbeitnehmer durch<br />
Kollektivverträge auf sämtlichen Ebenen<br />
(auch auf Betriebsebene) o<strong>der</strong> bei Fehlen<br />
<strong>der</strong>selben, auch durch Abkommen zwischen<br />
den kollektivvertragschließenden<br />
Gewerkschaften eingeführt werden. Jene<br />
Arbeitnehmer, für die keine kollektivvertragliche<br />
Zusatzrente eingeführt wurde,<br />
können einem sogenannten offenen Zusatzrentenfonds<br />
beitreten.<br />
<strong>Die</strong> Verwaltungs- und Kontrollorgane<br />
<strong>der</strong> Fonds werden paritätisch zwischen<br />
Arbeitgebern und Arbeitnehmern besetzt.<br />
<strong>Die</strong> Arbeitnehmervertreter werden<br />
gewählt.<br />
<strong>Die</strong> Verwaltung <strong>der</strong> Zusatzrentenfonds<br />
für Arbeitnehmer mit vorherbestimmten<br />
Leistungen erfolgt durch Konventionen<br />
von Seiten <strong>der</strong> Zusatzrentenfonds mit<br />
Lebensversicherungsagenturen/Gesellschaften.<br />
Das Vermögen <strong>der</strong> Fonds wird<br />
bei einer Depotbank hinterlegt.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge zu den Zusatzrentenfonds<br />
<strong>Die</strong> Beiträge für versicherte Arbeitnehmer<br />
setzen sich wie folgt zusammen:<br />
- Einem Beitrag des Arbeitnehmers<br />
selbst;<br />
- Einem Beitrag des Betriebes und<br />
- Einem Teil o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ganzen Abfertigung<br />
des Arbeitnehmers, je nachdem<br />
ob ein Beschäftigter bereits vor Inkrafttreten<br />
(28/04/1993) des GVD Nr.<br />
124/93 erstmals gearbeitet hat o<strong>der</strong><br />
erst nachher.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Gesetzeslage ergeben sich<br />
folgende Möglichkeiten:<br />
- Für Arbeitnehmer, die vor dem 28. April<br />
1993 beschäftigt waren:<br />
In diesem Fall ist vorgesehen, dass die<br />
Gründungsparteien eines Zusatzpensionsfonds<br />
auch einen Teil <strong>der</strong> jährlichen<br />
Abfertigung als Beitrag vorsehen können.<br />
Es gelten also die Entscheidungen <strong>der</strong><br />
Gründungsparteien des eventuell bereits<br />
gegründeten o<strong>der</strong> noch zu gründenden<br />
Zusatzpensionsfonds. Der Arbeitnehmer<br />
wird also zwei Hinterlegungen haben; ein<br />
Teil <strong>der</strong> Abfertigung wird nach wie vor<br />
im Betrieb verbleiben und aufgewertet<br />
(75 % <strong>der</strong> Inflation und 1,5 % fix) und am<br />
Ende des Arbeitsverhältnisses ausbezahlt<br />
(wenn sich <strong>der</strong> Arbeitnehmer für diese<br />
Möglichkeit entschieden hat). Der zweite<br />
Teil wird in den Zusatzpensionsfonds<br />
fließen, dort mit <strong>der</strong> vom Fonds erzielten<br />
Rendite aufgewertet und nach den Statuten<br />
des Fonds ausbezahlt. Der prozentmäßige<br />
Anteil <strong>der</strong> Abfertigung, <strong>der</strong> in den<br />
Zusatzrentenfonds fließen soll, wird über<br />
die Kollektivverträge vereinbart.<br />
- Für Arbeitnehmer, die nach dem 28. April<br />
1993 erstmals angestellt wurden:<br />
In diesem Fall sehen die gesetzlichen Bestimmungen<br />
vor (DLgs 252/2005), dass<br />
die gesamte Abfertigungsrückstellung<br />
dem Zusatzrentenfonds zufließt. Auch<br />
diese Arbeitnehmer können eine zweigeteilte<br />
Abfertigung haben und zwar<br />
dann, wenn die Einschreibung in einen<br />
Zusatzpensionsfonds später erfolgt. In<br />
164
Sozialrecht<br />
diesem Falle würde die bereits angereifte<br />
Abfertigung weiterhin im Betrieb<br />
bleiben und erst ab dem Beitrittsdatum<br />
muss ein mit Kollektivvertrag vereinbarter<br />
Prozentsatz in den Zusatzpensionsfonds<br />
eingezahlt werden.<br />
Vorschüsse<br />
Auch nach <strong>der</strong> Überführung von Teilen<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> ganzen Abfertigung in den Zusatzrentenfonds<br />
können die Arbeitnehmer<br />
Vorschüsse auf die angereifte Zusatzrentenposition<br />
erhalten und zwar in<br />
folgenden Fällen:<br />
- Anerkannte Spesen zur Wie<strong>der</strong>herstellung<br />
<strong>der</strong> Gesundheit:<br />
Beschäftigte im Privatsektor je<strong>der</strong>zeit<br />
bis zu 75 %,<br />
Beschäftigte im Öffentlichen <strong>Die</strong>nst<br />
nach 8 <strong>Die</strong>nstjahren bis zu 100 %,<br />
- wenn für sich o<strong>der</strong> für die Kin<strong>der</strong> eine<br />
Eigenwohnung angeschafft wird nach<br />
8 <strong>Die</strong>nstjahren:<br />
Beschäftigte im Privatsektor bis zu 75 %,<br />
Beschäftigte im Öffentlichen <strong>Die</strong>nst bis<br />
zu 100 %,<br />
- Persönliche Bedürfnisse für Beschäftigte<br />
im Privatsektor bis zu 30 %,<br />
- Weiterbildung für Beschäftigte im öffentlichen<br />
<strong>Die</strong>nst<br />
Steuerliche Behandlung <strong>der</strong> Beiträge<br />
und Leistungen<br />
Der Betrag <strong>der</strong> jährlichen Hinterlegung<br />
für die Abfertigung ist, sofern er einem<br />
Zusatzrentenfonds zufließt, von <strong>der</strong> Einkommenssteuer<br />
befreit.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge zum Zusatzrentenfonds können<br />
von <strong>der</strong> Einkommenssteuer in Abzug<br />
gebracht werden. Dabei gelten folgende<br />
Bestimmungen:<br />
Beschäftigte im öffentlichen <strong>Die</strong>nst können<br />
bis zu 200 % des Abfertigungsbetrages<br />
in Abzug bringen; bei einem Zusatzeinkommen<br />
können bis zu 12 % des<br />
Einkommens bzw. höchstens 5.164,00 €<br />
von <strong>der</strong> Steuer abgezogen werden. Für<br />
Beschäftigte im Privatsektor gelten als abzugsfähiger<br />
Höchstbetrag 5.164,00 €.<br />
<strong>Die</strong> Leistungen in Form von Kaitalausschüttungen<br />
o<strong>der</strong> vorzeitigen Auszahlungen<br />
sind je nach Zeitraum <strong>der</strong> Einzahlung<br />
und je nach Bereich (privat o<strong>der</strong> öffentlich)<br />
unterschiedlich zu besteuern (hierbei<br />
Empfehlung von Infopointberatung,<br />
weil das Steuersystem komplex ist).<br />
<strong>Die</strong> Kapitalerträge des Zusatzrentenfonds<br />
werden statt mit 12,5 % mit 11 % versteuert.<br />
8.1.1. Regionaler Zusatzrentenfonds<br />
„Laborfonds“<br />
<strong>Die</strong>sem von den Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern<br />
eingerichteten Zusatzrentenfonds<br />
können die Beschäftigten<br />
von Arbeitgebern, die im Gebiet <strong>der</strong> Region<br />
Trentino-Südtirol tätig sind, beitreten.<br />
Der Fonds funktioniert nach dem System<br />
<strong>der</strong> individuellen Kapitalisierung, d.h. die<br />
Beiträge, die eingezahlt werden, kommen<br />
auf das betreffende Konto des Arbeitnehmers,<br />
welches vom Arbeitnehmer auch<br />
online mittels Passwort eingesehen werden<br />
kann. <strong>Die</strong> Leistungen werden nach<br />
den eingezahlten Beiträgen und den erzielten<br />
Erträgen bemessen.<br />
Als Leistungen kommen in Frage:<br />
- Rentenleistungen: Das Recht auf eine<br />
Zusatzrente wird bei Erreichen des Rentenalters<br />
laut <strong>der</strong> Pflichtrentenversicherung<br />
erlangt, sofern mindestens 5 Einschreibungsjahre<br />
in den Fonds vorliegen<br />
(das Kapital wird in eine Rentenversicherung<br />
mit Einmalbeitrag eingezahlt).<br />
165
Sozialrecht<br />
- Kapitalleistung: <strong>Die</strong> Auszahlung <strong>der</strong> angereiften<br />
Position kann auch zu 50 %<br />
als Kapitalbetrag verlangt werden.<br />
- Vorschüsse: dabei gelten die vorhin genannten<br />
Regeln.<br />
Wird das Recht auf eine Leistung nicht<br />
erreicht, so erhält <strong>der</strong> Versicherte das<br />
angereifte Kapital mit Zinsen zurück. Bei<br />
Tod vor Erreichen des Rentenalters treten<br />
die Berechtigten die Nachfolge an<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Versicherte kann selbst (einen)<br />
Begünstigte(n) bestimmen.<br />
Beitritt und Beiträge<br />
Beitreten können alle Arbeitnehmer, <strong>der</strong>en<br />
Arbeitgebervereinigung dem Beitritt<br />
zum Regionalen Zusatzpensionsfonds<br />
zugestimmt hat. Der Beitritt ist unwi<strong>der</strong>rufbar,<br />
außer es wird das Arbeitsverhältnis<br />
aufgelöst. <strong>Die</strong> Entscheidung beizutreten<br />
trifft nur <strong>der</strong> einzelne Arbeitnehmer, vom<br />
betreffenden Arbeitgeber muss nicht eine<br />
Zustimmung eingeholt werden.<br />
Ausmaß <strong>der</strong> Beiträge: Je<strong>der</strong> Kollektivvertrag<br />
legt die Mindesthöhe des entsprechenden<br />
Beitrages für die Zusatzpensionsfonds<br />
fest. Derzeit belaufen sich die<br />
Beiträge zu Lasten des Arbeitnehmers zwischen<br />
0,5 und 10 % des betreffenden Bruttogehaltes.<br />
Einen vom jeweiligen Kollektivvertrag<br />
vorgesehenen Betrag überweist<br />
auch <strong>der</strong> Arbeitgeber zugunsten des beigetretenen<br />
Arbeitnehmers. <strong>Die</strong>ser Beitrag<br />
ist nicht variabel. Außerdem wird ein bestimmter<br />
Teil <strong>der</strong> Abfertigung eingezahlt<br />
und zwar: die gesamte Abfertigungsquote<br />
für jene Arbeitnehmer, die nach dem 28.<br />
April 1993 in das Berufsleben eingetreten<br />
sind und zwischen 16 und 50 Prozent <strong>der</strong><br />
Abfertigungsquote für alle an<strong>der</strong>en. Betroffen<br />
ist immer jene Abfertigung, die ab<br />
dem Beitritt in den Fonds anreift.<br />
<strong>Die</strong> Beiträge werden monatlich abgezogen.<br />
Der Arbeitgeber überweist<br />
diese alle drei Monate an die Fondsverwaltung.<br />
Jedes Mitglied kann ferner innerhalb 15.<br />
Dezember eines jeden Jahres direkt an<br />
Laborfonds (d.h. nicht über den/die Arbeitgeber/in)<br />
neben den vertraglich vorgesehenen,<br />
zusätzliche freiwillige Beiträge<br />
einzahlen, sofern sich diese innerhalb<br />
<strong>der</strong> gesetzlich vorgesehenen steuerlichen<br />
Grenzen bewegen.<br />
Rentenleistungen<br />
Hinsichtlich <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Rentenleistung<br />
wird zwischen zwei Formen unterschieden:<br />
- Rentenleistung in Form von Leibrente<br />
(Zusatzrente)<br />
- Rentenleistung in Form von Kapitalausschüttung<br />
Das Mitglied des Rentenfonds hat die<br />
Möglichkeit, sich bei Rentenantritt bis zu<br />
50 % des angereiften Kapitals auszahlen<br />
zu lassen. Der restliche Teil wird in Zusatzrente<br />
umgewandelt. Auch hier gelten je<br />
nach Zeitraum und Bereich verschiedene<br />
Steuersätze, die bei einer Infopointberatung<br />
geklärt werden können.<br />
Ablöse<br />
<strong>Die</strong> Ablöse <strong>der</strong> individuellen Position, also<br />
die Rückzahlung des angesparten Kapitals<br />
samt Zinserträgen, ist nur bei Beendigung<br />
des Arbeitsverhältnisses möglich. <strong>Die</strong><br />
Rückzahlung erfolgt innerhalb eines Zeitraums<br />
von sechs Monaten.<br />
Stirbt <strong>der</strong> Begünstigte vor dem Erreichen<br />
des Rentenalters, kann die Position auf<br />
die gesetzlichen Erben bzw. je nach Verfügung<br />
des Mitglieds auf an<strong>der</strong>e Begünstigte<br />
ausbezahlt werden.<br />
166
Sozialrecht<br />
Unter Ablöse <strong>der</strong> Position versteht man<br />
die Möglichkeit, die im Rentenfonds angereifte<br />
Position ausbezahlt zu bekommen.<br />
<strong>Die</strong>s ist in folgenden Fällen möglich:<br />
- Bei Verlust <strong>der</strong> Voraussetzungen für eine<br />
Mitgliedschaft beim Fonds wegen Kündigung<br />
des Arbeitsverhältnisses, Entlassung<br />
bzw. wegen Aufgabe <strong>der</strong> Tätigkeit;<br />
- Bei Pensionierung im obligatorischen<br />
Rentensystem, ohne dass die Voraussetzungen<br />
für die Auszahlung einer Zusatzrente<br />
bestehen (weniger als 5 Jahre<br />
Mitgliedschaft im Rentenfonds),<br />
8.1.2. Massnahmen und garantien<br />
<strong>der</strong> Region Trentino Südtirol<br />
Der Regionalausschuss hat mit Beschluss<br />
vom 4. November 2002 die Verordnung<br />
zwecks Anwendung <strong>der</strong> Durchführungsbestimmungen<br />
zum Son<strong>der</strong>autonomiestatut<br />
und des Regionalgesetzes Nr.<br />
3 vom 27.2.1997 mit dem Ziel genehmigt,<br />
sämtlichen Bürgern und Bürgerinnen<br />
im Alter Sicherheit und Wohlstand<br />
durch die Unterstützung und die För<strong>der</strong>ung<br />
Form zu bieten. <strong>Die</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
konventionierten Fonds haben automatisch<br />
Anspruch auf die folgenden Garantien<br />
und Maßnahmen:<br />
|- Schutz des angereiften Kapitals in den<br />
letzten zwei Jahren vor <strong>der</strong> Pensionierung;<br />
|- Gewährleistung <strong>der</strong> Auszahlung <strong>der</strong><br />
Zusatzrente für zwei Jahre im Falle <strong>der</strong><br />
Zahlungsunfähigkeit des Fonds bzw.<br />
<strong>der</strong> Zwangsliquidation <strong>der</strong> Versicherungsgesellschaft,<br />
die mit <strong>der</strong> Auszahlung<br />
<strong>der</strong> Renten beauftragt wurde;<br />
|- Unterstützung hinsichtlich <strong>der</strong> Beitragszahlung<br />
im Falle wirtschaftlicher<br />
Schwierigkeiten:<br />
a) für unselbstständig Beschäftigte:<br />
Bezug von Arbeitslosengeld, Eintragung<br />
in die Mobilitätsliste bzw. in<br />
die ordentliche Lohnausgleichskasse,<br />
lange Krankheitszeiträume, schwierige<br />
finanzielle Situation <strong>der</strong> eigenen<br />
Familie wegen Naturkatastrophen<br />
o<strong>der</strong> wegen Eintritt beson<strong>der</strong>er und<br />
außerordentlicher schwerwiegen<strong>der</strong><br />
Umstände;<br />
b) für selbstständig Beschäftigte:<br />
schwierige finanzielle Situation <strong>der</strong><br />
eigenen Familie wegen Naturkatastrophen<br />
o<strong>der</strong> wegen Eintritt beson<strong>der</strong>er<br />
und außerordentlicher schwerwiegen<strong>der</strong><br />
Umstände.<br />
9. Fürsorgeleistungen<br />
9.1. Rente für Zivilinvaliden,<br />
Zivilblinde und Taubstumme<br />
Erhält ein Invalide we<strong>der</strong> vom INAIL noch<br />
vom INPS/NISF noch sonst eine Rente, so<br />
kann er bei <strong>der</strong> dafür zuständigen Landesverwaltung<br />
um eine Rente ansuchen.<br />
Das INPS/NISF ist auch zuständig für die<br />
Auszahlung <strong>der</strong> nationalen Zivilinvalidenrenten,<br />
jedoch sind die Beträge <strong>der</strong><br />
Landesinvalidenrente höher, sodass sich<br />
es auszahlt, hier anzusuchen (geregelt<br />
mit Landesgesetz vom 21.08.1978 Nr. 46)<br />
Erhalten können diese Leistung die italienischen<br />
Staatsbürger und die gleichgestellten<br />
Bürger <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union, die ihren Wohnsitz in Südtirol<br />
haben o<strong>der</strong> Nicht-EU-Bürger mit einem<br />
EU-Aufenthaltsschein für längere Zeit<br />
bzw. Inhaber eines Aufenthaltsscheines.<br />
Folgende Leistungen werden geboten<br />
(vorläufige monatliche Werte in Euro ab):<br />
|- Rente für Vollinvaliden (400,00)<br />
167
Sozialrecht<br />
|- Rente für Teilinvaliden (400,00)<br />
|- Rente für vollständig Blinde (400,00)<br />
|- Rente für Blinde mit Restsehvermögen<br />
(400,00)<br />
|- Rente für Taubstumme (400,00)<br />
|- Begleitgeld für bewegungsunfähige<br />
Invaliden (480,47)<br />
|- Begleitgeld für vollständig Blinde<br />
(783,60)<br />
|- Ergänzungszulage für Blinde (104,06)<br />
|- Ergänzungszulage für Blinde mit Restsehvermögen<br />
(74,36)<br />
|- Son<strong>der</strong>zulage für Blinde mit Restsehvermögen<br />
(185,25)<br />
|- Kommunikationszulage für Taubstumme<br />
(239,97).<br />
Gesundheitliche Voraussetzung für die<br />
Leistungen sind:<br />
|- Für die Vollinvalidenrente:<br />
eine Vollinvalidität aufgrund körperlicher<br />
o<strong>der</strong> geistiger Beeinträchtigungen<br />
und Störungen.<br />
|- für die Teilinvalidenrente:<br />
eine Behin<strong>der</strong>ung, die zu einer endgültigen<br />
Vermin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitsfähigkeit<br />
um mindestens 75 % geführt hat.<br />
|- für das Begleitgeld:<br />
eine Behin<strong>der</strong>ung, die ein Fortbewegen<br />
ohne fremde Hilfe verhin<strong>der</strong>t bzw.<br />
das Ausführen <strong>der</strong> Handlungen des<br />
täglichen Lebens verunmöglicht.<br />
<strong>Die</strong> Invalidität wird von einer eigens dafür<br />
ernannten Landessanitätskommission<br />
festgestellt. Um die Leistungen zu<br />
beziehen, müssen in Bezug auf das Alter<br />
und das Einkommen folgende Voraussetzungen<br />
gegeben sein:<br />
Alter<br />
a) für die Vollinvalidenrente muss das 18.<br />
Lebensjahr vollendet und das 65. nicht<br />
überschritten sein;<br />
b) für die Teilinvalidenrente darf das 65.<br />
Lebensjahr nicht überschritten sein;<br />
c) für die Taubstummenrente muss das<br />
18. Lebensjahr vollendet sein.<br />
Einkommensgrenzen<br />
a) für die Rente für Vollinvaliden, vollständig<br />
Blinde und mit Restsehvermögen,<br />
Taubstumme darf kein höheres<br />
Jahreseinkommen als 15.154,24 Euro<br />
im Jahr 2009 erzielt werden (ist kompatibel<br />
mit <strong>der</strong> INPS/NISF Invalidenrente<br />
bis zur Einkommensgrenze).<br />
b) für die Teilinvalidenrente beträgt<br />
die Jahreseinkommensgrenze 2009<br />
4.409,95 Euro (keine Kompatibilität<br />
mit <strong>der</strong> INPS/NISF Invalidenrente).<br />
Weiters ist für Behin<strong>der</strong>ungen eine umfassende<br />
Versorgung mit Prothesen und an<strong>der</strong>en<br />
speziellen Hilfsmitteln vorgesehen<br />
(Prothesen, Hörgeräte, orthopädische Rollstühle,<br />
Larynophone, orthopädische Schuhe,<br />
Korrekturstützgeräte, Orthesen usw.).<br />
9.2. Sozialhilfe<br />
<strong>Die</strong> finanzielle Sozialhilfe – auch Lebensminimum<br />
genannt – können jene Personen<br />
beanspruchen, die durch das soziale<br />
Netz fallen und als Notleidende anzusehen<br />
sind (jene, die weniger als die Hälfte<br />
des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Gemeinschaft verfügen).<br />
Obwohl die italienische Verfassung<br />
vorsieht, dass den Armen von Seiten des<br />
Gemeinwesens die zum Leben notwendigen<br />
Mittel zur Verfügung gestellt werden,<br />
ist dies nicht überall vollzogen. In Südtirol<br />
gibt es bereits seit 1973 eine einigermaßen<br />
gute Regelung. Dabei vergibt die Landesverwaltung<br />
Unterstützungen, die über<br />
die Sozialsprengel vergeben werden.<br />
Es gibt fünf Arten <strong>der</strong> Hilfeleistung:<br />
168
Sozialrecht<br />
|- finanzielle Sozialhilfe (Lebensminimum),<br />
|- spezifische Leistungen (Son<strong>der</strong>leistungen),<br />
|- Taschengeld für die Bewohner von Heimen,<br />
|- Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes,<br />
|- Unterstützung bei Betreuung von Behin<strong>der</strong>ten<br />
durch Pflegefamilien.<br />
9.2.1. Finanzielle Sozialhilfe<br />
<strong>Die</strong>se ist ein verbindliches Recht. Für die<br />
Berechnung geht man vom Grundbedarf<br />
(Ernährung, Kleidung, Hygiene, Miete und<br />
Heizung) aus, <strong>der</strong> eine einigermaßen würdige<br />
Lebenshaltung ermöglicht. <strong>Die</strong> monatliche<br />
Grundquote wird jedes Jahr aufgrund<br />
<strong>der</strong> Inflationsrate festgelegt. Liegt<br />
nun das Einkommen einer Einzelperson<br />
o<strong>der</strong> einer Familie unter dem errechneten<br />
Lebensminimum und es sind keine Angehörigen<br />
da die helfen können, so kann sie<br />
um einen Ergänzungsbeitrag ansuchen,<br />
um das Lebensminimum zu erreichen.<br />
Für die Berechnung <strong>der</strong> Leistungen ist folgen<strong>der</strong><br />
Grundbedarf festgelegt: <strong>Die</strong> Höhe<br />
des Lebensminimums im konkreten Fall<br />
hängt auch vom Ausmaß <strong>der</strong> Miete und<br />
<strong>der</strong> Wohnungsnebenkosten ab. Können<br />
die Nebenkosten nicht belegt werden, so<br />
wird für die Heizung ein jährlicher Pauschalbetrag<br />
von 250% des.<br />
Als Einkommen zählt:<br />
|- 100 % des Einkommens des Familienoberhauptes<br />
sowie jenes des Ehepartners<br />
(Partners);<br />
|- 70 % des Einkommens <strong>der</strong> im ersten<br />
Grad mit dem Antragsteller verwandten<br />
Familienmitglie<strong>der</strong> (Kin<strong>der</strong> und Eltern);<br />
|- 50 % des Einkommens <strong>der</strong> im ersten<br />
Grad mit dem Antragsteller verschwägerten<br />
Personen (Schwiegersöhne<br />
und -töchter, Schwiegereltern) o<strong>der</strong><br />
mit ihm o<strong>der</strong> dem Ehegatten im zweiten<br />
o<strong>der</strong> einem höheren Grad verwandten<br />
Familienmitglie<strong>der</strong> (Großeltern<br />
und an<strong>der</strong>e Vorfahren in direkter<br />
Linie, Enkel und an<strong>der</strong>e Nachkommen<br />
in direkter Linie, Geschwister);<br />
|- 30 % jenes Teils des Einkommens <strong>der</strong><br />
nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden<br />
Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Eltern des Antragstellers<br />
und des Ehegatten, <strong>der</strong> den Betrag<br />
des notwendigen Lebensunterhaltes<br />
überschreitet. Verwertbares Vermögen<br />
wird als Einkommen berücksichtigt. Der<br />
Unterstützungsbeitrag entspricht dem<br />
Unterschied zwischen Einkommen und<br />
dem Lebensminimum. Er wird monatlich<br />
ausbezahlt und darf höchstens sechs<br />
Monate lang gewährt werden. Nur wenn<br />
die Notlage weiter besteht, kann wie<strong>der</strong>um<br />
angesucht werden. in Notlagen, die<br />
sich aus <strong>der</strong> Verzögerung von Sozialleistungen<br />
ergeben, kann um ein zinsloses<br />
Darlehen angesucht werden. Bürger aus<br />
Nicht-EU-Staaten müssen seit mindestens<br />
3 Monaten ihren meldeamtlichen<br />
Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in<br />
Südtirol haben und erhalten die Sozialhilfe<br />
für höchstens zwei Monate. Auch<br />
für die Zigeuner gelten restriktive Regeln.<br />
Gegen Entscheide <strong>der</strong> Sozialsprengel<br />
kann innerhalb von 30 Tagen Rekurs<br />
beim Landesamt für Senioren und Sozialsprengel<br />
eingereicht werden.<br />
9.2.2. Spezifische Leistungen<br />
(Son<strong>der</strong>leistungen)<br />
Für beson<strong>der</strong>e Anschaffungen, die nicht<br />
im Lebensminimum enthalten sind, können<br />
Son<strong>der</strong>leistungen gewährt werden.<br />
Es besteht darauf kein Anrecht, son<strong>der</strong>n<br />
die Behörde trifft von Fall zu Fall eine<br />
Entscheidung.<br />
169
Sozialrecht<br />
9.2.3. Taschengeld für die<br />
Bewohner von Heimen<br />
<strong>Die</strong> in Fürsorgeheimen untergebrachten<br />
Personen, denen es nicht möglich ist, die<br />
für ein Mindestmaß an Beziehungen zu<br />
den Mitmenschen erfor<strong>der</strong>lichen geringen<br />
Alltagsausgaben zu decken, erhalten<br />
ein Taschengeld, von höchstens 1/3 <strong>der</strong><br />
Mindestrente, ohne dass sie es zur Bezahlung<br />
des Tagessatzes verwenden müssen.<br />
9.2.4. Hilfe zur Weiterführung des<br />
Haushalts<br />
Bedürftige Familien haben z. B. bei Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> Weiterführung des Haushalts<br />
durch eine außenstehende Person<br />
Anspruch auf eine finanzielle Hilfe.<br />
9.2.5. Unterstützung bei Betreuung<br />
von Behin<strong>der</strong>ten durch<br />
Pflegefamilien<br />
Behin<strong>der</strong>te, die in einem Zentrum für die<br />
psychische Gesundheit o<strong>der</strong> bei einer<br />
Pflegefamilie untergebracht sind, können<br />
einen Beitrag beantragen.<br />
9.2.6. Sozialeinrichtungen für<br />
Behin<strong>der</strong>te<br />
Für behin<strong>der</strong>te und psychisch kranke<br />
Menschen gibt es in Südtirol verschiedene<br />
Einrichtungen, darunter Werkstätten,<br />
Wohnheime, Wohngemeinschaften,<br />
Tagesheime, Berufstrainingszentren. An<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen werden geboten: Beschäftigungstherapie,<br />
Werk- und Sozialisierungskurse,<br />
Son<strong>der</strong>betreuung im<br />
Krankenhaus und im Notfall auch ein Beför<strong>der</strong>ungsdienst.<br />
Träger <strong>der</strong> Sozialdienste<br />
sind die Bezirksgemeinschaften (außer<br />
in Bozen), die Finanzen stammen vom<br />
Land.<br />
9.3. Pflegegeld<br />
Mit Landesgesetz Nr. 9 vom 12. Oktober<br />
2007 wurde das Pflegegeld eingeführt.<br />
Anspruch hat, wer wenigstens für 6<br />
Monate, für durchschnittlich 2 Stunden<br />
täglich auf fremde Hilfe angewiesen ist.<br />
Der Pflegegrad wird in sog. Pflegestufen<br />
festgesetzt und dementsprechend hoch<br />
ist das auszuzahlende Pflegegeld.<br />
Das Pflegegeld kann von <strong>der</strong> pflegebedürftigen<br />
Person o<strong>der</strong> einem gesetzlichen<br />
Vertreter beantragt werden,<br />
Voraussetzung ist eine 5jährige ununterbrochene<br />
Ansässigkeit in Südtirol bzw.<br />
Finanzielle Sozialhilfe<br />
1-Personen-Haushalt 120 % <strong>der</strong> Grundquote (480,00 Euro)<br />
2-Personen-Haushalt 170 % <strong>der</strong> Grundquote (628,00 Euro)<br />
3-Personen-Haushalt 210 % <strong>der</strong> Grundquote (813,96 Euro)<br />
4-Personen-Haushalt 250 % <strong>der</strong> Grundquote (984,00 Euro)<br />
5-Personen-Haushalt 280 % <strong>der</strong> Grundquote (1.140,00 Euro)<br />
6-Personen-Haushalt 310 % <strong>der</strong> Grundquote (1.200,00 Euro) usw.<br />
170
Sozialrecht<br />
eine 15jährige, auch unterbrochene Ansässigkeit<br />
und mindestens 1 Jahr ununterbrochen<br />
vor Antragstellung. Ein sog.<br />
Einstufungsteam, bestehend aus KrankenpflegerInnen<br />
und Sozialfachkräften,<br />
führt die Untersuchung zu Hause bei <strong>der</strong>/<br />
dem AntragstellerIn durch und entscheidet<br />
über die Schwere <strong>der</strong> Pflegebedürftigkeit<br />
und die zuzuteilende Pflegestufe.<br />
Das Hauspflege- und Begleitgeld wurde<br />
durch das Pflegegeld ersetzt. Wer bisher<br />
diese Sozialleistungen erhalten hat, aber<br />
kein Anrecht auf Pflegegeld hätte, bekommt<br />
Begleit-/Hauspflegegeld weiterhin<br />
ausbezahlt, jetzt aber über den Pflegefonds.<br />
9.4. Sozialrente (Sozialgeld)<br />
<strong>Die</strong> italienischen Staatsbürger, die im<br />
Alter von Armut betroffen sind, erhalten<br />
ein Sozialgeld, das ist eine Sozialrente.<br />
<strong>Die</strong> Sozialrente heißt ab 1996 Sozialgeld<br />
und wird ab dem 65. Lebensjahr<br />
ausbezahlt wird, sofern kein Anrecht<br />
auf eine an<strong>der</strong>e Rente erworben wurde<br />
und keine höheren Einkommen erzielt<br />
werden wie das Sozialgeld selbst<br />
(Betrag mit Zuschlag für 2009: 411,53<br />
monatlich bzw. 5.349,89 Euro jährlich).<br />
Zusammen mit dem Ehepartner dürfen<br />
nicht mehr als das doppelte Sozialgeld<br />
als Einkommen aufscheinen, ansonsten<br />
wird es entsprechend reduziert o<strong>der</strong> es<br />
entfällt zur Gänze. Das Sozialgeld wird<br />
vom INPS/NISF ausbezahlt, geht aber zu<br />
Lasten <strong>der</strong> Steuerzahler (Staat) und nicht<br />
<strong>der</strong> Beitragszahler. Mindestrentner über<br />
65 Jahren bzw. über 60 Jahren erhalten<br />
sogenannte Sozialzuschüsse (1.074,32<br />
bzw. 335,79 Euro) sofern bestimmte Einkommensgrenzen<br />
nicht überschritten<br />
werden. Frontkämpfer und Heimkehrer<br />
erhalten auch Rentenzuschüsse. Für Wi<strong>der</strong>standskämpfer<br />
hat <strong>der</strong> Regionalrat<br />
die Auszahlung einer monatlichen Rente<br />
von 30,99 Euro beschlossen.<br />
9.5. Versorgung (-srecht)<br />
Unter Versorgung versteht man die vom<br />
Staat gewährte Entschädigung (aus allgemeinen<br />
Steuermitteln) an bestimmte<br />
Personengruppen für einen körperlichen<br />
o<strong>der</strong> geistigen Schaden, den sie im Interesse<br />
<strong>der</strong> Allgemeinheit auf sich nehmen<br />
mussten. <strong>Die</strong> Versorgung unterscheidet<br />
sich von <strong>der</strong> Fürsorge (Sozialhilfe) dadurch,<br />
dass <strong>der</strong> Rechtsanspruch nur bestimmten<br />
Personengruppen zuerkannt<br />
ist.<br />
9.5.1. Verbrechensopferversorgung<br />
Es gibt allgemein gesehen kein Gesetz,<br />
welches die Opfer von Verbrechen entschädigt.<br />
Letztlich wurden jedoch einige<br />
Gesetzesmaßnahmen verabschiedet,<br />
die in schweren Fällen wie Terrorismus,<br />
Mafia und Erpressung, sowie für Verkehrsunfallopfer<br />
eine Entschädigung<br />
vorsehen. Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> infolge eines Verbrechens<br />
einen schweren materiellen<br />
o<strong>der</strong> moralischen Schaden erleidet, hat<br />
immer Anspruch darauf, vom Verantwortlichen<br />
Schadenersatz zu verlangen.<br />
Was passiert aber, wenn <strong>der</strong> Verursacher<br />
unbekannt bleibt o<strong>der</strong> keinen Schadenersatz<br />
leisten kann<br />
Mit dem Gesetz Nr. 302/1990 gewährt<br />
<strong>der</strong> Staat allen jenen, die eine Invalidität<br />
von mehr als einem Viertel (25 %) bei folgenden<br />
Verbrechen davontragen, eine<br />
Entschädigung (ausgeweitet durch das<br />
DPR Nr. 243/2006):<br />
|- Terror- o<strong>der</strong> Umsturzakte;<br />
|- Mafiadelikte;<br />
171
Sozialrecht<br />
Einstufung Pflegegeld<br />
Pflegestufe Bedarf in Stunden Pflegegeld/Monat<br />
1.Stufe 61 – 120 521,00 Euro<br />
2.Stufe 121 – 180 900,00 Euro<br />
3.Stufe 181 – 240 1.350,00 Euro<br />
4.Stufe 241 und mehr 1.800,00 Euro<br />
|- die mit obigen Verbrechen zusammenhängenden<br />
Polizeimaßnahmen.<br />
Bei Todesfall wird die Entschädigung an<br />
die Hinterbliebenen ausbezahlt.<br />
Mit dem Gesetzesdekret Nr. 419/91 wurde<br />
ein Fonds für die Opfer von Schutzgel<strong>der</strong>pressungen<br />
eingerichtet. Der Art. 73 <strong>der</strong><br />
Regelung über die Haftanstalten von 1975<br />
sieht für sich in Not befindliche Verbrechensopfer<br />
Fürsorgeleistungen vor.<br />
9.5.2 Verkehrsopferversorgung<br />
Für die Opfer von Verkehrsunfällen gibt es<br />
einen von den Versicherungen eingerichteten<br />
Garantiefonds. <strong>Die</strong>ser springt ein:<br />
|- wenn das Fahrzeug, welches den Unfall<br />
verursacht hat, nicht identifiziert wurde;<br />
|- wenn das verursachende Fahrzeug<br />
nicht versichert ist o<strong>der</strong> die Versicherungsgesellschaft<br />
liquidiert wurde. Im<br />
ersten Fall hat man nur Anspruch auf<br />
Entschädigungen für Personenschäden,<br />
im zweiten auch für Sachschäden. Nur<br />
wenn die Versicherungsgesellschaft in<br />
Liquidation ist, wird die gesamte Versicherungsgarantie<br />
gewährleistet.<br />
9.5.3 Kriegs- und<br />
Heeresopferversorgung<br />
<strong>Die</strong> Kriegs- und Heeresopferversorgung<br />
gilt für diesbezüglich Geschädigte und<br />
ihre Hinterbliebenen. Als Leistungen<br />
werden Beschädigtenrenten, Hinterbliebenenrenten<br />
und Schwerstbeschädigtenzulagen<br />
und verschiedene an<strong>der</strong>e<br />
Zulagen gewährt. Näheres dazu bei den<br />
zuständigen Verbänden. Frontkämpfer<br />
und Heimkehrer erhalten Rentenzuschüsse.<br />
Für Wi<strong>der</strong>standskämpfer hat<br />
<strong>der</strong> Regionalrat die Auszahlung einer<br />
monatlichen Rente von 30,99 Euro beschlossen.<br />
9.6. Familienpaket<br />
In den vergangenen Jahren wurden<br />
zugunsten von Familien, Müttern und<br />
Hausfrauen Unterstützungen geschaffen<br />
die dann mit dem Regionalgesetz vom<br />
23. Mai 2008 Nr. 3 abgeän<strong>der</strong>t worden<br />
sind. <strong>Die</strong> Verwaltung dieser Familienhilfen<br />
wurde den autonomen Provinzen<br />
Bozen und Trient übertragen, sodass die<br />
diesbezüglichen Gesuche und Einzahlungen<br />
an die entsprechenden Stellen<br />
172
Sozialrecht<br />
gerichtet werden müssen. Hilfen zur<br />
Abfassung <strong>der</strong> Gesuche und zweckdienliche<br />
Information werden von den Patronaten<br />
kostenlos angeboten.<br />
9.6.1 Regionales Familiengeld<br />
Anrecht haben Familien mit einem Kind<br />
innerhalb <strong>der</strong> ersten sieben Lebensjahre<br />
des Kindes bzw. Familien mit mindestens<br />
2 min<strong>der</strong>jährigen Kin<strong>der</strong>n bzw. einem<br />
behin<strong>der</strong>ten Kind. Es gilt eine Ansässigkeitspflicht<br />
von mindestens 5 Jahren in<br />
<strong>der</strong> Region bzw. eine 15jährige historische<br />
Ansässigkeit. Der monatlich ausgezahlte<br />
Beitrag ist gestaffelt und richtet<br />
sich nach Einkommen und Vermögen<br />
<strong>der</strong> Familiengemeinschaft. So liegt die<br />
Einkommens- und Vermögensgrenze,<br />
wenn beide Elternteile vorhanden sind,<br />
mit einem Kind bei 31.945,00 Euro, mit<br />
zwei Kin<strong>der</strong>n bei 45.653,00 Euro. Der Antrag<br />
kann je<strong>der</strong>zeit gestellt werden und<br />
muss jährlich zwischen September und<br />
Dezember für das Folgejahr erneuert<br />
werden. <strong>Die</strong> Anträge können über die<br />
Patronate eingereicht werden.<br />
9.6.2. Regionale Altersrente<br />
(Hausfrauenrente)- Kein<br />
Beitritt Mehr Möglich<br />
<strong>Die</strong> Voraussetzung für eine Rente sind<br />
15 Beitragsjahre. Bei längerer Versicherungsleistung<br />
steigt die Rente. Das Rentenalter<br />
liegt bei 65 Jahren (für Frauen<br />
die nach dem 12. August 1948 geboren<br />
sind), sonst bei 62 Jahren. Der Rentenversicherungsbeitrag<br />
richtet sich nach<br />
dem freiwilligen Rentenversicherungsbeitrag<br />
<strong>der</strong> Hausangestellten an das<br />
INPS/NISF und wird jährlich von <strong>der</strong><br />
Regionalregierung festgelegt. <strong>Die</strong> Rente<br />
geht zu Lasten eines Fonds, zu dem<br />
auch die Region beiträgt. <strong>Die</strong> Rentenleistung<br />
richtet sich nach den Sozialversicherungsbestimmungen<br />
des INPS/<br />
NISF für die entsprechenden Beträge.<br />
<strong>Die</strong> Basisrente (im Jahr <strong>2010</strong> 431,59 Euro<br />
im Monat) kann auf die vom INPS/NISF<br />
vorgesehene Mindestrente aufgestockt<br />
werden (<strong>2010</strong> = 460,97 Euro), wenn das<br />
Einkommen <strong>der</strong> Unverheirateten die<br />
doppelte INPS/NISF Mindestrente nicht<br />
überschreitet (<strong>2010</strong> = 11.985,22 Euro)<br />
bzw. bei Verheirateten das Einkommen<br />
<strong>der</strong> Ehepartner die dreifache INPS/NISF<br />
Mindestrente nicht überschreitet (<strong>2010</strong>:<br />
17.977,83 Euro).<br />
9.6.3. Zuschuss für die Bauern,<br />
Halb- und Teilpächter<br />
<strong>Die</strong>se erhalten, falls sie aufgrund <strong>der</strong><br />
vom Land erlassenen Bestimmungen<br />
sich in einer beson<strong>der</strong>s ungünstigen<br />
Lage befinden, einen Zuschuss im Ausmaß<br />
von 50 % <strong>der</strong> <strong>der</strong> Rentenversicherung<br />
geschuldeten Beiträge.<br />
9.6.4. Zuschuss für eine<br />
Rentenmässige Absicherung<br />
<strong>der</strong> Erziehungszeiten<br />
Bei einem Fernbleiben vom Arbeitsplatz<br />
bis zum dritten Lebensjahr des Kindes<br />
für maximal zwölf Monate (verlängerbar<br />
auf fünfzehn Monate, wenn <strong>der</strong> Vater<br />
mindestens drei Monate in Anspruch<br />
nimmt) bzw. für 3 Jahre ab dem Datum<br />
<strong>der</strong> Adoption o<strong>der</strong> Anvertrauung, erhält<br />
man von <strong>der</strong> Region einen Beitrag für<br />
die rentenmäßige Absicherung dieses<br />
Zeitraumes. Unter Fernbleiben vom Arbeitsplatz<br />
versteht man:<br />
- für Angestellte einen unbezahlten<br />
Wartestand ohne Bezüge und ohne<br />
Rentenversicherung;<br />
173
Sozialrecht<br />
- Selbständige, die die Arbeitstätigkeits<br />
aufgeben, aber weiterhin die Pflichtbeiträge<br />
weiterzahlen;<br />
- alle, die nicht beschäftigt und nicht<br />
rentenversichert sind.<br />
Unter rentenmäßiger Absicherung versteht<br />
man:<br />
- freiwillige Weiterversicherung beim<br />
NISF/INPS;<br />
- Zahlung <strong>der</strong> Pflichtbeiträge bei Selbständigen;<br />
- Einzahlung in einen Zusatzrentenfonds;<br />
- Höhe des Beitrages: Bei freiwilliger<br />
Weiterversicherung max. 6000,00<br />
Euro. für einen Zeitraum von 12 Monaten,<br />
verlängerbar auf 15 Monate,<br />
wenn <strong>der</strong> Vater des Kindes 3 Monate<br />
Elternzeit in Anspruch genommen<br />
hat. Für Selbständige, die <strong>der</strong> Arbeit<br />
fernbleiben, beträgt <strong>der</strong> Beitrag max.<br />
3.500,00 Euro jährlich, bzw. auch wenn<br />
sie teilweise weiterarbeiten und eine<br />
an<strong>der</strong>e Person mit mindestens 50 %<br />
Teilzeit beschäftigen. Wenn <strong>der</strong> Nachweis<br />
<strong>der</strong> Beschäftigung einer an<strong>der</strong>en<br />
Person nicht erbracht wird, werden<br />
1.750,00 Euro jährlich gewährt. Wenn<br />
Angestellte innerhalb <strong>der</strong> ersten 3 Lebensjahre<br />
des Kindes den Vollzeit- in<br />
einen Teilzeitvertrag (höchstens 70<br />
%) umwandeln und freiwillig weiterzahlen,<br />
können max. 3.000,00 Euro<br />
gewährt werden. Der Beitrag reduziert<br />
sich auf 1.750,00 Euro, wenn in einen<br />
Zusatzrentenfonds eingezahlt wird.<br />
Voraussetzung ist:<br />
|- Ansässigkeit in <strong>der</strong> Region seit mindestens<br />
fünf Jahren,<br />
|- Ermächtigung zur freiwilligen Weiterversicherung<br />
beim NISF/INPS o<strong>der</strong> bei<br />
einem Rentenfonds.<br />
Der Zuschuss gilt für alle Zeiträume ab 1.<br />
Jänner 2005.<br />
9.6.5. Zuschuss für eine<br />
Rentenmässige Absicherung<br />
von Pflegezeiten<br />
Bei einem Fernbleiben vom Arbeitsplatz<br />
zur Betreuung pflegebedürftiger Familienangehöriger<br />
o<strong>der</strong> Umwandlung des<br />
Arbeitsvertrages in einen Teilzeitvertrag<br />
aus diesem Grund, erhält man von <strong>der</strong><br />
Region einen Beitrag zur rentenmäßigen<br />
Absicherung dieser Pflegezeiten.<br />
Voraussetzung ist:<br />
|- Ansässigkeit in <strong>der</strong> Region seit mindestens<br />
fünf Jahren;<br />
|- Ermächtigung zur freiwilligen Weiterversicherung<br />
beim NISF/INPS o<strong>der</strong> bei<br />
einem Rentenfonds.<br />
<strong>Die</strong> Pflegebedürftigkeit ist gegeben,<br />
wenn <strong>der</strong> zu Pflegende in die 3. o<strong>der</strong> 4.<br />
Pflegestufe eingestuft worden ist. Wenn<br />
mehr als eine Person gepflegt wird, genügt<br />
die 2. Pflegestufe. Der Beitrag beträgt<br />
für Angestellte max. 3.500,00 Euro<br />
jährlich bzw. 6.000,00 Euro, wenn ein<br />
pflegebedürftiges Kind unter 5 Jahren gepflegt<br />
wird. Für Selbständige beträgt <strong>der</strong><br />
Beitrag max. 3.150,00 Euro im Jahr bzw.<br />
5.400,00 Euro, wenn ein pflegebedürftiges<br />
Kind unter 5 Jahren gepflegt wird. Bei<br />
Teilzeitarbeit verringert sich <strong>der</strong> Beitrag<br />
auf Max. 1.750,00 Euro jährlich. Der Beitrag<br />
ist mit einer Einschreibung in eine<br />
Erziehungseinrichtung o<strong>der</strong> Tagesstätte<br />
vereinbar und wird bis zum Erreichen <strong>der</strong><br />
Voraussetzungen <strong>der</strong> Alters- o<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstaltsrente<br />
gewährt.<br />
9.6.6. Zuschuss für Freiwillige<br />
Weiterversicherung<br />
Alle, die seit fünf Jahren in <strong>der</strong> Region an-<br />
174
Sozialrecht<br />
sässig sind, vorgegebene Einkommensgrenzen<br />
nicht überschreiten und zur freiwilligen<br />
Weiterversicherung ermächtigt<br />
sind, erhalten einen Beitrag <strong>der</strong> Region bis<br />
zum Erreichen <strong>der</strong> Mindestvoraussetzung<br />
<strong>der</strong> Altersrente. Hierfür muss vorwiegend<br />
Haushaltstätigkeit ausgeübt werden, d.h.<br />
Pflege und Erziehung min<strong>der</strong>jähriger Kin<strong>der</strong><br />
o<strong>der</strong> pflegebedürftiger Familienangehöriger<br />
im Mittelpunkt stehen Bzw. das<br />
55. Lebensjahr vollendet sein. Der Beitrag<br />
beträgt maximal 60 % <strong>der</strong> freiwillig eingezahlten<br />
Versicherungsbeiträge mit einem<br />
Höchstbetrag von 1.570,92 Euro.<br />
9.6.7. Zuschuss für den Aufbau<br />
Einer Zusatzrente<br />
Alle Hausfrauen, die seit fünf Jahren in<br />
<strong>der</strong> Region ansässig sind, vorgegebene<br />
Einkommensgrenzen nicht überschreiten,<br />
aber die Voraussetzung für eine<br />
freiwillige Weiterversicherung beim<br />
NISF/INPS nicht erfüllen, erhalten eine<br />
teilweise Vergütung <strong>der</strong> Einzahlung in<br />
einen Zusatzrentenfonds bis maximal<br />
500,00 Euro jährlich und auf 10 Jahre<br />
beschränkt. Unter Hausfrauen versteht<br />
das Gesetz jene, die sich ausschließlich<br />
<strong>der</strong> Pflege und Erziehung min<strong>der</strong>jähriger<br />
Kin<strong>der</strong> bzw. pflegebedürftiger Familienangehöriger<br />
widmen o<strong>der</strong> das 55. Lebensjahr<br />
vollendet haben.<br />
9.6.8 Regionale Mobilitätszulage<br />
Arbeitslose, die keinen Anspruch auf<br />
die staatliche Mobilität haben und seit<br />
mindestens 90 Tagen arbeitslos sind, Anspruch<br />
auf das ordentliche Arbeitslosengeld<br />
haben und in die Mobilitätslisten<br />
eingetragen sind, können diese Zulage<br />
beanspruchen. Der Beitrag wird maximal<br />
12 Monate gewährt und darf die erste<br />
Einkommensstufe <strong>der</strong> staatlichen Mobilität<br />
nicht übersteigen.<br />
9.6.9 Arbeitslosengeld für<br />
Grenzpendler<br />
Es handelt mit dabei um den Zuschuss<br />
für Arbeitnehmer in <strong>der</strong> Schweiz. Er<br />
wird Personen mit dortiger Saisonaufenthaltsgenehmigung<br />
gewährt, die in<br />
Italien kein Anrecht auf ordentliches Arbeitslosengeld<br />
haben. Der Beitrag wird<br />
in Form eines Tagegeldes ausbezahlt.<br />
9.6.10 Nachkauf von<br />
Versicherungszeiten im<br />
Ausland<br />
Es wird ein Beitrag zur Deckung <strong>der</strong> Kosten<br />
eines Rückkaufes von lohnabhängigen<br />
Arbeitszeiten im Ausland gewährt,<br />
mit welchem kein zwischenstaatliches<br />
Abkommen mit Italien besteht. Der Antrag<br />
muss innerhalb 60 Tagen ab Genehmigung<br />
des Nachkaufes von Seiten des<br />
NISF/INPS gestellt werden. Der Beitrag<br />
beträgt max. 75 % des nachzukaufenden<br />
Betrages mit einer Höchstgrenze von<br />
41.300,00 Euro.<br />
9.7. Familiengeld des Landes<br />
Ab 1. Juli 2005 gilt das neue Familiengeld<br />
des Landes, das durch das Landesgesetz<br />
Nr. 10/2004 geregelt wird. Für jedes Kind<br />
unter drei Jahren erhält man monatlich<br />
einen Beitrag von 100,00 Euro, wenn<br />
das Familieneinkommen 80.000,00 Euro<br />
jährlich nicht übersteigt. Voraussetzung<br />
bezüglich Wohnsitz:<br />
|- Eu-BürgerInnen: Ansässigkeit in Südtirol<br />
mindestens 1 Tag vor Antragstellung;<br />
|- Nicht-Eu-BürgerInnen: Ansässigkeit in<br />
Südtirol seit mindestens 5 Jahren.<br />
175
Sozialrecht<br />
9.8. Einkommensunterstützende<br />
Massnahmen aufgrund <strong>der</strong><br />
Finanzkrise<br />
Mit dem Regionalgesetz Nr. 5/2009<br />
wurden Unterstützungs maßnahmen<br />
für all jene eingeführt, die im Zeitraum<br />
1. September 2008 bis 31. Dezember<br />
<strong>2010</strong> die Arbeit aufgrund <strong>der</strong> Finanzkrise<br />
verlieren bzw. von <strong>der</strong> Arbeit suspendiert<br />
werden.<br />
Beiträge und Voraussetzungen: Für <strong>ArbeitnehmerInnen</strong>,<br />
die die Arbeit verloren<br />
haben: Ansässigkeit in <strong>der</strong> Region<br />
und letzte Arbeitsstelle in <strong>der</strong> Provinz<br />
Bozen mit einer Mindestdauer von 180<br />
Tagen. Für <strong>ArbeitnehmerInnen</strong>, die von<br />
<strong>der</strong> Arbeit suspendiert worden sind:<br />
Ansässigkeit in <strong>der</strong> Region, Arbeitsstelle<br />
in <strong>der</strong> Provinz Bozen und mindestens<br />
320 Stunden Lohnausgleich im letzten<br />
Semester bzw. 480 Stunden Lohnausgleich<br />
in den letzten zwei Semestern<br />
vor Antragstellung. Für MitarbeiterInnen<br />
mit Projektvertrag gilt dieselbe<br />
Ansässigkeitsklausel. Weiters muss in<br />
den letzten 24 Monaten vor Arbeitsbeendigung<br />
ausschließlich ein Arbeitsverhältnis<br />
von mindestens 6 Monaten<br />
bei einem Auftraggeber und Einkommensgrenzen.<br />
Der Beitrag kann je nach persönlicher<br />
Situation zwischen 600,00 Euro<br />
und 834,00 Euro pro Monat betragen<br />
o<strong>der</strong> kann als Integration von 178,00<br />
Euro monatlich verstanden werden.<br />
Kein Anrecht auf den Beitrag haben:<br />
Hausangestellte, <strong>Die</strong>nstalters- o<strong>der</strong><br />
Altersrentenempfänger, Saisonarbeiter,<br />
Selbständige, Arbeitnehmer mit<br />
befristetem Arbeitsvertrag bzw. bei<br />
Arbeitsbeendigung aufgrund Selbstkündigung.<br />
9.9. Staatliches Mutterschaftsgeld<br />
(Gesetz 488/1999)<br />
Anrecht auf das staatliche Mutterschaftsgeld<br />
haben alle Mütter, die in den 9 Monaten<br />
vor <strong>der</strong> Schwangerschaft mindestens<br />
3 Monate sozialversichert waren,<br />
zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Geburt aber nicht<br />
mehr versichert waren und kein Anrecht<br />
auf das Mutterschaftsgeld nach den allgemeinen<br />
Bestimmungen mehr haben.<br />
Das Gesuch muss innerhalb von 6 Monaten<br />
nach Geburt des Kindes beim NISF/<br />
INPS gestellt werden.<br />
9.10. Staatliches Mutterschafts-<br />
und Familiengeld (Gesetz<br />
448/1998)<br />
Das staatliche Mutterschaftsgeld, das<br />
in Südtirol von <strong>der</strong> Autonomen Provinz<br />
Bozen ausbezahlt wird, steht allen Müttern<br />
zu, die kein Anrecht auf ein an<strong>der</strong>es<br />
Mutterschaftsgeld haben. Voraussetzung<br />
ist weiters die italienische Staatsbürgerschaft<br />
bzw. die Staatsbürgerschaft<br />
eines EU-Staates o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Besitz<br />
eines EU-Aufenthaltsscheines. Weiters<br />
ist im Jahr 2009 eine Einkommensgrenze<br />
von 32.222,66 Euro zu beachten. <strong>Die</strong><br />
einmalige Auszahlung beträgt im Jahr<br />
2009 1.545,55 Euro. Das staatliche Familiengeld<br />
steht allen Familien zu, die<br />
mindestens 3 Kin<strong>der</strong> zu Lasten lebend<br />
aufweisen. Ansonsten gelten dieselben<br />
Voraussetzungen wie beim staatlichen<br />
Mutterschaftsgeld. <strong>Die</strong> Einkommensgrenze<br />
2009 beträgt 23.200,30 Euro, die<br />
monatliche Zulage liegt bei 128,89 Euro.<br />
9.11. Fahrtkostenzuschuss<br />
(Pendlergeld)<br />
Als soziale Flankierungsmaßnahme, die<br />
einzig in Südtirol ausbezahlt wird, ist<br />
176
Sozialrecht<br />
<strong>der</strong> Fahrtkostenzuschuss einzustufen.<br />
<strong>Die</strong> Landesverwaltung zahlt dabei an<br />
die Pendler einen Zuschuss, um den innerhalb<br />
31. März eines jeden Jahres für<br />
das vergangene Jahr angesucht werden<br />
muss. <strong>Die</strong> Kriterien wurden neu geregelt.<br />
Wer hat Anspruch: in <strong>der</strong> Provinz Bozen<br />
ansässige Arbeitnehmer, welche im Vorjahr<br />
mindestens 120 effektive Arbeitstage<br />
vom Wohnort zum Arbeitsplatz (innerhalb<br />
<strong>der</strong> Region) gefahren sind und dabei:<br />
- eine Strecke von mehr als 10 km zurückgelegt<br />
haben, wobei auf dieser<br />
Strecke keine öffentlichen Liniendienste<br />
verkehren;<br />
- eine Strecke von mehr als 10 km zurückgelegt<br />
haben, auf welcher öffentliche<br />
Liniendienste verkehren, aber eine<br />
Wartezeit von über 60 Minuten am Anfang<br />
und am Ende <strong>der</strong> Arbeitszeit entstehet;<br />
- eine Strecke von mehr als 10 km zurückgelegt<br />
haben, wobei die nächste<br />
benutzbare Haltestelle mehr als 7 km<br />
vom Wohnort entfernt ist;<br />
Der Beitrag wird nicht gewährt, wenn:<br />
- <strong>der</strong> Beitrag unter 150,00 € liegt;<br />
- <strong>der</strong> Betrieb einen an<strong>der</strong>en Fahrtenzuschuss<br />
bezahlt;<br />
- <strong>der</strong> Betrieb ein Firmenfahrzeug zur<br />
Verfügung stellt;<br />
- Anrecht auf kostenlose Benützung eines<br />
Linienverkehrsmittels besteht.<br />
Das Gesuch ist vollständig auszufüllen<br />
sowie mit einer Stempelmarke von<br />
14,62 € zu versehen und innerhalb Ende<br />
März (heuer 30. April <strong>2010</strong>) beim Amt für<br />
Personennahverkehr einzureichen. Außerdem<br />
muss <strong>der</strong> Arbeitsstundenplan<br />
angegeben werden und eine Kopie des<br />
Personalausweises dem Gesuch beigelegt<br />
werden.<br />
Wenn viele kleine Menschen<br />
an vielen kleinen Orten<br />
viele kleine Dinge tun,<br />
verän<strong>der</strong>n sie<br />
das Gesicht <strong>der</strong> Welt.<br />
| Afrikanisches Sprichwort |<br />
177
178
Stichwortverzeichnis<br />
A<br />
Abfertigung 87<br />
Abfertigung bei Heirat und Todesfall 143<br />
Abfertigung im öffentlichen <strong>Die</strong>nst 92<br />
Abgeschaffte Feiertage 64<br />
Abschluss des Arbeitsvertrages 30<br />
Abwesenheiten von <strong>der</strong> Arbeit 66<br />
Abwesenheit bei Krankheit des Kindes 72<br />
Abwicklung des Arbeitsverhältnisses 44<br />
Akkord 50<br />
Akontozahlungen 58<br />
Altersrente 134<br />
Anfechtung <strong>der</strong> Entlassung 82<br />
Anpassung <strong>der</strong> Renten 138<br />
Anstellung 30<br />
Anstellung auf bestimmte Zeit 32<br />
Anstellungen in <strong>der</strong> Privatwirtschaft 24<br />
Anzahl <strong>der</strong> Betriebsräte 104<br />
Arbeit auf Abruf 40<br />
Arbeiten während <strong>der</strong><br />
Lohnausgleichskasse 78<br />
Arbeiterstatut 97<br />
Arbeitsdokumente 33<br />
Arbeitseinglie<strong>der</strong>ungsvertrag 57<br />
Arbeitslosenversicherung 144<br />
Arbeitsmarkt 21<br />
Arbeitsprozess 111<br />
Arbeitsschutz 114<br />
Arbeitssicherheitsdienst 116<br />
Arbeitsstreitfall 108<br />
Arbeitsunfall 68<br />
Arbeitsunfallversicherung 158<br />
Arbeitsverhältnis 18<br />
Arbeitsvermittlung 24<br />
Arbeitsvertrag auf bestimmte Zeit 32<br />
Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit 79<br />
Arbeitsvertrag, individueller 28<br />
Arbeitsverträge, beson<strong>der</strong>e 33<br />
Arbeitswaisenfonds 149<br />
Arbeitszeit 60<br />
Arbeitszeiten im Ausland 134<br />
Sozialrecht<br />
Arbeitszeitverkürzung 64<br />
Atypische Beschäftigung 41<br />
Auflösung des Arbeitsverhältnisses 79<br />
Aufwertung <strong>der</strong> Bemessungsgrundlage<br />
beim lohnbezogen System 135<br />
Ausmaß des ordentlichen Lohnausgleichs 77<br />
Ausmaß des Son<strong>der</strong>lohnausgleichs 78<br />
Ausmaß <strong>der</strong> Rente 137<br />
Außendienstzulagen 51<br />
Außerordentliche Lohnausgleichskasse 77<br />
Aussetzen und Verfall des<br />
Arbeitslosengeldes 145<br />
B<br />
Begleitzulage 142 | 161<br />
Begräbniszulage 162<br />
Behandlung im Krankheitsfalle 66<br />
Beibehaltung des Arbeitsplatzes<br />
bei Krankheit 66<br />
Beilegung <strong>der</strong> Arbeitsstreitfälle 109<br />
Beiträge und Leistungen <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung 126<br />
Beiträge zur Krankenversicherung 150<br />
Beitragsbezogenes System 135<br />
Bemessungsgrundlage 135<br />
Berggesetz 41<br />
Berufspraktika 38<br />
Berufskrankheiten 162<br />
Besteuerung <strong>der</strong> Abfertigung 89<br />
Bestimmungen über die Arbeitsumwelt<br />
und die Betriebsanlagen 120<br />
Betriebliche Zulage 49<br />
Betriebsabkommen 96<br />
Betriebskrisen 76<br />
Betriebsordnung 97<br />
Betriebliche Gewerkschaftsvertretung 104<br />
Betriebsrat und<br />
Betriebsgewerkschaftsvertretung 104<br />
Bezahlte Freistellung für<br />
Betriebsgewerkschaftsvertreter 101<br />
Bezahlte Freistellung für<br />
Schwangerenuntersuchungen 70<br />
179
Stichwortverzeichnis<br />
Biologischer Schaden 162<br />
Bruttoentlohnung 49<br />
Bruttosteuer 46<br />
D<br />
Datenschutz 65<br />
Datenschutz für Mütter 72<br />
Definition des Arbeits- und Sozialrechts 15<br />
<strong>Die</strong>nstaltersrente 138<br />
<strong>Die</strong>nstaltersrente im öffentlichen <strong>Die</strong>nst 141<br />
<strong>Die</strong>nstalterszulage 49<br />
Diskriminierende Maßnahmen 84<br />
Dreizehnter Monatslohn 52<br />
Drogenabhängige 74<br />
E<br />
Eigentumswechsel eines Betriebes 93<br />
Eingehen eines Arbeitsverhältnisses 21<br />
Einglie<strong>der</strong>ungsvertrag 37<br />
Einheitliche Einstufung 44<br />
Einkommen <strong>der</strong> laufenden Steuerperiode 55<br />
Einkommen mit separater Besteuerung 53<br />
Einkommensvoraussetzung für<br />
die Integrierung auf die Mindestrente 136<br />
Einsatz von Arbeitslosen für sozial<br />
nützliche Zwecke 146<br />
Einstufung <strong>der</strong> abhängig Beschäftigten 46<br />
Einstufung des Arbeitnehmers 44<br />
Einzahlung <strong>der</strong> Sozialabgaben 54<br />
Einzelentlassung 81<br />
Elektrische Anlagen 112<br />
Eltern mit behin<strong>der</strong>ten Kin<strong>der</strong>n 72<br />
Elternurlaub 71<br />
Entlohnung 47<br />
Entlassung, Anfechtung 81<br />
Entlassung, Gerechter Grund 82<br />
Entlassung, Rechtfertigende Begründung 82<br />
Entlassung wegen Verfehlungen 82<br />
Entlassungsschutz 83<br />
Entlohnung 47<br />
Entlohnungsgutscheine 41<br />
Entschädigung bei Tod des Arbeitnehmers 92<br />
Entschädigung für<br />
Krankenhausaufenthalt 152<br />
Erfindungen des Arbeitnehmers 66<br />
Ergänzende Leistungen <strong>der</strong><br />
Krankenversicherung 152<br />
Erste Hilfe 121<br />
F<br />
Fachärztliche Betreuung 151<br />
Fahrtkostenzuschuss 176<br />
Familienbetrieb 19<br />
Familiengeld 51<br />
Familiengeld des Landes 175<br />
Familienpaket 172<br />
Familienzulagenfonds 149<br />
Feiertage 63<br />
Finanzielle Sozialhilfe 169<br />
Finanzierungssysteme 128<br />
Form <strong>der</strong> Kündigung 81<br />
Freistellungen bei Adoption 73<br />
Freistellungen für behin<strong>der</strong>te<br />
Arbeitnehmer 73<br />
Freistellungen für Blutspen<strong>der</strong> 73<br />
Freistellungen für Teilnahme an Wahlen 74<br />
Freistellungen, verschiedene 74<br />
Freiwillige Weiterversicherung 132<br />
Freiwilliger Militär- und Zivildienst 75<br />
Frontkämpfer und Heimkehrer 168<br />
Funktionen <strong>der</strong> Sozialversicherung 125<br />
Fürsorgeleistungen 167<br />
G<br />
Garantiefonds für Abfertigungen 148<br />
Gerichtliche Schlichtung 110<br />
Gesamtstaatlicher<br />
Arbeitskollektivvertrag 83<br />
Geschichtliche Entwicklung <strong>der</strong><br />
Sozialversicherung 125<br />
Gesellschafter des Betriebes 19<br />
Gesundheitliche Folgeschäden durch<br />
Belastungen 122<br />
180
Stichwortverzeichnis<br />
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz –<br />
Arbeitsschutz 112<br />
Gesundheitsuntersuchungen 31<br />
Gewerkschaften 103<br />
Gewerkschaftliche Interessensvertretung<br />
gegenüber <strong>der</strong> öffentlichen Hand 106<br />
Gewerkschaftliche Schlichtung 110<br />
Gewerkschaftsfreistellungen 74<br />
Gewerkschaftsrecht 97<br />
Gleichstellung von Mann und Frau 122<br />
Grenzpendlerzuschuss 170<br />
Grundlohn 46<br />
Grundversorgung durch Ärzte<br />
und Krankenpfleger 151<br />
H<br />
Hausangestellte 36<br />
Hausfrauenrente 173<br />
Heimarbeit 36<br />
Hierarchie <strong>der</strong> Rechtsquellen 15<br />
Hilfe zur Weiterführung des Haushalts 165<br />
Hilfestellung durch Patronate 128<br />
Hinterbliebenenrente 142 | 161<br />
Hochzeitsurlaub 73<br />
I<br />
Individuelle Arbeitsstreitfälle 109<br />
Information und Ausbildung 118<br />
Informationspflicht 30<br />
Informationsrechte und Mitbestimmung 106<br />
INPS/NISF 126<br />
Interessensvertretung gegenüber<br />
<strong>der</strong> öffentlichen Hand 105<br />
Internationale Rechtsnormen 16<br />
Invalidenrente 141<br />
ISEE Erklärung 59<br />
J<br />
Job-sharing 35<br />
Jugendschutzgesetz 33<br />
K<br />
Sozialrecht<br />
Kapitalisierungs- und Umlageverfahren 128<br />
Kassazulage 53<br />
Koalitionsfreiheit 99<br />
Kollektive Arbeitsstreitfälle 110<br />
Kollektive Entlassungen wegen<br />
Personalreduzierung 84<br />
kollektives Arbeitsrecht 17<br />
Kollektivvertragsrecht 94<br />
Konkurrenzverbot 20<br />
Konkurs des Betriebes 93<br />
Kontingenzzulage 46<br />
Kontrolle <strong>der</strong> Schädlichkeit des<br />
Arbeitsplatzes 117<br />
Kontrollvisiten 67<br />
Krankengeld 68<br />
Krankengeldversicherung 154<br />
Krankenhausbetreuung 154<br />
Krankenschein 67<br />
Krankenversicherung 149<br />
Kriegs- und Heeresopferversorgung 172<br />
Kündigung des Arbeitsverhältnisses 79<br />
Kündigungsfrist 81<br />
Kündigungsfristersatzentschädigung 52<br />
Kündigungsschutz für die Arbeitnehmer 80<br />
L<br />
Lärm 120<br />
Lebensminimum 165<br />
Lehrvertrag 34<br />
Leistungen <strong>der</strong><br />
Arbeitsunfallversicherung 159<br />
Leistungen <strong>der</strong> Krankenversicherung 150<br />
Leistungen <strong>der</strong> Rentenversicherung 134<br />
Leistungsorientierte Lohnbestandteile 50<br />
Lohnausgleichskasse 77 | 148<br />
Lohnbezogenes System 135<br />
Lohngleichheit 52<br />
Lohnsteuer 55<br />
Lohnstreifen 48<br />
181
Stichwortverzeichnis<br />
M<br />
Maschinenschutz 112<br />
Meaßnahmen und Garantien<br />
<strong>der</strong> Region 59<br />
Medizinische Versorgung<br />
bei Arbeitsunfall 160<br />
Meinungsfreiheit 96<br />
Mensazulage 50<br />
Menschengerechte<br />
Arbeitsplatzgestaltung 122<br />
Merkmale des Arbeitsverhältnisses 18<br />
Mitwirkung in <strong>der</strong> Selbstverwaltung 106<br />
Mobilität 85<br />
Mobilitätsfonds 148<br />
Mobilitätsgeld 86<br />
Mobilitätsliste 86<br />
Mutterschaftsurlaub, Elternurlaub 70<br />
N<br />
Nachkauf von Versicherungszeiten 131<br />
Nachtarbeit 63<br />
Neuer Arbeitsschutz 114<br />
Notfallmedizinische <strong>Die</strong>nste 149<br />
Notfallpläne 118<br />
O<br />
Öffentliche Einrichtungen des<br />
Arbeitsschutzes 119<br />
Öffentliches <strong>Die</strong>nstverhältnis 19<br />
Ordentliches Arbeitslosengeld 145<br />
Ordentliche Lohnausgleichskasse 77<br />
P<br />
Part time 39<br />
Patronate 107<br />
Pensionsfonds <strong>der</strong> abhängig<br />
Beschäftigten 126<br />
Pensionsversicherung 129<br />
Persönliche Schutzmittel 112<br />
Pfändung <strong>der</strong> Entlohnung 60<br />
Pflegegeld 170<br />
Pflichteinstellungen 24<br />
Pflichtbeiträge 129<br />
Pflichten <strong>der</strong> Arbeitgeber 35 | 115<br />
Pflichten des Arbeitnehmers 19<br />
Pflichten und <strong>Rechte</strong> des Arbeitgebers 21<br />
Pflichten und <strong>Rechte</strong> des Arbeitnehmers 116<br />
Pflichtenthaltung von <strong>der</strong> Arbeit bei Geburt 70<br />
Pflichten des Lehrlings 35<br />
Pharmazeutische Betreuung 151<br />
Prämien zur Arbeitsunfallversicherung 159<br />
Privatversicherung 162<br />
Probezeit 31<br />
Produktionsprämie 50<br />
R<br />
Recht auf Studium 74<br />
Rechtsquellen des Arbeitsund<br />
Sozialrechts 15<br />
Regionaler Zusatzrentenfonds 165<br />
Regionales Familiengeld 173<br />
Rente für Zivilinvaliden, Zivilblinde<br />
und Taubstumme 167<br />
Rentenanlaufdatum 156<br />
Rentenberechnungskoeffizienten 138<br />
Rentenversicherung 129<br />
Risikofaktoren bei <strong>der</strong> Arbeit 121<br />
S<br />
Schiedsspruch 110<br />
Schlichtungskommission beim Arbeitsamt 82<br />
Schlichtungskommission des<br />
Arbeitsamtes 109<br />
Schutz <strong>der</strong> Gesundheit 112<br />
Schutz gegen diskriminierende<br />
Entlassungen 84<br />
Schwanger- und Mutterschaftsgeld 155<br />
Schwanger- und Mutterschaftsurlaub 70<br />
Schwerarbeitsbonus 132<br />
Selbstbeteiligung (Ticket) 150<br />
separate Besteuerung 58<br />
Sicherheitssprecher <strong>der</strong> Belegschaft 118<br />
Solidaritätsverträge 64<br />
182
Stichwortverzeichnis<br />
Sommerarbeitsverträge 39<br />
Sommerpraktikum 38<br />
Son<strong>der</strong>arbeitslosengeld für Bauarbeiter 147<br />
Son<strong>der</strong>arbeitslosenunterstützung für<br />
die landwirtschaftlichen Arbeiter 147<br />
Son<strong>der</strong>fonds <strong>der</strong> Selbständigen 143<br />
Sozialabgaben 53<br />
Soziale Sicherheit 124<br />
Sozialhilfe 168<br />
Sozialrecht 124<br />
Sozialrente 171<br />
Sozialversicherter Lohn 54<br />
Sozialversicherung 124<br />
Sozialversicherung während des<br />
Lohnausgleichs 78<br />
Sparmaßnahmen <strong>der</strong> Region 155<br />
Staatliches Mutterschaftsgeld 176<br />
Steuererklärung 57<br />
Strafen für Verstöße gegen das<br />
Arbeitsrecht 123<br />
Streichung aus <strong>der</strong> Mobilitätsliste 87<br />
Streikrecht im öffentlichen <strong>Die</strong>nst 108<br />
Streikrecht und Aussperrung 107<br />
Studium, Recht auf 74<br />
T<br />
Teilzeitarbeit 39<br />
Ticket 152<br />
Tuberkuloseversicherung 148<br />
U<br />
Überstunden 61<br />
Unfallgeld 69 | 160<br />
Unfallrente 69 | 160<br />
Unfallverhütung 113<br />
Unfallversicherung für Hausfrauen (-männer) 162<br />
Ungerechtfertigte Entlassung 83<br />
Unterbrechungen des<br />
Arbeitsverhältnisses 66<br />
Unterstützende Maßnahmen<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Finanzkrise 176<br />
Unterstützung bei Betreuung von<br />
Sozialrecht<br />
Behin<strong>der</strong>ten durch Pflegefamilien 67<br />
Urlaub 62<br />
V<br />
Verbot von schweren Arbeiten 73<br />
Verbrechensopferversorgung 171<br />
Vereinbarkeit von Einkommen und Rente 136<br />
Verjährung beim Arbeitsverhältnis 92<br />
Verkehrsopferversorgung 169<br />
Versorgung 171<br />
Verzichte und Vergleiche 93<br />
Verzinsung <strong>der</strong> Lohnfor<strong>der</strong>ungen 111<br />
Vierzehnter Monatlohn o<strong>der</strong> zusätzl.<br />
Monatslöhne 52<br />
Völkerrecht 16<br />
Volontariatsarbeit 74<br />
Vorschriften über die Verhütung<br />
von Unfällen 113<br />
Vorschuss auf die Abfertigung 89<br />
W<br />
Wahl <strong>der</strong> Betriebsräte 105<br />
Wartestand 74<br />
Weihnachtsgeld 52 | 146<br />
Weisungsgebundenheit 19<br />
Weiterbeschäftigung von pensionsberechtigten<br />
Arbeitnehmern 81<br />
Weitere Sozialversicherungen<br />
des INPS/NISF 144<br />
Wie<strong>der</strong>eintragung in die Mobilitätsliste 87<br />
Wöchentlicher Ruhetag 62<br />
Z<br />
Zivilinvalidenrente 167<br />
Zusammenlegung von<br />
Versicherungszeiten 132<br />
Zusammensetzung <strong>der</strong><br />
Bruttoentlohnung 49<br />
Zusatzrentenfonds 163<br />
Zusatzrente 138<br />
Zuständiger Arzt 116<br />
183
Sozialrecht<br />
184
Notizen<br />
185
Notizen<br />
186
Notizen<br />
187
Notizen<br />
188
Notizen<br />
189
Notizen<br />
190
Notizen<br />
191